Die Faszination „Münzen“ Geld ist geprägte Geschichte · Fachsprache der Numismatik Wie...

5
Die Faszination „Münzen“ Münzen – geprägte Geschichte (Seite 69 – 71) Münzen – Sammlerobjekt (Seite 72 – 74) Münzen – Anlageobjekt (Seite 75 – 77) Geld ist geprägte Geschichte NUMISMATIK In einem Interview mit der Zeitschrift „Der Spiegel“ sprach sich Wirtschaftsweise Peter Bofinger im Mai 2015 für die Abschaffung von Münzen und Geldscheinen aus, da sie bei den heutigen technischen Möglichkeiten ein Anachronismus seien 1 . Dabei sind Münzen viel mehr als reines Zahlungsmittel, Münzen vermitteln uns die Geschichte zurückliegender Epochen und sind oftmals unsere einzigen Quellen. Die Idee, Geld gegen Zinsen zu verleihen, markiert den Beginn der Geldgeschäfte. Statt mit Naturalien wurden Arbeiter jetzt mit Geld entlohnt und Steuern mit Geld bezahlt. Doch schon in der Antike sah man das Geld auch kritisch. So schrieb der Tragödiendichter Sophokles (496 – 405 v.Chr.): „Es gibt nichts Schlimmeres auf der Welt als Geld. Es läßt Städte verwai- sen; Menschen ihr Zuhause aufgeben; es verführt und verdirbt ehrliche Menschen und verwandelt Tugend in Falschheit.“ 2 eit der Erfindung der Münze in der Zeit des Krösus um 650 vor Christus war der Wert des Geldes stets durch sei- nen Metallgehalt bestimmt. Darauf basierten Währungs- vereinbarungen; Inflationen und Währungskrisen lagen in der Metallzu- und abfuhr sowie in der Verringerung des Feingehaltes begründet. Erst 1914 änderte sich der Charakter unseres Geldes fundamental, da nun nicht mehr der Metallgehalt zählte, sondern der Staat den Wert des von ihm ausgegebenen Geldes garantierte. Einige Streiflichter sollen den kulturhistorischen Wert unseres Geldes beleuchten. Die kleinsten Münzen der Welt Die kleinasiatische Landschaft Lydien gilt als die Geburtsregion des Geldes. Hier ging man um 650 v. Chr. dazu über, die bis dahin üblichen gestempelten Metallbarren in Münzform auszugeben. Bald prägte jeder Stadtstaat seine eigenen Münzen, die anhand ihrer Bildmotive identifizierbar waren. Unterschiedliche Ge- wichtsstandards erschwerten den Handel, da fremde Münzen in einheimische getauscht werden mussten. Erste Währungsunionen waren die Folge. Die antike Stempelschneidekunst brachte wahre Kleinkunstwerke hervor: Schrötlinge mit einem Durchmesser von 0,5 cm zeigen äußerst filigrane und kunstvolle Darstellungen (Abb. 1). Welche technische und handwerkliche Meisterleistung ohne unsere heuti- gen Hilfsmittel! Wie hat man diese Winzlinge aufbewahrt? In einer Geldbörse oder hat man sie einfach in die Backentasche im Mund gesteckt, wenn man auf den Markt ging? Abb. 1 1:1 1:4 Dr. Hubert Ruß Dr. Hubert Ruß arbeitet als von der IHK öffentlich bestellter und vereidigter Sach- verständiger für Münzen und Medaillen. Er ist seit 1990 im Münzhandel tätig und leitet seit 2010 als geschäftsführender Vorstand die Künker Numismatik AG in München. Künker am Dom ist eine Schwesterfirma von Europas führendem Münzauktions- haus, der F.R. Künker GmbH & Co. KG in Osnabrück. In München hat man sich neben dem Handel mit Sammler- münzen und Edelmetallen vor allem der (kostenlosen) Beratung in allen numismatischen Fragen verschrieben. Kontaktdaten: Künker Numismatik AG Löwengrube 12 80333 München Tel. 089-552784914 E-Mail: [email protected] Internet: www.kuenker-numismatik.de 68 AnlegerLand 2016 AnlegerLand 2016 69 KAPITAL & LUXUS KAPITAL & LUXUS

Transcript of Die Faszination „Münzen“ Geld ist geprägte Geschichte · Fachsprache der Numismatik Wie...

Page 1: Die Faszination „Münzen“ Geld ist geprägte Geschichte · Fachsprache der Numismatik Wie andere Wissenschaften besitzt auch die Numismatik ihre ei-gene Sprache, vor allem was

Die Faszination „Münzen“

Münzen – geprägte Geschichte (Seite 69 – 71) Münzen – Sammlerobjekt (Seite 72 – 74)

Münzen – Anlageobjekt (Seite 75 – 77)

Geld ist geprägte GeschichteNUMISMATIK  In einem Interview mit der Zeitschrift

„Der Spiegel“ sprach sich Wirtschaftsweise Peter Bofinger im Mai 2015 für die Abschaffung von Münzen und

Geldscheinen aus, da sie bei den heutigen technischen Möglichkeiten ein Anachronismus seien1. Dabei sind Münzen

viel mehr als reines Zahlungsmittel, Münzen vermitteln uns die Geschichte zurückliegender Epochen und sind

oftmals unsere einzigen Quellen.

Die Idee, Geld gegen Zinsen zu verleihen, markiert den Beginn der Geldgeschäfte. Statt mit Naturalien wurden Arbeiter jetzt mit Geld entlohnt und Steuern mit Geld bezahlt.Doch schon in der Antike sah man das Geld auch kritisch. So schrieb der Tragödiendichter Sophokles (496 – 405 v.Chr.): „Es gibt nichts Schlimmeres auf der Welt als Geld. Es läßt Städte verwai-sen; Menschen ihr Zuhause aufgeben; es verführt und verdirbt ehrliche Menschen und verwandelt Tugend in Falschheit.“ 2

eit der Erfindung der Münze in der Zeit des Krösus um 650 vor Christus war der Wert des Geldes stets durch sei-nen Metallgehalt bestimmt. Darauf basierten Währungs-

vereinbarungen; Inflationen und Währungskrisen lagen in der Metallzu- und abfuhr sowie in der Verringerung des Feingehaltes begründet. Erst 1914 änderte sich der Charakter unseres Geldes fundamental, da nun nicht mehr der Metallgehalt zählte, sondern der Staat den Wert des von ihm ausgegebenen Geldes garantierte. Einige Streiflichter sollen den kulturhistorischen Wert unseres Geldes beleuchten.

Die kleinsten Münzen der WeltDie kleinasiatische Landschaft Lydien gilt als die Geburtsregion des Geldes. Hier ging man um 650 v. Chr. dazu über, die bis dahin üblichen gestempelten Metallbarren in Münzform auszugeben. Bald prägte jeder Stadtstaat seine eigenen Münzen, die anhand ihrer Bildmotive identifizierbar waren. Unterschiedliche Ge-wichtsstandards erschwerten den Handel, da fremde Münzen in einheimische getauscht werden mussten. Erste Währungsunionen waren die Folge.

Die antike Stempelschneidekunst brachte wahre Kleinkunstwerke hervor: Schrötlinge mit einem Durchmesser von 0,5 cm zeigen äußerst filigrane und kunstvolle Darstellungen (Abb. 1). Welche technische und handwerkliche Meisterleistung ohne unsere heuti-gen Hilfsmittel! Wie hat man diese Winzlinge aufbewahrt? In einer Geldbörse oder hat man sie einfach in die Backentasche im Mund gesteckt, wenn man auf den Markt ging?

Abb. 1

1:1

1:4

Dr. Hubert RußDr. Hubert Ruß arbeitet als von der IHK

öffentlich bestellter und vereidigter Sach-verständiger für Münzen und Medaillen. Er ist seit 1990 im Münzhandel tätig und leitet seit 2010 als geschäftsführender Vorstand

die Künker Numismatik AG in München. Künker am Dom ist eine Schwesterfirma von Europas führendem Münzauktions-

haus, der F.R. Künker GmbH & Co. KG in Osnabrück. In München hat man sich

neben dem Handel mit Sammler- münzen und Edelmetallen vor allem der

(kostenlosen) Beratung in allen numismatischen Fragen verschrieben.

Kontaktdaten:Künker Numismatik AG

Löwengrube 1280333 München

Tel. 089-552784914E-Mail: [email protected]

Internet: www.kuenker-numismatik.de

68 AnlegerLand 2016 AnlegerLand 2016 69

KAPITAL & LUXUSKAPITAL & LUXUS

Page 2: Die Faszination „Münzen“ Geld ist geprägte Geschichte · Fachsprache der Numismatik Wie andere Wissenschaften besitzt auch die Numismatik ihre ei-gene Sprache, vor allem was

Abb. 5

Abb. 3

Abb. 2

Abb. 1: Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, Auktion 21 (2009), Nr. 143, Milet, Elektron-1/48 Stater, Mitte 6. Jh. v.Chr. Löwenkopf v.v. / Skorpion in vertieftem Quadrat.

Abb. 2: F.R. Künker GmbH & Co KG, Auktion 205 (2012), Nr. 1405,Von diesem Porträt-Denar Karls des Großen mit Kaisertitel (800 – 814) existieren wohl nur 35 Exemplare.

Abb. 3: F.R. Künker GmbH & Co KG, Auktion 254 (2014), Nr. 2940,Der in Hall/Tirol unter Erzherzog Sigismund, dem Münzreichen (1446 – 1496) geprägte Guldentaler 1486 gilt als die erste Großsil-bermünze der Neuzeit.

Abb. 4 & 6: www.wikipedia.org

Abb. 5: Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, Auktion 19 (2006), Nr. 1902, Brandenburg-Bayreuth. Markgraf Christian, Kipper-Sechs-bätzner 1622, Mzst. Pegnitz. Interessant ist die Lochung, durch die die „schlechte Münze“ entwertet wurde.

Abb. 7: National Numismatic Collection, National Museum of Ame-rican History, Ein amerikanischer Double Eagle von 1933 erzielte 2002 auf einer Auktion 7,59 Mio. US-Dollar und gilt als die teuerste Goldmünze.

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Das Mittelalter: arm an MünzenGriechen, Römer, Kelten – sie alle brachten eine Vielzahl von Münzen in Gold, Silber und Bronze hervor, die heute von numis-matisch Interessierten gesammelt werden. Diese Vielfalt änderte sich mit dem Untergang des römischen Weltreiches grundlegend. Im europäischen Mittelalter (ca. 500 – 1500 n. Chr.) war das Verhältnis der Menschen zum Geld ein gänzlich anderes. Geld in Münzform machte nur einen kleinen Teil des wirtschaftlichen Handelns aus, der Tauschhandel herrschte wieder vor. So reduzierte sich das Geld für 800 Jahre auf ein Münznominal: den Denar oder Pfennig (Abb. 2).

Vom Pfennig zum TalerDas Aufblühen vieler Städte um das Jahr 1300 förderte den über-regionalen Handel; die Geldwirtschaft lebte wieder auf, wurde aber durch fehlende größere Nominale behindert. Stellen Sie sich vor, sie hätten ein Pferd kaufen wollten und müssten den Preis in Höhe von 5 Pfund Haller in 1.200 Münzen bezahlen!

Es erfolgte eine Verfeinerung des Münzsystems durch neue Gold- und Silbermünzen: Aus Italien kamen Dukaten und Goldgulden (spätes 13. Jh.), aus Böhmen und Meißen Groschen (gegen 1400) und aus Hall in Tirol 1486 der Taler (Abb. 3). Man schätzt, dass der Geldbestand um 1500 in ganz Europa 3.500 Tonnen Gold und 37.500 Tonnen Silber betrug.Die Vielfalt der entstehenden Münzsorten führte dazu, dass pro-fessionelle Geldwechsler in den Städten ihre Dienste anboten; in den in Italien aufkommenden Banken wurden neben Münzen bald auch Schuldscheine und Wechsel gehandelt.

„Böses“ GeldZu Beginn des 30-jährigen Krieges wurde Deutschland zwischen 1620 und 1622/1623 von der sog. Kipperzeit heimgesucht (Abb. 4): Der durch die Reichsmünzordnung vorgeschriebene Feinge-halt der Münzen wurde auf Befehl der Münzherren sukzessive reduziert, bis viele Prägungen fast nur noch aus Kupfer bestanden. Auf diese Weise suchten die Münzherren, mehr Geld für die Kriegslasten zu generieren.

Leidtragende dieser Geldentwertung war die Bevölkerung, der infolge von Truppendurchzügen und Einquartierungen bereits schwere Lasten auferlegt wurden. Meist wurde der Sold der Truppen in Kippermünzen ausbezahlt, die aus den umliegenden Territorien stammten (Abb. 5). Da ihre Annahme von den Händlern und Handwerkern immer öfter verweigert wurde, waren Konflikte vor-programmiert.

1622 forschte man z. B. in Weißenstadt in der Markgrafschaft von Brandenburg-Bayreuth nach dem dortigen Münzmeister und erfuhr, „... daß er in Hosen und Wambß gar eilend zum Kirchen-lamitzer Thor hinausgegangen und sich also auf flüchtigen Fuß ge-setzt“, wobei er seine Frau und seine zwei Kinder zurückließ. Die Münzkipperei endet 1623, als die für die Verschlechterung verant-wortlichen Münzherren über Steuern und Abgaben ihre eigenen geringhaltigen Münzen zurückerhielten.

Verbotenes GeldIm März 1933 gaben die USA den Goldstandard auf, nachdem be-reits die Bank of England 1931 das Pfund Sterling von der Gold-deckung gelöst hatte. Die Folge war eine Kette von Währungsab-wertungen. Der Besitz von Gold wurde den US-Bürgern verboten.Hintergrund dieses Verbots bildete die Weltwirtschaftskrise von 1929, die massive Auswirkungen wie Deflation und Zusammen-brüche von Banken mit sich brachte. Gold gewann immer mehr an Wert. Viele US-Bürger horteten nun ihre Goldreserven zu Hause oder schafften diese ins Ausland. Dem sollte entgegengewirkt werden durch das Goldverbot (Abb. 6).

Die Konfiszierung be-traf sämtliche Gold-münzen, -barren und -zertifikate, die bis zum 1.5.1933 zum Festpreis von 20,67 US-Dollar pro Feinunze abgege- ben werden mussten. Gold, das bei staatlich angeordneten Durch-suchungen gefunden wurde, wurde entschä-digungslos konfisziert. Dennoch wurde nur etwa 30 % des Goldes abgegeben.

Nicht verboten wurde jedoch zunächst das private Sammeln von historischen Goldmün- zen. So stieg daraufhin die Einfuhr von vor 1933 geprägten Gold-münzen rapide an.

1962 verbot Präsident J. F. Kennedy auch den inländischen Be-sitz von Goldmünzen, welche vor 1933 geprägt worden waren. Die Regierung wollte so angeblich den zunehmenden Fälschungen und Nachprägungen entgegenwirken.Dies hatte zur Folge, dass die Preise für Goldmünzen in den USA massiv anstiegen (Abb. 7). Außerdem kam es zu einem enormen Anstieg der Schmugglertätigkeit. Das Goldverbot für US-Bürger bestand für 41 Jahre und wurde am 31.12.1974 durch Präsident Gerald Ford aufgehoben.

Dr. Hubert Ruß

1 http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bargeld-peter-bofinger-will-muenzen-und-scheine-abschaffen-a-1033905.html.2 http://www.aphorismen.de/suche?f_autor=3513_Sophokles&f_thema=Geld%2C+Gold.

Abb. 6: Mit der Executive order 6102 verbot Präsident Roosevelt den  Besitz von Gold.

Abb. 4: Mittels einer zweiseitigen Waage (Wippe) wurden die nach unten sinkenden guthaltigen Münzen aussortiert  (Kippen) und aus dem Verkehr gezogen.

Abb. 7

Kontaktdaten:Künker Numismatik AG

Löwengrube 1280333 München

Tel. 089-552784914E-Mail: [email protected]

Internet: www.kuenker-numismatik.de

70 AnlegerLand 2016 AnlegerLand 2016 71

KAPITAL & LUXUSKAPITAL & LUXUS

Page 3: Die Faszination „Münzen“ Geld ist geprägte Geschichte · Fachsprache der Numismatik Wie andere Wissenschaften besitzt auch die Numismatik ihre ei-gene Sprache, vor allem was

Abb. 1

Abb. 2

ünzsammler befinden sich seit jeher in guter Gesell-schaft. Über Jahrhunderte hinweg war das Sammeln von Münzen ein Privileg des Adels und der wohlhabenden

Bürgerschicht. Der wirtschaftlich und politisch äußerst engagierte Papst Bonifatius VIII. (1294 – 1303) gilt als der erste historisch belegte Münzsammler des Hochmittelalters. Aber auch der Kauf-mann Jakob Fugger „der Reiche“ (1459 – 1525), der flämische Maler Peter Paul Rubens (1577 – 1640), der Gründer des gleich-namigen Bankhauses Mayer Amschel Rothschild (1745 – 1812) und Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) trugen umfang-reiche Münz- und Medaillensammlungen zusammen.

Faszination MünzeMünzen machen Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes „be-greifbar“ und erlauben es, sich ein Stück Vergangenheit nach Hause zu holen. Natürlich spielt auch die nie nachlassende Faszina tion des Geldes an sich eine Rolle, dessen wechselnde Ge-stalt die Menschheit schon immer in ihren Bann gezogen hat.Gemessen an der früheren Exklusivität ist das Sammeln von Mün-zen heute weit verbreitet – entsprechend der eigenen finanziellen Möglichkeiten: Numismatisch-historische Raritäten abseits von silbernen Gedenkmedaillen und modernen Euro-Sonderserien sind und bleiben aber auch heute einer finanzkräftigen Sammler-schicht vorbehalten.

Geprägte GeschichteDass diese Liebhaberei für nahezu jeden Interessierten etwas be-reithält, lässt sich an der Bandbreite historischer Sammlermünzen verdeutlichen: Sie suchen ein exklusives Geschenk für einen Arzt? Wie wäre es mit einer 1.750 Jahre alten römischen Münze mit einer Darstellung des Gottes der Heilkunst (Abb. 1).

NUMISMATIK  Für außergewöhnliche Menschen, die das Besondere lieben – Münzen als Objekt der Sammlerbegierde, exklusives Präsent oder Wertanlage?

Münzen und Medaillen – Sammlerobjekte

Sie sind ein begeisterter Segler? Auch dieses Sammelgebiet hat numismatisch viel zu bieten! So warten Medaillen aus dem 17.  Jahrhundert mit teilweise großformatigen Motiven von See-schlachten und Schiffsdarstellungen auf (Abb. 2).

Wer dagegen das Glück auf dem Rücken der Pferde sucht, wird ebenfalls fündig. Gehört doch das Pferd neben dem Adler als Wap-pentier zu den am häufigsten auf Münzen abgebildeten Tieren. So ließen sich z. B. die Landgrafen von Thüringen im Mittelalter gerüstet und hoch zu Ross auf ihren Brakteaten darstellen (Abb. 3).

Apropos historische Ereignisse! Selbstverständlich hält die Numis-matik für jeden geschichtlich Interessierten eine Fülle von selte-nen Stücken bereit. Ob der berühmte Denar auf die Ermordung Julius Cäsars (100 – 44 v.Chr., Abb. 4), ein Augustalis aus der Zeit des Stauferkaisers Friedrich II. (1220 – 1250, Abb. 5), ein Louis d’or des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. (1643 – 1715, Abb. 6) oder eine Goldmünze des bayerischen Königs Ludwig II. (1864 – 1886, Abb. 7) – für jeden Herrscher und jede Epoche finden sich interessante Prägungen.

Kunstinteressierte finden sicherlich Gefallen an Prägungen der ver-schiedenen Stilrichtungen. Oder wie wäre es mit einem besonders exklusiven Hochzeitspräsent? Seit der Antike haben sich berühm-te Herrscher mit ihren Ehefrauen auf eindrucksvollen Prägungen verewigen lassen (Abb. 8).

Fachsprache der NumismatikWie andere Wissenschaften besitzt auch die Numismatik ihre ei-gene Sprache, vor allem was die Klassifizierung der Erhaltung be-trifft: Die Beschreibung „schön“ bezeichnet bei Münzen unglück-licherweise das Gegenteil, nämlich eher unansehnliche Prägungen in einem stark abgegriffenen Zustand.

Die nächstbessere Stufe lautet „sehr schön“ (deutliche Umlauf-spuren), gefolgt von „vorzüglich“ (minimale Umlaufspuren) und „Stempelglanz“. Stempelglänzende Münzen sind am begehrtesten, denn selbst nach langer Zeit wirken sie noch so, als wäre sie eben erst geprägt worden.

Allerdings bleibt bei diesen Angaben ein subjektiver Beurteilungs-spielraum des Betrachters, was zu mitunter weit voneinander ab-weichenden Beurteilungen für dieselbe Münze führen kann.

Abb. 3

Abb. 4 Abb. 5

Abb. 6

Abb. 8

Abb. 7

72 AnlegerLand 2016 AnlegerLand 2016 73

KAPITAL & LUXUSKAPITAL & LUXUS

Page 4: Die Faszination „Münzen“ Geld ist geprägte Geschichte · Fachsprache der Numismatik Wie andere Wissenschaften besitzt auch die Numismatik ihre ei-gene Sprache, vor allem was

Einer der wichtigsten Leitsätze für Sammler und Münzbesitzer lautet: Münzen darf man nicht putzen oder in einem Tauchbad reinigen. Jede Manipulation in dieser Richtung führt zu einem erheblichen Wertverlust.

Preisbildende KriterienEntscheidend für den Marktwert einer Münze sind zwei Kriterien: der Erhaltungsgrad, also die Qualität, sowie die Seltenheit – wie viele Münzen sind geprägt worden, wie viele verloren gegangen? In den letzten Jahren erfolgte eine Verschiebung der Gewichtung weg von der Seltenheit hin zur besten Qualität der Sammelobjekte. Je nach äußerer Erscheinung ergeben sich so Preisunterscheide bis zum Faktor 100 oder darüber hinaus (Abb. 9).

Beratung empfehlenswertGerade für Neueinsteiger ist es sehr empfehlenswert, sich um fach-kundige Hilfe zu bemühen; so lassen sich Anfängerfehler und Fehl-investitionen vermeiden, man kann sich vor Fälschungen schützen. Hilfestellungen erhält man bei qualifizierten Fachhändlern. Sie geben Tipps bei der Wahl des Sammelgebietes, kennen die entsprechende Fachliteratur und beraten gerne in Fragen der Erhaltung und des Prei-ses. Oftmals entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis zwischen Samm-ler und Händler, das ein ganzes Sammlerleben Bestand hat.

Dr. Hubert Ruß Von der IHK für München und Oberbayern öffentlich bestellter

und vereidigter Sachverständiger für Münzen und Medaillen des Mittelalters und der Neuzeit;

Geschäftsführender Vorstand von Künker am Dom

Kontaktdaten – Künker am Dom Löwengrube 12 80333 München Tel. 089-24219838 E-Mail: [email protected]

Abb. 1: Römische Münzen. Gordianus III. (238–244). Bronzemünze (Æ-4 Assaria), Münzstätte Nikopolis pros Istron (Moesia inferior).

Abb. 2: Niederlande. Silbermedaille 1653 (von J. Pool) auf den Tod des holländisch-westfriesischen Admirals Maarten Hapertszoon Tromp am 10. August in der Seeschlacht bei Scheveningen.

Abb. 3: Mühlhausen (Thüringen), Reichsmünzstätte. Friedrich I. (1152–1190). Brakteat.

Abb. 4: Römische Republik. M. Iunius Brutus. Denar, 42 v. Chr., Feldlagermünzstätte in Kleinasien oder Nordgriechenland.

Abb. 5: Sizilien. Kaiser Friedrich II. (1197–1250). Augustalis, nach 1231, Münzstätte Messina.

Abb. 6: Frankreich, Louis XIV. (1643–1715). Louis d‘or à la mèche courte 1649 D, Münzstätte Lyon.

Abb. 7: Bayern, Ludwig II. (1864–1886). Vereinskrone 1869, Münzstätte München.

Abb. 8: Habsburg. Kaiser Maximilian I. „der letzte Ritter“ (1490 –1519). Guldiner o.J. (geprägt nach 1511), Münzstätte Hall.

Abb. 9: Hessen, 5 Mark 1875, links in Erhaltung „fast sehr schön“ (Preis 50 Euro), rechts in Erhaltung „Stempelglanz“ (Preis 5.000 Euro)

Weitere Erläuterungen zu den in diesem Beitrag abgedruck-ten Münzen finden Sie in dem verlängerten Beitrag unter www.kuenker-numismatik.de

(Alle Abbil dungen stammen aus Auktionen der Fa. F.R. Künker GmbH & Co. KG.)

Abb. 9

Abbildungsverzeichnis 

Historische Sammlermünzen als Anlage? – Chancen und Risiken

NUMISMATIK  Hochwertige Sammlermünzen verzeichnen in letzter Zeit enorme Preissteigerungen.

Dennoch sollte man unter Anlageaspekten Vorsicht walten lassen und vor allem auf eine gute Beratung bauen. Das Sammeln von Münzen sollte

in erster Linie ein Hobby sein.

Historische Sammlermünzen mit PotenzialBei seltenen Sammlerstücken liegt der Liebhaberpreis in der Regel deutlich über dem reinen Materialwert. Abb. 2 zeigt zwei 10-Mark-Stücke aus Preußen. Trotz gleicher Qualität erzielte die

obere Münze auf einer Auktion 150 Euro, die untere 2.200 Euro. Warum? Ausschlaggebend war die sehr geringe Auflagenhöhe der unteren Münze. Bereits diese kurze Gegenüberstellung lässt die Tücken erahnen, will man historische Sammlermünzen sinnvoll als Investment nutzen.

ei aller im ersten Teil des Beitrags beschriebenen Sammel-leidenschaft soll natürlich auch der Aspekt der Wertanlage angesprochen werden. Zunächst ist zwischen reinen (in

der Regel modernen) Anlagemünzen (z.B. Krügerrand) und his-torischen Sammlermünzen zu unterscheiden. Bei Anlagemünzen richtet sich der Preis in erster Linie nach dem Metallwert, also dem Feingehalt des verprägten Edelmetalls.Auch bei diesen Bullionmünzen sind in seltenen Fällen erstaunliche Wertsteigerungen zu verzeichnen. So erzielte ein Krügerrand auf-grund des raren Jahrgangs 1967 und der seltenen Erhaltungsstufe „Polierte Platte“ im Frühjahr 2014 in einer Auktion 1.300 Euro und damit erheblich mehr als den Metallwert (damals ca. 1.000 Euro, Abb. 1).

Abb. 1

Abb. 2

74 AnlegerLand 2016 AnlegerLand 2016 75

KAPITAL & LUXUSKAPITAL & LUXUS

Page 5: Die Faszination „Münzen“ Geld ist geprägte Geschichte · Fachsprache der Numismatik Wie andere Wissenschaften besitzt auch die Numismatik ihre ei-gene Sprache, vor allem was

Abb. 3

Abb. 4

Abb. 1: Südafrika, 1 oz 1967 , seltener Jahrgang in rarer Qualität

Abb. 2: Preußen, 10 Mark 1878 (oben) und 1886 (unten) Kopf Wilhelms I. nach rechts / Reichsadler

Abb. 3: Sizilien, Akragas, Dekadrachmon, ca. 409 – 406 v. Chr.Nike über Quadriga nach links / Adler nach links mit Schlange in den Fängen

Abb. 4: Russland, Nikolaus I., sog. Familienrubel 1836Büste nach rechts / Medaillon seiner Gattin im Kreis der Kinder

Abb. 5: China, Hsuang Tung (1908 – 1911), 1 Dollar o.J. (1911), Tientsin, Probe in Silber, Zuschlag: 460.000 EuroDrache über Wert / chinesische Legende

Abb. 6: Ungarn, Maria von Anjou (1382 – 1387), Goldgulden o.J. (nach 1385), KaschauWappen im Sechspass / Stehender hl. Ladislaus

(Abbildungsnachweis: Abb. Nr. 3: Auktion NAC 66 (2012), Nr. 6, alle übrigen Abbildungen: F. R. Künker GmbH & Co. KG)

ABBILDUNGSVERZEICHNIS 

Eine gute Nachricht für Einsteiger mit Interesse an deutscher Ge-schichte: Im europäischen Vergleich sind deutsche Sammlermün-zen in ausgezeichneter Erhaltung noch verhältnismäßig günstig. Darüber hinaus bietet das Sammelgebiet Altdeutsche Münzen eine große Vielfalt an Typen und Prägeherren. Denn das Deutsche Reich war bis 1871 in viele kleine Fürstentümer unterteilt, von denen ein Großteil auch das Münzrecht besaß.Betrachten wir das Potenzial historischer Sammlermünzen. Schon vor dem Börsencrash waren Münzen auf lange Frist eine interes-sante Anlage. In den vergangenen 20 Jahren sind für viele Bereiche kontinuierlich steigende Münzpreise zu verzeichnen. So konnten z. B. seltene Goldmünzen des Deutschen Kaiserreichs (1871 – 1918) ihren Preis im Schnitt verdoppeln. Dieser Trend lässt sich nicht verallgemeinern, doch generell kann man sagen, dass eine gepflegte Sammlung mit ausgezeichneten Erhaltungen und Seltenheiten ihren Wert oftmals steigert.

Volatile MärkteAuch bei historischen Münzen gibt es Zeiten verstärkter Nachfra-gen und Flauten. Hier einige Beispiele: Nach einem Boom Mitte der 1970er-Jahre waren antike griechische Münzen Ende der 1990er-Jahre wesentlich weniger nachgefragt als heute. Mangels attraktiver Zinsen und alternativer Anlageformen gerieten sie in letzter Zeit wieder verstärkt in das Blickfeld von Anlegern.2012 erzielte z. B. eine außergewöhnlich schöne griechische Münze, ein Dekadrachmon aus der antiken sizilianischen Stadt Akragas, einen Zuschlag von 2,3 Mio. SFR zuzüglich Aufgeld (Abb. 3).

Dies war bei griechischen Münzen kein Einzelfall: Der Markt wur-de einige Jahre von einem Sammler dominiert, der mit großem Kapitaleinsatz den Löwenanteil der hochwertigen griechischen Münzen weltweit auf Auktionen erwarb. Händler schätzen seine scheinbar unerschöpflichen finanziellen Möglichkeiten, viele Sammler hingegen waren so verärgert oder verunsichert, dass sie sich mit dem Gedanken trugen, mit dem Sammeln aufzuhören. Mit dem plötzlichen Tod des Sammlers entstand ein Vakuum, man darf gespannt sein, wie sich der Markt weiter entwickelt.

Kommen wir zum Beispiel Russland: Bis 2008 boomte der Markt für russische Münzen. So erzielte beispielsweise der 1836 geprägte Familienrubel des russischen Zaren Nikolaus I. in unserer Auktion 2012 einen Zuschlag in Höhe von 650.000 Euro und war damit lange Zeit die teuerste jemals in Europa versteigerte Münze (Abb. 4).

Abb. 5

Abb. 6

Mit der Finanzkrise fiel alles in sich zusammen, der Markt erholt sich erst nach und nach. Aufgrund des stark gefallenen Rubels ist er inzwischen zweigeteilt: Hochwertige Münzen erzielen weiterhin sensationelle Preise, Stücke in schwacher Qualität fallen im Preis. Die Bedeutung des Faktors Erhaltung wird hier überaus deutlich.

Etwas anders gelagert ist die Entwicklung im Bereich der chine-sischen Münzen: Lange Jahre wurden die modernen Gold- und Silberprägungen von Sammlern und Anlegern überhaupt nicht beachtet; niedrige Auflagenzahlen – sonst ein wichtiges Kriterium für eine Preisentwicklung – wurden nicht honoriert.Mit der Erstarkung der Wirtschaftsmacht China erwachte auch das weltweite Interesse an der chinesischen Münzgeschichte. Nach 2010 waren für die modernen chinesischen Prägungen rasante Preissteigerungen zu verzeichnen. Derzeit klingt die Begeisterung für die hübschen Motive mit niedrigen Auflagenzahlen wieder ab, den Preis halten können die seltenen, großen Nominale (Abb. 5).

Preisentwicklung nicht vorhersagbarAufgrund solcher Trends ist die Preisentwicklung von historischen Münzen unberechenbar. Sammler dürfen sich nicht darauf ver-lassen, bei einem Verkauf nach kurzer Zeit das investierte Kapital wieder zu erhalten.Preiskorrekturen können auch durch Funde ausgelöst werden. Ein Beispiel: Mitte der 1990er-Jahre wurde in Regensburg ein Ton-gefäß mit Goldgulden der ungarischen König Maria gefunden (Abb. 6). Dieser Münztyp galt bisher als sehr selten und obwohl der Fund in ein Museum ging, fiel der Preis im Handel – rein auf-grund der Tatsache, dass mehr Münzen die Jahrhunderte überlebt hatten, als man bisher angenommen hatte.Hier schließt sich der Kreis wieder zu den Wertpapieren. Wer in Aktien investiert, kennt ebenfalls nie alle Faktoren zur Wertstei-gerung oder zum Verlust, selbst Branchenexperten sind nie zu 100 % sicher.

Bedrohung durch FälschungenFälschungen werden derzeit v. a. aus Osteuropa und China ange-boten, meist auf Börsen oder im Internet. Das Spektrum reicht von einfachen Güssen bis hin zu nahezu perfekten Imitationen.

Der beste Schutz gegen Münz-Nepp ist eine ausführliche Beratung bei versierten Fachhändlern. In der Regel garantieren die deut-schen Händler oder Münzauktionshäuser die Echtheit der von ihnen verkauften Münzen.

Sammlermünzen - Chancen und RisikenZusammenfassend gilt es folgende Fakten für das Thema „Münzen als Anlage“ zu beachten:

Spekulative Anleger können Märkte und Preisentwicklungen längerfristig manipulieren.

Sammlermünzen lassen sich selten schnell ohne Verlust verkaufen.

In Krisenzeiten entfällt der historische Wert möglicherweise, es zählt der reine Metallwert.

Gute Erhaltungen werden immer seltener und damit immer teurer.

Grundsätzlich sollte beim Münzensammeln der Hobby-Charakter im Vordergrund stehen. Lange Sammelzeiten ermöglichen den Ausgleich von Schwankungen. Der Haupttenor muss auf den guten Erhaltungen liegen. Während andere Anlageobjekte oder Wertpapiere im Depot schlummern, besitzt man mit Münzen haptisch erfahrbare Kleinkunstwerke, die Geschichte erzählen.

Dr. Hubert RußVon der IHK für München und Oberbayern öffentlich bestellter

und vereidigter Sachverständiger für Münzen und Medaillen des Mittelalters und der Neuzeit

Geschäftsführender Vorstand von Künker am Dom

Kontaktdaten – Künker am Dom:Löwengrube 1280333 München

Tel. 089-24219838E-Mail: [email protected]

76 AnlegerLand 2016 AnlegerLand 2016 77

KAPITAL & LUXUSKAPITAL & LUXUS