Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der...

7
5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung 381 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf das System der Lokalkasus. Im folgenden wird versucht, die formale Entwicklung des lokalen Systems auf Grund der morphologischen Rekonstruktion des Kasusparadigmas zu rekonstruieren. 5.3.1. Stufe I: Zusammenbruch des Systems Es ist offenbar, dass irgendwann in der frühen Vorgeschichte des To- charischen ein Zusammenbruch des ganzen Systems geschehen ist. Dieser Zusammenbruch ist passiert, als die Auslautgesetze dazu ge- führt haben, dass die finalen Konsonanten weggefallen sind. Der Maskulinum/Neutrum Nominativ und Akkusativ sind zusam- mengefallen, wie auch Maskulinum und Neutrum. Die übrigen indo- germanischen Kasusendungen, von Genitiv/Dativ abgesehen, sind wahrscheinlich gleichzeitig weggefallen. Irgendwann innerhalb der Vorgeschichte des Tocharischen ist es zu einem Synkretismus des indogermanischen Genitivs und Dativs ge- kommen. Wenn man die Endungen des tocharischen Genitivs betrach- tet, kann man sehen, dass von den sogenannten ererbten Endungen ei- nige offenbar indogermanische Dativ-, andere Genitivendungen sind. Weil man mit ziemlich grosser Sicherheit sagen kann, dass der tocharische Genitiv auch sehr wichtige Funktionen eines Dativs hat, vor allem die Funktionen des indirekten Objekts und des Dativ-Sub- jekts, kann dieser Synkretismus auch funktional/syntaktisch motiviert werden. Zunächst muss überlegt werden, wann die neugebildeten Genitiven- dungen entstanden sind. Es ist wahrscheinlich, das Β -epi Α -äpl-yäp ursprünglich agglutinierend, aus einer Partikel/Adposition der Sprache gebildet war, was darauf hinweist, dass der Genitiv irgendwann in der Vorgeschichte des Tocharischen zu den "sekundären" Kasus gehörte, d.h. mit Agglutinationstechnik gebildet wurden. Diese Behauptung Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex) Authenticated | 172.16.1.226 Download Date | 5/9/12 3:47 PM

Transcript of Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der...

Page 1: Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung 381

5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf das System der Lokalkasus. Im folgenden wird versucht, die formale Entwicklung des lokalen Systems auf Grund der morphologischen Rekonstruktion des Kasusparadigmas zu rekonstruieren.

5.3.1. Stufe I: Zusammenbruch des Systems

Es ist offenbar, dass irgendwann in der frühen Vorgeschichte des To-charischen ein Zusammenbruch des ganzen Systems geschehen ist. Dieser Zusammenbruch ist passiert, als die Auslautgesetze dazu ge-führt haben, dass die finalen Konsonanten weggefallen sind.

Der Maskulinum/Neutrum Nominativ und Akkusativ sind zusam-mengefallen, wie auch Maskulinum und Neutrum. Die übrigen indo-germanischen Kasusendungen, von Genitiv/Dativ abgesehen, sind wahrscheinlich gleichzeitig weggefallen.

Irgendwann innerhalb der Vorgeschichte des Tocharischen ist es zu einem Synkretismus des indogermanischen Genitivs und Dativs ge-kommen. Wenn man die Endungen des tocharischen Genitivs betrach-tet, kann man sehen, dass von den sogenannten ererbten Endungen ei-nige offenbar indogermanische Dativ-, andere Genitivendungen sind.

Weil man mit ziemlich grosser Sicherheit sagen kann, dass der tocharische Genitiv auch sehr wichtige Funktionen eines Dativs hat, vor allem die Funktionen des indirekten Objekts und des Dativ-Sub-jekts, kann dieser Synkretismus auch funktional/syntaktisch motiviert werden.

Zunächst muss überlegt werden, wann die neugebildeten Genitiven-dungen entstanden sind. Es ist wahrscheinlich, das Β -epi Α -äpl-yäp ursprünglich agglutinierend, aus einer Partikel/Adposition der Sprache gebildet war, was darauf hinweist, dass der Genitiv irgendwann in der Vorgeschichte des Tocharischen zu den "sekundären" Kasus gehörte, d.h. mit Agglutinationstechnik gebildet wurden. Diese Behauptung

Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex)Authenticated | 172.16.1.226

Download Date | 5/9/12 3:47 PM

Page 2: Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

382 5. Rekonstruktion der Vorgeschichte

wird auch von den Merkmalen der Syntax des Genitivs unterstützt, u.a. davon, dass der Genitiv ab und zu in der Gruppenflexion wie ein Sekundärkasus behandelt wird.667 Wahrscheinlich muss man diese Ein-ordnung des Genitivs unter den sekundären Kasus einer späteren Stufe des Tocharischen zuschreiben, als die Sprache anfing, agglutinierende Techniken zu entwickeln.

Der Genitiv gehört nicht zu den Lokalkasus. In reinen Konstruktio-nen wird der Genitiv überhaupt nicht lokal verwendet. Der Genitiv kommt aber ab und zu als Rektum in Adpositionalphrasen vor, auch mit lokalen Adpositionen. Die lokalen Adpositionen, die einen Genitiv mit sich führen, sind in 4.5. untersucht worden (s. auch die Zusam-menfassung in 4.6.). Es wurde da gezeigt, dass in den meisten Adpo-sitionalphrasen, in denen das Rektum ein Genitiv ist, sich das Referenzobjekt auf ein Lebewesen bezieht. Bei einigen Adpositionen, die einen Genitiv mit sich führen, hängt der Gebrauch von Genitiv bzw. Perlativ/Lokativ als Rektionskasus davon ab, ob das Rektum be-lebt oder unbelebt ist (4.6.1.1.). Das deutet darauf hin, dass auch als Rektionskasus in lokalen Adpositionalphrasen die Funktionen des Genitivs erweiterte Dativ-Funktionen sind. Dieses Verhältnis berührt die Diskussion über die Grundfunktionen des Dativs (indirektes Ob-jekt, Dativ Subjekt, Objekt bei Verben mit niedriger Transitivität), die darin besteht, dass er grundsätzlich ein Zielkasus bei Lebewesen ist. Diese Diskussion wird hier nicht weiter geführt werden.

Ich will jetzt versuchen, ein Kasussystem zu rekonstruieren, das nach dem Zusammenbruch wahrscheinlich folgendes Aussehen hatte:

Tabelle 9. Das Kasussystem des Proto-Tocharischen Mask. Fem. Koll. +vernunftbegabt -vernunftbegabt Nom./Akk. Nom. Nom. Nom.

Akk. Akk. Akk. Gen ./Dat. Gen./Dat. Gen./Dat. Gen./Dat.

667 S. van Windekens (1979:166, 184f.) und Krause (1955:19).

Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex)Authenticated | 172.16.1.226

Download Date | 5/9/12 3:47 PM

Page 3: Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung 383

Wie wurden dann die übrigen Kasusfunktionen ausgedrückt? Ähnliche Systeme, d.h. flektierende Systeme mit wenigen Kasusformen, sind gut belegt. Solche Sprachen bauen die Kasussyntax meistens mit ana-lytischer Technik auf, entweder präpositional, wie z.B. die romani-schen Sprachen, oder postpositional, wie z.B. Hindi.

Synchron verwendet das Tocharische, wie oben gesagt, hauptsäch-lich Postpositionen. Man kann vermuten, dass auch in dieser Stufe hauptsächlich Postpositionen verwendet wurden.

Die verschiedenen lokalen, temporalen, modalen und kausalen Ka-susfunktionen wurden dann wahrscheinlich mit Adpositionen, haupt-sächlich Postpositionen, markiert. Darauf weist auch der Umstand hin, dass eine Anzahl von Adpositionen des Tocharischen für Gemein-oder Prototocharisch rekonstruierbar sind.668

5.3.2. Stufe II: Aufbau eines agglutinierenden Systems

Was danach mit grosser Wahrscheinlichkeit passierte, war, dass ein Aufbau eines lokalen Systems mit der Verwendung agglutinierender Technik anfing.

Dieser Aufbau hat wahrscheinlich mit einem einfachen lokalen Sys-tem angefangen. Ein einfaches lokales System sollte für die vier loka-len Grundrelationen, lokative, perlative, direktive und ablative Rela-tion, verschiedene Kasusformen haben. Wenn man das rekonstruierte System des Gemeintocharischen oben in 5.2.3. beobachtet, findet man, dass von diesen vier lokalen Grundfunktionen ein Lokativ, ein Perlativ und ein Allativ vorhanden sind.

5.3.3. Versuch einer Rekonstruktion der Funktionen

5.3.3.1. Aus dem Indogermanischen ererbte Funktionen

Die lokalen Funktionen des Obliquus sind wahrscheinlich sehr al-tertümlich. Die beiden Funktionen Richtungs-Obliquus bei bestimmten

668S. z.B. Hackstein (1997), Penney (1989).

Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex)Authenticated | 172.16.1.226

Download Date | 5/9/12 3:47 PM

Page 4: Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

384 5. Rekonstruktion der Vorgeschichte

Verbalwurzeln und der Ausdruck Α ytär i- Β ytäri i- 'einen Weg [ent-lang] gehen' kann man auch in anderen indogermanischen Sprachen belegen. Sie entsprechen darum sicherlich aus dem Indogermanischen ererbten Funktionen, die zusammen mit der formalen Aufrechterhal-tung des indogermanischen Akkusativs in dem Gemeintocharischen beibehalten wurden. In Tocharisch Α und Tocharisch B, synchron be-trachtet, sind diese Ausdrucksweisen erstarrt. Dies bedeutet, dass sie nur mit bestimmten Verbalwurzeln und bestimmten Referenzobjekten hervortreten.

5.3.3.2. Rekonstruktion der Funktionen der gemeintocharischen Lo-kalkasus Perlativ, Lokativ undAllativ

Die drei für das Gemeintocharische rekonstruierbaren Kasus, der Per-lativ, der Allativ und der Lokativ, waren sicherlich ursprünglich Lokal-kasus.

Der Allativ hat, synchron betrachtet, eine ganz einfache lokale Funktion: er wird verwendet, um Bewegung zu (DIREKTIONAL) aus-zudrücken. In dieser Funktion konkurriert der Allativ z.T. (besonders mit der Verbalwurzel AB i-) mit dem Obliquus der Richtung. Man kann sich fragen, warum eine neue Kasusform, der Allativ, geschaffen wurde, um die Funktion Richtung auszudrücken, während der Obli-quus der Richtung noch im Gebrauch war. Man könnte hier vermuten, dass der Obliquus der Richtung schon im Gemeintocharischen erstarrt war und dadurch das Bedürfnis aufkam, einen neuen Zielkasus zu er-schaffen.

Wenn man den Perlativ und den Lokativ betrachtet, sind sie in Tocharisch Α und Tocharisch Β funktional recht kompliziert. Der Lo-kativ in Tocharisch Α und Tocharisch Β drückt hauptsächlich Lokali-sierung aus. Diese Funktion soll man auch dem Gemeintocharischen zuschreiben. Zwischen dem gemeintocharischen Lokativ als Kasus der Lokalisierung und dem gemeintocharischen Allativ als Kasus der Richtung steht der gemeintocharische Perlativ, dessen ursprüngliche Funktion weniger sicher ist. Altertümliche Funktionen des Perlativs sind sicherlich in dem Perlativ des Weges, Β ytärisa etc. und in dem

Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex)Authenticated | 172.16.1.226

Download Date | 5/9/12 3:47 PM

Page 5: Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung 385

Perlativ der Bewegung entlang - über, wie Α tkanäi- etc. vorhanden. Wenn man dem Perlativ eine ursprüngliche Funktion der Bewegung entlang bzw. über (PERLATIV) und Ausstreckung (kinetisch E X T E N -SIONAL) zuschreibt, hat man hier eine gute Grundlage für die anderen Funktionen, die synchron betrachtet mit dem Perlativ ausgedrückt wer-den.66'

Den Unterschied zwischen Lokativ und Perlativ hinsichtlich des Ausdrucks von Abgrenzung bzw. Nicht-Abgrenzung, den man sowohl in Tocharisch Α als Tocharisch Β findet (s. 2.4.1.3.-2.4.1.4.), ist hier von grossem Gewicht.

Man stellt sich vor, dass der ursprüngliche Perlativ eine Bewegung entlang - über (PERLATIV) oder eine Ausstreckung (kinetisch E X T E N -SIONAL) bezeichnet hat. In dieser Funktion des Kasus wird implizit keine Abgrenzung, weder Anfang noch Ende, einbegriffen. Eine Ent-wicklung von einer ursprünglichen Funktion PERLATIV und kinetisch EXTENSIONAL in statisch EXTENSIONAL und weiterhin verschiedene Arten von Lokalisierungen ohne äussere Abgrenzung {über, an, neben etc.) ist dann nicht erstaunlich.

Der Lokativ, der zuerst Lokalisierung bezeichnet haben kann, könn-te sich dann, im Gegensatz zum Perlativ, entwickelt haben, um eine Abgrenzung in Raum und Zeit zu bezeichnen.

Es ist aber schwierig zu beurteilen, ob der Lokativ ursprünglich ein ausgeprägter Kasus der Lokalisierung war. Schon im Gemeintocha-rischen muss der Lokativ auch irgendwie Ziellerreichung ausgedrückt haben, wie in Tocharisch Α und Tocharisch B. Man kann diskutieren, ob diese Funktion im Gemeintocharischen sekundär aufgekommen ist oder nicht. Man könnte annehmen, dass diese Funktion nach dem Entstehen der Markierung abgegrenzt bzw. nicht abgegrenzt für den Lokativ bzw. den Perlativ aufgekommen ist. Das heisst: wenn man sich vorstellt, dass der Lokativ im Gegensatz zu dem Perlativ eine Lokalisierung innerhalb einer Abgrenzung (INESSIV) markiert hat, hat sich wahrscheinlich die Funktion TERMINATIV (ILLATIV), die ein

669 Vgl. die Definition von Ruijgh (1994:137) der Funktion PERLATIV ('valeur perlative'): \ . . l e chemin qu'on suit, l'extension spatiale d'un deplacement ou d'un emplacement, et la distance'.

Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex)Authenticated | 172.16.1.226

Download Date | 5/9/12 3:47 PM

Page 6: Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

386 5. Rekonstruktion der Vorgeschichte

Überschreiten einer Abgrenzung in ein Ziel hinein impliziert, daraus entwickelt (vgl. die Diskussion in 2.0.3.)·

Wie man oben in 2.4.0. gesehen hat, wird der Unterschied Rich-tung vs. Zielerreichung/Lokalisierung mit den entsprechenden Räu-men/Referenzobjekten gut aufrechterhalten. Das bedeutet, dass der Lo-kativ und der Allativ synchron betrachtet diesen Unterschied Richtung bzw. Zielerreichung/Lokalisierung bezeichnen, und der Perlativ fun-giert meistens als ein Komplement, der besondere Relationen in dem System realisiert.

Man sollte aber eine Auflockerung eines ursprünglichen Systems annehmen, durch die der Perlativ sich noch mehr in Richtung zu Loka-lisierung und der Lokativ noch mehr in Richtung zu Bewegung ent-wickelt haben. Diese Tendenz ist in Tocharisch Β ausgeprägter als in Tocharisch A, und der Lokativ kann in Tocharisch Β auch im Ein-zelfall zum Ausdruck der Richtung (mit Β i-) verwendet werden.

Ein mögliches funktionales System der gemeintocharischen Lokal-kasus kann demnach folgenderweise aufgestellt werden (Abbildung 5):670

Kasustyp Dynamisch Statisch Ursprung Erstreckung Ziel Zielerreichung Lokalisierung

Tocharische Perlativ Obliquus Lokativ Kasus Allativ

Abbildung 5. Wahrscheinliche Funktionen der gemeintocharischen Lokalkasus

Man muss aber bemerken, dass der Perlativ auch grammatikalisierte Funktionen entwickelt hat, wie Instrumental, Agens und Perlativ bei Komparation, wie auch erweiterte abstrakte Funktionen, wie modaler und kausaler Perlativ etc. Diese Entwicklung des Perlativs ist sicherlich altertümlich.

Irgendwann ist auch der Allativ grammatikalisiert worden und hat dativische Funktionen angenommen. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Übergang, wie schon Kölver (1965:78) vorschlägt, folgenderweise erfolgt ist: Der Allativ hatte die Funktion Fokusierung

670 Für die Aufstellung vgl. Austerlitz (1980).

Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex)Authenticated | 172.16.1.226

Download Date | 5/9/12 3:47 PM

Page 7: Die Funktionen der lokalen Kasus im Tocharischen Volume 2551 () || 5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung des Kasussystems

5.3. Rekonstruktion der funktionalen Entwicklung 387

auf die Richtung, im Gegensatz zu dem Lokativ, der die Erreichung bzw. das Eindringen in das Ziel bezeichnet. Dadurch wurde der Allativ als Zielkasus mit belebten Entitäten benutzt, und der Abstand zu dativischen Funktionen wäre dann nicht weit weg.

5.3.4. Stufe III: Weiterausbau des Paradigmas (Pre-A und Pre-B)

Der Weiterausbau des Systems hat sich innerhalb der beiden Sprachen nach der Trennung fortgesetzt.

Ziemlich typisch ist, dass der Perlativsektor hier durch neue, mehr verfeinerte Kasusformen, Instrumental, Komitativ und Kausal weiter ausgebaut wurde. Das System in Abbildung 5, von Komitativ, Kausal und Instrumental erweitert, könnte man funktional folgenderweise aufstellen (Abbildung 6).

Kasustyp: Dynamisch Statisch

Ursprung Erstreckung Ziel Zielerreichung Lokalisierung

Lokal/intern

Lokal/extern

Ablativ Perlativ Obliquus, Lokativ Lokativ Allativ

Ablativ Perlativ Perlativ Perlativ Komitativ Instrumental

Kausal

Sekundär adverbial

Ablativ Perlativ Obliquus, Lokativ Lokativ Allativ

Ablativ Perlativ Perlativ Perlativ Komitativ Instrumental

Kausal

Abbildung 6. Weiterausbau eines gemeintocharischen Systems

Die neugebildeten Kasusformen Komitativ, Ablativ, Instrumental und Kausal, sind, wie oben gezeigt, funktional ganz einfach, was auf eine spätere Entstehung hindeutet. Vor allem werden sie (abgesehen vom Ablativ) nicht lokal verwendet.671

671 Zur funktionalen Entwicklung des gemeintocharischen Paradigmas und die Gram-matikalisierung des Perlativs und des Allativs vgl. Carling - Josephson (1999-:91f.).

Brought to you by | University of Sussex (University of Sussex)Authenticated | 172.16.1.226

Download Date | 5/9/12 3:47 PM