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Die Gewinnung diagnostischer Information Diagnosebogen Zeugnisbericht Breitbanddiagnose Schmalbanddiagnose „Bandbreite-Fidelitäts-Dilemma“ Beobachtung, Beschreibung, Beurteilung „Inferenzproblem“ Informelle konkretisierte Schätzverfahren Persönlichkeitsbezogene Ratings Curriculumbezogene Ratings

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Die Gewinnung diagnostischer Information

Diagnosebogen Zeugnisbericht Breitbanddiagnose Schmalbanddiagnose „Bandbreite-Fidelitäts-Dilemma“ Beobachtung, Beschreibung, Beurteilung

„Inferenzproblem“ Informelle konkretisierte Schätzverfahren

Persönlichkeitsbezogene RatingsCurriculumbezogene Ratings

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Der Diagnosebogen

Mitteilungsinstrument Hilfsmittel zur Beurteilung und Mitteilung der

fachspezifischen Lernerfolge und/ oder des sozial-emotionalen Verhaltens von Schülern

Ausgangsbasis für pädagogische Förderungen:durch die Vorgabe von Beurteilungsbereichen und –kategorien wird eine objektivere,differenzierte Beurteilung angestrebt.

England: „Profiles“: stärkere wissenschaftliche Beachtung und Bearbeitung in der Praxis

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Der DiagnosebogenGründe für die Entwicklung

Konzipierung als Reaktion gegen den pädagogischen Bedeutungsverlust/ Informationsverlust der Zeugnisse

Wunsch nach größerer Objektivität und Gerechtigkeit des Lehrerurteils

Optimierung der Entscheidung über den Lernweg der Schüler

Entwicklung von Alternativen zu Schulleistungstests Realisierung der lernzielorientierten

Schülerbeurteilung

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Der DiagnosebogenGeschichte

1915-1930: Erprobung in größerer Zahl (Brahn,

Lasurski, Rebhuhn, Weige) zusätzlich zu den Leistungsurteilen:

Beobachtungen über die sozial-emotionale Entwicklung u. Angaben zur Lernumwelt

Zwangspause in der NS-Zeit

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Der DiagnosebogenGeschichte

Ab 1949/1950 Bemühungen zur Verbesserung 1970

Euphorische Ankündigung:“Das Zeugnis ist tot. Es lebe der Diagnosebogen!“ (Frommelt,1970)

Wenige Jahre später: Ablehnung durch die Lehrer 80-er Jahre

Keine nennenswerte Rolle

Politische, reformfeindliche Hemmnisse

Ablehnung durch die Lehrer

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Der DiagnosebogenBeispiel “Hessen“

„Diagnosebogen zum Stand des Lernprozesses“ 1969 an Gesamtschulen erprobt

Teil A:“Informationen zum Stand des Lernprozesses“Teil B:“Informationen zur Arbeitssituation“

Kritik: Zu geringe Trennschärfe der Kategorien Interesse/Lernbereitschaft Begünstigt subjektive Lehrerurteile Häufung von Fehlurteilen Zu schwer verständlich

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Der DiagnosebogenBeispiel „Niedersachsen“

1973: „Schülerbegleitbogen“

Orientierung am hessischen Diagnosebogen Annäherung an die Form von Schätzskalen Erprobungsphase nicht bestanden

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Der Zeugnisbericht

Ablehnung der Ziffernzensur „allgemeine Beurteilung des Kindes in

freier Form“ (Forderung der KMK 1970) In erster Linie Orientierung an den

Möglichkeiten des einzelnen Schülers:“Ermutigungsfunktion“

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Die Breitbanddiagnose

Verfahren zu Beobachtungen, Interviews, projektiven Tests

Liegt in der weitgespannten Erfassung bedeutsamer Merkmalsbereiche

Es gerät mehr Information ins Blickfeld des Diagnostikers

Kritik: schwächere Gütekennwerte

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Schmalbanddiagnose

Begrenzt auf einen engen Ausschnitt im Verhaltensrepertoire des Schülers misst nur einen schmalen Verhaltensbereich

Blickbeschränkung ( Beeinträchtigung der Validität)

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Das „Bandbreite-Fidelitäts-Dilemma“

Einerseits: Gewinnen vieler diagnostischer Informationen

Andererseits: Präzision der Informationen

Man kann nicht das eine erreichen, ohne das andere zu vernachlässigen!

Je bedeutsamer und endgültiger die pädagogische Maßnahme ist, desto besser muss die diagnostische Informationsgrundlage sein.

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Beobachtung, Beschreibung, Beurteilung(Inferenzproblem)

Definition „Inferenz“„Unter Inferenz versteht man den Vorgang, der zwischen dem gesehenen oder gehörten objektiven Verhalten und der Kodierung dieses Verhaltens liegt.“

Die Inferenz als kognitiver Prozeß kann mehr/weniger weitreichend sein

Beschreibung: niedriginferente TechnikBeurteilung: hochinferente TechnikSchmalbandverfahren: eher niedriginferentBreitbandverfahren: eher hochinferent

Das Inferenzproblem ist nicht in allgemeinverbindlicher Weise lösbar.

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Informelle konkretisierte Schätzverfahren

= pragmatische Alternative i.d. Schülerbeurteilung Ratings: Veröffentlicht zur Beobachtung und Beurteilung der

Schülerpersönlichkeit Ausprägungsgrad eines Merkmals durch Zahl/Kreuz

repräsentiert Schnelle Erfassung eines breiten Spektrums;mäßig inferent Deutungsschwierigkeiten: Frage derPolarität von Ratings Problem der Scheingenauigkeit Eigenschaftsrating vs. Situationen-Verhaltens-Rating

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Informelle konkretisierte SchätzverfahrenPersönlichkeitsbezogene Ratings

Verwendung: Beschaffung erster diagnostischer

Informationen mit dem Ziel einer Individualberatung bei psychosozialen Problemen

Fast ausschließlich hochinferente Beurteilungsskalen oder Schülerbogen, die auf der Eigenschaftsebene liegen

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Informelle konkretisierte SchätzverfahrenCurriculumbezogene Ratings

Grundlage für die Auswahl von Beobachtungseinheiten, aus denen diagnostische Informationen gewonnen werden sollen

Verwendung: Steuerung des Lehr-Lern-Prozesses Unterrichtsbezogene Beratung Vorbereitung von institutionellen Entscheidungen

Kognitiver Bereich vs. nicht-kognitiver Bereich

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Beurteilungshilfen für Lehrer

A. Janowski, B. Fittau, W.Rauer

B. 1981

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Definition Schülerbeurteilung

Unter Schülerbeurteilung wird der Wahrnehmungs- und Bewertungsprozess verstanden, anhand vorgegebener Merkmale, die persönliche Eigenart der einzelnen Schüler mit bestimmten Zielsetzungen zu charakterisieren d.h. mit solchen Begriffen zu kennzeichnen, dass er für Dritte in seiner Eigenart wieder erkennbar wird.

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Probleme bei der Schülerbeurteilung

Schülerbeurteilung erfolgt oft unbewusst. Die Leistungspersönlichkeit lässt sich nicht isoliert

beurteilen. Lehrerurteile sind oft zu wenig objektiv und zu endgültig. Schülerbeurteilungen werden stark von

Vereinfachungstendenzen in der sozialen Wahrnehmung beeinflusst.

Lehrerurteile beeinflussen die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler entscheidend.

Schülerbeurteilungen beinhalten Rückmeldungen für den Lehrer über die von ihm geleistete Arbeit.

Schülerbeurteilungen werden stark bestimmt durch die Sozialisationsfunktion der Schule.

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Kriterien für die Auswahl der Schülerverhaltensmerkmale

Die Verhaltensmerkmale sollen den allgemeinen Lernzielen möglichst vieler Bundesländer entsprechen.

Für die Verhaltensmerkmale soll es möglichst Entsprechungen in den Ergebnissen faktorenanalytischer Persönlichkeitsforschung geben. Auch andere Persönlichkeitsmodelle- und theorien werden berücksichtigt.

Vorliegende Skalen zur Schülerbeurteilung sollen berücksichtigt werden, soweit sie mit den obigen Kriterien vereinbar sind.

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Erläuterung der Schülermerkmale

16 Verhaltensmerkmale wurden festgelegt. Diese wurden zu folgenden Merkmalsbereichen

zusammengefasst: Kognitives Verhalten Arbeitsverhalten Sozialverhalten Praktisch-motorisches Verhalten Emotionale Widerstände

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Merkmale des kognitiven Bereichs

Intellektuelles Leistungs- und Sprachverhalten

Kreatives Verhalten und intuitives Denken Kritisches Denken und Urteilen

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Merkmale des Bereichs Arbeitsverhalten

Konzentrations,- Wahrnehmungs- und Merkverhalten

Angemessenes Arbeits- und Leistungsverhalten

Selbständiges, selbstgesteuertes und selbstbestimmtes Verhalten

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Emotionale Widerstände

Schul-, prüfungsängstliches Verhalten Schulverdrossenes, apathisches Verhalten Aggressives Verhalten

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Merkmale des Sozialverhaltens

Soziales Selbstbehauptungsverhalten Sozial verantwortungsvolles und

hilfsbereistes Verhalten Sozial sensibles und kommunikatives

Verhalten Kooperatives Verhalten Tolerantes, konstruktives

Konfliktlösungsverhalten

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Merkmal des praktisch-motorischen Bereichs

Wird nur durch ein Merkmal erfasst.

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Konkretisierung der Merkmale am Beispiel des Bereichs Kognitives Verhalten

Merkmal: Intellektuelles Leistungs- und Sprachverhalten Typische Verhaltensweisen:

Der Schüler fasst Neues im Unterricht schnell auf. Er stellt auch komplizierte Sachverhalte mündlich klar dar. Er löst auch schwierige Aufgaben. Er unterscheidet bei Problemen das Wesentliche vom

Unwesentlichen. Er ordnet Einzelheiten nach übergeordneten Gesichtspunkten. Er leitet aus Einzelbeobachtungen richtige Schlussfolgerungen ab. Er äußert plausible Vermutungen zur Erklärung eines neuen

Unterrichtsgegenstandes. Er bringt seine Gedanken für Leser verständlich zu Papier.

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Interpretation der Beurteilungsergebnisse

Typische Verhaltensweisen in der Klasse selten: Schüler zu wenig Möglichkeiten zur Artikulation Oder zuwenig Zeit zum Nachdenken Frage-Antwort-Spiel dominiert.

Einzelne Schüler zeigen keine der typische Verhaltensweisen: Unterricht orientiert sich am oberen Drittel. Starke und starre Gruppenbildung, die sich festgefahren hat.

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Funktionen der Beurteilungshilfen:

Sie sollen dem Lehrer helfen, sich seine Urteilsprozesse bewusster zu machen und Schüler genauer wahrzunehmen.

Sie sollen es dem Lehrer erleichtern, ein kommunizierbares Bild der aktuell dominierenden Verhaltensweisen des Schülers zu gewinnen.

Sie sollen dem Lehrer erleichtern die besonderen Schwierigkeiten und augenblicklichen Defizite der Schüler deutlich zu machen- vor allem im emotionalen und sozialen Bereich.

Sie sollen eine Stereotypisierung und Festschreibung der Urteile verhindern helfen und sensitiver machen für die im beobachtbaren Schülerverhalten stattfindenden Veränderungen.

Sie sollen Schülern transparenter machen, nach welchen Kriterien der Lehrer seine Urteile fällt, und ihnen damit beim Erlernen, Kritisieren und Internalisieren wichtiger sozialer Handlungs- und Bewertungsmuster helfen.