Die Goldregion des venezuelanischen Guayana.€¦ · 124 A. Ernst: Die Goldregion dem verwundeten...

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124 A. Ernst: Die Goldregion dem verwundeten Ares (Mars) beigestanden hat. Sie wird daher auch in Beziehung gebracht mit dem Vogel des Mars, mit dem Schwarzspecht Picus Martis, dem die Über¬ wachung und Verteidigung der vielgerühmten Wurzelknolle der Päonie obliegt. Sie wird daher auch Spechtswurzel genannt und spielt in der Sage als die sogenannte Spring- Wurzel eine große Rolle. Die Springwurzel öffnet näm- lich alle auf natürlichem Wege nicht zn eröffnenden Schlösser zn geheimen und verborgenen Schätzen. Da aber der Sage nach die Springwurzel als vorzügliches Heil- und Zauber- mittel dem Menschen nicht bekannt und daher nicht erreichbar ist (es ist auch von der wildwachsenden, seltenen Päonie die Rede), so muß der Schwarzspecht zur Erlangung dersel- beu in folgenderWeise gebraucht werden. Wenn der Schwarz- specht nisten will, hackt er mit seinem starken Schnabel in den Baumstamm eine Höhlung und bereitet darin sein Nest. Wenn man nun die Oeffnnng dieses Nestes zukeilt und der Specht zum Neste nicht gelangen kann, so holt er die ihm bekannte wunderbare Wurzel und berührt mit derselben den Keil, der augenblicklichaus der Oeffnnng springt. Da aber der Specht die Springwurzel dem Menschen nicht gönnt, so Pflegt er sie in das Feuer zu werfen. Deshalb muß man unter dem Baume ein rothes Tuch ausbreiten, damit der Vogel auf dasselbe, als vermeintliches Feuer, die Wunder- Wurzel wirft. Diese Sage herrscht auch in Ungarn, im Lande der verborgenen Schätze. Die Päonie heißt nach Plinins auch Peutorobon, weil sie nach abgefallener Blüthe vier oder fünf Erbsen trägt. Nach der deutscheu Kindersage Küchlein. (Die Stelle beim Plinius lautet: „Demokritus hat es gesagt und Theophrastus glaubt daran, es gebe ein Kraut, wel- ches, wenn es von einem Vogel zu einem Baume gebracht werde, den Keil, welchen die Hirten hineinschlugen, durch bloße Beruh- rung herauszöge. Hat man darüber auch keine zuverlässige Nachricht, so erregt das dochdie volleVerwunderung und nöthigt zu dem Eingeständniß, daß vieles über das Gewöhnliche hinausgehe.") Angelika. Engelwurz. Diese gewürzhaste Arzneipflanze hat ihren Namen daher, ?s venezuelanischen Guayana. weil sie ein Engel einem Frommen im Traume offenbarte. Daher werden ihr auch große Heilkräfte zugeschrieben, die sie zum Theil wenigstens auch wirklich besitzt. (Sie soll den Namen haben, weil sie „dem Würgengel der Pest so gewaltig" widerstehe. Sie heißt auch Angstwurz, im skandinavischen Norden Hvane, hilft gegen Würmer, Vergif- tungen und kann angezauberte Geschwüre zum Aufbrechen brin¬ gen, aus welchen dann Lumpen, verkohlte Dochte und Fliegen hervorkommen.) Erdrauch. Fumaria officinalis. Der Name Erdraute ist für diese Pflanze jedenfalls bezeichnenderals der obige. Sie heißt auch Bardenwurz, weil sie, sagt man, von den Druiden in der Median und in der Magie angewendet wurde. Der Name Alpraute, welchen sie nebenbei in mehreren Gegenden führt, zeigt ihre Beziehung zur deutschen Mythologie und zum Aberglaube»! an. In einigen Gegenden Deutschlands führt die Erdraute auch den Namen Donnerflug, weil man ihr früher die Kraft, den Donner zu verscheuchen, zugeschrieben hat. Es ist schade, daß die alten sinnreichen Pflanzennamen immer mehr in Vergessenheit gerathen. (Der Erdrauch wird auch Elfenr«uch genannt, weil er beim Verbrennen in den Augen schmerze. Zauberer und Hexen benutzen ihn, um sich unsichtbar zu machen oder die Geister der Verstorbenen herbeizurufen. Wenn beim Jäten ein Mädchen ihn ins Mieder steckt, begegnet ihm aus dem Heimwege der zu¬ künftige Bräutigam.) Das Alpkraut. Eupatorium. Schon der Name zeigt an, daß dies ein Kraut ist, wel- ches zum Aberglauben in Beziehung steht, und in der That wurde es gegen das Alpdrücken angewendet, indem es in das Bett des Geplagten gelegt wurde. Es führt auch den Na- men Hirfchkraut und dürfte wahrscheinlich dasjenige Kraut sein, welches der kranke Hirsch frißt und sich damit heilt, wie es eine weitverbreitete Sage erzählt. Bei den Druiden der Kelten stand auch dieses Kraut in hohem Ansehen. Die Goldregion des venezuelanischen Guayana. Von A. Ernst zu Seit den ältesten Zeiten europäischer Entdeckungen und Eroberungen in der ueuen Welt lebt die Sage vom Dorado, vielfach wiederholt und vielfach mißverstanden. Wenn auch kein vernünftiger Arensch an diese mehr wunderlichen als wunderbaren Erzählungen in vollem Ernste glauben kann, so sind doch in neuester Zeit gerade iu den Gegenden, wohin man gewöhnlich das Dorado verlegte, bedeutende Goldlager entdeckt worden, und werden zum Theil schou ausgebeutet. Es dürfte für die Leser des „Globus" nicht ohne Interesse sein, ein Näheres über den Sachverhalt zu erfahren, und ich entnehme die nachfolgenden Mittheilungen den mir vor- liegenden Originalberichten zweier bedeutenderBergingenieure, Dr. Wilson und Dr. Le Neve Foster, welche im Auf- trage amerikanischer und französischer Capitalisten die Gold- region genauer untersuchten. Die Leser werden die Lage der Goldfelder am schnellsten Und sichersten verstehen, wenn wir uns gemeinschaftlich von Caracas, Venezuela. Europa aus auf die Reife nach denselben begeben. Mit den bequemen Dampfern der Royal Mail Company gelangen wir vou Southamptou in 19 Tagen über das westindische Eiland Sanct Thomas nach der englischen Insel Trinidad, an Südamerikas Nordostecke. Es verlohnt sich der Mühe, dort einen Ausflug nachPunta La Brea und dem berühm- ten AspHaltsee, dem Pitch-lake der englischen Colonisten, zu machen. Ein kleiner Dampfer bringt uns in wenig Tagen von Trinidad nach Ciudad-Bolivar, früher An- gostura genannt, einer blühenden Stadt am rechten Ufer des Orinoco, gegen 50 deutscheMeilen aufwärts von seiner Mündung. Bei hohem Wasserstande dauert die Fahrt auf- wärts 70 bis 72 Stunden; stromabwärts und bei niedri- gem Wasserstande 50 bis 55 Stunden. Von Ciudad Bolivar kann man auf zwei Wegen nach den Minen gelangen; auf dem Landweg über Gnri, und dem Flnßweg auf dem Orinoco bis Puerto de las

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dem verwundeten Ares (Mars) beigestanden hat. Sie wirddaher auch in Beziehung gebracht mit dem Vogel des Mars,mit dem Schwarzspecht — Picus Martis, dem die Über¬wachung und Verteidigung der vielgerühmten Wurzelknolleder Päonie obliegt. Sie wird daher auch Spechtswurzelgenannt und spielt in der Sage als die sogenannte Spring-Wurzel eine große Rolle. Die Springwurzel öffnet näm-lich alle auf natürlichem Wege nicht zn eröffnenden Schlösserzn geheimen und verborgenen Schätzen. Da aber der Sagenach die Springwurzel als vorzügliches Heil- und Zauber-mittel dem Menschen nicht bekannt und daher nicht erreichbarist (es ist auch von der wildwachsenden, seltenen Päonie dieRede), so muß der Schwarzspecht zur Erlangung dersel-beu in folgenderWeise gebraucht werden. Wenn der Schwarz-specht nisten will, hackt er mit seinem starken Schnabel inden Baumstamm eine Höhlung und bereitet darin sein Nest.Wenn man nun die Oeffnnng dieses Nestes zukeilt und derSpecht zum Neste nicht gelangen kann, so holt er die ihmbekannte wunderbare Wurzel und berührt mit derselben denKeil, der augenblicklichaus der Oeffnnng springt. Da aberder Specht die Springwurzel dem Menschen nicht gönnt,so Pflegt er sie in das Feuer zu werfen. Deshalb muß manunter dem Baume ein rothes Tuch ausbreiten, damit derVogel auf dasselbe, als vermeintliches Feuer, die Wunder-Wurzel wirft. Diese Sage herrscht auch in Ungarn, im Landeder verborgenen Schätze. Die Päonie heißt nach Plinins auchPeutorobon, weil sie nach abgefallener Blüthe vier oder fünfErbsen trägt. Nach der deutscheu Kindersage Küchlein.

(Die Stelle beim Plinius lautet: „Demokritus hat esgesagt und Theophrastus glaubt daran, es gebe ein Kraut, wel-ches, wenn es von einem Vogel zu einem Baume gebracht werde,den Keil, welchen die Hirten hineinschlugen, durch bloße Beruh-rung herauszöge. Hat man darüber auch keine zuverlässigeNachricht, so erregt das dochdie volleVerwunderung und nöthigt zudem Eingeständniß, daß vieles über das Gewöhnlichehinausgehe.")

Angelika. Engelwurz.

Diese gewürzhaste Arzneipflanze hat ihren Namen daher,

?s venezuelanischenGuayana.

weil sie ein Engel einem Frommen im Traume offenbarte.Daher werden ihr auch große Heilkräfte zugeschrieben, diesie zum Theil wenigstens auch wirklich besitzt.

(Sie soll den Namen haben, weil sie „dem Würgengel derPest so gewaltig" widerstehe. Sie heißt auch Angstwurz, imskandinavischen Norden Hvane, hilft gegen Würmer, Vergif-tungen und kann angezauberte Geschwüre zum Aufbrechen brin¬gen, aus welchen dann Lumpen, verkohlte Dochte und Fliegenhervorkommen.)

Erdrauch. Fumaria officinalis.

Der Name Erdraute ist für diese Pflanze jedenfallsbezeichnenderals der obige. Sie heißt auch Bardenwurz,weil sie, sagt man, von den Druiden in der Median und inder Magie angewendet wurde. Der Name Alpraute,welchen sie nebenbei in mehreren Gegenden führt, zeigt ihreBeziehung zur deutschen Mythologie und zum Aberglaube»!an. In einigen Gegenden Deutschlands führt die Erdrauteauch den Namen Donnerflug, weil man ihr früher dieKraft, den Donner zu verscheuchen,zugeschriebenhat. Esist schade, daß die alten sinnreichen Pflanzennamen immermehr in Vergessenheit gerathen.

(Der Erdrauch wird auch Elfenr«uch genannt, weil erbeim Verbrennen in den Augen schmerze. Zauberer und Hexenbenutzen ihn, um sich unsichtbar zu machen oder die Geister derVerstorbenen herbeizurufen. Wenn beim Jäten ein Mädchenihn ins Mieder steckt, begegnet ihm aus dem Heimwege der zu¬künftige Bräutigam.)

Das Alpkraut. Eupatorium.

Schon der Name zeigt an, daß dies ein Kraut ist, wel-ches zum Aberglauben in Beziehung steht, und in der Thatwurde es gegen das Alpdrücken angewendet, indem es in dasBett des Geplagten gelegt wurde. Es führt auch den Na-men Hirfchkraut und dürfte wahrscheinlichdasjenige Krautsein, welches der kranke Hirsch frißt und sich damit heilt,wie es eine weitverbreitete Sage erzählt. Bei den Druidender Kelten stand auch dieses Kraut in hohem Ansehen.

Die Goldregion des venezuelanischenGuayana.Von A. Ernst zu

Seit den ältesten Zeiten europäischer Entdeckungen undEroberungen in der ueuen Welt lebt die Sage vom Dorado,vielfach wiederholt und vielfach mißverstanden. Wenn auchkein vernünftiger Arensch an diese mehr wunderlichen alswunderbaren Erzählungen in vollem Ernste glauben kann,so sind doch in neuester Zeit gerade iu den Gegenden, wohinman gewöhnlich das Dorado verlegte, bedeutende Goldlagerentdeckt worden, und werden zum Theil schou ausgebeutet.Es dürfte für die Leser des „Globus" nicht ohne Interessesein, ein Näheres über den Sachverhalt zu erfahren, undich entnehme die nachfolgenden Mittheilungen den mir vor-liegendenOriginalberichten zweier bedeutenderBergingenieure,Dr. Wilson und Dr. Le Neve Foster, welche im Auf-trage amerikanischer und französischer Capitalisten die Gold-region genauer untersuchten.

Die Leser werden die Lage der Goldfelder am schnellstenUnd sichersten verstehen, wenn wir uns gemeinschaftlich von

Caracas, Venezuela.

Europa aus auf die Reife nach denselben begeben. Mit denbequemen Dampfern der Royal Mail Company gelangenwir vou Southamptou in 19 Tagen über das westindischeEiland Sanct Thomas nach der englischenInsel Trinidad,an Südamerikas Nordostecke. Es verlohnt sich der Mühe,dort einen Ausflug nachPunta La Brea und dem berühm-ten AspHaltsee, dem Pitch-lake der englischen Colonisten,zu machen. Ein kleiner Dampfer bringt uns in wenigTagen von Trinidad nach Ciudad-Bolivar, früher An-gostura genannt, einer blühenden Stadt am rechten Uferdes Orinoco, gegen 50 deutscheMeilen aufwärts von seinerMündung. Bei hohem Wasserstande dauert die Fahrt auf-wärts 70 bis 72 Stunden; stromabwärts und bei niedri-gem Wasserstande 50 bis 55 Stunden.

Von Ciudad Bolivar kann man auf zwei Wegen nachden Minen gelangen; auf dem Landweg über Gnri, unddem Flnßweg auf dem Orinoco bis Puerto de las