Die gravimetrische Anomalie Baruth (Sachsen) – Aussagen...

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Z. Angew. Geol. (1/2003) 18 Einleitung Die gravimetrische Regionalvermessung der ehemaligen DDR hat nordöstlich von Bautzen (Abb. 1) mehrere lokale negative Schwereanomalien ergeben (LINDNER 1963, BÖHNERT 1986, LINDNER 1998). Ergänzende Schweremessungen nordwestlich Kleinsaubernitz lieferten eine Lokalfeldanomalie von knapp -10 mGal (Abb. 2), die mit einer lokalen magnetischen Ano- malie von -270 nT korrespondiert (LINDNER & BRAUSE 1967). Eine 1970 abgeteufte Bohrung hat limnische Sedimente ange- troffen, die Struktur wird heute als verfülltes tertiäres Maar angesehen (SUHR & GOTH 1996). Für ein zweites Schwere- minimum östlich von Baruth (Abb. 1 und 2) wurde, bestärkt durch eine auch hier beobachtete magnetische Anomalie (PUCHER et al. 2003), eine ähnliche Quelle vermutet. Eine vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie vorgeschlagene und mit Mitteln der Geowissenschaftlichen Gemeinschaftsaufgaben (GGA) realisierte Forschungsbohrung sollte endgültige Klärung bezüglich der Ursache für die Anomalie bei Baruth bringen und – vorausgesetzt es handelt sich wie erwartet um eine Maarstruktur – das Studium der ungestörten Seesedimente und damit neue Erkenntnisse zur Geologie tertiärer Maare ermöglichen; erwartet werden auch Beiträge aus dem Bereich der Paläoklimaforschung. Die Bohrlokation sollte im Zentrum der Schwereanomalie liegen, um einen maximalen Kerngewinn aus dem Bereich der Seesedimente zu erzielen. Daher wurde im Sommer 1996 von den GGA im Umfeld des vermuteten Maars eine gravime- trische Detailvermessung vorgenommen (PLAUMANN 1996). Die Vorerkundung des Bohransatzpunktes wurde an- schließend durch weitere geophysikalische, insbesondere seismische Messungen (WIEDERHOLD 2003), ergänzt. Nach Niederbringung der Forschungsbohrungen wurden Bohrloch- messungen durchgeführt (BÜCKER et al. 2003). Beide Methoden liefern wichtige Hinweise zur Geometrie- und Dichtestruktur im Untersuchungsgebiet. Zusammen mit der Aufnahme des Bohrkerns liegen somit gesicherte Randbedingungen vor, die eine dreidimensionale (3-D) Modellierung der Schwere- anomalie ermöglichen. 1 Dr. G. Gabriel, Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschafts- aufgaben, Stilleweg 2, D-30655 Hannover, E-Mail: [email protected] Die gravimetrische Anomalie Baruth (Sachsen) – Aussagen über die Struktur eines verdeckten Maars GERALD GABRIEL 1 Maar, Bouguer-Anomalie, Interpretation, dreidimensionales Modell, limnisches Sediment Kurzfassung Östlich von Baruth (Sachsen) ist eine negative Bouguer-Anomalie seit der Regionalvermessung der ehemaligen DDR bekannt; geologische Beobachtungen führten zu der Vermutung, dass die Ursache ein verdecktes tertiäres Maar sein könnte. Eine gravimetrische Detailver- messung ergab eine nahezu kreisförmige Anomalie von etwa 1200 m Durchmesser. Als Ansatzpunkt für eine Forschungsbohrung wurde die Lage des absoluten Schwereminimums von -6,9 mGal festgelegt. In diesem Bereich ist die maximale Mächtigkeit der Seesedimente zu erwarten. Basierend auf der flächenhaften gravimetrischen Datenbasis wurde unter Berücksichtigung der geowissenschaftlichen Rand- bedingungen ein dreidimensionales Modell der Struktur entwickelt. Die Seesedimente sind 207 m mächtig, ihre mittlere horizontale Aus- dehnung beträgt nach den gravimetrischen Betrachtungen 1090 m. [The Baruth gravity anomaly in Saxony, Germany as an indication of a buried maar structure] Abstract Regional gravity studies performed in the former GDR reveal a negative Bouguer anomaly east of Baruth, Saxony. Geological observations led to the assumption that its source might be a buried Tertiary maar. A detailed gravity survey revealed a nearly circular anomaly with a diameter of 1200 m. The location of the absolute gravity minimum of -6.9 mGal was chosen for drilling a research borehole. This location should coincide with the maximum thickness of the limnic sediments. A three-dimensional model was developed on the basis of the gravi- ty data, taking into account the boundary conditions given by other geoscientific investigations. The thickness of the limnic sediments is 207 m, the mean lateral extent derived from the gravity interpretation is about 1090 m. Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebietes und regionalgeologische Situation (nach SUHR & GOTH 1996). Fig. 1: Area of investigation and regional geology (after SUHR & GOTH 1996).

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Z. Angew. Geol. (1/2003)18

Einleitung

Die gravimetrische Regionalvermessung der ehemaligen DDRhat nordöstlich von Bautzen (Abb. 1) mehrere lokale negativeSchwereanomalien ergeben (LINDNER 1963, BÖHNERT 1986,LINDNER 1998). Ergänzende Schweremessungen nordwestlichKleinsaubernitz lieferten eine Lokalfeldanomalie von knapp -10 mGal (Abb. 2), die mit einer lokalen magnetischen Ano-malie von -270 nT korrespondiert (LINDNER & BRAUSE 1967).Eine 1970 abgeteufte Bohrung hat limnische Sedimente ange-troffen, die Struktur wird heute als verfülltes tertiäres Maarangesehen (SUHR & GOTH 1996). Für ein zweites Schwere-minimum östlich von Baruth (Abb. 1 und 2) wurde, bestärktdurch eine auch hier beobachtete magnetische Anomalie(PUCHER et al. 2003), eine ähnliche Quelle vermutet.Eine vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologievorgeschlagene und mit Mitteln der GeowissenschaftlichenGemeinschaftsaufgaben (GGA) realisierte Forschungsbohrungsollte endgültige Klärung bezüglich der Ursache für dieAnomalie bei Baruth bringen und – vorausgesetzt es handeltsich wie erwartet um eine Maarstruktur – das Studium derungestörten Seesedimente und damit neue Erkenntnisse zurGeologie tertiärer Maare ermöglichen; erwartet werden auchBeiträge aus dem Bereich der Paläoklimaforschung.Die Bohrlokation sollte im Zentrum der Schwereanomalieliegen, um einen maximalen Kerngewinn aus dem Bereich derSeesedimente zu erzielen. Daher wurde im Sommer 1996 vonden GGA im Umfeld des vermuteten Maars eine gravime-trische Detailvermessung vorgenommen (PLAUMANN 1996).Die Vorerkundung des Bohransatzpunktes wurde an-schließend durch weitere geophysikalische, insbesondere seismische Messungen (WIEDERHOLD 2003), ergänzt. Nach

Niederbringung der Forschungsbohrungen wurden Bohrloch-messungen durchgeführt (BÜCKER et al. 2003). Beide Methodenliefern wichtige Hinweise zur Geometrie- und Dichtestrukturim Untersuchungsgebiet. Zusammen mit der Aufnahme desBohrkerns liegen somit gesicherte Randbedingungen vor, dieeine dreidimensionale (3-D) Modellierung der Schwere-anomalie ermöglichen.

1 Dr. G. Gabriel, Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschafts-aufgaben, Stilleweg 2, D-30655 Hannover,E-Mail: [email protected]

Die gravimetrische Anomalie Baruth (Sachsen) – Aussagenüber die Struktur eines verdeckten Maars

GERALD GABRIEL1

Maar, Bouguer-Anomalie, Interpretation, dreidimensionales Modell, limnisches Sediment

KurzfassungÖstlich von Baruth (Sachsen) ist eine negative Bouguer-Anomalie seit der Regionalvermessung der ehemaligen DDR bekannt; geologischeBeobachtungen führten zu der Vermutung, dass die Ursache ein verdecktes tertiäres Maar sein könnte. Eine gravimetrische Detailver-messung ergab eine nahezu kreisförmige Anomalie von etwa 1200 m Durchmesser. Als Ansatzpunkt für eine Forschungsbohrung wurdedie Lage des absoluten Schwereminimums von -6,9 mGal festgelegt. In diesem Bereich ist die maximale Mächtigkeit der Seesedimente zuerwarten. Basierend auf der flächenhaften gravimetrischen Datenbasis wurde unter Berücksichtigung der geowissenschaftlichen Rand-bedingungen ein dreidimensionales Modell der Struktur entwickelt. Die Seesedimente sind 207 m mächtig, ihre mittlere horizontale Aus-dehnung beträgt nach den gravimetrischen Betrachtungen 1090 m.

[The Baruth gravity anomaly in Saxony, Germany as an indication of a buried maar structure]

AbstractRegional gravity studies performed in the former GDR reveal a negative Bouguer anomaly east of Baruth, Saxony. Geological observationsled to the assumption that its source might be a buried Tertiary maar. A detailed gravity survey revealed a nearly circular anomaly with adiameter of 1200 m. The location of the absolute gravity minimum of -6.9 mGal was chosen for drilling a research borehole. This locationshould coincide with the maximum thickness of the limnic sediments. A three-dimensional model was developed on the basis of the gravi-ty data, taking into account the boundary conditions given by other geoscientific investigations. The thickness of the limnic sediments is207 m, the mean lateral extent derived from the gravity interpretation is about 1090 m.

Abb. 1:Lage des Untersuchungsgebietes und regionalgeologischeSituation (nach SUHR & GOTH 1996).

Fig. 1:Area of investigation and regional geology (after SUHR & GOTH

1996).

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Lage des Untersuchungsgebietes

Baruth liegt im östlichen Landesteil von Sachsen, ca. 70 kmNE von Dresden (Abb. 1). Die tertiären Vulkanite Sachsensstehen in einem engen strukturellen Zusammenhang zumEgergraben. Sie sind meistens auf Querstörungen des Graben-systems anzutreffen, ihre Verbreitung reicht vom Vogtland bisin die Oberlausitz. Von ihrer Alterstellung sind sie in dasOligozän bis Miozän einzuordnen (SUHR & GOTH 1996). Nebendem Baruther Maar sind auf sächsischem Gebiet noch zweiweitere tertiäre Vorkommen bekannt: das Maar von Klein-saubernitz und das Maar von Hammerunterwiesenthal (Erz-gebirge). Weitere phreatomagmatische Strukturen werdenvermutet (SUHR 1999). Bezüglich einer ausführlichen Darstel-lung der geologischen Situation sei auf GOTH, SCHULZ & SUHR

(2003) verwiesen.

Gravimetrische Datenbasis und Bouguer-Anomalie

Vollständig erhaltene Maare können nur in Subsidenzgebietenauftreten. Ihre Entdeckung ist daher nur durch geophysikali-sche Untersuchungen möglich. Die mit Maaren verbundenenlimnischen Sedimente weisen gegenüber ihrer Umgebungeinen deutlichen Dichtekontrast auf. Je nach Mächtigkeit und

Ausdehnung erzeugen sie messbare Anomalien im Schwere-feld, so dass die Gravimetrie ein geeignetes Verfahren ist, umdiese Strukturen nachzuweisen (u. a. PIRRUNG 1997, JACOBY

1997). Erste Hinweise auf die mögliche Existenz eines ver-deckten tertiären Maars bei Baruth ergaben sich dement-sprechend aus der gravimetrischen Regionalaufnahme derehemaligen DDR in Form einer lokalen negativen Schwere-anomalie (Abb. 2). Da der Punktabstand der Vermessung500 m beträgt, kann auf der Basis dieser Information die Lagedes absoluten Schwereminimums und damit eines idealenBohransatzpunktes nicht sicher bestimmt werden.Durch die GGA wurden 1996 im Bereich der bekanntenAnomalie Baruth Verdichtungsmessungen mit einem Punkt-abstand von 100 m durchgeführt. Im zentralen Teil desSchwereminimums wurde ein kleinerer Abstand gewählt, sodass auf einer Fläche von 2 km × 2 km insgesamt 434 Gravi-meterpunkte neu angelegt wurden (Abb. 3). Für denAnschluss an die Absolutschwere wurden 3 Punkte des„Staatlichen Gravimetrischen Netzes der (ehemaligen) DDR“verwendet, wobei eine Umrechnung auf das „InternationalGravity Standardization Net 1971“ vorgenommen wurde. DieDatenaufbereitung erfolgte standardmäßig: die verwendeteReduktionsdichte beträgt 2670 kg/m∆ und entspricht in etwader Dichte des unter der tertiären Überdeckung in geringerTiefe anstehenden Granodiorits; der Einfluss der TopographieAbb. 2:

Bouguer-Anomalien auf dem Messtischblatt 4753 (Baruth), Iso-linienabstand 0,5 mGal. Die Datengrundlage bildet die Regional-vermessung der ehemaligen DDR, ergänzt um Messungen überdem Baruther Maar durch die GGA im Jahr 1996. Neben einemregionalen NE-SW Trend sind die mit den Maaren bei Klein-saubernitz und Baruth verbundenen Schwereanomalien deutlichzu erkennen. Am südwestlichen Blattrand könnte sich eineweitere Struktur andeuten.

Fig. 2:Bouguer anomalies on map sheet 4753 (Baruth), contour interval0.5 mGal. The data is from regional gravity surveys of the formerGDR, and by measurements above the Baruth maar by GGA in1996. Besides a NE-SW-striking regional trend, local gravityanomalies associated with the maar structures near Kleinsauber-nitz and Baruth can be distinctly recognized. Another maarstructure might be indicated in the south-west corner of the map.

Abb. 3:Bouguer-Anomalien in der Umgebung des Baruther Maars. Zu-sätzlich eingezeichnet sind: die Lokationen der Forschungsboh-rungen Baruth 1/98 und Baruth 2/98, die Messpunktverteilung,die Lage der 13 Modellebenen (Ebene 1 und 13 befinden sich „imUnendlichen“) sowie die Orientierung des in der Abbildung 6 ge-zeigten gravimetrischen Schnitts, der identisch mit dem seismi-schen Profil ist.Fig. 3:Bouguer anomalies in the vicinity of the Baruth maar. The loca-tions of the Baruth 1/98 and Baruth 2/98 research boreholes, thedistribution of data points, the 13 model cross sections (sections 1and 13 are located at “infinity”), and the cross section in Fig. 6,which is the same as for the seismic profile, are also shown.

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GABRIEL – Die gravimetrische Anomalie Baruth (Sachsen) – Aussagen über die Struktur eines verdeckten Maars

wurde nach dem Verfahren von JUNG (1954) bis zu einemRadius von 23,5 km reduziert (vgl. auch PLAUMANN 1991). DerFehler der resultierenden Bouguer-Werte wird mit ± 0,2 mGal(in SI-Einheiten: 1 mGal = 10-5 m/s2) abgeschätzt.Die Schwerekarte (Abb. 3) weist eine nahezu kreissymmetri-sche Anomalie auf, die einen Durchmesser von etwa 1200 mund eine Amplitude von -6,6 mGal besitzt. Diese wird durcheinen kontinuierlichen regionalen Schwereanstieg von NEnach SW überlagert; die Trend bereinigte Anomalie Baruth be-trägt -6,9 mGal. Die Halbwertsbreite der Lokalfeldanomalieliegt bei ca. 800 m; daraus lässt sich mit der Modellannahmeeines liegenden Kreiszylinders eine maximale Tiefe für denStörkörper von etwa 400 m abschätzen (MILITZER & WEBER

1984). Durch die gravimetrische Detailvermessung konnte dieLage des absoluten Schwereminimums über dem Maar undsomit der geeignete Bohransatzpunkt auf ± 30 m genau fest-gelegt werden (PLAUMANN 1996). Dabei wird davon ausgegan-gen, dass die geringsten Schwerewerte mit der maximalenMächtigkeit der Seesedimente zusammenfallen.

Methodik der gravimetrischen Modellierung

Die Interpretation gravimetrischer Daten kann einerseits qua-litativ anhand des Anomalienbildes, andererseits aber auchquantitativ in Form von Modellrechnungen erfolgen. Dabeikann die Gravimetrie als unabhängiges Verfahren genutzt wer-den, um Ergebnisse anderer Methoden auf ihre Plausibilitäthin zu prüfen. 2-D Modellierungen sind nach JUNG (1961) nurdann zulässig, wenn das Längen- zu Breitenverhältnis min-destens 4 : 1 beträgt. Aufgrund der typischen Struktur vonMaaren müssen die Modellrechnungen dreidimensional vor-genommen werden.Die 3-D Modellrechnungen wurden mit dem ProgrammIGMAS (Interaktives Gravimetrisches und Magnetisches Aus-wertesystem) durchgeführt (GÖTZE 1984, GÖTZE & LAHMEYER

1988, SCHMIDT 1996). Zur Modellierung des Schwerefeldeswerden im Untersuchungsgebiet parallele Vertikalschnittedefiniert (vgl. Abb. 3). Innerhalb dieser Ebenen beschreibenPolygonzüge den Durchstoß von Schichtgrenzen durch denjeweiligen Schnitt. Die Verbindung der 2-D Strukturen inner-halb der Ebenen zu einem 3-D Untergrundmodell erfolgt dannautomatisch durch das Programm.

Modellierungsgebiet und Randbedingungen

Gravimetrische Modellrechnungen unterliegen, wie auch dieanderen Potentialmethoden der Geophysik, dem Äquivalenz-prinzip: verschiedene Untergrundmodelle liefern bei ent-sprechender Geometrie- und Dichteverteilung dasselbeSchwerefeld. Daher müssen bei Modellrechnungen diebekannten geophysikalischen und geologischen Randbe-dingungen berücksichtigt werden.Hochauflösende strukturelle Informationen liefern reflexions-seismische Messungen, die im Bereich des Baruther Maars aufzwei, sich im Zentrum der Schwereanomalie kreuzendenProfilen vorliegen (WIEDERHOLD 2003). Die schüsselförmigeForm des Maars bildet sich auf beiden Profilen gut ab. EineVielzahl von Reflexionen steht im Zusammenhang mit derSedimentfüllung, die seitliche Begrenzung wird eher schwachwiedergegeben. Insofern ergänzen sich gravimetrische undseismische Messungen in idealer Weise – die Gravimetrie istnicht in der Lage horizontale Schichtgrenzen aufzulösen,kann aber wichtige Beiträge zur Detektion lateraler Dichte-kontraste liefern.Neben den geometrischen Randbedingungen hängt die Aus-sagekraft gravimetrischer Modelle von der Qualität der zurVerfügung stehenden Dichteinformationen ab. Beide Bohrun-gen wurden mit bohrlochgeophysikalischen Methoden

vermessen, u. a. wurden Dichte-Logs aufgenommen (BÜCKER

et al. 2003). Diese spiegeln die horizontalen Schichtgrenzenwider, insbesondere der Übergang der hangenden klastischenSedimente (Lithozone D4 nach PIRRUNG 1998) zum Diatomit(Lithozonen D3 bis D1) wird deutlich abgebildet (Abb. 4).Innerhalb der Diatomite ist ein kontinuierlicher Dichteanstiegmit der Tiefe auszumachen, der einerseits auf den zunehmen-den Turbiditanteil zurückgeführt werden kann, andererseitsauf erhöhte Kompaktion (geringerer Wassergehalt). Derliegende Teil der Diatomite (Lithozone D1) zeichnet sich, be-dingt durch den hohen Turbiditanteil, durch stark streuendeDichten aus. Dichten von 2000 kg/m3 und mehr werden inner-halb der eigentlichen Maar-Struktur erstmals im Bereich derDebris Flows (Lithozone C) erreicht, unterbrochen durch diegeringen Dichtewerte der Lapillituffe. Der Übergang zurKollapsbrekzie (Lithozone B) ist mit einem deutlichen Dichte-sprung verbunden.Randbedingungen für das gravimetrische Modell liefern auchdie beiden Forschungsbohrungen (FB, Abb. 3). Die FBBth 1/98 führt zu Angaben über die Tiefe der verschiedenenlithologischen Einheiten; die FB Bth 2/98 gibt darüber hinausHinweise auf die maximale südliche Erstreckung des Maars.Im Laufe der Bearbeitung der beiden Forschungsbohrungenhat sich die Ansprache einzelner Kerne verändert und präzi-siert. Daher kann die Gravimetrie zunächst nur ein Modell der3-D Dichteverteilung unter Berücksichtigung geologischerVorstellungen liefern; nach Abschluss der Modellierung isteine Interpretation der einzelnen Modellkörper in Form vonlithologischen Einheiten notwendig.

Abb. 4:Gegenüberstellung des nach gravimetrischen Gesichtspunktenvereinfachten lithologischen Profils der Forschungsbohrung Ba-ruth 1/98 (links), den von PIRRUNG (1998) eingeführten Lithozonen(Mitte) und des Dichtelogs (rechts); die Tiefenangaben beziehensich auf den Bohransatzpunkt.

Fig. 4:Comparison of the lithological log of the Baruth 1/98 research bo-rehole, simplified by gravimetric aspects (left), the lithozones in-troduced by PIRRUNG (1998, centre), and the density log (right);datum level is the elevation of the borehole site.

0 m

100 m

200 m

280 m

Dichte [kg/m3]

Tertiär

Braunkohle

Diatomit

(vereinzelte Turbidite)

Diatomit

(häufige Turbidite)

seismischer Reflektor

Diatomit

(mächtige Turbidite)

Debris Flow

LapilliuffDebris Flow

Kollapsbrekzie

D4

D3

D2

D1

C

B

1000 2000 3000

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Die gravimetrischen Modellrechnungen basieren auf ins-gesamt 13 Vertikalschnitten (Abb. 3). Davon liegen 11 imunmittelbaren Untersuchungsgebiet, zwei Ebenen befindensich im „Unendlichen“, um Randeffekte zu minimieren. Ausdemselben Grund reicht die Ausdehnung jeder Ebene auchdeutlich über das eigentliche Modellierungsgebiet hinaus. DieSchwereanomalien zeigen keine Vorzugsrichtung, aus dersich Konsequenzen für die optimale Ausrichtung der Modell-ebenen ableiten lassen. Im gravimetrischen Untergrundmodellwurden neben einer Umgebungsdichte sieben Einheiten bzw.Dichtebereiche unterschieden (Tab. 1). Da keine der Bohrun-gen das Festgestein erreichte, wurde für den Granodiorit nachMILITZER & WEBER (1984) eine Dichte von 2690 kg/m3

angenommen. Das resultierende Dichtemodell wurde an-schließend unter Beachtung des Erkenntniszuwachses aus derabschließenden Kombination aller geophysikalischen Metho-den reinterpretiert. Dies war notwendig, da die komplexeBetrachtung der Verfahren, einschließlich der überarbeitetenAnsprache der Bohrkerne, darauf hindeutet, dass sich nichtalle lithologisch relevanten Einheiten in der Dichte unter-scheiden: Bereiche aus den Bohrungen Bth 1/98 und Bth 2/98,die in den Bohrlochmessungen die selben Dichten liefern,stellen signifikant unterschiedliche Lithologien dar.

Ergebnisse der gravimetrischen Modellierung

Ein Maß für die Güte der Modellierung liefert die Residuen-karte (Residuen bezeichnen hier die Differenz zwischen demgemessenen und modellierten Feld). Eine vernünftige Anpas-sung ist erreicht, wenn die Abweichungen in der Größenord-nung des Messfehlers liegen und sich die Geologie in der Kar-tendarstellung nicht mehr erkennen lässt. Abbildung 5 zeigt,dass diese beiden Kriterien erfüllt sind, lediglich an denRändern des Untersuchungsgebietes treten Abweichungenvon mehr als 0,3 mGal auf. Dies ist vor allem darauf zurück-zuführen, dass das Hauptaugenmerk der Maarfüllung galt.Strukturen in größerer Tiefe bzw. außerhalb des Modellie-rungsgebietes, die ebenfalls einen Beitrag zum Regionalfeldliefern könnten, wurden nicht berücksichtigt. Der Versucheiner abschließenden Dichteinversion brachte keine signifi-kante Verbesserung der Modellierungsergebnisse und wurdedaher verworfen.Zur Illustration der Modellierungsergebnisse ist exemplarischein Schnitt (Abb. 6) entlang des reflexionsseismischen Profils(vgl. Abb. 3) dargestellt. Die lithologische Interpretationwurde basierend auf der modellierten Dichteverteilung vorge-nommen. In diesen Schnitt wurden die FB Bth 1/98 und FBBth 2/98 projiziert. Die FB Bth 1/98 reicht allerdings nicht,wie es Abbildung 6 impliziert, bis in den anstehenden Gran-odiorit, tatsächlich endet sie im Diatrem: im Bohrlochtiefstenwurde Kollapsbrekzie (Granodiorit-Blöcke, Grauwacken-Brocken der Lithozone B) erbohrt. Die Tiefe des in der gravi-metrischen Modellierung angesetzten Übergangs zwischender Kollapsbrekzie und dem Granodiorit basiert also nicht aufeiner eindeutig nachgewiesenen lithologischen Grenze,

sondern berücksichtigt lediglich die Dichteverteilung nachden Bohrlochmessungen. Im Folgenden wird die Interpretati-on des Modells vom Hangenden zum Liegenden vorge-nommen. Bezüglich der genauen geologischen Beschreibungwird auf GOTH, SUHR & SCHULZ (2003) verwiesen.Der oberste Modellkörper umfasst neben den regional ver-breiteten tertiären Sedimenten auch ein Braunkohleflöz sowieschluffige Sande eines Fließgewässers, das in den Maarseeeinmündete. Die Dichte variiert in diesem Bereich deutlich.Aus den bohrlochgeophysikalischen Messungen wird ein Mit-telwert von 1600 kg/m3 abgeleitet, der vor allem für die überdas gesamte Modell aushaltenden tertiären Sedimente reprä-sentativ ist.

Nr.

1

2

3

4

5

6

7

8

Geologische Einheit

Umgebungsdichte

Tertiär und klastische Sedimente

Diatomit 1

Diatomit 2

Diatomit 3 und Debris Flow

Sand und proximale Randfazies der Diatomite

Übergangsbereich (Kollapsbrekzie, Granodioritgrus)

Granodiorit

Litho-zone

E, D4

D3, D2

D2

D1, C

C

B

B

Dichte[kg/m3]

2670

1600

1350

1500

1600

1500

2000

2690

Volumen[10-3 km3]

26,5

15,2

17,9

15,4

38,3

Masse[109 kg]

35,7

22,8

28,6

23,0

76,6

Tabelle 1:Dichten, Volumina und Massender bei der gravimetrischen Mo-dellierung berücksichtigten geo-logischen Einheiten und Lithozo-nen nach PIRRUNG (1998).

Table 1:Densities, volumes and masses ofthe geological units taken intoaccount for the gravity model andlithozones after PIRRUNG (1998).

Abb. 5:Residuen (gemessenes Feld minus modelliertes Feld) des gravi-metrischen Modells. Blaue Bereiche kennzeichnen negativeResiduen, rote positive. Dunkle Farben geben Abweichungengrößer ±0,3 mGal wieder.

Fig. 5:Residual anomalies (difference between the measured and calcu-lated gravity field) of the gravity model. Blue and red areas repre-sent negative and positive residual anomalies, respectively. Darkcolours indicate areas with differences greater than ±0.3 mGal.

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GABRIEL – Die gravimetrische Anomalie Baruth (Sachsen) – Aussagen über die Struktur eines verdeckten Maars

Die gravimetrische Modellrechnung bestätigt die aus den seis-mischen Messungen abgeleitete, nahezu horizontale Lagerungder Seesedimente. Die mit „Diatomit 1“, „Diatomit 2“ und„Diatomit 3 und Debris Flow“ bezeichneten Modellkörperberücksichtigen die zunehmende Dichte mit der Tiefe. Die inder gravimetrischen Modellierung angenommene Grenzezwischen den beiden Dichtebereichen „Diatomit 1“ und„Diatomit 2“ wurde in Anlehnung an die Reflexionsseismikvorgenommen. Dort ist in etwa 140 m Tiefe eine markanteReflexion zu erkennen, die mit drei jeweils einen Meter mäch-tigen Lagen phonolitischer Aschen in Verbindung gebrachtwird (WIEDERHOLD 2003). Die aus dem vertikalen seismischenProfil abgeleiteten Intervallgeschwindigkeiten weisen auf eineZunahme der Scherwellengeschwindigkeiten unterhalb dieserGrenzfläche hin. Ebenso verschieben sich die beobachtetenDichten zu einem etwas höheren Niveau. Auch andere bohr-lochgeophysikalische Messungen, wie das Spektrale GammaRay (erhöhter Thorium- und Urangehalt) oder die magnetischeSuszeptibilität bilden die phonolitischen Lagen ab (BÜCKER

et al. 2003). Möglicherweise ist mit dieser Grenze ein Wechselin den Ablagerungsbedingungen verbunden, denn mit ihr gehteine signifikante Änderung im Einfallen der Diatomite vonweniger als 3° im Hangenden auf 8° im Liegenden einher(BÜCKER et al. 2003). Der Modellkörper „Diatomit 1“ repräsen-tiert den reinen Diatomit (Lithozone D3) sowie anteilig Dia-tomite mit bis zu 50 % Turbiditen (Lithozone D2); die Einheit„Diatomit 2“ besteht ausschließlich aus Diatomiten mit bis zu50 % Turbiditen (Lithozone D2).

Ab einer Tiefe von etwa 180 m ist in den bohrlochgeophysi-kalischen Messungen eine stärkere Variation in den Dichte-werten zu beobachten (Abb. 4). Dieser Bereich entspricht derLithozone D1 nach PIRRUNG (1998) und spiegelt den Bereichder Diatomite mit hohem allochthonen Sedimentanteil (Turbi-dite) wieder. Gemeinsam mit den im Liegenden folgendenDebris Flows wird diese lithologische Einheit in dem gravime-trischen Modell durch den Körper „Diatomit 3 und DebrisFlow“ abgebildet. Als mittlere Dichte wurden 1600 kg/m3 an-genommen. Dabei ist zu beachten, dass die Debris Flows lokalhöhere Dichten (über 2000 kg/m3) aufweisen, diese aber durchdie eingeschalteten Lapillituffe zwischen 236 und 247 mTeufe wieder kompensiert werden.Die Bohrlochmessungen, insbesondere die in der FB Bth 2/98zeigen, dass die Diatomite in einen Körper der Dichte1500 kg/m3 eingebettet sind. In der Bohrung Bth 2/98 wirddieser als Sand angesprochen; nach GOTH, SUHR & SCHULZ

(2003) könnte es sich um ein kleines Delta infolge eines Zu-flusses von Süden handeln. Inwieweit ein genetischer unddamit lithologischer Zusammenhang zu der Lithozone D4 derFB Bth 1/98 besteht, kann durch die Gravimetrie nicht geklärtwerden. Insgesamt liegt eine Deutung der tieferen Bereichedieses Modellkörpers als proximale Randfazies der See-sedimente nahe. Dementsprechend keilt diese Schicht imtiefsten Bereich aus.Die Sande bzw. die proximale Randfazies der Diatomite fallenam Südrand des Baruther Maars flacher ein als an der nörd-lichen Begrenzung. Aus den Modellrechnungen könnenBeträge von 45° bis 50° (Süd) bzw. 50° bis 60° (Nord) abge-schätzt werden. Die Neigung der Diatomite ist dement-sprechend etwas steiler. Das Regionalfeld wird durch die ausden seismischen Reflexionsmessungen abgeleitete Mächtig-keit der tertiären Deckschicht recht gut wiedergegeben, dienach Norden an Mächtigkeit zunimmt. Für die Erklärung derbeobachteten Schweregradienten mussten die sandigenSchichten und der Übergangsbereich am südlichen Rand desMaars im Mittel etwas mächtiger angesetzt werden als amNordrand. Die aus den Modellbetrachtungen resultierendenAbsolutbeträge dieser Schichtpakete hängen direkt vom Dich-tekontrast zum Granodiorit ab.Die Basis des Maars wird durch die Kollapsbrekzie gebildet(Lithozone B). In der Bohrung Baruth Bth 1/98 steigen in die-sem Bereich die Dichten über mittlere Werte von 2000 kg/m3

bis hin zu 2700 kg/m3 im bohrlochtiefsten Bereich an. In derBohrung Bth 2/98 ergeben die bohrlochgeophysikalischenMessungen ebenfalls Dichtewerte, die bei 2000 kg/m3 liegen.Demzufolge bildet der Modellkörper „Übergangsbereich“ nureinen Teil der Kollapsbrekzie im lithologischen Sinn ab, zumüberwiegenden Teil findet sich die Kollapsbrekzie auf Grundihrer Dichte im Modellkörper „Granodiorit“ wieder. In derUmgebung der Bohrung Bth 2/98 muss der „Übergangs-bereich“ vermutlich als umgelagerter Granodioritgrus ange-sprochen werden (GOTH, SUHR & SCHULZ 2003).Auf Basis des 3-D gravimetrischen Modells ist eine Abschät-zung der Volumina der verschiedenen Modellkörper möglich(Tab. 1). Die im Baruther Maar abgelagerten Seesedimente(Diatomit, Debris Flow, Sand) nehmen ein Gesamtvolumenvon ca. 0,075 km3 ein. Der Anteil der Diatomite beträgt –inklusive der eingeschalteten Turbidite – mindestens0,042 km3 (ohne den Modellkörper Diatomit 3 und DebrisFlow). Das Volumen der Kollapsbrekzie ist unsicher. Einer-seits reichen die durch die geophysikalischen Verfahrengelieferten Randbedingungen nicht aus, um eine gesicherteAngabe zu machen. Die Bohrungen haben lediglich den Topdieser Schicht erreicht, aber nicht die Basis. Somit gibt dasBohrprofil nur einen Hinweis auf die Mindestmächtigkeit derKollapsbrekzie. Andererseits kann auf Grund eines fehlendenDichtekontrasts nicht zwischen der Kollapsbrekzie in derBohrung Bth 1/98 und dem verwitterten Granodiorit in derBohrung Bth 2/98 unterschieden werden.

Messung

[mGal]S

100

z[m]

-1

-2

-3

-5

-6

N

Modell

200

0.2 0 .4 0.6 0 .8 1.0 1 .2

Baruth 1Baruth 2

0.2 0 .4 0.6 0 .8 1.0 1 .2 1.4 1 .6 1.8 x [km]

-4

1600 Tertiär1350 Diatomit 11500 Diatomit 21600 Diatomit 3 und Debris Flow1500 Sand u. proximale Rand-

fazies der Diatomite2000 Übergangsbereich2690 Granodiorit

a

b

d

c

f

h

g g

i

f

ie

1 3 [* 103kg/m

3]

Abb. 6:Schnitt durch das dreidimensionale gravimetrische Modell ent-lang des seismischen N-S Profils. Eingezeichnet sind zusätzlichdie Forschungsbohrungen Baruth 1/98 und Baruth 2/98, sowie dasDichtelog der Hauptbohrung. Die modellierte Dichteverteilung istfarblich codiert, die darauf basierende Interpretation ist ein-gezeichnet (durchgezogene Linien: lithologische Grenzen mitDichtekontrast; gestrichelte Linien: lithologische Grenzen ohneDichtekontrast): a Tertiär, b-d Diatomit (zunehmende Dichte),e Debris Flow, f Sand und proximale Randfazies der Diatomite,g Granodioritgrus, h Kollapsbrekzie, i Granodiorit.

Fig. 6:Top: Measured (solid line) and calculated (dashed line) gravityvalues along the N-S seismic line across the concealed maar. Bot-tom: Corresponding cross section through the three-dimensionalgravity model. The Baruth 1/98 and Baruth 2/98 research bore-holes are also shown, as well as the density log of Baruth 1/98. Themodelled density distribution is shown in colour. Interpretedlithological boundaries with density contrast are shown by solidlines; lithological boundaries without density contrast are shownby dotted lines (a) Tertiary, (b) - (d) diatomite (increasing density),(e) debris flow, (f) sand and proximal facies of the diatomites, (g)granodiorite debris, (h) collapse breccia, (i) granodiorite.

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GABRIEL – Die gravimetrische Anomalie Baruth (Sachsen) – Aussagen über die Struktur eines verdeckten Maars

Die abgeleiteten Modellvorstellungen über die Untergrund-struktur ermöglichen auch eine Aussage über die lateraleAusdehnung des Maars. Tabelle 2 enthält entsprechendeAngaben für die Diatomite und Debris Flows, die Sande bzw.den Übergangsbereich. Dabei ist zu beachten, dass die Anga-ben für die jeweilige Nord-Süd Erstreckung auf Grund derOrientierung der Modellebenen eine höhere Signifikanz be-sitzen als die Ergebnisse für die Ost-West Ausdehnung. DerBetrag für die Verbreitung des Übergangsbereichs muss alsMinimalabschätzung angesehen werden: die Residuen(Abb. 5) geben einen Hinweis darauf, dass insbesondere inOst-West Richtung von größeren Werten auszugehen ist (etwa1500 m). Aus den gravimetrischen Modellrechnungen kannfür das Baruther Maar ein Verhältnis des mittleren Durchmes-sers zu seiner Mächtigkeit (215 m incl. Debris Flow, aus derKernaufnahme) von 5,07 bestimmt werden. Damit ordnet sichdie Struktur zwanglos in die bekannte Größenordnung von4 : 1 für alte Maare bzw. 5 : 1 posteruptiv für junge Maare ein(BÜCHEL 1993, PIRRUNG 1997).

Nachweis von Diatremen

Mit den Forschungsbohrungen Bth 1/98 und Bth 2/98 gilt esals erwiesen, dass es sich bei der Struktur Baruth um ein Maarhandelt (GOTH, SCHULZ & SUHR 2003). Alle erhobenen geo-wissenschaftlichen Daten lassen sich mit einem Maar-Modellin Einklang bringen. Der direkte Beleg über den Nachweiseines Diatrems fehlt allerdings. Hier stellt sich die Frage, obdie einzelnen geophysikalischen Methoden in der Lage sind,dieses aufzulösen.Hinsichtlich der Gravimetrie scheint der Dichtekontrastzwischen dem Diatrem und dem ungestörten Granodioritnicht ausreichend zu sein, um signifikante Anomalien zuerzeugen. Dies lässt sich bereits aus den bohrlochgeophysika-lischen Messungen ableiten, die im Strukturtiefsten für dieKollapsbrekzie Werte ergeben, die mit 2700 kg/m3 und höherder des Granodiorits entsprechen. Erschwerend kommt hinzu,dass eine etwaige, mit dem Diatrem in Verbindung stehendenegative Schwereanomalie, von dem Schwereeffekt der Seese-dimente überlagert wird. Eine einfache Modellabschätzungzeigt, welche Amplituden derartige Anomalien erreichen kön-nen (Abb. 7). Die geometrischen Parameter beruhen auf denKenntnissen über die Struktur Baruth und einem von LORENZ

(1998) vorgeschlagenen Maarmodell, das auf geophysikali-schen Untersuchungen der Eifelmaare sowie erschlossenenKimberlitschloten in Südafrika basiert. Die Seesedimente(Basis Debris Flow) in Baruth reichen bis in eine Tiefe von257 m, der Durchmesser beträgt oberflächennah ca. 1000 bis1100 m. Darauf basierend wird für das Diatrem ein Durchmes-ser von 700 m an seiner Oberkante angenommen, die Seiten-ränder fallen nach LORENZ (1998) im Mittel mit 82° ein, woraussich eine Diatremmächtigkeit von knapp 2,5 km ergibt. Abbil-dung 7 zeigt den mit dieser geometrischen Struktur verbun-denen Schwereeffekt bei unterschiedlichen Dichtedifferenzenzur Umgebung. Da die Dichte in die Berechnung der Schwe-

reanomalien linear eingeht, nimmt der Betrag der Amplitudevon 330 µGal bei einer Dichtedifferenz von 100 kg/m3 aufentsprechend 990 µGal bei einem Dichtekontrast von300 kg/m3 zu. Diese Größenordnungen sind mit Gravimeternohne weiteres nachweisbar. Schwierigkeiten macht aber dieTrennung der durch die Seesedimente und das Diatremhervorgerufenen Anomalienanteile, solange die Störkörpervertikal auf etwa einer Linie angeordnet sind. Insofern ist derdirekte Nachweis eines Diatrems mit der Gravimetrie nichtmöglich. Die Annahme einer Wandneigung des Diatrems von82° dürfte einer Maximalabschätzung nahe kommen. Mitflacheren Winkeln nimmt auch die Tiefenreichweite des Dia-trems und damit der in der Gravimetrie zu beobachtendeSchwereeffekt ab.

Mächtigkeit von Seesedimenten

Die durch Störkörper hervorgerufenen Schwereanomalienhängen neben dem Dichtekontrast zum Nebengestein auchvon ihrer Geometrie ab. PIRRUNG (1997) hat erstmals versucht,

Tabelle 2: Maximale laterale Erstreckung des Baruther Maars.

Table 2: Maximum lateral extent of the Baruth maar.

Abb. 7:Oben: Durch ein Diatrem (Durchmesser: 700 m, Mächtigkeit:2490 m) verursachte Schwereanomalie bei unterschiedlichenDichtekontrasten; Unten links: verallgemeinertes Maarmodellnach LORENZ (2000); Unten rechts: Geometrie des für die gravime-trische Berechnung angenommenen 3-D kreissymmetrischenDiatrems (u. a. nach LORENZ 1998).

Fig. 7:Top: Gravity anomaly caused by a diatreme (diameter: 700 m,thickness: 2490 m), modelled using different density contrasts;bottom, left: generalised maar model (after LORENZ 2000); bottomright: geometry of the rotationally symmetric diatreme (afterLORENZ 1998).

Geologische Einheit

Diatomit und Debris Flow

Sand

Übergangsbereich

ErstreckungNord – Süd [m]

810

1030

1650

ErstreckungOst – West [m]

880

1150

1150–1500

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GABRIEL – Die gravimetrische Anomalie Baruth (Sachsen) – Aussagen über die Struktur eines verdeckten Maars

einen Zusammenhang zwischen der im Bereich des Becken-zentrums gemessenen Bouguer-Anomalie und dem maxima-len Durchmesser der Maare abzuleiten. Ab einer bestimmtenGröße eines Maars wird die Amplitude der Bouguer-Anomaliejedoch weniger von dem Durchmesser der Struktur bestimmt,sondern vor allem durch die Mächtigkeit der sedimentärenAblagerungen. Wird die maximale Bouguer-Anomalie imBeckenzentrum der bekannten Mächtigkeit der Seesedimenteder einzelnen Vorkommen gegenübergestellt, so ergibt sicheine Abhängigkeit, die gut durch Modellkurven beschriebenwerden kann (Abb. 8). Die gezeigten Geraden basieren auf derApproximation der Sedimente durch einen vertikalen Zylin-der. Es wird davon ausgegangen, dass das Verhältnis Durch-messer zu Mächtigkeit 4 : 1 beträgt und keine Sedimente imHangenden das Maar überdecken.In Abbildung 8 sind für verschiedene Maare die aus PIRRUNG

(1997) entnommenen geometrischen Größen den Modell-kurven für zwei unterschiedliche Dichtekontraste zum Neben-gestein gegenübergestellt. Aus Tabelle 1 lässt sich für dieSedimente (Diatomit, Debris Flow, Sand) des Baruther Maarseine mittlere Dichte von 1470 kg/m3 berechnen; der Dichte-kontrast zum Granodiorit beträgt 1220 kg/m3. Damit ist diegemessene Bouguer-Anomalie im Verhältnis zu der nachge-wiesenen Mächtigkeit (215 m) vom Betrag her zu gering. Esmuss aber berücksichtigt werden, dass 50 m Tertiär imHangenden anzutreffen ist (Bth 1/98), das unter Berücksich-tigung seiner Dichte zu einer Verschiebung der gemessenenBouguer-Anomalie um etwa 1 mGal hin zu positiven Wertenführt.Die Vorkommen Messel, Eckfeld und Enspel weisen gegen-über ihrer Umgebung Dichtekontraste von 900 bis 1200 kg/m3

auf (PIRRUNG 1997). In der hier dargestellten Form ordnen siesich auf einer Geraden an, die eine Dichtedifferenz von800 kg/m3 repräsentiert. Der Grund für diese Abweichungkönnte darin zu sehen sein, dass diese Maare teilweise einVerhältnis Durchmesser zu Tiefe kleiner 4:1 aufweisen.Der in Abbildung 8 dargestellte Zusammenhang ist vommethodischen Ansatz her eher geeignet, um aus der Schwere-anomalie Rückschlüsse auf die Beckengeometrie zu ziehen.Tatsächlich darf jedoch keine streng gültige Beziehung er-wartet werden – einerseits sind die geometrischen Größenteilweise nur unzureichend bekannt; andererseits werden vorallem die Dichtekontraste zwischen den Seesedimenten unddem Umgebungsgestein vor Ort zu Ort signifikant variieren,ebenso die Mächtigkeiten der hangenden, jüngeren Sedi-mente.

Danksagung

Die gravimetrische Detailvermessung der Struktur Baruthwurde durch Herrn Dr. PLAUMANN initiiert, die Feldarbeitensowie die anschließende Auswertung der Schwerewerte nah-men Herr STECHER und Herr WEITMÜLLER vor. Wichtige geowis-senschaftliche Denkanstöße für die Modellierung ergabenzahlreiche Diskussionen mit Kollegen aus dem GGA-Institut,vor allem aber auch Gespräche mit Herrn SUHR und Herrn Dr.GOTH vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie.Herrn Dr. SCHULZ und Herrn Dr. JAHR danke ich für die kriti-sche Durchsicht des Manuskripts.

Abb. 8:Mächtigkeit der Sedimente und Bouguer-Anomalie des BarutherMaars im Vergleich zu anderen Paläogenvorkommen und Sedi-mentbecken (nach PIRRUNG 1998). Eingezeichnet sind ferner zweidichteabhängige Modellkurven, die sich bei der Annäherung derMaarfüllung durch einen vertikal stehenden Zylinder mit einemVerhältnis Durchmesser zu Mächtigkeit von 4:1 ergeben. Darüberhinaus wird davon ausgegangen, dass keine Überdeckung desMaars vorhanden ist. Die Pfeile deuten an, wie sich die Geradenbei veränderten geometrischen Verhältnissen qualitativ ver-schieben.

Fig. 8:Sediment thickness and Bouguer anomaly of the Baruth maarcompared with those of other Palaeogene maars and sediment ba-sins (after PIRRUNG 1998). Curves for two densities are shown, mo-delled using an approximation of the maar sediments by a verticalcylinder with a diameter/thickness ratio of 4:1. Furthermore, it isassumed that the sediment fill of the maar is not overlain by a se-diment cover. The arrows indicate the shift of the curves resultingfrom a change in the diameter/thickness ratio.

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