DIE KATALANISCHE OKOLOGIEBEWEGUNG IM SPIEGEL IHRER … · 2017. 8. 23. · Journalisten" firmiert -...

4
DOSSIER DIE KATALANISCHE OKOLOGIEBEWEGUNG IM SPIEGEL IHRER PUBLIKATIONEN

Transcript of DIE KATALANISCHE OKOLOGIEBEWEGUNG IM SPIEGEL IHRER … · 2017. 8. 23. · Journalisten" firmiert -...

  • D O S S I E R

    D I E K A T A L A N I S C H E OKOLOGIEBEWEGUNG IM

    S P I E G E L I H R E R P U B L I K A T I O N E N

  • 1 DOSSIER

    SEIT DEM AUEBLUHEN DER ERSTEN NATURSC~TZ- INITIATIVEN HAT DIE OKOLOGIEBEWEGUNG IN DEN KATALANISCHEN LANDERN EIMEN MUHSAMEN REIFEPROZESS DURCHLAUFEN. IHR VERDIENST IST ES, IN DEN LETZTEN ZWANZIG JAHREN ENTSCHEIDEND ZU EINEM OKOLOGISCHEN UMDENKEN BEIGETRAGEN ZU HABEN.

    J O R D l ALEMANY R E D A K T I O N S L E I T E R D E R Z E I T S C H R I F T T O T S

    hre ersten offentlichen Lebens- zeichen gab die ~kologiebewe- gung der Katalanischen Lander

    in den siebziger Jahren. Die Bürger be- gannen damals, gegen die landesweite Naturzerstorung mobil zu machen. Es war die Zeit des Aufbruchs, in der unzah- lige Initiativen und Aktionsgruppen zum Schutze der Natur ins Leben traten. Eine& nachhaltigen Impuls gab die vom KongreB für Katalanische Kultur ange- stoBene Kampagne zur Bewahrung des Naturerbes. In ihrem Rahmen wurden 1976 und 1977 in den Katalanischen Landern nicht nur über hundert the- menspezifische Veranstaltungen abgehal- ten, es entstanden auch entsprechende Organisationen wie das Departament de Natura der Stiftung Roca i Gales. Zu den bedeutendsten der damals gegründeten Vereinigungen zahlt als eine der altesten die Grup Ornitologic Balear (1973) so- wie die Liga zum Schutz des Naturerbes (DEPANA), deren Gründungssitzung 1976 im Centre Excursionista de Cata- lunya (CEC) stattfand. Was die Publika- tionen betrifft, machte die Artikelreihe "Die Umweltprobleme Kataloniens", 1975 in der vom CEC herausgegebenen Zeitschrift Muntanya erschienen, den

    Anfang. Am Tag des Buches 1976 brach- te die Institució Catalana d7Hist6ria Na- tural den Band Natur - Gebrauch und MiJbrauch. WeiJbuch zur Natur in den Katalanischen Landern heraus, eine Be- standsaufnahme der Umweltsituation im Lande. Im selben Jahr beginnt auch die Publikationsreihe Quaderns dJEcologia Aplicada, herausgegeben von der Pro- vinzverwaltung Barcelona. Im Jahre 1977 veroffentlicht Jaume Ter- rades die Studie Ecologia i Educació Ambiental, den ersten gehaltvollen theo- retischen Beitrag unseres Sprachraums. Im Sportpalast von Montjuic wird die Ausstellung "Retten wir Katalonien für die Demokratie" eroffnet, die hauptsach- lich dem Schutz des Naturerbes gewid- met ist. Im Februar desselben Jahres erscheint die erste Schwerpunktnummer der Zeitschrift Ajoblanco. Ihr Thema: Er- neuerbare Energiequellen, "Energías libres". Im Sommer kornrnen in Barcelo- na die ersten okologischen Fachzeit- schriften unseres Landes auf den Markt: Userda - die erste Ausgabe ist den poli- tischen Parteien gewidmet und von der "Gemeinschaft okologisch denkender Journalisten" firmiert - und Alfalfa. Re-

    vista de crítica ecológica y alternativas mit ihrer Nullnummmer. Auch das Mit- teilungsblatt des Katalanischen Anti- Atomkomitees, Bien. Boletín de Infor- mación de Energía Nuclear, erblickt das Licht der ~ffentlichkeit. 1978 wurde Viqenc Fisas' Buch Centrales nucleares: imperialismo tecnológico y proliferación nuclear aufgelegt, ebenso die erste Num- mer der heute auflagenstiirksten kom- merziellen Publikation für Umweltthe- men: Integral. Salud y Vida Natural. Von Ramon Folch erscheint im selben Jahr Sobre ecologismo y ecología aplicada. Die Mitte der siebziger Jahre erstellten Naturführer haben zur Verbesserung der Umwelterziehung entscheidend beigetra- gen. Nicht zu vergessen auch die zahl- reichen kleineren Aufsatze, die in Zeitschriften wie Perspectiva Escolar oder Cuadernos de Pedagogía, insbeson- dere ab 1978, veroffentlicht werden. 1987 stellte sich unter dem Titel Educa- ció Ambiental der kenntnisreichste aller Führer vor. Herausgegeben wurde er von der Societat Catalana dYEducaci6 Am- biental. In den achtziger Jahren mobilisierte vor allem die Anti-Atombewegung die Bür- gerschaft. Diskussionen, Kundgebungen

  • - D O S S I E I

    - und Berichte gegen die Nutzung und Verbreitung von Atomenergie und Uran sollten die ~ffentlichkeit aufrütteln. Aus der Bewegung hervorgegangen sind die "Koordinaitionsplattorm der Gemeinden für ein Atom-Moratorium" (CAMON) sowie diverse Anti-Uraa-Komitees. Im Suni E 98 1 wurde dem katdanischen Lan- desparlament das Manifest "Für die atomfreien Katdaniscben Liinder" über- reicht. Im IuIi 1980 prasentieat sich die Zeit- s c M Ciencia. Revista CdaEúmal de Cien- cia i Temologia. &e Eimstmdisnumner e n m l t das Uran-Gutmhten des lastitnt d'Estudis Catalms sowie &e SchBuMol- gemngen des CAMOiN-1-BeBchtes. Ver- schiedene andere Zeéeselmiften~ wie ,!,a Tomaquercr, kraasgegeben. vom h t i - Uran-Komitee von Osona, odes FCEara- ca, fiir die des UmweltBioElektiv Girorna verantwortlich zeichnet, werden e h - falls in dieser Zeit aus der Taufe geho- ben. 1982 stellt die Taula AntiniroEea i Ecologista (TAE) ihr Iniformationsbliatt Alarma vor, und im selben J& kcumt auch die Zeitschrift Terra Verda beraus, eine Publikation der Assemblea Verda. Die Autoren Xavier Garcia, Janme Reí- xach und Santi Vilanova veroffentlichen El combat ecologistu a CataEunya, Cas- telli Gassol La febre de l'urani. Irn Fíiih- jahr 1982 bringt Integral unter dern Titel "Sonne für alle" eine Spezialnummer über die verschiedenen Nutzungsformen von Solarenergie, und im Herbst er- scheint Catalunya sota el perill de l'u-

    rani, ein Buch von Oriol Cabré, Pere Carbonell, Josep Puig und Santi Vilano- va. 1983 wird der Band des Okojourna- listen Xavier Garcia, Superviv2ncia 2000, prasentiert. Unter der Überschrift "Wege zur Nut- zung erneuerbarer Energiequellen" veroffentlichte die Gruppe der Wissen- schaftler und Techniker für eine Nicht- nuklieare Zukunft (GCTPFNN) im Jahre 1984 k e VorseMage. Aus der Umwelt- grnppe Movirnent Ecologista Cata13 wird die Mtemativa Verda, die das Mittei- Imgsblatite L'AEfemtiva herausgibt. Joan Martu'nez Mier veñolBemtliicbt E'ecologts- me i l'eeoomia. Iari: Novmber erscheint im Vedag Enciclo@&a Catalana der er- ste Band der Hisb&ria Natural dels Pal- sos Catalans, &ren Leiter Ramon Polch ist. 1985 K o m t e s zm gleichzeitigen Griindnng da- KataEanischen Gesell- schaft fih Umwelterziehung und der Ba- leariscben Gesellschiaft für Umwelter- ziebung. 1987 geben sie das Full dels Grups dJEstudi i Defensa de la Natura heraus, das zur Fordemng der gegensei- tigen Bezietruagen beitragen soll. 1989 wird in Barcelona die von Ramon Folch besorgte zweib durchgesehene und aktudisierte Ausgabe des Wegbuchs zur Natur in den Katalanischen Landern vorgestellt. Es erscheint D'una Terra a un Món, die Zusarnrnenfassung des Be- richtes der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Auch das Symposium "Una Sola Terra" findet in diesem Jahr statt, die Symposiumsvortrage werden

    spater in Buchform veroffentlicht. Das Centre dYAnalisis i Programes Sanitaris (CAPS) prasentiert das Buch Les radia- cions ionitzants i la salut, dessen Beitra- ge Pere Carbonell zusammenstellte. Das Jahr 1990 erlebt die Gründung von zwei ~kozeitschriften: Medi Ambient, herausgegeben von der Generaldirektion für Umwelt der katalanischen Landesre- gierung, und Ecologia Política, die halbjahrlich erscheint und zusamrnen rnit stnderen internationalen Umweltzeit- schriften die Beziehungen zwischen ~kolog ie , Gesellschaft und Politik be- leuchtet. Die meisten Umweltgruppen geben eigene Mitteilungsblatter heraus: die Liga zum Schutze des Naturerbes DEPANA en acció, die Agrupació Natu- ralista i Ecologista de la Garrotxa Na Tura, die Grup d'Estudi i Protecció dels Ecosistemes del Camp Gepec informa und die Institució de Ponent per a la Con- servació i 1'Estudi de 1'Entorn Natural (IPCENA) Paratges de Ponent. 1992 gibt es eine Neuauflage des inter- nationalen Symposiums "Una Sola Terra - Per una Europa Ecolbgica", die Akten werden wiederum zu einem spateren Zeitpunkt publiziert. Im September 1993 bringt das Centre UNESCO de Catalun- ya - anfanglich in Zusammenarbeit mit der UNESCO-Zentrale - die erste Aus- gabe von TOTS, Quaderns dlEducació Ambiental heraus. Mit einer Auflage von 30 000 Exemplaren und Ausgaben in Ka- talanisch, Englisch, Franzosisch und Spanisch gehort diese vom Umweltmi-

  • DOSSIER

    o

    u

    nisterium der hiesigen Landesregierungfinanzierte Zeitschrift zu den am stárk-sten verbreiteten Publikationen Katalo-niens.Auf den Balearen verbünden sich dieókologisch Bewegten und Aktiven zu der1973 gegründeten Grup OrnitológicBalear i de Defensa de la Naturalesa(GOB). Sie hat heute ca. 5000 Mitglie-der, gibt das halhjiihrliche Informations-blatt L'ecologista heraus sowie ein wis-senschaftliches Jahrbuch, den AnuariOrnitológic de les Balears. Die Menor-ca-Sektion des GOB hat eine eigeneZeitschrift, Socarrel.Im Land Valéncia gibt es an die fünfzigUmweltgruppen. Am bedeutendsten sindder Dachverband Federació Ecologistadel País Valenciá, dem 24 Vereinigungenangehóren, sowie die hóchst aktive Ac-ció Ecologista Agró, mit iteren über tau-send Mitgliedern bereits zu den Vetera-nen unter Valéncias Ókogruppengehórend. Sie gibt seit 1983 alle zweiMonate die Zeitung La Casa Verda he-raus, eine der áltesten und bedeutendstenim Land Valéncia, die eine Auflage von2500 Exemplaren erreicht.Auf der franzósischen Seite sind inNordkatalonien um die dreif3ig lokaleGruppen in der Fédération Catalane desEspaces Naturels et de l'Environnementzusammengeschlossen. Sic entstand1983 und záhlt 3000 Mitglieder. Eineder ihr angehórenden Gruppen veróf-fentlicht allmonatlich das Aktions– undDiskussionsblatt ALFHA. Seit 1985 sind

    auch "Els Verds" in Nordkatalonien prá-sent.Greenpeace betreibt seit 1986 eine Kam-pagne zum Schutze des Mittelmeers. Dieweltbekannte Umweltorganisation hat inKatalonien 16 000 Mitglieder. Neben ei-ner spanienweit vertriebenen Vierteljah-reszeitschrift bringt sie das speziell fürKatalonien, das Land Valéncia und dieBalearen relevante Informationsmaterialseit 1993 auf katalanisch heraus.Eine kritische Durchsicht der einschlá-gigen Literatur ergibt, daB in den sieb-ziger und beginnenden achtziger Jahrennoch eine klare Trennung zwischen zweiPositionen bestand: auf der Binen Seitedie reinen Natur– und Umweltschützer,auf der anderen die im eigentlichen Sinndes Wortes ókologisch Gesinnten, diedem Modell Industriegesellschaft undder Atomgefahr kritisch gegenüberste-hen und die ethische Abdankung derLinken angesichts der Ausbeutung vonNatur und Dritter Welt nicht hinnchmenwollen. Die achtziger Jahre markierenauch einen BewuBtseinswandel im Hin-blick auf die geographischen Grenzender Umweltzerstórung: ursprünglich lo-kal begrenzt, betreffen die Umweltschá-den immer gróBere Regionen der Erde,so daB die globale Bedrohung, die vomherrschenden Wirtschaftsmodell aus-geht, nunmehr klar erkannt wird. In derFolge kommt es zur schrittweisen Anná-herung der Positionen an ein weitges-panntes, allgemein verbindliches Ge-dankengut. Ein deutliches Beispiel

    hierfür bietet DEPANA. Mit eindeutignaturschützerischen Zielen gegründet,hat sie sich nach und nach zu einerDachorganisation ókologischer Organi-sationen neuen Stils gewandelt und verei-nigt inzwischen 6000 Mitglieder. DieChance der Ókologie ist fraglos vor-handen, und dies auf dem ganzen Erd-ball. In Hülle und Fülle gibt es heuteProdukte, die mehr oder weniger um-weltgerecht sind. Umweltfreundlichkeitist ein griffiges Argument in Werbungund Politik. Ókologische Kenntnissegel-:ken zunehmend zur Allgemeinbil-dung, und wer etwas auf sich hált, wirdes sich ball nicht mehr leiste]] künnen,diese Kenntnisse nicht auch ins táglicheHandeln umzusetzen.Einst marginalisiert und mit dem Makelder Schwarzmalerei behaftet, trágt dieÓkologiebewegung heute zur Herausbil-dung einer postindustriellen Ideologiebei. Indem sie die Beziehungen zwischenMensch und Umwelt als erste neu for-muliert und die globale Solidaritát fürunverzichtbar erklárt hat, ist sie ein unab-dingbares Ferment der Zukunft geworden.Im Dienste des Fortschritts und der po-sitiven Umgestaltung der Wirklichkeitóffnet sie den Blick für ein neues Welt-bild. Okonomie und Politik müssen dasessenzielle Band zwischen Mensch undNatur anerkennen, mit all den Chancen,die sich daraus ergeben. Die Okologiewird immer mehr zu einem grundlegen-den Faktor für die nationale Neubestim-mung Kataloniens. ■

    CATALÓN1A 35