Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und...

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Deutsches Archäologisches Institut * Eurasien-Abteilung EURASIA ANTIQUA Zeitschrift für Archäologie Eurasiens BAND 17 ■ 2011 VERLAG PHILIPP VON ZABERN •Darmstadt

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Svend Hansen, Meda Toderas, Agathe Reingruber, Dirk Nowacki, Heide Norgaard, Eurasia antiqua: Zeitschrift für Archäologie Eurasiens, ISSN 0949-0434, Nº. 17, 2011 , pp. 45-120.

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Deutsches Archäologisches Institut * Eurasien-Abteilung

EURASIA ANTIQUAZeitschrift für Archäologie Eurasiens

BAND 17 ■ 2011

VERLAG PHILIPP VON ZABERN • Darmstadt

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I—VI, 1-250 Seiten mit 251 Abbildungen und 5 Tabellen

Herausgeber: Svend Hansen und Mayke Wagner

Redaktion: Ingo Motzenbäcker

Wissenschaftlicher Beirat: Alia Bujskich (Kiev)Falko Daim (Mainz)Lothar v. Falkenhausen (Los Angeles) Wojciech Nowakowski (Warszawa) Natalja Polosmak (Novosibirsk)Jurij Rassamakin (Kiev)Jessica Rawson (Oxford)Marzena Szmyt (Poznan)Denis Zuravlev (Moskau)Philip L. Kohl (Wellesley)

Beiträge werden erbeten an die Redaktion der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts, Im Dot 2 -6 , Haus II, D-14195 Berlin oder an die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates. - Redaktions­schluss ist der 31. Dezember für den im folgenden jahr in Druck gehenden Band. Bei der Abfassung der Manuskripte sind die „Richtlinien für Veröffentlichungen der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologi­schen Instituts“ zu beachten: http://www.dainst.org/abteilung_269_de.html.

Mitglieder des Deutschen Archäologischen Instituts und Studenten der Altertumswissenschaften können die Eurasia Antiqua zum Vorzugspreis von € 34,80 abonnieren. Bestellungen sind an die Schriftleitung zu rich­ten. Studenten werden um die Vorlage einer Studienbescheinigung gebeten. Die Beendigung des Studiums ist unverzüglich mitzuteilen.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-EinheitsaufnahmeEurasia Antiqua : Zeitschrift für Archäologie Eurasiens/Deutsches Archäologisches Institut,Eurasien-Abteilung. - Mainz : von ZabernErscheint regelmäßig. Aufnahme nach Bd. 1, 1995 (1996)ISSN: 0949-0434

2012 by Deutsches Archäologisches Institut, Eurasien-Abteilung ISBN: 978-38053-4547-7

Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza, Neustädter Straße 1-4 , 99947 Bad Langensalza Kommissionsvertrieb: Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt

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Inhalt

Thomsen -Vorlesu n g

Dai m, F., Des Kaisers ungeliebte S ö h n e ................................................................................................ 1

Aufsätze

F ur hol t , M., Zeichensysteme nach der Sesshaftwerdung: Keramik als Symbolträger und Vermittler sozialen Wandels im ägäischen Früh- und Mittelneolithikum.................................................................... 21

Ha n s e n , S . , T o d e r a ş , M., Re i n g r u b e r , A. , No w a c k i , D., N0 r gaar d, H. , S p â n u , D. und Wu n d e r l i c h , J ., Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Bericht über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2 0 1 0 ........................................ 45

P i e z o n k a , H., Wildbeuterkeramik zwischen Weißrussland und Weißem Meer. Neue Forschungenzur Ausbreitung früher Tonware in das Gebiet östlich und nördlich der Ostsee....................................... 121

Duda re v, S. L. und F o me n k o , V. A., Präskythische Funde aus Nordkaukasien........................ 157

L i mb e r i s , N. ]u und Mareen ко, I. I., Bronzener Blessenschmuck frühskythischer Zeitstellung aus dem K u b a n ge b iet................................................................................................................................ 177

Pol i n , S. u n d Da r a g a n , M., Das Prunkgrab Aleksandropol’ Kurgan. Vorbericht............................ 189

T o l s t i k o v , V. P. und K u z ’ mi na, ju. N. , Ein neuer Baubefund aus der zweiten Hälfte des 4.bis zur Mitte des 3. Jh. v. Chr. im Zentrum von Pantikapaion. Vorläufige Grabungsergebnisse . . . . 215

Nü s s e , H. -J- , Bernstein in Mitteleuropa. Apotropaion und Prestigeobjekt zwischen Latenezeit und frühem M ittelalter........................................................................................................................................ 233

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оба типа посуды являлись сходными в структурном

плане, что свидетельствует о существования контак­тов с другими регионами. Использование глиняной по­суды в повседневной жизни ранних земледельцев с

различными формами социальной организации говорит

о социальной составляющей керамики как элемента

материальной культуры. Исходя из этого, можно пред­положить, что отличие обоих типов глиняной посуды

обусловлено различной идеологической и социальной

динамикой развития общества эпохи неолита.

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Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau

Bericht über dte Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Von Svend Hansen, Meda Toderaş, Agathe Reingruber, Dirk Nowacki, Heide Nprgaard, Daniel Spânu und Jürgen Wunderlich

I;’. Schlagwörter: Rumänien/Muntenien/Donau/Pietrele/Mägura Gorgaпa/Kupferzeit/SiedlungДell/Ökologie

Keywords: Romania/Muntenia/Danube/Pietrele/Mägura Gorgana/Copper AgeAell/Environmental conditionsКлючевые слова: Румыния/Мунтения/Дунай/Пиетреле/Мэгура Горгана/Медный 8ек/ПоселениеДелл/Условия

V окружающей среды

Die Ausgrabungen in der kupferzeitlichen Siedlung Pietrele (Abb. 1; 2) konnten im Sommer 2010 fort­gesetzt werden.1 Sie konzentrierten sich auf die Außensiedlung im Norden des Siedlungshügels und die Kreisgrabenanlage. Daneben wurde die Grabung in Fläche F fortgesetzt, um die stratigraphische Se­quenz des Siedlungshügels vollständig zu erfassen. Diese Arbeiten wären ohne die Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft nicht möglich ge­wesen.2 Die ungewöhnlich lang anhaltende Hitze­periode mit Temperaturen von über 40 Grad im Schatten machte allen Beteiligten zu schaffen. Um­so mehr sind der Teamgeist und das Engagement der über 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter her­vorzuheben.3 Auch in diesem Jahr wurde die Gra­bung von S. E. dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest, von zahlreichen Kollegin­nen und Kollegen4 sowie Pressevertretern'’ besucht (Abb. 3-5).

Vorrangiges Ziel der Grabungen 2010 war es, in großen Flächen den Charakter der ausgedehnten

1 Sehr herzlich sei Herrn Akademiker Prof. Dr. Alexandru Vulpe für seine Unterstützung der Ausgrabungen gedankt.

2 An dieser Stelle danken wir der DFG und namentlich Herrn Dr, Hans-Dieter Bienert für die gewährte Förderung.

3 Neben den Autoren waren an der Grabung beteiligt: |oni Abu- ladze, Prof. Dr. Norbert Benecke, Dr. Irma Berdzenishvili, Hen­drik Bernert, Katrin Beutler B. A., Katrin Brandei, Sven Brum- mack M. A., Dr. Eszter Fejer, Elena Gavrilă M. A., Prof. Dr. Ivan Gatsov, Lili Gatsova, Alexandra Găvan M. A.. Cristina Georgescu, Gabriel Grigore, Vladimir loseliani, Mehmet Karaucak M. A., Dr. Jorrit Kelder, Nina Keller, Dr. Florian Klimscha, Ute Koprivc M. A., Patrick Leidner, Bogdan Marinov, lelena Martini. Mihaela Mihala- che, Michael Müller, Drd. Petranka Nedelcheva, Kristin Noack, Mariann Novâk M. A., Heide Nargaard M. A., Dr. lacques Pele­grin, Viola Podsiadlowski, Dr. Michael Prange, Dr. Kenneth Rit- chie, Nils Schäkel, Christoph Schröder, Dr. Levan Tchabashvili, Louise Tharandt, Dr. Tsenka Tsanova, Stanislav Ţerna M. A., Mal- vinka Urâk M. A., Tilmann Vachta M. A. und Dimitri Zhvania (Abb. 101)

4 Unter den Besuchern hatten wir die Freude, Prof. Dr. Pâl Raczky und ein Begleitteam begrüßen zu dürfen, der uns einen unver­gesslichen Abend ausrichtete.

5 Vom 20.-25. August besuchte uns Andrew Curry, dessen Beitragüber Pietrele in Archaeology 64.2, 2011, 40-45 erschien (http://www.archaeology.org/1103/features/copper_age_social_hierarchy.html).

Besiedlung rund um den Siedlungshügel „Măgura Gorgana“ zu klären (Abb. 5), welche bereits 2005 durch die geomagnetische Prospektion unter Lei­tung von Baoquan Song entdeckt worden war.6 Da­mals wurde schlagartig klar, dass der hoch aufra­gende Siediungshügel „Măgura Gorgana“ nur Teil einer deutlich größeren Siedlung war und sich da­her die Ausgrabungsergebnisse auf dem Hügel nur in Verbindung zur Flachsiedlung sinnvoll interpre­tieren lassen würden (Abb. 6). Ob die Kombination von Hügel und ausgedehnter Flachsiedlung auch für andere Siedlungen der südrumänischen Gumelniţa- Kultur nachgewiesen werden kann, müssen künftige Forschungen zeigen.

Schon nach den bisherigen Grabungen in der Außensiedlung lässt sich erkennen, dass die Gebäu­de nicht gleichzeitig sind, sondern einen beträcht­lichen Zeitraum überspannen. Bislang liegen Funde aus vier Flächen um den Siedlungshügel vor. Nach den typologischen Vergleichen der Keramik (s. u.) sind die Flächen M und G die ältesten, während das Material aus den Flächen J und L jünger zu sein scheint. 14C-Daten liegen bislang aus den Flächen L, J und G vor. Sie zeigen aber noch kein konsistentes Bild. Bemerkenswert ist der Nachweis zweier über­einanderliegender Häuser in Fläche j. Auch in der Außensiedlung spielte offenbar Ortskonstanz eine wichtige Rolle. Interessant ist, dass nach Aussage der lüC-Daten ein beträchtlicher zeitlicher Abstand zwischen dem jüngeren und dem älteren Gebäude bestanden hat (s. u.).

Nach den bisherigen Erfahrungen zeigt sich, dass die kupferzeitlichen Siedlungsreste zwar stel­lenweise überraschend gut erhalten sind, insgesamt aber deutlich durch Erosion gelitten haben. Während auf dem Siedlungshügel die Schuttschicht eines ver­brannten Gebäudes etwa einen Meter beträgt, sind in der Außensiedlung nur wenige Zentimeter erhal­ten. Zudem wechseln Stellen größerer Fundkonzen­tration mit dem fundfreien „gewachsenen“ Boden.

6 B. Song in: Hansen u. a. 2006, 5 ff.

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Abb. l.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Teil und Teil

der Außensiedlung von Nord west

(Foto: S. Hansen).

Die Erhaltung der beiden bedeutendsten Funde, zwei Pithoi aus dem jüngeren Gebäude in Fläche J, illustriert diesen Sachverhalt. Der große Pithos war nur zur Hälfte erhalten, während die andere Hälfte bereits der Erosion zum Opfer gefallen war bevor zu einem späteren Zeitpunkt die Erosion vom Hang die Einsedimentation der übrigen Scherben erfolgte. Für eine Bewertung und Interpretation der Fundin- ventare aus den Gebäuden in der Außensiedlung bedarf es weiterer Erfahrungen mit den Erhaltungs­bedingungen. Dabei müssen Überlegungen zur Über­lieferung aller Fundgruppen einbezogen werden. Auch die Datierung des überlagernden Kolluviums spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle.

Zwei Pithoi, 120 cm und 76 cm hoch, mit ei­nem Volumen von 400 bzw. 200 Litern, sind die bisher bemerkenswertesten Funde aus der Außen­siedlung. Der größere Pithos (Abb. 7; 8) besitzt eine Schlaufenverzierung die durch ein breites mit Schraffen versehenes Band gebildet wird, das farb­lich abgesetzt gewesen sein dürfte. Ungewöhnlich ist das Malteserkreuz auf dem Bauch. Der kleinere Pithos weist eine vergleichbare Bandverzierung auf. Bemerkenswert hier sind die Darstellungen von Me­tallscheiben mit durchlochten Rändern (Abb. 9; 10).

Ein großes, sehr ähnlich verziertes Gefäß stammt aus den Altgrabungen auf dem Siedlungshügel.7 Man kann davon ausgehen, dass auch in anderen Siedlungen der Gumelniţa-Kultur vergleichbar große Gefäße existierten, diese aber nicht restauriert wer­den konnten.8 Große Pithoi sind aber aus dem Be­reich der westpontischen Kupferzeit bislang offen­bar nicht publiziert worden. Dass die beiden Pithoi in Pietrele rekonstruiert werden konnten, ist das Verdienst der Restauratorinnen. Dass sogar der Auf­stellungsplatz präzise bestimmt werden konnte, darf als besonderer Glücksfall gelten.

Die großen Pithoi sind unter verschiedenen Aspekten von Bedeutung. Sie sind Zeugnisse für die Beherrschung des technisch anspruchsvollen und zeitintensiven Aufbauens großer Gefäße sowie des kontrollierten Brands im Ofen, von dem bei Ge­fäßen dieser Größe zwingend auszugehen ist. Zwar sind bislang nur Töpferöfen für die Cucuteni-Kultur belegt, doch sind diese auch für die Gumelniţa-

7 Berciu 1956 537, Abb. 61.8 Z. B. möglicherweise in Căscioarele: Ştefan 1925, 167 Abb. 28,

67.71.

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Abb. 2.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Digitales Geländemodell des Siedlungshügels und seiner engeren Umge­bung (K. Scheele).

Kultur zu postulieren. Auch in Verbindung mit den durch die Neudatierung der Vinca-Kultur angeregten Überlegungen zum Beginn der extraktiven Metallur­gie auf der Balkanhalbinsel vor oder um den Beginn des 5. Jts. v. Chr.,9 sind komplexe pyrotechnische

Einrichtungen zu erwarten. Aus dem Spätneolithikum Mesopotamiens sind im Übrigen zahlreiche, auch technisch diversifizierte Töpferöfen bekannt.10

Nach den ethnographischen Zeugnissen haben die beiden Pithoi als Produkte eines spezialisierten

9 Pemicka/Anthony 2010. 10 Hansen Streily 2001.

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Abb. 3.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. S. E. der Bot­

schafter der BRD und der Kulturattache zu

Besuch in Pietrele (Foto: M. Toderaş).

Abb. 4.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Besuch von

Prof. Dr. Pâl Raczky und Mitarbeiter

(Foto: A. Reingruber).

Handwerkers zu gelten.11 Die Herstellung von Groß­keramik ist technisch deutlich anspruchsvoller als von kleinen Gebrauchsgefäßen. In Griechenland be- zeichnete man mit der Redewendung „sie versuchen das Töpferhandwerk durch die Herstellung von Pit- hoi zu erlernen“ etwa den Versuch zu rennen, bevor man laufen kann.12

Indirekt legen die beiden sehr schweren Ge­fäße (für das große Gefäß sind drei bis vier Per­sonen zum Tragen nötig) nahe, dass die Produktion am Ort stattgefunden haben dürfte. Es ist allerdings auch der Transport in Booten aus entfernteren Or­ten über das Gewässernetz der Donau denkbar.13 Dass der große Pithos einen gewissen Wert darstellte

11 Vgl. Hampe/Winter 1962, 67 ff.; Romero/Cabasa 1999.12 Christakis 2005, 4.13 Beide Varianten sind ethnographisch belegt. Zu den verhandel­

ten Pithoi vgl. Blitzer 1990, 675 ff.

Abb. 5.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Prof. Dr. Alexan­dru Vulpe informiert sich über die Grabung (Foto: M. Toderaş).

und nicht einfach ersetzt werden konnte, zeigt die Reparatur im Bodenbereich (Abb. 11). Die sorgfältig gebohrten Löcher waren, wie in späteren Zeiten üb­lich, wohl mit Kupferdraht verbunden.

Schließlich sind die Volumina von Bedeutung, da sie die großen Speicherkapazitäten innerhalb der Siedlung belegen. Gegenüber Speichergruben, in denen mit einem Verlust von einem Viertel bis zu einem Drittel des aufbewahrten Getreides gerechnet werden muss, sind große Speichergefäße deutlich effektiver. Die Pithoi in Pietrele waren daher sicher kein Einzelfall. Scherben sehr großer Gefäße wur­den sowohl in den Grabungen von Berciu als auch in unseren Grabungen auf dem Siedlungshügel in Fläche F gefunden. Es ist wahrscheinlich, dass auch in anderen Siedlungen der Gumelniţa-Kultur ver­gleichbar große Gefäße existierten. Generell kann man vermuten, dass im publizierten Fundmaterial neolithischer bzw. kupferzeitlicher Siedlungen große Gefäße unterrepräsentiert sind, da die Scherben entweder nicht restauriert werden konnten oder

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Abb. 7.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Tag der offe­nen Tür mit Grabungs-

arbeitem vor Pithoi (Foto: A. Reingruber).

senkrechten Streifen, Zick-Zack-Bändern und Spira­len. Zwei dünne Arme in Flachrelief liegen auf dem „Bauch“ unterhalb der Brüste, die das Gefäß als weiblich kennzeichnen. Auch die Brüste sind plas­tisch angegeben, ebenso wie die Augen und die Nase, die auf dem niedrigen zylindrischen Gefäß­hals das Gesicht bilden. Die Ohren sind durchsto­chen und dürften Ohrringe getragen haben.

Die Herstellung großer Speichergefäße ist, das sollte mit den angeführten Beispielen deutlich wer­den, nicht in der Kupferzeit der zweiten Hälfte des 5. Jahrtausend aufgekommen, sondern lässt sich bis in das frühe 5. )t. v. Chr. zurückverfolgen und ist wahrscheinlich noch älter. Die Herstellung von Gefä­ßen über einem Meter Höhe blieb jedoch offenbar die Ausnahme bzw. war auf bestimmte Zeitabschnit­te beschränkt. Ein wesentlicher Grund hierfür dürf­ten die technischen Schwierigkeiten des Aufbaus und des Brands solcher Gefäße gewesen sein.18 Die Herausbildung und Tradierung handwerklicher Kön­nerschaft in der Pithosherstellung war vermutlich nur bei einer stabilen Nachfrage möglich.19

allgemein nicht mit Gefäßgrößen von über einem Meter gerechnet wird. Es sind daher spezielle For­schungen zu den neolithischen und kupferzeitlichen Großgefäßen notwendig. Nachweise für vergleichbar große Gefäße finden sich bereits in der ersten Hälf­te des 5. Jts. v. Chr. Besonders spektakulär ist ein ebenfalls etwa 120 cm hohes Gefäß aus der epony- men Siedlung von Vinca (Abb. 12).14 Charakteris­tisch ist die Verzierung der Halszone mit einem „M“ (Abb. 13). Diese Verzierung verbindet das Gefäß aus Vinca mit den großen „Gesichtsgefäßen“ der Szakălhăt-Kultur (Abb. 14), die in größerer Zahl be­kannt sind.15 Diese „Gesichtsgefäße“ - in Wirklich­keit „vollständige“ anthropomorphe Gefäße - errei­chen teilweise ebenfalls eine beträchtliche Größe von bis zu 130 cm und dürften nach erhaltenen Getreideresten zu urteilen als Kornspeicher gedient haben.16

Wegen seiner anthropomorphen Form sei hier auch ein etwa zeitgleiches spektakuläres 84 cm ho­hes Speichergefäß genannt, das aus Toptepe, einer am Marmarameer unweit von Tekirdag gelegenen Teil-Siedlung stammt (Abb. 15).17 Das Gefäß ist 84 cm hoch und besteht aus ungebranntem Ton mit organischer Magerung. Es hat einen quadratischen Körper auf vier konischen Füßen. Die rote, gemalte Verzierung besteht aus registerförmig angeordneten

u Bacnh 1936 Taf. 32.15 Vgl. die zahlreichen Funde aus Battonya: Goldman 1978, 13 ff.

mit Abbildungen.16 Szenäszky 1990, 160; Tür Auskünfte zum Pithos von Polgar

danke ich Alexandra Anders (Budapest) herzlich.17 Özdogan/Dede 1998, 143 ff.

Der Grabungsbefund

Die Außensiedlung

Fläche J

Bereits 2009 wurde Fläche ) in leichter Hanglage ca. 50 m nördlich vom Teil bei 32,63 m NN im Norden angelegt. Sie war zunächst 5,5 x 6 m groß und wurde später um jeweils zwei Meter nach Westen und Süden erweitert. Bis zu einer Tiefe von 30,85 m NN handelte es sich um dunkelbraune Erde, in der keine archäologischen Strukturen erkennbar waren und aus der Funde geborgen wurden, die typolo- gisch von der spätneolithischen Boian-Kultur bis zur mittelalterlichen Dridu-Kultur reichten.20 Es handelt sich um ein über 1,60 m mächtiges Kolluvium. Un­ter diesem kamen dann überraschend gut erhaltene Befunde unter verbrannten Wandfragmenten zum Vorschein (Abb. 16). Im Einzelnen handelt es sich um einen relativ schlecht erhaltenen und aus seiner ursprünglichen Position verschobenen Ofen im Sü­den der Fläche (Abb. 17). Im Norden lagen die Res­te einer 180 x 140 cm großen Lehminstallation, die ursprünglich direkt an den Ofen angeschlossen ha­ben dürfte. In dieser fanden sich zwei große, 40 und 60 cm lange und über 50 kg schwere Mahlstei­ne und unmittelbar daneben ein Tongefäß in situ.

18 Christakis 2005. 3.19 Blitzer 1990, 686 zum Ende der Pithosproduktion in der Gegend

um Koroni/Griechenland.20 Für die Bestimmung der mittelalterlichen Scherben danke ich

Dr. Adrian loniţa.

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Westlich davon fanden sich Scherben mehrerer Vorratsgefäße. Architekturreste konnten nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Allerdings fällt ins Auge, dass der Bereich, innerhalb dessen die ver­brannten Befunde lagen, scharf begrenzt ist und sich in den nördlichen Teilen der Fläche keine Fund­konzentrationen fanden. Westlich von Ofen und Lehminstallation lagen zahlreiche große Scherben (Abb. 18) neben einer Lehmbank, auf der noch et­was vertieft der Boden des einen Gefäßes stand.

Aufgrund von Zeitmangel konnte 2009 der Fundkomplex nicht genauer untersucht werden. 2010 wurde die Fläche erneut geöffnet um die Gra­bungen abzuschließen. Bereits 2009 waren die Scherben von ihrer festen Sinterschicht befreit wor­den. Zum Vorschein kamen zwei verzierte Gefäße (Abb. 7-11). Das eine Gefäß mit einer Höhe von 120 cm maß etwa 400 Liter, das kleinere 200 Liter. Aufgrund des Bodens in situ konnte der Standort des großen Pithos auf der Lehmbank präzise be­stimmt werden (Abb. 19).

Die weiteren Grabungen in Fläche J erbrachten eine Reihe von Funden, darunter im östlichen Teil ein großes Auerochsengehörn (Abb. 20). Nicht geklärt werden konnte, ob dieses mit zwei menschlichen Ske­letten in Zusammenhang steht, die in nächster Nähe zum Vorschein kamen. Am östlichen Profilrand wur­de das Grab eines rechtseitigen Hockers (Abb. 21) gefunden, zu dem eine sehr qualitätvolle Silexklin­ge und ein durchlochter Eberzahnanhänger gehö­ren (Abb. 22). Diese überdurchschnittlichen Grab­ausstattungen sind unlängst erst durch I. Zalai-Gaäl zusammengestellt worden.21 Es konnte nicht geklärt werden, in welchem zeitlichen Verhältnis dieses Grab zum Gebäude steht.

Die größte Überraschung in Fläche J war je­doch der Nachweis eines zweiten, unverbrannten äl­teren Hauses unter dem verbrannten Gebäude. In seiner Orientierung weicht es nur geringfügig von dem jüngeren verbrannten Gebäude ab. Es konnte eine entsprechende Lehmbank und eine Mahlinstal­lation freigelegt werden (Abb. 23; 24). Es ist nach unserem Kenntnisstand das erste Mal, dass in ei­ner Flachsiedlung der Kupferzeit im westpontischen Raum eine Kontinuität in der Errichtung von Häu­sern festgestellt werden konnte, was den Gedanken an eine Parzellenaufteilung nicht nur auf dem Teil, sondern auch der Außensiedlung nahelegt. Die 14C-Daten (Abb. 25) zeigen, dass zwischen dem jün­geren und dem älteren Gebäude ein deutlicher zeit­licher Abstand von einem Jahrhundert liegt. Auch in der Linienbandkeramik ist die Errichtung eines neuen Hauses auf den Ruinen eines älteren nach einer län­geren Unterbrechung mehrfach nachgewiesen.

21 Zalai-Gaäl u. a. 2009.

Fläche L

2009 musste nördlich von Fläche J ein steckenge­bliebenes Bohrgestänge ausgegraben werden. Da­bei kamen schon in einer Tiefe von knapp einem Meter größere Mengen Keramik sowie neun große Astragale verschiedener Tiere zum Vorschein. Eine Datierung im Mannheimer 1AC-Labor ergab 4336- 4268 cal BC. Hier wurde eine 5 x 5 m große Testflä­che geöffnet. Unter dem Kolluvium fanden sich n den oberen 80 cm verschiedene Konzentration von Keramik und Tierknochen. Ab einer Tiefe von ca. 150 cm stießen wir auf einen großen Muschel­haufen, dessen gesamte Ausdehnung erst langsam deutlich wurde (Abb. 26) Innerhalb der Muschelkon­zentrationen fanden sich vereinzelt menschliche Skelettreste, insbesondere ein Schädel (Abb. 27). Die Muschelkonzentration streicht im Westen an ei­nen Gebäuderest heran, so dass mit einer Erwei­terung dieser Fläche nach Westen und Süden der funktionale Zusammenhang dieses Befunds deutlich werden wird.

Fläche M

Nach dem Magnetogramm von Baoquan Song wur­den die Grenzen der 7 x 14 m großen Fläche M abgesteckt, wo zwei Ofenstrukturen zu erwarten waren (Abb. 28). Dies bestätigte sich auch. 170 cm unter der Oberfläche wurde im Osten der Fläche eine umfangreiche Keramikkonzentration freigelegt, die südlich einer noch erhaltenen Lehmbank lag und aus insgesamt 95 Gefäßen bestand (Abb. 29; 30). Einige der Gefäße befanden sich noch in sicher originaler Versturzlage. Im westlichen Teil der Flä­che fanden sich die schlechter erhaltenen Reste ei­ner Lehminstallation mit Mahlstein sowie deutlich weniger Keramik. Im Süden der Fläche wurden ins­gesamt drei Bestattungen gefunden. Bemerkenswert sind zwei beigabenlose Gräber, die direkt über­einander angelegt wurden und nur durch 30 cm Erdreich voneinander getrennt waren (Abb. 31; 33).

Der Siedlungshügel

Fläche F

In der letzten Woche der Ausgrabung 2008 wurden auf einer Höhe von etwa 30,50 m NN die Reste ei­nes verbrannten Gebäudes erkennbar. Die Annah­me, dass es sich um einen intentionell verfüllten Gebäuderest handeln könnte, bestätigte sich bei den Ausgrabungen 2009 und 2010 jedoch nicht.

►Abb. 8.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. 120 cm hoher Pithos aus Fläche ) (Foto: S. Hansen).

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Abb. 9.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. 76 cm hoher Pithos aus Fläche I (Foto: S. Hansen).

Abb. 10.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Pithos, Detail

der Verzierung mit großen Metallscheiben

(Foto: S. Hansen).

Abb. 11.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Pithos, Detail

der Flickungen im Bodenbereich

(Foto: S. Hansen).

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Abb. 14.Großes „Gesichtsgefäß“ der Szakâlhât-Kultur (nach Goldman 1978, Taf. 3; 4).

Abb. 12.

Vinca, ehemaliges Jugoslawien. 120 cm hoher Pithos (nach Bacnh 1936. Taf. 32).

Abb. IS .Toptepe, Türkei. Anthropomorpher Pithos (nach Özdogan/ Dede 1998, Abb. 82).

Abb. 13.

Vinca, ehemaliges lugoslawien. Pithos, Detail der Halszone mit Verzierung in Form eines „M“ (nach Bacnh 1936 Taf. 32).

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Abb. 16.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fläche).

Blick auf den Befund 2009 von Osten

(Foto: S. Hansen).

►Abb. 17.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche ) 2009- 2010: Oberes verbranntes Gebäude mit Lehminstallation und Ofen; darunter unverbranntes Gebäude mit ähnlicher Orientierung (M. Karaucak und S. Brummack).

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PIETRELE 2010 Trench J

Burnt Layer Small Finds

N

IAN AntierAX AxeBR BoarTuskВТ Bone ToolC E R Complete VesselFA Flint ArrowheadFB Flint BladeFC Flint CoreFG FigurineG S Grinding StoneHM House ModelHS HammerstoneJW JewelleryLW Loom WeightMV Miniature VesselSD Sherd DiscS P SpondylusWS Worked Stone

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Abb. 18.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche ).

Scherbenkonzentration neben der

Lehminstallation (Foto: S. Hansen).

Abb. 19.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche ). Lehmbank mit der

Standspur des großen Pithos

(Foto: S. Hansen).

Abb. 21.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche ). Bestat­tung (Foto: S. Hansen).

Abb. 20Pietrele, Rumänien

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche J

Hälfte eines Aueroch sengehörns. Die andere Hälfte liegt noch darun

ter (Foto: S. Hansen)

Abb. 22.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche ). Bestat­tung, Beigaben: Silexklinge und Eberzahnanhänger (Foto: S. Han­sen).

Page 19: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 23.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche J. Reste eines älteren unverbrannten Hauses (Foto: S. Hansen).

Abb. 25.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. u C-Daten aus den Flächen | (MAMS-12428 und 12429), G (MAMS-11102) und L (MAMS-11100)(A. Reingruber).

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Abb. 26.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche L. Blick auf die Muschel konzentration (Foto: S. Hansen).

Abb. 27Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche L. Schädel in der Muschel­konzentration (Foto: S. Hansen).

Abb. 24.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche J. Blick in die Lehminstallation des älteren Hauses (Foto: S. Hansen).

Page 20: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 28.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Blick auf die

Flächen ) (links) und M (rechts) (Foto:

K. Scheele).

Abb. 29.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche M.

Blick auf die östliche Keramikkonzentration

(Foto: S. Hansen).

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Page 21: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 30.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche M. Kleine Gefäße in Ver- sturzlage an der Lehm­bank des Gebäudes (Foto: S. Hansen).

Abb. 31.Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fläche M. Obere Bestattung des linksseitigen Hockers mit Kopf im Osten (Foto: S. Hansen).

Page 22: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 32.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche M.

Untere Bestattung des rechtsseitigen Hockers

mit (fehlendem) Kopf im Osten (Foto:

S. Hansen).

Abb. 33.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche M.

Hockerbestattungen (M. Toderaş).

Page 23: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Die West- und Nordwand des Gebäudes waren ver­gleichsweise gut zu erkennen. Sie positiv auszugra­ben gelang jedoch nicht. Doch konnte der Wandver­lauf auch durch entsprechende Profile im Bereich der Pfosten klar dokumentiert werden. Die hohlen Pfostenstandspuren, die 2008 mit Gips ausgegos­sen worden waren, enthielten teilweise noch Holz­reste. Östlich der Wand schließt sich ein etwa 1,5 m breiter Streifen an, in dem sich nur wenige Funde und auch nicht so ausgeprägte Brandspuren fan­den. In einer scharf begrenzten Linie folgt dann der Bereich mit dem Ofen und über 250 zerbrochenen, aber rekonstruierbaren verbrannten Tongefäßen, die von teilweise sehr großen Wandfragmenten bedeckt waren (Abb. 34-35). Am westlichen und südlichen Rand des Ofens konnten die Abdrücke einer Reihe von dünnen Pfosten (ca. 4 -6 cm im Dm.) entdeckt werden, die zu einer dünnen Zwischenwand gehört haben dürften (Abb. 36; 37). Dadurch entstand eine Art Korridor. Möglicherweise ist diese Raumeintei­lung mit dem obersten Haus in Fläche F vergleich­bar, wo ebenfalls entlang der Westwand keine Gefäße aufgestellt waren, sondern verschiedene Ge­räte für eine Art Werkraum sprachen. Südlich an den Ofen gebaut ist eine vierkammrige Lehminstal­lation, deren südlicher Teil abgesackt ist, was mit einer Senkung des Untergrunds zu tun haben könn­te. Auch im Profil zeigt sich, dass das Gebäude durch einen Abrutsch des südlichen Hügelteils zer­stört wurde. Vermutlich entstand bei dieser Gele­genheit das Schadensfeuer. Innerhalb einzelner Ab­teilungen fanden sich noch kleine Tongefäße sowie Reste eines größeren Gefäßes. Mit 180 x 120 cm handelt es sich fast ebensogroße Lehminstallation wie in Fläche J. Der zerbrochene Läufer einer Mühle fand sich außerhalb der Installation hart an der Ost­wand. An diese schloss eine massive Lehmbank an, deren nördliche Kante erhalten ist. Auch im Süden war der Raum durch eine dünne Zwischenwand be­grenzt wie die Abdrücke der Pfosten belegen.

In Fläche F wurde mit Abschluss der Kam­pagne 2008 ein Niveau von 30,50 m NN erreicht. Nach unseren in den Vorjahren mit dem Handboh­rer durchgeführten Bohrungen sollten damit für die Stratigraphie noch ca. 2,50 m bleiben (Hüttenlehm bis 27,93 m NN). Damit sollte in diesem Bereich der gewachsene Boden erreicht sein, was auch mit den Angaben von Berciu22 übereinstimmen würde, nach denen der Teil eine 7 m tiefe Stratigraphie auf­weise. Eine 2009 durchgeführte Bohrung (mit dem Motorbohrer) am Südrand der Fläche zeigte überra­schend, dass unter 150 cm Sand und Lehm eine weitere Kulturschicht erscheint, was die Beobach­tungen zur massiven Aufschüttung des Siedlungs­hügels in Fläche В bestätigen würde. Eine zweite

22 Berciu 1956, 505.

Bohrung im Nordteil der Fläche 2010 bestätigte das Ergebnis. In der Bohrung „Piet 108“ wurden auf ei­nem Niveau von 29,16 m NN in 0,5 m und in 2 m Tiefe zwei weitere etwa 50 cm dicke Brandschichten im Bohrkern identifiziert (Abb. 38). Dies bedeutet, dass die Siedlungsschichten mächtiger sind als bis­her angenommen werden konnte. Da die Fläche F schon jetzt 7 m unter dem höchsten Niveau liegt, ist es technisch nicht möglich, in diesem Areal ein­fach weiterzugraben (Abb. 39). Aus Sicherheitsgrün­den ist es nötig, das inzwischen nicht mehr stabile Ostprofil um 4 Meter zurückzusetzen und eine Stufe auf einer Höhe von 33,50 m NN (dies entspricht dem zweigeschossigen Haus von 2006/07) herzurichten, so dass hier zunächst weitere vorbereitende Arbei­ten notwendig werden, bevor in Fläche F weiterge­arbeitet werden kann.

Die Kreisgrabenanlage (Fläche K)

Die nur 680 m Luftlinie vom Teil entfernte Kreisgra­benanlage ist im Gelände noch teilweise sichtbar. Sie liegt auf einem Sporn, der nach drei Richtungen durch relativ steile Hänge begrenzt wird und nur nach Westen geöffnet ist (Abb. 40-43). Die Anlage ist leicht oval mit einer maximalen Ost-West-Aus- dehnung von 175 m, und einer Nord-Süd-Strecke von 150 m. Die Innenmaße betragen 135 x 100 m. In der unmittelbaren Umgebung zum Teil ist dies die fortifikatorisch zweifellos günstigste Position, welche natürlichen Schutz bot und von der aus ein weiter Bereich überblickt werden konnte. Der Kreis­graben ist vom Siedlungshügel in knapp 10 Minu­ten fußläufig zu erreichen, und bei vorteilhafter Windrichtung sind Zurufe möglich. Im südwestlichen Teil der Grabenanlage ist auf dem Satellitenbild und im Gelände ein flacher Hügel zu erkennen.

2007 wurde durch C. Hübner eine geomagne­tische Prospektion des Terrassensporns vorgenom­men, durch die drei konzentrische Gräben im Wes­ten nachgewiesen werden konnten.

Um die Zeitstellung der Grabenanlage zu klä­ren, wurde 2010 eine 42 m lange und 5 m breite Fläche angelegt und nach einer händischen Vorkon­trolle mit dem Bagger die obersten 50 cm abgetra­gen. Die Fläche wurde so gewählt, dass alle drei Gräben zumindest tangential angeschnitten wurden. Im Planum konnten überraschenderweise die bei­den äußeren Ringe nicht klar unterschieden werden. Stattdessen hob sich ein etwa 20 m breiter, dunkel­brauner Streifen ab. An der Stelle, an der wir den inneren Ringen erwarteten, war nichts dergleichen zu erkennen. In der breiten Verfärbung der beiden äußeren Grabenringe wurden drei bis zu 3 m tiefe Schnitte angelegt um Tiefe und Form der Gräben zu klären. Es handelt sich dabei um Sohlgräben mit ei­ner Tiefe bis 2,35 m. In der Grabenfüllung fanden

Page 24: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 34.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F. Blick

auf das verbrannte Gebäude (Foto:

S. Hansen).

Abb. 35.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F.

Großes Fragment der Lehmwand

(Foto: S. Hansen).

Page 25: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 36.Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F. Blick auf die nach Süden ab­gesackte Lehminstalla­tion (Foto: S. Hansen).

Abb. 37.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F. Zwischenwand im Süden des Hauses (Foto: S. Hansen).

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Abb. 38.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F. Bohrprofil Piet 108

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sich sehr kleine Hüttenlehmbrocken sowie Scherben überwiegend bronzezeitlicher Zeitstellung. Unter jüngeren Funden ist eine keltische Münze und ein römischer Haarpfeil zu erwähnen. Nur drei Scherben aus dem mittleren Graben können der Gumelniţa- Kultur eindeutig zugeordnet werden (Abb. 44). Zu­sammenfassend kann gesagt werden, dass die Da­tierung der Anlage nicht abschließend geklärt wer­den konnte. Eine neolithische oder kupferzeitliche Datierung muss jedoch nach den bisherigen Funden als wenig wahrscheinlich erachtet werden.

(S. H.)

Geomorphologische Untersuchungen der Donauaue

Bereits seit 2005 werden ausgehend von dem Teil paläoökologische und fluvialmorphologische Unter­suchungen durchgeführt. Von Interesse sind dabei zum einen die Entwicklung der Donauaue im Ver­lauf des Holozäns und zum anderen die Entwick­lung des tellnahen Areales während des Zeitraums der Besiedlung, um so Kenntnisse der physisch­geographischen Rahmenbedingung für die Sied­lungstätigkeit und Landnutzung zu gewinnen. Eine wichtige Erkenntnis der bisherigen Untersuchungen war, dass sich das Sedimentationsmilieu im Bereich

der Donauaue um etwa 4000 bis 4500 cal BC grund­legend änderte. Es wurde ein Wechsel von eher grobkörnigem Material (Sanden, Kiesen) zu fein­körnigerem Material (Schluffe, Tone) nachgewiesen. Die Interpretation des Sedimentwechsels als Hiatus erscheint auf Grund der vertikalen Schwankungen der Oberfläche der sandigen Ablagerungen plausi­bel. Weiterführenden Aussagen hierzu können je­doch erst getroffen werden, wenn OSL-Datierungen aus den Sanden vorliegen.23 Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den markanten Wechsel des Sedi­mentationsverhaltens zu erklären:a) Mit dem Beginn des Neolithikums erfolgte eine

Zunahme der Landnutzung, was zur Steigerung der Bodenerosion und damit verbunden zur Zu­nahme der Suspensionsfracht in den Flüssen bei­trug, womit wiederum Änderungen im Abfluss- und Akkumulationsmilieu einhergingen.

b) Die Änderung des Abflussregimes der Donau ist die Folge postglazialer Meeresspiegelschwankun­gen des Schwarzen Meeres oder isostatischer und tektonischer Bewegungen, die für den Bereich zwischen den Südkarpaten und dem Balkange­birge typisch sind.

Den daraus resultierenden Forschungsfragen wurde während der Geländekampagne 2010 nachgegan­gen. Dabei wurden mehrere Untersuchungsschwer­punkte verfolgt. Zum einen war der nähere Teilbe­reich nach wie vor von Interesse. Hier wurde im Verzahnungsbereich zwischen Hang- und Auensedi- menten das Bohrraster weiter verdichtet um so zu einem besseren Verständnis der Reliefsituation wäh­rend der Besiedlung beizutragen. Ferner wurden die Grabungen im Bereich der Kreisgrabenanlage durch Bohrungen unterstützt. Zum anderen galt es, die bereits während der Geländekampagne 2009 erfolg­te Ausdehnung des Untersuchungsgebietes fortzu­führen, um so ein umfassenderes Bild von der Se­dimentstratigraphie der Auensedimente und deren großräumigen Variabilität zu erhalten. Das Unter­suchungsgebiet wurde daher nach Süden und nach Osten erweitert. Darüber hinaus wurde südlich der Donau, auf bulgarischer Seite, ein Survey in Feucht­gebieten durchgeführt, um Archive für palynologi- sche und paläobotanische Untersuchungen zu erkun­den.

Während der Geländekampagne 2010 wurden insgesamt 30 Rammkernsondierungen, zum Teil bis in eine Tiefe von 12 m, durchgeführt. Bereits im Ge­lände fand die Ansprache und Beprobung statt. An einem Standort (Piet 83b) wurde zudem ein ge­schlossener Kern erbohrt, an dem weitere OSL-Da- tierungen durchgeführt werden sollen. Die Karte in

23 Die Datierungen werden derzeit am OSL-Labor des geographi­schen Instituts der Universität Heidelberg von Frau Dr. A. Kade- reit durchgeführt.

Page 27: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 39.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Blick auf das Ostprofil. Die Messlatte ist 7 m hoch (Foto:S. Hansen).

Abb. 40Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche K. Luft­bild (Foto: K. Scheele).

Page 28: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 41.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Blick über die drei Profilschnitte durch

die Grabenverfärbung (Foto: S. Hansen).

Abb. 43. Abb. 44.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Mittlerer Graben, Planum (Foto: S. Hansen). Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Scherbe der Gu-

melniţa-Kultur (Foto: T. Vachta).

Abb. 42.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Äußerer Graben, Nordprofil (Foto: S. Hansen).

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Abb. 45 gibt einen Überblick über die Lage aller bis­herigen Bohrungen, die mit einem differentiellen GPS exakt eingemessen wurden. Außerdem sind zwei Profile hervorgehoben, welche im Folgenden näher erläutert werden. Bei Profil A handelt es sich um ein Auenquerprofil, das sich vom nördlichen Talhang bis zur Donau erstreckt, während Profil В parallel zur Donau verläuft.

Weiterhin wurden Vermessungen mit einem differentiellen GPS zur Erfassung des Mikroreliefs der Hochflutebene durchgeführt. Zur Erstellung des hochgenauen Geländemodells wurde eine neue Me­thode eingeführt und erstmals im Gelände getestet.

Bohrungen in der Nähe des Teils

In Tellnähe wurden insgesamt vier und im Bereich der Kreisgrabenanlage (Fläche K) neun Bohrungen abgeteuft. In der Nähe des Teils waren dies Piet 84, Piet 85, Piet 90 und Piet 108. Piet 108 wurde da­bei im nördlichen Teil von Fläche F, die übrigen drei westlich, zwischen dem Talhang und dem süd­lich des Teils verlaufenden Gerinne durchgeführt (Abb. 46). Bohrung Piet 108 sollte die Frage nach der noch zu erwartenden Mächtigkeit der Siedlungs­schicht beantworten. Tatsächlich wurde Siedlungs­material bis zu einer Kerntiefe von 3,15 m (26,01 m a. S. L.) vorgefunden. Unterhalb von 4,85 m KT (24,31 m a. S. L.) stehen stark marmorierte Tone an. Diese sind vergleichbar mit älteren, vermutlich pleistozänen Tonen, die in verschiedenen Niveaus am nördlich angrenzenden Talhang ausstreichen und daher nachfolgend als Terrassentone bezeich­net werden.

Der Vergleich mit dem Kern Piet 65, aus der Feldkampagne 2009 (Abb. 47), 6,86 m südwestlich von Piet 108 gelegen, bestätigt diese Annahmen und macht gleichzeitig die kleinräumliche Hetero­genität der Siedlungsschichten deutlich. So reichen die heterogen ausgeprägten Kulturschichten etwa bis in die gleiche Tiefe (ca. 24 m a. S. L.), während der Terrassenton bei Piet 65 etwa 0,90 m tiefer be­ginnt.

Mit den Kernen Piet 84, Piet 85 und Piet 90 sollten Informationen über den Verzahnungsbereich von Hang- und Auensedimenten gewonnen werden. Tatsächlich treten die typischen Terrassentone bei Piet 84 in 3,30 m KT, bei Piet 85 in 4,80 m KT und bei Piet 90 in 1,50 m KT auf. Damit ergibt sich für die Oberfläche der älteren Terrassentone in diesem Bereich ein Einfallen Richtung Süd-Süd-Ost (Nei­gung 5,675°, Exposition 151,637°).

Die ersten Bohrungen im Bereich der Kreis­grabenanlage in Fläche К (Piet 92, Piet 93, Piet 94, Piet 95, Piet 96, Piet 97 und Piet 98) dienten dem Nachweis der Gräben der Kreisgrabenanlage. An­hand der geomagnetischen Daten wurden hier drei

parallel verlaufende konzentrische Gräben vermu- tet.2A Bereits bei Einrichten des ersten Planums von Fläche K, in dem auch die Bohrungen erfolgten, wurde jedoch deutlich, dass es sich wahrscheinlich nur um einen einzelnen Graben handelt. Dennoch wurden Bohrungen senkrecht zu dem Graben im Abstand von 1,5 m abgeteuft. Die Bohrkerne waren annähernd identisch. Der oberflächennahe Unter­grund besteht hier vorwiegend aus schluffigem Ton, mitunter ist jedoch der Schluffanteil erhöht. Bis etwa 1 m Kerntiefe (KT), bei Piet 94 bis 2 m, bei Piet 97 bis 1,65 m und bei Piet 98 bis 1,25 m tre­ten Siedlungszeiger (Hüttenlehm) auf und die Sedi­mente haben eine rötlich-braune Farbe. Es handelt sich dabei vermutlich um die Grabenverfüllung, denn außerhalb des potenziellen Grabens (Piet 101, Piet 102) tritt diese Verfärbung nicht auf. Ab etwa 2,50 m KT bis 3,20 m KT steht der Terrassenton an. Ein Befestigungssystem aus mehreren Gräben konn­te somit nicht nachgewiesen werden.

Profil A und Profil В

Das in der Geländekampagne 2009 begonnene Auen­querprofil (Profil A) wurde durch die Bohrungen Piet 83, Piet 87, Piet 103 und Piet 100 ergänzt (Abb. 48). Die Bohrungen Piet 83 und Piet 91 wur­den im zentralen Bereich des heute trockengefalle­nen Lacul Pietrelor, dem Profundal des ehemaligen Sees, abgeteuft.

Bis auf Kern Piet 8025 zeigen alle Kerne des Profils A den für die Aue im Untersuchungsgebiet typischen Aufbau des Untergrundes. Dieser ist ge­kennzeichnet durch eine teilweise mehrere Meter mächtige schluffig-tonige Abfolge, die einen vorwie­gend sandigen Abschnitt überlagert. In zahlreichen Bohrungen tritt in den feinkörnigen Sedimenten in nahezu gleicher Tiefe eine dunkle, fast schwarze La­ge mit geringen Karbonatgehalten auf. Diese stellt einen wichtigen Leithorizont dar. In der Nähe von rezenten und ehemaligen Gerinnen bzw. Kanälen befindet sich im Hangenden des feinkörnigen Ab­schnittes noch ein vorwiegend sandiger, teilweise durch feinsandig-schluffige Wechsellagerungen ge­prägter Abschnitt.

Südlich von Piet 64 liegt die Oberfläche der unteren Sandfazies etwa 7 m höher als bei den vier nördlichen Kernen. Gleichzeitig ist auch ein Anstieg der Geländeoberfläche um etwa 2 m von Piet 64 auf Piet 103 zu verzeichnen. Bis zur Donau steigt die Geländeoberfläche um weitere ca. 1,50 m an. Auch konnte die typische dunkle Lage nur in den vier nördlichen Kernen identifiziert werden. Piet 79 weist zwar ebenfalls eine dunkle Lage bei 0,90 m

24 Hansen u. a. 2008, Abb. 6.25 Hansen u. a. 2009, 15.

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Abb. 47Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F.

Schematischer Aufbau der Kerne Piet 65 und

Piet 108.

bis 1,60 m Kerntiefe auf, die sich jedoch nicht mit dem Leithorizont parallelisieren lässt und vermutlich genetisch und chronologisch anders einzuordnen ist.

Das Auenlängsprofils (Profil B; Abb. 45) be­ginnt mit dem Kern Piet 83 im Bereich des ehemali­gen Lacul Pietrelor und verläuft in östlicher Rich­tung mit einer Gesamtlänge von mehr als 23 km bis zum Kern Piet 99 im ehemaligen Lacul Greaca. Ähn­lich dem Profil A kann über den gesamten Verlauf des Profils В die charakteristische Zwei- bzw. Drei­teilung der Stratigraphie sowie der dunkle Leithori­zont beschrieben werden (Abb. 49). Einzig im Be­reich der Kerne Piet 89a/b scheint dieser Abschnitt zu fehlen. Die Oberkante der Sandfazies wurde in dieser Bohrung bereits bei 3,10 m KT angetroffen. Die Erklärung hierfür liefert der im Verlauf des Pro­fils С (Abb. 45) erbohrte Kern Piet 88 (Abb. 50). Die­ser ähnelt in seinem Aufbau stark dem Kern Piet 89a/b, und die Oberfläche der Sandfazies liegt hier nur wenig tiefer (2,20 m KT) als bei Piet 89a/b. We­nig unterhalb der Oberfläche der Sandfazies, bei 2,70 m bis 3,60 m KT, weisen die Sande in Piet 88 eine dunkle, fast schwarze Färbung auf. Dieser Ab­schnitt lässt sich vermutlich mit dem weniger dunk­len Abschnitt im Kern Piet 89a/b (3,30 m bis 3,80 m) und dem dunklen Leithorizont parallelisieren. Ist dieser Zusammenhang richtig, würde die vermutlich in einem See gebildete dunkle Lage eine ehemali­ge, leicht reliefierte Oberfläche mit Aufragungen im Bereich der Bohrungen Piet 88 und Piet 89a/b nach­zeichnen.

Die beiden Kerne, die das östliche (Piet 99) und das westliche (Piet 83) Ende dieses Profils В mar­kieren, werden detailliert mit sedimentchemischen- und sedimentphysikalischen Methoden untersucht, um Hinweise auf die Ablagerungsmilieus der ein­zelnen stratigraphischen Einheiten zu erhalten. Au­ßerdem werden am geschlossenen Kern Piet 83b an verschiedenen signifikanten Bereichen der Strati­graphie OSL-Datierungen durchgeführt. Beide Profile machen deutlich, dass sich die Sedimentstratigra phie der Bohrkerne aus der Donauaue im Wesentli­chen nur in der Mächtigkeit der einzelnen Einheiten unterscheidet, die einzelnen Abschnitte sowie die markante dunkle Lage können über weite Distanzen zuverlässig parallelisiert werden. Die Oberfläche der Sandfazies weist hingegen Niveauunterschiede auf, die jedoch durch die hangenden Stillwassersedi- mente ausgeglichen werden.

Aus historischen Karten und Corona Satelliten­bildern können Existenz und Lage des Lacul Pietre­lor und des Lacul Greaca sowie anderer ehemaliger Seen in der Donauaue bis zum Beginn der Trocken­legung der Aue belegt werden. Bei den jüngeren Sedimenten in den Kernen Piet 17, Piet 64, Piet 83, Piet 91, Piet 99, Piet 105 u. a., die im Bereich der ehemaligen Seen abgeteuft wurden, handelt es sich somit um Stillwasserablagerungen. Diese fallen zu­meist durch vorwiegend schluffig-tonige Korngrößen auf. Allerdings können infolge von starken Hoch­wässern auch sandige Sedimente in das Stillgewäs­ser eingespült worden sein. Allochthone und autoch- thone Materialien vermischen sich und lagern sich dann als Seesediment ab. Sie stellen wertvolle Geo- archive für die Rekonstruktion der Auenentwicklung dar. Für palynologische Analysen sind diese Sedi­mente aufgrund des hohen Anteils allochthoner Ma­terialien jedoch nur bedingt geeignet.

Palynologische Prospektion in Nordbulgarien

Um andere geeignete Archive für palynologische Untersuchungen zu erkunden, wurde im Juli 2010 auf der südlichen Donauseite in Bulgarien eine mehrtägige Prospektion durchgeführt.26 In deren Verlauf wurden die Bohrungen KM-01, GV-01 und GV-02 am Rand von Feuchtgebieten abgeteuft, die sich im Mündungsbereich von Donauzuflüssen aus­gebildet haben. Die Kerne zeigten eine Stratigra­phie, die mit der auf rumänischer Seite vergleichbar ist. Leider war es aufgrund des extrem feuchten Jah­res nicht möglich, in den zentralen Bereichen der

26 Die palynologischen Analysen erfolgten durch Dr. Elena Marino­va, Center for Archaeological Sciences, Katholieke Universiteit Leuven.

Page 33: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Sumpf- bzw. Schwemmgebiete zu bohren, da diese größtenteils vollständig unter Wasser standen. Den­noch erweckt das Material in den distal abgeteuften Kernen den Eindruck einer Eignung für weiterfüh­rende palynologische Untersuchungen. Sollten die ersten Laboruntersuchungen dies bestätigen, kom­men die Gebiete auf bulgarischer Seite für weitere Untersuchungen in Frage, die allerdings nur in tro­ckeneren Jahren erfolgen können.

Erfassung des Mikroreliefs

Zur Erfassung der (Mikro)Topographie im Bereich der Aue wurde erstmals eine neue Methode angewen­det. Dazu wurde der automatische Aufzeichnungs­modus eines differentiellen GPS (DGPS)27 genutzt, um in vorher definierten gleichen Abständen Gelän­depunkte in der Aue automatisch einzumessen. Die­se Punkte dienten dann der Erstellung hochgenauer

Zum Einsatz kam ein GPS HiPer Pro der Firma Topcon.

digitaler Geländemodelle. Um einen gleichmäßigen Abstand zwischen Satellitenantenne und Gelände­oberfläche zu gewährleisten und eine adäquate Auf­zeichnungsgeschwindigkeit zu erreichen, wurde die Roverantenne des DGPS auf ein Quad/ATV montiert. In der Aue mit den sehr geringen Reliefunterschie­den konnte so der zeitliche Aufwand für die Vermes­sung begrenzt werden. Die Qualität der erhobenen Daten überstieg alle Erwartungen. Insgesamt wur­den sieben Flächen mit zusammen 1.067.844,46 m2 aufgenommen, die nun als Mikro-DGM zur Verfü­gung stehen (Abb. 51).

Die Abb. 52 zeigt den unteren Teil (bis 20 Hö­henmeter) der Flächen F l und F6 in Tellnähe. Deut­lich erkennbar ist eine geringe Erhöhung (ca. 0,30 m, grün) der Auenoberfläche im Bereich des Bachlaufes westlich des Siedlungshügels. Diese Erhöhung kann als teilweise von Stillwasser- bzw. Hochflutsedimen­ten überdeckter Schwemmfächer interpretiert wer­den, der beim Eintritt des Gewässers in die Aue aufgeschüttet wurde. Im Zentrum dieser Struktur,

Abb. 48.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Lithologische Profile entlang der Pro­fillinie A, parallel zum Donaulauf. Die Bohr profile zeigen den Übergang von älteren Sanden (gelb) zu jün­geren (See) Sedimen­ten (blau) (Lage der Profile vgl. Abb. 45).

Page 34: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 49.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Lithologische

Profile entlang der Profillinie B, quer zum

Donaulauf. Die Bohr- profile zeigen den

Übergang von älteren Sanden (gelb) zu jün­

geren (See)Sedimenten (blau) (Lage der Profile

vgl. Abb. 45).

unmittelbar westlich des Feldwegs, verläuft ein Gra­ben, der die Aufnahme des MikroDGMs mittels Quad erschwerte. Dieser Bereich soll zu einem späteren Zeitpunkt manuell erfasst werden.

In Abb. 53 sind die Messergebnisse für die Flächen F3 und F5 südlich des Teils dargestellt. Deutlich erkennbar sind zwei Gerinnesysteme, eines in West-Ost Richtung und eines in Nordwest-Südost Richtung. Diese Gerinnesysteme sind durch die his­torischen Karten belegt. Bereits während der Ge­ländekampagne 2007 wurden quer zu dem in West- Ost-Richtung verlaufenden Gerinnesystem mehrere Bohrungen abgeteuft.28 Die Kerne des Profils F3 (MDGM) (Abb. 54) zeigen wieder die typische Zwei- bzw. Dreiteilung der Sedimentstratigraphie. Unter den grün dargestellten Abschnitten, den vorwie­gend sandigen Resten des Gerinnes, folgt ein bis zu

6 m mächtiger Abschnitt schluffig-tonigen Materials (blau), unter dem die Sandfazies (gelb) zu erkennen ist. Ferner ist der dunkle Leithorizont oberhalb bzw. unmittelbar an der Oberkante der Sandfazies vor­handen. Allerdings treten innerhalb des schluffig- tonigen Bereichs mehrere ähnlich dunkle Abschnitte auf, wodurch die Parallelisierung erschwert wird.

Der Vergleich der schluffig-tonigen Bereiche in Profil F3 (MDGM) mit Abfolgen aus den ehemaligen Seen, macht deutlich, dass es sich bei den Sedi­menten unterhalb der Gerinnestrukturen ebenfalls um Seesedimente handelt. Eine ähnliche Situation wurde im Bereich der Kerne Piet 72, Piet 73 und Piet 74 angetroffen, wo sich ebenfalls unter den Ab­lagerungen eines ehemaligen Gerinnes die poten­ziellen Seesedimente erhalten haben.29

28 Hansen u. a. 2007, 11-12. 29 Hansen u. a. 2009, 15-17.

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Abb. 50.

Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Lithologische Profile entlang der Profillinie C, quer zum Donaulauf. Die Bohr- profile zeigen den Übergang von älteren Sanden (gelb) zu jün­geren (See)Sedimenten (blau) (Lage der Profile vgl. Abb. 45).

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Abb. 51.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Statistische

Übersicht der gemesse­nen MikroDGM Ftächen.

Schlussfolgerungen

Anhand der bisher erfolgten Bohrungen in der Aue können weitreichende Aussagen zur Lithostratigra­phie und zur räumlichen Verbreitung der Sedimente getroffen werden.

Bohrungen in den Bereichen der ehemaligen Seen zeigen eine typische Zweiteilung der Stratigra­phie. Im oberen Bereich dominieren schlufflg-tonige Sedimente, darunter befinden sich vorwiegend san­dige Ablagerungen. Innerhalb des schluffig-tonigen Abschnittes finden sich dabei wiederholt Bereiche mit höheren Sandanteilen, jedoch von geringer Mächtigkeit. AMS-u C-Datierungen aus dem unteren Teil dieses Abschnittes erbrachten Alter von mehr als 3000 cal BC. Ein Altersintervall von 4690-4270 cal BC (Piet 63) wurde für eine Probe aus 8,45 m Tiefe ermittelt.30

Im Bereich ehemaliger natürlicher Gerinnen bzw. künstlicher Kanäle ist dem schluffig-tonigen Abschnitt noch ein stark sandig-schluffiger, hetero­gener, teilweise wechselgelagerter Abschnitt überge­lagert. Diese mehrere Meter mächtigen Sedimente wurden in den Gerinnen selbst sowie als Uferwälle abgelagert und besitzen eine größere Mächtigkeit und einen höheren Sandanteil als die sandigen Ablagerungen innerhalb der schluffig-tonigen Ab­schnitte.

Aus den Bohrergebnissen und den Sediment­analysen lassen sich hinsichtlich Landschaftsent­wicklung im Holozän folgende Schlussfolgerungen ziehen:

Vor der Trockenlegung der Aue in den 1960er Jahren war das Gebiet in einem quasi-natürlichen Zustand. Es existierte wie heute ein annähernd stabiler Donaulauf im Süden der Aue. Der nörd­liche Teil der Aue war geprägt durch eine Vielzahl deutlich kleinerer, aber ebenfalls annähernd lage­stabiler Gerinne. Dies deutet auf die Existenz eines anastomosierenden Flusssystems hin. Vier Datierun­gen an den Gerinnesedimenten (Piet 73) aus Tiefen von etwa 4,10 m bis 5,10 m KT ergaben Alter von 1295 cal AD bis 1630 cal AD.31 Damit kann für die Existenz des anastomosierenden Flusssystems eine

30 Hansen u. a. 2009, 12.31 Hansen u. a. 2009, 12; 17.

Mindestdauer von etwa 650 jahren angenommen werden.

Vor dieser Phase wurden weite Teile der Aue vermutlich von ausgedehnten Seen mit kleineren In­seln eingenommen. Hierauf deuten erste Ergebnisse mikrofaunistischer Analysen (Piet 74), die Gleich­förmigkeit der Seesedimente, die im Bereich der ehemaligen Seen Lacul Pietrelor und Lacul Greaca abgelagert wurden sowie deren Ähnlichkeit zu den liegenden Sedimenten der jungen Ablagerungen des anastomosierenden Systems hin (Abb. 54). Dies wird gestützt durch die Ergebnisse der sediment­physikalischen Untersuchungen. Die vorliegenden Datierungen weisen auf ein Mindestalter dieser See­sedimente von etwa 5500 bis 6500 Jahren hin. Die sandigeren Abschnitte, durch welche die Stillwas- sersedimente gegliedert werden, sprechen für er­höhte Einträge an allochthonem Material während der Stillwasserphase. Der Eintrag dieses Materials in das Stillgewässer könnte dabei sowohl durch Donauhochwässer als auch durch Hangabtrag am nördlichen Talhang erfolgt sein.

Der Ursprung der unterhalb der Stillwasser- sedimente befindlichen Sandfazies lässt sich mit den vorhandenen Daten noch nicht genau klären. In jedem Fall repräsentieren die Sande ein fluviales System, das die gesamte Breite der Überschwem­mungsebene einnahm und deutlich höhere Strö­mungsgeschwindigkeiten als während der nachfol­genden Stillwasserphase aufwies.

Ausblick

Trotz einer Vielzahl von Bohrungen und ergänzen­der Geoelektrikprofile und der daraus resultieren­den Erkenntnisse zur holozänen Landschaftsent­wicklung in dem untersuchten Donauabschnitt, sind für das Verständnis der holozänen Sedimentations­prozesse weitere Bohrungen unabdingbar. Die Anla­ge von Bohrprofilen in N -S- und W-O-Richtung hat sich bewährt und soll auch in den folgenden Kam­pagnen fortgesetzt werden. Geplant ist dabei zu­nächst die Verdichtung des Bohrrasters im östlichen Teil des Profils В und im Bereich des Querprofils C. Ferner ist die Anlage weiterer Bohrcluster an für das Systemverständnis relevanten Standorten geplant.

Ein weiterer Schwerpunkt der nächsten Feld­kampagne wird die Entnahme von geschlossenen Kernen an Schlüssellokalitäten sein. Ziel ist dabei die Gewinnung von Material für die Altersbestim­mung der untersten Sandfazies mittels OSL-Datierun- gen sowie für palynologische Untersuchungen. Durch mikrofaunistischen Untersuchungen an den Kernen Piet 83 und Piet 99 soll für bestimmte Kernabschnit­te das Paläomilieu rekonstruiert und so die Existenz ausgedehnter Stillgewässer und deren raumzeitliche Variabilität überprüft werden.

Flieh« f;rfil!c(mJ) (ioländcpunkte Punkte pro m1 шг pro PunktFl 16668.168 8050 0.48 2,07F2 58492.350 5316 0.09 11.00F3 134456.077 10534 0.08 12,76F4 520988.986 52629 0,10 9,90F5 294237.460 30607 0,10 9.61F6 30781,602 11137 0.36 2.76F7 12219.824 5314 0.43 2.30

gesamt 1067X44,467 123587 0.12 8.64

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Abb.

52.

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Abb. 53.Pietrele. Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Höhendaten (weiß 17,9 m a.s.l.,

hellblau - 15,6 m a.s.l.) der MikroDGM

Flächen F3 und F5, die die ehemaligen Gerin­

ne, bzw. deren Uferwäl­le verdeutlichen, sowie der Lage des Profils F3 (MDGM), das das süd­

liche Gerinne quert.

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Abb. 54.Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Lithologische Profile entlang der Pro­fillinie F3 (MDGM), zwi­schen den MikroDGM Flächen F3 und F5. Die Bohrprofile zeigen den Übergang von älteren Sanden (gelb) über jün­gere (See)Sedimente (blau) bis hin zu jungen Gerinneresten bzw. Uferwällen (grün)(Lage des Profils vgl. Abb. 53).

Die Methode zur Erstellung eines MikroDGMs zeigte erste vielversprechende Ergebnisse. Es ist mit dieser Methode möglich, morphologische Strukturen mit geringer vertikaler Ausdehnungen und hoher räumlicher bzw. geometrischer Auflösung in einem vertretbaren Zeit- und Kostenrahmen zu erfassen. Mittels gezielt durchgeführter Bohrungen kann die Entstehung der Strukturen weiter analysiert werden. Wenngleich es aufgrund der Größe des Untersu­chungsgebietes nicht möglich ist, die gesamte Aue mit dieser Methode zu kartieren, so können doch ausgewählte Bereiche, welche für konkrete Einzel­fragestellungen, z. B. die Rekonstruktion der Ufer­linien von Paläoseen oder die Verbreitung von Flussterrassen bedeutend sind, erfasst werden. Ein Fokus in 2011 wird zweifellos der Bereich zwischen den Kernen Piet 64 und Piet 103 sein sowie der Be­reich zwischen Piet 100 und Piet 80 (Abb. 48). Die­

se Untersuchungen sollen Aufschluss über die Ober­flächenstruktur eventueller vertikaler Diskordanzen und das südliche Ufer des vermuteten Auenstillge- wässers geben.

(D. N./J. W.)

Die Keramik

ln der Kampagne 2010 wurden auf dem Teil und in der Außensiedlung insgesamt 152 rekonstruierbare Gefäße und 41.346 Einzelscherben geborgen, so dass sich die Materialbasis auf ca. 400.000 Einzel­scherben bzw. 10,6 Tonnen erhöht. Die Anzahl der vollständigen/restaurierbaren Gefäße ist auf 1270 gestiegen.

In diesem Bericht soll vor allem die Keramik aus der Außensiedlung mit den Flächen J, L und M

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Abb. 55.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Keramik.

Schale P10F418CER02 mit rotem Farbauftrag und Graphitbemalung

(Foto: T. Vachta).

einer genaueren Betrachtung unterzogen werden. Die Gefäße vom Teil aus Fläche F gehören nämlich zum Großteil dem verbrannten Gebäude von 2009 an und werden in einem anderen Zusammenhang mit diesem noch in der Restaurierung befindlichen Inventar besprochen. Jedoch verdienen zwei Gefäße aus Fläche F hervorgehoben zu werden, die unter dem Fußboden des verbrannten Hauses als Scher­benstreuungen auftraten: beide Gefäße waren nicht nur mit Graphit, sondern auch mit pastoser Farbe bemalt (Abb. 55; 56). Der Rand der Schale P10F418 ist mit Graphit in breitem Zickzackband versehen, während auf dem konischen Körper vier symmetrisch angeordnete, aufgerauhte Felder rot ausgelegt sind. Das Schultergefäß P10F440 trägt nicht nur auf dem Hals, sondern auch auf der gewölbten Schulter Gra­phitmuster. Auf diese wurde zusätzlich ein Spiral­haken eingeritzt, in dessen Rillen noch weiße Farbe erhalten blieb. Mit weißer pastoser Farbe ist der konische Unterteil in vier, diesmal miteinander ver­bundenen, aufgerauhten Zonen, die Dreiecke aus­sparten, bemalt. Roter und weißer Farbauftrag tritt häufig in einer frühen Stufe der Gumelniţa-Kultur auf.32

In Fläche F lagen zudem drei Ringe aus Ton mit Einstichmustern und weißer Inkrustation, die als Un­tersatz für Gefäße gedient haben mögen (Abb. 57). Vergleichbare Lehmringe sind ebenfalls aus der frü­hen Phase der Gumelniţa-Kultur bekannt, wie z. B. aus Tangäru und Cernavodă.33

32 Voinea 2005.33 Berciu 1961, Abb. 207,3; Schuchhardt 1924, Abb. 8 -9 . Ein ähn­

liches Stück aus Hârşova wird in die Stufe Gumelniţa А2 gewie­sen (Voinea 2005, Taf. 75,5).

Verglichen mit der Keramik aus den bislang ältesten Ablagerungen in Fläche В wurde in F eine Schicht erreicht, die dieser aus typologischen Grün­den entspricht. Dazu gehören die stark konkaven Ränder wie auf der Schale F418, aber auch die leicht einziehenden, konkaven Unterteile von Gefä­ßen sowie die häufiger werdende Ritzverzierung und der Gebrauch von roter und weißer Farbe.

Die Keramik aus Fläche J

In Fläche J wurde bereits 2009 ein stark verbranntes Gebäude angetroffen, an welchem 2010 die Arbei­ten beendet werden konnten. Zu dem erhaltenen Hausinventar gehören 37 restaurierbare Gefäße, wobei zu den 28 Gefäßen von 2009 weitere 9 hin­zukamen. Gemäß ihrer Lage im Gebäude traten sie in drei Anhäufungen auf:- Auf und in der Mahlinstallation mit zwei über

50 kg schweren Mahlsteinen lagen 17 Gefäße. Westlich davon verlief eine Lehmbank, in die ein 120 cm hoher Pithos ca. 8 cm tief eingelassen war (Abb. 19). Ein zweiter, 76 cm hoher Pithos stand daneben, und ein dritter, etwas schlankerer, aber mit 88 cm ebenfalls hoher Pithos, war wohl ur­sprünglich in der gleichen Flucht aufgestellt, zu­mindest deuten dies die Scherbenansammlungen an. Ob sie ursprünglich auf oder vor der Lehm­bank platziert waren, lässt sich nicht mehr er­schließen. Sechs weitere Gefäße, darunter eine Schale und drei Deckel, waren ebenfalls in diesem ca. 2 x 2 m großen Bereich vorhanden.

- Südlich von diesem Bereich und westlich der Herdstelle lagen neun rekonstruierbare Gefäße. In der SW-Ecke der Fläche kamen neben einem weitestgehend restaurierbaren Gefäß noch einige

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Abb. 56.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. Schultergefäß P10F440CER03 mit Ritzverzierung, weißem Farbauftrag und Graphitbemalung (Foto: T. Vachta).

Abb. 57.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Lehmring P10F407 mit Einstichverzierung und weißer Inkrustation (Foto: T. Vachta).

Abb. 58.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Transport der Pithoi nach Bukarest (Foto: P. Leidner).

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Scherben zutage, die an die nördlich gelegenen Gefäße anpassten und die wohl im Laufe der Zeit nach Süden verlagert worden waren.

Eine unvollständige, kleine Schale wurde im Nord­westen der Fläche geborgen und ist somit keiner der genannten Scherbenstreuungen direkt zuzu­ordnen. Da aber nördlich der Mahlinstallation keine weiteren Gefäßreste entdeckt wurden, sich der Scherbenteppich auch nicht im Westprofil fortsetzte und östlich der verbrannten Installationen gar keine restaurierbaren Gefäße auftraten, sind die Konturen des Hauses bis auf den südlichen Abschluss durch diese Fundsituation gut zu fassen (Abb. 18). Erst 3 m weiter östlich, in der Nähe des Ostprofils bzw. in der SO-Ecke der Fläche, traten wiederum Reste von drei Gefäßen auf, die wohl zu einem benach­barten Hauskomplex gehört haben mögen.

Drei Pithoi aus Fläche J

Aus der stark versinterten, 100 kg wiegenden Scher­benansammlung P09J386 konnten durch einen um­sichtigen Entsinterungsprozess am Ende der Kam­pagne 2009 und geduldige Puzzlearbeit am Beginn der Kampagne 2010 zu unserem eigenen Erstaunen nicht nur eines, sondern sogar drei große Vorrats­gefäße zusammengefügt werden.34 Die beiden vo­luminösen Pithoi (Abb. 7-9; 64) zeigen Anzeichen sehr starker Abnutzung: der große Pithos war im unteren Teil zerbrochen, wurde aber repariert und mit einer (Leder?)Schnur wieder zusammengehalten. Der kleinere Pithos ist bis auf die Leiste unter dem Hals und sogar noch darunter abgescheuert, was auf ein häufiges, sehr tiefes Hineingreifen mit dem ganzen Arm hinweist. Ob diese Abnutzungsspuren auf eine lange oder eher eine sehr intensive Nut­zung deuten, sei dahin gestellt.

Die Höhe des großen Pithos beträgt 120 cm, die Mündung ist oval und misst max. 52 cm. Mes­sungen ergaben, dass das Gefäß ca. 400 Liter fas­sen konnte. Ca. 23 cm vom Boden entfernt sind fünf Paare von Flicklöchern erhalten - Flüssigkeiten konnten in ihm danach nicht mehr aufbewahrt wer­den, aber womöglich war das auch davor nicht der Fall. Vom Boden des Gefäßes konnten wenige ver­kohlte pflanzliche Reste geborgen werden - leider fehlten die diagnostischen Merkmale, so dass keine Bestimmung möglich war. Auch für eine AMS-Datie- rung war nicht ausreichend Material vorhanden.3*

34 An der Zusammensetzung der Gefäße war neben den beiden Restauratorinnen C. Georgescu und K. Noack - ein Großteil des Teams beteiligt. Insbesondere möchte ich P. Nedelcheva. ). Pelegrin, L. Tharandt und H. Bernert für ihre Hilfe danken. Bei dem nicht ganz unkomplizierten Transport nach Bukarest sorgten ). Abuladze. 0. Spânu und D. Zhvania für ein gutes Ge­lingen (Abb. 58).

35 Persönliche Mitteilung B. Kromer vom Mai 2011.

Der Anordnung der Scherben nach zu urteilen, kipp­te der große Pithos nach Westen um, wobei aber nur die untere Scherbenlage erhalten blieb, die obere fehlt komplett - somit ist vom Pithos nur die eine Hälfte erhalten.36 Dieser Pithos hatte seinen festen Standort im Haus: Abgesehen davon, dass er in die Lehmbank eingelassen war, besaß er auch ein hohes Eigengewicht und war nur schwer manö­vrierbar - sogar im Leerzustand sind heutzutage vier Träger nötig.

Der kleinere Pithos mit ca. 200 Liter Inhalt ist 76 cm hoch, sein ovaler Mündungsdurchmesser be­trägt max. 45 cm. Beide Gefäße sind stark verbrannt, weswegen sie ihre ursprünglichen Farbkomponenten verloren haben: im Jetztzustand sind sie orange-rot durchglüht, mit z. T. grau geschmauchten Flecken. Reste roter Farbe haben sich in den aufgerauhten Partien und Spuren weißer Paste in den breiten Ritzlinien, die die Kontur der Schlaufen vorgeben, erhalten. Ursprünglich mögen beide Pithoi in einer reduzierenden Atmosphäre dunkel gebrannt worden sein, was einen starken Kontrast zu den nachträg­lich aufgetragenen roten und weißen Farben gebil­det haben muss.

Die beiden Pithoi unterscheiden sich, abge­sehen von der Größe, formell nur wenig voneinan­der: bei dem großen Pithos ist die hochgezogene Schulter stärker gerundet, beim dem kleinen ist der Übergang vom hohen Hals zur Schulter fließender, der Schwerpunkt liegt tiefer, im Bauchbereich. Bei beiden ist auf dem hohen, konischen, leicht ovalen Hals eine Leiste unter dem Rand angebracht, wohl um eine Abdeckung darunter zu befestigen.

Ungewöhnlich ist das Fehlen von Knubben auf der Schulter, wobei aber die Griffe unter dem Bauch wie bei allen anderen Vorratsgefäßen vorhanden sind. Der konische untere Teil ist in beiden Fällen we­niger gut geglättet als der Hals, der Boden ist flach.

Auf beiden Pithoi gibt es zwei Hauptansichts- flächen, eine Vorder- und eine Rückseite (Abb. 64). Das Hauptmotiv ist auf dem Bauch angebracht: da der große Pithos nur zur Hälfte erhalten ist, kann auf die Verzierung der fehlenden Seite lediglich auf­grund des Vergleiches mit seinem Gegenstück ge­schlossen werden, die Rekonstruktion muss hypo­thetisch bleiben.

Beide Ansichtsseiten waren mit annähernd identischen Motiven verziert. Zwei ineinander grei­fende Spiralhaken bilden ein Muster, das als Dop-

36 Aus der Lage der Scherben kann die Fallrichtung des Gefäßes gut rekonstruiert werden: der Boden war bei 157,60/94,90 fest in der Lehmbank integriert, das Gefäß kippte von der Installation weg nach Westen und kam seitlich (unter Sauerstoffabschluss) auf dem jetzt dunkel angeschmauchten Unterteil mit den Repa­raturlöchern zu liegen. Auch vom Bauch und Hals liegen noch einige Scherben in direkter Falllage, andere Scherben sind leicht nach Süden abgerutscht bzw. im Laufe der Jahrtausende noch weiter südlich erodiert.

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pelhelix beschrieben werden kann. Je nach „Lese­richtung“ beginnen die Helices mit einem Dreieck, dessen Spitze in Laufrichtung weist, bzw. enden in einem mehrzinkigen, fransenartigen Motiv.37 Durch das polierte Helixband des kleineren Pithos verläuft eine zusätzliche Trennlinie.

Eine Diagonale trennt die beiden Hauptzier- flächen voneinander, wobei sich in den Zwickeln Ge­legenheit für die Anbringung eines emblemartigen Motivs bot: beim großen Pithos ist dies ein Kreis, in den ein Viereck eingezeichnet ist, aus dessen Ecken je ein Spitzoval mit der runden Seite zur Mitte hin­weist. Beim kleinen Pithos sind im Wechsel zwei Krei­se eingefügt - einer mit und einer ohne Punkte ent­lang des Umfangs. Ersterer wird von S. Hansen als das Abbild einer Metallscheibe gedeutet (Abb. 10).

Die Mehrdeutigkeit der Lesart - wo die Heli­ces anfangen und wo sie enden - und die Spiege­lung der Motive mit der Punktscheibe mal oben und mal unten, wird durch den Negativ-Positiv-Wechsel der Verzierung gedoppelt: als Negativ kann der auf­

Eine rundere Version dieses Musters in Graphit wird als „Tul- penzier“ bezeichnet: Dumitrescu u. a. 1983, 103 Abb. 8.7; Voi- nea 2005, Taf. 78,4 (Sultana); vgl. auch Hansen u. a. 2007, Abb. 28.

gerauhte, mit roter Farbe ausgelegte „Hintergrund“ verstanden werden, auf welchem sich die ursprüng­lich wohl polierten, durch den Brand matt gewor­denen Helices winden, die in besagtem „Fransen­motiv“ enden. Auch bei dem Emblem des großen Pithos wird mit der Reversibilität von Positiv/Nega­tiv-Motiv gespielt:38 je nach Lesart kann ein polier­tes, vierblättriges Motiv oder ein aufgerauhtes und rot ausgelegtes Malteserkreuz gesehen werden.39

Der dritte Pithos ist sehr viel schlanker und dünnwandiger und nicht nur ritzverziert, sondern auch mit Graphitbemalung versehen (Abb. 59): Auf dem konischen Hals folgen direkt auf das schmale Dreieckband unter dem Rand drei Register haken­förmiger Motive, die als eckige Variante der Tropfen mit fehlendem Segment gesehen werden können. Auf der Schulter sind diesmal vier Dreiergruppen von waagerecht durchbohrten Knubben angebracht; unterhalb dieser Knubben beginnt mit einem Halb­rund ein 4,4 cm breites Band mit acht parallelen

38 Palaguta 2007, 21 stellte diese Reversibilität, wonach sowohl das Negativ als auch das Positiv das Ornament sein kann, auch in der Keramik der Cucuteni-Kultur fest.

39 Da die Spitzovale unregelmäßig angebracht sind, ergibt sich daraus ein schiefes, unsymmetrisches Motiv, das wohl eher als Hintergrund denn als Hauptmotiv zu verstehen ist.

Abb. 59.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Vorratsgefäß P09J386CER02.04 mit Ritzverzierung und Graphitbemalung (Foto: S. Hansen; Zeichnung: C. Georgescu).

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Ritzlinien, welches diagonal über den Bauch ver­läuft und an den Griffen unter dem Bauch endet; die vier Griffe am Übergang zum Unterteil sind sym­metrisch verteilt und doppelt durchbohrt. Der eben­falls konische Unterteil ist, anders als der Hals, nur schwach geglättet, der Boden ist flach.

V e r g le ic h der Formen

Die drei Pithoi konnten noch während der Kam­pagne in Pietrele ergänzt und restauriert werden. Somit stehen nunmehr drei außergewöhnliche Ge­fäße der Forschung zur Verfügung, die eine neue Sichtweise auf die Herstellung und vor allem den Brennvorgang überdimensionierter Formen werfen. Zwar sind vor allem die beiden nicht nur hohen, sondern auch sehr breiten Pithoi sensationell, aber sicherlich nicht singulär im Repertoire der Gumelni- {a-Gefäße. Die Gründe dafür mögen sowohl in den weniger vorteilhaften Restaurierungsmöglichkeiten auf anderen Grabungen liegen als auch am schlech­ten Erhaltungszustand der meist im sekundären Brand zertrümmerten Gefäße.

Sogar in Pietrele selbst gibt es aus den Altgra­bungen Einzelstücke von Pithoi: so bildete Berciu eine 31,6 x 54 cm große Scherbe eines nicht näher beschriebenen Gefäßes mit eingeritzten Helices ab, das er in den 1940er Jahren fand (Abb. 61,2).40 Aber auch in den Kampagnen von 2004-2006 tra­ten immer wieder große Gefäßteile auf, die in Er­mangelung von Anschlussstellen nicht restauriert werden konnten. So sind Scherben eines Kegelhal­ses mit einer Leiste unter dem Rand auch aus den obersten Ablagerungen im südlichen Teil des Teils (Flächen E und F von 2004) überliefert. In dem obersten verbrannten Gebäude in Fläche F waren auch einige dickwandige, stark verbrannte und ver­zogene Wandscherben mit eingeritzten Schlaufen vorhanden, von denen wir jetzt wissen, dass sie zu dem Kegelhals dazugehörten. Auch sehr große Bo­denfragmente traten hier auf. Aus diesen einzelnen Teilen lässt sich somit gleichfalls ein ritzverzierter Pithos rekonstruieren. Eine weitere dickwandige Wandscherbe, die als Fragment eines Deckels ge­golten hatte,41 trat ebenfalls in Fläche F auf: das aus ) bekannte Emblem begegnet auch hier, allerdings sind die in ein Viereck eingeschriebenen Tropfen mit Ritzungen ausgefüllt und der „Hintergrund“ ist poliert. Der Wechsel von Positiv-Negativ-Mustern

40 Berciu 1956, Abb. 61. Leider liefert der Autor hierzu keine An­gaben, aber das Gefäß kann nur aus seinem Schnitt A vom Teil stammen (ebd. 505). Weitere Einzelteile von Pithoi werden von Berciu auch aus Palade beim Dorf loneşti, Gemeinde Petreşti (am Flusse Neajlov, Kr. Dîmboviţa) erwähnt: Berciu 1956, 536.

41 Hansen u. a. 2008, Abb. 38. Auf einer Schale aus Fläche F (P07F412CER01) ist dieses Motiv in Graphit wiedergegeben (ebd., Abb. 32).

tritt auch auf einem Gefäß aus P09F608 entgegen, aus einem Bereich, der am Südhang des Teils liegt, wo es zu Abrutschungen gekommen ist: eine Diago­nale teilt die Fläche in einen Bereich mit einer Helix und einen Bereich mit einem Kreis. Die erhaltene Höhe dieses Gefäßes liegt bei 50 cm, es mag ur­sprünglich ca. 80 cm hoch gewesen sein (Abb. 60).

Diese Höhe begegnet immer wieder bei kup­ferzeitlichen Großgefäßen: ein Blick in die Fachlite­ratur und in die unpublizierten Gefäße in Museen zeigt, dass im Gebiet der Unteren Donau bereits in der Dudeşti-Kultur 60-70 cm hohe Gefäße herge­stellt werden konnten.42

Im frühen Chalkolithikum der ersten Hälfte des 5. Jts. v. Chr. begegnen sowohl nördlich als auch süd­lich der Donau über 70 cm hohe Gefäße: im west­bulgarischen Gradeshnitza,43 im südbulgarischen Be­zirk Stara Zagora,44 aber auch im südrumänischen Vidra: das Gefäß mit konischem Unterteil, zylindri­schem Bauch und senkrechtem Hals mit Schulter­absatz ist 80 cm hoch.45 Ein formell sehr ähnliches Gefäß, das aber in die Phase Gumelniţa Ib datiert wird (um 4500v. Chr.), stammt aus Tangäru und misst 71,5 cm.46 In Vităneşti wurden vergleichbare Gefäßformen mit zylindrischem Körper und senk­rechtem Hals mit Schulterabsatz in die Stufe Gumel­niţa B l gewiesen (um 4250 v. Chr.).47 Ihre maximale Höhe liegt zwischen 60-65 cm.

Sollten diese Zuweisungen zutreffen, scheinen die großen Vorratsgefäße aus der zweiten Hälfte des 5. Jts. v. Chr. (KGK Vl-Komplex) in der älteren Tradition verhaftet geblieben zu sein. Auch aus dem spätkupferzeitlichen Horizont XIII vom Teil Ruse sind zwei Vorratsgefäße mit konischem Unter­teil, zylindrischem Bauch und senkrechtem Hals mit Schulterabsatz bekannt geworden, deren Höhe (dem beiliegenden Maßstab zufolge) 40 und 54 cm beträgt. Das angeblich mit Kerbschnitt verzierte Ge­fäß Nr. 124 ist mit roter und weißer Farbe ausge­legt, die Muster sind winkelartig.48 Gleichzeitig tre­ten auch die geschwungenen Formen mit Kegelhals und gewölbter Schulter auf: dazu gehört der 80 cm hohe Pithos aus Yunacite im Museum Pazardzhik (unpubliziert). Ein unpublizierter Pithos aus Căscioa­rele wird im Depot des „Muzeul Naţional de Anti­chităţi“ am Insitut „Vasile Pärvan“ in Bukarest auf­

42 Für die freundliche Überlassung von Photos aus dem Museum Craiova danke ich Dr. Laurens Thissen.

43 Николов 1974, 27, 74; für die Übermittlung von Fotos aus dem Museum Vratsa bin ich Bogdan Athanassov dankbar.

44 Kalchev 2005, 62 63: Die Vorratsgefäße mit Kegelhals und leicht gerundeter Schulter sind sowohl mit Einritzungen als auch mit Graphitbemalung verziert.

45 Neagu 1999, Abb. 87.46 Berciu 1961, Abb. 199,1 und 200.47 Andreescu u. a. 2003, 80 und Abb. 7,1.3.48 Cernakhov 2009, 82-83, Kat. Nr. 124-125.

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Abb. 60.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Vorratsgefäß P09F608 (Zeichnung:C. Georgescu).

bewahrt.49 Das Gefäß ist mit dem kleineren Pithos aus Fläche J sehr gut zu vergleichen: unter dem Rand verläuft eine Leiste mit Kerben, der Übergang von dem konischen Hals zum Bauch ist fließend, der ebenfalls konische Unterteil ist nur schwach ge­glättet. Die Verzierung mit zwei Hauptansichtsflä- chen zeigt im Negativ-Positiv-Wechsel ebenfalls He­lices, aber die Diagonale trennt diesmal nicht Kreise sondern „Ovale mit fehlendem Segment“. Seine ge­schätzte Höhe ist ca. 80 cm.

V e r g le ic h der V e r z ie r u n g e n

Fünf Wandscherben mit Negativ-Positiv-Ritzdekor aus Tangäru (Phase Gumelniţa Ic) werden als Schale mit einem Durchmesser von über 40 cm rekonstruiert (Abb. 61,1). Der Schlaufendekor mit aufgerauhten und rot ausgelegten Bändern, begleitet von weißen Linien, kontrastiert sehr gut mit dem schwarz-polier-

49 Mein Dank gilt Frau S. Marinescu-Bîlcu für die Möglichkeit, die­se Sammlung zu besichtigen.

ten Hintergrund.50 Aus Fläche В vom Teil ist ein ebenfalls schwarz gebrannter Deckel mit Schlaufen- und Kreismotiven mit Resten weißer Farbe überlie­fert.51 Diese Farbgebung mag auch auf die Pithoi aus Pietrele zutreffen, wie aufgrund eines unver­brannten Wandfragmentes aus Fläche M anzuneh­men ist.

Die Helix gehört ebenso zum Motivschatz der KGK Vl-Kultur wie der weit verbreitete „Wellende­kor“ . Schlaufen- und spiralförmige Helices sind auf den oben erwähnten Pithoi aus Căscioarele, Yunaci- te und Stara Zagora überliefert, aber auch auf klei­neren, nur 30 cm großen Töpfen.52 In Catalka bei Stara Zagora z. B. sind spiralförmige Helices auch auf nur 12 cm hohen, aber gleichfalls geschlossenen Gefäßen in Graphit aufgemalt.53 Im Inneren von

50 Berciu 1961, Abb. 233.51 Hansen u. a. 2007, Abb. 31.s2 Măgura Ţui bei Golăneşti, Kr. Teleorman: 30 cm hohes Schul-

tergefäß:http://europeana.cimec.ro/detaliu.asp?k= C3542223DDCC41E6A730CE3C6E2BE184

53 Kalchev 2005, 24.

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Abb. 62.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. Vier blatt/Kreuzmotiv. Helices mit verdickten Enden und Zierschieben mit Punktumrandung.

Helices in Spiralform treten in der Cucuteni- A-Siedlung von Truşeşti (Kr. Botoşani) auf (Abb. 61,3): Ihre Lesart wird durch eingestochene Punkte vorge­geben, rote und weiße Farbe wurde ebenfalls auf­getragen.60 Ineinandergreifende Spiralhaken oder einfache Haken werden in Präcucuteni noch einge-

60 Şantierul Valea Jijiei 1952, 67 und Abb. 6a c.

Abb. 61.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik.

Großgefäße mit Schlaufen-, Helix-und

Hakenmotiven.

Schalen und Bechern tritt dieses Motiv selten auf,54 es scheint hauptsächlich auf geschlossene Gefäße und auf Deckel beschränkt zu sein. Gefäße mit ein­geritten, ineinandergreifenden Schlaufen und zu­sätzlicher weißer Inkrustation sind aus dem gesam­ten Gebiet der KGK Vl-Kultur bekannt, erreichen aber nicht die Höhe der Gefäße aus Pietrele.

Auch in der Cucuteni-Kultur werden die einge­ritzten, ineinandergreifenden Schlaufen von weißer Inkrustation begleitet.55 Die einzelnen Ziermotive reichen bis weit in die PräcucuteniAripol’e A-Zeit zurück: Ein häufig wiederkehrendes Motiv ist die Helix. Sie begegnet als langgezogene Schlaufe, wie z. B. in Izvoare I:56 Die Enden der Helix sind mit kurzen Strichen markiert, die gleichfalls als Fransen gedeutet werden könnte. Die Bänder sind nicht aufgerauht, sondern mit regelmäßigen, senkrechten Linien eingeritzt.57 Die Variante mit leicht aufge­fächerten Enden wird als Schlangen-58 oder sogar Drachenkopf59 gedeutet (Abb. 62,2).

54 Im Inneren einer Schale aus Tangaru ist eine Helix mit Graphit aufgemalt (Berciu 1961, Abb. 222,1), auf einer anderen ist eine Schlaufe wiedergegeben (ebd., Abb. 223,2). Aus dem ältesten KGK Vl-Horizont in Ovcarovo sind Helices im Inneren einer Schale im Negativ ausgespart (Тодорова 1976, 92 Abb. 3).

55 Платонов/Тарута 2004a, 143, 278-282, 296; Palaguta 2007.56 Vulpe 1957, Abb. 64,3 und 65. Mehrere Scherben bilden den

Hals eines geschlossenen Gefäßes, auf dessen größtem Um­fang eine senkrecht durchbohrte Knubbe angebracht ist (sie wird als Unterteil eines Gefäßes abgebildet).

57 Vgl. auch das Gefäß aus Präcucuteni I (Dumitrescu u. a. 1983, Abb. 8,1).

58 Palaguta 2007, Abb. 91.59 Zbenovic 1996, Taf. 40.

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ritzt, in Cucuteni A dann mit weißer Farbe aufge­malt.61 Die Außenseite einer hohen Fußschale aus Izvoare II ist mit einer Kombination von Motiven versehen, wie sie auch in Gumelniţa sehr häufig vorkommt: „Wellen“ und „Tropfen“ werden im Ne­gativ ausgespart. Die Schale wird von Vulpe in die Stufe Protocucuteni gewiesen, die Cucuteni A l-2 entsprechen würde.62 Ebenfalls mit weißer Farbe ist eine Fußschale aus Ariuşd bemalt: die Helices sind im Negativ dargestellt, so wie auch das Kreis- bzw. Scheibenmotiv.63

Ein zentrales Motiv des Präcucuteni-Zierschat- zes bildet die Punktscheibe. Sie ist meist auf dem größten Bauchumfang angebracht (Abb. 62,3).64 Nur selten ist sie hingegen im angrenzenden Gebiet der Stoicani-Aldeni-Kulturgruppe vorzufinden.6S In der KGK Vl-Kuttur bildet sie ebenfalls eine Ausnah- meerescheinung: obwohl das Motiv des Kreises häufig auftritt sind nur wenige Beispiele mit Rand­punkten bekannt.66

Auch das Vierblatt-Motiv ist in Präcucuteni häufig zu finden. Es kann sowohl als Einzelmotiv auf Gefäßknäufen platziert sein,67 tritt aber häufiger auf dem größten Gefäßdurchmesser auf.68 Auf ei­nem als „Altar“ gedeuteten hausartigen Modell auf Stelzen aus Okopy tritt das Motiv sowohl auf den Wänden als auch auf dem Boden auf (Abb. 62Д).69 In Izvoare wird dieses Motiv zuerst eingeritzt, dann aber in Cucuteni A mit weißer Farbe wiedergege­ben.70 In den ersten beiden der vier Cucuteni A-Stu- fen (A1-A2) sind demnach noch klare Anklänge an die Motive der vorangehenden Präcucuteni-Zeit vor­handen.

Zeitgleich mit Präcucuteni sind im Gebiet der Unteren Donau die spätneolithischen Kulturen Vä- dastra, Boian und Hamangia. Von der küstennahen Hamangia-Kultur sind Wellenmotive erst aus der letzten Stufe (Hamnagia IV) überliefert.71 In der Vä-

61 Vulpe 1957, Abb. 64,2 und Abb. 101. Dieses Motiv wird in Pie­trele als „Welle“ gedeutet: es tritt im gesamten Verbeitungs- gebiet der KGK Vl-Kultur auf (vgl. Todorova N. 2003; Voinea 2005).

62 Vulpe 1957, Abb. 97.63 Berciu 1961, Abb. 274.64 Hăbăşesti (Palaguta 2007, Abb. 76,5.7-10); Cuconeştii Vechi

(ebd. Abb. 50,4); Berezovskaya GES (ebd. Abb. 82,5, 9); Traian- Dealul Viei (Marinescu-Bîlcu 1974, Abb. 28,4 und 46.9).

65 Dragomir 1983, Fig. 46 [aus Bäneasa).66 Auf einer für die Gumelnita-Kultur untypischen, aber in der Varna-

Kultur häufig auftretenden Gefaßform aus Sultana sind kurze Striche am inneren Umfang eingeritzt (Voinea 2005, Taf. 14,3).

67 Palaguta 2007, Abb. 30,4 oder 57,13; Marinescu-Bîlcu 1974, Abb. 61,4.

68 Tripol’e A-Funde aus der Sammlung Platar (Платонов/Тарута 2004a, 460) und aus dem Museum Odessa (ebd., Платонов/ Тарута 2004b, 330 und 400).

69 Zbenovic 1989, Abb. 78; ders. 1996, Taf. 39.70 Vulpe 1957, Abb. 58,2 und Abb. 120,4: Izvoare I und II.71 Todorova H. 2002b, Taf. 37 oder Taf. 60.

dastra-Keramik hingegen begegnet das Motiv der Helix in Kerbschnitttechnik,72 auf Boian-Gefäßen ist die Spirale häufig eingeritzt, zusätzlich gibt es auch eine Variante in Winkelform.73 Somit geht der Mo­tivschatz der Gumelniţa-Keramik eindeutig auf spät- neolithische Verzierungen zurück, aber das Bildpro­gramm in dieser Komplexität, wie es auf den Pithoi aus Pietrele zu sehen ist, gibt klare Bezüge zum nordwest-pontischen Waldsteppengebiet zu erken­nen.

Weitere komplex verzierte Gefäße aus Fläche )

Die Erhaltung der 37 Gefäße in dem verbrannten Gebäude ist ihrer Lage entsprechend sehr unter­schiedlich (Abb. 63): in den oberen 30 cm der Kul­turschicht (30,80-30,50 ü NN) ist der Zustand frag­mentarisch, es fehlen große Teile der Gefäße, so dass einige nicht mehr zu restaurieren sind. Auch von dem großen Pithos, der seitlich umgefallen war, blieb nur die unten aufliegende Hälfte erhal­ten, die obere mag wegerodiert sein. In besonders schlechtem Erhaltungszustand waren die Gefäße westlich des Ofens. Wie bereits beschrieben,74 war dieser Ofen aus seiner ursprünglichen Position ver­schoben - womöglich fanden hier aber auch noch nachträgliche Eingriffe statt.

Zwei Schultergefäße und ein Deckel sind mit breiten Ritzlinien in Schlaufenzier versehen (Abb. 64; 65). Auf der hochgezogenen Schulter und dem Bauch des Gefäßes verlaufen die horizontalen, lang­gezogenen Ovale mit Mittellinie in sieben parallelen Reihen etwas versetzt zueinander. Der Unterteil ist konisch, aufgerauht und war ursprünglich mit wei­ßer pastoser Farbe bestrichen, so wie auch die Ritz­linien weiß ausgelegt waren. Dieses Motiv ist aus den oberen Ablagerungen vom Teil bekannt.75

Die Muster auf dem ritzverzierten Deckel sind in typischer Gumelniţa-Manîer durch eine Vierteilung der Außenfläche in je zwei gegenüberliegende Paare angeordnet, die aber miteinander verbunden sind. Auch hier ist die Lesart doppeldeutig: folgt man den breiten Bändern, kann man je zwei ineinander­greifende Spiralen (Helices) erkennen, seitlich da­von je ein Spitzoval mit fehlendem Segment. Folgt

72 Berciu 1961, Abb. 4.2 4 und 269-270.73 Neagu 2003, Taf. LI und LXXIV; Berciu 1961, Abb. 8-9;

Abb. 170 189 (zwischen diesen Fragmenten sind auch einige Präcucuteni-Importe: vgl. Abb. 177,4-7 mit Abb. 256; dabei handelt es sich um Scherben mit Wellendekor); Dumitrescu u. a. 1983, Abb. 7; Comşa 1987, Umschlagbild und Abb. 44.

74 Hansen u. a. 2010, 5 und Abb. 5 6. 43 96.75 Au5 dem oberen verbrannten Westhaus (P04B004: Hansen

u. a. 2005, Abb. 18,5), aus der Süderweiterung der Fläche В di­rekt unter dem verbrannten Haus (P08B427: Hansen u. a. 2009, Abb. 37,6) und aus der Gasse in Fläche F (P07F426 und P07F441: Hansen u. a. 2008, Abb. 39).

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Abb.

63.

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Abb. 64.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. Schul- tergefaß P09J387CER01 mit Ritzverzierung und weißer Inkrustation (Foto: S. Hansen).

man aber dem Verlauf des schmalen Bandes, ergibt sich ein doppelspuriger S-Haken, der aber auch die Spitzovale in seine Windungen einbindet (Abb. 65). Wie auf den graphitverzierten Deckeln und Schalen sind auch hier die Motive um einen Mittelpunkt ro­tierend angelegt. Die Ritzlinien waren mit weißer Farbe ausgelegt, die im Falle des Deckels gut mit der dunklen Oberfläche kontrastieren; womöglich war das jetzt rot durchglühte Schultergefäß ähnlich wie der Deckel ebenfalls ursprünglich dunkel ge­brannt.

Trotz dieser reichen Ziersprache wurde Graphit als Informationsträger nur sehr selten angewendet. Abgesehen von dem bereits beschriebenen koni­schen Hals des Gefäßes P09J386CER02.04 fand sich noch ein Becher mit Schlaufendekor, der in sehr fei­nen Linien aufgetragen worden war (Abb. 66).

Sogar die Barbotine-Gefäße aus diesem Haus­inventar waren mit komplexen Mustern versehen. Gewöhnlich verlaufen die Grate linear oder folgen leicht gebogen der Gefäßwölbung - sei es auf der Schulter von geschlossenen Gefäßen oder auf De­ckeln (Abb. 67,13.16). Auf dem tiefen Topf aus P10J416CER01 hingegen beschreiben die Leisten in vier identischen Mustern geometrische Formen wie Dreieck, Haken oder Halboval (Abb. 63).

Dieses sehr komplexe „Bild-“/Zierprogramm aus der Außensiedlung steht der Motivvielfalt auf den Gefäßen vom Teil in Nichts nach.

Abb. 65.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. De­ckel P09J386CER03800 mit Ritzverzierung und weißer Inkrustation (Zeichnung:I. Berdzenishvili).

Das Scherbenmaterial aus dem unverbrannten Gebäude in Fläche J

Aus der dünnen Ablagerung mit Resten eines unver­brannten Hauses zwischen ca. 29,80 und 29,60 m ü NN stammen nur 1.092 Scherben, von denen 340 (also 31%) sehr klein und nur 28 (2,5%) sehr groß

Abb. 66.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. Becher P10J440CER03 mit Graphitbemalung (Foto: T. Vachta).

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Abb. 67.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fläche L,

Keramik. Gefäße und Gefäßfragmente (Fotos:

T. Vachta; Zeichnungen: K. Brandt, A. Găvan,

M. Novâk, T. Vachta).

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sind. Abgesehen von einem Boden, der sich zusam­menfügen lässt, sind die Fragmente nicht restaurier­bar. Aus typologischen Gesichtspunkten sind keine großen Unterschiede zur Keramik des verbrannten Gebäudes festzustellen: Die 146 diagnostischen Scherben gehören dem Spektrum der bereits be­kannten Gefäßformen an, wobei die Fragmente von Schalen mit über 60 Scherben überrepräsentiert sind, gefolgt von Becher- und Deckelfragmenten. Ein vergleichsweise hoher Anteil von 17 Scherben (11%) ist mit Graphit bemalt.

Erwartungsgemäß hätte sich die Zahl der Scherben mit Spreumagerung im Vergleich zum ver­brannten Haus steigern sollen, aber dies ist nicht der Fall. Nur 3,5% des Materials weist vegetabile Einschlüsse auf - die Verzierungen auf diesen Scher­ben sind wiederum eingeritzt (geometrischer Dekor dreimal) oder einpoliert (ripples zweimal).

Gemessen an den Keramikinventaren lag zwi­schen dem Errichten des älteren Gebäudes und der Aufgabe des jüngeren kein großer zeitlicher Abstand. Dieser Einschätzung widerspricht das u C-Datum MAMS-12428, da es keine Überschneidung mit dem jüngeren Datum MAMS-12429 gibt (Abb. 25), wohl aber mit dem Datum MAMS-11102 aus Fläche G, in welcher das bislang typologisch älteste keramische Material aus Pietrele lag. Solange aber keine mo­dellierbaren Datenserien aus diesen Bereichen vor­liegen, soll von weiteren Aussagen zur absoluten Chronologie abgesehen werden.

Die Keramik aus Fläche L

Aus Fläche L stammen nur 10 restaurierbare Gefä­ße, der Großteil der Keramikfragmente ist sehr stark zerscherbt (nur 9% der Scherben sind größer als 6 x 6 cm). Es sind jedoch alle Zierstile vertre­ten, wie sie aus den obersten Ablagerungen vom Teil bekannt sind: Graphitbemalung in dünnen Stri­chen auf meist Becherformen, Ritzverzierung, Ein­stich- und Einschnittverzierung, plastische Zier und - dies nur in Verbindung mit Barbotineauftrag - Fingertupfenleisten und Doppelknubben (Abb. 67). Dementsprechend passt die in Mannheim durch­geführte ^C-Datierung MAMS-11100 mit 4346- 4268 cal BC mit der typologischen Bewertung gut überein (Abb. 25). Da in dieser Fläche die Untersu­chungen noch nicht abgeschlossen sind, wird auf eine ausführliche Besprechung einstweilen verzich­tet.

Die Keramik aus Fläche M

In Fläche M lagen 85 komplette oder restaurierbare Gefäße, die, wie die beiden Häuser aus denen sie stammen, zum Teil stark verbrannt sind. Ein Deckel trat bereits im Kolluvium direkt nördlich vom West-

Haus auf, in dem Haus selbst konnten 10 Gefäße verortet werden. 71 Gefäße stammen aus dem Ost- Gebäude, dessen östliche und südliche Bereiche un­ter den jeweiligen Profilen verschwinden. Im 3,5 m breiten Streifen zwischen den Häusern konnten drei Boian-Gefäße aus dem Scherbenmaterial zeichne­risch rekonstruiert werden.

So wie in Fläche J lagen auch in diesen beiden Gebäuden die Mahlinstallationen in der NO-Ecke, westlich und südlich davon streuten die dichten Scherbenpackungen (Abb. 29). In beiden Häusern sind Teile je eines Pithos erhalten, doch sind diese noch nicht restauriert. Daneben sind auch zahlreiche Becher und Schalen vorhanden. Zu­dem traten in diesem Areal aber auch Gefäße auf, die in Pietrele bislang nicht nachgewiesen werden konnten. Dazu gehören kleine, geschlossenen Ge­fäße von leicht sackartiger Form,76 kegelförmige Deckel mit Innenring (Abb. 69), ein Deckel mit nach außen gebogenem Rand („Sombrero“ Abb. 71) oder ein Deckel mit waagerechter Lochung in der Kegel­spitze.

Die Gefäße aus dem Osthaus in Fläche M

Noch ist die Keramik aus Fläche M nicht abschlie­ßend restauriert, so dass die folgenden Angaben vorläufiger Art sind. Eine nähere Betrachtung bietet sich vor allem für das Inventar aus dem Gebäude im Osten an: mit 71 restaurierbaren Gefäßen gehört es zu den reichsten der Außensiedlung. Wie auch innerhalb der Keramik vom Teil ist das Verhältnis von geglätteten und mit Schlicker versehenen Ober­flächen sehr ausgewogen (28:25). 18 Gefäße sind verziert, wobei die plastische Zier mit elf Beispielen deutlich überwiegt. Zwei Krüge sind mit Fingernagel­eindrücken versehen. Häufig werden unterschiedli­che Ziertechniken kombiniert: so tritt zwei Mal plas­tischer Dekor zusammen mit Ritzverzierung auf. Ein Becher ist zusätzlich noch mit Graphit bemalt, ein Pithos mit roter Farbe. Dennoch, trotz dieser großen Kollektion sind insgesamt nur drei Gefäße mit Gra­phit bemalt (2 Becher und ein Deckel). Die diagona­len und annähernd horizontalen Linienbündel auf den Rändern der Becher sind vergleichbar mit den Mustern auf dem hohen Hals von P09J386CER2.4 (Abb. 59).

Auch in diesem Gebäude können trotz des chaotischen Zusammensturzes Agglomerationen von bestimmten Gefäßen ausgemacht werden: im öst­lichen Hausbereich lagen auf einem knappen Qua­dratmeter 12 der insgesamt 14 Becher (Abb. 68). Nur zwei sind außen bemalt, aber einige weisen Knubbenzier auf, wie sie vom Teil auf diesen For­men nur aus den älteren Ablagerungen in Fläche F

76 Vgl. bei Berciu 1956 und Voinea 2005, Taf. 35,1-2.

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Abb. 68.

Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fläche M, Osthaus. Keramik.

13 Becher und eine Schale (Dm Becher

7,5-13,20 cm. Dm Schate 17,50 cm; Fotos: S. Hansen und T. Vachta; Zeichnung:

E. Fejer).

Abb. 69.Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fläche M, Osthaus. Keramik. Kleine, geschlos­sene Gefäße mit Deckel (Zeichnungen: T. Vachta).

bekannt sind. Ebenso fallen die hohen Hälse auf. die einen älteren Einfluss verraten.77 Gleich südlich davon schloss sich ein Bereich mit ebenfalls kleinen Gefäßen an, einige mit passendem Deckel. Drei von den Gefäßen (Abb. 69,1-3) sind sehr untypisch für Pietrele, da sackartige Formen auf dem Teil bislang nicht auftraten. Auch für das tonnenartige Gefäßchen mit Knubben und Griffen gibt es keinen direkten Vergleich.78 Selbst einige Deckelformen sind vom Teil nicht bekannt: einen „Sombrero“-artigen Deckel (Abb. 71) fand Schuchhardt in Cernavodă, in einem älteren Gumelniţa-Kontext.

77 Becher mit sehr hohem Hals sind in Pietrele aus der Sondage D von 2002 bekannt (Hansen u. a. 2004, Abb. 20,2); ein anderer stammt aus dem unverbrannten Haus in Fläche В (P05B140: Hansen u. a. 2006, Abb. 30). Vgl. auch Berciu 1961, Abb. 199,2 und 253,3 (aus Gumelniţa I), Abb. 239,4.5 (aus Gumelniţa II) und Abb. 259 (aus BoianV-Gumelniţa I).

78 Diese Form ist aus Präcucuteni bekannt (Cucuteni 1997, 177 Kat. Nr. 3).

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Auf den westlichen Hausbereich hingegen wa­ren hauptsächlich die großen Gefäße mit oder ohne Barbotineauftrag verteilt. Ein noch nicht fertig res­taurierter Pithos weist einen hohen Kegelhals mit Randleiste auf; mit Ritzbändern verzierte Schulter­teile lagen etwas weiter nördlich. Eines dieser Frag­mente mag die ursprüngliche Farbgebung beibehal­ten haben, denn es ist nicht rot durchglüht: die polierten Bereiche sind grau, die aufgerauhten mit roter Farbe ausgelegt, jedoch hat sich in den brei­ten Rillen dazwischen die weiße Farbe nicht erhal­ten.

Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich bei den Vorratsgefäßen um offene Formen: nur ein Zy- linderhalsgefäß und ein geschlossenes Gefäß mit umlaufendem Ring unter dem Innenrand, die bei­den größten Gefäße neben dem Pithos, haben eine enge Mündung. Ungewöhnlich ist das vertikale Fin­gertupfenband auf einem tiefen Topf - diese Form trägt meist vertikale Schlickergrate (Abb. 70). Auch die sehr sorgfältig angebrachten Grate auf einem Topf mit Ausguss sind einzigartig (Abb. 72). Auch die drei Krüge sind verziert: einer mit Fingerzwi­cken, ein anderer mit Nageleindrücken und ein dritter mit umlaufenden Ritzbändern und Knubben. Sie lagen ebenfalls im westlichen Hausbereich. Die Schalen hingegen streuen über den gesamten Be­reich. Fünf davon haben eingerollte Ränder, die sechste einen verdickten Rand; bemalt ist keine.

Das Formenrepertoire gleicht zum Großteil je­nem vom Teil, aber es treten auch Gefäße auf, die ältere Entsprechungen haben mögen als das bis­lang vom Teil Bekannte. Allerdings weisen die Gefä­ße aus M keine konkaven Wandungen auf, wie sie in der Fläche G mit den bislang ältesten Keramikin- ventaren zahlreich waren. Aus typologischen Erwä­gungen scheint es deswegen angebracht, dieses Ge­fäßinventar zwischen das ältere aus Fläche G und das jüngere aus Fläche J zu datieren, zeitgleich mit den Gefäßen aus den mittleren Ablagerungen vom Teil.

Schlussfolgerungen

Die Areale am Fuße der Tellsiedlung waren folglich nicht alle gleichzeitig in Nutzung. Die bislang typo- logisch ältesten Formen konnten in Fläche G be­stimmt werden.79 Auch in Fläche M ist der Anteil an Spreumagerungen höher als in anderen Bereichen, die meisten Scherben stammen aber aus den Au­ßenbereichen und nicht aus den Hauseinheiten. Die Gefäße aus Fläche J hingegen gehören aus typolo­gischen Erwägungen an das Ende der Gumelniţa- Kultur.

(A. R.)

Abb. 70.Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. Tiefes Gefäß P10M625CER17 (Foto: T. Vachla).

Abb. 71.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. Deckel P10M649 (Foto: T. Vachta).

79 Hansen u. a. 2010, 67.

Abb. 72.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik. Gefäß P10M649CER48 mit Ausguss (Foto:T. Vachta).

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Abb. 73. Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Töne-

res Objekt („Altar“). (Foto: S. Hansen).

Abb. 74.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Tönernes

Objekt („Altar“). (Foto: S. Hansen).

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Die Kleinfunde

Unter den Kleinfunden aus der Grabungssaison 2009 besonders hervorzuheben ist ein selbständig ste­hendes flaches Tonobjekt mit sorgfältiger Zier auf Vorder- und Rückseite (Abb. 73; 74), das in Fläche F unter dem verbrannten Haus gefunden wurde. Hin­weise auf seine Funktion gibt der Fundkontext lei­der nicht. In der Literatur werden diese Objekte als „Altäre“ bezeichnet. Formal sind nur die deutlich kleineren Objekte aus Ovcarovo und Ruse vergleich­bar.80

Unter den Funden aus Fläche F auf dem Sied­lungshügel ist ein grüner, transluzider Beilanhänger (Abb. 75) erwähnenswert. Nach der freundlichen Auskunft von P. Petrequin handelt es sich um Nephrit oder Serpentinit.81 Nach den bisherigen Re­cherchen ist dies ein für Südrumänien singuläres Stück. Vergleichbare Beilanhänger sind in größerer Zahl in Frankreich verbreitet82 sowie in Mittel- und Süditalien.83 Meist handelt es sich um Einzelfunde, die traditionell jünger, in das 4. Jt. v. Chr. eingestuft werden. Hier sind noch weitere Recherchen notwen­dig. Insgesamt dürfte aber der Beilanhänger im Zu­sammenhang mit der Rezeption der Jadebeile im westpontischen Raum Zusammenhängen.

Die Kleinfunde aus der Außensiedlung sind im Vergleich zum Siedlungshügel zahlenmäßig relativ

Abb. 76.Pietrele. Rumänien. Teilsiedlung Măgura Gorgana. Fragment einer Tierfigur, vermutlich ein Ferkel (Foto: S. Hansen).

80 Ovcarovo: Todorova H. 1982 Abb. 33; Ruse: Cernakov 200981 Die Alpen dürften als Herkunftsort für das Gestein ausscheiden.

Für die vorläufige Bestimmung aufgrund des Fotos danke ich Lutz Klassen und Pierre Petrequin.

82 Bordreuil u. a. 200883 Skeates 1995

wenige. Dies könnte mit den erosionsbedingten Ver­lusten Zusammenhängen. Auffallend ist, dass nur wenige Knochengeräte zum Vorschein kamen. Ins­gesamt ist aber nicht erkennbar, dass bestimmte Objektgruppen in der Außensiedlung gänzlich feh­len. Aus Fläche J stammen Fragmente von tönernen anthropomorphen Statuetten und das Fragment ei­ner hohlen Tierfigur, wohl eines Ferkels (Abb. 76), eine Geweihaxt und eine Harpune. In Fläche M fan­den sich Tongewichte sowie immerhin eine Kup­ferahle, in Fläche G Statuettenfragmente und eine Knochennadel (Abb. 77). Interessant ist die frühe Datierung des Befunds in Fläche G, wodurch das bislang angenommene zeitliche Verhältnis von kup­fernem „Vorbild“ und beinerner „Nachbildung“ in Frage gestellt wird. In Fläche L fanden sich Statuet­tenfragmente und eine Spondylusperle.

(S. H.)

Copper finds from 2009 and 2010

During the last two campaigns of archaeological ex- cavations in Pietrele we discovered a total of 21 copper objects in different trenches and features of the teil (trenches В and F) and in the flat settlement around the teil (trenches G, J and M; Abb. 5).

Abb. 75.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Grüner Beilanhänger (Foto: S. Hansen).

Abb. 77.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Knochen- und Kupfernadel. Vorbild und Nachahmung? (Foto: S. Hansen).

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Trench В

The Situation in trench В was determined by the fact that due to excavation strategies in the year 2009, only a narrow area along the Southern part of the trench, on the perimeter of the burned struc- tures discovered in 2008, was excavated. In the ex- cavated area the northern parts of two burned structures were identified: one to the east and one in the centre-west of trench B. Only one copper ob- ject, the fragment of an awl, was found in the east- ern burnt structure. The four objects (тот the cen- tral-west structure, most of them fragments, could not be assigned to any category. Here it is worth mentioning a “droplet” of copper that was in the clay of a vessel body and visible on its surface. This was not a singular case, since the fragment of a vessel with a droplet of copper on the inner sur­face was also identified in trench F.

Trench F-North

The copper inventory of the central house exca­vated in 2009 and 2010 consîsts of four objects: а hook (fragment), an awl, some copper traces on а burnt piece of clay and one small “droplet” of cop­per in the clay of a shard. Inside the burnt house, in the area of the oven, a post hole was observed. This post hole was dug in the course of construc- tion in the upper level. A small piece of copper sheet was found in the fill of the post hole. From the grey material of the Street oriented north-south two copper objects were recovered: the fragment of a hook and the fragment of an awl.

During the cleaning of eroded profiles at the beginning of the two campaigns, five copper ob­jects were recovered: in 2009 one fragment of а copper ring and one fragment of a copper hook; in 2010 one drill with a bone handle, one awl and one prismatic figurine with a copper earring in the left ear (Abb. 78,1).

Trench F-South

Four copper objects were discovered in the area of the burnt house in trench F-south: a copper pin with a double spiral head, a ring, an awl and the fragment of another ring (Abb. 78,2.3.5).

Trench G

In 2009 we started investigations in the flat Settle­ment around the teil. At the end of that season no copper artefacts had been discovered in that area;

however, two bone pins of similar shape like those made of copper were found in trench G (Abb. 77). The two bone pins are comparable with the pin8'* found in the burned house in trench F on the teil (P09F107-0070). In 2010 two copper artefacts were discovered in trenches J and M in the flat Settle­ment.

Trench J

A rectangular object found in 2010 in trench J was found in the Southern part of the profile in the col- luvium. Thus, we cannot assign this object to a spe­cific structure, since all of the material in this upper layer is from the Late Neolithic to the Middle Ages and mixed together.

Trench M

In 2010 a new trench was opened in the flat Settle­ment around the teil. Under ca.l m thick colluvium, the debris of two burnt buildings was removed. А copper awl was discovered among/near the sherds of the big storage vessel P10M625CER11 in the eastern structure (Abb. 78,4; 79).

Although from a typological point of view the artefacts discovered in the last two campaigns are well known from Gumelniţa settlements, some is- sues still need to be pointed out here. The pre- sence of the small copper “ droplets” in the clay of two vessels could suggest that the pots were mod- elled in the same place where copper objects were also present or perhaps even produced. It is also possible that copper objects were part of the pot- ters’ toolkit; and in this case the presence of cop­per in the clay could be explained as deriving from the production of the vessel.

Meanwhile with a total of 233 artefacts, the number of copper objects in Pietrele is very high, especially when compared to other teil settlements of the Gumelniţa culture. Intriguing is the presence of bone pins of similar shape like those made of copper. For the moment it is not possible to estab- lish the anteriority or posteriority of the one or the other type; nonetheless, the lack of metal as a rea- son for the imitation of this type of metal pin in bone сап be ruled out. In either material the sym- bolic value of this type of object should not be ne- glected.

Analysis of the complete inventories in houses on the teil in comparison to those in the flat Settle­ment will aid in gaining a better understanding of the presence or the absence of copper artefacts in the different dwellings.

84 See contribution of H. Nörgaard ir this report.

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Fig. 78.Pietrele, Romania. Cop- per objects. 1 Prismatic figurine with copper earring, Trench F north (drawing E. Gavrilä); 23-5 Copper objects from the burnt house, Trench F south (draw- ings C. Georgescu);4 Copper object (тот the burnt structure, Trench M (drawing E. Gavrilä).

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Flg. 79.Pietrele, Romania. Copper and bone pins (photograph

S. Hansen).

Catalogue of the copper finds made 2009 and 2010

Trench ВEast house (burnt)

1. Fragment of a copper awl, very corroded, shaft with

rectangular cross-section. L 2.8 cm, Wgt 1.6g; P09B758

West house (burnt)

2. Very small copper traces, impossible to be recovered, P09B712

Rg. 80.Pietrele, Romania. Trench B. Copper

“droplet” in the clay body of a vessel (pho­

tograph S. Hansen).

3. Copper fragment, unidentifiable type. L 1.4 cm, Wgt 0.8 g,

P09B7414. Copper fragment, rectangular shape, unidentifiable type,

possibly a fragment of copper ore. L 4 cm, Wgt 0.4 cm, P09B765

5. Small "droplet” of copper in the clay of the vessel

P09B766CER02 (Abb.80)

Trench F-North

Central house

6. Fragment of a large copper hook, very corroded, madefrom a copper bar with rectangular cross-section. L 4.1 cm,

Wgt 6.4 g, P09F1857. Ceramic fragment, heavily burnt. On the interior surface

a small “ droplet” of copper was observed in the clay

vessel P10F333 (Abb. 81)8. Copper awl, fragment, rectangular cross-section. L 5.7 cm,

Wgt 1.6 g, P10F3549. Copper traces on a heavily burnt piece of clay, P10F365

Grey Street (north-south)

10. Copper fragment with rectangular cross-section, prob-

ably a part of a hook. L 1.9 cm, Wgt <1 g, P09F12811. Distal end of a copper awl with rectangular cross-sec-

tion and sharpened point. L 3.1 cm, Wgt 1.2 g, P09F283

Post hole

12. Small fragment of copper sheet, rectangular shape. L. 0.9 cm, Wgt 0.6 g

Cleaning the profiles of trench F-North

13. Fragment of a copper ring, corroded, made from a cop­per band with rectangular cross-section. L 1.4 cm, Wgt

0.2 g, P09FXXX14. Fragment of a copper hook, made from a copper band

with rectangular cross-section and sharpened point.

L 1.4 cm, Wgt <1 g, P09FXXX15. Prismatic figurine with a copper earring in the left ear.

The right side of the head of the figurine is broken; however, in view of the strong green pigmentation of

the bone it is very possible that the figurine also had

a copper earring in the right ear. The copper earring

is not complete; only half of it is preserved. It was

made from a thin copper wire with round cross-section.

D 0.7 cm, Wgt <1 g, P10F30016. Copper drill with bone handle. The bone handle was

broken in many pieces. Shaft with rectangular cross- section (proximal end) and round cross section (distal

end). L 2.8 cm, Wgt 2.6 g, P10F30017. Seven fragments of a copper awl, very corroded. Shaft

with rectangular cross-section (proximal end) and round

cross-section (distal end). L 5.7 cm, Wgt 3 g, P10FXXX

Trench F-South

Bumt House

18. Copper pin (broken in two matching parts) with double

spiral head, rectangular cross-section (proximal end)

and round cross-section (distal end). L 15.6 cm, Wgt 17,2 g, P09F172

19. Fragments of a copper ring very corroded, L. 1.2 cm,

Wgt <1 g, P09F600

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20. Copper ring, oval shaped with overlapping edges, made from a copper bar with rectangular cross-section,

D 2 x 1.8 cm, Wgt 1.2 g; P09F60721. Complete awl, shaft with rectangular cross-section

(proximal end) and round cross-section (distal end).

L 13.5 cm, Wgt 8.6 g; P09F615

Trench J

22. Copper fragment, rectangular shaped, unidentifiable

type. L. 2.8 cm, Wgt 8.A g; P10J446

Trench M

23. Complete copper awl, shaft with rectangular cross-sec-

tion (distal end) and round cross-section (proximal end); found next to the sherds of vessel P10M625CER11. L 12.2 cm, Wgt 5.4 cm, P10 M625

(M. T.)

Der nichtmetallene Schmuck aus Pietrele

Seit dem letzten Zwischenbericht über den nicht­metallenen Schmuck wurden zahlreiche weitere Stücke dieser Kleinfundkategorie auf dem Teil und in der Außensiedlung gefunden.85 Das Formenspek­trum hat sich erheblich erweitert. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, den Schmuck aus Kno­chen, Mollusken, Keramik und Stein in seiner Funk­tion am Körper zu rekonstruieren und die Objekte in einen größeren Zusammenhang innerhalb der spätneolithischen und kupferzeitlichen Kulturen Eu­ropas zu stellen.

Parallelen zur Tragweise des Schmuckes

Schmuck findet sich in kupferzeitlichen Fundstellen in Südosteuropa in großer Anzahl und Vielfalt. Oft ist die Verwendung der einzelnen Objekte einfach nachvollziehbar. Vereinzelt jedoch ist die Funktion eines Objektes nicht unbedingt durch dessen Form rekonstruierbar. Glücklicherweise liefern jedoch un­terschiedliche Quellengattungen Hinweise zur Trag­weise von kupferzeitlichem Schmuck. So sind durch die guten Erhaltungsbedingungen der großen Grä­berfelder von Varna, Durankulak und Tiszapolgär- Basatanya viele Beispiele zur Verwendung von Per­len, Plättchen, Zähnen oder Muscheln erhalten. Oft können sogar Gewänder anhand der Lage der ein­zelnen Perlen rekonstruiert werden. Hier ist vor al­lem ein reiches Männergrab (Grab 609) aus Duran­kulak zu nennen, in dem Reihen aus hunderten Dentaliumperlen die Form eines Gewandes bilde­ten.86 In Tiszapolgär-Basatanya wurden in vielen Bestattungen größere Mengen Perlen an Oberkör­per, an den Armen und in der Kniegegend gefunden

(Abb. 82). Somit geht die Verwendung der verschie­denen Perlenformen weit über die einer einfachen Halskette hinaus. Auch im Hüftbereich fanden sich große Mengen an Perlen, die vermutlich einer Art Gürtel angehörten.87

Eine weitere Quelle, die zur Rekonstruktion der Tragweise des Schmuckes herangezogen wer­den kann, sind die figürlichen Darstellungen dieser Epoche.88 In Durankulak wurden in Grab 258 und Grab 45389 große verzierte Tonfigurinen entdeckt, die mit Miniaturarmreifen geschmückt sind (Abb. 83). Das Grab 258 wird von Todorova in die ll.-lll. Stufe der Varna-Kultur datiert, das Grab 453 in die I. Stu­fe der Varna-Kultur. Bei beiden Gräbern handelt es sich um sogenannte Kenotaph-Bestattungen.90 Es ist möglich, dass die dort gefundenen Figurinen die Position eines Verstorbenen einnehmen. Ist dies der Fall, so könnte die Position des Schmucks am „Stellvertreter“ die wahre Position am Körper wi­derspiegeln.

Auch ist solch Miniaturschmuck an den klei­neren Knochenfigurinen keine Seltenheit (Abb. 84). Aus der obersten Schicht des Teils Hotnica (in Nord­bulgarien) sind mindestens zwei Knochenfiguren mit kupfernem Gürtel, Ohrschmuck und in einem Fall auch mit Halsschmuck bekannt.91 Gürtel sind aus Grabfunden eher unbekannt, jedoch können

8;> Vgl. Wrobel in Hansen u. a.2008.86 Avramova 2002, 200.

87 Heumüller 2009, 141 ff.88 “Supplementary data for studying Ornaments can be offered

by the decorated anthropomorphous representations, especial- ly forthose made of clay" (Enea 2009, 133).

89 Todorova gibt hier das Grab 435 aus dem Gräberfeld Duranku­lak an. In diesem Grab befindet sich jedoch eine weibliche Be­stattung mit Miniaturgefäß und kupfernem Armreif. Das richtige Grab ist ein Kenotaph mit verblüffend ähnlicher Ausstattung (Todorova H. 2002b, 50-52).

90 Todorova H. 2002b, 42; 52.91 Todorova H./Vajsov 2001, 84.

Fig. 81.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Trench F, North: Detail of а copper droplet found in the clay of a body sherd (photograph M. Toderaş).

Page 60: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 82.Hödmezöväsärhely-

Gorzsa, Ungarn, Grab 29. Grabfund mit

Perlenschmuck des Theiß-Herpäly-Csös-

zhalom-Kulturkomple- xes (nach Heumüller

2009, 140 Abb. 119).

Abb. 83.Durankulak, Bulgarien.

Gräberfeld. Tonfigu­rinen mit kupfernen

Armreifen (nach Todorova 2001, 94,

Tafel 51). 1 Grab 453 (Vama-Kultur, Stufe I);

2 Grab 258 (Varna- Kultur, Stufe ll-lll).

„bei verzierten Frauenidolen [...] breite, reichlich verzierte Gürtel auf den Hüften und in der Taillen­gegend"97 beobachtet werden. Auch aus der Tell- siedlung von Karanovo, Kulturschicht VI,93 ist eine Knochenfigur mit Kupfergürtel und Ohrgehänge be­kannt. Aus der Tellsiedlung Hyssarlyk stammt eine Knochenfigur mit Ohrringen und Halsband.94

Kommen Gürtel aus vergänglichem Material so gut wie nie vor, so können jedoch solche aus Per­len oder Besatzplättchen häufiger dokumentiert wer­den. Gürtel aus Perlen (Knochen-, Gagat- oder Spon- dylusperlen) sind vereinzelt in den Gräbern von Durankulak und Varna gefunden worden. Aus Grab 211 in Durankulak ist ein Gürtel aus Eberhauerplätt- chen belegt.95 Solche Besatzplättchen wurden je­doch nicht nur als Gürtelschmuck getragen.96 Kleine Plättchen aus Knochen oder Muscheln, oftmals an den Schmalseiten durchlocht, werden meist als Klei­dungsbesatz gedeutet.

Auch in Pietrele konnten bisher zwei Knochen­figurinen mit Miniaturschmuck geborgen werden. Im Gegensatz zu den oben erwähnten Stücken besit­zen die 2005 und 20 0 697 gefundenen Figurinen we­der Kupfergürtel noch Halsringe, sondern waren mit Ohr- und Knöchelringen aus Kupfer versehen. Ein­malig sind die winzigen Dentalium Perlen, die nahe der Figurine von 2005 geborgen wurden und eine Kette gebildet haben.

Die Vielfalt der in Pietrele gefundenen Perlen steht der aus den Gräberfeldern in keiner Weise nach. Einzelperlen und Teile von Ketten wurden in situ geborgen. Eine Besonderheit unter den Perlen des Neolithikums und der Kupferzeit stellen die knopfartigen Perlen, auch Glisperlen genannt, dar. Diese Perlart ist meist aus Kalkstein oder Spondy- lus gefertigt und kann tropfenförmig-rund oder ab- geflacht-eckig sein. Das Besondere ist die V-förmige oder von beiden Seiten flach ausgeführte Durchboh­rung der „Unterseite“ . Diese Perlenart ist von Fund­stellen von Südwestdeutschland bis zum Schwarzen Meer bekannt.98 Aus Pietrele kann eine ungleich tropfenförmige Keramikperle (Abb. 85) mit leichter V-förmiger Durchlochung dieser Gruppe zugeordnet werden. Die mit wenig Sorgfalt gearbeitete Perle stammt aus der „Gasse“ der Fläche В und wurde schon in der Kampagne 2006 gefunden (Befund P06B222).

92 Todorova H./Vajsov 2001, 84.93 Todorova H./Vajsov 2001. 90.94 Todorova H./Vajsov 2001, 90.95 Todorova H. 2002b, 39.96 Vergleiche hierzu den Absatz zu Trachtbesatz und Gewandkne­

bel.9/ Hansen u. a. 2006, Abb. 85; Hansen u. a. 2007, Abb. 65.98 Heumüller 2009, 154-159.

Page 61: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Aus den Gräbern in Durankulak und Varna ist der Gebrauch von durchlochten, scheibenförmigen Anhängern mit fächerartigem Aufsatz belegt. Welche Funktion diese Gegenstände hatten, ist umstritten, die Forschungsmeinungen reichen von Idolen" über anthropomorphe Frauendarstellungen100 bis hin zu Nachahmungen von Muscheln.101 Die oben erwähnten Scheiben wurden in Frauengräbern ge­funden, meist paarweise und als Mittelteil einer Ket­te.102 Die gewöhnlich aus Edelmetall gefertigten Schmuckstücke kommen vereinzelt in Siedlungen als Nachahmungen in Knochen und Ton vor. In der Kampagne 2010 wurde in Pietrele eine durchlochte Scheibe aus Knochen mit fächerförmigem Aufsatz gefunden (Fläche F, Befund 415; Abb. 86). Dieses Stück ähnelt dem aus Knochen gefertigten „Ringi- dol“ aus der Teilsiedlung Goljamo Delcevo (Hori­zont XVII) (Abb. 87). Es hat eine große Bauchöff­nung mit schmalem Ring und kleinem, einfach durchlochten Vorsprung. Nach Todorova gehört das Stück der Gruppe der spätesten „Ringidole“ an und datiert in die Stufe Varna III b.103

Bei einer genaueren Betrachtung der bereits im Vorbericht 2008 erwähnten Tonhütchen,104 die starke Ähnlichkeit mit einem 2007 gefundenen run­den Kupferplättchen mit Randlöchern haben,105 be­stätigt sich die Vermutung, dass es sich hier um An­hänger oder Aufnäher handelt. Durch die leichte Schrägstellung der Löcher, die auch an den Tonhüt­chen aus der Teilsiedlung Ruse106 erkennbar sind, und leichte Ausschleifungen kann davon ausgegan­gen werden, dass sie an einer Kette oder Schnur ge-

yy Todorova H./Vajsov 2001, 66.100 Dumitrescu 1961, 69 93.101 Lichardus 1991, 170. Einen Beweis für die enge Verbindung

zwischen den durchlochten Scheiben und Muscheln sieht Li­chardus in einem Grabfund der Tiszapolgär-Kultur (Tibava, Grab 8), hier wurde eine Meeresmuschel mit Hilfe einer durch­lochten runden Kupferscheibe repariert. Sie fand vermutlich als Anhänger Verwendung.

102 Todorova H./Vajsov 2001, 66.103 Todorova H./Vajsov 2001, 68.104 Wrobel in Hansen u. a. 2008. 68.105 Toderas in Hansen u. a. 2008, 69.106 Todorova H./Vajsov 2001, 68.

tragen wurden. Diese bei Todorova auch als „Idole“ geführten Stücke107 scheinen eher eine Verwen­dung als Gewandbesatz oder Anhänger gehabt zu haben.108

107 Todorova H./Vajsov 2001, 68.108 Lichardus 1991, 170.

Abb. 84.Bulgarien. Vergleiche

von Knochenfigurinen mit Kupferschmuck.

1 Teil Hotnica-„Werk- statt“ (oberste Schicht);

2 Tellsiedlung Hotnica, Einzelfund; 3 Teil Kara- novo, Kulturschicht VI;

4 Razgrad, Tellsiedlung Hyssarlyk (Todorova

2001, 90, Taf. 45).

Abb. 85.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche B.

Keramikperle P06B2220540. Deutlich erkennbar ist die schrä­

ge Lochung, die weit außerhalb der Mitte verläuft (Zeichnung

H. W. Nergaard).

Abb. 86.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F. Durchlochte Knochen­scheibe P10F4150424 mit fächerförmigem Auf­satz (Foto S. Hansen).

Page 62: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 87.Bulgarien, Siedlungsfunde. Ringidole aus Stein, Keramik und Knochen. 1 Goljamo Delcevo, Ho­rizont XV, Imitation eines Ringidols aus schwarzem poliertem Gestein; 2 Drama, Siedlung Stra­tum I, Imitation eines Ringidols aus Ton; 3 Drama. Einzelfund Siedlung, Imitation eines Rin­gidols aus Ton; 4 Goljamo Delcevo, Horizont XVII, Ringidol aus Knochen. Die Funde 1-3 stellen die älteren Varianten der bei Todorova aufgelisteten Ringidole dar, das letzte Stück zählt zu den jüngsten Formen und wird von ihr in die Stufe lllb der Varna Kultur datiert (nach Todorova/Vajsov 2001, 68).

Die seit der Kampagne 2008 neu gefundenen Perlen und Anhänger:„Ringidol" mit rautenförmigem Kopf; H 2,66 cm, В 2,22 cm,

Loch-Dm 7,3 mm und 3,2 mm; P10F4150424.Tonperle, doppelkonisch. Oberfläche rau, unregelmä­

ßige Form; Dm 3,15 cm, H 2,22 cm; P04F065624.Tonperle, doppelkonisch. Oberfläche geglättet, graue,

gleichförmige Perle mit angefangener Durchlochung; Dm

3,43 cm, H 2,56 cm; P05F1270379.Tonperle, doppelkonisch. Oberfläche geglättet, grau­

braune, gleichförmige Perle mit angefangener Durchlochung;

Dm 3,45 cm, H 2,27 cm; P07F4831154.Tonperle, doppelkonisch. Oberfläche geglättet, rote,

gleichförmige Perle; Dm 2,91 cm, H 2,36 cm; P08F7050037.Tonperle, doppelkonisch. Raue Oberfläche, orange­

gelbe Farbe; P09I3510075.Tonperle, doppelkonisch. Geglättete Oberfläche,

orange-gelbe Farbe; P09F6090159.Tonperle, scheibenförmig. Graubraune raue Oberflä­

che mit nicht zentrierter Lochung; Dm 2,73 cm, H 0,93 cm;

P09F6220276.Tonperle, scheibenförmig. Hellgraue, grob geglättete

Oberfläche mit zentrierter Lochung; Dm 2,54 cm, H 0,66 cm;

P08A2100684.Tonperle, tropfenförmig. Schwarzbraune, grob ge­

glättete Oberfläche. H 3,16 cm, В 2,48 cm; P08B1000619.

Zahnschmuck aus Eberhauerlamellen

Seit dem letzten Zwischenbericht war es möglich, in Pietrele weitere Bruchstücke durchlochter Eber- zahnlamellen (Caninus infer.) aufzunehmen. Der im Querschnitt dreieckige Unterkieferzahn des Wild­schweines besitzt einen sehr starken Zahnemaille- rand aus dem die Lamellen gefertigt werden.109 Sie sind meist an den Enden abgerundet und mit Lö­chern oder Lochansätzen an beiden Enden, über­

109 Heumüller 2009, 66.

wiegend jedoch nur an einem Ende, versehen. Tier­zähne sind im Neolithikum und im Chalkolithikum Europas häufig verwendete Materialien für Schmuck. Innerhalb dieser Kategorie nehmen die Eberhauer eine Sonderstellung ein. Im Mittelneolithikum sind große Lamellen als Beigabe in Männergräbern Süd­westdeutschlands und der Schweiz gebräuchlich.110 Eine ähnliche Beigabensitte ist auch im östlichen Mitteleuropa bekannt. Während der ersten Phase der neolithischen Lengyel-Kultur treten die impo­santen Eberhauer beidseitig durchlocht als regelhaf- tes Trachtelement in Männerbestattungen am Hals oder paarweise am Oberarm auf.111 In den benach­barten zeitgleichen Gruppierungen haben sie jedoch keine Bedeutung. Innerhalb des spätneolithisch, frühkupferzeitlichen Theiß-Herpaly-Csöszhalom-Kul- turkomplexes sind die Lamellen vereinzelt belegt und entwickeln sich dann mit der Tiszapolgär- zur Bodrogkeresztur-Kultur zu einem typischen Bestand­teil der ostungarischen Männerbestattungen.112 Im südlichen Theißgebiet scheint dieser Brauch jedoch nicht bekannt zu sein.113 In kupferzeitlichen Grab­funden Bulgariens und Rumäniens treten eher die beidseitig durchlochten Plättchen auf, die den Schmuckplättchen aus Mollusken ähneln, wie sie auch aus Pietrele bekannt sind (s. u.).

Fein gearbeitete und durchbohrte Anhänger verschiedener Ausführungen sind dagegen eine ty­pische Beigabe in kupferzeitlichen Gräbern des nord- pontischen Raumes.11* Vereinzelt kommen auch perforierte Lamellen vor, sie wurden jedoch nur in wenigen Fällen in aussagekräftiger Position gefun­den. Funde aus Grabkontexten sind einzig aus dem spätneolithischen Gräberfeld Cernica bekannt. In den Grabfunden des Karpartenbeckens sind perfo­rierte Lamellen wieder regelmäßig zu finden.115 Die bearbeiteten Lamellen treten in diesen Gräbern nahe des Schädels, der Schulter oder in Beckengegend auf.116 In Durankulak fand man Lamellen-Bruch- stücke mit nur einer Lochung in ärmer ausgestat­teten Gräbern. Eine ganze, beidseitig durchlochte Lamelle wurde als Einzelfund des Gräberfeldes auf­genommen.117

Während der Kampagne 2010 konnte in Pietre­le in der Südostecke des Schnittes ) eine vollständig erhaltene, bearbeitete Zahnlamelle geborgen wer-

110 Heumüller 2009, 183.111 Heumüller 2009, 185.112 Heumüller 2009, 185-186.113 Zalai-Gaäl u. a. 2009, 329.114 Zalai-Gaäl u.a. 2009, 335.115 Raczky/Anders 2010, 152 Abb. 8. Diese Lamellen sind jedoch

überwiegend einseitig perforiert. Erst mit dem Theiß-Herpäly- Csöszhalom-Kulturkomplexes werden sie ein regelhafter Be­standteil der Bestattungen.

116 Zalai-Gaäl u.a. 2009, 334.117 Todorova H.yVajsov 2001, 65.

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den.118 Sie war einer Bestattung in rechter Hocker­lage (Süd-Nord) beigegeben worden (Abb. 88). Das Stück mit der Kleinfundnummer P10J4170291 ist 15 cm lang und an der perforierten Seite über 2 cm breit. Der Zahn ist sorgfältig gespalten und die In­nenseite ist leicht nachgearbeitet. An dem schräg gebrochenen Wurzelende wurde mittig ein ausge- franstes Loch eingefügt. Unterhalb des leicht abge­rundeten spitzen Endes ist auf der Rückseite eine undeutliche schräge Kehle erkennbar. Möglicherwei­se weist diese auf eine Befestigung mit Hilfe eines Fadens hin. Die Zahnlamelle lag in der Hals- bzw. Schultergegend des Toten und kann damit als Hals­schmuck oder als Oberarmschmuck angesprochen werden. Auch die Perforierung und die schräge Keh­le unterstützen diese Annahme. Die Parallelen zu den neolithischen und frühkupferzeitlichen Traditio­nen, insbesondere zu denen der Lengyel-Kultur, sind deutlich. Eberzahnlamellen können als gewöhn­lich am Hals oder Gürtel getragener Schmuck inter­pretiert werden. Sie weichen damit in ihrer Bedeu­tung von den ungelochten, am Kopf oder Rücken gefundenen Stücken der Mittelkupferzeit im Kapar- tenbecken ab.119

Inwieweit eine Verbindung in den verschiede­nen Nutzungen der Eberzahnlamellen vom Neolithi­kum bis zur Kupferzeit in Mittel- und Südosteuropa gesehen werden kann, ist, wie schon Heumüller be­merkt,120 durch das zeitlich und räumlich so weit ge­streute Fundbild kaum zu beurteilen. Die Verbindung mit männlichen Bestattungen und eine damit ein­hergehende Interpretation als Jagdtrophäe scheint jedoch möglich.

Der seit der Kampagne 2008 gefundene Zahnschmuck:Halsreif „Diadem“ Bruchstück (linker Canninus infer. männ­lich, Hausschwein) gebrochen, Enden bearbeitet mit Res­

ten einer Perforierung. L 5,91 cm, В 1,77 cm und 0,96 cm; P08B6240312.

Halsreif „Diadem“ Bruchstück (rechter Canninus

infer. männlich, Hausschwein) gebrochen, Reste einer Lo­chung erkennbar. L 5,33 cm, В 2,7 cm; P08F7940534.

Halsreif „Diadem“ Bruchstück (rechter Canninus

infer. männlich, Hausschwein) beschädigt, das breite En­de ist durchlocht. L 8,31cm , В 2,42 cm und 1,54 cm; P08F9010861.

Halsreif „Diadem" Bruchstück (linker Canninus infer.

männlich, Schwein) zerbrochen, Reste einer Lochung er­

kennbar. L 6,81 cm, В 2,31 cm; P10F7870283.

118 Während der bisherigen Grabungskampagnen wurden verschie­dene komplette und auch bruchstückhaft erhaltene Schneide­zähne des Wildschweines gefunden. Inwieweit diese zur Ver arbeitung als Schmuck gedacht waren, muss noch untersucht werden.

119 Zalai-Gaal u. a. 2009. 345.120 Heumüller 2009, 188.

Halsreif „Diadem“ nahezu komplett erhaltener Eber­

zahn (rechter Canninus infer. männlich, Schwein) mit Per­forierung an der breiten Seite und Resten einer Perforie­rung an der Schmalseite. L 15,4 cm, В 2,24 cm und 1,31 cm; P10I4170291.

Gewandknebel und Besatzplättchen

In dem Kleinfundmaterial aus Pietrele befinden sich mehrere Plättchen aus Knochen und Mollusken, die allgemein der Kategorie der Besatzplättchen zuge­ordnet werden können121 (Abb. 89). In den letzten Kampagnen wurden mehrere rechteckige Plättchen aus Flussmuscheln mit doppelter Lochung an den Schmalseiten gefunden. Diese überwiegend in den Flächen der Tellsiedlung aufgefundenen Objekte

Abb. 88.Pietrele, Rumänien. Tell­siedlung Măgura Gorga- na. Fläche J, Bestattung. Deutlich ist die durch­lochte Eberzahnlamelle in der Halsgegend des verstorbenen Individu­ums zu erkennen (Foto S. Hansen).

121 Die genauen Fundstücke sind in der nachfolgenden Liste auf­gezählt.

Page 64: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 89.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Keramik-,

Knochen- und Zahn­schmuck, der als

Kleidungsbesatz oder Knebel Verwendung

fand. Knebel:1 P07F4240528;2 P07F4240528;3 P05B1050017;4 P06B2530356;5 P06F3390338;6 P06B2370023;7 P07B5530782; в P08F8820766;9 P07F4720991;

10 P07F4180357. - Muschelbesatz für Kap­

pen und Diademe:11 P04B0650589;12 P06B3050876

(Eberzahn);13 P06B2530355;14 P07F4621316;15 P08F8430492;16 P08F8980765;

17 P05B1820711. -mittig perforierte

Knochenplättchen:18 P07B5250422;19 P08F8420493;20 P05B1300178;21 P04F0200212;22 P09F6110180;23 P0965190032;24 P09G5860321;25 P10F3900290;26 P10F7660275

(ZeichnungenH. W. Nergaard und

T. Vachta).

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werden meist als Stirn- oder Kappenbesatz gedeu­tet (Abb. 89,11-16), von zeitgleichen Fundplätzen in Rumänien und Bulgarien sind sie meist aus Spondylus bekannt. Diademartige Ketten aus solch flachen Spondylusplättchen, ähnlich denen aus Pie­trele, konnten in der Tellsiedlungen von Ovcarovo (im Siedlungshorizont VI) und Gorna Kremena (Hö­hensiedlung) entdeckt werden.122 Im Gräberfeld von Durankulak (Grab 245) kamen vier flache Plätt­chen in Stirnhöhe und weitere siebzehn am Ober­körper zum Vorschein.123 Die überwiegende Anzahl dieser Spondylusplättchen ist an den Schmalseiten nur einmal durchlocht.

Besatzplättchen aus Knochen und Zahn (Abb. 89,12) sind ebenso verbreitet wie die aus Flussmuscheln. Überwiegend treten hier viereckige oder rechteckige Knochenplättchen mit zentrierter Durchlochung auf (Abb. 89,18-26) oder aber ganz ohne Perforierung. Inwieweit diese unperforierten Stücke als Halbfabrikate zu deuten sind, muss noch untersucht werden. Sie sind jedoch bis auf die Lo­chung fertig bearbeitet.

Neben diesen flachen Plättchen konnten auch in Pietrele immer wieder stabförmige, S-förmige oder rechteckige bearbeitete Knochen gefunden werden, die meist mittig perforiert sind (Abb. 89,1-10). Die hier aufgeführten Stücke ähneln den in der Literatur als Gewandknebel bezeichneten Funden. Sie treten seit der ältesten Linienbandkeramik im gesamten europäischen Raum auf.124 In den von Kaufmann untersuchten Gräbern dieser Zeitepoche konnten vermehrt solche geschlechtsunspezifischen Knebel in Knieposition der Verstorbenen gefunden werden, was den Autor dazu veranlasste in den Objekten einen Verschluss für den unteren Bereich der Klei­dung zu sehen.125 Jedoch wurden diese Fundstücke auch an anderen Stellen, unter anderem dem Rücken, der Bestatteten aufgefunden. Die vermutlichen Ge­wandknebel aus Pietrele kommen in den verschie­densten Ausführungen in beiden Flächen des Teils vor. Gemeinsam ist ihnen ein relativ großes Loch, das meist mittig oder leicht aus der Mitte versetzt liegt. Damit weichen sie formal von den oben er­wähnten, deutlich früheren Stücken ab, können aber noch eindeutig als Knebel identifiziert werden. Dass der Knebel durch einen Faden an der Kleidung befestigt wurde oder den Faden mit zur Befestigung der Kleidung nutzte, ist hier naheliegend.126 Die Stücke aus Pietrele sind mit einer Ausnahme aus mehr oder weniger stark bearbeitetem Knochen

122 Todorova H./Vajsov 2001, 43.123 Todorova H. 2002b, 41.124 Kaufmann 2004, 49.125 Kaufmann 2004, 51.126 Kaufmann 2004, 52.

hergestellt. Der Knebel aus der Fläche F, Befund P08F882 jedoch ist aus Ton und stellt die Miniatur einer auch auf dem Teil vorkommenden Geweihaxt dar (Abb. 89,8).

Die Gewandknebel und Besatzplättchen seit der Kampagne 2008:Besatzplättchen, Flussmuschel; Bruchstück eines rechtecki­gen Muschelplättchen mit abgerundeten Enden und zwei Löchern an jedem Ende; L 1,46 cm, В 1,65 cm, Loch-Dm

2,6 mm; P04B0650589.

Besatzplättchen, Flussmuschel; rechteckiges Mu­schelplättchen mit abgerundeten Enden und zwei Löchern

an jedem Ende, beschädigt; L 3 cm, В 1,60 cm, Loch-Dm

3,8 mm; P06B2530355.Besatzplättchen, Flussmuschel; rechteckiges Mu­

schelplättchen mit abgerundeten Enden und zwei Löchern

an einem Ende; L 4,4 cm, В 1,86 cm, Loch-Dm 1,6 mm; P07F4621316.

Besatzplättchen, Flussmuschel; rechteckiges Mu­schelplättchen mit abgerundeten Enden und zwei Löchern an jedem Ende; L 4 cm, В 1,69 cm, Loch-Dm 3,1mm;

P08F8980765.Besatzplättchen, Flussmuschel; rechteckiges Mu­

schelplättchen mit abgerundeten Enden und zwei Löchern

an jedem Ende; L 4,05 cm, В 1,77 cm, Loch-Dm 3,3 mm;

P08F8430492.Durchlochtes Knochenplättchen, rechteckig; L 3,08 cm,

В 1,33 cm, Loch-Dm 4,2 mm; P06B2370023.Durchlochtes Knochenplättchen, rechteckig, verbrannt;

L 3,5 cm, В 2,68 cm, Loch-Dm 5,3 mm; P06F3100085.

Durchlochtes Knochenplättchen, viereckig; L 1,82 cm, В 1,76 cm, Loch-Dm 4,4 mm; P07B5250422.

Durchlochtes Knochenplättchen, viereckig; L 1,31 cm, В 0,88 cm, Loch-Dm 3,7 mm; P07B5380523.

Durchlochtes Knochenplättchen, abgerundetes Vier­

eckig; L 3,05 cm, В 1,6 cm, Loch-Dm 4,3 mm; P07B3981212.Durchlochtes Knochenplättchen, rechteckig; L 2,28 cm.

В 1,35 cm, Loch-Dm 3,3 mm; P08F8420493.Durchlochtes Knochenplättchen, viereckig; L 2,31 cm,

В 2,03 cm, Loch-Dm 4,4 mm; P08F8950754.Durchlochtes Knochenplättchen, viereckig; L 2,31 cm,

В 2,1 cm. Loch-Dm 5,3 mm; P09G5190032.

Durchlochtes Knochenplättchen, viereckig; L 1,61 cm, В 1,61 cm, Loch-Dm 3,9 mm; P09B7470135.

Durchlochtes Knochenplättchen, abgerundetes Vier­eck; L 2,82 cm, В 2,3 cm, Loch-Dm 3,3 mm; P09F6110180

Durchlochtes Knochenplättchen; L 3,73 cm, В 2,1 cm, Loch-Dm 1,38 cm; P09G5860321.

Durchlochtes Knochenplättchen, viereckig; L 1,89 cm, В 1,62 cm, Loch-Dm 3,0 mm; P10F7660275.

Besatzplättchen aus Eberzahn, rechteckig mit je

zwei Löchern an der Schmalseite; L 3,53 cm, В 1,94 cm; P06B3050876.

Spondylus

Seit der Kampagne 2007 konnte die Anzahl der Spondylusfunde in der Tellsiedlung mehr als ver­doppelt werden Aber auch in der Außensiedlung wurden bereits sechs Spondylusartefakte gefunden.

Page 66: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 90.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Ausgewählte 5pondyl(jsbruchstücke

mit Spuren einer Nach­bearbeitung. l P06

B2470728; 2 P07 F4150404; 3 P08 B1240952; 4 P08 B6840549; 5 P08

F8820764 (Zeichnungen H. W. Nergaard).

Die in der Forschung viel diskutierte Herkunfts­frage des Spondylus ist bis zum heutigen Tage nicht mit Sicherheit zu beantworten. Jedoch hat sich die Mehrheit der Forscher auf eine Gewinnung des Spondylus an der adriatischen und ägäischen Küste geeinigt und eine darauffolgende Verbreitung im Zuge eines Langstrecken-Austauschnetzwerkes erwo­gen.127 Von Bedeutung für den Spondylusschmuck in Pietrele ist jedoch der zeitliche Wechsel der Ge­winnungsgebiete. Im Ausbreitungsgebiet der Linien- bandkeramik treten vor allem große Spondylus- klappen mit regional abhängiger Perforierung auf, ebenso wie zylindrisch lange Perlen und große, breite Armbänder.128 Mit Mitte des 5. Jts. v. Chr. ver­siegt der Spondylus im Ausbreitungsraum der ost­ungarischen Theiß-Kultur während gleichzeitig die Anzahl der Spondylusfunde aus dem adriatischen Küstenraum drastisch abnimmt. Südöstlich davon ist Spondylus allerdings weiterhin ein gebräuchliches Gut und stark im Fundbild vertreten. Der Spondylus dieses „jüngeren Horizonts“ 129 scheint aus der

127 Siehe hierzu vor allem die Artikel von Müller 1997; Seferiades 2000; Kalicz 2001; Chapman u. a. 2011. Eine genaue Be­schreibung der einzelnen möglichen Routen ist zusammenfas­send bei Nandor Kalicz in seiner Abhandlung über den neo- lithischen Spondylusschmuck nachzulesen.

128 Kalicz/Szenäszky 2001, 48.129 Kalicz/Szenaszky 2001, 49.

Ägäis eingeführt zu werden und zeigt ein anderes Formenspektrum, das dem des ältesten Neolithi­kums ähnlich ist. Hier treten vor allem flache und tonnenförmige Perlen sowie dünne Armbänder auf.

Neben der Herkunftsfrage beschäftigt die For­schung seit langem auch die Frage, ob Spondylus als Rohstoff oder Halbfabrikat verhandelt wurde. Indirekte Beweise für eine lokale endgültige Ver­arbeitung des Spondylus sind Spuren, die auf Re­paraturen hinweisen, wie es bei Armringen des Spätneolithikums Im Raum der Theiß-Kultur zu beo­bachten ist.130 Solche Spuren konnten auch an Armringfragmenten in der Tellsiedlung Măgura Gor­gana gefunden werden. Vereinzelt traten Bearbeitun­gen an Fragmenten von Spondylusringen schon in den Kampagnen 2006 und 2007 auf (P06B2470728; P07F4150404). Noch deutlichere Nachweise für eine Überarbeitung ließen sich an den Funden aus den unteren Schichten des Teils feststellen. Insgesamt wurden sechs größere Bruchstücke mit teils vollstän­dig ausgeführter Perforierung oder aber mit dem Ansatz einer Perforierung von beiden Seiten gefun­den (Abb. 90). Diese Stücke wurden ausschließlich auf dem Siedlungshügel gefunden, gleichmäßig auf die beiden Flächen verteilt. Es zeigt sich jedoch, dass die perforierten Spondylusringe im Fläche В

130 Kalicz/Szenâszky 2001, 48.

Page 67: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

meist nahe einer verbrannten Hüttenlehm-Konstruk- tion (P06B247; P08B124; P08B68A) und in Fläche F auf dem Hausboden (P10F320) oder in der FüLI- schicht des Hauses (P07F415; P08F882) vorkamen. Die Tatsache, dass die Stücke nach dem Zerbrechen in Anhänger umgearbeitet wurden (Abb. 91), zeigt deutlich ihren Wert. Das geschätzte Material wurde bearbeitet, um es weiterhin nutzen zu können.

Die überwiegende Anzahl der in Pietrele ge­fundenen Spondylusringe scheint aus der linken bzw. oberen Hälfte der Muschel gefertigt zu sein. Dies trifft auch für die Spondylusringe aus den Grä­bern von Varna I und den kupferzeitlichen Funden in Durankulak zu.131 Die flachere Linienzier, mit nur einem Wirbel am Scharnier, die einen möglichen Hinweis auf die verwendete Klappe liefert,132 ist be­sonders gut bei einigen wenigen auf dem Teil ge­fundenen Stücken erkennbar (Abb. 92,1-4).

Die spätneolithischen Ringe der Hamangia- Kultur sind, wie schon oben erwähnt, deutlich mas­siver und dicker (Abb. 93). In der Kampagne 2010 konnten erstmals auch Bruchstücke solcher massi­ven Spondylusringe gefunden werden. Bei einer ge­naueren Betrachtung ist die von den bisherigen Stücken abweichende Schichtung deutlich erkenn­bar. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Bruch­stücke von massiven breiten Ringen stammen. Auch hat sich das Perlenspektrum 2010 um mehrere längliche und sehr große Perlen erweitert, die eine den großen Ringen ähnliche Maserung besitzen (Abb. 92,5-7).

Alle diese letztgenannten Fundstücke, ebenso wie das überwiegende Spondylusmaterial der Kam­pagne 2010, stammen aus Fläche F. Vor allem die oben erwähnten großen Perlen und die Bruch­stücke der breiten Armreifen lagen in den untersten Schichten des Teils.

Unterzieht man die Qualität der Ringe, d. h. die Form des Querschnitts und die Beschaffenheit der Oberfläche, einer genaueren Betrachtung, so können große Unterschiede festgestellt werden. Bei einer Zuweisung des Spondylus in drei Qualitäts­kategorien (grob-mittel-fein) und der gleichzeitigen Gegenüberstellung dieser mit den einzelnen Haus­niveaus des Teils konnte ein Zusammenhang beider festgestellt werden. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Ringe der untersten Tellschichten überwie­gend feinerer Qualität sind (Abb. 94). Sie haben ei­nen scharf umrissenen Querschnitt mit einer sorgfäl­tig polierten Oberfläche. Eine so reiche Bearbeitung wie sie unter anderem bei dem Stück P08B6320318 zu erkennen ist, ist mit einer großen Menge an Ma-

131 Chapman u.a. 2008. 151.132 An dieser Stelle einen besonderen Dank an Norbert Benecke,

der immer bereitwillig die Fragen zur Herkunft der organi­schen Materialien beantwortet.

Abb. 91.Pietrele, Rumänien. Teilsiedlung Măgura G orga na. Fläche Г, untere Schichten. Bruchstück eines Spon- dylusreifs der massiven Variante mit Spuren von nachträglichen Änderungen (P10F4390506003). (Foto S. Hansen).

terialabtrag verbunden. Ringe der oberen Tellschich­ten sind weniger bearbeitet. Viele der während der Kampagnen 2002-2005 gefundenen Stücke haben stark variierende Querschnitte innerhalb des Ringes. Ihre natürliche Form ist stärker im Vordergrund. Bei diesen Stücken tritt die rötliche, oberflächennahe Färbung häufiger auf. Eine mögliche Interpretation dieses Bildes führt zu der Annahme, dass der Roh­stoff Spondylus während der ersten Hausphasen in größeren Mengen vorhanden war als in den oberen Teilschichten. Diese Interpretation basiert auf der An­nahme, dass zur Herstellung der Ringe mit fast vier­eckigem Querschnitt (P08B6400401; P08B6320318; P08B6040161; P08B6120177) deutlich mehr Abfall produziert wurde, was nur vertretbar ist, wenn aus­reichend Material zur Verfügung steht. Die Beson­derheit des Spondylusarmschmuckes liegt damit nicht nur im Material selbst, sondern zu bestimmten Zeiten auch in der Qualität der Verarbeitung.

In der figürlichen Kunst gibt es verschiedent­lich Hinweise zur Verwendung des Spondylusschmu- ckes. So wurden an den Armen der Statuette aus Battonya-Parazstanya (Abb. 95) die breiten Spondy- lusarmreifen der neolithischen Linienbandkultur er kannt.133

Auch zeigen Plastiken und anthropomorphe Gefäße der jüngeren Theiß-Kultur Armringe oder Armbänder aus Spondylus. Aus dem Gräberfeld Du­rankulak sind mehrere Funde bekannt, in denen die Position am Oberarm in situ bestätigt werden konn-

133 Kalicz/Szenäszky 2001, 45.

Page 68: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 92.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Verschiedene

Spondylusstücke. An den Bruchstücken

1 P07F4430964;2 P08B6400401;3 P09J3500071;

4 P10F4150443 sinddeutlich die Maserungs- linien erkennbar, daher wahrscheinlich aus der

linken Schale der Muschel gewonnen.

Die während der Kam­pagne 2009 und 2010 gefundenen länglichen

Perlen 5 P09B7640381;6 P10F7660248;

7 P10F3970328 weisen eine deutlich vielfälti­

gere Maserung auf. Das Stück 8 P10F3490130 und P10F3030027 ist

eines der beiden mög­lichen „re-fittings" des

Teils (Zeichnung: H. W. Nßrgaard).

Abb. 93.Ringe aus Spondylus-

muschel. 1 Arm­schmuck bzw. Ringe.

1 aus der rechten Hälf­te einer Spondylus-

Muschel, Pietrele, Rumänien; 2 aus der

linken Hälfte einer Spondylus Muschel,

Gräberfeld von Duran- kulak, Bulgarien

(nach Chapman u. a. 2008, 143).

te.13* Vor allem im Grab 496 aus Durankulak, das Todorova der Stufe Varna I anrechnet, kann die ori­ginale Position der vollständig erhaltenen Armringe gut beobachtet werden. Die reich ausgestattete To­te trug zwei Spondylusringe der dünnen Variante an ihrem rechten Oberarm.135

Da die meisten aufgefundenen Spondylusob- jekte als Bruchstücke Vorkommen, lohnt es nach zusammenpassenden Objekten zu suchen. Im Zuge einer Studie die sich mit dem „Re-Fitting“ von Ringfragmenten im Gräberfeld von Varna I und Du­rankulak auseinandersetzte, konnte festgestellt wer­den, dass zwei Drittel aller in das Grab gegebenen Spondylusringe fragmentiert sind. Es war möglich, innerhalb eines Grabes Ringe aus zwei bis vier Frag­menten wieder zusammenzusetzen. Eine grabüber- greifende Zusammenführung trat jedoch niemals auf.136 Dies bildete die Grundlage für Spekulationen

13A Todorova H. 2002c, 182-185.135 Todorova H. 2002c, 182.136 Chapman u. a. 2008, 146.

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Page 70: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 95.Battonya-Paräzstanya,

Ungarn. Torso einer Figurine mit den als

Spondylsarmbänder in­terpretierten Verdickun­gen an den Oberarmen (nach Kalicz 2001, 42).

über die intentionelle Zerstörung der Ringe am Grab. In Pietrele können zwei Beispiele für eine an­dere Möglichkeit, nämlich die einfache Zerstörung durch intensive Nutzung, angeführt werden. Schon in der Kampagne 2004 war es möglich, ein bereits zwei Jahre zuvor gefundenes Stück aus Fläche В mit einem im gleichen Schnitt gefundenen Stück zu ergänzen.137 Während der letzten Kampagne wur­den in Fläche F, in zwei unterschiedlichen Befun­den, Bruchstücke eines Spondylusringes geborgen (Abb. 92,8)- Das erste Fragment (P10F3490130) stammt aus einer Schuttschicht unterhalb des ver­brannten Flauses, in die Pfostengruben eingetieft waren. Das zweite Stück (P10F3030027) wurde fast 30 cm höher und 3 m weiter nördlich, nahe der NW-Ecke des verbrannten Flauses geborgen, gehört aber der gleichen Schuttschicht an. Die Stücke zei­gen Brandspüren über dem Bruch, d. h. sie können als alt zerbrochen angesehen werden. Neben einer möglichen intentioneilen Zerstörung der Ringe muss wohl auch immer die zufällige durch das Material bedingte Zerstörung in Betracht gezogen werden.

Die seit der Kampagne 2008 gefundenen Spondylusartefakte:Spondylusarmreif - Bruchstück, leicht verbrannt jedoch

sehr gut erhalten, grau meliert; L 6,7 cm, В 0,76 cm; P08B6040161.

Spondylusarmreif -Bruchstück eines fein gearbeite­

ten Spondylus, verbrannt und sehr gut erhalten, grau me­liert. L 5,8 cm, В 0,68 cm; P08B6120177.

Spondylusarmreif - Bruchstück des vorderen Be­reichs, ockergelbe bis bräunliche Färbung. L 4,22 cm, В

1,27 cm; P08F7420178.

137 Wrobel in Hansen u. a. 2007, 63, Abb. 62.

Spondylusarmreif - Bruchstück des vorderen Be­reichs, gelblich mit Resten der natürlichen roten Farbe.

L 3,82 cm, В 1,11 cm; P08A2020298.Spondylusarmreif - Bruchstück eines sehr feinen

Reifs, ockergelb. L 5,77 cm, В 0,46 cm; P08B6320318.Spondylusarmreif kleines Bruchstück eines bräun­

lichen fein gearbeiteten Armreifs. L 4,65 cm, В 0,73 cm;

P08B6400401.Spondylusarmreif - Bruchstück des vorderen Be­

reichs, weiß mit Resten der natürlichen roten Färbung, stark

bearbeitete Unterseite; L 7,1 cm, В 1,38 cm; P08B6620426.Spondylusarmreif - Bruchstück der Vorderseite. Sehr

fein ausgearbeitetes breites Stück, das an dem Bruch den

Versuch einer Durchlochung aufweist. L 6,73 cm, В 2,1 cm;

P08B6840549.Spondylusarmreif - Bruchstück des vorderen Bereichs,

weiß, stark verwittert. L 5,11 cm, В 0,81 cm; P08B6930550.Spondylusarmreif - Bruchstück des vorderen Be­

reichs, weiß mit Resten der natürlichen roten Färbung;

L 6,5 cm, В 0,73 cm; P08F8510611.Spondylusarmreif - ] des Reifs mit Scharnieransatz,

weiße stark verwitterte Oberfläche mit bräunlichen polier­ter Stellen. Am Scharnier ist das Stück trichterförmig durch­locht (Dm 5,8 mm). Dm 6,5 cm, L 7,43 cm, В 0,74 cm x 1,43 cm; P08F8820764.

Spondylusarmreif - kleines Bruchstück eines weißen Armreifs mit Durchlochung am Bruch. L 3,62 cm, В 0,56 cm; P08B1240952.

Spondylusarmreif (?) - Bruchstück, weiß; L 3,24 cm,

В 1,4 cm; P09H3020031.Spondylusarmreif - Bruchstück eines sehr feinen

Reife, weiß mit Resten der natürlichen roten Farbe. L 5,1 cm,

В 0,6 cm; P09F1020044.Spondylusarmreif - Bruchstück, stark verwittert,

weiß. L 4,34 cm, В 0,68 cm; P09J3500071.

Spondylusarmreif (?) - Bruchstück des vorderen Be­reichs, weiß, stark verwittert; L 5,07 cm, В 2,37 cm; P09F2020221.

Spondylusarmreif kleines Bruchstück, grau meliert,

verbrannt. L 4,41 cm, В 0,87 cm; P09F1430471.Spondylusarmreif - Bruchstück des vorderen Be­

reichs, weiß mit Resten der natürlichen roten Farbe und

feiner Lochung an einer Bruchstelle. L 6,31 cm, В 0,74 cm;

P10F3200076.

Spondylusarmreif - | des Reifs mit Scharnieransatz, bräunliche Farbe. Dm 6.1 cm, В 0,94 cm; P10F3400117.

Spondylusarmreif -Bruchstück eines verbrannten Reifs, schwarzgraue Farbe. L 5,62 cm, В 0,82 cm; P10F3220253.

Spondylusarmreif - Bruchstück mit Resten der natür­

lichen roten Farbe, weiß. Das schräg abgebrochene Ende

ist durchlocht. L 5,52 cm, В 0,48 cm; P 10M6250304.Spondylusarmreif Bruchstück des Scharniers,

weiß; L 3,78 cm, 0,74 x 1,33 cm; P10L2190370.

Spondylusarmreif - Bruchstück eines verbrannten

Reifs, graue Farbe. L 5,73 cm, В 0,54 cm; P10F3260393.Spondylusarmreif Bruchstück eines weißen Reifs

mit Resten der natürlichen roten Farbe. L 5,21 cm, В 0,63 cm; P10F4170421.

Spondylusarmreif - Bruchstück eines braun-gelb

liehen Reife; Dm 5,56 cm, В 0,73 cm; P10F4150443.Spondylusperien grau-weiß, 19 Stück im Zusammen­

hang und eine weitere südlich der Fundstelle; Dm 8 -8 ,6mm,

D 1 -2 ,9mm stark; P04B0430356 und P04B0430234.

Page 71: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Spondylusperle länglich, weiß-gelblich; L 1,06 cm, Dm 0,54 cm; P05F1480603.

Spondylusperle länglich, schwarz-grau; L 1,9 cm, Dm 1 cm; P04B0570639 .

Spondylusperle länglich, weiß mit gelben Einschlüs­sen; L 2,54 cm, Dm 1,44 cm; P09B7640381.

Spondylusperle länglich, weiß mit gelben Einschlüs­sen; L 2,56 cm, Dm 1,82 cm; P10L2190360.

Sponylusperle länglich, weiß; L 1,37 cm, Dm 0,8 cm; P10F3440158.

Sponylusperle länglich, gelblich-weiß; L 3,6 cm, В 1,31 cm x 1,35 cm; P10F7660248.

Sponylusperle länglich, gelblich-weiß; L 2,93 cm, В 1,82 cm; P10F3970328.

Spondylusperle, grandeiförmig, ockergelb. L 2,17 cm, В 1,32 cm; P08F9290953.

Knochennadeln

Auch das Spektrum der Knochennadeln hat sich seit 2007 erheblich erweitert. Neben Bruchstücken von Nadelschäften liegen bis jetzt elf nahezu kom­plett erhaltene Knochennadeln von mindestens zwei Typen vor (Abb. 96). Zum größten Teil sind die Formen bereits von den Kupferfunden bekannt.

Doppelspiralkopfnadeln sind ein auch vom Teil Măgura Gorgana bereits bekannter Fundstoff. Imitate dieser Nadeln aus Knochen konnten auf dem Teil Karanovo (Kulturschicht VI), in Ovcarovo (Horizont IV und V), während der Grabungen am Teil Ruse, in Azmaska mogila (Horizont III) und in der Tellsiedlung Zavet gefunden werden. Auch aus Grabanlagen der Spätkupferzeit sind solche Kno­chennadeln mit zwei gegeneinander stehenden Kreisflächen und Mittelloch bekannt, wie in einzel­nen Gräbern von Goljamo Delcevo (Grab 27) und Varna I (Grab 41)138 belegt ist.

In der Kampagne 2009 wurden zwei solcher Na­deln sowohl auf dem Teil in Fläche F als auch in der Außensiedlung in Fläche G gefunden (Abb. 96,13; 14).

Auffällig ist bei der Nadel aus dem Kolluvium in Fläche G (P09G512) ihr sehr kurzer und im Ver­hältnis dazu dicker Nadelschaft. Aus Vergleichsfun­den ist klar erkennbar, dass die Schäfte üblicher­weise deutlich länger waren. In unserem Fall muss wohl von einer Nachbearbeitung des gebrochenen Nadelschaftes ausgegangen werden. Auch die Nadel aus dem Gassenbereich in Fläche F (P09F1070070) ist alt gebrochen. Ihr kommt jedoch noch eine ganz andere Bedeutung bei, sie wurde nämlich in den bislang ältesten Schichten des Teils gefunden. Das

t Füllmaterial der Gassen auf dem Teil ist jedoch oftmals stark durchmischt, so dass eine definitive chronologische Aussage leider nicht gemacht wer­den kann. Es kann aber davon ausgegangen wer­

138 Todorova H./Vajsov 2001, 50.

den, dass die „Spiralkopfnadeln“ aus Knochen min­destens zeitgleich mit den kupfernen Varianten auftreten.139 Eine Aussage zu einer eventuellen Vor­zeitigkeit der Nadeln kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden, es werden jedoch weitere Untersuchungen folgen. Eine Datierung der Doppel­kreiskopfnadel aus der Außensiedlung wird erheb­lich zur Lösung des Problems beitragen können.

Eine weitere in Bulgarien und Rumänien be­kannte Nadelform, die Plattenkopfnadel, tritt eben­falls in Knochen und Kupfer auf (Abb. 96,1-12). Die­se Nadelform ist in einer beträchtlichen Formvielfalt vertreten. Auch die Funde aus Pietrele zeigen ver­schiedene Ausprägungen dieses Typs. Zu den ein­fachen Nadeln, deren formale Herkunft noch deut­lich erkennbar ist, das Rohmaterial Knochen also nicht besonders intensiv bearbeitet wurde, können je ein Stück aus Fläche F (P08F8000405) und Flä­che В (P08B5920084) gezählt werden. Des Weiteren konnten mehrere Plattenkopfnadeln mit Mittelloch gefunden werden, deren Ursprungsform ebenfalls wenig verändert wurde (P07B5520043 und P07F4430531). Die beiden stark bearbeiteten Plattenkopfnadeln stammen aus Fläche В (P07B5030105; P08B5920084) und die beiden reichlich bearbeiteten Nadeln mit Mittelloch aus Flä­che F (P09F1280081; P10F5930077). Ebenfalls im Fläche В konnte eine Plattenkopfnadel mit tiefer Mittelkerbe geborgen werden (P08B6850552) und eine lange Nadel mit kleinem Spatelkopf. Die letzt­genannte Nadel hatte vermutlich einen bedeutend größeren Kopf und ist eventuell schon in prähisto­rischer Zeit umgearbeitet worden (P08B6400365).

Die bisher unerkannten und neu gefundenen Knochennadeln und Nadelbruchstücke:Nadelbruchstück; L 10,75 cm, größter Dm 4,4 mm, P04F039418.

Nadelbruchstück (mögliche Plattenkopfnadel); L 6,35 cm, größter Dm 6,1 mm, G 2g; P06B296772.

Nadelbruchstück (mögliche Plattenkopfnadel); L 5,31 cm, größter Dm 6,1 mm, G 2g; P08B6470364.

Nadelbruchstück; L 3,9 cm, Dm 3,3 mm;

P10L2260450.Nadel mit Plattenkopf; L 5,15 cm, Schaft-Dm 5,1 cm.

Platten-B 1,23 cm; P07B5030105.

Nadel mit Plattenkopf; L 9,55 cm, Schaft-Dm 32 mm, Platten-B 1,22 cm; P08B5920084.

Nadel mit Plattenkopf, grobe Platte; L 7,74 cm, Schaft-

Dm ca. 5,2 mm, Platten-B ca. 1,1 cm; P08B4030159.Nadel mit Plattenkopf; L 9,13 cm, Schaft-Dm 5,1 mm,

Platten-B 2,15 cm; P08F8000405.

ljy Siehe hierzu auch die kupferne Spiralkopfnadel aus dem Sud­haus in Fläche F, Befund P09F172 (Abb. 78,2). Es ist nicht auszuschließen, dass diese Nadel aus den obersten Ablage­rungen stammt, die vom Teil im Laufe der Zeit nach Süden abgerutscht sind. Damit würde sie nicht zu den ältesten Kup fernadeln der Siedlung zählen, sie könnte zu den jüngsten vom Teil gehören.

Page 72: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 96.Pietrele, Rumänien.

Teilsiedlung Măgura Gorgana. Knochen nadeln. - Platten

kopfnadeln1 P07B50301052 P08B59200843 P08F80004054 P10F30600255 PO 8 В6400365

6 P06B2960772 (Nadel­schaft); 7 P10L2260450

(Nadelschaft}8 P08B6470364 (Nadel

schaft). - Plattenkopf nadeln mit Mittelloch

9 P07B552104310 P09F1280081

11 P1593007712 P07F4430531. -

Nadeln mit zwei gegen­einander stehenden

Kreisflächen und Mittel­loch: 13 P09G5120025;

14 P09F1070070. - Nadel mit rundem Plat­tenkopf und Mittelker­be: 15 P08B6850552; (Zeichnung H. W. Nör- gaard und T. Vachta).

Nadel mit Plattenkopf und Mittelkerbe; L 4,67 cm, Schaft-Dm 4,4 mm, Platten-B 1,63 cm; P08B6850552.

Nadel mit Plattenkopf; L 14,7 cm, Schaft-Dm

4,3 -6 mm, Platten-B 1,73 cm; P10F3060025.Nadel mit Plattenkopf, durchlocht; L 5,15 cm.

Schaft-Dm 4,1 mm, Platten-B 1,12 cm; P10F5830077.

Nadel mit kleinem Plattenkopf; L 14,9 cm, Schaft-

Dm 4,8 mm, Platten-B 6,8 mm; P08B6400365.

Doppelkreiskopfnadeln mit Mittelloch; L 6,2 cm, Kreiskopf-B 1,78 cm, Kopf-B 3,42 cm, Loch-Dm 3,9 mm, Schaft-Dm 4,5 mm; P09G5120025.

Doppelkreiskopfnadeln mit Mittelloch; L 4,73 cm,

Kreiskopf-B 1,48 cm, Kopf-B 2.01 cm, Loch-Dm 4,1 mm, Schaft-Dm 4,8 mm; P09F1070070.

Page 73: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Doppelkreiskopfnadeln mit Mittelloch, um ge arbeitet; L 5,2 cm, Kreiskopf-B 1,32 cm, Kopf-B 0,95 cm, Loch-Dm

Loch 5,3 mm, Schaft-Dm 4 mm; P09F1280081.

Zusammenfassung

Der nichtmetallene Schmuck des Siedlungshügels Măgura Gorgana und der der Außensiedlung tritt nicht nur sehr zahlreich auf, sondern ist auch von außergewöhnlicher Vielfalt. In kaum einer kupfer­zeitlichen Siedlung dieser Region kommen so viele unterschiedliche Nadelformen, Besatzplättchen oder Anhänger vor, wie in Pietrele. Auch die Vielfalt und Kontinuität des bearbeiteten Spondylus eröffnet neue Möglichkeiten für die Deutung dieser Schmuck­gattung. In Pietrele konnte eine durchgehende regel­hafte Nutzung der Spondulys Gaederopus-Muschel als Schmuck in verschiedenster Form von den jüngsten Tellschichten bis zu den ältesten nach­gewiesen werden. Auch in den Flächen der Außen­siedlung fanden sich die Schmuckstücke. Mehrere umgearbeitete Armringe weisen auch auf eine Bear­beitung des Spondylus am Teil hin. Durch das re­gelhafte Auftreten des Spondylus war es möglich, qualitativ hochwertig gefertigte Spondylusringe überwiegend den ältesten Tellschichten zuzuord­nen. Erste Untersuchungen zeigten deutlich eine Abnahme in der Qualität der Armringe zu den jün­geren Schichten hin. Eine weiterführende Bearbei­tung der Kleinfunde muss diese Qualitätsunterschie­de des Spondylus-Schmuckes aufgreifen. Auch die Vielfalt der Knochennadel und deren kontinuierliches Auftreten im Fundgut des Teils, macht eine chrono­logische Verknüpfung mit den kupfernen Funden möglich. Letztendlich werden auch die Tonhütchen dieser Siedlung die Diskussionen über Gewand­besatz, Anhänger oder Idol erheblich voranbringen, da sie in einer großen Anzahl und überwiegend in situ gefunden werden können. Der nichtmetallische Schmuck des Siedlungshügels Măgura Gorgana hat sich in den letzten Kampagnen zu einer wichtigen Kleinfundgruppe entwickelt.

(H. W. N.)

Hausmodelle

ln der südwestlichen Ecke des Hauses der Fläche F (Abb. 97,1) wurden drei Installationen identifiziert: ein Ofen (P10F323), eine Lehminstallation mit Zwi­schenwänden (P10F325) und eine stufenartige Bank (P10F326). Ihre detaillierte Beschreibung ist hier nicht nötig. Die Erwähnung dieser Installationen ist aber wichtig, weil sie die gleiche Organisation des Innenraums zeigen wie die Inneneinrichtung in ei­

nem Hausmodell von Ovcarovo (Abb. 97,2).140 Auf­grund dieser Ähnlichkeit können die kupferzeitli­chen Hausmodelle als Träger von Bauinformationen in Betracht gezogen werden, und das in einer Welt, die keine Schrift und keinen architektonischen Ent­wurf kannte. Die zwei in der Kampagne 2010 ent­deckten Hausmodelle unterscheiden sich von den kleinen Ofenmodellen aus Pietrele1*1 oder von an­deren zeitgenössischen Funden durch ihre größeren Dimensionen und ihre spezielle Zusammensetzung.

Das erste Hausmodell (Abb. 98) ist fragmenta­risch; erhalten sind nur der obere Teil einer länge­ren Fassade und der untere Teil einer Seite des Da­ches sowie ein kleiner Teil der Seitenfassade, mit dem Ansatz eines Giebels. Die Mehrzahl der Modell­scherben stammt aus einer Abfallschicht mit ver­brannten Lehmwandresten und Scherben (P10F415) unter dem in den Kampagnen 2009-2010 unter­suchten Haus. Die Länge des erhaltenen Teils ist 54,8 cm und seine Höhe beträgt 20 cm. Die Keramik des Hausmodells weist hell-braune und orangefar­bene Nuancen auf und ist sekundär stark verbrannt.

Die längere Fassade weist zwei Öffnungen auf, von denen nur die oberen Kanten erhalten sind. In Analogie zu anderen Hausmodelten, z. B. Ruse-Se- lisnata Mogila,142 Sumen - Kodzadermen143 oder Sultana-Malu Roşu144 kann man davon ausgehen, dass diese Öffnungen kreisförmig (in Form von Oberlichtern oder Gauben) waren. Es stellt sich die Frage, ob ähnliche kreisförmige Öffnungen auch auf der Giebelfassade vorgesehen waren (Abb. 98). Der große Abstand zwischen den Öffnungen erlaubt die Vermutung einer symmetrischen Anordnung der Fassade. In diesem Fall könnte die gesamte Länge der rekonstruierten Fassade ca. 60 cm und die ge­samte Höhe ca. 30 cm sein. Hausmodelle von der­artig großen Dimensionen wurden auch in Radin- grad,145 Sumen-Kodzadermen,146 Sumen-Vinica147 oder Tärgoviste-Sersema148 entdeckt. Das Exemplar aus Pietrele ist aber gegenwärtig das größte be­kannte Hausmodell dieser Zeit. Beide teilweise er­haltenen Fassaden und das Dach des Hausmodells aus Pietrele wurden mit einem Netzwerk von senk­rechten Linien verziert. Die durch Linien umrissenen Rechtecke wurden abwechselnd behandelt: einige poliert, andere nicht, wie ein Schachbrettmuster.

140 Todorova H. 1982, 39, 118. Abb. 70; 40. Abb. 24.141 Reingruber 2008, 223-224.142 Georgiev/Angelov 1957, 58, Abb. 20; Trenner 2010, 160 Nr. 68

mit Abb.143 L'Or des Cavaliers Thraces, 1987, Nr. Cat. 59; Trenner 2010.

158 Nr. 62 mit Abb.144 Hansen 2007, Taf. 438; Trenner 2010, 170 Nr. 90 mit Abb.145 Todorova H. 1982, 38. Abb. 23/6146 L’Or des Cavaliers Thraces 1987, Nr. Cat. 59147 Die Thraker 2004, Nr. Kat. 80, L’Or des Cavaliers Thraces 1987,

Nr. Kat. 60148 Angelova 1982, 179, Abb. 112

Page 74: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 97.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Fläche F/2010.

1 Süd-West Ecke des zentralen Hauses

F/2010 (DigitalisierungD. Spânu). 2 Skizze des Hausmodells aus Ovca- rovo (nach H. Todorova

1982, 40 Abb. 24).

Abb. 98.

Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura

Gorgana. Befund P10F415, Hausmodell (Zeichnung D. Spânu).

Page 75: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Die unpolierten Oberflächen wurden absichtlich grob mit einem hölzernen Werkzeug bearbeitet. Sehr wahrscheinlich war auf diesen Flächen eine (organische?) Farbpaste aufgelegt worden. Die auf das Dach eingeritzten Rechtecke wurden senkrecht gelegt (mit der kleineren Kante nach unten). Die Rechtecke an der Fassade hingegen wurden hori­zontal angebracht. Aus diesem Grund ist zu vermu­ten, dass das Fragment ohne Anpassungen (Abb. 98 unten) zur Unterseite der Wand gehörte. Es sei da­rauf hingewiesen, dass das Netz von Linien auf der Fassade nicht regelmäßig und kontinuierlich auf dem Dach weiter geführt wurde (vor allem nicht an der rechten Seite des Modells).

Aus Sicht des Wandaufbaus könnte man fra­gen, ob das Netz von senkrechten Linien auf dem Tonmodell als Hinweis auf das hölzerne Skelett des Hauses von Pfosten und Balken interpretiert wer­den kann. Die Rechtecke auf dem Dach haben ent­weder eine ornamentale Funktion, oder sie stellen die Module von organischem Material dar (Bündel von Schilf?), die wahrscheinlich die kupferzeitlichen Häuser abgedeckt haben.

Ein zweites Fragment eines Hausmodells stammt aus dem Befund P10F391 (Abb. 99-100). Das Fragment ist 19,2 cm hoch, 10,5 cm lang und 6 cm breit. Die Innenseiten und der keramische Kern sind orange, die Außenseiten sind mit einer weißen Engobe bedeckt. Das Fragment umfasst den unteren Teil des Daches, der Hauptfassade mit dem Beginn eines Giebels und einer größeren gewölbten Öffnung (ein „Eingang“) und der linken Fassade mit einer rechteckigen Öffnung (ein „Fenster“). Der fragmentarische Zustand des erhaltenen Teils er­laubt nicht eine genaue Rekonstruktion des gesam­ten Modells. In Abb. 100 wurde eine hypothetische Rekonstruktion vorgeschlagen. Aus mindestens zwei Gründen ist davon auszugehen, dass das Fragment zu einem Hausmodell und nicht einem Ofenmodell gehört: (1) die rechteckige Öffnung befindet sich auf der linke Fassade (bei den Ofenmodellen liegt die sekundäre Öffnung regelmäßig auf der rechten Seite (wie z. B. Abb. 97,2) und (2) die Seitenwand erstreckt sich auch unter der rechteckigen Öffnung, die damit als Fenster interpretiert werden könnte. In der aktuellen Phase der Forschung stellt das Fragment den einzigen Vertreter eines rechteckigen Fensters auf einem Hausmodell aus Pietrele-Mägura Gorgana dar. Auf den Außenflächen der Wände und dem Dach wurden einige reliefierte Rippen und Kanneluren angebracht, die als Darstellung der Holzstruktur von Balken und Pfosten eines kupfer­zeitlichen Hauses interpretiert werden könnten.

(D. S.)

Abb. 99.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Befund P10F391, Hausmodell (Zeichnung D. Spânu).

Abb. 100.Pietrele, Rumänien. Tellsiedlung Măgura Gorgana. Befund P10F391, Axonometrische Rekon­struktion des Hausmodells (Digitalisierung D. Spânu).

Page 76: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Abb. 101.Pietrele, Rumänien.

Tellsiedlung Măgura Gorgana. Grabungsteam

2010.

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S v e n d H a n s e n

A g a t h e R e i n g r u b e r

Eurasien-Abteilung des

Deutschen Archäologischen Instituts

Im Dol 2 -6

D-14195 Berlin

Di r k N o w a c k i

J ü r g e n W u n d e r l i c hInstitut für Physische Geographie

J. W. Goethe-UniversitätCampus Riedberg

Altenhöferallee 1D-60438 Frankfurt am Main

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D a n i e l S p â n u

M e d a Т o d e r a ş

Institutul de Arheologie „Vasile Pârvan“

str. Henri Coandă 11

RO-010667 Bucureşti

Summary

During the summer of 2010 excavations in Pietrele were

concentrated on the flat settlement surrounding the

mound “ Măgura Gorgana” . In three new excavation areas

settlement remains belonging to different periods were en- countered.

The investigation begun in 2009 on the interior ar- chitecture of the burnt house in Trench J located to the

north of the teil was completed. Especially spectacular

were the three pithoi that had been partly embedded in a

clay bench running west of a grinding installation. The tal-

lest of the pithoi measured 120 cm and contained some

400 litres. Basing on typological features, the vessels in

the burnt house in Trench J can be viewed as coeval with

the uppermost inventory of pottery found on the teil, a

deduction that at the moment is supported by only one

^C-date. Directly below the burnt structures appeared the

clay installations of an older house that had not burned. Although the pottery associated with this house did not

differ essentially from that in the younger building above, one u C-dating places the use of the house in the time

around 4400 BC.Remains of burned structures appeared in the neigh-

bouring Trench M too: in the eastern part of the trench 95

burnt vessels of the most varied types were found south

of a preserved clay bench. According to preliminary assess- ments, the vessels are somewhat older than those in

Trench J. In Trench L two settlement phases could be de- termined as well.

Results of core drillings and sediment analyses al- low the following conclusions to be made regarding the

development of the landscape during the Holocene: Prior to the drainage of the land in the 1960s, this riverine area

existed in a quasi natural state for ca. 650 years, whereby

the northern part of the lowlands was marked by a myriad

of small yet stable streamlets. Before that broad parts of

the land presumably encompassed larger lakes with small islands. Datings available at present indicate an age span

of 5500 to 6500 years for these lake sediments.

Page 80: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Zusammenfassung

Im Sommer 2010 konzentrierten sich die Ausgrabungen in

Pietrele auf die Flachsiedlung im Umkreis von „Mägura Gorgana“ . In drei neuen Flächen wurden unterschiedlich

alte Siedlungsreste angetroffen.In Fläche J konnte die bereits 2009 begonnen Unter­

suchungen in einem Teilbereich eines verbrannten Gebäu­

des beendet werden. Besonders spektakulär ist der Fund

dreier Pithoi, die ursprünglich auf einer Lehmbank westlich

einer Mahlinstallation standen. Der größte von ihnen war 120 cm hoch und konnte 400 Liter aufnehmen. Typologisch

sind die Gefäße aus dem verbrannten Haus in Fläche ] mit den Gefäßinventaren aus den obersten Schichten des

Siedlungshügels vergleichbar, was vorläufig durch nur ein

^C-Datum gestützt wird. Direkt unter den verbrannten

Strukturen fanden sich Reste eines älteren, unverbrannten

Hauses hervor. Obwohl sich die damit verbundene Kera­mik nicht wesentlich von der des jüngeren Hauses unter­

scheidet, weist ein H C-Datum die Nutzung des Hauses in

die Zeit um 4400 v. Chr. Auch in der benachbarten Fläche

M traten Reste verbrannter Strukturen auf: im östlichen

Bereich lagen südlich einer noch erhaltenen Lehmbank 95

verbrannte Gefäße, die einer vorläufigen Einschätzung zu­

folge etwas älter als die Gefäße aus Fläche J sind. In Flä­che L konnten ebenfalls zwei Siedlungsphasen erfasst wer­den.

Aus den Bohrergebnissen und den Sedimentanaly­

sen lassen sich hinsichtlich der Landschaftsentwicklung im Holozän folgende Schlussfolgerungen ziehen: Vor der Tro­

ckenlegung der Aue in den 1960er Jahren war das Gebiet

ca. 650 Jahre lang in einem quasi-natürlichen Zustand, wo­bei der nördliche Teil der Aue durch eine Vielzahl kleiner

aber annähernd lagestabiler Gerinne geprägt war. Davor wurden weite Teile der Aue vermutlich von ausgedehnten

Seen mit kleineren Inseln eingenommen. Die vorliegenden

Datierungen weisen auf ein Mindestalter dieser Seesedi­mente von etwa 5500 bis 6500 Jahren hin.

Резю м е

Археологические работы, проведённые летом 2010

года в Пиетреле были сконцентрированы на изучении

внешнего поселения. В трёх раскопах, заложенных за

пределами холма «Мэгура Горгана» были обнаружены

находки, относящиеся к различным периодам.В раскопе I было завершено исследование обго­

ревшей постройки, начатое годом раннее. Особое вни­

мание обращают на себя найденные там три пифоса, находившиеся на глиняной лавке к западу от глиня­ного сооружения с зернотёрками. Наиболее крупный

сосуд объёмом в 400л достигал в высоту 120см. По

типологическим признакам сосуды из обгоревшей пос­

тройки раскопа J аналогичны керамическому инвентарю

из верхних слоев на телле, их синхронность подтвер­ждается также и одной радиокарбонной датой. Непо­

средственно под обгоревшей постройкой были зафик­сированы руины ещё одной необожжённой постройки. Хотя найденная в ней керамика в целом сходна с ин­вентарём из строения, лежащего выше, методом ра­

диокарбонной датировки выяснилось, что практичес­кое использование необожжённой постройки относится

к 4400 до н. э. Обгоревшие структуры были зафикси­

рованы и в соседнем раскопе М: В его восточной стороне к югу от сохранившейся глиняной лавки было

обнаружено 95 обгоревших сосуда, которые, по пред­

варительному заключению, древнее, чем сосуды из

раскопа J. Также и в раскопе L были зафиксированы

две фазы заселения.По результатам бурений и седиментологического

анализа можно сделать следующие выводы относи­тельно развития ландшафта в окрестностях памятни­ка: перед искусственным осушением поймы в 1960ые

годы, она на протяжении 650 лет лишь частично сох­раняла своё естественное состояние. В северной части

поймы имелась сеть небольших, но устойчивых водных

потоков. Перед этим обширные участки поймы были заняты большими озёрами с маленькими островками. По имеющимся на сегодняшний день данным возраст

озёрных отложений в этом регионе составляет, по

меньшей мере, от 5500 до 6500 лет.

Rezumatîn vara anului 2010 săpăturile efectuate la Pietrele s-au

concentrat în aşezarea plană din jurul tellului Măgura Gor­gana. în cele trei suprafeţe noi au fost descoperite urme

de locuire din perioade diferite. Astfel. în suprafaţa ) au

fost continuate cercetările începute în 2009 în casa arsă şi doar parţial păstrată. Spectacular în acest areal au fost cele trei vase mari de provizii aflate original pe o platformă

de lut lângă o instalaţie pentru râşnit. Cel mai înalt vas de

120 cm putea cuprinde cca. 400 l. Din punct de vedere ti­pologic vasele din această casa arsă pot fi comparate cu

cele din ultimul nivel de locuire de pe teil. Această presu­punere a fost confirmată de către o dată U C în jur de

4200î.e.n. Imediat sub ruinele casei arse se aflau dărâmă­

turile unei case mai vechi, nearse. Cu toate că ceramica

nu se deosebeşte esenţial de cea din casa anterioară, o

singură dată 1AC datează locuirea casei nearse in jur de

4400 î.e.n.La fel, şi în suprafaţa vecină M a u fost documentate

resturile unor structuri arse: în partea de est au fost des­coperite 95 de vase arse la sud de o platformă de lut. Acestea, conform unui studiu preliminar al ceramicii, indică

faptul că sunt puţin mai vechi decât cele din suprafaţa J. în a treia suprafaţă L au putut fi surprinse două faze dis­

tincte de locuire.Rezultatele forărilor şi al analizelor sedimentologice

îngăduie dir punct de vedere al transformărilor mediului

înconjurător în timpul holocenului următoarele concluzii: înaintea desecării luncii din anii 1960 regiunea s-a aflat de-a lungul a 650 de ani într-o stare cvasi-naturală, partea

de nord al luncii fiind caracterizată printr-o sumedenie de

cursuri mici de apă cu curgere stabilă. în perioada premer­gătoare mari suprafeţe ale luncii erau probabil acoperite de

către lacuri întinse conţinând insule mici. Datările efectuate

indică vârsta minimă a acestor sedimente lacustre în jur

de 5500-6500 de ani.

Page 81: Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau. Berich über die Ausgrabungen und geomorphologischen Untersuchungen im Sommer 2010

Wildbeuterkeramik zwischen Weißrussland und Weißem Meer

Neue Forschungen zur Ausbreitung früher Tonware in das Gebiet östlich und nördlich der Ostsee

Von Henny Piezonka

У. Schlagwörter: Finnland/Estland/Lettland/Litauen/Belarus/Russland/NeolithikurrVTyp Dubiciai/Narva/Sperrings/Ка 1: 1/Säräisniemi 1/Keramik

У. Keywords: Finlandia/Estonia/Latvia/Lithunia/Belarus/Russia/Neolithic period/Dubiciai/Narva/Sperrings/X Ка 1: 1/Säräisniemi 1/ceramics

ş* Ключевые слова: Финландия/Эстония/Латвин/Литва/Беларус/Россия/Неолит/Дубичай/Нарва/Сперрингс/Ка T : 1/ v Сяреисниеми 1/Керамика

Die überregionale Darstellung der frühen Keramik­entwicklung im Nordosten Europas stellt bisher eine Forschungslücke dar, deren Schließung nicht zuletzt deshalb eine drängende Aufgabe bildet, weil der Blick nach Osten auch für mitteleuropäische Frage­stellungen von großer Bedeutung ist.1 Die vorlie­gende Untersuchung widmet sich den Gruppen mit früher Keramik, die im 6. und 5. |t. cal BC den Raum östlich und nördlich der Ostsee geprägt haben.

Von mittel- und südosteuropäischen Verhält­nissen unterscheiden sich die betrachteten Kultur­gruppen vor allem dadurch, dass trotz des Auftre­tens von Keramik eine im Grunde noch mesolithisch geprägte Lebensweise mit aneignender Wirtschaft und saisonalen Ortswechseln das Leben ihrer Träger bestimmte.2 Dass dieses „ W aldneolithikum nicht nur Spuren im östlichen Europa hinterlassen hat, sondern in Form der Ertebolle-Kultur bis nach Nord­deutschland und Südskandinavien ausstrahlte, ist seit dem Wegfall des „Eisernen Vorhangs“ verstärkt ins Bewusstsein der westlichen Forscher gerückt

und hat ein großes Interesse an diesem Komplex hervorgerufen.4 Während im Untersuchungsgebiet selbst bereits eine Vielzahl von Regionalstudien zu den Gruppen mit früher Keramik vorliegt,s ist ihre Zusammenschau im Rahmen größerer Arbeiten bis­her ausgeblieben.6 Nicht zuletzt aufgrund sprachli­cher Barrieren waren die Einzelstudien in der mittel­europäischen Forschung bis vor kurzem weitgehend unbekannt.7 Die hier vorgelegten Untersuchungen verfolgen das Ziel, die aus diesen Studien hervor­gehenden Ergebnisse zusammenzuführen und durch eigene Materialanalysen auf eine neue Basis zu stellen.8 Dabei wird mit Hilfe der detaillierten Aus­wertung exemplarischer Keramikkomplexe Proble­men der regionalen, typologischen und chronologi­schen Gliederung nachgegangen.

Das Untersuchungsgebiet umfasst die Region östlich und nördlich der Ostsee von der Küste der Barentssee im Norden bis in das Neman-Pripjat’- Zwischenstromgebiet im Süden und von den Aland- Inseln im Westen bis an den Oberlauf der Suchona

1 Die hier vorliegende Darstellung fasst einige Ergebnisse meiner Dissertation zusammen, die ich unter dem Titel „Die nordeuro­päische Waldzone im Neolithikum. Studien zu den Gruppen mit früher Keramik östlich und nördlich der Ostsee” im Sommer 2010 an der Freien Universität eingereicht habe. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H. Parzin- ger sowie dem Koreferenten Prof. Dr. Dr. h.c. W. Schier für die Betreuung und Unterstützung bei der Anfertigung der Arbeit. Dem Leiter der Eurasien-Abteilung, Prof. Dr. S. Hansen bin ich für die Aufnahme dieser Abhandlung in die Zeitschrift „Eurasia Antiqua", und Dr. I. Motzenbäcker für seine umsichtige Redak­tion bei der Vorbereitung und Drucklegung der Abeit zu Dank verpflichtet.

2 Edgren 2009, 502.3 Das Problem der unterschiedlichen Definition des Terminus

„Neolithikum“ in der west- und mitteleuropäischen Archäologieeinerseits und bei den osteuropäischen Forschern andererseitswurde in letzter Zeit mehrfach thematisiert, vgl, hierzu z. B. Wer­bart 1998 und Osibkina 2006. In der vorliegenden Studie wirdder Begriff in Anlehnung an die im Arbeitsgebiet vorherrschende „östliche“ Terminologie benutzt, d. h. der Beginn des Neolithi­kums wird unabhängig von den ökonomischen Verhältnissen durch das erste Auftreten von Keramik bestimmt.

* Dieses Interesse manifestierte sich in den letzten Jahren z. B. durch internationale Tagungen wie „Early Pottery in the Baltic - Dating, Origin and Context“ 2006 in Schleswig (vgl. Hartz/Lüth/ Terberger 2008) und „From Hunter-Gatherers to Farmers be- tween the Baltic and the Black Sea - Stone Age Innovations and Transformations in the Holocene of Eastern Europe" 2008 in Frankfurt a. M., aber auch durch Buchprojekte wie Jordan/Zvele- bil 2009.

5 Z. B. Brazaitis 2002; Cetlin 2008; Engovatova/Zilin/Spiridonova 1998; Europaeus-Äyräpää 1930; German 2002a; German 2002b; Ivanisceva/Ivaniscev 2004-, Kriiska 1995; Loze 1992; Marcinkevi- ciute 2005; Nedomolkina 2004; Nufiez 1990; Skandfer 2005; Sumkin 2003; Torvinen 2000.

6 Es sind lediglich kleinere allgemeine Artikel zu diesem Thema erschienen. 7. B. Timofeev 1998; Mazurkevic/Dolbunova 2009. Mit der überregionalen Einordnung der frühen nordosteuropäi­schen Keramik in globale Zusammenhänge befasste sich zuletzt vor allem D. Gronenborn (Gronenbom 2009, bes. 528 531],

7 Zu dieser Problematik vgl. z. B. Klassen 2004, 111-117,8 Die Darstellung fasst einige Ergebnisse meiner Dissertation zu­

sammen, die ich unter dem Titel „Die Nordeuropäische Wald­zone im Neolithikum. Studien zu den Gruppen mit früher Kera­mik östlich und nördlich der Ostsee“ im Sommer 2010 an der Freien Universität Berlin eingereicht habe.