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G 2198 www.allgemeinarzt-online.de Die Leichenschau Fakten, Fälle, Fallstricke und Fehler Nächtliche Wadenkrämpfe Traumatisierte Flüchtlinge: Was kann der Hausarzt leisten? Familienmedizin: Was ist das? Praxisumbau: Maßarbeit mit Stil 12_2016 Fortbildung und Praxis für den Hausarzt

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G 2198

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Die LeichenschauFakten, Fälle, Fallstricke und FehlerNächtliche WadenkrämpfeTraumatisierte Flüchtlinge: Was kann der Hausarzt leisten?Familienmedizin: Was ist das?Praxisumbau: Maßarbeit mit Stil

12_2016Fortbildung und Praxis für den Hausarzt

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* im Vergleich zu Oxycodon/Naloxon1Baron R et al. Effectiveness of Tapentadol Prolonged Release (PR) Compared with Oxycodone/Naloxone PR for the Management of Severe Chronic Low Back Pain with a Neuropathic Component:A Randomized, Controlled, Open-Label, Phase 3b/4 Study. Pain Practice 2015; Early View Article. Available from: URL: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/papr.12308/epdf

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sion), gestörte Magenentleerung, Trunkenheitsgefühl, Gefühl der Entspannung. Allgemein ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Selbstmordgedanken und entspre-chendem Verhalten bei Patienten erhöht, die unter chronischen Schmerzen leiden. Zusätzlich können Arzneimittel zur Behandlung von Depressionen (die eine Wirkung auf dieBotenstoffe im Gehirn haben) dieses Risiko besonders zu Beginn einer Behandlung erhöhen. Obwohl Tapentadol auch Botenstoffe im Gehirn beeinflusst, geben die Daten zurAnwendung von Tapentadol beim Menschen keinen Anhalt für das Vorliegen eines solchen erhöhten Risikos.Warnhinweis: Palexia retard enthält Lactose. Packungsbeilagebeachten. Stand der Information: 08/2015 2015-PC-030

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auf ein wort

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 12/2016

Regelmäßig, wenn eine private Medi-zinische Hochschule in Deutschland

gegründet wird, erhebt sich in der Fachwelt ei-ne Diskussion darüber, ob dies überhaupt noch erforderlich oder sinnvoll sei. Die etablierten Universitäten sind erwartungsgemäß eindeu-tig in Abwehrhaltung, handelt es sich doch um implizite Kritik am Bestehenden. Sei es quan-titativ oder qualitativ.

Die Fakten: An den staatlichen Medizinischen Fakultäten gibt es jährlich 10.600 Studien-plätze, auf die sich ca. 63.000 Studierwillige bewerben. Abiturienten mit einer Abschluss-note schlechter als 1,2 müssen sich auf eine Wartezeit von derzeit mindestens 12 Semes-tern einstellen, wenn sie (oh-ne Garantie) dann doch einen Studienplatz ergattern wol-len. Die Nachfrage schafft An-gebote.

Ausländische Universitäten, insbesondere solche aus dem europäischen Raum, bieten ein Medizinstudium gezielt für Deutsche an. Die Studi-engebühren liegen zwischen 8.000 und 13.000 Euro im Jahr. Unterrichtssprache ist meist Englisch, manchmal auch Deutsch. Nach europä-ischem Recht gelten die Ab-schlüsse auch hierzulande.

Daneben haben sich in den letzten Jahren private Medizinische Hochschu-len auch im deutschsprachigen Raum etabliert. Zwei bieten ein Studium nach ausländischem Recht, die Paracelsus-Universität in Salzburg und die Kassel School of Medicine. In den bei-den anderen Privat-Unis wird Medizin nach

deutschem Hochschulrecht studiert: Witten/Herdecke (UW/H), deutschlandweit erste pri-vate Universität seit Anfang der 1990er-Jahre, und seit Sommer 2015 die Medizinische Hoch-schule Brandenburg (MHB-Fontane).

Brauchen wir überhaupt die-se zusätzlichen Hochschulen? Die oben genannten Fakten sprechen für sich. Die Zahl der Studienplätze ist vergleichs-weise gering: 42 (84) und 48 je Jahr. Aber: Beide Unis ha-ben keinen Numerus clausus. Sie finden ein hohes Interesse bei schon lange Wartenden,

die hoch motiviert sind. Vor allem aber bieten die „Pri-vaten“ eine andere Qualität des Studiums. Einmal lässt es sich natürlich viel leichter in kleinen Gruppen studieren. Zum anderen unterscheiden sie sich in den Lehrmetho-den und -inhalten: POL-Un-terricht, weitgehend Verzicht auf Vorlesungen, Förderung der Eigenaktivitäten und ei-ne deutliche Praxis- und Pa-tientenorientierung ab dem ersten Semester. Der Mut, Neues zu probieren, die He-rausforderungen des sich rasant ändernden Gesund-heitssystems anzunehmen, zeichnet die Privaten aus.

Vieles, was hier in den vergangenen Jahren entwickelt wurde, hat inzwischen Einzug an den etablierten Unis gehalten und hat gar Spuren in der AppOÄ hinterlassen. Sind pri-vate Medizinische Hochschulen also die He-fe im Teig deutscher Universitäten?

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MEDIZINSTUDIUM

Brauchen wir private Medizinische Hochschulen?

Prof. Dr. med. Ulrich Schwantes

Facharzt für AllgemeinmedizinMedizinische Hochschule Bran-denburg Theodor Fontane16727 Oberkrämer

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪„Private Medizinische Hochschulen bieten eine andere Qualität des Studiums.“▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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Die Leichenschau

AKTUELL

8 Überleben nach Herzinfarkt 9 Deutsche wollen sichere Gesundheits-

versorgung 10 IHF: Hausarzt 2016 – 

Selbstverständlich Wissen! 12 SGAM-Forschungspreis 2016 an Haus-

arzt Dr. med. Fritz Meyer 14 Neue Meldepflichten für Ärzte 15 Hormonersatztherapie doch sinnvoll?

TITELTHEMA

16 Heinrich Georg Illing

Leichenschau: Totenschein vs. Obduktion21 Friederike Möhle, S. Stockhausen,

Burkhard Madea, Gerhard Kernbach-Wighton Erhängen im Bett: Tödliche Fixierung

26 Diana Brackrock, Britta Bockholdt Fehler bei der Leichenschau

BERUFSBILD & POLITIK

30 Familienmedizin: Eine Definition für die hausärztliche Praxis

34 Familienmedizin ist eine anspruchsvolle Aufgabe

36 Neugierig machen auf den Hausarztberuf 40 Kompetenzgerangel bei der Arzneiver-

sorgung

FORTBILDUNG

42 Christoph D. Spinner HIV: Was ist in der Pipeline?

46 Oliver Tobolski Nächtliche Wadenkrämpfe

52 Thomas Soeder Traumatisierte Flüchtlinge: Was kann der Hausarzt leisten?

57 Wolfgang Bühmann Vorsorge und Früherkennung beim Mann

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Totenschein versus Obduktion

Wie zuverlässig sind die Angaben auf der Todesbescheini­gung? Kommen Fehlbeurteilungen der Todesursache vor und wo genau liegen die Fallstricke? Wer führt am häu­figsten eine Leichenschau durch? Sollte häufiger obduziert werden? Diese Fragen sollte eine Studie von Rechtsmedizi­nern in Chemnitz klären, die im Folgenden vorgestellt wird.

Nächtliche Waden-krämpfe

Mit dem Alter

nimmt die Häufig­

keit nächtlicher Wadenkrämpfe – ein

schmerzhaftes und den Schlaf beeinträch­tigendes Phäno­men – zu. Welche Therapieoptionen stehen zur Verfügung und wie wirksam sind sie?

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46

Familienmedizin

Was unter Familienme­dizin genau zu verstehen ist, war für den deutsch­sprachigen Raum bisher nicht klar. Jetzt aber liegt eine Arbeitsdefinition für „Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ vor, die als Basis für das Selbst­verständnis von Haus­ärzten dienen kann.

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30

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inhaltsübersicht

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FORSCHUNG & TECHNIK

62 Mit Schlammbakterien gegen stressbe-dingte Krankheiten

63 Unerkannter Killer

PRAXIS

64 Individuelle Praxisgestaltung 68 Vollmachten richtig formulieren 70 Das Geschäft mit der Praxis-Software 72 Leserclub

VERORDNUNG

74 Pharma-News

Kongressberichte 78 Herzinsuffizienz: Leitlinien-Update 79 Phytopharmaka in konstanter Qualität79 Unterstützung bei der Hautregeneration80 Wunden: Antimikrobielles Peptid80 PDE5-Hemmer für die Prostata81 Bewegung und Ernährung bei Arthrose 82 ADHS: Mehr als nur Symptomlinderung83 Schwindel strukturiert diagnostizieren83 Chronische Wunden effizient reinigen

PANORAMA

84 Patienten und Praxis auf die Sommer-hitze vorbereiten

88 Kurz & gut 32 Impressum

med-eTraining.dePro Fort bildungs einheit bis zu

3 CME-PUNKTE SAMMELN

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SEITE

16

Acht Schritte zur WohlfühlpraxisEin Praxisumbau hat viele Aspekte: Nicht nur die Raumplanung spielt eine Rolle, auch Stil, Materialien, Farben und Licht prägen das Ergebnis. Experten können dafür sorgen, dass die neue Praxis nicht nur funktioniert, sondern wie aus einem Guss wirkt. SEITE

64

Hitze bedroht PatientenDie Wetter­Moderatoren bejubeln immer wieder Hitzerekorde. Aber die Hitze birgt Gefahren. Im Sommer 2003 waren einige Tausend Menschen­leben in Deutschland zu beklagen. Sind Hausärzte auf solche Extremhitze­Situationen vorbereitet? SEITE

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KARDIOVASKULÄRERISIKO-REDUKTIONfür KHK-Patienten nach akutem Koronarsyndrom1

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kern: Ezetimib-Schicht: Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pflanzl.], mikrokri-stalline Cellulose, Povidon (K29/32), Natriumdodecylsulfat; Atorvastatin-Schicht: Mikrokristalline Cellulose, Lacto-se-Monohydrat, Hyprolose, Croscarmellose-Natrium, Polysorbat 80, Calciumcarbonat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.)[pflanzl.], hochdisperses Siliciumdioxid. Filmüberzug: Hypromellose, Macrogol 8000, Titandioxid (E 171), Talkum. Anw:Prävention kardiovask. Ereignisse: Zur Risikoreduktion von kardiovask. Ereignissen b. Pat. mit KHK u. akutem Koronar-syndrom in d. Vorgeschichte, unabh. von e. Vorbeh. mit einem Statin. Hypercholesterinämie: Begleitend zu Diät b. erw.Pat. mit primärer (heterozygoter familiärer u. nicht familiärer) Hypercholesterinämie od. gemischter Hyperlipidämie, fürd. e. Ther. mit e. Komb.-präp. geeignet ist: Pat., b. denen eine Ther. mit einem Statin allein nicht ausreicht; Pat., d. bereitsmit einem Statin u. Ezetimib behandelt werden. Homozygote familiäre Hypercholesterinämie (HoFH): Begleitend zu Diätb. erw. Pat. mit HoFH, dazu weit. begleit. Ther. (wie LDL-Apherese) mögl. Gegenanz: Überempf.-keit gg. d. Wirkstoffeod. e. d. sonst. Bestandt. Schwangerschaft; Stillzeit; Frauen im gebärf. Alter ohne zuverlässige Verhütungsmethode;aktive Lebererkrank. od. unklare u. anhalt. Erhöh. d. Transaminasen (> 3faches ULN). Vorsicht bei: Kdrn. u. Jugendl.;Pat. mit Risikofakt. f. e. Rhabdomyolyse (CPK-Bestimmung vor Behandl.-beginn): eingeschränkte Nierenfunkt., Hypothy-reose, anamn. bek. od. positive Familienanamn. f. heredit. Muskelerkrank., anamn. bek. Muskelerkrank. unter Behandl.mit Statinen od. Fibraten, anamn. bek. Lebererkrank. u./od. b. starkem Alkoholkonsum, ältere Pat. > 70 J. (CPK-Bestim-mung, wenn noch and. Risikofakt. f. e. Rhabdomyolyse vorhanden), Umstände mit konsekutiv möglicherw. erhöhtenPlasmaspiegeln (z. B. Wechselw., besondere Pat.-gruppen einschl. genet. Subpopulationen [z. B. SLCO1B1-Poly-morphismus]); Risikopat. f. Diabetes mellitus (Nüchternblutzucker v. 5,6–6,9 mmol/l, BMI > 30 kg/m2, erhöh. Triglyzeride,Hypertonie); sorgf. Nutzen/Risiko-Abwägung v. 80 mg Atorvastatin b. Pat. mit vorausgeg. hämorrhagischen/lakunäremSchlaganfall.; Langzeitther.; sorgf. Nutzen/Risiko-Abwägung b. Komb. mit: AM, d. den Wirkstoffspiegel v. Atorvastatinerhöhen können wie potente CYP3A4-Inhibitoren od. Inhibitoren v. Transportproteinen (z. B. Ciclosporin, Telithromycin,Clarithromycin, Delavirdin, Stiripentol, Ketoconazol, Voriconazol, Itraconazol, Posaconazol u. HIV-Protease-Inhibitorenwie Ritonavir, Lopinavir, Atazanavir, Indinavir, Darunavir etc.), außerdem Gemfibrozil u. and. Fibrate, Boceprevir,Erythromycin, Niacin, Telaprevir od. Komb. aus Tipranavir/Ritonavir. INR überw. b. Anw. mit Warfarin, and. Cumarin-An-tikoagulans od. Fluindion. Komb. mit Gallensäure bindenden Präp. Nicht empf.: CPK > 5faches ULN; mäßige/schw.Leberinsuff. Komb. mit Fusidinsäure, Fibraten; Pat. m. hereditärer Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel od. Glucose-

Galactose-Malabsorption. Nebenw: Häufig: Diarrhö. Myalgie. Gelegentl.: Grippe (Influenza). Depression, Schlaflosigk.;Schlafstör. Schwindelgefühl; Stör. d. Geschmackswahrnehmung; Kopfschm.; Parästhesie. Sinusbradykardie. Hitzewal-lung. Dyspnoe. abdominale Beschw., aufgetriebener Bauch; Abdominalschm.; Schm. im Unterbauch; Schm. im Ober-bauch; Obstipation, Dyspepsie; Flatulenz; häufige Darmentleerungen; Gastritis; Übelk.; Magenbeschw. Akne; Urtikaria.Arthralgie; Rückenschm.; Muskelermüdung; Muskelspasmen; Muskelschw.; Schm. in d. Extremitäten. Asthenie; Ermü-dung (Fatigue); Unwohlsein; Ödem. ALT u./od. AST erhöht; alkal. Phosphatase erhöht; CPK im Blut erhöht; GGT erhöht;Leberenzyme erhöht; anormaler Leberfunkt.-test; Gewichtszunahme. Nach Markteinführung unter ATOZET® bzw. in klin.Studien od. nach Markteinführung unter Ezetimib od. Atorvastatin: Nasopharyngitis. Thrombozytopenie. Überempf.-keiteinschl. Anaphylaxie, Angioödem, Ausschlag, Urtikaria. vermind. Appetit; anorekt. Stör.; Hyper-/Hypoglykämie. Alp-träume. Hypästhesie; Amnesie; periphere Neuropathie. verschwommenes Sehen; Sehstör. Tinnitus, Hörverlust. Hyper-tonie. Husten; Kehlkopfschm.; Epistaxis. Pankreatitis, gastroösophag. Refluxerkrank.; Aufstoßen; Erbr.; Mundtrockenh.Hepatitis; Cholelithiasis; Cholezystitis; Cholestase; Leberversagen mit teils letalem Ausgang. Alopezie; Hautausschlag;Pruritus; Erythema multiforme; angioneurotisches Ödem; bullöse Dermatitis einschl. Erythema multiforme, SJS u.Lyell-Syndrom (Epidermolysis acuta toxica). Myopathie/Rhabdomyolyse; Nackenschm.; Schwellung an d. Gelenken;Myositis; immunvermittelte nekrotisierende Myopathie (klin. Charakteristika: pers. prox. Muskelschw. u. erhöh.Serum-Kreatinkinase-Werte, d. trotz Absetzen d. Behandl. mit Statinen fortbestehen) (Häufigk. nicht bekannt). Gynäko-mastie. Schm. im Brustkorb, Schm.; peripheres Ödem, Fieber. Leukozyten im Urin positiv. Tendinopathie, gelegentl. bishin zur Sehnenruptur. Nebenw. b. Statinen: Störungen d. Sexualfunkt.; interstit. Lungenkrankh. (in Ausnahmefällen u.besonders b. Langzeitther.); Diabetes mellitus (in Abhängigk. vom Vorhandensein/Fehlen v. Risikofakt.). Warnhinw:Enth. Lactose. Verschreibungspflichtig. Stand: 02/2016

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kunst und medizin

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Medizin, Gesundheit, Körper und Geist sind Themen, die auch in der Kunst häufig ihren Niederschlag finden. Und so mancher ärztliche Kollege ist selbst künstlerisch tätig. In dieser Rubrik wollen wir Ihnen historische, berühmte, aber auch neue, weniger bekann-te Kunstwerke mit diesem Kontext vorstellen. Sie kennen passende Werke oder sind selbst Künstler? Dann kontaktieren Sie uns: [email protected]

Die Fußoperation, 30 x 26 cm, Öl auf Holzvon Jan Miense Molenaer

Jan Miense Molenaer (ca. 1610 – 1668) war ein niederländischer Maler und Ra-dierer. Er lebte und arbeitete vorwiegend in Haarlem, später in Amsterdam. Sei-ne Bilder zeigten meist Szenen aus dem bäuerlichen Dorfleben, u. a. auch in der häuslichen Umgebung durchgeführte medizinische Eingriffe. Beeinflusst wurde Molenaer von Frans Hals und Judith Leyster. Seine Gemälde sind gekennzeich-net durch einen pittoresken Realismus und kräftige Farben.

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kern: Ezetimib-Schicht: Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pflanzl.], mikrokri-stalline Cellulose, Povidon (K29/32), Natriumdodecylsulfat; Atorvastatin-Schicht: Mikrokristalline Cellulose, Lacto-se-Monohydrat, Hyprolose, Croscarmellose-Natrium, Polysorbat 80, Calciumcarbonat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.)[pflanzl.], hochdisperses Siliciumdioxid. Filmüberzug: Hypromellose, Macrogol 8000, Titandioxid (E 171), Talkum. Anw:Prävention kardiovask. Ereignisse: Zur Risikoreduktion von kardiovask. Ereignissen b. Pat. mit KHK u. akutem Koronar-syndrom in d. Vorgeschichte, unabh. von e. Vorbeh. mit einem Statin. Hypercholesterinämie: Begleitend zu Diät b. erw.Pat. mit primärer (heterozygoter familiärer u. nicht familiärer) Hypercholesterinämie od. gemischter Hyperlipidämie, fürd. e. Ther. mit e. Komb.-präp. geeignet ist: Pat., b. denen eine Ther. mit einem Statin allein nicht ausreicht; Pat., d. bereitsmit einem Statin u. Ezetimib behandelt werden. Homozygote familiäre Hypercholesterinämie (HoFH): Begleitend zu Diätb. erw. Pat. mit HoFH, dazu weit. begleit. Ther. (wie LDL-Apherese) mögl. Gegenanz: Überempf.-keit gg. d. Wirkstoffeod. e. d. sonst. Bestandt. Schwangerschaft; Stillzeit; Frauen im gebärf. Alter ohne zuverlässige Verhütungsmethode;aktive Lebererkrank. od. unklare u. anhalt. Erhöh. d. Transaminasen (> 3faches ULN). Vorsicht bei: Kdrn. u. Jugendl.;Pat. mit Risikofakt. f. e. Rhabdomyolyse (CPK-Bestimmung vor Behandl.-beginn): eingeschränkte Nierenfunkt., Hypothy-reose, anamn. bek. od. positive Familienanamn. f. heredit. Muskelerkrank., anamn. bek. Muskelerkrank. unter Behandl.mit Statinen od. Fibraten, anamn. bek. Lebererkrank. u./od. b. starkem Alkoholkonsum, ältere Pat. > 70 J. (CPK-Bestim-mung, wenn noch and. Risikofakt. f. e. Rhabdomyolyse vorhanden), Umstände mit konsekutiv möglicherw. erhöhtenPlasmaspiegeln (z. B. Wechselw., besondere Pat.-gruppen einschl. genet. Subpopulationen [z. B. SLCO1B1-Poly-morphismus]); Risikopat. f. Diabetes mellitus (Nüchternblutzucker v. 5,6–6,9 mmol/l, BMI > 30 kg/m2, erhöh. Triglyzeride,Hypertonie); sorgf. Nutzen/Risiko-Abwägung v. 80 mg Atorvastatin b. Pat. mit vorausgeg. hämorrhagischen/lakunäremSchlaganfall.; Langzeitther.; sorgf. Nutzen/Risiko-Abwägung b. Komb. mit: AM, d. den Wirkstoffspiegel v. Atorvastatinerhöhen können wie potente CYP3A4-Inhibitoren od. Inhibitoren v. Transportproteinen (z. B. Ciclosporin, Telithromycin,Clarithromycin, Delavirdin, Stiripentol, Ketoconazol, Voriconazol, Itraconazol, Posaconazol u. HIV-Protease-Inhibitorenwie Ritonavir, Lopinavir, Atazanavir, Indinavir, Darunavir etc.), außerdem Gemfibrozil u. and. Fibrate, Boceprevir,Erythromycin, Niacin, Telaprevir od. Komb. aus Tipranavir/Ritonavir. INR überw. b. Anw. mit Warfarin, and. Cumarin-An-tikoagulans od. Fluindion. Komb. mit Gallensäure bindenden Präp. Nicht empf.: CPK > 5faches ULN; mäßige/schw.Leberinsuff. Komb. mit Fusidinsäure, Fibraten; Pat. m. hereditärer Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel od. Glucose-

Galactose-Malabsorption. Nebenw: Häufig: Diarrhö. Myalgie. Gelegentl.: Grippe (Influenza). Depression, Schlaflosigk.;Schlafstör. Schwindelgefühl; Stör. d. Geschmackswahrnehmung; Kopfschm.; Parästhesie. Sinusbradykardie. Hitzewal-lung. Dyspnoe. abdominale Beschw., aufgetriebener Bauch; Abdominalschm.; Schm. im Unterbauch; Schm. im Ober-bauch; Obstipation, Dyspepsie; Flatulenz; häufige Darmentleerungen; Gastritis; Übelk.; Magenbeschw. Akne; Urtikaria.Arthralgie; Rückenschm.; Muskelermüdung; Muskelspasmen; Muskelschw.; Schm. in d. Extremitäten. Asthenie; Ermü-dung (Fatigue); Unwohlsein; Ödem. ALT u./od. AST erhöht; alkal. Phosphatase erhöht; CPK im Blut erhöht; GGT erhöht;Leberenzyme erhöht; anormaler Leberfunkt.-test; Gewichtszunahme. Nach Markteinführung unter ATOZET® bzw. in klin.Studien od. nach Markteinführung unter Ezetimib od. Atorvastatin: Nasopharyngitis. Thrombozytopenie. Überempf.-keiteinschl. Anaphylaxie, Angioödem, Ausschlag, Urtikaria. vermind. Appetit; anorekt. Stör.; Hyper-/Hypoglykämie. Alp-träume. Hypästhesie; Amnesie; periphere Neuropathie. verschwommenes Sehen; Sehstör. Tinnitus, Hörverlust. Hyper-tonie. Husten; Kehlkopfschm.; Epistaxis. Pankreatitis, gastroösophag. Refluxerkrank.; Aufstoßen; Erbr.; Mundtrockenh.Hepatitis; Cholelithiasis; Cholezystitis; Cholestase; Leberversagen mit teils letalem Ausgang. Alopezie; Hautausschlag;Pruritus; Erythema multiforme; angioneurotisches Ödem; bullöse Dermatitis einschl. Erythema multiforme, SJS u.Lyell-Syndrom (Epidermolysis acuta toxica). Myopathie/Rhabdomyolyse; Nackenschm.; Schwellung an d. Gelenken;Myositis; immunvermittelte nekrotisierende Myopathie (klin. Charakteristika: pers. prox. Muskelschw. u. erhöh.Serum-Kreatinkinase-Werte, d. trotz Absetzen d. Behandl. mit Statinen fortbestehen) (Häufigk. nicht bekannt). Gynäko-mastie. Schm. im Brustkorb, Schm.; peripheres Ödem, Fieber. Leukozyten im Urin positiv. Tendinopathie, gelegentl. bishin zur Sehnenruptur. Nebenw. b. Statinen: Störungen d. Sexualfunkt.; interstit. Lungenkrankh. (in Ausnahmefällen u.besonders b. Langzeitther.); Diabetes mellitus (in Abhängigk. vom Vorhandensein/Fehlen v. Risikofakt.). Warnhinw:Enth. Lactose. Verschreibungspflichtig. Stand: 02/2016

Bitte lesen Sie vor Verordnung von ATOZET® die Fachinformation!

Pharmazeutischer Unternehmer:Merck Sharp & Dohme LtdHertford Road, HoddesdonHertfordshire EN11 9BUVereinigtes Königreich

Lokaler Ansprechpartner:MSD SHARP & DOHME GMBH, Lindenplatz 1, 85540 Haar

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Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

Streit um beanstandete Arzneimittelrezepte beendetRetaxation ist ein Regressverfahren der Krankenkas-sen gegenüber Apothekern. Machen Apotheker bei der Abgabe von Arzneimitteln „Fehler“, kann das Re-zept „auf Null retaxiert“ werden. Sie bekommen dann die Kosten eines Arzneimittels nicht erstattet. Das gilt auch bei Formfehlern, insbesondere bei Fehl-eingabe der Arzneimittel-Rabattverträge oder Fehl-abgabe im Rahmen der Aut-idem-Verordnung von Ärzten. Die Kasse profitiert doppelt: Obwohl die Leis-tung erbracht ist, entstehen ihr keine Kosten.Seit 1. Juni müssen Krankenkassen auch dann Arz-neimittel bezahlen, wenn das Rezept formale Feh-ler aufweist. Retaxationen sind in diesen Fällen nicht mehr zulässig. Darauf haben sich der Deutsche Apo-thekerverband und der GKV-Spitzenverband vor dem Schiedsamt verständigt. Voraussetzung ist, dass sich die Formfehler weder auf die Wirtschaftlichkeit noch die Therapiesicherheit auswirken. Beispielsweise dür-fen eine andere Schreib- oder Kennzeichnungswei-se auf dem Rezept oder einzelne fehlende Angaben des Arztes nicht mehr dazu führen, dass Krankenkas-sen ordnungsgemäß belieferte Rezepte nicht mehr bezahlen. Zukünftig sind auch Korrekturen durch den Apotheker nach telefonischer Rücksprache mit dem Arzt erlaubt. Der Arzt wird so entlastet, da er die Än-derungen nicht mehr gegenzeichnen muss. KBV

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Für6,2 Milliarden

Eurohaben die niedergelassenen Ärzte im vergangenen Jahr Heilmittel wie zum Beispiel Krankengym-nastik oder Massagen verord-net. Das sind 9 % mehr als im Vorjahr und 54 % mehr als noch vor 10 Jahren, wie die Techniker Krankenkasse (TK) unter Beru-fung auf die Statistik des GKV-Spitzenverbands mitteilt. Ver-antwortlich für die ansteigenden Heilmittelausgaben sei vor al-lem die alternde Gesellschaft in Deutschland. Rund die Hälfte (3,1 Mrd. Euro) entfalle auf die Ge-neration der über 60-Jährigen. Das umsatzstärkste Heilmittel war die Physiotherapie (insge-samt 4,4 Mrd. Euro). Mit gro-ßem Abstand folgten die Ergo-therapie (897 Mio. Euro) und die Sprachtherapie (658 Mio. Euro). Im Durchschnitt bekam jeder ge-setzlich Versicherte Heilmittel für rund 88 Euro verschrieben. Dabei sind die regionalen Unterschiede erheblich: Die Ärzte in Hamburg (116 Euro pro Kopf), Sachsen (115 Euro) und Berlin (106 Euro) ver-ordneten am meisten. In Bremen (71 Euro), Hessen und Westfalen-Lippe ( je 72 Euro) hingegen lag der Pro-Kopf-Wert deutlich un-ter dem bundesweiten Mittel.

Im Gesundheitssystem sind den Deutschen 3 Dinge am wichtigsten: der gleiche Zugang zu Leistungen, schnel-le Arzttermine und die sichere Versorgung mit Medikamenten. Dies zeigt eine reprä-sentative Umfrage des Meinungsforschungs-instituts forsa im Auf-trag des Branchenver-bandes Pro Generika. Die Deutschen wün-schen sich in erster Li-nie eine sichere und qualitativ hochwer-tige Gesundheitsver-sorgung: Mehr als die

ÜBERLEBEN NACH HERZ-INFARKT

Aus der Herzfrequenz lassen sich Rückschlüsse auf die Le-benserwartung eines Men-schen ziehen. Bei jedem Ein-atmen schlägt das Herz eines gesunden Menschen gering-fügig schneller, beim Ausat-men wird es wieder langsa-mer. Grund dafür ist, dass beim Einatmen ein Effekt abgeschwächt wird, der das Herz normalerweise auf un-

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Deutsche wollen sichere Gesundheitsversorgung

Welche dieser Aspekte sind Ihnen persönlich für das deutsche Gesundheitssystem am wichtigsten?

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Gleicher Zugang zu Gesundheitsleistungen

Schnelle Arzttermine

Sichere Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten

Gute technische Ausstattung der medizinischen Versorgung

Flächendeckende Versorgung mit Krankenhäusern

Günstige Beiträge zur GKV

Förderung von medizinischem Fortschritt

Günstige Medikamente

Die Befragten wurden gebeten, maximal drei Antwortmöglichkeiten auszuwählen.Befragung forsa, 1.002 Deutsche ab 18 Jahren. Die Befragung erfolgte vom 12. bis 18. Mai 2016Angaben in %.

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Hälfte (60 %) findet ei-nen gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle Patienten am wichtigsten. Jeder Zwei-te (50 %) verbindet mit einem guten Gesund-heitssystem vor allem schnelle Arzttermi-ne. Ebenfalls unter den Top 3: die sichere Versor-gung mit lebenswich-tigen Medikamenten (46 %). Günstige Beiträge zur Krankenversicherung (27 %) und günstige Me-dikamente (16 %) landen dagegen auf den hinte-ren Plätzen.

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gefähr 60 Schläge pro Minu-te im Ruhezustand herunter-regelt. Dieses Phänomen ist unter der Bezeichnung respi-ratorische Sinusarrhythmie

bekannt. Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat sich die-sen Effekt zunutze gemacht, der zunächst paradox scheint:

Leichte Unregelmäßigkeiten im Herzschlag weisen auf ei-nen gesunden Körper hin. Ei-ne klinische Studie belegt ei-nen starken Zusammenhang zwischen diesem Phänomen und der Überlebensaussicht von Herzinfarktpatienten. Das neue Messverfahren könnte schon bald in Arztpraxen ein-gesetzt werden. Im Rahmen der Studie wurden bei fast 950 Herzinfarktpatienten wenige Tage nach dem Infarkt Atem-zyklus und Herzrhythmus ge-messen. Daraus wurden Werte für die respiratorische Sinusar-rhythmie abgeleitet. Die Test-

personen wurden 5 Jahre lang alle 6 Monate erneut unter-sucht. Das Ergebnis: Herzin-farktpatienten, deren Arrhyth-mie schwächer ausgeprägt war, liefen eher Gefahr, inner-halb des Beobachtungszeitrau-mes zu sterben. Bei den unter-suchten Personen mit gering ausgeprägter Arrhythmie lag die Sterbewahrscheinlichkeit am Ende des Fünfjahreszeit-raums fast fünfmal so hoch, wie bei Menschen mit stärke-ren atembedingten Unregel-mäßigkeiten.Sinnecker D et al. (2016) J Am Coll Car-diol: DOI: 10.1016/j.jacc.2016.03.484

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HAUSARZT 2016

Selbstverständlich Wissen! Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Praxisteams,

„Hausarzt 2016 – Selbstverständlich Wissen“ unter diesem Motto steht dieses Jahr die 41. practica vom 26. bis 29. Oktober in Bad Orb. Dazu la-de ich Sie herzlich ein!

Wissen ist der zentrale Baustein für unser hausärztliches Selbstver-ständnis. Jeden Tag schöpfen wir aus unseren Kenntnissen, Fähigkei-ten und Erfahrungen unser Selbst-

vertrauen, um mit unseren Patienten wichtige Entscheidungen treffen zu können. Im Praxisalltag müssen wir uns selbstver-ständlich auf unser Wissen verlassen können. Dazu tragen Fortbildungen wie die practica entscheidend bei.

Dort stellen wir uns dem anspruchsvollen wissenschaftlichen Austausch, interdisziplinären Gesprächen und trainieren unse-re Fähigkeiten. Immer gemessen an unserem Leitbild: evidenz-basiert, hausarztzentriert und produktneutral. Auch dieses Jahr präsentiert das practica-Team wieder Ideen, die einerseits unsere Freude am Beruf erhalten und andererseits die Kompe-tenz von uns Hausärzten und unserer Mitarbeiter in der Praxis stärken. Fortbildung und Lernen entsteht durch Interesse und Begeisterung, egal ob wir ein Jahr oder zwanzig Jahre im Beruf arbeiten – unser Wissensdurst ist ungebremst.

Bei der practica können Sie und Ihr ganzes Team dieses Jahr aus mehr als 250 Veranstaltungen nach Ihren Interessen wäh-len. Der wissenschaftliche Leiter Dr. Frederik Mader hat wieder ein Programm zusammengestellt, das eine gesunde Mischung aus Bewährtem und Neuem abbildet. Das Spektrum reicht von Exotischem bis zur Evidenzbasierten Medizin, vom Frontalvor-trag bis zum praktischen Übungskurs und von Standards bis zu aktuellen Trends. Mit ihren Beiträgen werden Hausärzte und Praktiker auch in diesem Jahr neue Impulse für die Praxis set-zen, Themen diskutieren und neue Ansätze vortragen. Für je-den – ob jung oder erfahren, ob Hausarzt, VERAH® oder Medi-zinische Fachangestellte – ist wieder etwas dabei!

Neu in unserem Angebot ist neben dem Berufspolitischen Abend (diesmal wieder am Donnerstag) mit Freibier und Weiß-wurst, ein Informationsabend für Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis und Medizinische Fachangestellte.

Aber warten Sie nicht zu lange! Buchen Sie die Kurse und dann rasch ihr Hotel- oder Pensionszimmer, denn die begehrten An-gebote sind rasch weg! Wir haben dafür unsere Onlinebu-chung auf www.practica.de weiter ausgebaut.

Glauben Sie mir, ein gemeinsamer Besuch der practica ist ein erheblicher Mehrwert für Ihren Praxisalltag. Der von uns allen so geschätzte interkollegiale Austausch in entspannter Atmo-sphäre wird auch Ihrem Team sehr gut tun.

Ich freue mich (zusammen mit meinem gesamten Team) auf Sie und Ihr Team!

IhrDr. Hans-Michael Mühlenfeld

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Auswahl klinisch relevanter Sicherheitsinformationen zu Encepur® Kinder und Encepur® ErwachseneGegenanzeigen: Encepur® Kinder und Encepur® Erwachsene darf nicht angewendet werden bei bekannter, allergischer Reaktion gegen einen Bestandteil des Impfstoffs oder beieiner akuten behandlungsbedürftigen Erkrankung. Die Impfung sollte frühestens 2 Wochen nach Genesung durchgeführt werden. Eine mit einer Komplikation verlaufene Impfung istbis zur Klärung der Ursache eine Kontraindikation gegen eine nochmalige Impfung mit dem gleichen Impfstoff. Dieses gilt insbesondere für Nebenreaktionen, die sich nicht auf dieImpfstelle beschränken. Warnhinweise: Darf nicht intravasal injiziert werden. Nebenwirkungen: Encepur® Kinder Sehr häufig: Vorübergehende Schmerzen am Injektionsort, Fieber≥ 38°C bei Kindern von 1 und 2 Jahren, Schläfrigkeit bei Kindern unter 3 Jahren. Encepur® Erwachsene: Vorübergehende Schmerzen am Injektionsort, allgemeines Unwohlsein,Muskelschmerzen, Kopfschmerzen. Für eine vollständige Auflistung der Gegenanzeigen, Warnhinweise und Nebenwirkungen siehe Fachinformation.

Encepur® Kinder und Encepur® ErwachseneWirkstoff: FSME-Virus, inaktiviert. Zusammensetzung: Encepur Kinder: 1 Fertigspritze (0,25 ml)enthält: FSME-Virus, Stamm K23 (inaktiviert) 0,75 µg, hergestellt in primären Hühnerfibroblasten-Zell-kulturen, adsorbiert an hydratisiertes Aluminiumhydroxid (0,15 – 0,2 mg Al3+). Encepur Erwachsene:1 Fertigspritze (0,5 ml) enthält: FSME-Virus, Stamm K23 (inaktiviert) 1,5 µg, hergestellt in primärenHühnerfibroblasten-Zellkulturen, adsorbiert an hydratisiertes Aluminiumhydroxid (0,3 – 0,4 mg Al3+).Sonstige Bestandteile: Salze, Wasser für Injektionszwecke, Saccharose, Spuren von Chlortetracyclin,Gentamicin, Neomycin, Formaldehyd. Anwendungsgebiete: Encepur Kinder: aktive Immunisierungab 1 Jahr bis einschließlich 11 Jahre gegen Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME). Encepur Er-wachsene: aktive Immunisierung von Personen ab 12 Jahren gegen FSME. Gegenanzeigen: EncepurKinder und Encepur Erwachsene darf nicht angewendet werden bei bekannter, allergischer Reaktiongegen einen Bestandteil des Impfstoffs oder bei einer akuten behandlungsbedürftigen Erkrankung. DieImpfung sollte frühestens 2 Wochen nach Genesung durchgeführt werden. Eine mit einer Komplika-tion verlaufene Impfung ist bis zur Klärung der Ursache eine Kontraindikation gegen eine nochmali-ge Impfung mit dem gleichen Impfstoff. Dieses gilt insbesondere für Nebenreaktionen, die sich nichtauf die Impfstelle beschränken. Nebenwirkungen: Encepur Kinder Sehr häufig: VorübergehendeSchmerzen am Injektionsort, Fieber ≥ 38° C bei Kindern von 1 und 2 Jahren, Schläfrigkeit bei Kin-dern unter 3 Jahren. Häufig: Rötung, Schwellung am Injektionsort, allgemeines Unwohlsein, grippe-ähnliche Symptome (Schweißausbrüche, Schüttelfrost), vor allem nach der ersten Impfung Fieber≥ 38° C bei Kindern von 3 bis 11 Jahren, Übelkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzenbei Kindern 3 Jahre und älter. Selten: Erbrechen, durchfallartiger Stuhl. Sehr selten: derbes Knötchen(Granulom) am Injektionsort, Gelenk- und Muskelschmerzen im Nackenbereich, Lymphknotenschwellun-gen, Missempfindungen (z.B. Kribbeln, Taubheitsgefühl), Fieberkrämpfe, allergische Reaktionen (z.B.Hautausschläge, Schwellung der Schleimhäute, pfeifendes Atemgeräusch, Atemstörung, krampfarti-ge Verengung/Schwellung der Atemwege, Blutdruckabfall und andere Kreislaufreaktionen (eventuellmit vorübergehenden unspezifischen Sehstörungen), vorübergehende Abnahme der Blutplättchen).Encepur Erwachsene Sehr häufig: Vorübergehende Schmerzen am Injektionsort, allgemeines Unwohl-sein, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen. Häufig: Rötung, Schwellung am Injektionsort, grippeähnlicheSymptome (Schweißausbrüche, Schüttelfrost), vor allem nach der ersten Impfung Fieber ≥ 38°C,

Übelkeit, Gelenkschmerzen. Gelegentlich: Erbrechen. Selten: Gelenk- und Muskelschmerzen im Nacken-bereich. Sehr selten: derbes Knötchen (Granulom) am Injektionsort, das ausnahmsweise auch flüs-sig einschmelzen kann, durchfallartiger Stuhl, Lymphknotenschwellungen, Missempfindungen (z.B.Kribbeln, Taubheitsgefühl), allergische Reaktionen (z.B. Hautausschläge, Schwellung der Schleim-häute, pfeifendes Atemgeräusch, Atemstörung, krampfartige Verengung/Schwellung der Atemwe-ge, Blutdruckabfall und andere Kreislaufreaktionen (eventuell mit vorübergehenden unspezifischenSehstörungen), vorübergehende Abnahme der Blutplättchen). Die bei Encepur Kinder und EncepurErwachsene oben genannten grippeähnlichen Symptome treten vor allem nach der ersten Impfung aufund klingen im Allgemeinen innerhalb von 72 Stunden wieder ab. Gelenk- und Muskelschmerzen imNackenbereich können das Bild eines Meningismus ergeben. Diese Symptome sind selten und klingeninnerhalb weniger Tage folgenlos ab. Nach FSME-Impfungen wurden in Einzelfällen Erkrankungen deszentralen oder peripheren Nervensystems, einschließlich aufsteigender Lähmungen bis hin zur Atem-lähmung(z.B.Guillain-Barré-Syndrom),beschrieben.Verschreibungspflichtig.Stand:September2015.GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 80700 München, www.glaxosmithkline.de

Weitere Informationen über das Arzneimittel: Dosierung und Art der Anwendung: Encepur Kinderje 0.25 ml, drei Impfdosen, i.m., Monat 0, (1-3), (9-12). Encepur Erwachsene je 0.5 ml, drei Impfdo-sen, i.m., Monat 0, (1-3), (9-12). Hinweise zum Schnellimpfschema und zu Auffrischimpfungen sieheFach- u. Gebrauchsinformation. Weitere Warnhinweise laut Fachinformation: Encepur Kinder undEncepur Erwachsene: Der Impfstoff darf nicht intravasal injiziert werden! Die Impfindikation ist beizerebral Erkrankten besonders sorgfältig zu stellen. Gegen andere, durch Zecken – auch gleichzei-tig – übertragbare Krankheiten (z.B. Borreliose) ist die FSME-Impfung nicht wirksam. Bei bekannterLatex-Überempfindlichkeit: Auch wenn in der Verschlusskappe der Spritze kein Naturkautschuklatexnachweisbar ist, kann eine sichere Anwendung bei Personen, die gegenüber Latex empfindlich sind,nicht sicher belegt werden. Encepur Kinder: Bei kleineren Kindern kann nach der ersten Impfung Fieberauftreten; nach der zweiten Impfung wird dies weniger häufig beobachtet. Falls notwendig sollte hiereine antipyretische Behandlung erwogen werden. Encepur Erwachsene ist nicht für die Anwendung beiKindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr bestimmt. Weitere Informationen siehe FachinformationNebenwirkungsmeldungen richten Sie bitte ggf. an die GSK-Hotline: 0800-1223385

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Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

SGAM-Forschungspreis 2016 geht an Hausarzt Dr. Fritz Meyer

Dass sich ein zeitraubender Beruf als Landarzt und eine gleich-zeitige wissenschaftlich-publikatorische Tätigkeit nicht zwin-gend ausschließen müssen, hat der Oettinger Allgemeinarzt Dr. Fritz Meyer immer wieder bewiesen. Der Hausarzt (und ausge-bildete HNO-Arzt) hat nicht nur eine fast 30-jährige Praxiser-fahrung, sondern betreibt auch selbst aktive Praxisforschung. Seit vielen Jahren ist er regelmäßiger Autor und ständiger ärzt-licher Mitarbeiter der Zeitschrift Der Allgemeinarzt. Auf dem 25. Jahreskongress der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM) in Lichtenwalde bei Chemnitz wur-de ihm nun am 03. Juni 2016 der bundesweit ausgeschriebene Forschungspreis der Gesellschaft verliehen. Voraussetzung für den Gewinn des Preises war die Einreichung einer abgeschlos-senen, eigenständigen Forschungsarbeit. In der Ausschreibung dazu war verlangt, dass die untersuchte Forschungsfrage und die erzielten Ergebnisse für die hausärztliche Grundversorgung typisch und relevant sein sollten. Schließlich sollten Hausärzte maßgeblich bei der Entwicklung des Studiendesigns und der Durchführung beteiligt sein.Die Durchführung der prämierten Studie erstreckte sich über 8 Jahre und umfasste die kombinierte klinisch-otologische und audiometrische Untersuchung von 195 Patienten. Mit seinen Re-sultaten konnte Meyer in erster Linie zeigen, dass eine alltags-relevante Schwerhörigkeit (Hörverlust > 37 %) bei Menschen ab dem 45. Lebensjahr durch eine simple Hörweitenprüfung mit

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Strahlende Gesichter bei der Preisverleihung. Der Oettinger Haus-arzt Dr. Fritz Meyer (rechts im Bild) bei der Übergabe des For-schungspreises durch Dr. Andreas Schuster (links im Bild), amtie-render Präsident der SGAM.

geflüsterter Sprache unter Verwendung standardisierten Zah-lenmaterials auch im Sprechzimmer des Arztes ohne techni-schen Aufwand mit überzeugender diagnostischer Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Die ausschließliche Durchfüh-rung der Untersuchung während des hausärztlichen Sprech-stundenalltags und das nachvollziehbare, praxisnahe Studien-design gaben dann wohl den Ausschlag dafür, dem Hausarzt aus der Wörnitzstadt Oettingen den mit 500 Euro dotierten SGAM-Forschungspreis in Form eines Pokals des Meißner Por-zellandesigners Olaf Fieber zuzuerkennen.

Die Originalarbeit zu der prämierten Untersuchung ist im Web unter www.online-zfa.de/media/pdf/ZFA_03_2014/ZFA_03_2014_Pilotstudie.pdf einsehbar.

Deutschen Ärzten geht es gut – vergleichsweiseDeutsche Ärzte sind beruflich wie privat meist glücklich, sie neigen seltener zum Burnout und fühlen sich gesund. Das zumindest ergibt ein internationaler Ver-gleich des Onlineportals Medscape. Von den befragten 541 Ärzten fühlten sich mehr als 80 % zumindest „etwas glücklich“. 4 von 5 Ärzten attestieren sich selbst mit 56 Jahren und älter einen mindestens guten eigenen Gesundheitszustand. Bei körperlicher Bewegung erweisen sich die deutschen Ärzte allerdings eher als Sportmuffel, denn jeder Vierte macht gar nichts und ein Drittel trainiert einmal pro Woche. Bei den über 56-Jährigen trainiert aber schon knapp die Hälfte min-destens zweimal wöchentlich. Fast jeder vierte deutsche Arzt trinkt täglich min-destens 1 bis 2 alkoholische Getränke. Mit 31 % leben aber mehr Allgemeinärzte abstinent als Spezialisten (21 %).Medscape, 14.04.2016 Mon

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aktuell

Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

Mehrsprachige Patienteninfo zur Multi­medikationDie Patienteninformation der KBV zum Thema „Mul-timedikation – Nehme ich zu viele Medikamente ein?“ steht jetzt in 6 Sprachen (Englisch, Russisch, Arabisch, Französisch, Spanisch und Türkisch) zur Verfügung. Patienten erfahren dar-in, wann es notwendig ist, verschiedene Arzneimittel gleichzeitig einzunehmen, und was dabei beachtet werden sollte. Das 2-seitige Informationsblatt enthält auch Tipps, was Patienten selbst tun können, um Risi-ken zu vermeiden. So soll-ten sie ihren behandelnden Arzt regelmäßig darüber in-formieren, welche Medika-mente sie einnehmen. Dazu empfiehlt es sich, eine Liste mit allen Arzneimitteln zu führen – sowohl den verord-neten als auch den selbst gekauften. Die Patienten-informationen stehen zum kostenlosen Download auf der Internetseite der KBV bereit (www.kbv.de/media/sp/Patienteninformation_Multimedikation_Fremd-sprachen.pdf).

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Hausarztver-trag verbes-sert Darm-krebsvorsorgeInnerhalb der Selektivverträge geht im Vergleich von 2009 zu 2014 die Darmkrebsinzidenz bei den 55- bis 85-jährigen Ver-sicherten zurück. Der positive Effekt ist bei Teilnehmern am AOK-Hausarztvertrag signifi-kant stärker ausgeprägt als in der Regelversorgung. Der Rück-gang der Inzidenzraten betrug bei Frauen minus 14,1 zu minus 6,0 % und bei Männern minus 32,5 zu minus 13,8 %. Wesent-lich dazu beigetragen hat die seit 2011 jährlich stattfinden-de Kampagne „Darm-Check“. Sie motiviert die am Haus- und Facharztvertrag teilnehmenden Versicherten durch zielgerich-tete Informations- und Service-maßnahmen zur Durchführung einer Vorsorgekoloskopie. Die Rate der Neuerkrankungen ging im Betrachtungszeitraum bei HzV-Versicherten um 24,5 (Re-gelversorgung: 8,5) pro 100.000 Versicherten bei Männern und bei Frauen um 9,6 (Regelver-sorgung: 1,8) zurück. Ab 2017 ist ein Einladungsverfahren für die Früherkennung durch die Vorsorgekoloskopie gesetzlich vorgeschrieben.Hausärzteverband Baden-Württemberg, AOK Baden-Württemberg

Neue Meldepflich-ten für ÄrzteFür Ärzte gelten seit dem 1. Mai 2016 ei-nige neue Meldepflichten. Ärzte müssen nun auch Fälle einer zoonotischen Influen-za und schwere Verlaufsformen der Clos- tridium-difficile-Infektion melden. Hinter-grund der neuen Meldepflichten ist nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) die aktuelle epidemiologische Situation und ihre Entwicklung in den vergangenen Jahren. Die zunehmende Verbreitung von Erregern, die gegen Reserveantibiotika aus der Klasse der Carbapeneme resistent sind, sowie von Clostridium-difficile-Infektionen erfordert die Erhebung von bundesweiten Daten. Durch die Meldung von Infektionen an die Gesundheitsämter sollen Ausbrü-che frühzeitig entdeckt und Kontrollmaß-nahmen eingeleitet werden. Das Robert Koch-Institut hat die Mustermeldebögen um die neu zu meldenden Infektionen er-gänzt. Ärzte finden diese unter www.rki.de/DE/Content/Infekt/IfSG/Meldeboegen/Meldungen_node.html.

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Medizinstudium bleibt weiblichDie Gesamtzahl der Medizinstudierenden ist in den letzten 5 Jahren von knapp 83.000 auf knapp 90.000 gestiegen. Konstant geblieben ist dabei der hohe Anteil von Frauen mit 61 %.Destatis

Hormonersatztherapie doch sinnvoll?Der Nutzen einer Hormonersatztherapie für Frauen in der Menopause übersteige bei weitem die möglichen Risiken. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Au-toren der früheren WHI-Studie aus dem Jahr 2002. Frauen mit Wechseljahres-Symptomen eine Hormonersatzbehand-lung zu verweigern, erzeuge eine große und unnötige Bürde des Leidens, so die Wissenschaftler. Die WHI-Studie war bei Frauen durchgeführt worden, deren Durchschnittsalter bei Beginn der Therapie 63 Jahre betrug. Es sollte vor allem die Frage geklärt werden, ob eine Vorbeugung von Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems selbst in diesem für den Beginn einer Hormonersatztherapie relativ hohen Alter möglich ist. Dabei handelte es sich vorwiegend um Studienteilnehmerin-nen, die die Wechseljahre längst hinter sich hatten. Außer-dem hatte etwa jede zweite dieser Frauen bedeutende Risi-ken wie ausgeprägte Adipositas und Bluthochdruck oder es waren Raucherinnen; zum Teil existierten sogar Vorerkran-kungen wie Diabetes oder koronare Herzerkrankungen. Die Frage, ob Frauen mit einem gesunden Herz-Kreislauf-System in den Wechseljahren von einer Hormonersatztherapie einen

medizinischen Nutzen haben können und ob in dieser Alters-gruppe durch die Behandlung gesundheitliche Risiken auf-treten können, sei in der WHI-Studie nicht gestellt worden. Dadurch sei es zu Fehlinterpretationen gekommen, sodass vor einer Anwendung der Hormonersatzbehandlung in den Wechseljahren allgemein gewarnt wurde. Betrachtet man in der WHI-Studie allerdings nur die Frauen zwischen 50 und 59 Jahren, kann bei ihnen neben der nachhaltigen Beseitigung der Hormonmangel-Symptome auch eine geringere Zahl an Knochenbrüchen, eine Senkung der Erkrankungsrate an Dia-betes und an Todesfällen allgemein festgestellt werden, und bei der Untergruppe mit einer alleinigen Östrogentherapie sogar eine Senkung der Brustkrebs-Rate im Vergleich zu der mit einem Plazebo behandelten Gruppe. Das heißt, eine Hor-monersatztherapie sollte im Idealfall sofort beim Eintreten der Wechseljahre beginnen, um den größtmöglichen Bene-fit zu erlangen, so die Autoren.

Manson JE, Kaunitz AM (2016) NEJM. DOI: 10.1056/NEJMp1514242. Berufs-verband der Frauenärzte

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Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

LEICHENSCHAU

Totenschein vs. Obduktion

In Deutschland liegt die Regelung des Fried-hofs- und Bestattungsrechtes und damit auch der Leichenschau in der Gesetzgebungskom-petenz der Bundesländer (Art. 70 Abs. 1 GG). Somit bestehen für jedes Bundesland unter-schiedliche gesetzliche Grundlagen, die das Leichenschauwesen regeln. Dadurch existieren auch in fast allen Bundesländern verschiedene Todesbescheinigungen. Diese gleichen sich in-zwischen inhaltlich weitgehend, weisen aber z. T. länderspezifische formale Eigenheiten auf.

Allen Bundesländern gemein ist jedoch, dass bei jedem Todesfall eine Leichenschau durch einen Arzt vorgenommen werden muss. Die-se ärztliche Aufgabe ist grundsätzlich nicht delegierbar.

Sowohl laut sächsischem als auch thürin-gischem Bestattungsgesetz sind Ärzte ver-pflichtet, eine Leichenschau durchzuführen. Ausnahmen gelten hierbei lediglich, wenn beispielsweise ein anderweitiger Notfall die Anwesenheit des Arztes nötig macht oder der Arzt als Notarzt im Rettungsdienst tätig ist und ein weiterer Notfall ansteht. In letzterem Fall kann er sich auf das bloße Feststellen des Todes beschränken und eine sogenannte vorläufige Todesbescheinigung ausstellen. Die vollstän-dige Leichenschau muss anschließend von ei-nem ärztlichen Kollegen auf Veranlassung des Arztes bzw. Notarztes durchgeführt werden. Die länderspezifischen Regelungen sind in den jeweiligen Bestattungsgesetzen nachzulesen.

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Heinrich Georg Illing

Die seit Jahren bestehende und kontrovers geführte Diskussion zur Qualität der ärztlichen Leichen-schau in Verbindung mit sinkenden Obduktionszahlen veranlasste uns zu einer Analyse der konkreten Gegebenheiten in der sächsischen Großstadt Chemnitz anhand originaler Todesbescheinigungen. Dabei ergab sich, dass lediglich ein geringer Teil der Leichenschauen durch den zuletzt behandelnden Hausarzt erfolgte, der Großteil jedoch vom Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung. Bezüglich der kardialen Todesursachen stimmte nur bei 30 % der obduzierten Fälle die Diagnose mit der des Erstlei-chenschauers überein.

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titelthema

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Die ärztliche Leichenschau

Innerhalb der Erstleichenschau gilt es fol-gende Hauptaufgaben zu erfüllen:

• Sicheres Feststellen des eingetretenen Todes

• Zweifelsfreie Identifizierung des Leich-nams

• Bestimmung des Todeszeitpunktes, der Todesursache und der Todesart

(Quelle: abgewandelt nach der Leitlinie der DGRM „Regeln zur Durchführung der ärztlichen Leichenschau“, Stand 12/2012)

Um den Anforderungen der ärztlichen Leichen-schau (siehe Kasten) gerecht zu werden, ist es zwingend notwendig, eine gründliche Leichen-schau an der entkleideten Leiche vorzunehmen und auch die Umgebungs- und Auffindesitua-tion mit einzubeziehen. Sollte sich bereits zu Beginn der Leichenschau der Verdacht eines nicht natürlichen Todes ergeben, ist von einem weiteren Entkleiden abzusehen und die Poli-zei zu informieren. Es ist jedoch unumgäng-lich, auch beim mutmaßlichen Vorliegen ei-nes nicht natürlichen Todes den Leichnam so intensiv wie nötig zu begutachten, um den si-cheren Tod anhand mindestens eines sicheren Todeszeichens festzustellen.

Wie korrekt sind Totenscheine?Wir haben in unserer Studie retrospektiv insge-samt 15.612 originale Todesbescheinigungen in Papierform, die im Gesundheitsamt Chemnitz archiviert sind, aus den Jahren 2009 bis 2013 bezüglich der Hauptkriterien Alter, Geschlecht, Todesursache nach Erstleichenschau sowie nach eventuell erfolgter Obduktion, Todesart und eventuellen Komplikationen im Rahmen der zweiten Leichenschau erfasst. Anschlie-ßend erfolgte eine Zuordnung zur Gruppe der kardialen Todesfälle anhand der dokumentier-ten bzw. kodierten Todesursachen. Zusätzlich wurden Nebenkriterien bezüglich Kodierungs-verhalten, Sterbeort und Tätigkeitsgebiet des Leichenschauarztes bestimmt.

Der kardiale TodBesondere Aufmerksamkeit in der Auswertung der Daten sollte den kardialen Erkrankungen gewidmet werden, da Herz-Kreislauf-Erkran-kungen in Deutschland die häufigste Todes-ursache sind [1]. Von Interesse waren deshalb einerseits v. a. Sterbefälle, die laut der Leichen-schau eines kardialen Todes gestorben waren und eine Obduktion als qualitätssichernde bzw. diagnosesichernde Maßnahme nach sich zo-

gen und bei denen die kardiale Todesursache bestätigt oder widerlegt werden konnte. An-dererseits wurden v. a. Sterbefälle betrachtet, bei denen eine Obduktion stattfand, die einen primär nicht erkannten kardialen Todesfall auf-decken konnte. Aufgrund von zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Kategorisierung ein-zelner Fälle bezüglich kardial oder nicht kardi-al wurden Ausschlusskriterien für die Gruppe der kardialen Todesfälle definiert. So wurden Fälle, in denen eine maligne oder eine andere konkurrierende Grunderkrankung vorlag, aus-geschlossen, auch wenn diese unter Punkt 2 der Todesbescheinigung verschlüsselt war. Wenn beispielsweise ein Herzversagen als unmittel-bare Todesursache vorgelegen haben soll, je-doch ein metastasierendes Karzinom die Grund-erkrankung bildete, wurde dieser Fall nicht in die Gruppe der kardial Verstorbenen aufge-nommen. Eine Übersicht über die Vorgehens-weise und die Zahlenverhältnisse bietet Abb. 1.

ErgebnisseVon den ausgewerteten 15.612 Todesbeschei-nigungen konnte bei 3.520 von einem kardi-alen Todesfall ausgegangen werden (Abb. 2). Die insgesamt niedrige Obduktionsrate von 2,3 % schlägt sich in einer ausgewählten Grup-pe, wie der der kardialen Todesfälle, besonders nieder. Es konnten so lediglich 80 Fälle iden-tifiziert werden, in denen eine kardiale Todes-ursache nach Leichenschau vorlag und eine Obduktion stattfand oder ein kardialer Tod unabhängig vom Ergebnis der Leichenschau bei der Obduktion festgestellt wurde. In 30 % dieser Fälle erwies sich die Qualifizierung als kardial bedingter Todesfall auch nach einer

Abb. 1: Übersicht über Zahlen-verhältnisse hinsichtlich Ob-duktion und kardialer Todes-fälle.

Abb. 2: Anteil von kardial Ver-storbenen an der Gesamtzahl ausgewerteter Todesbeschei-nigungen.

Abb. 3: Übereinstimmung von kardialer Todesursache vor/nach einer durchgeführten Obduktion.

◼ kardiale Todesursache◼ nicht kardiale Todesursache

◼ kardial/kardial◼ kardial/nicht kardial◼ nicht kardial/kardial

3.520:22,5 %

24:30,0 %

26:32,5%

30:37,5 %

12.092:77,5 %

15.612Todesbescheinigungen

353

80Kardiale Todesursache nach der Erstleichenschau

und/oder nach der Obduktion

15.259Keine Obduktion

273Es liegt dem Tod sowohl vor als auch nach der Obduktion kein kardiales Geschehen zugrunde

18

titelthema

Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

Abb. 5: Übersicht über die Verteilung von Todesbescheinigungen mit korrekter und fehlender ICD-10-Kodierung der Diagnosen sortiert nach Tätigkeitsgebiet des Leichenschau-haltenden Arztes von Ende 2009 bis 2013.

vorgenommenen Obduktion als korrekt. Bei 37,5 % war die primäre Annahme eines kardi-alen Todes falsch und bei weiteren 32,5 % lag trotz primär anders bescheinigter Todesursa-che ein kardiales Geschehen vor (Abb. 3). Insge-samt konnte der Positiv Prädiktive Wert (PPV) für die Leichenschau hinsichtlich eines kar-dialen Todes mit 0,44 bestimmt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einem bei der Erstleichenschau festgestellten kardialen Todesfall auch tatsächlich um einen solchen handelt, liegt also im Untersuchungszeitraum bei 44 % (Tabelle 1).

Gemäß dem Arztstempel auf den Todesbe-scheinigungen sowie der Übereinstimmung des Unterzeichners mit der Angabe „zuletzt behandelnder Hausarzt“ konnte das Tätigkeits-gebiet des jeweiligen Leichenschau-haltenden Arztes einer der folgenden Kategorien zuge-ordnet werden:

– Hausarzt – Klinikarzt – Notarzt/Kassenärztlicher Notdienst – Sonstige

Unter „Sonstige“ wurden dabei alle Fälle zu-sammengefasst, in denen keine eindeutige Zuordnung möglich war oder beispielsweise Rechtsmediziner auch die Leichenschau über-nommen hatten und damit nicht einer der an-deren Kategorien zugeordnet werden konnten.

Der Verteilung der Sterbeorte folgend wurden in 48,9 % der Fälle mit Abstand die meisten Lei-chenschauen von klinisch tätigen Ärzten durch-geführt, gefolgt von Notärzten bzw. Ärzten des Kassenärztlichen Notdienstes (Abb. 4). Damit

erfolgte lediglich in 13,2 % der Fälle die Leichen-schau durch den zuletzt betreuenden Hausarzt.

Hinsichtlich der Kodierungsqualität und -quan-tität ergaben sich erhebliche Unterschiede be-zogen auf den jeweiligen Sterbeort. So sind in 80 % der Todesbescheinigungen bei Sterbefäl-len in Krankenhäusern die Diagnosen korrekt und vollständig kodiert, während es bei Todes-fällen im häuslichen Milieu lediglich 42,5 % sind (Abb. 5). Bei Todesfällen in Heimen geht der Anteil von Todesbescheinigungen mit rich-tig und vollständig kodierten Diagnosen sogar auf lediglich 37,6 % zurück.

FazitDie korrekte Qualifizierung von Todesursache und Todesart im Rahmen der ärztlichen Lei-chenschau erfordert differenzialdiagnostische Überlegungen und ein hohes Maß an Verant-wortung in Bezug auf das komplexe Bewerten einzelner Befunde und Informationen. Hierbei ist es umso wichtiger, gerade bei vermeintlich häufigen Todesursachen die diagnostische Si-cherheit durch eine deutlich gesteigerte Ob-duktionsrate zu erhöhen. Für diese Notwen-digkeit spricht nicht zuletzt der niedrige PPV der Leichenschau in Bezug auf kardiale Todes-ursachen. Darüber hinaus muss sich jeder Arzt des Umstandes bewusst sein, dass jede Todes-bescheinigung mit den darauf verschlüsselten Diagnosen die Grundlage für die amtliche To-desursachenstatistik bildet. Diese statistischen Erhebungen haben wiederum Auswirkungen auf die Ausrichtung von Präventionsprogram-men, die Ausgaben im Gesundheitswesen und die Erstellung von Leitlinien. ▪

Heinrich Georg IllingInstitut für Rechtsme-dizin Gera – Zwickau07546 Gera

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor hat keine deklariert.

online

Diesen Beitrag sowie die vollständige Literaturliste finden Sie auch unter

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Abb. 4: Verteilung der Tätig-keitsgebiete von Erstleichen-schau-haltenden Ärzten.

Ergebnisse ObduktionKardiale

TodesursacheAndere

Todesursache

Kardiale Todesursache 24 30 54

Andere Todesursache 26 273 299

50 303 353

Leic

hens

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tabelle 1

Tabelle 1: Vierfeldertafel zur Berechnung des Po-sitiven Prädiktiven Wertes der Leichenschau

◼ Hausarzt◼ Klinikarzt◼ Notarzt/KV◼ Sonstige

13,2 %

0,9 %

37,0 %

48,9%

36,2 % 63,8 %

80,2 % 19,8 %

50,3 % 49,7 %

◼ ICD-10-Kodierung vorhanden und korrekt ◼ ICD-10-Kodierung nicht vorhanden oder falsch

Notarzt/KV

Hausarzt

Klinikarzt

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %

titelthema

21www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 12/2016

ERHÄNGEN IM BETT

Tödliche Fixierung

Friederike Möhle, S. Stockhausen,

Burkhard Madea, Gerhard Kernbach-Wighton

Patienten, die wegen Verwirrtheit oder Un-ruhezuständen fixiert

werden, müssen un-bedingt überwacht

werden, insbesondere wenn sie sich in einem deliranten Zustand be-

finden. Das verdeutlicht der folgende Fall.

Kernbach-Wighton

Kasuistik

Ein 74 Jahre alter Mann war wegen einer Dünndarmperforation notfall-mäßig laparotomiert worden. Er ent-wickelte postoperativ eine delirante Symptomatik und wurde daraufhin intensivmedizinisch überwacht. Auf-grund eines positiven MRSA-Nach-weises erfolgte seine Unterbringung in einem Einzel-/Isolationszimmer. Zum Eigenschutz wurde er (wegen Verwirrtheit und Ziehen eines Zugan-ges) fixiert (Abb. 2), wobei aufgrund der Laparotomie auf einen Bauchgurt verzichtet wurde. Der Mann wurde mit den Fixierungsgurten um seinen Hals an einem der Bettgitter hängend aufgefunden. Die Beine des Toten ha-ben sich hinter dem Kopfteil des Bet-tes befunden (Abb. 1). Laut Aussage der Nachtschwester hätte der Mann zuvor wiederholt geraunt, dass er „das alles“ nicht mehr wolle. Laut Tochter hätte sich ihr Vater bis dato bester Gesundheit erfreut und sei sehr tatkräftig gewesen.

Abb. 1: Simulierte Auffindesituation

titelthema

22 Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

ken ist dabei progressiv gestört und hat einen traum artigen Charakter. Die Gedankenfolge ist weitschweifig, ziellos, unlogisch oder oh-ne nachvollziehbaren Zusammenhang. Die Ur-teilsfähigkeit ist schwer beeinträchtigt. Wahn-symptome, wie z. B. Halluzinationen, treten in 70 % der Fälle auf [13]. Möglich sind im Verlauf eines solchen meist massiv beeinträchtigenden Krankheitsbildes auch Depressionen und vor allem Angstzustände [4]. Viele im Verlauf ei-nes Delirs verwirrte Patienten haben vorher ih-ren Lebensalltag noch selbstständig und ohne wesentliche Probleme gestaltet und bewältigt. Auch der Patient im vorgestellten Fall wurde als „gesund und sehr tatkräftig“ beschrieben.

Patienten einer Intensivstation befinden sich oft in einem lebensbedrohlichen Zustand. Die Sichtweisen der Patienten selbst sind aber teil-weise anders. Sie stufen sich oftmals nicht als kritisch krank ein. Eine notwendige Fixierung kann deswegen als „kriminelle“ Fesselung gedeutet und emp-funden werden, kann sehr quä-lend sein und ist entsprechend nur sehr schwer bis unmög-lich mit der Realität zu verein-baren [11].

Ein weiterer kausaler Aspekt kann die Notwen-digkeit einer Isolierung, z. B. aufgrund einer

Gemäß Literaturangaben gehen le-diglich ca. 5 % aller Erhängungsto-

desfälle auf Unfälle zurück, wobei diese meist bei autoerotischen Aktivitäten von Männern auftreten. Eine besondere Teilgruppe stellen fixierte pflegebedürftige, demente oder psy-chiatrische Patienten dar, wobei kombinierte Symptombilder häufig vorkommen. Zu locker oder auch schlichtweg fehlerhaft angebrach-te Gurte können z. B. verrutschen und unter Einwirkung des Körpergewichts strangulierend wirken [2]. Eine besondere Problemgruppe hin-sichtlich Fixierungen bilden zudem Patienten im Zustand der Hocherregung [7, 8, 12]. Im vorliegenden Fall wurde der Patient tot „mit dem Kopf am Bettgitter hängend“ (Abb.  1) auf-gefunden. Bei der Rekonstruktion der Vorfalls- und Auffindesituation zeigte sich, dass sich der Mann nicht, wie zunächst vermutet, akziden-tell stranguliert hatte. Er hatte offenbar die Fixierungen beider Hände lösen können und sich dann am Bettrahmen erhängt. Laut Nacht-schwester habe der Patient im Vorfeld wieder-holt „gebrummelt“, dass er „das alles nicht mehr wollte“. Besonders relevant ist, dass der Patient eine delirante Symptomatik bot. Seine Hände waren fixiert, und er war in einem Iso-lationszimmer ohne engmaschige Kontrollen untergebracht worden.

Delir als lebensgefährlicher ZustandEin postoperatives Delir gilt als häufige und insbesondere lebensbedrohliche Komplikati-on [13]. Etwa 10 – 30 % aller Patienten höhe-ren Alters entwickeln ein Delir im Verlauf eines klinischen Aufenthaltes, postoperativ etwa je-der zweite bis vierte [4]. Ein Delir als organi-sches Hirnsyndrom entwickelt sich meist akut. Delirante Patienten neigen zur Selbstgefähr-dung und zu Selbstverletzungen. Das Den-

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Abb. 2: Simulation – so waren die Arme des Pa-tienten fixiert worden.

Kernbach-Wighton

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Etwa jeder zweite bis vier-te Patient entwickelt ein Delir nach einer Operation.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

VertrauenEinfühlungEhrlichkeitKontinuität

ÜberzeugungMotivation

zur EinnahmeVerträglichkeit

DatenlageSympathie

Eigene ErfahrungenAußendienst

Patient

Persönlichkeits-struktur

Tagesablauf

Comorbidität

BerufAlter

Ausbildung

Arzt

Persönlichkeits-struktur

Supervision

Vernetzung

AusbildungFachrichtungPersonal

Vorbilder

Medikament

Verträglichkeit

Nahrungs-restriktion

Einnahme-frequenz

GeruchGeschmackPillenzahl

Physikal.Eigenschaften

Abb. 1: Modell der multifaktoriellen Einflüsse der Adhärenz (modifiziert nach [2]).

Aut-idem für Generika?In der Ärzteschaft besteht dem Vernehmen nach immer wieder Unsicherheit,inwieweit ein Aut-idem-Ausschluss auch bei der Verordnung von Generika infrage kommt.

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von RechtsanwaltPeter v. Czettritz

Entscheidend für den Erfolg einer Therapie ist bekanntlich die Compliance, d.h. dieEinhaltung der Therapievorgaben durch den Patienten. Zunehmend wird der Begriff derCompliance durch den Begriff der Adhärenz ersetzt.2

Adhärenz bezeichnet danach dasAusmaß, in dem das Verhalten einer Person, wie beispiels-weise die Medikamenteneinnahme, mit den mit dem Therapeuten vereinbarten Empfeh-lungen übereinstimmt.3 Nach den Feststellungen der WHO, die sich auf die Auswertungzahlreicher Studien stützt, verhalten sich nur ca. 50% der Patienten mit chronischen Erkran-kungen in den entwickelten Ländern adhärent.3 Nach der bereits in Bezug genommenenArbeit von Bogner beeinflusst auch die Verträglichkeit eines Medikaments die Adhärenz(s. Abb. 1).2

Grundsätzlich gelten die Regelnfür die Aut-idem-Substitution auchfür die Verschreibung von Generika,denn die einschlägigen Regelun-gen des Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetzes (AABG) vom15.02.2002 befassen sich in keinerWeise mit Originalpräparaten oderGenerika.

Prinzipiell soll die Aut-idem-Substitutiondurch den Apotheker, d.h. die Abgabe eineswirkstoffgleichen, aber preisgünstigerenArzneimittels gemäß § 129 Abs. 1 SGB Vder Regelfall sein, wenn ein Präparat, dasmit der verordneten Wirkstärke und Pa-ckungsgröße identisch ist, für ein gleichesAnwendungsgebiet zugelassen ist und diegleiche oder eine austauschbare Darrei-chungsform besitzt.

Wenn ein Arzt, beispielsweise für einenHIV-Patienten ein Generikum verordnenwill und dabei eine gleichbleibende Quali-tät, Wirtschaftlichkeit und Kontinuität derTherapie gewährleistet haben will, kanner dies mit dem Aut-idem-Kreuz auf demRezept sicherstellen. In diesem Fall muss er

1 von Czettritz P. Zur Frage der Wirtschaftlichkeit einer Polypille in der GKV, PharmR 2015, S. 480 2 Bogner J. Adhärenz, HIV & more 2012;4:18-25 3 WHO. Adherence to long-term therapies; Evidence for action, 2003

Die nachfolgenden Gründe können für das Setzendes Aut-idem-Kreuzes sprechen:• Bekannte oder mögliche Nebenwirkungen aufgrund unterschiedlicherHilfsstoffe der infrage kommenden Substitutionspräparate.Ein häufiger Fall ist eine Laktose-Unverträglichkeit. Ein Praxisbeispiel istder Wirkstoff Nevirapin zur Behandlung von HIV-Infizierten. Hier gibt eszugelassene Fertigarzneimittel, die Laktose als sonstigen Bestandteil enthaltenund zugelassene Fertigarzneimittel, die keine Laktose enthalten.

• Darreichungsform oder Tablettengröße des Substituts ist nicht geeignet,z.B. bei Tabletten oder Kapseln, die nicht auf die bestimmte, vom Patientenbenötigte Dosis teilbar sind.

• Es besteht die Gefahr, dass multimorbide ältere Patienten das Substitutfalsch oder nicht einnehmen oder es mit anderen Arzneimitteln verwechseln.

Die beiden letzten Punkte können unter dem Stichwort „mangelnde Adhärenz“erfasst werden.1

auf dem Rezept nicht nur Wirkstoff, Wirkstoffmenge und Packungsgröße angeben, sondernauch die Arzneimittelbezeichnung.

Bei einem HIV-Patienten ist die Behandlung immer komplex und individuell, d.h. es gibtkeine medikamentöse Standardtherapie. Bei der Verordnung ist es daher in besonderemMaße wichtig, dem Patienten, die Medikamente zu verordnen, auf die er bereits gut ange-sprochen hat und die er insbesondere gut verträgt.

Wenn also der Arzt sicherstellen will, dasssein HIV-Patient mit einem bestimmtenMedikament versorgt wird, kann er diesdurch Setzen des Aut-idem-Kreuzes aufdem Rezept gewährleisten. Im Falle einesAut-idem-Kreuzes für ein Generikum hatder Arzt dabei naturgemäß wahrscheinlichein geringeres Regressionsrisiko als imFalle eines Aut-idem-Kreuzes für ein Ori-ginalpräparat. In jedem Fall sollte der Arztjedoch die Gründe für einenAut-idem-Aus-schluss in der Krankenakte entsprechenddokumentieren, damit er im Falle einesRegressanspruches von Seiten der gesetzli-chen Krankenkassen in der Lage ist, diesenabzuwehren.

Als Ergebnis ist festzustellen,dass Generika, ebenso wie Original-präparate, aut-idem-fähig sind.

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titelthema

24 Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

MRSA-Besiedelung, sein. Diese kann nachvoll-ziehbar eine hohe psychische Belastung darstel-len. Betroffene erleben z. B. nicht von ihnen zu steuernde Gefühlsschwankungen, Angst, Wut und haben nach eigenem Eindruck keinerlei Zu-kunftsperspektive. Hinzu kommt oft eine aus-geprägte Reizarmut. Die Infektion führt damit zu einem erlebten Kontrollverlust hinsichtlich der eigenen Situation, die nicht selbst aktiv be-einflusst werden kann, und die Isolation wird oft als Eingesperrtsein empfunden [6].

Suizidale RisikofaktorenMit zunehmendem Lebensalter steigen vor al-lem bei Männern Suizidgefährdung und -rate. Als häufigste Suizidmethode gilt Erhängen [3], wobei im vorliegenden Fall gleich mehrere Ri-sikofaktoren vorlagen (männliches Geschlecht, Senium, soziale Isolierung, Verlust von Hand-lungsfreiheit, ein Gefühl des Kontrollverlustes, von Krankheit und vermutlich auch intensive Angst). Eine suizidale Verhaltensstörung kann nicht diagnostiziert werden, wenn maßgebli-che Handlungen in einem deliranten Zustand oder während eines Verwirrtheitszustandes begonnen wurden. Ein Zustand fehlender „Ein-sichts- und Steuerungsfähigkeit“ gilt zudem als Ausschlusskriterium [10].

Gesetzliche GrundlagenGemäß § 1906 BGB dürfen „freiheitsentzie-hende Maßnahmen“ nur erfolgen, um zu ver-meiden, dass Pflegebedürftige sich selber tö-ten oder aber erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügen. Entsprechendes gilt für not-wendige medizinische Behandlungen/Eingrif-fe, die aufgrund des Verhaltens bzw. des geis-tigen/seelischen Zustandes eines Patienten nicht durchgeführt werden können (z. B. die Gefahr der Selbstentfernung eines Harnbla-senkatheters). In Alten-/Pflegeheimen und Krankenhäusern ist der Einsatz von FEM oft noch immer Bestandteil des Pflegealltags. Ei-ne vom Institut für Rechtsmedizin München durchgeführte Studie zu Todesfällen, die sich im Zusammenhang mit Gurtfixierungen ereig-neten, ergab in nahezu allen Fällen (19 von 22) ein fehlerhaftes Anlegen von Gurten [1]. Es ist diesbezüglich zu beachten, dass Verhaltensauf-fälligkeiten, wie z. B. Agitiertheit, durch eine Fi-xierung u. U. sogar verstärkt werden können. Oft haben FEM zudem negative, traumatisie-rende Auswirkungen auf das subjektive Erle-ben der Betroffenen.

Vorsicht bei Zweipunkt-FixierungenDa sich der Patient im vorliegenden Fall orien-tierungslos zeigte und sich außerdem einen venösen Zugang entfernt hatte, waren seine Hände bzw. Unterarme fixiert worden. We-

gen der frischen Op.-Wunde musste auf einen Bauchgurt verzichtet werden. Sind zwei Extremitäten fixiert, so handelt es sich um eine Zweipunkt-Fi-xierung. Bei agitierten (deliran-ten) Patienten sind Zwei- und Dreipunkt-Fixierung durchweg kontraindiziert, weswegen die-

se Fixierungsart in der Psychiatrie kaum ange-wendet wird [9]. Fixierte Patienten unterliegen außerdem stets einer erhöhten Fürsorgepflicht. Sie sind als vollständig hilflos anzusehen und deswegen auch nicht in der Lage, ihren Grund-bedürfnissen (Toilettengang, Nahrungsauf-nahme etc.) selbstständig nachzukommen [5].

Im vorliegenden Fall kam es offensichtlich auf-grund einer Verkettung mehrerer ungünstiger Umstände zu einem tödlichen Unfall. Der Pati-ent entwickelte ein postoperatives Delir, wel-ches zur Eigensicherung eine Fixierung (der Hände) erforderte. Da anamnestisch keine affektiven Erkrankungen bekannt waren, führ-ten vermutlich bei ihm am ehesten Wahrneh-mungsstörungen im postoperativen Delir zu einer depressiven und ängstlichen, finalen sui-zidalen Grundstimmung und zu einem Gefühl der Ausweglosigkeit, so dass ihm ein Tod durch Suizid als einzige Lösung erschien.

FazitFixierungen stellen in allen medizinischen Fachrichtungen besondere Herausforderun-gen hinsichtlich deren rechtlicher Grundla-gen, aber auch bezüglich deren Umsetzung und der Überwachungsmaßnahmen dar. Aus rechtsmedizinischer Sicht erfordert jede Art der Fixierung – abgesehen von der Beachtung juristischer Aspekte – eine engmaschige Über-wachung des Patienten. Grundsätzlich kann jede Fixierung das Risiko eines tödlichen Aus-ganges bergen, und Art und Weise der durch Patienten realisierten Modifikation und Um-funktionierung von Fixierungsmitteln ist schier unerschöpflich. Grundlage eines adäquaten und sicheren Einsatzes jedweder Fixierungen ist mithin eine ausreichende Sensibilisierung für sämtliche damit assoziierte Aspekte und Probleme. ▪

Prof. Dr. med. Gerhard Kernbach-Wighton

Institut für Rechts­medizin – Universi­tätsklinikum Bonn53111 Bonn

INTERESSENKONFLIKTE: Die Autoren haben keine deklariert.

online

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▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Bei agitierten Patienten sind

Zwei- und Dreipunkt-Fixierun-gen kontraindiziert.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Der Allgemeinarzt

Nützliche Services für die Reisezeit

Opioid-Patienten schnell und einfach beraten

Reisen sorgen mit neuen Eindrü-cken fernab des Alltags für Erho-lung. Davon können Patienten mit chronischen Schmerzen pro-fitieren. Sie können grundsätzlich verreisen und ihre Opioid-Thera-pie auch im Urlaub wie gewohnt fortsetzen.Wer gerne verreist, sollte jedoch auch gut vorbereitet sein. Denn gerade für Opioid-Patienten ist die Reisevorbereitung mit einem hohen Aufwand verbunden. Der behandelnde Hausarzt kann hier wertvolle Unterstützung leisten und darüber informieren, was bei Reisen mit Opioiden zu beach-ten ist.

Wichtig: die BtM-Bescheinigung für Auslandsreisen

Viele Opioide fallen unter das Be-täubungsmittelgesetz. Zur Mit-nahme von Betäubungsmitteln ins Ausland benötigen Patienten für jedes einzelne Medikament daher eine vom Arzt ausgestell-te Bescheinigung. Für Reisen in-nerhalb des Schengen-Raums wird die „Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmit-teln“ verwendet. Außerhalb des Schengen-Raums wird ein mehr-sprachiger Nachweis benötigt, der Angaben zu Einzel- und Tagesdo-sierungen, Wirkstoffbezeichnun-

gen und zur Dauer der Reise ent-halten muss [3].

Beratung leicht gemacht Das Einfach-Hilfreich-Paket „Rei-sen mit Opioiden“ wurde von 1 A Pharma speziell für Ärzte zu-sammengestellt, um sie effizient bei der Beratung von Opioid-Pa-tienten zu unterstützen. Das Pa-ket enthält einen Ratgeber, der neben allgemeinen Informatio-nen zu notwendigen Bescheini-gungen für das Mitführen von Betäubungsmitteln im Ausland auch Hinweise zur richtigen Lage-rung und zum Transport von Opi-oiden bereit hält. Auch generelle Anwendungshinweise zu trans-dermalen Schmerzpflastern sind enthalten. So kann zum Beispiel Hitze bei transdermalen Schmerz-pflastern zu einer erhöhten Kon-zentration des Wirkstoffs im Blut führen. Das Schmerzpflaster darf daher nicht der direkten Sonne ausgesetzt oder in der Sauna ge-tragen werden [4].

Adäquate Behandlung auch im Ausland sicherstellen

Im Einfach-Hilfreich-Paket findet sich zudem ein mehrsprachiger Opioid-Ausweis mit relevanten Informationen zur verordneten Medikation. Dieser soll im Not-

fall eine adäquate Behandlung der Patienten in fremden Län-dern unterstützen. Das Paket stellt außerdem zwei Bescheini-gungen für das Mitführen von Betäubungsmitteln bei Reisen in-nerhalb und außerhalb des Schen-gen-Raums zur Verfügung. Diese müssen noch vom Gesundheits-amt beglaubigt werden. Als wei-

teren Service für den Patienten sind Umschläge beigelegt, in de-nen Patienten ihre medizinischen Reiseunterlagen stets griffbereit mitführen können.

Beratungs-Paket kostenlos bestellen

Ärzte können das Einfach-Hilf-reich-Paket kostenlos per Fax un-ter 0800/439258815 oder unter www.1apharma.de/service be-stellen.

Etwa jeder fünfte Patient in der Hausarztpraxis leidet unter chronischen Schmerzen, die eine nicht-medikamentöse und medikamentöse Behandlung notwendig machen [1]. Opioid-Analgetika wie z. B. Fentanyl zählen zu den wichtigsten Substanzen in der medikamentösen Schmerztherapie [2]. Auch im Urlaub ist eine kontinuierliche Behandlung mit Opioiden wichtig. Schmerzpatienten soll-ten daher frühzeitig mit ihrem Arzt über Reisepläne sprechen. Das Einfach-Hilfreich-Paket „Reisen mit Opioiden“ von 1 A Pharma bietet dafür praktische Servicematerialien.

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ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Dr. Ingolf DürrMit freundlicher Unterstützung der 1 A Pharma GmbH, 82041 Ober-haching.Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Literatur1. DEGAM S1-Handlungsempfeh-

lungen Chronischer Schmerz2. Böger RH, Schmidt G. Arzneiver-

ordnungs-Report 2014: 301-3193. BfArM: www.bfarm.de/DE/Bun-

desopiumstelle/Betaeubungs-mittel/Reisen/_node.html

4. 1 A Pharma GmbH. Fachinfor-mation Fentanyl – 1 A Pharma® Stand: Juli 2013

Abb. 1: Das kostenlose „Einfach-Hilfreich-Paket“ enthält Materialien, die dem Arzt die Beratung von Opioid-Patienten vor Reisen erleichtern.

titelthema

26 Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

Die ärztliche Leichenschau gilt als der letzte Dienst des Arztes am

Patienten. Ihr Ziel liegt in der Feststellung des Todes, des Todeszeitpunktes, der Todesursache und der Todesart. Zu Fehlern bei der Durchfüh-rung der Leichenschau kommt es häufig durch falsch verstandene Rücksichtnahme auf Ange-hörige. Das führt dazu, dass eine gewisse An-zahl nicht natürlicher Tode verkannt wird [3].

In Mecklenburg-Vorpommern besteht entspre-chend § 12 des Gesetzes über das Leichen-, Be-stattungs- und Friedhofswesen eine gesetzliche Pflicht, dass jeder Verstorbene, der einer Feuer-

RECHTSMEDIZINER DECKEN AUF

Fehler bei der Leichenschau

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bestattung zugeführt werden soll, eine zweite ärztliche Leichenschau erhalten muss. Diese soll durch einen vom Gesundheitsamt ermächtig-ten Facharzt für Rechtsmedizin durchgeführt werden. Für die im Einzugsgebiet des Institu-tes für Rechtsmedizin Greifswald befindlichen Krematorien Greifswald und Neubrandenburg wird diese Aufgabe durch die Fachärzte des In-stitutes übernommen. Ziel ist die Feststellung bisher nicht entdeckter nicht natürlicher bzw. ungeklärter Todesfälle, sodass die Krematori-umsleichenschau die letzte Möglichkeit bietet, unklare Befunde am Leichnam und Unklarhei-ten der Todesbescheinigung aufzudecken. In

titelthema

27www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 12/2016

Diana Brackrock, Britta Bockholdt

Eine zweite ärztliche Leichenschau, wie sie beispielsweise in Mecklen-burg-Vorpommern vor der Kremie-rung vorgeschrieben ist, bietet eine letzte Möglichkeit, unklare Befunde und möglicherweise nicht natürli-che Todesursachen aufzudecken. Sie kann außerdem als Qualitätsin-dikator für die obligatorische erste Leichenschau dienen. Im Rahmen einer Studie offenbarten sich hierbei mehrere Problemfelder.

diesem Sinne kann die Krematoriumsleichen-schau auch als Indikator für die Qualität der obligatorischen ärztlichen Leichenschau an-gesehen werden [1, 2, 4].

VorgehensweiseIm Rahmen der Krematoriumsleichenschau er-folgt regelmäßig die Überprüfung der Todesbe-scheinigungen sowie eine erneute, vollständi-ge Untersuchung des entkleideten Leichnams. Die Datenerhebung umfasste neue Erkenntnis-se, die sich aus der zweite Leichenschau erga-ben und so nicht in der Todesbescheinigung

dokumentiert waren. Dazu zählten Verletzun-gen nach stumpfer oder scharfer Gewaltein-wirkung (Abb. 1), petechiale Einblutungen in die Lid- und Lidbindehäute (Abb. 2 und 3) so-wie in die Gesichtshaut, abnorme Beweglich-keit von Gliedmaßen als Hinweis auf Frakturen, Folgen thermischer Einwirkung und Strang-marken. Ebenso wurden in der Auswertung Unklarheiten bei der Überprüfung der Todes-bescheinigung sowie die Daten der entspre-chenden Todesbescheinigungen registriert. Ferner wurde dokumentiert, ob eine Anzeige des Sterbefalls erfolgte und inwiefern bei den durch uns angezeigten Todesfällen eine Sekti-on angeordnet wurde.

Insgesamt wurden von 2011 bis Juli 2015 36.801 Sterbefälle untersucht. Bei 3,2 % der Verstorbe-nen (n=1.196) wurde die Einäscherung zunächst angehalten. Von diesen Verstorbenen wurden 58,3 % bei der Polizei angezeigt, 41,4 % konn-ten nach telefonischer Rücksprache mit dem Leichenschauarzt, dem zuletzt behandelnden Arzt oder dem Hausarzt durch die Rechtsme-dizin geklärt werden. In 21,8 % der angezeig-ten Sterbefälle wurde eine gerichtliche Sekti-on angeordnet.

Befunde bei der zweiten LeichenschauDer häufigste Grund für das Anhalten des Leich-nams vor der Einäscherung waren Auffällig-keiten bei der zweiten Leichenschau selbst (38,04 %), dabei handelte es sich um nicht do-kumentierte Verletzungen am Leichnam. In erster Linie wurden Verletzungen nach stump-fer Gewalteinwirkung, wie Unterblutungen des Gesichtes, in den Todesbescheinigungen nicht angegeben (n = 342). Petechien (n = 84), ein Zustand nach Operation (n = 22), Frakturen (n = 20), Verletzungen infolge scharfer Gewalt-einwirkung (n = 13), aber auch eine unklare Iden-tität (n = 16) zählten zu den am häufigsten fest-

gestellten Auffälligkeiten. Als zweithäufigste Ursache, die zu einem Anhalten der Einäsche-rung führte, konnten mangel-haft erklärte Angaben der To-desbescheinigung identifiziert werden (n = 329, 27,5 %). Bei-spielhaft zu nennen sind hier nicht näher erläuterte Umstän-de einer in der Todesursachen-

kette der TB dokumentierten „Aspiration“ oder „Aspirationspneumonie“ oder unzureichend be-schriebene Umstände eines Dekubitus. Weiter-

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Nicht dokumentierte

Verletzungen sind ein Haupt-grund für das Anhalten der

Feuerbestattung.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

titelthema

28 Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

hin führte ein nicht korrekt bedachter innerer Zusammenhang zwischen Todesursache und Todesart (n = 265, 22,1 %), d. h. ein als natürlich deklarierter nicht natürlicher Tod zu einem An-halten. Seltener war ein nicht natürlicher oder ungeklärter Todesfall nicht angezeigt worden (n = 64, 5,3%) oder ein stark fäulnisveränderter Leichnam sollte eingeäschert werden, dessen Identität anhand der äußeren Leichenschau of-fensichtlich nicht zu klären war (n = 151, 25 %).

Im Zuge der zweiten Leichenschau stellten sich somit bei 60,7 % der angehaltenen, zu-nächst als natürlich deklarierten Sterbefälle (n = 726) Anhaltspunkte für einen nicht natürli-chen Tod dar, während bei 33,4 % der Anhaltun-gen (n = 400) auch nach der zweiten Leichen-schau nachweislich ein natürlicher Tod vorlag. Die Leichenschauen in unserem Einzugsgebiet werden überwiegend von klinisch tätigen oder niedergelassenen Ärzten durchgeführt. Dabei wurden von niedergelassenen Ärzten vor allem petechiale Einblutungen der Lid- und Lidbin-dehäute und der Gesichtshaut nicht erkannt und/oder nicht dokumentiert. Verletzungen infolge stumpfer Gewalteinwirkung wurden dagegen etwa gleich häufig durch Klinikärzte oder niedergelassene Ärzte nicht dokumentiert.

Häufige FehlerquellenUnsere Untersuchungen ergaben in 3,2 % der Fälle Auffälligkeiten, die zunächst zu einem An-halten des Prozesses der Einäscherung führ-ten. Problematisch erschien insbesondere das Erkennen und/oder die Dokumentation von Verletzungen durch stumpfe Traumatisati-on. Telefonische Rückfragen unsererseits bei den betreffenden Leichenschauärzten erga-ben vielfach, dass es sich hier um Bagatell-verletzungen handelte, die klinisch abgeklärt wurden und nicht kausal für den Todeseintritt angenommen werden mussten. Das Nichter-kennen von Petechien stellt ein weiteres Pro-blemfeld bei der ärztlichen Leichenschau dar. Als Erklärung bietet sich an, dass das notwen-dige Ektropionieren der Augenlider durch einen Großteil der Leichenschauärzte nicht erfolgt und somit insbesondere punktförmige Einblu-tungen der Lidbindehäute übersehen werden. Ebenfalls bereitet das Erkennen des korrekten inneren Zusammenhanges zwischen Todesur-sache und Todesart den Ärzten in der ersten Leichenschau offensichtlich Schwierigkeiten, das zeigten auch unsere Rückfragen. ▪

Diana Brackrock

Institut für Rechtsme-dizin Greifswald17489 Greifswald

INTERESSENKONFLIKTE: Die Autorin hat keine deklariert.

online

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▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Bei der Bestimmung der Todesart müssen äußere

Einwirkungen berücksichtigt werden.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Abb. 2: Petechiale Einblutungen in die Lidhaut

Abb. 3: Petechiale Einblutungen in die Lidbin-dehaut

Abb. 1: Hämatome am Rumpf als Spuren stumpfer Gewalteinwirkung

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Der Allgemeinarzt

Allergien nicht auf die leichte Schulter nehmen

Gute Behandlung hilft Patienten und spart Geld

Die Berücksichtigung von fünf Regeln zur Allergieentwicklung erleichtert in der ärztlichen Pra-xis den adäquaten Umgang mit al-lergischen Grunderkrankungen: 1. Atopische Erkrankungen sind genetisch beeinflusst und ma-nifestieren sich an unterschied-lichen Organen. Deshalb ist es sinnvoll, stets den ganzen Men-schen zu betrachten, wies Priv.-Doz. Dr. Martin Wagenmann, in Düsseldorf allergologisch tätiger HNO-Mediziner, auf die Lotsen-funktion des Hausarztes hin. 2. Allergische Erkrankungen entwi-ckeln sich im Laufe des Lebens und können sich gegenseitig be-einflussen. Daher bedarf es einer regelmäßigen Überprüfung. 3. Der nasobronchiale Luftweg ist ei-ne funktionelle Einheit. Deshalb sollten Patienten mit allergischer Rhinitis regelmäßig auf Asthma-symptome untersucht werden und umgekehrt. 4. Die Anaphyla-xie ist die höchste Eskalationsstu-

Abb. 1: Behandlungskosten bei Patienten mit allergischer Rhinitis mit oder ohne begleitendes Asth-ma bronchiale unter Gabe von Dy-mista® (MP29-02) versus intrana-saler Gabe von Kortikosteroiden und Azelastin (INA/INS) als Einzel-gaben [1].

fe allergischer Erkrankungen und sollte bei Atopikern stets im Au-ge behalten werden. 5. Allergien sind gut behandelbar. Eine sach-gerechte Therapie mindert den Leidensdruck der Patienten und reduziert zudem das Risiko von Folgeerkrankungen – etwa einen „Etagenwechsel“ bei allergischer Rhinitis mit nachfolgender Ent-stehung eines allergischen Asth-mas. (Weitere Informationen un-ter www.allergien-verstehen.de).

Stark wirksame Kombination von Fluticason und Azelastin

Den Einsatz Kortison-haltiger Na-sensprays hält Prof. Dr. Ludger Klimek, Wiesbaden, bei Patienten mit allergischer Rhinitis für nahe-liegend: „Die Nasenschleimhaut ist autark, sie kann alles alleine ma-chen“, verdeutlichte Klimek am Beispiel der lokalen IgE-Produkti-on. In Eltville vorgestellte Studien-daten weisen die unter dem Han-delsnamen Dymista® zugelassene

Fixkombination von Fluticason und Azelastin verglichen mit der topischen Gabe der Einzelsubstan-zen als besonders wirksame Thera-pie gegen die von vielen Patienten als quälend empfundenen Kern-symtome der allergischen Rhinitis

aus. Zugelassen ist die in speziel-ler Galenik verfügbare Fixkombi-nation zur Symptomlinderung bei mittelschwerer bis schwerer aller-gischer Rhinitis, wenn eine Mono-therapie entweder mit einem in-tranasalen Antihistaminikum oder einem Glukokortikosteroid als un-zureichend erachtet wird. Dieser Umstand sollte auch entsprechend dokumentiert werden. In Abb. 1 dargestellte Ergebnisse retrospek-tiver Analysen US-amerikanischer Versichertendaten lassen erken-nen, dass die Therapie mit dem innovativen Nasenspray letztlich Kosten einsparen könnte [1].

4581 260

INA/INS (n = 726) INA/INS (n = 113)

6-Monats-Behandlungskosten allergische Rhinitis

6-Monats-Behandlungskosten Asthma (von Patienten mit AR + Asthma)

Kost

en ($

)

Kost

en ($

)

MP29-02 (n = 810) MP29-02 (n = 109)

50045040035030025020015010050

0

1 400

1 200

1 000

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200

0

334

543

Vielfach als „Bagatellerkrankung“ verharmlost, werden Patienten mit allergischen Grunderkran-kungen wie einer allergischen Rhinokonjunktivitis vorhandene und nachgewiesenermaßen wirk-same Therapieoptionen nicht selten vorenthalten. Für betroffene Patienten resultiert daraus ein vermeidbarer Leidensdruck, für das Gesundheitssystem als solches vermeidbare Folgekosten – etwa dann, wenn sich der Rhinitis im Zuge des „allergischen Marsches“ auch noch ein allergisches Asthma hinzugesellt. Um dies zu verhindern, sind vor allem Hausärzte gefragt.

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Allergologie im Kloster 2016: Meet-The-Expert-Talk & Satelliten-symposium „Patientenfälle aus der allergologischen Praxis – Hätten Sie es gewusst?“, Veran-stalter: Meda Pharma, Eltville, 20. Mai 2016.

ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Dr. med Ludger RiemMit freundlicher Unterstützung derMEDA Pharma GmbH & Co. KGDie Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Für den Notfall gerüstetDie Verordnung eines Adrenalin-Autoinjektors wie dem einfach zu handhabenden Fastjekt®/Fastjekt® Junior empfiehlt sich bei Patienten mit früheren anaphylaktischen Reaktionen sowie auch bei Risikopatienten für eine Anaphylaxie. Eine Indikation besteht u.a. bei Patienten mit systemischen allergischen Reaktionen und Asthma bronchiale, systemischer Allergie auf potente Allergene und hohem Sensibilisierungsgrad.

Literatur1. Harrow B et al. EAACI 2015,

Poster 16.

-27 %

-57 %

p = 0,001 p = 0,017

30 Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

berufsbild und politik

Ein halbes Jahrhundert Allgemeinmedizin

1966–2016

Im Oktober 2016 feiert die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) in Frankfurt ihren 50. Geburtstag. Die Zeitschrift Der Allgemeinarzt nimmt dies zum Anlass, in loser Folge ihre Leser auf dieses historische Ereignis einzustimmen. Die Entwicklung von der allgemeinen Medizin zur Allgemeinmedizin wird anhand von Archivmaterial, Berichten von Zeitzeugen und Reprä-sentanten der DEGAM dokumentiert. Recherchiert und zusammengestellt hat die Serie der Herausgeber der Zeitschrift, Prof. Dr. Frank H. Mader.

Vera Kalitzkus, Horst Christian Vollmar, Stefan Wilm

Allgemeinmedizin ist ohne Familienmedizin kaum vorstellbar. Das zeigt auch der Name der DEGAM, der im Jahre 1998 um die „Familienmedizin“ ergänzt wurde. Eine Definition, was genau darunter verstanden wird und wie es umzu-setzen ist, stand für den deutschsprachigen Raum bisher noch aus. Über eine Expertenbefragung wurde eine Arbeitsdefinition für „Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ entwickelt, die als Ausgangsbasis für versorgungsnahe For-schungsprojekte, für die öffentliche Darstellung des Faches sowie für das Selbst-verständnis von Hausärztinnen und Hausärzten dienen kann [1].

UNZERTRENNLICH UNTER EINEM DACHFamilienmedizin in der hausärztlichen Praxis

Die Wurzeln der Familienmedizin in Deutschland gehen auf die Allgemeinärzte Frans J. A. Huygen (Niederlande) und Hans Hamm in den 1980er-Jahren zurück. Huy-gen formulierte als These: „Die Familie als Einheit ist der Patient [2]“. Hamm sieht in der Familie eher selten die Behandlungs-einheit, aber dennoch den therapeuti-

schen Rahmen hausärztlichen Handelns [3]. Nach dieser Welle des Interesses gab es Ende der 1990er-Jahre vereinzelt An-sätze, die Aufmerksamkeit erneut auf die Familienmedizin zu lenken [4, 5]. Die In-tegration familienmedizinischer Ansät-ze in Praxis und Forschung fand jedoch selten statt [5].

Was ist heute mit „Familien­medizin“ gemeint?„Familienmedizin ist eine wichtige Auf-gabe in der hausärztlichen Versorgung“, lautet eine der Zukunftspositionen der DEGAM [6]. Sie beschreibt in ihrer De-finition von Allgemeinmedizin aus dem Jahr 2002 als haus- und familienärztliche →

31www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 12/2016

berufsbild und politik

berufsbild und politik

Kerndefinition „Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ [1]

Die Familienmedizin ist integraler Bestandteil der Allgemeinme-dizin. Sie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der das Wissen um die familiäre Situation einbezieht.

„Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ ist definiert als die Behand-lung eines Patienten unter Berücksichtigung des familiären Umfel-des und besonderer familiärer Belastungen, ohne dass weitere Fami-lienmitglieder in derselben Praxis in Behandlung sein müssen.

Der „Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ wird ein über das „klassische“ Konzept von „Familie“ hinausgehendes, erweitertes Verständnis von Familie zugrunde gelegt. Zur „Familie“ eines Pati-enten gehören die Mitglieder seiner Herkunftsfamilie. Darüber hi-naus zählen diejenigen Menschen hinzu, mit denen er über Hei-rat oder eine eingetragene Lebensgemeinschaft verbunden ist, in Wohn- oder Hausgemeinschaft (auch im höheren Lebensalter) zu-sammenlebt, aber auch ehemalige Partner oder entfernt leben-de Angehörige, sowie sie sich für den Patient mitverantwortlich zeigen. „Familie“ schließt alle Formen von Lebensgemeinschaften (auch ohne Trauschein, mit oder ohne Kinder) ein, die sich emotio-nal aufeinander beziehen (z.B. „Patchwork“-Familien).

„Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ ist für folgende Aufgaben zuständig:

• Primärärztliche Betreuung von Patienten (als integraler Teil der Allgemeinmedizin),

• Beachtung somatischer, psychischer und psychosomatischer Pro-bleme/Erkrankungen,

• Beobachten und Abklären von sozialen Ereignissen, die nicht un-mittelbar mit medizinischen Befunden korrelieren.

In der Umsetzung gehören dazu im Einzelnen folgende Kernaufga-ben:

• Hausärztliche Sorge, Begleitung und Betreuung für mehrere Fa-milienmitglieder unter Balance der einzelnen Bedarfe,

• Verstärkte Aufmerksamkeit für familiäre Problemlagen/Belas-tungen, die sich gesundheitsschädigend auswirken können,

• Prävention/Gesundheitsförderung, • Ressourcen und Risiken von Familie (er)kennen und berücksich-tigen,

• Das Individuum und die Familie zur Selbstbefähigung/Selbstre-gulation unterstützen.

In der Lösung dieser Aufgaben zeichnet sich die „Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ insbesondere durch folgende Herangehens-weisen aus:

• Gesundheitliche bio-psycho-soziale Betreuung und Begleitung von Menschen,

• Ganzheitliche Sichtweise auf den Patienten und seine Probleme, • Kenntnis und explizite Berücksichtigung des familiären, sozialen und kulturellen Umfeldes in der Betreuung von Patienten und ih-ren Familien,

• (Mit)Behandeln von Familienmitgliedern, • Berücksichtigung von Bedürfnissen und Besonderheiten der ein-zelnen Familienmitglieder innerhalb der Familie oder Lebensge-meinschaft,

• Berücksichtigung familiärer Interaktionen und Dynamiken beim Umgang mit Diagnosen, Krankheitsbildern und Krankheitsfol-gen, unabhängig vom Setting der Konsultation (Einzel-, Paar-, Fa-miliengespräch),

• Anerkennung der wechselseitigen Auswirkungen von Gesund-heit/Krankheit auf das psychische und soziale Gefüge von Pati-ent und Familie,

• Einbezug des Wissens um das familiäre Umfeld und seine ge-sundheits- bzw. krankheitsfördernden Aspekte in Anamnese, (Differential-) Diagnostik und Therapieplanung. Der Einbezug dieses Wissens und der daraus folgenden Konsequenzen erfolgt auf 3 Ebenen: 1) Thematisierung im Einzelgespräch mit Patient; 2) Paargespräche oder Eltern-Kind-Konsultationen in der Pra-xis; 3a) Krankheitsbezogene Familienkonferenzen im häuslichen Umfeld (z. B. bei der häuslichen Begleitung von Demenzkran-ken); 3b) Krankheits- oder problembezogene Familienkonferen-zen in der Praxis (z. B. Umgang mit chronischer Erkrankung eines Familienmitgliedes, familiäre Konflikte),

• bei Entwicklung der Anamnesen, Befunde, Risiken auch den Langzeitverlauf (Individuum wie Familie) und belastende Aspek-te, wie biographische, kulturelle, religiöse o.ä. Konflikte/Verlet-zungen beachten.

Der „große“ Hamm erschien erstmals 1980 (Repro: Frank H. Mader)

Lehrbuch-Pionier F. J. A.Huygen, 1978 (Repro: Frank H. Mader)

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32 Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

berufsbild und politik

Funktion „insbesondere die Betreuung des Patienten im Kontext seiner Fami-lie oder sozialen Gemeinschaft, auch im häuslichen Umfeld (Hausbesuch)“. Doch „Familie“ heute ist nicht mehr das, was sie vor einigen Jahrzehnten war. Neben dem traditionellen Modell der Kleinfami-lie wird heute eine Vielzahl weiterer Fami-lienformen gelebt. Der Familienmedizin liegt deshalb ein erweitertes Verständnis von „Familie“ zugrunde: Ausgangspunkt ist der Patient selbst und was aus seiner Perspektive heraus das Netz an (alltags-)relevanten Beziehungen darstellt. In ei-ner aktuellen Expertenbefragung im Rah-men einer hausärztlichen Delphi-Studie [1] entschieden sich die Befragten auch für eine weite Definition dessen, was im Kern als „Familienmedizin in der Haus-arztpraxis“ bezeichnet wird: Familien-medizin praktiziert, wer das familiäre Umfeld mit berücksichtigt, „ohne dass weitere Familienmitglieder in derselben Praxis in Behandlung sein müssen“.

In diesem Beitrag wird die Kerndefiniti-on im Wortlaut wiedergegeben und zur Diskussion angeboten. Weitere Aspekte der Umsetzung sind in der erweiterten Fassung nachzulesen [7]. Im Laufe einiger Jahre kann eine Anpassung an den aktuel-len Forschungsstand notwendig werden.

Zukunft der FamilienmedizinKontrovers diskutiert wurde das Verhält-nis von Familienmedizin zur Allgemein-

medizin. Die Abgrenzung und Positio-nierung von Familienmedizin gegenüber der Allgemeinmedizin ist nicht eindeutig möglich. Noch 1981 beantwortete Jürg Willi die Frage, was Familienmedizin ist, mit folgenden Worten: „Grundsätzlich meint dieser Begriff nichts anderes als Hausarztmedizin oder Primärmedizin, wobei das neue Wort auch für die Wie-derentdeckung und Wiederbelebung des ältesten Bereiches der Medizin steht [8].“ Obwohl die Familienmedizin integraler Bestandteil von Allgemeinmedizin ist, vertreten wir die Auffassung, dass eine eigene Definition notwendig ist, um sie als gemeinsame Grundlage für Forschung und Lehre nutzbar zu machen. Die Fra-ge, wie Familienmedizin in der täglichen hausärztlichen Praxis tatsächlich umge-setzt wird, ist eine Frage für weitere haus-ärztliche Forschungsprojekte, für die – so hoffen wir – mit der vorliegenden Arbeits-definition eine Ausgangsbasis geschaffen wurde. ▪

Kalitzkus V, Vollmar HC (2016) Familienmedizin in der Hausarztpraxis. Eine Delphi-Studie zur Entwicklung ei-ner gemeinsamen Arbeitsdefinition. Zeitschrift für All-gemeinmedizin 2016; 92 (5): 208–212Kalitzkus V, Wilm S (Hg.) (2013) Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft. Düsseldorf: düs-seldorf university press

Informationen zum Forschungs-schwerpunkt Familienmedizin des ifam (Düsseldorf) und der Kongress-reihe „Familienmedizin in der haus-ärztlichen Versorgung der Zukunft“.(www.familien-medizin.org). Auf dieser Webseite findet sich auch die Arbeitsdefinition „Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ als PDF.

Bisher erschienene Artikel der

DEGAM-Reihe

www.allgemeinarzt- online.de/a/1762213

online

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38. Jahrgang, ISSN 0172-7249

Organ für Fortbildung und Praxis des Deutschen Hausärzteverbandes e. V.

Herausgeber: Prof. Dr. med. Frank H. MaderAnschrift der Redaktion: Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel. (0 61 31) 960 70 67, Fax (0 61 31) 960 70 90, E-Mail: [email protected]; Internet: www.allgemeinarzt-online.deChefredakteurin: Dr. med. Vera Seifert (V.i.S.d.P.), Tel. (0 61 31) 960 70 44Redaktion: Dr. Ingolf Dürr, Tel. (0 61 31) 960 70 45, Werner Enzmann, Tel. (0 61 31) 960 70 46Redaktionsassistenz: Yvonne Homann, Tel. (0 61 31) 960 70 47

Ständige ärztliche Mitarbeiter: Dr. med. Gerhard Bawidamann, Nittendorf; Dr. med. Peter Landendörfer, Heiligenstadt; Dr. med. Fritz Meyer, Oettingen; Dr. med. Bernhard Riedl, Wenzenbach

Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Dietrich Abeck; München; Dr. med. Thomas Hausen, Essen; Dr. med. Gerhard Herzog, Regensburg; Dr. med. Carsten Isenberg, Straubing; Prof. Dr. med. Andreas Klement, Halle (Saale); Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Wiesbaden; Prof. Dr. med. habil. Martin Konit-zer, Schwarmstedt; Dr. med. Andreas Leischker, M.A., Krefeld; Dr. med. Frederik M. Mader, Nittendorf; Dr. med. Diethard Sturm, Hohenstein-Ernstthal

Anschrift des Deutschen Hausärzteverbandes e. V.: Deutscher Hausärzteverband e. V., Edmund-Rumpler-Str. 2, 51149 Köln, Tel. (0 22 03) 57 56-0, Fax (0 22 03) 57 56-70 00, E-Mail: [email protected], Internet: www.hausaerzteverband.de

Verlagsanschrift: Verlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Fax (0 61 31) 9 60 70 70; Geschäfts führung: Kristian Senn; Tel. (0 61 31) 9 60 70 10, Herstellungsleitung: Reiner Wolf, Tel. (0 61 31) 9 60 70 11, E-Mail: [email protected]; Anzeigenleitung: Hardy Lorenz, Tel. (0 61 31) 960 70 21; Anzeigen: Thomas Pfisterer, Tel. (0 61 31) 960 70 22;Anzeigenpreise nach Tarif Nr. 33 vom 1. 1. 2016; Sonder drucke: Margarete Hahn, Tel. (0 61 31) 9 60 70 91, E-Mail: [email protected]; Leserservice: Steffie Wolf, Tel. 0 61 31/9 60 70-62; Bezugspreis: Jährlich 64,40 €, Studenten abonnement 37,00 €, Einzelpreis 3,60 €; Bezug: jeweils zum 10. und 25. eines jeden Monats (außer in den Monaten Januar, Juli, August und Dezem-ber nur am 25. des Monats);

Bestellung: „InTime Media Services GmbH, Postfach 1363, 82034 Deisenhofen, Tel. (0 89) 8 58 53-801, Fax: (0 89)8 58 53-8 88, E-Mail: [email protected], oder über jede Buchhandlung; Verlagsauslieferung Schweiz: Hans Huber AG, Länggass-Str. 76, CH-3000 Bern 9, Fax (0041) 31 300 4500. Die Kündigung des Abonnements ist jederzeit möglich.

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Der Allgemeinarzt

Der Allgemeinarzt

Zeitgemäße Therapie mit oralem Vancomycin

Clostridium difficile nicht unterschätzen

Orales Vancomycin wird nach der aktuellen Leitlinie der Euro-päischen Gesellschaft für klini-sche Mikrobiologie und Infekti-onskrankheiten (ESCMID) bei allen Formen der CDAD emp-fohlen – bei schweren und kom-plizierten Fällen sowie bei Rezi-diven sogar als Mittel der ersten Wahl [2]. Studiendaten beschei-nigen oralem Vancomycin Hei-lungsraten von 98 % bei leichten und 97 % bei schweren CDAD-Formen bei guter Verträglichkeit [3]. Mit Metronidazol werden bei schweren Fällen dagegen nur Hei-lungsraten von 76 % erreicht [3]. Dies bestätigen auch aktuelle Da-ten von Johnson und Kollegen [4].

Weniger Rezidive mit höheren Vancomycin-Dosen

Ergebnisse von Lam et al. weisen auf eine geringere Rezidivrate mit höheren Vancomycin-Dosen hin (über 500 mg/Tag; entsprechend

einer Dosierung von 4 x 250 mg/Tag oder 4 x 500 mg/Tag, siehe Abbildung 1) [5].

Orales Vancomycin auch beim Rezidiv zugelassenVancomycin ENTEROCAPS® 250 mg sind neben der CDAD-In-itialtherapie auch zur Behandlung bestehender Rezidive zugelassen [1]. Bei multiplen rezidivierenden CDAD-Formen empfiehlt sich die Anwendung eines mehrstufigen Pulsschemas gemäß der Öster-reichischen Gesellschaft für Gas-troenterologie und Hepatologie (ÖGGH). Dabei werden zunächst über 10 Tage 4 x 500 mg/Tag ora-les Vancomycin eingenommen. Ab Tag 11 wird die Dosis auf 4 x 250 mg/Tag reduziert und auch nur noch jeden 2. Tag verabreicht. Die Therapiewochen 4 bis 6 se-hen eine niedrigere Vancomycin- Dosis (250 mg) vor, die nur noch jeden 3. bzw. 4. oder 5. Tag

appliziert wird. Ein Vancomycin-Tag mit 4 x 250 mg pro Woche bleibt ab Woche 7 [6].

Literatur1. Fachinformation Vancomycin

ENTEROCAPS® 250 mg, Stand: August 2015.

2. Debast et al., Clin Microbiol Infect 2014; 20 (Suppl 2): 1-26.

3. Zar et al., Clin Infect Dis 2007; 45: 302-7.

4. Johnson et al., Clin Infect Dis 2014; 59: 345-54.

5. Lam et al., Int J Antimicrob Agents 2013; 42: 553-8.

6. Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepato-logie (ÖGGH) 2013, www.oeggh.at/fi les/clostridien_slides_neu_oeggh_22_10_2013.pdf.

In der Hausarztpraxis sind vor allem ältere multimorbide Patienten bzw. Patienten, die in den letzten Monaten eine Antibiotikatherapie bekamen oder im Krankenhaus waren, von einer Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhoe (CDAD) betroffen. Bei allen Schweregraden hat sich orales Vancomycin durch seine hohe Wirksamkeit bewährt und ermöglicht sowohl bei leichten und schweren als auch bei wiederkehrenden CDAD-Formen eine adäquate Behand-lungsoption [1, 2].

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ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Monika WalterMit freundlicher Unterstützung derRIEMSER Pharma GmbHDie Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Vancomycin ENTEROCAPS® 250 mg - Wirkstoff: Vancomycinhydrochlorid Zusammensetzung: 1 Hartkapsel enthält 250 mg Vancomycinhydrochlorid (entsprechend mindestens 262.500 I.E. Vancomycin). Sonst. Bestandt.: Macrogol 6000, Gela-tine, Titandioxid (E 171), Indigocarmin (E 132), Eisenoxid (E 172), Schellack, Propylenglykol, Kaliumhydroxid, konzentrierte Ammoniaklösung. Anwendungsgebiete: Vancomycin ENTEROCAPS® 250 mg sind zur Behandlung von Enterokolitiden hervorgerufen durch: Clostridium difficile (Clostridium difficile assoziierte Diarrhö und Enterokolitis), Staphylokokken (Staphylokokken-Enterokolitis) geeignet. Bei anderen Infektionen ist Vancomycin, wenn es oral angewendet wird, nicht wirksam, da es aus dem Magen-Darm-Trakt nicht nennenswert resorbiert wird. Gegenanzeigen: Wenn Sie allergisch gegen Vancomycin oder einen der sonstigen Bestandteile dieses Arzneimittels sind. Nebenwirkungen: Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: Selten kann Übelkeit auftreten. Da Vancomycin nach Einnahme im Allgemeinen nicht in wirksamen Mengen aus dem Magen-Darm-Trakt in das Blut übergeht, sind Nebenwirkungen, wie sie nach intravenöser Anwen-dung berichtet wurden, nach Einnahme der Hartkapseln im Allgemeinen nicht zu erwarten. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass gelegentlich bei Patienten mit Entzündung der Darmschleimhaut nach wiederholter Einnahme wirksame Vancomycin-Konzentrationen im Blut auftreten, vor allem wenn gleichzeitig die Nierenfunktion eingeschränkt ist. Bei längerer Einnahme von Vancomycin kann es zu einem vermehrten Wachstum von Krankheitserregern kommen, gegen die Vancomycin nicht wirksam ist. Daher sollte der behandelnde Arzt auf Anzeichen einer erneuten Infektion achten. Nach intravenöser Gabe von Vancomycin wurden folgende Nebenwirkungen berichtet: Infektionen: Häufig wurden orale Candi-dosen beobachtet. Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems: Verminderung der Zahl bestimmter weißer Blutkörperchen (Neutropenie und Einzelfälle von Leukopenien) oder der Blutplättchen (Thrombozytopenie), Anstieg bestimmter weißer Blutkörperchen (Eosinophilie). Leber- und Gallenerkrankungen: In Einzelfällen sind erhöhte Leberenzyme, Hepatitis und Ikterus aufgetreten. Erkrankungen des Nervensystems: Schwindel kann auftreten. Es wurden Einzelfälle von Taub-heitsgefühl (Parästhesien), Schläfrigkeit (Somnolenz), Krämpfe (Konvulsionen), Kopfschmerzen und Zittern (Tremor) beobachtet. Erkrankungen der Niere und Harnwege: Nierenversagen, hauptsächlich erkennbar an erhöhten Serumkreatinin- oder Blutharnstoffstickstoffkonzentrationen, Nierenentzündung (interstitielle Nephritis). Erkrankungen des Ohres und des Labyrinths: Hörverlust, Ohrenklingen. Überempfindlichkeitsreaktionen: schwere Überempfindlichkeitsreaktionen mit Kreislaufbeteiligung, Hautausschlag, einschl. schwerer Formen von Hautentzündung (exfoliative Dermatitis, lineare (bullöse) IgA Dermatose, Stevens-Johnson-Syndrom), Arzneimittelfieber, Schüttelfrost und Eosinophilie (Anstieg bestimmter weißer Blutkörperchen), in Einzelfällen Gefäßentzündung. Während oder kurz nach rascher intravenöser Infusion von Vancomycin können Überempfindlichkeitsreaktionen einschl. Blutdruckabfall, Atemnot, Nesselfieber oder Juckreiz auftre-ten. Es kann auch zu Hautrötung am Oberkörper („red neck“) oder Schmerzen und Krämpfen der Brust- und Rückenmuskulatur kommen. In einem Fall wurde eine solche Reaktion auch nach der Einnahme von Vancomycin berichtet. Warn-hinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: August 2015. Pharmazeutischer Unternehmer: RIEMSER Pharma GmbH, An der Wiek 7, 17493 Greifswald-Insel Riems, Deutschland

Abb. 1: Vancomycin-Dosierung: Aktuelle Studie von Lam et al. zeigt niedrigere Rückfallraten mit höhe-ren Dosen von oralem Vancomycin (> 500 mg/Tag) [mod. nach 5].

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berufsbild und politik

Mit „Familienmedizin in der Hausarztpraxis“ ist

die Behandlung von Patienten unter Be-rücksichtigung ihres familiären Umfelds und besonderer familiärer Belastungen gemeint. Dank ihrer integrativen Betrach-tungsweise hat sie die Patienten in ihrer Gesamtheit im Blick. Die Beachtung so-matischer, psychischer und soziokulturel-ler Aspekte gehört explizit dazu.

Auf dem Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zu-kunft“ war man sich sicher, dass die Fa-milienmedizin von zentraler Bedeutung

Familienmedizin ist im Grunde ein integraler Bestandteil der Allgemeinmedizin. Ein vom Institut für Allgemeinmedizin an der Universität Düsseldorf organisierter Kongress befasste sich eingehender mit der Rolle, die Familienmedizin in der hausärzt-lichen Praxis tatsächlich spielt, welche Potenziale darin stecken und wie die konkrete Versorgungsrealität aussieht. Fazit: Es bleibt noch viel zu tun.

FAMILIENMEDIZINEine anspruchsvolle Aufgabe

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ist für eine Gesellschaft, die sich im Wan-del befindet aufgrund der zunehmenden Migration, der Alterung der Bevölkerung, Arbeitslosigkeit, Armut u. a.

Gerade in den Hausarztpraxen zeigen sich gesellschaftliche Problemlagen tag-täglich. Hausarztpraxen sind gleichzei-tig Brennpunkt und Abbild gesellschaft-licher Veränderungen. Vernetzung und bereichsübergreifende Zusammenarbeit werden dabei in der Gesundheitsversor-gung immer wichtiger, um Gesundheits- und Teilhabechancen in jedem Lebensal-ter zu ermöglichen.

Hausarztpraxis als AnkerpunktDies erfordert Wissen um die Zusam-menhänge von familiären Lebensbedin-gungen, sozialen Problemlagen und ih-ren Auswirkungen auf die Gesundheit. Wer wäre besser geeignet als die fami-lienorientierten Hausärzte, um diese an-spruchsvolle Aufgabe zu übernehmen?

Denn Hausarztpraxen können als Anker-punkte für präventive und gesundheits-fördernde Strategien dienen und durch ihre niedrigschwellige Zugangsmöglich-keit für die Versorgung von Familien im Quartier hilfreich sein.

Auch wenn es kaum wissenschaftliche Untersuchungen zur Familienmedizin gibt, klingt das in der Theorie alles sehr vernünftig. Aber füllt die Allgemeinme-dizin diese familienmedizinische Rolle in der Praxis auch wirklich aus? Kann sie das überhaupt unter den derzeitigen Be-dingungen? Wohl kaum, denn oft fehlen den Hausärzten dafür nicht einfach nur die Zeit, sondern auch die entsprechen-den Abrechnungsziffern.

berufsbild und politik

Sozialarbeit in der Hausarzt­praxisMehr oder weniger an der Finanzierung gescheitert ist daher auch eine Art Pilot-projekt, das Dr. Eberhard Hesse in seiner Hausarztpraxis bereits in den 1970er-Jahren durchführte. Er hatte sich einige Jahre einen Sozialarbeiter in die Praxis geholt, der sich vornehmlich um Sucht-kranke kümmerte und diese zum Entzug motivieren sollte. Drogen sind häufig ein Familienproblem. Das Projekt zeigte durchaus gute Erfolge, aber als Modell für unsere heutige Zeit ist der Sozialar-beiter in der Hausarztpraxis wohl kaum finanzierbar, so die einhellige Meinung der Kongressteilnehmer. Allerdings könn-te das vor Kurzem verabschiedete Präven-tionsgesetz eine Chance bieten, hierüber mit den Krankenkassen ins Gespräch zu kommen. Denn schließlich verpflichtet das Gesetz sie, Prävention zu fördern.

Ein Modell, wie Familienmedizin erfolg-reich in der Praxis umzusetzen ist, stell-

te Prof. Jan de Maeseneer aus Belgien vor. In einem unterprivilegierten Stadtteil von Gent war bereits 1978 ein sogenanntes Community Health Centre (CHC) gegrün-det worden. Aufgabe dieses CHC sollte es sein, das Gesundheitsbewusstsein der Be-völkerung zu stärken, für gesündere Fami-lien zu sorgen und den sozialen Zusam-menhalt im Quartier zu fördern.

Interprofessionelle Koopera­tion wird gebrauchtUm die vorhandenen Probleme zu lösen, war es nötig, verschiedene Gruppen zu-sammenzubringen. Beteiligt sind dort deshalb neben den Hausärzten und ei-nigen Kliniken auch Krankenschwestern, Ernährungsberater, Sozialarbeiter, Ent-zugsexperten, Psychologen, Physiothera-peuten, Zahnärzte u.nd noch viele mehr..

Das CHC betreut rund 6.000 Patienten mit über 70 verschiedenen Nationalitä-ten. Zur Patientenakte haben alle betei-

ligten Fachgruppen jederzeit Zugang. Die Hausarztpraxen sind hier also Teil eines Netzwerks mit anderen Gesundheitsbe-rufen, die alle ihre Kompetenzen mitei-nander teilen.

Dieses Modell scheint in Gent gut zu funktionieren und könnte auch für Deutschland beispielhaft sein. Es setzt aber voraus, dass die in Deutschland oft hinderlichen Sektorengrenzen überwun-den werden und die Kommunikation und Kooperation zwischen den Ärzten auch finanziell gefördert würde.

Das könnte schwierig werden, denn in-terprofessionelle Kooperation wird hier-zulande auch im Medizinstudium nicht gelehrt. Und so bleibt eine Familienme-dizin, die diesen Namen auch verdient, wohl noch geraume Zeit eine Vision. Was nicht heißen soll, dass es nicht überall im Lande bereits Hausärzte gibt, die Famili-enmedizin bereits leben. Dr. Ingolf Dürr

_0ZYSY_0017755.pdf; s1; (210.00 x 135.00 mm); 23.May 2016 07:58:12; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

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berufsbild und politik

Den Medizinstudierenden das Fach Allgemeinmedizin schon so früh wie möglich nahezubringen, war das Ziel des Abends der Allgemeinmedizin an der Universität Mainz, der in diesem Jahr zum 6. Mal stattfand. Die Studierenden erhielten Einblicke in die Breite und Vielfalt des Fachgebiets sowie praktische Tipps von erfahrenen Allgemeinärzten.

EIN ABEND FÜR DIE ALLGEMEINMEDIZIN

Neugierig machen auf den Hausarztberuf

Reanimation beim Kind – die Möglichkeit, am Dummy zu üben, wurde gut genutzt Dr. Deynet demonstriert die Akupunktur

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Informationen aus erster Hand über die Hausarztmedizin und den All-

tag in einer Hausarztpraxis wolle man den Studierenden geben. Neugierig auf das Fach Allgemeinmedizin wolle man sie machen, auf einen wunderschönen Beruf, der viel Freude mache. Mit diesen Worten stimmte Dr. Michael Fink, Vize-präsident der Landesärztekammer Rhein-land-Pfalz und selbst niedergelassen im Westerwald, die rund 140 Studierenden auf den Abend ein.

Fach mit großer BandbreiteSo manchen würde die große Bandbreite der Allgemeinmedizin etwas abschrecken, aber man könne das bewältigen, meinte er, vor allem wenn man im Team arbei-tet und dann auch seine persönlichen Schwerpunktinteressen verfolgen kann. Und als Allgemeinarzt sei man ständig gefordert, seinen Horizont zu erweitern. Außerdem seien die Chancen für hausärzt-liche Arbeit gerade auf dem Land besser denn je. Ein weiteres Argument für den

Hausarztberuf sei die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Frohe Kunde brachte auch Albrecht Wink-ler, Referent des Landesministeriums für Gesundheit, mit. Denn auch die Landesre-gierung will die Allgemeinmedizin fördern, z. B. mit einem speziellen Programm für das PJ. Wer sich im PJ für ein Tertial Allge-meinmedizin entscheidet, kann 600 Euro pro Monat, also insgesamt 2.400 Euro an Fördergeld erhalten, wenn er das Tertial in Rheinland-Pfalz absolviert.

Der Markt der MöglichkeitenDer Abend der Allgemeinmedizin am Zen-trum für Allgemeinmedizin und Geriatrie der Universität Mainz fand bei den Medi-zinstudierenden regen Zuspruch. Um ih-nen einen Einblick in die Breite und Viel-falt der Hausarztmedizin zu ermöglichen, →

39www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 12/2016

berufsbild und politik

Was hören Sie? Auskultieren am Dummy Station „Kinder-Notfälle“ – Dr. Kewitz mit „Demonstrationsobjekt“

konnten sie nacheinander mehrere Sta-tionen durchlaufen, die von einigen der Lehrbeauftragten betreut wurden.

Besonders großen Anklang fand das The-ma „Notfallversorgung“ mit dem Schwer-punkt „kinderärztliche Notfälle“. Dazu hat-te Dr. med. Stefan Kewitz neben Puppen zum Reanimationstraining sogar ein le-bendiges „Anschauungsobjekt“ zur De-monstration kindlicher Proportionen und Besonderheiten mitgebracht. Großes In-teresse fanden auch die Stationen zur So-nographie und zur Naturheilkunde. Nach anfänglichem ängstlichen Zaudern bei der Frage von Dr. med. Christoph Deynet, wer sich denn mal „nadeln lassen“ wolle, fand sich schließlich doch noch ein beherzter Freiwilliger. Ohne derartige „Opfer“ ging es bei der Station „Thorax“ zu. Hier konn-te die Auskultation von Herz und Lunge an Brust-Dummys geübt werden.

Neben Angeboten mit praktischen Übun-gen gab es reichlich wertvolle Informati-onen zur Perspektive Hausarzt. Ständig umlagert war z. B. der Stand des Landarzt-Ehepaares Drs. Schnellbächer. Hier erfuh-ren die Studenten, was es mit dem Begriff „Familienmedizin“ eigentlich auf sich hat und wie der Alltag in einer großen Land-arztpraxis aussehen kann. Schwerpunkt-themen waren dabei u. a. Weiterbildung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie,

Prävention, Chronikerbetreuung, Impfen und Geriatrie.

Was die Studierenden sagenIm Gespräch mit einigen der Studieren-den, bei denen sich Frauen und Männer durchaus die Waage hielten, ergab sich ein differenziertes Bild bei der Frage, ob sie sich vorstellen könnten, später den Hausarztberuf zu ergreifen. Auf komplette Ablehnung stieß diese Idee eigentlich bei keinem, allerdings wussten doch etliche schon genauer, dass sie später lieber eine andere Fachrichtung als die Allgemein-medizin einschlagen wollten.

Richtiggehend wild entschlossen, Haus-arzt zu werden, zeigten sich interessan-terweise vor allem jene, die bereits eine Pflegeausbildung abgeschlossen hatten. Sie faszinierte nicht nur das breite Spekt-rum der Hausarztmedizin, sondern auch der direkte und intensive Kontakt zu den Patienten sowie die Möglichkeit, die Men-schen von der Wiege bis zur Bahre zu be-gleiten, also eine Familienmedizin und Patientenbetreuung rundum zu betrei-ben, die auch über rein medizinische Fra-gestellungen hinausreicht. Der eine oder andere wollte aber zuerst einige Jahre an einer Klinik arbeiten, z. B. in der Chirurgie, bevor er dann in eine hausärztliche Praxis wechseln würde.

Erst einmal angestellt arbeitenEine spätere Niederlassung, eventuell sogar auf dem Land, zogen einige in Be-tracht. Da sie das finanzielle Risiko aber recht hoch einschätzten, würden sie diese Entscheidung erst einmal etwas verschie-ben und zunächst lieber angestellt arbei-ten. Die Möglichkeit, im Team arbeiten und sich mit Kollegen austauschen zu kön-nen, spielt dabei eine wichtige Rolle. Be-vorzugt würde man sich daher nach einer Stelle in einer größeren Gemeinschafts- praxis oder einem MVZ umschauen. Als Einzelkämpfer in der eigenen Praxis zu ar-beiten, erscheint den meisten wohl we-niger erstrebenswert.

Beklagt wurde von vielen, dass man mit der Allgemeinmedizin im Studium erst re-lativ spät in Berührung kommt. Nun, die-ser Abend der Allgemeinmedizin war si-cherlich ein Schritt in die richtige Richtung, schon früher auf die Studierenden zuzu-gehen und sie mit dem Fach vertrauter zu machen. Recht unterschiedlich äußerten sich die Studierenden zu der Frage, ob es, wie von der DEGAM vorgeschlagen, im PJ ein Pflichtquartal in der Allgemeinmedi-zin geben sollte. Der eine befürwortete dies klar, der andere lehnte eine weitere Pflichtveranstaltung dieser Art ab, weil dadurch die Wahlfreiheit eingeschränkt würde. ▪Dr. Ingolf Dürr, Dr. med. Vera Seifert

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berufsbild und politik

Für Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt ist klar, wer derzeit bei der Arzneiversor-

gung Chef im Ring ist und bleiben muss. Na-türlich der Hausarzt, weil nur er einen seriösen Überblick über sämtliche Arzneimittelverschrei-bungen haben kann. Einen solch breiten Über-blick über sämtliche Diagnosen, Behandlungs-optionen und Laborwerte hat der Apotheker nicht. Daraus ergibt sich für Weigeldt nur ei-ne logische Schlussfolgerung: Das Medikati-onsmanagement darf der Hausarzt nicht aus der Hand geben – natürlich zum Nutzen und Schutz der Patienten.

Hausärzte vs. ApothekerDass diese Argumente nur schwer zu widerle-gen sind, wissen auch die Apotheker. Dennoch lassen sie sich davon nur wenig beeindrucken. Zwar sei es richtig, dass die Hausärzte von der Diagnose her denken und handeln, räumt Dr. Detlev Wiedemann, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands, ein. Genauso richtig sei es aber, dass der Apotheker vom Medikament und Wirkstoff aus denkt und handelt. Gerade bei älteren und multimorbiden Patienten mit häufiger Polymedikation sei die Kompetenz des Apothekers unabdingbar. Beim Medikamenten-management seien die Apotheker einfach dich-ter am Patienten dran, weil sie auch die Arznei-en mit bedenken könnten, die die Kunden direkt in der Apotheke kaufen und die in keiner Liste eines Arztes auftauchen. Und auch die Arznei-mitteldatenbanken der Apotheker seien – allein schon wegen der zweiwöchigen Updates – bes-ser und aktueller aufgestellt. Davon wiederum – wen wundert’s – profitiere vor allem der Patient.

Die Krux daran ist, dass beide Kontrahenten Recht haben. Beide Seiten schieben den Patienten vor, um ihre Position zu stärken. Fest steht aber auch, dass einer der beiden Heilberufe die Arzneiver-sorgung von Patienten allein häufig nicht stem-men kann. Und selbst beide zusammen reichen

KOMPETENZGERANGEL BEI DER ARZNEIVERSORGUNG

Wer denkt eigentlich an die Patienten?

mitunter nicht aus. Gerade bei älteren und mul-timorbiden Patienten, die täglich viele Arzneien schlucken müssen, sind Angehörige und Pflege-kräfte genauso wichtige Akteure, damit das Me-dikationsmanagement stimmt.

Medikationsplan kommtDas soll nun unter anderem auch das E-Health-Gesetz sicherstellen, das ab Herbst jedem Pati-enten, der regelmäßig mehr als 3 Arzneien ein-nimmt, einen Medikationsplan garantiert. Ob dies aber auch ein zwischen Apotheker und Arzt abgestimmtes Medikationsmanagement ent-hält, muss sich erst zeigen. Dass ein solches ein-vernehmliches und patientengerechtes Zusam-

menspiel möglich ist, zeigt die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN). Seit April 2014 wird dort im von der AOK PLUS initiierten Modellversuch gemeinsam an der Wirkstoffver-ordnung und am Medikations-katalog gefeilt. Im 2. Halbjahr 2016 soll nun das 3. Modul – das gemeinsame Medikationsma-

nagement – zum Laufen gebracht werden. Von diesen Ergebnissen wird sehr viel abhängen, ob Apotheker und Ärzte bei der Arzneiversorgung künftig enger zusammenrücken.

Fazit: Von mehr Transparenz einerseits und von einem einvernehmlichen Vorgehen mit klaren Kompetenzverteilungen andererseits würden nicht nur die Heilberufe, sondern eben gerade die Patienten profitieren. Nur darf dabei keine Seite ihr Gesicht verlieren, weil dann der Pati-ent gleich wieder ins zweite Glied rückt, meint

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Raimund Schmid

Raimund Schmid

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Von mehr Transparenz

würden nicht nur die Heil- berufe, sondern auch die

Patienten profitieren.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Der Allgemeinarzt

Knieverletzungen konservativ oder operativ behandeln?

Individuell therapieren und Begleitfaktoren berücksichtigen

Das Wichtigste zuerst: Die Fra-ge, wann operiert und wann kon-servativ behandelt werden sollte, ist nicht mit einem festen Algo-rithmus oder einfach mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ zu beantworten. Da-für fehlt die Evidenz. Bedeutsam sind individuelle Faktoren: Liegt ein Monotrauma oder eine kom-binierte Verletzung vor? Welche Begleitpathologien hat der Pa-tient? Ist er Freizeit- oder Profi-sportler? Was ist sein Anspruch? Eine Therapie „à la carte“ ist ge-fragt, so die übereinstimmende Meinung der Experten.

Kreuzbandverletzungen – worauf ist zu achten?

Bei Verletzungen des vorderen Kreuzbandes ist die aktive Stabi-lität entscheidend dafür, ob ope-riert werden sollte oder nicht, be-richtete Dr. Tobias Jung von der Charité Berlin. Eine Ruptur muss nicht unbedingt mit einer Desta-bilisierung verbunden sein. Eine Ausnahme sind Kinder: Hier ist eine operative Versorgung anzura-ten, da häufig bereits nach kurzer Zeit degenerative Meniskusverän-derungen zu beobachten sind.Komplex ist die Situation bei Ver-letzungen des hinteren Kreuzban-des, das mechanisch gesehen eine größere Bedeutung für das Knie-

gelenk hat als das vordere. Läsio-nen werden oft übersehen, da nur etwa 50 % mit einem Hämarthros verbunden sind und viele asym-ptomatisch bleiben. Obwohl zu 90 % Kombinationsverletzungen vorliegen, werden mehr als zwei Drittel der Patienten erst nach et-wa zwei Jahren wegen wieder-kehrender Belastungsschmerzen im Bereich des Kniegelenks oder der Kniescheibe beim Spezialisten vorstellig. Isolierte Verletzungen lassen sich mit Orthese, Physio-therapie und Traumeel® zur Re-duzierung des Entzündungsreizes gut konservativ behandeln, so Dr. Jung. Bei Instabilitäten > 10 mm führt die operative Stabilisierung zu einem spürbaren Stabilitätsge-winn und Schmerzreduktion für den Patienten.

Meniskusschaden – Resektion ist das letzte Mittel

Die Menisken sind - wenn irgend möglich - zu erhalten, betonte Dr. Thomas Stein, Unfallklinik Frank-furt/Main. „Meniskusverlust stellt eine Präarthrose dar“, so der Experte. Für die Therapieempfeh-lung (vgl. Kasten) wichtig ist die Rupturform, da die Heilungsten-denz in den besser durchbluteten basisnahen Zonen günstiger ist. Aussagekräftig sind Bein-Ganz-

aufnahmen, durch die eine Va-rus- oder Valgusstellung sicher analysiert werden kann. Tenden-ziell sollte bei degenerativen Ver-änderungen eher konservativ ge-dacht werden, bei traumatischem Geschehen wie bei kompletten Rootläsionen oder höhergradigen Radiär- oder Lappenrissen ist eine Operation oft nicht zu umgehen.

Natürlich den Schmerz lindern und die Heilung unterstützen

Bei Verletzungen im Kniegelenk können natürliche Arzneimittel dazu beitragen die Entzündung einzudämmen, um so schneller schmerzfrei und mobil zu wer-den. In einer kontrollierten Studie [1] linderte Traumeel® Creme oder Gel die Schmerzen und besser-te die Gelenkfunktion nach einer akuten Verstauchung genauso gut wie Diclofenac-Gel 1 % und wur-de wie dieses sehr gut vertragen.

Knieverletzungen kommen nicht nur bei Sportlern sehr häufig vor und können traumatische Ursa-chen haben oder degenerativer Natur sein. Ganz vorne rangieren Band-, Meniskus oder Knorpel-verletzungen. Wann sollte operiert werden und wann ist eine konservative Therapie eher zielfüh-rend? Welche Problematiken sind dabei zu berücksichtigen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt eines Symposiums, das auf der diesjährigen VSOU-Frühjahrstagung (Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen) in Baden-Baden stattfand.

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ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Norbert MittermaierMit freundlicher Unterstützung von Heel, Baden-Baden Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Meniskusschaden – Entscheidungskriterien für die Therapie [mod. nach Dr. Thomas Stein]• Patient: Alter, BMI, Compliance/Reha fähigkeit, Aktivität,

Nikotin• Meniskus: Form, Größe, Ort, Alter, Ursache und Stabilität

des Risses• Begleitpathologie: Bandapparat/Fraktur, Chondrokalzinose,

Knorpel/Osteoarthritis/Beinachse • Arzt: Equipment, Versiertheit• Sozio-ökonomisch: Kosten (Implantate, Orthese),

OP-Dauer, Arbeitsunfähigkeit, Folgeschäden

Literatur1. Gonzales de Vega C et al. In-

ternational Journal of Clinical Practice 2013

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Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

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Christoph D. Spinner

Die Therapiemöglichkeiten für HIV-Patienten haben sich enorm verbessert. Nicht nur in puncto Wirk-samkeit der neuen Medikamente ist ein großer Fortschritt zu verzeichnen, sondern auch was die Ver-träglichkeit angeht. Und die Forschung geht weiter. An beiden Schrauben – Potenz und Sicherheit –  wird bei mehreren Substanzklassen noch gedreht. Außerdem wird nach Wegen gesucht, Resistenzen zu überwinden, eine Depot-Wirkung zu erzielen und eine komplette Heilung zu erreichen. Die nachfolgen-de Übersicht stellt ausgewählte Konzepte in fortgeschrittener klinischer Prüfung vor.

Neues aus der spezialistischen Medizin

PERSPEKTIVEN

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Durch die herausragenden Entwick-lungen der antiretroviralen Thera-

pie (ART) konnte eine weitestgehende Norma-lisierung der Lebenserwartung von Patienten mit einer HIV-Infektion erreicht werden [1]. Ne-ben der zunehmenden antiretroviralen Potenz der Pharmaka ist die deutlich bessere Verträg-lichkeit und zunehmende Einfachheit der Ein-nahme hervorzuheben. So kann ein Großteil der Patienten unter Zuhilfenahme von (festen) Arzneimittelkombinationen (FDC) aus zwei bis drei Wirkstoffen erfolgreich therapiert werden. Dies hat dazu geführt, dass sich die Effektivität der ART von um 50 % in den 1990iger Jahren auf mittlerweile bis zu über 90 % in neueren Zulassungsstudien steigern ließ [2, 3].

Bisher sind fünf Wirkstoffklassen im Einsatz: Fu-sions- und CCR5- (Entry-Inhibitoren), Nukleosidi -sche (NRTI) und Nicht-Nukleosidische Rever-se Transkriptase- (NNRTI), Protease- (PI) und Integrase- (INI)-Inhibitoren [4]. Damit wurde neben dem Konzept der immunologischen Er-holung und virologischen Suppression des ein-zelnen Patienten auch der Schutz vor Übertra-gung ermöglicht [5]. Erfreulicherweise war die Abbruchrate moderner ART-Konzepte von zu-nächst über 40 bis 50 % bei besserer Wirksam-keit und Verträglichkeit auf etwa 10 % im ersten Therapiejahr rückläufig [6]. Um die Fortschrit-te der HIV-Therapie auch in Zukunft aufrecht-zuerhalten, befinden sich derzeit zahlreiche weitere antiretrovirale Wirkstoffe und Thera-piekonzepte in klinischer Erprobung (Tabelle 1).

NRTI und NNRTIAus der Gruppe der NRTIs, welche einen Ket-tenabbruch während der reversen Transkripti-on bewirken, erfolgt im Laufe des Jahres 2016 die Neueinführung des Prodrugs Tenofovir-Alafenamid (TAF) als pharmakologische Wei-terentwicklung des Tenofovir-Disoproxilfuma-rat (TDF) [7]. Hierdurch ist eine 10- bis 30-fach niedrigere Dosierung möglich. Bei gleicher oder besserer Wirksamkeit weist TAF im Vergleich zu TDF ein deutlich günstigeres Sicherheitsprofil auf, und zwar sowohl hinsichtlich negativer os-särer Effekte als auch hinsichtlich der für TDF typischen renalen Problematik [8]. TAF kann im Gegensatz zu TDF auch bei einer eGFR von 30 – 60 ml/min/1,73 m2 KÖF eingesetzt werden [9]. Klinische Studien zum Einsatz bei dialyse-

pflichtigen Patienten laufen. Alle TDF-haltigen Arzneimittelkombinationen (FDC) werden vo-raussichtlich im Laufe des Jahres 2016 mit TAF zur Verfügung stehen: Die FDC-Kombination mit Elvitegravir und Emtricitabin (Genvoya®) ist seit Anfang 2016 in Deutschland zugelassen, die FDC mit Emtricitabin (Descovy®) und Rilpi-

virin (Odefsey®) werden folgen.

In Phase-II-Entwicklung befin-det sich die Substanz MK-8591 (EfdA-4‘-Ethynyl-2-fluoro-2‘-deoxyadenosine), ein Translo-kationsinhibitor der Reversen Transkriptase (NRTTI). Die Sub-stanz zeigt eine außergewöhn-lich hohe antivirale Potenz und verfügt mit über 150 Stunden

über eine lange Halbwertszeit [10]. Neben Ta-blettenformulierungen werden Depotformu-lierungen mit Wirkdauern von über einem Jahr in weiteren Studien untersucht [11]. Darüber hinaus wird der NNRTI Doravirin derzeit in Pha-

Übersicht aktuell in Entwicklung befindlicher ART-Substanzen (auszugsweise)Bezeichnung Wirkprinzip / Klasse Entwicklungsphase

BMS-663068 (Prodrug)(BMS-626529)

Attachment-Inhibitor II

BMS-936559 Anti-PDL 1 I

BMS-955176 Maturationsinhibitor II

Cabotegravir/Rilpivirin-LA (Depot)

INI/NNRTI II/III

Doravirin NNRTI III

GS-9883 (Bictegravir) INI II/III

MK-8591 NRTTI I/II

TAF NRTI III/IV

tabelle 1

se-III-Studien untersucht [12, 13]. Neben guter Verträglichkeit zeigte er in Phase-II-Studien ein mit dem vorherigen Goldstandard Efavirenz vergleichbares virologisches Ansprechen bei insgesamt gutem Verträglichkeitsprofil [14].

ININachdem Integrase-Inhibitoren (INIs) seit 2010 aufgrund der schnellen Viruslastsuppression, guten Verträglichkeit und geringen Arznei-

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Eine Weiterentwicklung des TDF in der Gruppe der NRTI

stellt das Prodrug Tenofovir-Alafenamid (TAF) dar.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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mittel-Interaktionsprobleme eine zunehmen-de Rolle in der antiretroviralen Therapie spie-len, befindet sich mit GS-9883 (Bictegravir) ein weiterer ungeboosteter Integrase-Inhibitor in klinischen Forschungen. Der ebenfalls oral ver-fügbare INI Cabotegravir wird wahrscheinlich als Depotpräparat entwickelt (s. u.).

MaturationsinhibitorenMaturationsinhibitoren wirken zu einem spä-ten Zeitpunkt des Replikationszyklus und be-hindern die Reifung des Virions noch nach den Proteaseinhibitoren. BMS-955176 zeigt hierbei im Vergleich zu der Vorgängersubstanz Beviri-mat eine deutlich höhere Potenz [15]. Das neu-artige Wirkprinzip der Maturations-Inhibitoren wird aktuell bei therapienaiven und bei vor-therapierten Patienten untersucht.

Entry-InhibitorenDas Andocken des HIV-Glykoproteins gp120 an den CD4-Rezeptor ist ein früher Schritt beim Eintritt von HIV in die Zielzelle. Dieser Schritt wird durch Attachment-Inhibitoren gehemmt. Dabei wird BMS-663068 (Fostemsavir) als Pro-drug des Attachment-Inhibitors BMS-6262529 in klinischen Phase-II/III-Studien erprobt [16]. Die Substanz wird aktuell bei HIV-Patienten mit Mehrklassenresistenz untersucht [17].

Die Substanz BMS-986197, ein Combinectin, bie-tet darüber hinaus eine synergistische Inhibition dreier antiviraler Mechanismen im Bereich des Eintritts von HIV in die Zielzelle und zeigte im Affenmodell be-reits eine zur Standard-ART ver-gleichbare Wirksamkeit [18]. Ne-ben einer oralen soll hier auch eine wöchentliche Depotfor-mulierung entwickelt werden.

Parenterale Depotprä-parateSeit einiger Zeit wird zuneh-mend das Konzept langwirksamer Depotsub-stanzen (long acting – LA) untersucht. Die int-ramuskulär zu applizierende Kombination aus dem NNRTI Rilpivirin und dem INI Cabotegravir befindet sich bereits in Phase II/III [19]. Bei gu-ter Verträglichkeit und hoher Akzeptanz zeig-te sich in einer Phase-II-Studie, in der zunächst eine orale Induktionstherapie erfolgte, nach 32 Wochen sowohl mit vier- als auch mit achtwö-

chigen Injektionen eine hervorragende Wirk-samkeit [20]. Ein Phase-III-Studienprogramm wird in Kürze weltweit initiiert werden. Die LA-Applikation könnte vor allem für Patienten mit Adhärenzproblemen eine Innovation darstel-len. Aufgrund der langen Halbwertszeiten wird allerdings eine orale Induktionsphase zur Ver-meidung relevanter Unverträglichkeiten oder Allergien erforderlich bleiben.

Breit neutralisierende Antikörper (bNABs)Neben den bekannt antiviralen, replikations-hemmenden Substanzen sind seit einiger Zeit auch potente, breit wirksame neutralisierende Antikörper in klinischer Entwicklung. Prinzipi-ell ist ein Einsatz sowohl zur Prävention ebenso wie zur Therapie möglich. Am weitesten entwi-ckelt ist hierbei der „VRC01“-Antikörper, welcher an der CD4-bindenden Stelle des HI-Virus inhi-bitorisch bei über 90 % der Subtypen wirksam ist und damit den viralen Entry-Mechanismus blockiert. Trotz hoher antiviraler Potenz zeigt eine aktuelle Studie, dass HIV-Patienten trotz ausreichender VRC01-Spiegel in 12 von 13 Fäl-len einen viralen Rebound entwickeln, nach-dem die ART beendet wird [21]. Ursächlich sind vermutlich resistente HIV-Spezies aus latenten Reservoiren wie dem zentralen Nervensystem oder dem gastrointestinalen System. Möglicher-weise müssen daher verschiedene Antikörper, ähnlich wie bei der antiviralen Kombinations-therapie, kombiniert werden. Die Probleme be-stehen derzeit in der Notwendigkeit der paren-teralen Applikation und in der Schwierigkeit, größere Mengen zu produzieren.

Im humanisierten Mausmodell zeigte ein weite-rer bispezifischer Antikörper mit einer CD4-seiti-gen und einer gp41-seitigen Erkennungsstelle ei-ne hervorragende Protektionswirkung von bis zu 100 % bei HIV-exponierten Versuchstieren [22].

ImmuntherapienNachdem zahlreiche Ansätze zur Replikati-onsinhibition von HIV bereits im Einsatz sind, werden Konzepte zur Heilung mit Nachdruck entwickelt. Ein hypothetischer Ansatz ist hier-bei eine Aktivierung latenter viraler Reservoire, aus denen nach Ende einer ART prinzipiell ein viraler Rebound möglich ist, mit nachfolgen-der Eradikation durch ART in Kombination mit monoklonalen Antikörpern oder dem Immun-system des Wirts. In diesem Zusammenhang

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▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Breit neutralisierende Anti-körper (bNABs) stellen ein völ-lig neues Therapiekonzept dar und sollen helfen, Resistenzen zu überwinden.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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werden die Toll-like-Rezeptor-7-Agonisten GS-986 und GS-9620 im Tiermodell untersucht. Trotz messbarer Anstiege löslicher Zytokine nach Einsatz der TLR-7-Agonisten ist es nicht gelungen, anschließend bei mehr als zwei von neun Rhesusaffen eine dauerhafte Suppressi-on der HIV-RNA aufrechtzuerhalten [23]. Der Zusatznutzen in der Praxis ist bisher schwer abzuschätzen. Der alleinige Einsatz ist aller-dings einer ART nicht überlegen und über das Verträglichkeitsprofil ist bisher wenig bekannt.

Darüber hinaus werden „Anti-programmed death“-Liganden (anti-PDL) untersucht. Hierbei wurden kürzlich Daten zu BMS-936559, einem anti-PDL-1-Wirkstoff, aus einer Phase-I-Studie präsentiert. Sie sollen eine Verstärkung der an-geborenen Immunabwehr bewirken. Bedauer-licherweise ließen sich in der bislang veröffent-lichten Studie kaum Veränderungen löslicher Inflammationsmarker wie Interferon nachwei-sen, aber bei einem von fünf Patienten wurde eine Hypophysitis als mögliche Arzneimittel-assoziierte Nebenwirkung berichtet [24]. Da-her bestehen erhebliche Bedenken gegen den Einsatz dieser Substanzen.

AusblickZusammenfassend bieten aktuelle Daten viel-versprechende Aussichten in der Entwicklung antiviraler Therapie-Strategien. Hierbei befin-den sich zahlreiche neue antivirale Wirkstoffe aus etablierten und neuen Wirkstoffklassen bereits in einem fortgeschrittenen Stand der Forschung. Injizierbare Depotpräparate werden in Kürze erstmalig zur Verfügung stehen und bleiben vor allem für zukünftige Studienkon-zepte sehr interessant. Neutralisierende Anti-körper bieten ein völlig neues Präventions- und Therapie-Konzept, müssen jedoch noch einige Hürden bis in die klinische Praxis überwinden. Immunologische Strategien bis zur Heilung werden zwar in der Öffentlichkeit und Fachwelt gleichermaßen interessiert diskutiert – bleiben aber aufgrund der Tatsache der RNA-Integra-tion in die humane RNA durch das HIV-Retro-virus bislang noch Zukunftsmusik. Die Trans-lation wissenschaftlicher Hypothesen bis zum klinischen Einsatz bleibt eine Herausforderung. Dennoch kommt der Heilungsforschung auch in Zukunft ein hoher Stellenwert zu.

Dr. med. Christoph D. Spinner

Klinikum rechts der Isar der TU München, II. Medizinische Klinik und Poliklinik und Interdisziplinäres HIV-Zentrum (IZAR)81675 München

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor erklärt, im Rahmen wissenschaftlicher Kooperatio-nen Forschungsunterstützung von Investigator-initiierten Studien der Firmen Gilead Sciences, Janssen-Cilag und ViiV Healthcare erhalten zu haben. Darüber hinaus hat er Reisekostenunterstützung und/oder Honorare für Advisory Boards oder Referententätig-keiten der Firmen AbbVie und Abbott, Bristol Myers Squibb, MSD Sharp & Dohme, Gilead Sciences, Janssen-Cilag und ViiV Healthcare erhalten.

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Nächtliche Wa-d e n k rä m p fe

und dadurch bedingte Schlafstö-rungen sind häufig. Die Prävalenz der

Crampi nimmt mit dem Alter zu [12]. Ein allgemeiner Bevölkerungs-Survey in Großbri-tannien zeigte eine generelle Prävalenz von 37 %, bei über 80-Jährigen von 54 % [29]. Ei-

ne Prävalenz-Studie mit ambulanten Patien-ten in Großbritannien ergab: 50 % der über 65-Jährigen berichteten dem Arzt über Mus-kelkrämpfe [22]. Bei 40 % der Betroffenen tra-ten Ruhekrämpfe mehr als dreimal pro Wo-che auf [12, 29].

DifferenzialdiagnosenDifferenzialdiagnostisch müssen von gewöhn-lichen Crampi zentrale motorische Störungen der Beine, wie das zu den häufigsten neurolo-gischen Erkrankungen zählende Restless-Legs-Syndrom, abgegrenzt werden [12].

Darüber hinaus können Polyneuropathien und diverse internistische Erkrankungen

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Oliver Tobolski

Der gewöhnliche Muskel-krampf tritt vorwiegend in Ruhe und häufig nachts auf. Nächtliche Wadenkrämp-fe (Crampi nocturni) sind schmerzhaft, führen oft zu Schlafstörungen und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Wie kann dem betroffenen Patienten ge-holfen werden? Dieser Artikel nennt die wichtigsten Thera-pieoptionen und zeigt auf, wie weit ihre Wirksamkeit belegt ist.

NÄCHTLICHE WADENKRÄMPFE

Therapie­optionen

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wie periphere arterielle Verschlusserkrankun-gen, Nephropathien, Lebererkrankungen, Elek-trolytstörungen, Hypothyreose, ischämischer Muskelschmerz und metabolische Myopathi-en schmerzhafte Muskelkontraktionen her-vorrufen [1, 11, 12].

Nicht selten sind Muskelkrämpfe auch Fol-ge einer unerwünschten Arzneimittelwir-kung: Zu den infrage kommenden Medika-mentengruppen zählen vor allem Betasympathomimeti-ka, Betarezeptorenblocker, Cho-linesterasehemmer, Statine, Di-uretika, Kalziumantagonisten und konjugierte Östrogene [1, 12]. Wirkstoffe, bei denen Pa-tienten häufig über Muskel-krämpfe berichten, sind unter anderem Raloxifen, Bazedoxi-fen, Naproxen, Interferone, Te-riparatid, Sevelamer und Sirolimus [1, 8].

Bei Wadenkrämpfen stehen pharmakologische und nicht-medikamentöse Therapieoptionen zur Wahl. Im Folgenden werden die wichtigs-ten Maßnahmen vorgestellt und diskutiert. Da gewöhnliche Muskelkrämpfe grundsätz-lich als benigne Gesundheitsstörung anzuse-hen sind [25], sollten Nutzen und Risiko einer medikamentösen Therapie sorgsam abgewo-gen werden.

Pharmakotherapie mit ChininDie aus der Chinarinde extrahierte Substanz wirkt symptomatisch, indem sie die Erregbar-keit der Muskulatur dämpft. Die Überleitung an der motorischen Endplatte wird reduziert durch Anhebung der Reizschwelle für die Im-pulsübertragung vom Nerven auf den Muskel. Die Funktion des Muskels wird dadurch aber nicht beeinträchtigt [11, 12]. Chinin wirkt au-ßerdem schmerzlindernd.

Zu den unerwünschten Wirkungen von Chinin zählen neben Tinnitus, Schwindel, gastrointes-tinalen Beschwerden auch schwere Blutbildver-änderungen wie zum Beispiel eine Thrombozy-topenie. Außerdem kann Chinin das QT-Intervall verlängern und damit das Risiko für Herzrhyth-musstörungen erhöhen. Darüber hinaus beste-hen für Chinin diverse Kontraindikationen (wie Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Vor-schädigung des Sehnervs, Tinnitus). Auch zahl-reiche Wechselwirkungen wurden beschrieben

– vor allem bei gleichzeitiger Einnahme von An-tiarrhythmika, Antidepressiva, Antibiotika, Di-uretika [19] und Betablockern.

Chinin nur als Second-Line-TherapieIn Deutschland gilt die Wirksamkeit von Chinin-sulfat zwar als belegt [11, 12], bei genauer Ana-lyse der Studienlage ist die Evidenz allerdings nur schwach [13, 30]. So erachtet die US-ame-rikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) Chinin bei nächtlichen Wadenkrämpfen weder als wirk-sam noch als sicher [8, 14, 26]. Die Behörde wies 2009 in einer „boxed warning“, der schärfsten Form eines Warnhinweises in den USA, auf die fehlenden Nutzenbelege bei Wadenkrämpfen und die bedrohlichen Risiken hin [5, 9, 26]. Zu-dem hat die FDA nach 2006 und 2010 zuletzt 2012 vor einer Off-Label-Anwendung in dieser – in den USA nicht zugelassenen – Indikation gewarnt, nachdem dort zwischen 2005 und 2008 insgesamt 38 Fälle mit ernsten Neben-wirkungen in Verbindung mit Chinin beobach-tet wurden, darunter 24 hämatologische und vier kardiovaskuläre Ereignisse. Zwei Patienten starben [5, 14, 15].

Aufgrund von Meldungen über schwerwie-gende Nebenwirkungen nach der Einnahme von Chinin kam das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) nach Ein-leitung eines Stufenplanverfahrens und nach einer Neubewertung der Risiken zu dem Er-gebnis, dass der Ausschluss von Kontraindika-tionen und wechselwirkender Komedikation nur durch den Arzt erfolgen kann. Die Behör-

de hat schließlich den bisher in Deutschland rezeptfrei erhält-lichen Wirkstoff Chinin seit 1. April 2015 der Verschreibungs-pflicht unterstellt. Gleichzeitig wurde das Anwendungsgebiet auf eine Second-Line-Therapie eingeschränkt. Sowohl die Leit-linie „Crampi/Muskelkrampf“

der Deutschen Gesellschaft für Neurologie als auch das BfArM empfehlen: Vor dem Einsatz von Chinin sollte ein Behandlungsversuch mit Magnesium erfolgen [5, 11].

Pharmakotherapie mit MagnesiumMagnesium spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Muskelfunktion. Ein manifester Magnesiummangel führt zu verstärkter neuro-muskulärer Erregbarkeit mit Symptomen wie

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Chinin ist seit 1. April 2015 ver-schreibungspflichtig und sollte nur als Second-Line-Therapie eingesetzt werden.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Vor dem Einsatz von Chinin

sollte ein Behandlungsversuch mit Magnesium erfolgen.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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Tremor, Ataxie oder Krämpfen [16]. Im Umkehr-schluss ist die Annahme plausibel, dass Mag-nesium bei gewöhnlichen Muskelkrämpfen bei vorliegendem Magnesiummangel wirksam ist. Damit bietet der Mineralstoff die einzige Opti-on für eine ursächliche Behandlung. Ein weite-rer Vorteil von Magnesium ist sein günstiges Nebenwirkungsprofil [29] – nur bei Nierenin-suffizienz, Herzrhythmusstörungen und Stö-rungen der Endplattenfunktion ist eine stren-ge Indikation zu stellen [11].

Trotz der plausiblen Hypothese zur Wirksam-keit und guten Erfahrungen in der Praxis konn-te ein Effekt der Magnesiumgabe in plazebo-kontrollierten Studien bisher allerdings nicht eindeutig belegt werden [16, 18, 28]. Eine mög-liche Erklärung für die wenig eindeutige Studi-enlage könnte eine zu kurze Anwendungsdauer in den bisherigen Untersuchungen sein. Denn um nachhaltig zu wirken, muss Magnesium über längere Zeit-räume eingenommen werden, da das Auffüllen der Magnesi-umspeicher im Gewebe meh-rere Wochen benötigt [27, 29].

Gerade bei einer längerfristi-gen Einnahme spielt die Sicher-heit eines Arzneimittels eine große Rolle. Die veröffentlich-ten Studien zeigten bei der Ein-nahme von oralem Magnesium nur schwach ausgeprägte Nebenwirkungen wie Diarrhoe, Blähungen oder Übelkeit, die in den Verum- und Plazebogruppen ähnlich häu-fig auftraten [17, 29].

Auch Schwangere sind häufig von Waden-krämpfen betroffen. Bei dieser Patientengrup-pe muss eine Arzneimitteleinnahme besonders sorgfältig abgewogen werden. Tatsächlich ist die Gabe von Magnesium eine nebenwirkungs-arme Therapieoption, welche zudem als wirk-sam eingestuft wird [11]. Da Schwangere phy-siologisch erniedrigte Magnesiumspiegel im Serum haben [29], ist ein Effekt in dieser Pati-entengruppe plausibel.

Pharmakotherapie mit Schmerz-mitteln Muskelkrämpfe können sehr schmerzhaft sein. Wenn akut eine Dehnung der verkrampften Muskulatur die Beschwerden nicht ausreichend lindert, kann kurzfristig ein Schmerzmittel ge-

nommen werden. Neben den NSAR kommt prinzipiell auch Paracetamol infrage. Auf die möglichen Nebenwirkungen bei regelmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln ist hinzuweisen. Auch Externa (zum Beispiel mit Capsaicin oder Ibuprofen) könnten die Schmerzwahrnehmung herabsetzen; dabei würde die Massage beim Einreiben den Effekt zusätzlich unterstützen. Bei Verwendung einer Capsaicin-Salbe sollten die Patienten auf das anfängliche Brennen vor-bereitet sein. Bei Überempfindlichkeitsreaktion (Quaddeln, Bläschen, Juckreiz) ist die Behand-lung abzubrechen.

Kontrollierte Studien zum Nutzen von systemi-schen und topischen Analgetika bei gewöhn-lichen Muskelkrämpfen liegen nicht vor – ih-re Wirksamkeit in dieser Indikation ist nicht belegt [1, 30].

Pharmakotherapie mit Muskelrela-xanzienZentral wirkende Muskelrelaxanzien wie Or-phenadrin sind zur kurzfristigen symptomati-schen Behandlung schmerzhafter Muskelver-spannungen zugelassen. Die Therapie sollte wegen des potenziellen Abhängigkeitsrisikos nicht länger als einige Tage dauern. Charakte-ristisch ist neben der muskelentspannenden Wirkung ein sedativer und anxiolytischer Ef-fekt. Eine kleine Studie (59 Patienten) mit Or-phenadrin ergab, dass der Wirkstoff im Ver-gleich zu Plazebo die Häufigkeit nächtlicher Wadenkrämpfe reduziert [24]. Weitere Un-tersuchungen, die dieses Ergebnis bestätigen könnten, wurden nicht gefunden. Wegen der unzureichenden Datenbasis und vor dem Hin-tergrund der möglichen Nebenwirkungen (u. a. Miktionsbeschwerden, Unruhe, Sehstörungen, Tachykardie) sowie des Abhängigkeitspoten-zials erscheint das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig.

Pharmakotherapie mit Antikonvul-siva oder KalziumantagonistenAntikonvulsiva wie Carbamazepin, Clonazepam, Phenytoin, Gabapentin und Valproat hemmen die Krampfneigung bei epileptischen Anfäl-len. Dabei wirken die Medikamente sympto-matisch – der pathologische Erregungspro-zess wird nicht beeinflusst [2]. Bei nächtlichen Wadenkrämpfen gibt es in Einzelfällen Berich-te einer bessernden Wirkung [23]. Gute Daten liegen für diese Therapie jedoch nicht vor: BMJ

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▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Magnesium muss über meh-rere Wochen eingenommen werden, da das Auffüllen der Magnesiumspeicher im Gewe-be so viel Zeit erfordert.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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Weitere Informationen über Tivicay:

Dosierung und Art der Anwendung:50 mg einmal täglich bei Erwachsenen und Jugendlichen ohne Integrase-Inhibitor-Resistenz und mindestens 40 kg Körpergewicht. In Kombination mit Enzym-induzierenden Mitteln,Etravirin (ohne geboos-terte Protease-Inhibitoren),Tipranavir/Ritonavir, Rifampicin, Johanniskraut, Efavirenz, Nevirapin oder bestimmten Antiepileptika 50 mg zweimal täglich. 50 mg zweimal täglich bei Erwachsenen mit Integrase-Inhibitor-Resistenz (dokumentiertoder klinisch vermutet) und mindestens 40 kg Körpergewicht, bevorzugt mit einer Mahlzeit. Bei Patienten mit Integrase-Inhibitor-resistenten Viren und eingeschränkten Behandlungsoptionen aufgrund fortgeschrittener Mehrklassen-Resistenzkönnte die Wirksamkeit durch zweimal täglich 100 mg erhöht werden (hohe Dosis nicht in Kombination mit Atazanavir). Dosisanpassungen bei Komedikation siehe Fachinformation.Weitere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen lautFachinformation: Anpassung der Metformin-Dosis bei Beginn und Beendigung der gleichzeitigen Anwendung bzw. eine Reduktion der Metformin-Dosis unbedingt bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion erwägen; Vorsicht beischwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Grad C). Bei Integrase-Inhibitor-Resistenz: gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die die Dolutegravir-Exposition reduzieren sollte vermieden werden (z. B.magnesium- oder aluminiumhaltigeAntazida, eisen- und calciumhaltige Ergänzungsmittel, Multivitaminpräparate und Enzym-induzierende Mittel).Weitere Informationen siehe Fachinformation.

Weitere Informationen über Triumeq:

Dosierung und Art der Anwendung: Eine Tablette einmal täglich bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, die mindestens 40 kg wiegen; kann mit oder ohne eine Mahlzeit eingenommen werden.Triumeq ist eine fixe Kombinationund darf nicht für Patienten verschrieben werden,die eine Dosisanpassung eines der Bestandteile benötigen.Monopräparate mit Dolutegravir,Abacavir und Lamivudin stehen zur Verfügung.WeitereWarnhinweise undVorsichtsmaßnahmenlaut Fachinformation: Vorsicht bei gleichzeitiger Anwendung von Abacavir mit Ribavirin, bei Patienten mit mäßiger oder schwerer Lebererkrankung (inkl. HBV und HCV). Gleichzeitige Anwendung nicht empfohlen: Lamivudin, Emtricitabinund Cladribin sowie Arzneimittel, die die Dolutegravir-Exposition reduzieren. Anpassung der Metformin-Dosis bei Beginn und Beendigung der gleichzeitigen Anwendung bzw. eine Reduktion der Metformin-Dosis unbedingt bei Patienten

mit eingeschränkter Nierenfunktion erwägen. Eine kausale Beziehung zwischen der Behandlung mit Abacavir und dem Risiko für einen Myokardinfarkt kann derzeit weder bestätigt noch widerlegt werden.Gewichtszunahme und ein Anstieg der Blutlipid- und Blutglukosewerte können auftreten. Hypersensitivitätsreaktion: Sowohl Abacavir als auch Dolutegravir sind mit dem Risiko einer Überempfindlichkeitsreaktionassoziiert. Es ist keine klinische Differenzierung der verursachenden Substanz möglich. Schwere Überempfindlichkeitsreaktionen wurden häufiger mit Abacavir beobachtet, assoziiert mit positivem Test auf HLA-B*5701-Allel; auch ohne HLA-B*5701 ist eine Reaktion möglich; vor Beginn der Behandlung mit Abacavir sollte auf HLA-B*5701 getestet werden; HLA-B*5701 Träger sollten Triumeq nicht anwenden. Bei vermuteterÜberempfindlichkeitsreaktion muss Triumeq sofort abgesetzt werden und darf (ebenso wie andere Arzneimittel, die Abacavir oder Dolutegravir enthalten) nie wieder eingenommen werden.Weitere Informationensiehe Fachinformation.

Diese Arzneimittel unterliegen einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sindaufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn,Website: www.bfarm.de zu melden.

_10GX3_0018752.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 09.Jun 2016 15:03:14; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

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Clinical Evidence Review findet zu keinem An-tikonvulsivum eine randomisierte Studie mit hinreichender Qualität [30]. Da sämtliche An-tikonvulsiva viele und teilweise schwere Ne-benwirkungen haben können, ist von einer Verordnung abzuraten.

Muskelkontraktionen werden durch Einstrom von Kalzium in die Muskelzelle ausgelöst. Kal-ziumantagonisten hemmen diesen Vorgang und dämpfen eine Übererregung der Muskeln. Die Medikamente wirken zwar vorwiegend auf den Tonus der glatten Muskulatur, beeinflus-sen aber auch die Signalübertragung in der Skelettmuskulatur – und könnten so auch bei Wadenkrämpfen hilfreich sein. Vor dem Hin-tergrund der in diesem Fall unerwünschten Wirkung auf die Gefäße (Blutdrucksenkung, verringerte Herzfrequenz) und der häufigen Nebenwirkungen (u. a. Schwindel, Müdigkeit, Nervosität, Kopfschmerzen) ist eine Anwen-dung bei gewöhnlichen Muskelkrämpfen sorg-sam abzuwägen.

Zu Diltiazem findet sich nur eine kleine Studie (zwölf Probanden), die zudem unveröffentlicht ist – Details zur Methodik liegen nicht vor [6, 30]. Auch Verapamil wurde nur in einer kleinen Studie untersucht (acht Teilnehmer, open-la-bel, keine Plazebokontrolle) [3]. Die Ergebnis-se beider Untersuchungen sind aufgrund der schmalen Datenbasis und methodischer Män-gel nicht sig nifikant [6, 30].

Pharmakotherapie mit VitaminenZur Anwendung eines Vitamin-B-Komplex-mittels (Thiamin, Riboflavin, Pyridoxin, Co-balamin) liegt nur eine kleine Untersuchung bei 28 Patienten mit Bluthochdruck vor [7]. Die Studie zeigte zwar einen Effekt auf die Krampfhäufigkeit; ihre Aussagekraft wird je-doch von der American Academy of Neurolo-gy als zu gering bewertet, um eine Empfeh-lung für Vitamin B aussprechen zu können [22]. Laut BMJ Clinical Evidence liegen zu Vi-tamin B keine kontrollierten Studien mit suf-fizienter Qualität vor [30].

Da Vitamin E bei Dialyse-Patienten die Häufig-keit von Beinkrämpfen reduzieren konnte [6, 23], wurde in einer kleinen Studie untersucht, ob es auch bei nächtlichen Muskelkrämpfen wirkt. Die Untersuchung (n = 27) ergab jedoch keine Überlegenheit gegenüber Plazebo [10, 22, 30].

Prof. Dr. med. Oliver Tobolski

Facharzt für Chirur-gie/Sportmedizin/ChirotherapieSporthomedic (Sportorthopädische Praxisklinik Köln)50968 Köln

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor hat keine deklariert.

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Fazit

Die Studienlage zu Muskelkrämpfen ist insgesamt insuffizient [6]. Nur für die Thera-pieoptionen Chinin, Magnesium und Dehngymnastik liegen überhaupt Untersuchun-gen mit größeren Fallzahlen vor.Tatsächlich können Dehnübungen eine Option sein [11]. Dabei kommt es allerdings entscheidend darauf an, dass diese richtig (nach genauer Anleitung durch den Arzt oder Physiotherapeuten) ausgeführt werden. Wichtig ist außerdem, dass die Übungen abends vor dem Zubettgehen erfolgen [20, 25].In den kontrollierten pharmakologischen Studien mit Chinin und Magnesium besser-ten sich die Beschwerden durchaus deutlich – für eine Überlegenheit gegenüber Plaze-bo gibt es jedoch insgesamt nur geringe beziehungsweise keine Evidenz. In den Kon-trollgruppen nahm die Häufigkeit der Crampi um bis zu 50 % ab [12, 16, 17, 25, 28, 29].Aufgrund der vielen Risiken ist Chinin heute nicht mehr Mittel der ersten Wahl. Laut BfArM sollen chininhaltige Arzneimittel nur angewendet werden, wenn die folgenden Bedingungen in Kombination vorliegen: vorheriger Ausschluss von symptomatischen Krämpfen, bei sehr schmerzhaften oder häufigen Muskelkrämpfen und regelmäßiger Störung des Nachtschlafes durch die Muskelkrämpfe sowie Wirkungslosigkeit physio-therapeutischer Maßnahmen wie zum Beispiel Dehnungsübungen [5].Bei der Behandlung von gewöhnlichen Muskelkrämpfen haben Verträglichkeitsaspek-te hohes Gewicht. In den veröffentlichten Studien mit Magnesium bewegte sich die Nebenwirkungsrate insgesamt auf Plazebo-Niveau [30]. Magnesium ist in Deutsch-land das einzige erhältliche Arzneimittel mit günstigem Nutzen-Risiko-Profil, welches zur Behandlung von neuromuskulären Störungen und Wadenkrämpfen (bei Magnesi-ummangel) zugelassen ist. Ein Behandlungsversuch mit Magnesium wird vom BfArM [5] sowie in der S1-Leitlinie Crampi/Muskelkrampf empfohlen [11].

Nicht-medikamentöse TherapieEin Cochrane-Review von 2012 ergibt für sämtli-che nicht-pharmakologischen Optionen nur eine geringe Evidenz. Die Autoren der Cochrane Col-laboration sehen dringenden Bedarf für weitere Forschung mittels randomisierter, plazebokont-rollierter Studien – speziell in Bezug auf häufig empfohlene Maßnahmen wie Muskeltraining, Massage, Entspannungstherapie, Wärmebe-handlung oder Nervenstimulation [4].

Erste Behandlungsmaßnahme in der Akutsitu-ation ist die Dehnung der verkrampften Mus-kulatur und/oder die Anspannung der jeweili-gen Antagonisten [11]. Werden sie regelmäßig durchgeführt, könnten Dehnungsübungen auch präventiv wirksam sein [11, 12, 21, 21, 25]. So ergab eine Studie der Universität Groningen (Niederlande 2012; im o. g. Cochrane-Review noch nicht berücksichtigt) mit 80 Patienten, dass tägliches Dehnen der Waden- und Ober-schenkelmuskulatur vor dem Zubettgehen so-wohl Häufigkeit als auch Schwere nächtlicher Wadenkrämpfe signifikant reduziert [21]. ▪

Datenquellen: Die Studiensuche erfolgte in PubMed im August 2015. Suchkriterien waren „leg cramps“, „leg cramps (title)“, „leg cramps AND magnesium“, „leg cramps AND therapy“ sowie „leg cramps (magnesium OR quinine)“.

Der Allgemeinarzt

Versorgungssituation Heroinabhängiger verbessern

START: Schneller und bequemer dokumentieren

Dr. Uwe Naumann, Berlin, be-richtete von gravierenden Ver-sorgungslücken, die in der Be-handlung Opiatabhängiger in Deutschland bestehen. So erhiel-ten von den ca. 200.000 Hero-inkonsumenten [1] nur knapp 77.300 eine Substitutionsthe-rapie. Dabei ständen mit rund 8.400 gemeldeten suchtthera-peutisch qualifizierten Ärztinnen und Ärzten ausreichende Kapazi-täten zur Verfügung – doch nur rund 2.600 von ihnen substituie-ren [2,3].

Versorgungssituation von Heroinabhängigen verbessern

Mit START, das in Zusammen-arbeit mit erfahrenen Suchtme-dizinern und den Kassenärzt-lichen Vereinigungen (KVen)

entwickelt wurde, möchte Mun-dipharma einen Beitrag leis-ten, die Versorgungssituation von Heroinabhängigen zu ver-bessern. Denn der administrati-ve Aufwand für die Substitution ist hoch und kann für Ärztin-nen und Ärzte, die damit begin-nen möchten, eine nicht zu un-terschätzende Hürde darstellen. Auf die Tatsache, dass die stren-gen Dokumentations- und Mel-devorschriften ihren Ursprung in der komplexen Gesetzeslage haben, machte Wolf-Dieter Hof-meister, Offenbach, aufmerksam. Erschwerend komme hinzu, dass die bundesweit siebzehn KVen unterschiedliche formale Anfor-derungen stellen.

Hilfestellung für Suchtmediziner

Eine praktikable Anwendung wie START kann hier eine Hilfe-stellung bieten und dazu beitra-gen, dass wieder mehr substitu-iert wird. START ist eine digitale Formularsammlung mit Editier-funktion für alle Dokumente, die von der jeweiligen KV in der Sub-stitutionstherapie gefordert und/oder empfohlen werden. So führt START durch die rechtlichen und administrativen Anforderungen der Substitutionstherapie. Eine einfache Menüführung, übersicht-

lich gestaltete Fenster und eine zusätzliche Dokumentation des Meldestatus eines ausgewählten Patienten machen START zu ei-ner bequemen und einfachen An-wendung. Das bislang händische Formularausfüllen wird schneller und bequemer; einmal eingege-bene Daten werden automatisch in alle weiteren Formulare über-nommen.

Einfach STARTen

START steht für Fachkreise zum Download auf www.mundi-

pharma.de bereit und wird vom Mundipharma-Außendienst ab-gegeben. Technischer Support steht werktags zwischen 9:00 Uhr und 18:00 Uhr unter der Telefonnummer 0800 372 4637 oder unter [email protected] zur Verfügung.

START ist die erste digitale Dokumentations- und Meldehilfe für die Behandlung Heroinabhängi-ger in Deutschland – und steht für SubstitutionsTherapie Anfangen: Routinen und Templates. Die neue Anwendung ermöglicht es auch weniger erfahrenen Ärzten, sich im Dschungel rechtlicher und bürokratischer Anforderungen der Substitutionstherapie sicher und schnell zu bewegen. In Berlin präsentierte Mundipharma am 31. Mai 2016 die neue browserbasierte Anwendung, die – wie eine App – ihre eigene Software „mitliefert“; eine Installation ist nicht notwendig.

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ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Patrick DallmannMit freundlicher Unterstützung von Mundipharma Deutschland GmbH & Co. KG, LimburgDie Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Ab sofort erhältlich

START ist eine digitale Formularsammlung mit Editierfunktion für alle Dokumente, die in der Substitutionstherapie ge-fordert und/oder empfoh-len werden.

Ein neuer Weg in der HeroinsubstitutionMit Substitol® steht seit April 2015 das erste zugelassene re-tardierte Morphin für die orale Substitutionstherapie bei Opio-idabhängigkeit in Deutschland zur Verfügung. Das Substitut ist genauso effektiv wie die Standardtherapie mit Methadon [5] bei gleichzeitig signifikant geringerem Craving (Substanzverlangen) nach Heroin [4,6]. Die bessere Verträglichkeit [4] von retardier-tem Morphin bewirkt bei den Patienten eine signifikant höhere Zufriedenheit und insgesamt eine bessere Lebensqualität. Die Haltequote, ein entscheidender Faktor [7], um den Betroffenen eine Chance zur gesundheitlichen und sozialen Rehabilitation zu geben, ist wesentlich höher als unter anderen Substituten [8].

Literatur1. Initiativkreis Substitutionsthe-

rapie: Daten und Fakten (2014), http://www.bitte-substituieren-sie.de/_bitte-substituieren-sie.de/daten-und-fakten.html (Ab-ruf 13.05.2016)

2. Bundesinstitut für Arzneimit-tel und Medizinprodukte, Bericht zum Substitutionsregister, 2016

3. Die Drogenbeauftragte der Bun-desregierung: Substitution (2013), http://www.drogenbe-auftragte.de/drogen-und-sucht/illegale-drogen/heroin-und-an-dere-drogen/substitution.html (Abruf 13.05.2016)

4. Hämmig R et al. 2014: J Subst Abuse Treat 47 (4): 275–81

5. Beck T et al. 2014: Addiction 109 (4):617–26

6. Falcato L et al. 2015: J Clin Psy-chopharmacol 35 (2):150–57

7. Busch M et. al.: Langzeitsubsti-tutionsbehandlung Opioidab-hängiger: HTA-Bericht 53, Köln 2007

8. Bundesministerium für Gesund-heit Österreich 2013: Epidemio-logiebericht Drogen 2012/2013, Wien 2013

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Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.deiStock_Juanmonino

Thomas Soeder

Aufgrund der meist fluchtbe-dingten Migration, die vermut-lich einstweilen auch anhalten wird, ist zu erwarten, dass Men-schen mit einer oft sehr trau-matischen Vorgeschichte und fremder Sprache häufiger in die Praxis kommen. Dies bringt für die niedergelassenen Hausärzte besondere Probleme mit sich.

TRAUMATISIERTE FLÜCHTLINGE

Was kann der Hausarzt leisten?

Fallbeispiel

In die Praxis kommt eine etwa 30-jährige Patientin in Begleitung ihres Mannes und ihrer Tochter. Die sprachliche Ver-ständigung ist erheblich eingeschränkt. Da weder Frau X noch ihr Mann ausreichend Deutsch sprechen, übersetzt die neunjährige Tochter. Die Frau klagt über Kopfschmerzen und Schlafstörungen, Angst, Engegefühl in der Brust, nächtli-che Atemnot und Ohnmachtsanfälle.Frau X wirkt unsicher und vermeidet Blickkontakt. Sie ist affektiv starr und depressiv gestimmt. Sie scheint sich an vie-les nicht richtig erinnern zu können. Sie erwähnt, dass sie am liebsten sterben möchte.Bei einem späteren Gespräch (bei dem eine kompetente Übersetzerin zugegen ist) berichtet Frau X, sie sei gegen ihren Willen schwanger geworden, sie wolle abtreiben, ihr Mann verbiete dies aber.

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In dieser Falldarstellung sind viele Symp-tome und Konflikte erkennbar, die bei der

Begegnung mit einem traumatisierten Flücht-ling häufig auftauchen (Abb. 1). Da finden sich als Erstes die Angst, dann die vegetative Über-erregung, wie häufig auch hier in Form von Schlafstörungen, die Störung des Affektes und der Stimmung, die Schmerzsymptomatik und die wiederholten Bewusstseinsverluste. Hinzu kommt, dass die Betroffenen vermeiden, sich an die schwierigen Ereignisse zu erinnern, die Partnerschaftsproblematik und schließlich ei-ne unerwünschte Schwangerschaft. All dies zusammen bestimmt ein Störungsbild, das mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein trauma-tisches Lebensereignis, in der Regel mehrere, zurückgeführt werden kann (Abb. 2). Was soll-te bei einer so verwickelten Geschichte getan oder unterlassen werden? Hierbei ist dann an den alten Satz zu erinnern: Nil nocere!

Zuhören und verstehenHierzu ist es erforderlich, zunächst zuzuhören. Dafür müssen die notwendigen Voraussetzun-gen geschaffen werden; die Übersetzung durch ein neunjähriges Kind kann nicht ausreichen, und grundsätzlich ist die Übersetzung durch Verwandte sehr problematisch: Manche The-men werden aus Scham vermieden, und dafür Klagen, die familiär akzeptiert sind, in den Vor-dergrund gestellt. Nun kann in einer normalen Praxis nicht regelmäßig eine Übersetzungshilfe zur Verfügung stehen. Es gibt jedoch im Rah-men der regionalen psychosozialen Beratungs-stellen, in manchen Gegenden auch der Land-kreise, der Caritas oder anderer Organisationen, die Möglichkeit, Hilfe durch einen geeigneten Übersetzer zu erhalten, was zumeist kostenfrei ermöglicht wird. Eine Übersetzungshilfe ist in der alltäglichen Praxis zunächst zur Diagnostik und dann zu einer späteren Therapieplanung und Aufklärung notwendig; eine ständige An-wesenheit ist nur in psychotherapeutisch ori-entierten Praxen erforderlich.

Zur Vertiefung der Diagnostik gehört die Klä-rung der Symptomatik, z. B. Häufigkeit und Umstände von Bewusstseinsverlusten. Selbst-verständlich müssen organische Ursachen der häufigen Schmerzsymptomatik abgeklärt wer-den, auch wenn die Vermutung einer psycho-genen Schmerzstörung in der Regel naheliegt. Nach der diagnostischen Phase ergibt sich die Fragestellung, welche therapeutischen Mög-lichkeiten in der eigenen Praxis gegeben sind.

Es gibt Hausärzte, die Erfahrung mit Psycho-pharmaka haben, und andere, die dies lieber den entsprechenden Fachärzten überlassen.

Einfühlsame Beziehung aufbauenSoweit es im Rahmen der eigenen Praxisorga-nisation möglich ist, wäre es wünschenswert,

etwa 14-tägliche Gesprächs-kontakte (ca. 10 Minuten, ab-zurechnen über psychosoma-tische Grundversorgung) zu vereinbaren, um damit eine haltgewährende Beziehung in die Wege zu leiten. Dabei soll-te nicht versucht werden, die traumatischen Ereignisse und

eventuelle unbewusste Abwehrstrukturen auf-zudecken, sondern eine verlässliche, einfühl-same Beziehungsaufnahme aufzubauen, was für einen seelisch schwer verletzten Menschen bereits eine wichtige, heilsame Rolle spielen kann. Dies ist auch deswegen wünschenswert, weil eine spezialisierte Hilfe in der Regel nicht rasch, und meist auch nur in größerer Entfer-nung, erreicht werden kann.

Medikamentöse TherapieEine empirisch fundierte Medikation für Trau-ma-Folgestörungen gibt es nicht. Medikamen-tös behandelt werden können nur bestimmte Symptome des Verlaufs einer Trauma-Folge-störung, z. B. Schlaflosigkeit, innere Unruhe, Agitiertheit, Schmerzsyndrome, akute Angst-zustände und Verfolgungsgedanken. Welche Substanzen hier sinnvoll eingesetzt werden können, bedarf sicherlich einer gewissen Er-fahrung. Dabei muss bedacht werden, dass

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▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Eine empirisch fundierte

Medikation für Trauma-Folge-störungen gibt es nicht.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Abb. 1: Häufigkeit verschiede-ner Symptome bei traumati-sierten Flüchtlingen

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Menschen mit schweren Trauma-Folgestörun-gen häufig in unerwarteter Weise auf Medika-mente reagieren. Grundsätzlich ist zu empfeh-len, die Behandlung mit Minimaldosierung zu beginnen. In der Praxis ist die Regulation des Schlafrhythmus besonders bedeutsam, wo-bei auch die psychovegetative Übererregbar-keit mit beeinflusst wird. Als hilfreiche Medi-kation hat sich m. E. Promethazin bewährt, beginnend in niedriger Dosierung. Die häufig verordneten Antidepressiva (z. B. Mirtazapin) weisen in diesem Zusammenhang wenig anti-depressive Wirksamkeit und oft unzureichende sedierende Wirkung auf. Ebenfalls häufig ver-ordnet werden Neuroleptika (z. B. Risperidon), was aber bei traumatisierten Menschen oft zu einer zusätzlichen Verunsicherung ihrer Wirk-lichkeitswahrnehmung führt. Die Gabe von

notwendig ist und eine spezialisierte Behand-lung erst in zweiter Linie wichtig wird. Die Be-treuung in psychiatrischen Praxen ist, soweit die dortige Behandlung überwiegend medika-mentös orientiert ist, nicht stabilisierender als eine hausärztliche Behandlung. Wichtig ist je-

doch, eine Weitervermittlung in die Wege zu leiten, wenn es zu bedrohlichen Situationen, z. B. aufgrund familiärer Kon-flikte, oder Selbstgefährdung kommt. Hierfür ist es sinnvoll, im Laufe der Zeit ein eigenes Netzwerk zu entwickeln, wo man die möglichen weiteren

Ansprechpartner kennt.

Eine klinische Behandlung ist für traumatisierte Menschen immer eine zusätzliche Belastung. Ein traumatisierter Mensch wird dort eher wei-ter geschädigt. Falls es sich nicht wirklich um einen akuten Notfall handelt, empfiehlt sich die bedachte Planung einer geeigneten stati-onären Aufnahme, mit einem Vorgespräch des Betroffenen in der Klinik. Dabei ist entspre-chend dem Asylbewerberleistungsgesetz zu-meist eine Genehmigung des jeweiligen Kreis-sozialamtes erforderlich.

Zurück zur Fallgeschichte: Hier wurde vom Hausarzt wegen der Bewusstlosigkeiten ei-ne neurologische Klinik eingeschaltet, wo die Differenzialdiagnose einer entweder dissozi-ativen oder epileptischen oder vasovagalen Bewusstseinsstörung gestellt wurde. Danach folgte die Überweisung an einen psychiatri-schen Kollegen, bei dem eine depressive Stö-rung sowie eine Angststörung diagnostiziert wurde, verbunden mit der Verordnung ei-nes Antidepressivums. Internistisch konnte eine kardiale Ursache für die Bewusstseins- ausfälle ausgeschlossen werden. Eine psycho-traumatologische Untersuchung ergab, dass die Beschwerden von Frau X mit hoher Wahr-scheinlichkeit aufgrund einer dissoziativ und angstbetont verlaufenden Trauma-Folgestö-rung entstanden waren. Hinsichtlich des von der Frau gewünschten, vom Mann aber abge-lehnten Schwangerschaftsabbruchs fand sich keine Lösung. Insgesamt ließ sich das Befinden von Frau X jedoch durch die Möglichkeit, über ihre traumatischen Erfahrungen und die da-mit verbundenen Konflikte zu sprechen, unter Mithilfe schlaffördernder Medikation deutlich stabilisieren. ▪

Dr. med. Thomas Soeder

Facharzt f. Psychoso-matische Medizin und Psychotherapie72070 Tübingen

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor hat keine deklariert.

Kindheit

Adoleszenz Erwachsenenalter

▲„normale Schläge“

▲Hausdurch-

suchung

▲Schulbesuchverweigert

▲Zwangs-

heirat

▲Inhaftierung

▲Flucht

▲„Unglaub-

würdig“gezielte Miss-handlung

Tranquilizern vom Benzodiazepin-Typ scha-det oft nicht, manchmal nützt sie, manchmal kann sie eine Verstärkung der Symptomatik zur Folge haben.

Was kann der Hausarzt leisten?Eine zusätzliche Delegation an lokale Betreu-ungsgruppen ist stets sinnvoll. Bei erhebli-chen sozialen Konflikten kann es zweckmä-ßig sein, diesbezüglich eine Beratungsstelle, ggf. auch das Jugendamt, einzuschalten. Der Hausarzt selbst sollte sich auf die körperliche Symptomatik und eine differenzierte tieferge-hende Diagnostik konzentrieren. Bei der Fra-ge, ob eine spezifische psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlung er-forderlich wäre, muss bedacht werden, dass für einen traumatisierten Flüchtling zualler-erst eine tragfähige therapeutische Beziehung

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Eine zusätzliche Delegation an lokale Betreuungsgruppen ist

stets sinnvoll.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Abb. 2: Sequenzielle Trauma-tisierung

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Wir möchten die Vermeidung oder Behand­lung von Erkrankungen erreichen, die das Le­ben frühzeitig begrenzen oder verschlechtern. Dazu gehört die Klärung der Optionen: Vorsor­ge oder Früherkennung.

Primäre und sekundäre PräventionVorsorge oder primäre Präventi­on entspricht der Gesunderhal­tung von Gesunden, indem wir versuchen, krankhafte Verände­rungen gar nicht erst auftreten

zu lassen. Die dafür prominentesten Beispiele sind Ihnen in Ihrem umfassenden Fachspek­trum bekannt und ich werde mich hüten, Sie darüber aufklären zu wollen: Hypertonie, Dia­

betes mellitus, Metabolisches Syndrom, Koro­nare Herzkrankheit, zerebrale Insulte und im Malignom­Bereich ggf. Bronchial­, Ösophagus­ und enterale Tumoren. Diese Entitäten könn­ten durch individuelle Lebensstilsteuerung in großem Umfang vermieden werden. Das zu evaluieren und zu vermitteln, ist für Sie einer der Pfeiler Ihrer umfassenden Tätigkeit mit der Unwägbarkeit, inwieweit die PatientInnen da­zu bereit sind.

Der zweite Bereich umfasst die Erkrankungen, die mehr oder weniger schicksalhaft entstehen und so rechtzeitig detektiert und kuriert wer­den sollten, dass die Endpunkte einer „gesun­den“ Lebenserwartung und ­qualität erreichbar sind, also überwiegend die Krebsfrüherken­nung oder sekundäre Prävention.

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VORSORGE UND FRÜHERKENNUNG BEIM MANN

Wann, wie und warum?

Wolfgang Bühmann

Nein, Urologen sind keine Männer­ärzte – wir behandeln zu 35 bis 40 % Frauen, die be­kannterweise ebenso über Nieren, Harnleiter und Blase verfügen wie die Männer. Dennoch möchten wir interdiszi­plinär dabei helfen, die Männer in Bezug auf ihre Gesundheit nicht zu benachteiligen. Dazu möchte ich als Urologe hier etwas beitragen und zum gemeinsamen Handeln anregen.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Immer noch nehmen nur 14 % der Männer Maßnahmen zur

Krebsfrüherkennung wahr.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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KrebsfrüherkennungUnter anderem wird seit 1971 allen Männern ab dem 45. Lebensjahr einmal pro Jahr die Teilnah­me an der gesetzlichen Krebsfrüherkennung an­geboten, die die Module digitorektale Untersu­chung, Stuhltest auf okkultes Blut und Inspektion der Haut umfasst, seit einigen Jahren ergänzt um die Koloskopie ab dem 55. Lebensjahr, insgesamt zweimal in zehnjährigem Intervall.

Die Inanspruchnahme hat sich trotz aller ebenso medienwirksamen wie finanziell aufwendigen Kampagnen mit 14 % seit 1971 nicht um ein Jo­ta steigern lassen; einzig die Initiative der Felix­Burda­Stiftung zur präventiven Koloskopie hat die Mortalität bei den Teilnehmern signifikant um 30 % gesenkt – ein ebenso eindrucksvoller Beweis der Sinnhaftigkeit.

Warum sind Männer so? Nun, Männer sind ge­prägt, als Heranwachsende schnell Auto zu fah­ren, zu viel Alkohol zu trinken, zu rauchen und Risikosportarten wie Klippenspringen, Drachen­fliegen und Autorennen zu betreiben – allesamt ebenso sinnfrei wie potenziell lebensbegren­zend und dem unstillbaren Balztrieb geschul­det. Diese „Hobbys“ entsprechen dem moder­nen Bild vom historischen „Sammler und Jäger“, der stark ist und ungesund lebt, um dann die Erde rund fünf Jahre früher zu verlassen als die weiblichen Pendants, die sich weder so unsin­nigen Risiken aussetzen noch mit ihrer Gesund­heit so fahrlässig umgehen. Zudem gesellt sich bei Männern die bis heute nicht ursächlich ge­klärte panische Angst vor dem ärztlichen, ins­besondere dem urologischen Zeigefinger hinzu, der gleichsam als gefährlichste Waffe gegen das Männlichste im Manne, anscheinend das Rek­tum, verteufelt wird.

Mit dieser „Waffe“ stehen wir Urologen an Ihrer Seite, wenn es um Aufklärung und Beratung zur Früherkennung böser Erkrankungen im Harn­trakt geht. So müssen wir feststellen, dass unsere Artikel zu

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Zervix

Anus

Vagina

Penis

Vulva

Oropharynx

Mundhöhle

> 99 %

69,9 %

40,4 %

23,5 %

84,3 %

47,0 %

35,6 %

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %Quelle: S3-Leitlinie zur Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasen: AWMF-Register Nr. 082/002

Abb. 1: Anteil HPV-assoziierter Karzinome

kleine Fachgruppe mit 6.000 Angehörigen im­merhin 30 % aller soliden Malignome bei beiden Geschlechtern behandelt und trotz aller Bemü­hungen immer noch eher ernüchternde Ergeb­nisse von „Früherkennung“ erzielt (vgl. Tabelle 1).

Zumindest für das Prostatakarzinom gilt, dass das 12.957 Tote zu viel sind, da wir diese Tumor­entität bei „Vollauslastung“ der Früherkennung und angemessener Behandlung praktisch kom­plett heilen könnten, zumal wir wissen, dass 90­jährige Männer fast alle ein im Leben nicht relevantes Prostatakarzinom in sich tragen, mit dem und nicht an dem sie versterben werden. Es gilt also, die zu identifizieren, die einer kurativen Behandlung bedürfen, und die anderen in Ruhe

zu lassen. Daran arbeiten wir weltweit und sind auf einem vielversprechenden Weg durch die Generierung neuer genbasierter Tumormarker. Bis zur „Serienreife“ bleibt uns aktuell jedoch der seit 30 Jahren etablierte PSA­Test, dessen intelli­gente Interpretation trotz aller kritischen Stim­men die tumorspezifische Mortalität um 30 % (bemerkenswerte Analogie zur Koloskopie) re­duziert hat. Das ist Weltrekord und hat bisher nie ein Laborwert geschafft!

Was können wir anbieten ?Zur Verbesserung der Ergebnisse einer adäqua­ten Tumorfrüherkennung sind folgende Modu­le als qualitätsgesichert und effizient belegt:

• Prostata: PSA­Test, Sonographie • Hoden: Palpation, Sonographie • Nieren: Urintest, Sonographie • Blase: Urintest, ggf. Cytologie, Sonographie

So lebensgefährlich sind urologische Tumoren: Prostata NE 63.710 Tod 12.957 = 20 %

Hoden NE 4.020 Tod 179 = 4 %

Nieren NE 15.000 Tod 5.300 = 35 %

Blase NE 15.500 Tod 5.800 = 38 %

NE= Neuerkrankungen/Jahr

Alle Zahlen 2012 RKI-Krebsregister

tabelle 1

▪ Palliativbetreuung ▪ Kommunikation ▪ Schmerztherapie ▪ Symptomlast ▪ Spiritualität und Ethik ▪ Vorausverfügung und Vor-sorgeplanung

▪ Betäubungsmittelrecht

BAND 6:

STERBE BEGLEITUNG IM ALTER

Stärken Sie jetzt Ihr geriatrisches Knowhow!

„Gerade den Hausärztinnen und Hausärzten kommt eine besonde-re Bedeutung bei der Versorgung von schwerstkranken und sterben-den Menschen zu. Palliative Geria-trie erfordert Spezialwissen und viel Fingerspitzengefühl.“

Melanie Huml, MdL, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pfl ege

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BAND 6:

STERBE BEGLEITUNG IM ALTER

„Gerade den Hausärztinnen und Hausärzten kommt eine besonde-re Bedeutung bei der Versorgung von schwerstkranken und sterben-den Menschen zu. Palliative Geria-trie erfordert Spezialwissen und viel Fingerspitzengefühl.“

P. Landendörfer,

F. H. Mader (Hrsg.)

praxishilfenPraktische Geriatrie

Der ältere Patient beim Hausarzt

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Sterbebegleitung im AlterHausärztliche Palliativmedizin im Team

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Peter Landendörfer:Sterbe begleitung im Alter

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fortbildung

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Bemerkenswert ist, dass alle diese Leistungen bisher keinen Eingang in den Leistungskatalog der GKV gefunden haben – die Früherkennung wird von den Kostenträgern immer noch auf dem Stand von 1971 für gut befunden, obwohl sich auch die Medizin in 45 Jahren hier und da weiterentwickelt hat.

Meilenstein in der primären Präven-tion: die erste Impfung gegen KrebsSpätestens seit zehn Jahren wissen wir durch die Forschung und Entwicklung unseres letzten Nobelpreisträgers 2008 Harald zur Hausen, dass Humane Papillom Viren (HPV) nicht nur die häu­figste sexuell übertragbare Erkrankung verursa­chen (ca. 680.000 Neuerkrankungen pro Jahr an Genitalwarzen in Europa), sondern dass dadurch auch potenziell lebensbegrenzende Zervixkarzi­nome bei Frauen entstehen, die in Deutschland pro Jahr 100.000 vermeintlich fertilitätsverhin­dernde, genitalverstümmelnde Konisationen erfordern und denen 3.000 Frauen pro Jahr er­liegen, obwohl es seit 2007 eine hochwirksame Impfung mit in Australien und den USA beein­druckenden Wirkungsraten von > 90 % sowohl bei den Condylomata als auch beim Rückgang der Zervixkarzinome gibt.

HPV betrifft aber nicht nur die Genitalorgane; in­zwischen steht fest, dass durch Diversifizierung der Sexualpraktiken auch HPV­assoziierte Anal­ und Oropharynxkarzinome an Inzidenz deutlich

zunehmen (Abb. 1 und 2). Deutschland schläft – die Mädchen werden bisher nur zu 40 % ge­impft und die Ständige Impfkommission hat bis heute nicht die Empfehlung zur Jungenimpfung gegeben, somit haben sich bisher nur 25 der 113 Krankenkassen kulanzhalber bereitgefunden, die Kosten auch für Jungen zu übernehmen, obwohl der Penis unzweifelhaft den Transmit­ter der Viren darstellt.

Niemand würde auf die abwegige Idee kom­men, bei z. B. der Hepatitis B als ebenso sexuell übertragbare Erkrankung nur einem Geschlecht wirksamen Schutz anzubieten, ganz abgese­hen von der Gruppe gleichgeschlechtlich ori­entierter Jungen, die von einer Mädchenimpfung gar nicht profitieren. Eine Herdenimmunität, al­so der wirksame Durchbruch der Infektionsket­te gleichsam wie die Schneise im Waldbrand, bedarf einer Impfquote von 85 % aller Jugend­lichen vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Wenn sich Eltern, Jugendliche, Ärztinnen und Ärzte ge­meinsam für diese Schutzmaßnahme engagie­ren würden, könnten wir nicht nur täglich acht Frauen das Leben retten, sondern auch den fol­genden Generationen von Kindern die in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts mühsam erstrittene sexuelle Liberalität erhalten. Warum tun wir das nicht einfach? ▪

Dr. med. Wolfgang Bühmann

Facharzt für Urolo-gie – AndrologieMed. Tumortherapie –  Qualitätsmanagement Pressesprecher des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V. 25980 Sylt OT Keitum

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor hat keine deklariert.

Fazit

Männer sind Gesundheitsmuffel; nur durch Aufklärung in der Jugend könn-ten wir ihnen den Schlüssel zur Mög-lichkeit der eigenen Gesundheitssteu-erung im späteren Leben in die Hand geben – Erhaltung der Männergesund-heit beginnt in der Jugend durch Auf-bau einer Jungensprechstunde, die den Jungen die Chance bietet, ihre Wissens-isolation in der Pubertät wegen der Dis-tanz zu ihren Eltern durch ärztliche Be-gleitung zu kompensieren.

Als „Leuchtturm“ primärer Präventi-on steht mit der HPV-Vakzine erstma-lig eine wirksame Impfung gegen eine potenziell tödliche Krankheit zur Ver-fügung, die wir allen unseren Kindern nicht vorenthalten dürfen.

Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffenGeschätzte jährliche HPV-6/11/16- oder 18-bedingte Neuerkrankungen an Krebs und Genitalwarzen bei Männern und Frauen in Europa (2012)

Abb. 2: HPV-assoziierte Neu-erkrankungen in Europa

▪ Pfl ege- und Kranken-versicherung

▪ Verordnungsmöglichkeiten ▪ Beratung von Patienten und deren Angehörigen

▪ Pfl ege-, Versorgungs- und Betreuungsleistungen

▪ Pfl egeheimvisiten und kooperative Fallplanung

▪ Systematischer Austausch

BAND 5:

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Susanne Grundke | Andreas Klement

PflegebedürftigkeitBeratung – Betreuung – Zusammenarbeit

P. Landendörfer,

F. H. Mader (Hrsg.)

praxishilfenPraktische Geriatrie

Der ältere Patient beim Hausarzt

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Susanne Grundke / Andreas Klement:Pfl ege bedürftigkeit

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forschung und technik

Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

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Mit Schlammbakterien gegen stressbedingte KrankheitenEine „Impfung“ mit Bakterien, die beispielsweise in Gewässern oder im Schlamm vorkom-men, könnte Posttraumatischen Belastungsstörungen sowie weiteren stress- und trau-maassoziierten Erkrankungen vorbeugen. Dies haben Forscher der Universität Ulm an Mäusen nachgewiesen. Ihre Forschungsergebnisse stützen die sogenannte Old-Friends-Hypothese: Demnach kommen entzündliche körperliche und psychische Krankheiten in Gesellschaften mit wenig Kontakt zu den Umweltbakterien, die sich beispielsweise in Ge-wässern oder im Schlamm finden, häufiger vor. Für ihre Studie haben die Wissenschaft-ler männliche Mäuse mit inaktivierten Bakterien immunisiert. Dann brachten sie diese Tiere und eine Kontrollgruppe in eine psychosoziale Stresssituation: Die Nager wurden in einen Käfig zu einer älteren, männlichen Maus gesetzt, die diesen als ihr Territorium betrachtete. Im Zuge der Revierkämpfe zeigten die „ungeimpften“ Tiere einen passiven Umgang mit der Stresssituation, gekennzeichnet durch unterwürfiges und ängstliches Verhalten. Außerdem entwickelten sie eine Darmentzündung. Der Effekt der „Impfung“ überraschte selbst die Wissenschaftler: Als Beobachter konnte man sofort erkennen, wel-che Mäuse immunisiert worden waren. Sie zeigten fast keine Unterwürfigkeit gegenüber dem dominanten Männchen, also eine sehr aktive Stress-Bewältigungsstrategie. Im Ver-gleich mit der Kontrollgruppe ließen sich in der Videoanalyse außerdem nur halb so viele Flucht- und Vermeidungshandlungen nachweisen. Die immunisierten und chronisch ge-stressten Mäuse zeigten außerdem weniger Ängstlichkeit und entwickelten keine Darm-entzündung. Demnach scheint die Immunisierung mit dem Umweltbakterium die Stress- und Trauma-Resilienz zu fördern. Sollte sich dieser Zusammenhang in klinischen Studien beim Menschen bestätigen, wären von Posttraumatischen Belastungsstörungen bedroh-te Soldaten eine mögliche Zielgruppe für die Immunisierung mit Mycobacterium vaccae.Reber SO et al. (2016) PNAS. DOI: 10.1073/pnas.1600324113

Zistrose trotzt HIVVirusbedingte Infektionen zählen zu den weltweit 10 häufigsten Todesursachen bei Menschen. Virale Infekti-onen sind für Ärzte nach wie vor eine große Herausforde-rung, obwohl zum Beispiel für HIV/AIDS etliche antivira-le Wirkstoffe verfügbar sind. Gegen HIV/AIDS werden auf-grund von Resistenzbildung dringend neuartige Wirkstof-fe benötigt und gegen Ebo-la- oder Marburg-Viren gibt es derzeit noch keine zugelas-senen Präparate. Jetzt haben Forscher des Helmholtz Zen- trums München gezeigt, dass Extrakte aus Cistus incanus vi-rostatische Eigenschaften auf-weisen. Extrakte der Zistrose inaktivierten HI-Viren bei al-len Experimenten. Sie blockie-ren virale Hüllproteine, womit das Andocken der Viren an die Wirtszellen verhindert wird. Selbst nach 24-wöchigen La-bortests entstanden keine Re-sistenzen. Die Ergebnisse zur Anti-HIV-1-Wirkung von Cis-tus incanus liefern erste Hin-weise, dass käuflich erhältli-che Extrakte aus der Zistrose oder anderen Pflanzen wie Pelargonium sidoides für die Entwicklung von neuartigen und wissenschaftlich fundier-

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forschung und technik

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ten Phytotherapeutika gegen HIV genutzt werden könnten, so die Wissenschaftler. Da die antivirale Wirkungsweise der untersuchten Pflanzenextrak-te sich von allen bisher klinisch eingesetzten Medikamenten gegen HIV-1 unterscheidet, wären solche Präparate eine wertvolle Ergänzung der Pa-lette an etablierten Arznei-stoffen. Die Extrakte der Zist-rose waren nicht nur gegen HIV, sondern auch gegen Vi-ruspartikel mit Hüllproteinen von Ebola- bzw. Marburg-Vi-ren aktiv. Rebensburg S et al. (2016) Scienti-fic Reports. DOI: 10.1038/srep20394

Kaffee gegen Parkinson?

Aktuelle Therapien bei Morbus Parkinson konzentrieren sich ausschließlich auf die Linderung der Symptome, wie die für diese Erkrankung typischen motorischen Begleiter-scheinungen. Eine ursächliche Behandlungs-methode gibt es nach wie vor nicht. Verant-wortlich für diese Symptome ist das Absterben Dopamin-produzierender Nervenzellen in der Substantia nigra. Mit fortschreitender Er-krankung treten jedoch häufig auch kogniti-ve Defizite und Demenzen auf. Neuere Studi-en belegen, dass dies auf das Absterben von Nervenzellen in anderen Hirnregionen zu-rückzuführen ist. Besondere Hoffnung liegt daher in der Entwicklung geeigneter Thera-pieansätze, die unbeschädigte Nervenzellen schützen oder die Regeneration von Nerven-zellen fördern. Wissenschaftler aus Göttin-gen haben nun neue Belege gefunden, dass Koffein und Koffein-ähnliche Substanzen eine schützende Wirkung auf Nervenzellen im Par-kinson-Modell haben. Demnach hängt diese sogenannte „neuroprotektive“ Wirkung eng damit zusammen, dass Koffein den Aktivitäts-

zustand von Adenosin-A2A-Rezeptoren im Gehirn verändern. Koffein verhindert

dabei die Ausbildung einer synapti-schen Neurotoxizität, die letztlich

auch Degenerationsprozessen ent-gegenwirkt, die motorische und nicht-motorische Symptome der Parkinson-Erkrankung verursa-

chen können. Epidemiologische Studien bestätigen, dass mode-

rater Kaffeekonsum das Risiko an Morbus Parkinson zu erkranken, her-

absetzen kann. Tatsächlich wird Koffe-in bereits in klinischen Studien auf seine

Tauglichkeit als symptomatisches Therapeu-tikum bei Parkinson getestet.Ferreira DG et al. (2015) Cereb Cortex. DOI:: 10.1093/cercor/bhv268

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Unerkannter Killer

Von uns weitgehend unbemerkt breitet sich in weiten Teilen der Tropen eine neue, töd-liche Infektionskrankheit aus. Die Gefahr durch diese neue Seuche wurde bisher gra-vierend unterschätzt, wie Forscher nun war-nen. Denn die von Bakterien verursach-te Melioidose könnte unerkannt bereits in 79 Ländern etabliert sein. Das Fatale daran: Weil der Erreger der Krankheit von Natur aus resistent gegen viele Antibiotika ist, kann die Todesrate bei bis zu 70 % liegen. Tatsächlich fordert die Melioidose heute schon fast die 10-fache Zahl an Todesopfern wie das Den-guefieber. Die Gefahr kommt aus dem Boden – denn dort lebt das Bakterium Burkholde-ria pseudomallei, der Erreger der Melioidose. Die meisten Menschen infizieren sich daher, wenn sie mit kontaminierter Erde in Kon-takt kommen und die Bakterien über kleins-te Hautverletzungen in den Körper gelan-gen. Aber auch verseuchtes Wasser oder bei starken Regenfällen in die Luft geschleuder-te Tröpfchen sind eine potenzielle Infekti-onsquelle. Auch infizierte Tiere können den Erreger auf den Menschen übertragen. Eine Infektion mit Burkholderia pseudomallei löst Fieber und Symptome ähnlich einer Bron-chitis oder Lungenentzündung aus. Sie kann aber auch Hautentzündungen verursachen. Breitet sich die Infektion über das Blut aus, drohen Organschäden und im Extremfall der Tod. Allein im Nordosten Thailands werden jährlich 2.000 bestätigte Fälle von Melioi-dose gemeldet – 40 % davon enden tödlich. Forscher gehen davon aus, dass potenziell rund 3 Mrd. Menschen durch Meliodiose ge-fährdet sind. Betroffen seien auch schon die USA und Japan. Aufgrund des Klimawandels könnte sich der Erreger noch weiter ausbrei-ten.Limmathurotsakul D et al. (2016) Nature Microbiology. DOI: 10.1038/nmicrobiol.2015.8

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praxis

Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

Der Begriff „Praxiseinrichtung“ reicht von loser Möblierung eines Rau-

mes bis hin zu einem kompletten Einrichtungs-konzept. Wer heute nach einer gelungenen Pra-xiseinrichtung sucht, geht meist noch einen Schritt weiter: Praxiskonzept, Raumgestaltung, Einrichtungsdesign, Accessoires, Teambeklei-dung, Internetauftritt und Logoentwicklung – jedes Detail sollte bedacht und im Idealfall in ein übergreifendes Corporate Design (CI) in-tegriert werden.

Immer häufiger steht dem Arzt dabei ein Pra-xisausbauspezialist zur Seite – ein Allroun der, der in der Welt des Praxisalltags ebenso zu Hau-se ist wie in der Welt des „Interior Design“ und des Handwerks. Das ist sinnvoll, denn das Pro-jekt „Praxisgestaltung“ ist stets zeit- und kos-tenintensiv. Um all die kleinen und großen Hür-den auf dem Weg zur eigenen Wohlfühlpraxis besser zu überwinden, bieten Praxisbauspezia-listen ein methodisches Vorgehen in mehreren Schritten, um den gesamten Prozess konzepti-onell und strategisch zu meistern. Dieser kann dem Arzt als Leitfaden und Wegweiser dienen.

Am Anfang steht die Bedarfs­ermittlungBereits im ersten Schritt, der Bedarfsermittlung, gilt es viel zu klären: Welchen Zweck soll der Umbau erfüllen, welches Ziel erreicht werden? Vergrößerung, Praxisübernahme, notwendige Modernisierung – die Antworten sind zahlreich. Um dies sichtbar nach außen zu transportieren, ist eine Expertenberatung sinnvoll. Denn das

Von der Raumauftei-lung über die Möblie-rung bis zu Materi-alien, Farb- und Licht-konzept gibt es bei einem Praxisumbau vieles zu bedenken, zu entscheiden und letztlich auch zu be-aufsichtigen. Spezia-listen für Praxisumbau können nicht nur die Planung erleichtern, sondern das Projekt vom Entwurf bis zur Fertigstellung umset-zen oder begleiten.

In acht Schritten zur individuellen Praxisgestaltung

Im dritten Teil der Serie „Praxisum-bau“ geht es um den Innenausbau und wie Experten helfen können, dabei Kraft, Zeit und Nerven zu sparen.

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praxis

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neue Interieur soll Praxisidentität und fachli-ches Know-how vermitteln – die beste Basis, um Patienten an sich zu binden bzw. neu zu ge-winnen. Erfahrungsgemäß leiten die meisten Patienten ihr Urteil über das fachliche Wissen des Arztes vom Eindruck der Praxis selbst ab.

Ist der Zweck des Umbaus klar, folgt die Stra-tegie zur erfolgreichen Umsetzung. „Hierbei müssen die zukünftig angestrebte Patienten-struktur, die persönlichen Wünsche des Arztes sowie das Gesamtkonzept der Praxis möglichst ideal ineinandergreifen“, erklärt Praxisbauspezi-alistin Kathrin Geilert. Diese Faktoren entschei-den über den optimalen Stil einer Praxis – vom kindgerechten Umfeld mit besonders kreativer Möblierung und hohen Anforderungen an Hy-giene, Materialrobustheit und Schalldämmung über ein besonders harmonisches Umfeld mit positiver, lebensbejahender Atmosphäre und hohen Anforderungen an Wertigkeit, Bequem-lichkeit und Diskretion bis hin zu einem akti-ven Umfeld mit besonders ausstrahlungsstar-ker Möblierung und hohen Anforderungen an Technik, Individualität und Innovation.

Vom Bedarf zum EntwurfSind diese Fragen geklärt, folgt die detaillierte Prüfung der Praxis-Gegebenheiten und bau-technischen Möglichkeiten. Ein grobes Aufmaß und erste Fotos erleichtern die Planungsarbeit im Büro. Ab diesem Zeitpunkt arbeitet das Spe-zialistenteam auf den zweiten Schritt hin, die Entwurfsentwicklung: Ideen werden zeichne-risch umgesetzt, Materialien ausgewählt und Angebote erstellt. Dieser kreative Planungspro-zess umfasst jeden Raum, skizziert die spätere Funktion und Nutzungseffizienz. Im Laufe der

Entwurfsentwicklung können so mehrere Ent-würfe entstehen. Diese müssen neben der ge-wünschten Optik vor allem den harten Fakten standhalten: Zu erwartende Kosten, Bauzeit, Materialanforderungen, Haptik und Patienten-akzeptanz sind nur einige davon.

Als Grundlage jedes Entwurfes dient die ef-fiziente Praxisraumplanung. Ist der vorhan-dene Raum klein, müssen Raumstruktur und Möbel den Platzmangel ausgleichen. Viel Glas und indirektes Licht sowie helle Farben helfen, die Praxis optisch zu vergrößern. Kurze Mitar-beiterwege, Raumkombinationen und raum-optimierende Möbel mit maximaler Funkti-on realisieren auch bei wenig Platz effiziente Praxisabläufe.

Eine Materialbibliothek als Aus­wahlhilfeUm die jeweiligen Ideen und Ausstattungsde-tails möglichst anschaulich zu machen, erstellt

Aus der Raumplanung ergibt sich der Entwurf

Auch platzsparende Lösungen können gut aussehen das Team des Praxisausstatters zusätzlich hand-

kolorierte Skizzen. Bevor diese Ideen präsentiert werden, erfolgt aber noch die Materialzusam-

menstellung aufgrund großfor-matiger Muster samt Preisan-gaben für das gesamte Projekt – Boden, Wandfarben, Bezugs-stoffe, Fenster-Dekostoffe und gewählte Möbeloberflächen. Denn kleine, aber feine Details werden nur an realen Mustern erlebbar. Verfügt ein Ausbau-spezialist wie die Geilert GmbH

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Vergrößerung, Praxisübernah-

me, notwendige Modernisie-rung: Welchen Zweck soll der

Umbau erfüllen?▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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praxis

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über eine großzügige Materialbibliothek, kön-nen sich die Auftraggeber dort mit Optik und Haptik möglicher Materialien vertraut machen.

Für viele Ärzte steht dabei vor allem die Langle-bigkeit und Strapazierfähigkeit der Werkstoffe im Vordergrund. Besonders im Empfangs- und Wartebereich sind diese Attribute Pflicht. Im Steri/Labor und bei den Behandlungszeilen steht zusätzlich die Erfüllung der RKI-Richtli-nien ganz oben auf der Agenda. Geilert emp-

fiehlt für hochhygienische Anwendungen acryl-basierten Mineralwerkstoff. Beim Bodenbelag liegen nicht-textile Beläge im Trend. Elastische Beläge wie Linoleum oder Kunstharz sind be-sonders beliebt. „Jeder Entwurf wird bei uns hausintern von allen Projektbeteiligten auf Herz und Nieren geprüft. Am Ende präsentie-ren wir dem Arzt meist zwei bis drei Varian-ten, von denen jede im festgelegten Zeit- und Budgetrahmen realisierbar ist“, erläutert Jörg Geilert, Geschäftsführer der Geilert GmbH. Im Rahmen dieser Präsentation werden alle Ideen bewertet, verglichen, diskutiert, verän-dert, angepasst und perfektioniert.

Damit beginnt der dritte Schritt auf dem Weg zur perfekten Praxis: Die finale Präsentation

und Entscheidung. Ein kreativer Gestaltungs-prozess, der dank intensiver Beratung mit vielen Tipps und Tricks aufwartet. Wird ein Entwurf geradlinig umgesetzt oder werden Teilberei-che der verschiedenen Entwürfe zusammen-gefügt? Erfahrungsgemäß konzentrieren sich Ärzte meist auf die für sie selbst wesentlichen Möbelstücke und die Funktionalität. Der Pra-xisberater dagegen hat das große Ganze im Blick, um ein harmonisches Farb-, Möbel- und CI-Konzept zu erschaffen statt eines Sammel-suriums einzelner Möbel. Denn auch in Arzt-praxen gilt eine einheitliche Corporate Identity als erfolgreiches Marketinginstrument.

Das Budget einhaltenZu den wichtigsten Aufgaben der Praxisge-stalter zählt neben der Designberatung auch die Kalkulation von Material und Arbeit. „Das Budget muss vorher genau festgelegt werden,

um realistische Ideen erfolgreich auszuarbei-ten. Prinzipiell gilt: Langlebige Bodenbeläge, robuste Oberflächen und individuelle Acces-soires kosten Geld, aber auch mit einem klei-neren Budget können Praxisträume realisiert werden. Hier ist jedoch praktische Erfahrung gefragt“, erklärt Jörg Geilert. Der Spezialist zeigt beispielsweise von Beginn an alle Kos-ten auf und lässt den Kunden wählen, was im ersten Bauabschnitt und was gegebenenfalls später gemacht werden soll. Versteckte Kos-ten können dank genauer Planung vermieden werden. Nach der kreativen Phase folgen nun die Schritte 4 bis 8, der handwerklich gepräg-te Teil – vom Feinaufmaß bis zur Montage. Im Fokus steht dabei die Abstimmung der tech-nischen Feinheiten.

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▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Die Langlebigkeit und Strapa-

zierfähigkeit der Werkstoffe steht oft im Vordergrund.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Hier wird jede Ecke genutzt

Lichteinfall, Oberflächen und Farben können kleine Räume größer wirken lassen

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praxis

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 12/2016

Theorie wird zur PraxisFür die Bodenverlegung wie für alle angrenzen-den Gewerke (Malerarbeiten, Elektrik, Lichtkon-zept, Sanitär, Fliesenverlegung etc.) erarbeiten die Experten einen Zeit- und Kostenplan. Pla-nung, Organisation, Koordination und Kon-trolle des gesamten Praxisausbaus übernimmt der Praxisbauspezialist und ist damit ein fes-ter Ansprechpartner für alle Arbeiten. Sind die handwerklichen Details geklärt, folgt der fünfte Schritt, die Arbeitsvorbereitung – sie ist die entscheidende Phase, bevor die Produktion beginnen kann. Bei Geilert können Ärzte in je-der Produktionsphase bei der Entstehung ih-rer Praxismöbel live dabei sein, denn die Werk-statt steht interessierten Praxisinhabern offen. Wie im sechsten Schritt, der Möbelproduktion, aus einer riesigen Platte ein Schrank oder Tre-sen entsteht, ist immer wieder faszinierend. „Unsere Möbel werden alle nach individuel-lem Kundenwunsch gefertigt. Im Prinzip ver-lässt jedes Produkt nur einmal das Unterneh-men. Das ist Manufakturarbeit, die hier vor Ort entsteht“, bestätigt Kathrin Geilert.

Die Montage, der siebte Schritt, ist wohl der spannendste Projektabschnitt. Die Praxisinha-ber erleben, wie aus einer Idee mit jedem neu-en Möbelstück eine Wohlfühlpraxis entsteht. Im Fall der Geilert GmbH erhält der Arzt im letzten Schritt die Chance, durch ein professio-nelles Fotoshooting kostenlos Bilder seiner neu-en Praxiswelt zu erhalten. Die Räumlichkeiten, das Interieur, die Atmosphäre – alles wird di-gital eingefangen und kann für die Website, für Drucke oder für aktive Öffentlichkeitsar-beit verwendet werden. ▪Jacqueline KochQuelle: Geilert GmbH, www.geilert-gmbh.de

So wird auch die Toilette zum Wohlfühlort

Mit PCSK9-Hemmer das LDL-C-Ziel erreicht

Unser DialogCenter „Lipidmanagement aktuell“ bietet umfassende Infos – Reinklicken!

Impressum | Verlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz, Telefon 0 61 31/9 60 70-0. Redaktion: Dr. med. Kirsten Westphal.

Mit freundlicher Unterstützung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main, Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen

keine Verantwortung für diese Inhalte. SADE.ALI.16.05.1405

www.allgemeinarzt-online.de/dialogcenter

Neuer Online-Service!

Im DialogCenter „Lipidmanagement aktuell“ finden Sie eine Fülle praxisrelevanter Informationen rund um das Thema Hypercholeste-rinämie und die Senkung erhöhter LDL-C-Werte:

■ Diabetes, Dyslipidämie und kardiovaskuläres Risiko – eine verhäng-nisvolle Verkettung

■ Alirocumab bei Patienten mit Typ-2-Diabetes – aktuelle Daten aus dem Phase-III-Programm ODYSSEY

■ PCSK9-Hemmer in der Praxis: Wann sind sie indiziert? Was kann man erwarten?

Sanofi und Regeneron arbeiten gemeinsam an einem globalen Pro-duktentwicklungsprogramm und an der Vermarktung von Praluent®.

DialogCenterINFOBO

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Alirocumab (Praluent®) ermög-licht bereits in der niedrigeren Dosierung von 75 mg alle zwei Wochen eine starke Senkung des LDL-Cholesterins (LDL-C) [1]. So kann das LDL-C-Ziel auch bei einem hohen Ausgangwert erreicht werden.

Alirocumab steht als einziger PCSK9-Hemmer in zwei Wirkstär-ken (75 mg/150 mg) zur Verfügung [1]. Be-reits mit der niedrigeren Dosis von Alirocumab (75 mg alle zwei Wo-chen), zusätzlich zu ei-ner maximal dosierten Therapie mit Statin/Ezetimib, kann das LDL-C um weitere 50% reduziert werden [1]. Bei einer 69-jährigen Patientin mit heterozygoter Familiärer Hyper-cholesterinämie (heFH) und einem

LDL-C-Ausgangswert von 354 mg/dl (9,2 mmol/l) konnte der LDL-C-Zielwert von < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l) so erreicht werden [2]. Die Patientin hatte zunächst Atorvasta-tin 80 mg/Tag erhalten. Darunter kann das LDL-C um bis zu 50% re-duziert werden. Die Kombination mit Ezetemib 10 mg, die das LDL-C um maximal weitere 20% senkt, re-duzierte das LDL-C der Patientin auf

175 mg/d (4,5 mmol/l). Durch die zusätzliche Gabe von Alirocumab 75 mg alle zwei Wochen wurde das LDL-C auf 58 mg/dl (1,5 mmol/l) ge-senkt und der Zielwert erreicht. Mehr Infos im DialogCenter.

1. Fachinformation Praluent® Stand Sept. 20152. Lehrke M. Vortrag DGK-Kongress, 1. Ap-ril 2016

www.aa-dc.de/fh

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praxis

Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

Mit einer Vorsorgevollmacht kann man selbst bestimmen, wer als Betreuer eingesetzt werden soll, falls man aus wel-chem Grund auch immer seine eigenen Angelegenheiten nicht mehr regeln kann. Damit die Vollmacht ihren Zweck erfüllt, kommt es allerdings auch auf Details der Formulierung an.

In Deutschland werden die Men-schen dank moderner Medizin im-

mer älter. Die Kehrseite dieser Medaille ist, dass immer mehr Menschen aufgrund von Altersverwirrtheit, Krankheit oder Behin-derung nicht mehr in der Lage sind, über die eigenen persönlichen und finanziel-len Belange zu entscheiden. Wer sich für den Betreuungsfall vorbehalten möchte, den Betreuer des Vertrauens selbst zu be-stimmen, der sollte eine sogenannte Vor-sorgevollmacht anfertigen. Ist das Doku-ment durchdacht und präzise formuliert, bewahrt es vor fatalen Fehlentscheidun-gen. Eine solche Vollmacht ist jederzeit durch den Vollmachtgeber widerrufbar, solange der Betreuungsfall nicht einge-treten ist.

Dass der Ehepartner oder ein naher Ver-wandter in solchen Lebenslagen auto-matisch im Namen der erkrankten Per-son die Rechtsgeschäfte übernimmt, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Tatsächlich gibt es in derartigen Situationen, aber auch bei einer einfachen Abwesenheit, wie bei einer Urlaubs- oder Geschäfts-reise, keine gesetzliche Stellvertretung.

VORSORGEVOLLMACHTUngenau formulierte Vollmachten sind ungültig

Vorteile einer notariellen Voll-machtViele denken, eine Vollmacht sei nur dann wirksam, wenn sie notariell beglaubigt oder beurkundet wird – doch das ist in den meisten Fällen kein Muss. Zwingend ist eine notarielle Vollmacht im Zusammen-hang mit Grundstücksverträgen. Meist jedoch genügt ein privatschriftliches Do-kument. Allerdings ist die notarielle Form ratsam, vor allem wenn der Vollmachtge-ber hochbetagt ist oder wenn aus anderen Gründen Anlass besteht, seine geistige Gesundheit in Zweifel zu ziehen. Wer zu

einem Notar geht und seine Geschäfts-fähigkeit beim Ausstellen der Vollmacht bestätigen lässt, vermindert das Risiko, dass die Vollmacht von einem Dritten nicht anerkannt wird.

Eine Vollmacht, bei der nur die Echtheit der Unterschrift durch den Notar bestä-tigt wird, muss der Betroffene immer im Original vorlegen. Eine beurkundete Voll-macht hingegen bezeugt den gesamten Inhalt der Erklärung und kann vom Bevoll-mächtigten in einer sogenannten Ausfer-tigung der Vollmachtsurkunde vorgelegt

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werden. Das Original verwahrt der Notar in seiner Urkundensammlung, dadurch ist es dem Notar möglich, auf Wunsch auch später noch weitere Ausfertigungen der Vollmacht zu erteilen. Denn bloße Voll-machtsabschriften sind zum Nachweis einer Vollmacht niemals ausreichend. Wichtig ist, dass sowohl das beglaubigte Original, als auch die Ausfertigung einer beurkundeten Vollmacht für den Bevoll-mächtigten im Ernstfall unbedingt zu-gänglich sein müssen.

Bevollmächtigten nicht ohne Rücksprache wählenDer Bevollmächtigte sollte nicht nur das volle Vertrauen des Vollmachtgebers ha-ben, er sollte seinen zugedachten Aufga-ben auch fachlich und charakterlich ge-wachsen sein. Um die ermächtigte Person

nicht in Entscheidungszwänge zu drän-gen, ist es wichtig, dass der Vollmachtge-ber ihm möglichst konkrete Weisungen erteilt. Sollte dieser mit dem Bevollmäch-tigten nicht über dessen Bereitschaft ge-sprochen haben und der Bevollmächtigte gar nicht bereit sein, die Vollmacht auszu-üben, bleibt das Dokument wirkungslos. Empfehlenswert ist es daher, einen oder mehrere Ersatzbevollmächtigte zu benen-nen. Das kann sich dann als vorteilhaft erweisen, wenn der Bevollmächtigte im Fall der Fälle nicht zur Verfügung steht. In der Regel will man den Bevollmächtig-ten nicht schon mit einer Vollmacht aus-statten, solange man selbst handlungs-fähig ist. Es reicht in den meisten Fällen aus, dass die Ausfertigung der Vollmacht in den Händen des Vollmachtgebers ver-bleibt. Der Bevollmächtigte sollte nur wis-sen, wo er die Vollmacht auffindet.

Es steht dem Vollmachtgeber frei, den Be-vollmächtigten alle oder nur bestimmte Rechtsgeschäfte ausführen zu lassen. Je-doch sollte nicht nur in einer Spezialvoll-macht genau definiert werden, worüber der Bevollmächtigte entscheiden darf. Auch der Inhalt einer Generalvollmacht muss gründlich durchdacht und für den beabsichtigten Zweck möglichst präzise formuliert sein.

Falsche Formulierungen ver-meidenBeim Erstellen einer Vollmacht machen viele den Fehler, die Vollmacht in ihrer rechtlichen Wirksamkeit einzuschrän-ken. Zum Beispiel führt die Vorgabe, die Vollmacht solle erst dann wirksam wer-den, wenn der Vollmachtgeber aufgrund von Alter, Krankheit oder Gebrechen nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sor-gen, dazu, dass gegenüber einer dritten Person erst nachgewiesen werden muss, dass diese Einschränkung tatsächlich ein-getreten ist. Das kann sich als schwierig erweisen. Es ist deshalb von elementarer Bedeutung, dass die Vollmacht zwischen Bevollmächtigtem und demjenigen, ge-genüber dem sie verwendet werden soll, möglichst uneingeschränkt gilt.

Wer umfassend vorsorgen möchte, ist gut beraten, nicht nur eine Vollmacht in vermögensrechtlichen Dingen wie eine Konto-, Depot- oder Postvollmacht auf-zusetzen. Auch persönliche Angelegen-heiten betreffend die medizinische Be-handlung oder pflegerische Versorgung sollten für den Ernstfall geregelt sein. Er-gänzt um eine Patientenverfügung und eine vorsorgliche Betreuungsverfügung, in der bestimmt wird, wer die erforderli-che Betreuung des Vollmachtgebers über-nehmen soll, können die Wünsche und Forderungen des Vollmachtgebers sehr genau umgesetzt werden. Um unnötige Betreuungsverfahren zu verhindern, ist es sinnvoll, eine notarielle Vollmacht über persönliche Bereiche beim elek tronischen Vorsorgeregister der Bundesnotarkam-mer zu registrieren. Wer sich von einem Notar bei der Erstellung einer Vollmacht beraten lassen möchte, findet Adressen im Internet unter www.notar.de. ▪ Quelle: Bremer Notarkammer

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Dass der Ehepartner oder ein

naher Verwandter automa-tisch im Namen der erkrank-

ten Person die Rechtsgeschäf-te übernimmt, ist ein weit

verbreiteter Irrtum.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

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praxis

Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

EIN SOFTWARE-MÄRCHEN

Der Fuchs und der Bär

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Praxis-EDV

Im Rahmen einer Artikelserie beleuch-tet „Der Allgemeinarzt“ das Thema Pra-xis-EDV. Bisherige Themen waren un-ter anderem Softwarearchitektur, Netz-anbindung, mobile Anwendungen, die Funktion von Servern, Telematik, der Schutz von Patientendaten und Ver-schlüsselungstrojaner.

Hersteller und ServicepartnerEs war einmal ein Bär, der lebte im großen Wald. Er hatte sich durch Zucht und Erwerb eine ganze Reihe von Bienenstöcken angeeignet und lebte davon, die Bienenstöcke an die Hasen des Wal-des zu vermieten. Die Hasen bevorzugten zwar eigentlich frisches Grün, fanden aber zuneh-mend Geschmack an dem süßen Honig. Und weil das Gesetz des Waldes ständig geändert wurde, um neue Honigsorten einzuführen, den Geschmack des Honigs zu verändern oder eine Helmpflicht für die Bienen zu erlassen, muss-te der Bär den Hasen ständig Updates für die Bienenstöcke oder sogar ganz neue Bienen lie-fern. Dafür verlangte er von den Hasen jeden Monat eine Korbgebühr. Das Geschäft blühte, erst recht, als das Gesetz des Waldes bestimm-te, dass alle Tiere des Waldes zukünftig Honig konsumieren müssten.

Der Bär wurde der Nachfrage nach Bienenkör-ben und der vielen Anfragen seiner Kunden kaum noch Herr. Eines Tages traf er im Wald den Fuchs und klagte ihm sein Leid. „Ständig muss ich von einem Hasenbau zum anderen rennen, weil bei dem einen die Waben durch-einandergerutscht sind, bei dem anderen die Eingangspforte klemmt und dem Dritten die Bienen abgehauen sind. Ich kann mich gar nicht mehr auf die Pflege meiner Bienenvölker kon-zentrieren!“ „Da weiß ich eine Lösung”, mein-te der Fuchs, und so trafen Bär und Fuchs ei-ne Abmachung. Der Fuchs würde sich fortan mit seiner Sippe um die Probleme der Hasen vor Ort kümmern, der Bär dagegen die Bienen-zucht weiterentwickeln. Die Füchse würden die Bienen vom Bären kaufen und, natürlich mit ei-nem netten Profit, an die Hasen weiterverkau-fen. Und damit kein Unfriede in der Fuchssip-pe entstünde, teilten sie den großen Wald unter

Next

Mar

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tolia

Neulich erhielt ich einen Anruf von einem Facharzt, der von seinem Berufsverband die undankbare Aufgabe erhalten hatte, eine Übersicht der existierenden Praxis-verwaltungssysteme und deren Preise zu erstellen. Schwierig sei das, weil keiner Preisinformationen herausgeben wolle. Und übrigens – zum Ende des Monats ha-be sein Servicepartner plötzlich gewech-selt, der bisherige sei einfach verschwun-den. Ob ich wisse, was dahinterstecke? Ich sagte ihm, dass die Übersicht der Sys-teme auf der Webseite der KBV abzuru-fen sei. Alles andere sei Spekulation oder Märchen, so wie das folgende …

Von außen betrachtet zeigt sich der Markt für Pra-

xissoftware und die damit verbundenen Serviceleistun-gen wenig transparent. Insi-

der Alexander Wilms erzählt die Geschichte von umtrie-bigen Herstellern, cleveren

Servicepartnern und den Bewegungen des Marktes

einmal ganz anders.

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praxis

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sich auf und verpflichteten sich, die Reviere der anderen nicht zu verletzen.

Druck vom FinanzmarktSo ließen Bär und Fuchs es sich eine ganze Zeit lang gut gehen. Der Bär expandierte, verkaufte Bienenvölker auch an Igel und Rehe, fing an, Heil-kräuter zu züchten und hatte sein Auge längst auch auf die dunklen Forste jenseits des gro-ßen Waldes geworfen. Um die Ausweitung sei-nes Geschäfts zu finanzieren, hatte er sich viele Goldstücke bei den Elstern und Heuschrecken geliehen. Fortan musste er zusehen, dass ihm seine Kreditgeber gewogen blieben. Und da die-se zuallererst an harten Tatsachen interessiert waren, musste der Bär nun jedes Quartal Erfolge vorweisen. So begann er notgedrungen, an der Qualität der Bienen zu sparen. Es gab nun häu-figer verrutschte Waben oder solche mit weni-ger als sechs Ecken, und der Orientierungssinn der Bienen ließ mehr und mehr zu wünschen übrig. Den Fuchs ärgerte das, denn er musste mit seiner Sippe nun immer öfter die Baue der Hasen aufsuchen und deren Probleme beheben.

Der Fuchs beschwerte sich deswegen beim Bä-ren, der ihm eine neue Vereinbarung vorschlug. Danach sollte der Fuchs einen höheren Anteil der monatlichen Korbgebühren erhalten. Als kleine Gegenleistung sollte der Fuchs im Gegenzug mo-natlich eine gewisse Anzahl von Bienenkörben abnehmen. Der Fuchs, der den höheren Anteil der Korbgebühren dringend brauchte und in sei-nem Stück des Waldes noch Wachstumspoten-tial sah, willigte ein. Bald musste er aber fest-stellen, dass alle Hasen ausreichend mit Honig versorgt waren, und in seinem Fuchsbau sta-pelten sich die Bienenkörbe, die der Bär ihm der Abmachung gemäß monatlich vor die Tür stell-te. Wenn seine Welpen nicht Hungers sterben sollten, musste er sich etwas einfallen lassen.

Proprietäre Lösungen„Mit Bienenvölkern alleine ist kein großes Geld

mehr zu machen“, dachte sich der Fuchs und be-gann, sein Angebot um Honigtöpfe zu erweitern. Am Anfang waren die Hasen skeptisch, denn die Töpfe des Fuchses waren sehr teuer. „Tja, wisst ihr“, pflegte dann der Fuchs zu sagen, „der Honig aus unseren Bienenkörben passt ausschließlich nur in diese Töpfe. Andere Töpfe werden den Ho-nig verderben, und das wollt ihr doch auf keinen Fall!“ Die Hasen nickten und kauften zähneknir-schend die teuren Töpfe des Fuchses.

Auch der Bär hatte sich etwas einfallen lassen, um weiter erfolgreich zu sein. Er hatte neue Bie-nenkörbe entwickelt, die in allen Regenbogen-farben leuchteten und achteckige Waben besa-ßen. Die Füchse wurden unter Androhung des kompletten Entzuges aller Bienenkorb-Lieferun-gen dazu verpflichtet, diese technische Neuent-wicklung unter das Hasenvolk zu bringen. Dort jedoch trafen sie auf Skepsis: „Ist der Honig aus diesen neuen Körben wirklich besser als der al-te?“, wollten die Hasen wissen, und: „Verbessern achteckige Waben wirklich die Haltbarkeit des Honigs?“ Beide Fragen konnte der Fuchs nicht völlig überzeugend beantworten, und auch sein Argument, dass die neuen Körbe so schön bunt im Dunkeln leuchteten, zog bei der Kundschaft nicht wirklich. Die neuen Körbe begannen sich in seinem Fuchsbau zu stapeln, und wegen ihres dauernden Leuchtens konnte der Fuchs nachts nicht mehr gut schlafen.

Einer muss verlieren„Du siehst ja gar nicht gut aus“, sagte der Bär, als er den Fuchs wieder einmal im Wald traf. „Ich werde dir helfen. Ich gebe dir ein nettes Sümmchen für deinen ganzen Laden, und du kannst den ganzen Ärger hinter dir lassen und in den warmen Süden ziehen.“ Tatsächlich hat-te der Bär ein Auge auf den immer noch recht großen Anteil des Fuchses an den Korbgebüh-ren geworfen. Der Fuchs begriff, dass er sich zwischen einem Felsen und einer sehr harten Wand befand, willigte schließlich ein und zog mit Sack und Pack auf eine Insel im südlichen Meer, wo er eine Bar eröffnete und billigen Fu-sel an ahnungslose Zugvögel verkaufte.

„Und wie geht das Märchen aus?“, wollte mein Gesprächspartner wissen. „Nun, vielleicht er-findet ein kleines cleveres Säugetier eines Ta-ges einen Weg, Honig direkt und hygienisch per Rohrleitung in die Häuser zu liefern“, sag-te ich. „Aber so was passiert wohl nur im Mär-chen! Oder vielleicht doch nicht?“ ▪

Artikel zu Verschlüsse-lungstrojanern

www.allgemeinarzt- online.de/a/1761379

Alexander Wilms betreut seit mehr als 15 Jahren die allgemeinärztliche Praxis seiner Frau in IT-Fragen und war maßgeblich an der Entwicklung von RED Medical, der ersten webbasierten Arztsoftware, beteiligt. Die Server stehen in einem deutschen Hochsicherheits-Rechenzentrum. Die Patientendaten werden ausschließlich verschlüsselt gespeichert. Die Software hat alle maßgeblichen Zertifizierungen der KBV und das Datenschutz-gütesiegel des Unabhängigen Landesdatenschutzzen trums (ULD) und des TÜV Saarland.

72 Der Allgemeinarzt 12/2016 www.allgemeinarzt-online.de

fortbildung

Dr. med. Lothar MarkusFacharzt für AllgemeinmedizinPhysikalischeTherapie04103 Leipzig

Arzneimittelkosten Warum kontrollieren die Krankenkassen nicht ihre Mitglieder?Ärzte werden hierzulande in ihrem Verord-nungsverhalten genau kontrolliert. Sollten sie im Vergleich mit ihrer Berufsgruppe zu viel verordnet haben, können sie einen Ho-norar-Regress erhalten. In den Medien hö-ren wir immer wieder, dass Ärzte zu viele und zu teure Medikamente aufschreiben und dass in Deutschland jedes Jahr Medi-kamente in Millionenhöhe weggeworfen werden. Aber wie kontrollieren eigentlich die Krankenkassen ihre Mitglieder und de-ren Umgang mit Arzneimitteln? Gar nicht, kann ich dazu nur sagen, nachdem ich Fol-gendes erleben durfte:

Fentanyl-Pflaster auf Vorrat?Der 44-jährige Patient B. M. stellte sich in meiner Praxis vor und gab an, vor zwei Jahren an einem Darmkarzinom operiert worden zu sein mit anschließender Che-motherapie. Seit dieser Zeit habe er opio-idhaltige Medikamente, besonders Fenta-nyl-Pflaster 100 Mikro/h, erhalten, die er immer noch benötige. Einen stationären Bericht legte er mir vor, so dass die Aus-sage glaubhaft war. Nachdem ich den Patient über ein Jahr mit dem Pflaster versorgt hatte, fiel mir auf, dass er Pflas-ter bestellte, obwohl er eigentlich noch genügend besitzen musste. Ich habe ihn daraufhin zur Rede gestellt und ihm mit-geteilt, dass ich seinen Pflaster-Konsum genau kontrollieren würde und er bitte sorgsam und korrekt mit den Pflastern umgehen solle. Der Patient hatte jedoch immer eine Ausrede für seine Bestellun-gen: Vorrat wegen Urlaub, Auslandsauf-enthalt etc. Als mir sein Verhalten letzt-lich doch zu verdächtig vorkam, habe ich seine Krankenkasse angeschrieben und

leserclub

diese gebeten, mir bitte über zwei Quar-tale, Juli bis Dezember 2015, alle Verord-nungen über opioidhaltige Arzneimittel mitzuteilen. Die Krankenkasse war sehr auskunftsbereit und hat mir umgehend die Information zugestellt und außerdem noch alle Ärzte genannt, die dem Patien-ten opioidhaltige Pflaster oder Tabletten aufgeschrieben hatten.

Über 19.000 Euro Kosten!Ich glaubte, meinen Augen nicht zu trau-en: Der Patient hatte sich pro Monat 120 bis 160 Fentanylpflaster 100 Mikro/h ver-schreiben lassen von zehn unterschied-lichen Ärzten. Damit hat er Arzneimit-telkosten in Höhe von über 19.000 Euro verursacht. Bei einer solchen Menge eines angeforderten Suchtmittels muss man von einer kriminellen Verwendung ausgehen. Ich habe die zuständige Krankenkasse auf diesen Sachverhalt klar und deutlich hin-gewiesen und sie gebeten, Maßnahmen gegen ihr Mitglied einzuleiten.

Seit nunmehr zwei Monaten habe ich von der Krankenkasse keine entsprechende Rückinformation erhalten. Wenn man den Arzneimittelmissbrauch und die Arz-neimittelverschwendung in diesem Ge-sundheitswesen wirksam bekämpfen will, dann sind in wesentlicher Weise auch die Krankenkassen in der Pflicht, das Verhal-ten ihrer Mitglieder exakt zu kontrollie-ren. Leider spielen sich nahezu alle Kon-troll-Maßnahmen auf dem Rücken der Ärzte ab. Das sind Verhältnisse in die-sem deutschen Gesundheitswesen, die so nicht mehr hinnehmbar sind.

Vitamin-D-Spiegel Keine Routine-Mes-sungen empfohlen!Der Allgemeinarzt 8/2016, Seite 42: „Vita-min-D-Mangel“ von Prof. Dr. med. Kisters

Der o. g. Artikel ist problematisch. Warum steht da die Empfehlung der amerikani-schen Endokrinologen? Die in Deutsch-land breit konsentierte DVO-Leitlinie zur Osteoporose (www.dv-osteologie.com) empfiehlt keine routinemäßige Messung des Vitamin-D-Spiegels, da die Werte er-heblich von Labor zu Labor variieren und wir nicht wirklich wissen, ab welchem Wert die Patienten unbedingt substitu-iert werden sollten.

Letztlich ist niedriges Vitamin D eher ein Risikomarker als ein eigenständiger Risi-kofaktor: Wer fit und gesundheitsbewusst ist, bewegt sich eben eher draußen und steigert damit die körpereigene Produk-tion. Klar, dass diese Population in ver-schiedenster Hinsicht eine bessere Pro-gnose hat als Couch-Potatoes. Ob dann eine Substitution des Vitamins (und wie gleichzeitig propagiert von Mg) was bringt, konnte überwiegend nicht gezeigt werden. Der Nutzennachweis bezieht sich im We-sentlichen auf 800 – 1.000 IE täglich Vita-min D bei Osteomalazie oder Pflegeheim-bewohnern, die kaum vor die Tür kommen.

Die Empfehlung zu hohen Eingangsdosen ist weitgehend evidenzfrei, wenn man pa-tientenrelevante Parameter statt Labor-kosmetik wertet. Eine erhöhte Substitu-tionsdosis ist sogar problematisch, wie uns eine jüngst veröffentlichte Studie (JA-MA Intern Med. 2015; 175 (10): 1612 – 1621. doi:10.1001/jamainternmed.2015.3874) zeigt (erhöhte Sturzhäufigkeit, kein nach-weisbarer Nutzen).

Prof. Dr. med. Erika BaumAbteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitati-ve Medizin der Universität Marburg35043 Marburg

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verordnung

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ARZNEI VON ABISZEncepur® (GSK) Der Impfstoff Encepur® ge-gen Zeckenenzephalitis ist nun auch in einer vorteilhaf-ten 20er-Packung erhältlich. Damit können Arztpraxen den Impfstoffbedarf für möglicher-weise die gesamte Saison vor-rätig haben.Neue Packungsgröße

Flixabi® (Biogen) Das Infliximab-Biosimilar wur-de von der EU-Kommission zur Behandlung von rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn, Coli-tis ulcerosa, ankylosierende Spondylitis, Psoriasis-Arthri-tis und Psoriasis bei Erwach-senen zugelassen. Zusätzlich steht Flixabi® Patienten im Al-ter zwischen 6 und 17 Jahren bei schweren, aktiven Morbus-Crohn- sowie Colitis-ulcerosa-Fällen zur Verfügung. Produkt zugelassen

Galafold® (Amicus) Die EU-Kommission hat das oral einzusetzende Chaperon Galafold® (Migalastat) als Erst-linientherapie zur Langzeitbe-handlung von Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jah-ren mit bestätigter Diagnose der Fabry-Krankheit (stark re-duzierte Aktivität oder Fehlen des Enzyms Alpha-Galaktosi-dase A) und sensitiver Muta-tion zugelassen.Produkt zugelassen

Xultophy® (Novo Nordisk)Das Unternehmen stellt den Vertrieb von Xultophy® (IDeg-Lira, fixe Kombination von In-sulin degludec und Liraglutid) in Deutschland zum 1. August 2016 ein, da kein tragfähiger Erstattungsbetrag erzielt wur-de. Als alternative Therapie kann eine freie Kombination aus dem in Xultophy® enthal-tenen GLP-1-Rezeptor-Agonis-ten Liraglutid (Victoza®) und einem Basalinsulin wie Insu-lin detemir (Levemir®) im in-dividuellen Fall sinnvoll sein.Produkt nicht mehr erhältlich

Depressionen auch im Sommer behandelnDepressive Störungen wer-den gemeinhin mit den Win-termonaten assoziiert, Anti-depressiva werden daher in den Sommermonaten deut-lich zurückhaltender ein-gesetzt. Da es sich bei der Depression um eine episo-dische Erkrankung mit ho-her Rezidivhäufigkeit von 50–85 % und mit jedem Re-zidiv wachsendem Chronifi-zierungsrisiko handelt, sollte das in der Akutphase ein-gesetzte Antidepressivum mindestens 4 bis 9 Mona-te über die Remission hin-aus beibehalten werden. Die S3-Leitlinie zur unipolaren Depression gibt dies als Soll-Empfehlung (A-Grad) vor. Warum also der zögerliche Einsatz antidepressiver Me-dikation im Sommer? Die Vermutung liegt nahe, dass klassische, aber auch mo-derne Antidepressiva (z. B. Citalopram, Venlafaxin, Jo-hanniskraut) mit einer er-höhten dermalen Lichtemp-findlichkeit in Verbindung gebracht werden. Für Johan-niskraut-Präparate in den für die antidepressive Behand-

lung therapierelevanten Do-sierungen (Standard sind 900 mg/Tag) liegt die Wahr-scheinlichkeit einer gestei-gerten Photosensibilität le-diglich im Promillebereich. Dass eine phototoxische Re-aktion der Haut die Aus-nahme ist, zeigt sich auch in einer für den hochdosier-ten Hypericum-Extrakt Laif® 900 durchgeführten Stu-die mit 20 gesunden männ-lichen Probanden. In dieser Studie konnte keine statis-tisch signifikante Differenz bezüglich Lichtempfindlich-keit (minimale Erythem-Do-sis, MED) zwischen Baseline und nach 14-tägiger Medi-kation festgestellt werden. Das photosensibilisierende Potenzial von Johanniskraut wird in der öffentlichen Wahrnehmung also deutlich überschätzt, zumal sich ei-ne verantwortungsbewusste Sonnenexposition zur Prä-vention von Hautschäden unabhängig von der Einnah-me eines Medikamentes von selbst verstehen sollte.Quelle: Bayer Vital

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G-BA bestätigt beträchtlichen Zusatznutzen von Sacubitril/ Valsartan

Im Rahmen der frühen Nut-zenbewertung hat der Ge-meinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Herzinsuffizienz-Therapeutikum Entresto® (Sa-cubitril/Valsartan) einen Zu-satznutzen für alle Patienten entsprechend der zugelasse-nen Indikation attestiert. Für die Mehrheit der Patienten, solche ohne Diabetes mellitus, klassifiziert er den Zusatznut-zen als „beträchtlich“. Für die kleinere Subgruppe der Pati-enten mit Diabetes mellitus sieht er einen geringen Zu-satznutzen.Ausschlaggebend waren die Daten der zulassungsrelevan-ten Studie PARADIGM-HF mit 8.442 Teilnehmern, die eine statistisch hochgradige und klinisch bedeutsame Überle-genheit von Entresto® im Ver-gleich zur Standardmedikation für die Behandlung der chro-nischen Herzinsuffizienz, dem ACE-Hemmer Enalapril, er-brachte: Das Gesamtsterblich-keitsrisiko sank um 16 %, das Risiko, an Herz- oder Kreislau-ferkrankungen zu sterben, um 20 % und die Wahrscheinlich-keit einer stationären Klinik-aufnahme wegen Herzinsuffi-zienz reduzierte sich um 21 %. Auch die mittels Fragebogen ermittelten Berichte der Pati-enten im Hinblick auf die ge-sundheitsbezogene Lebens-qualität und die Einschätzung der Ärzte bezüglich der Schwe-re der Symptomatik (NYHA-Klasse) waren unter Sacubi tril/Valsartan signifikant besser als unter Enalapril. Nun wird mit den gesetzlichen Kranken-kassen über den Erstattungs-betrag verhandelt. Bei Einsatz gemäß der Zulassung ist Ent-resto® vollumfänglich verord-nungs- und erstattungsfähig.Quelle: Novartis

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verordnung

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Rezidivierende bakterielle Harnwegsinfekte: Impfung effektiv und gesundheits-ökonomisch sinnvoll

Die Hälfte aller Frauen erleidet mindestens ein-mal im Leben eine Harnwegsinfektion. Die häu-figsten Erreger der Krankheit sind E. coli (76,7 %), Proteus mirabilis (4,7 %), Staphylococcus sapro-phyticus (2,8 %), Klebsiella pneumoniae (2,5 %) und Staphylococcus aureus (2,2 %). Bei jeder 4. Pa-tientin treten rezidivierende Harnwegsinfektio-nen auf. Sie führen zu häufigen Antibiotikaverord-nungen und dadurch zunehmend zu bakteriellen Resistenzen. Eine antibakterielle Langzeitprophy-laxe ist sinnvoll, wird von den Patientinnen aber nicht selten abgelehnt; kurz nach der Beendigung treten oft erneut Harnwegsinfektionen auf.Als Alternative hat sich eine Impfung mit inak-tivierten Keimen spezifizierter Enterobakterien seit 1984 bewährt (StroVac®). Eine weitere An-wendungsbeobachtung aus dem Jahr 2009 an 842 Patienten mit rezidivierenden Harnwegsin-fektionen dokumentierte erneut deren Wirksam-keit und Verträglichkeit. Im Mittel hatte jeder Pa-tient in den letzten 6 Monaten vor der 1. Injektion des Impfstoffs an 2,7 Harnwegsinfekten gelitten. Die Probanden erhielten 3 Injektionen zur Grund-immunisierung und eine Auffrischung nach ei-nem Jahr. Im Mittel zeigte sich ein Rückgang der Harnwegsinfekte auf 0,7 nach der Impfung. Die Responderrate betrug 91,1 %. Bei 58,8 % der Patien-ten traten in den 6 Monaten nach der ersten In-jektion keine weiteren Harnwegsinfekte mehr auf. Außerdem verliefen Harnwegsinfekte milder: Im Halbjahr vor der StroVac®-Therapie dauerte der Harnwegsinfekt durchschnittlich 5,5 Tage, danach nur noch 2 Tage. Quelle: Strathmann

COPD: Woran erkennt man nahende Verschlechterungen? Eine amerikanische Beobachtungsstudie

liefert dazu neue Daten

Impressum | Verlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz, Telefon 0 61 31/9 60 70-0. Redaktion: Factory Seven GmbH

Dr. Jörg Zorn. Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

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Mehr dazu auf unserer Website!

Weitere Themen unseres Online-Atemwegs-Specials sind u.a.:

■ Inhalator bei Asthma und COPD – für den Therapieerfolg oft wichtiger als die Wirkstoffe

■ Asthma-Leitlinien 2016: erste Neuerungen vorgestellt

■ Asthma & COPD: Was bringen die neuen Antikörper?

■ Sind Asthma und COPD überhaupt zwei verschiedene Erkrankungen?

DialogCenterINFOBO

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Eine konsequente Inhalations-therapie mindert zwar für COPD-Patienten das Risiko von Exazer-bationen. Sie kann deren Gefahr aber nicht gänzlich bannen. Das Problem: Akute Verschlechte-rungen wirken sich ungünstig auf die Gesamtprognose aus. Deshalb ist es wichtig, rechtzei-tig die Patienten mit erhöhter Exazerbationsgefahr zu identifizieren. Eine amerikanische Studie hat dazu kürzlich neue Erkenntnisse geliefert – auch bezüglich der einge-setzten Medikamente.

Je nach Schwere und Zahl der Exazerbatio-nen lässt sich ein Anstieg der Mor-talität unter den COPD-Patienten be-obachten. Neue Erkenntnisse zum individuellen Risiko liefert nun eine prospektive Beobachtungsstudie, die vor einigen Jahren in den USA gestar-tet wurde. Die COPDGene-Study ist

mit 21 beteiligten Zentren und über 10.000 eingeschriebenen Rauchern mit und ohne COPD eine der größ-ten Studien zu dieser Thematik.Eines der Ergebnisse: Der Nachweis einer vergrößerten Pulmonalarte-rie im CT weist auf ein deutlich er-höhtes Exazerbationsrisiko hin. Der CT-Befund scheint als Prädiktor für künftige Entgleisungen deutlich aus-

sagekräftiger zu sein als andere Risikofaktoren, wie etwa vorausgegan-gene Exazerbationen. In unserem Online-Di-alogCenter „Atemwe-ge“ stellen wir die Stu-dienergebnisse und die Empfehlungen für die Praxis ausführlicher vor. Darüber hinaus

widmet sich unser Internet-Schwer-punkt aber auch vielen anderen ak-tuellen Publikationen und Themen rund um Asthma und COPD – von der stadiengerechten Behandlung bis zur unterschätzten Bedeutung der In-halationsgeräte.

www.aa-dc.de/atemwege

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Mehr Flexibilität in der Behand-lung chronischer Schmerzen

EINFACH VERSTEHEN: SERVICEMATERIALIEN IN VIER SPRACHENIm Praxis- und Apothekenalltag beraten Ärzte und Apo-theker immer häufiger Patienten mit geringen Deutsch-kenntnissen, denn mittlerweile leben in Deutschland über 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Sprachbarrieren führen oftmals dazu, dass die Aufklärung von Patienten zeitintensiver und aufwendiger wird. Mit kostenlosen Abgabematerialien in den Sprachen Englisch, Französisch, Türkisch und Arabisch unterstützt 1 A Pharma nun Ärzte und Apotheker bei der Patientenberatung.

Die Servicematerialien enthalten nützliche Informatio-nen und praktische Alltagshilfen rund um die Themen Schmerz und Bluthochdruck. Folgende Materialien wer-den in vier Sprachen angeboten:

• Ratgeber Schmerz zur Information über Schmerzent-stehung, verschiedene Schmerzarten und Behandlungs-möglichkeiten

• Schmerz-Tagebuch und Schmerz-Skala zur besseren Dokumentation von Schmerzen

• Ratgeber Bluthochdruck zur Information über Ursachen und verschiedene Behandlungsmöglichkeiten

• Blutdruck-Pass für die regelmäßige Dokumentation der Blutdruckwerte.

Ärzte und Apotheker können die Abgabematerialien ab sofort kostenlos per Fax unter 0800/6131111 oder unter www.1apharma.de bestellen. Quelle: 1A Pharma

Anders als Nicht-Opioid-analgetika der WHO-Stufe I sind Stufe-III-Opioide wie Buprenorphin oder Fentanyl mit einem wesentlich gerin-geren Risiko für organtoxi-sche Wirkungen assoziiert, was gerade für die bei chro-nischen Schmerzzuständen erforderliche Langzeitthera-pie von Vorteil ist. Die bei-den transdermalen Systeme Bupre-HEXAL transderma-les 4-Tage-Pflaster und Bupre-HEXAL 7 Tage trans-dermales Pflaster verschaffen dem Arzt Möglichkeiten für eine patienten- und bedarfs-orientierte Schmerztherapie. Dabei handelt es sich um Ma-trixpflaster, die den Wirkstoff kontinuierlich aus einer dün-nen Polymermatrix freisetzen. Sie bergen im Vergleich zu Re-servoirpflaster-Systemen ein niedrigeres versehentliches Überdosierungs- und Miss-brauchsrisiko.Die besonderen pharmako-logischen Eigenschaften von Buprenorphin bringen einige Vorteile gegenüber anderen

Stufe-III-Opioiden mit sich: Im Vergleich zu anderen stark wirksamen Analgetika ist das Risiko für eine Atemdepression geringer. Auch führt der Wirk-stoff seltener zu Obstipation. Anders als Morphin hat Bu-prenorphin in therapeutischen Dosen keine immunsuppressi-ve Aktivität. Außerdem ist we-gen der überwiegend hepa-tischen Metabolisierung bei älteren und/oder niereninsuf-fizienten Patienten keine Do-sisreduktion erforderlich. Seine gute Fettlöslichkeit und sein geringes Molekulargewicht machen Buprenorphin zu ei-ner idealen Substanz für die transdermale Applikation. Mit Bupre-HEXAL transdermales Pflaster (4-Tage-Pflaster) bietet Hexal eine kosteneffektive Al-ternative zum Erstanbieterprä-parat Transtec PRO®. Bei dem Bupre-HEXAL 7 Tage transder-malen Pflaster handelt es sich um eine Eigenentwicklung von Hexal, das in Holzkirchen pro-duziert wird und die Alterna-tive zu Norspan® ist. Quelle: Hexal

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ERRATUM

Leider wurde in „Der Allgemeinarzt“ 11/2016 in den Pharma-News auf Seite 80 unter dem Beitrag „STIKO-Empfehlung zur Erstimmunisie-rung“ als Quelle fälschlicherweise „GSK“ angegeben. Der Beitrag be-zieht sich jedoch auf einen Impfstoff von Sanofi Pasteur MSD. Wir bit-ten das Versehen zu entschuldigen.

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Gräserpollen-Extrakt schließt therapeutische Lücke bei chronischer Prostatitis

Reise- und Teilnahme-Stipendien für Berufsstarter

Chronische Schmerzen im Genital- und anorektalen Bereich oder im Unterbauch, irritative Miktionsbeschwerden und sexu-elle Dysfunktion: Bei vielen Männern mit chronisch abakterieller Prostatitis (chronic pelvic pain syndrome, CPPS) finden Ärz-te keine Ursachen für die Beschwerden. Dabei ist ihr Leidensdruck genauso hoch wie nach einem Herzinfarkt oder bei Mor-bus Crohn. Für jeden Prostatitis-Patienten muss ein individuelles Therapieprogramm zusammengestellt werden, das sich nach seinen wichtigsten Beschwerden richtet.Neben physikalischen Maßnahmen und Psychotherapie setzen Ärzte verschiede-ne herkömmliche Medikamente ein, die allerdings für die chronisch abakterielle

Prostatitis nicht zugelassen sind: Für Al-phablocker und Antibiotika wurden mo-derate Effekte für Schmerzen, Störungen beim Wasserlassen und Lebensqualität er-mittelt. Auch Entzündungshemmer erzie-len einen überschaubaren Therapieerfolg. Kritisch wird vor allem ihre ulzerogene Wirkung insbesondere in der Langzeit-therapie beurteilt.Dieses therapeutische Dilemma löst der als einziges Arzneimittel in Deutsch-land für die chronisch abakterielle Pros-tatitis zugelassene Gräserpollenextrakt Pollstimol®. Das Präparat wies seine Wirk-samkeit und Verträglichkeit in einer multi-zentrischen, randomisierten, prospektiven und plazebokontrollierten Studie nach,

die den strengen Qualitäts- und Sicher-heitsstandards der Good Clinical Practice (GCP) entspricht. In der Studie wurde der Standardfragebogen des National Insti-tute of Health „Chronic Prostatitis Sym-ptom Index“ (NIH-CPSI) verwendet, der Schmerzen, Miktionsbeschwerden und die Lebensqualität evaluiert. Mehr als 70 % der Pollstimol®-Patienten sprachen auf die Therapie an, bei Plazebo-Patien-ten lag die Responderrate nur bei 50 %. Dabei war Therapieresponse definiert als Rückgang des NIH-CPSI-Gesamtscores um mindestens 25 % bzw. 6 Punkte. Die Ver-besserung der Symptome war für die be-troffenen Männer statistisch signifikant und klinisch relevant. Quelle: Strathmann

Vom 7. bis 10. September 2016 findet die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie in Dresden statt. medi unterstützt Ärzte am Anfang ihrer beruflichen Lauf-bahn mit 15 Reise- und Teilnahmestipendien, welche den freien Eintritt an allen Kongresstagen sowie die Übernah-me der Fahrt- und Hotelkosten bis zu 500 Euro beinhalten. Bewerbungsschluss ist Montag, 1. August 2016. Bewerben können sich Ärzte in oder vor ihrer fachärztlichen Aus- oder

Weiterbildung zum Phlebologen (mit Einverständniserklä-rung des Dienstherrn oder Arbeitgebers). Der Bewerbungs-bogen ist zusammen mit weiteren Informationen bei medi, Medicusstraße 1, 95448 Bayreuth erhältlich (Ansprech-partnerin: Julia Heby, E-Mail: [email protected], Telefon: 0921/912-1381, www.medi.de/arzt). Surftipp: www.angio-phlebo-logie-2016.net Quelle: medi

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insuffizienz mit mittlerer Ejek-tionsfraktion) zwischen 40 und 49 % ein-geführt. Der Grund: Die-se Patienten zeichneten sich durch beson-dere klinische, hämodynami-sche und echokardiographische Merkmale sowie eine schlech-te Prognose aus und erfordern möglicherweise künftig eine andere Behandlung, dazu müs-se weiter geforscht werden.

ARNI als neuer PlayerDie wichtigste Änderung be-trifft die Therapie. Hier hat sich

LEITLINIEN-UPDATE ZUR HERZINSUFFIZIENZ

Was ist neu und was bedeutet es für den Hausarzt?

Bereits ein halbes Jahr nach der Zulassung hat der Angiotensin-Rezep-tor-Neprilysin-Inhibitor Entresto® Eingang in die neuen Herzinsuffizienz-Leitlinien der europäi-schen Fachgesellschaften gefunden, die beim ESC Heart Failure präsentiert wurden.

Der diagnostische Algorith-mus, den die Leitlinien emp-fehlen, sieht folgenderma-ßen aus: Weisen Anamnese (z.  B. vor ausgegangener Herzinfarkt, Re-vaskularisierung, Hypertonie, Or-thopnoe), Unter-suchungsbefund (Knöchelödeme, Herzgeräusch, la-teralisierter Herz-spitzenstoß) und EKG-Befund auf ei-ne Herzinsuffizienz hin, soll-ten die natriuretischen Pep-tide bestimmt werden. Bei einem NT-pro-BNP ≥ 125 pg/ml und einem BNP ≥ 35 pg/ml ist eine Echokardiographie in-diziert zur Sicherung der Dia-gnose. Dabei dienen die na-triuretischen Peptide in erster Linie dazu, eine Herzinsuffizi-enz auszuschließen, und nicht, sie zu belegen, so Prof. Dr. med. Adriaan Voors, Groningen. Un-terschreiten sie den Cut-off, ist eine Herzinsuffizienz sehr un-wahrscheinlich.

Neue Klasse eingeführtEine weitere Neuerung gab es zudem, was die Einteilung der Herzinsuffizienz angeht. Neben

der HFrEF (Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion) und der HFpEF (Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfrakti-on) wurde die HFmrEF (Herz-

die Substanzklasse der ARNI (Angiotensin-Rezeptor-Nepri-lysin-Inhibitor) fest etabliert. Der erste Vertreter dieser Klas-se, eine Kombination aus Sa-cubitril und Valsartan (Entres-to®), wird empfohlen, wenn die Basistherapie (ACE-Hem-mer und Betablocker) sowie ggf. ein Aldosteronant agonist sich als unzureichend wirk-sam (noch Symptome, Ejekti-onsfraktion ≤ 35 %) erwiesen hat. Dann sollte der ACE-Hem-mer gegen den ARNI ausge-tauscht werden. Aber Vorsicht: ACE-Hemmer und ARNI dür-

fen nicht gleichzeitig verabreicht werden und der ARNI frühes-tens 36 Stunden nach der letzten ACE-Hem-mer-Dosis. Damit trägt man dem erhöhten Ri-siko für Angioödeme

AT1-Antagonisten ist dieser Sicherheitsabstand nicht er-forderlich.

Vorgehen in der PraxisWas die Einführung von En-tresto® in die Leitlinien für die hausärztliche Praxis bedeutet, erläuterte Dr. med. Carla Thie-le, Internistin und Hausärztin aus Leipzig, auf einer Presse-konferenz des Unternehmens Novartis. Nach ihren Erfahrun-gen verbessert sich unter En-tresto® auch sehr schnell die Leistungsfähigkeit der Patien-ten, was die Wiederaufnahme sportlicher Aktivitäten ermög-licht und damit die Prognose verbessert.

Bei der Neueinstellung geht sie so vor, dass sie mit zwei-mal 1 Tablette (49 mg/51 mg) beginnt und bei guter Verträg-lichkeit steigert bis auf zwei-mal 97 mg/103 mg. Geachtet werden sollte auf Auftreten von Hypotonie, Hyperkaliämie und Nierenfunktionsstörun-gen. Nebenstehende Kasuisti-ken zu Patienten mit klassisch behandelter Herzinsuffizienz aus ihrer Praxis stellte sie vor:

Dr. med. Vera Seifert

Fall 1: Ein 43-jähriger Bauarbeiter lei-det unter Dyspnoe und geringer Be-lastbarkeit. Er hat Angst, seinen Job zu verlieren. Nach Umstellung auf Entresto® verbessert er sich von NYHA II auf NYHA I und kann wieder ohne Pause bis in den 2. Stock laufen.

Fall 3: Ein 76-jähriger Rentner mit Herzinsuffizienz NYHA II–III klagt darüber, dass er seine geliebte Gartenarbeit nicht mehr bewältigen und nicht mehr mit seiner Frau zum Tanzen gehen könne. Nach Umstellung auf Entres-to® hat sich nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern auch der Antrieb verbessert. „Die Gartensaison kann los-gehen“, freut sich der Patient.

Fall 2: Eine 78-jährige alleinstehen-de Rentnerin mit Herzinsuffizienz NYHA II–III erklärt, sie habe schon dreimal wegen akuter Dekompen-sation eine Reise absagen müssen. Nachdem auf Entresto® umgestellt wurde, hat sich ihre Leistungsfähig-keit so weit verbessert, dass sie al-leine ihren Haushalt führen kann und sich wieder eine Reise zutraut.

bei beiden Substanzen Rech-nung, das sich dann mögli-cherweise potenzieren könnte. Bei Vormedikation mit einem

Heart Failure 2016 Featuring the 3rd World Congress on Acute Heart Failure und Pressekonferenz: „Was kommt, was bleibt? Leitlinien-Updates und ihre Bedeutung für den Praxisalltag mit Entresto®“, Novartis, Florenz, Mai 2016

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PHYTOPHARMAKA

Gleichbleibende Qualität trotz Launen der Natur

Phytopharmaka bewegen sich in ihrem Ansehen auf einem schmalen Grat zwischen Vertrauensvorschuss aufgrund ihrer natürlichen Herkunft und Zweifel an ihrer wissenschaftlich begründeten Wirkweise. Im volkstümlichen Ausdruck „Heilkraut“ wird die Hoff-nung auf Genesung ebenso offenkundig wie die Über-zogenheit dieses Anspruches an eine Pflanze.

Wie Natur und Wissenschaft bei pflanzlichen Arzneimitteln in Einklang gebracht werden können, machte eine Veranstal-tung zum Magen-Darm-Therapeutikum Iberogast® deutlich. Das Präparat besteht aus neun Komponenten, erklärte Dr. Matthias Lorenz, Darmstadt. Es ist zum einen die Namens-geberin Iberis amara, die Bittere Schleifenblume, die zur Blü-tezeit im Frühsommer geerntet, gefroren, gelagert und als Frischpflanze verarbeitet wird. Die acht weiteren Bestand-teile werden in getrocknetem Zustand verwendet und be-stehen aus Kümmelfrüchten, Angelikawurzeln, Kamillen-blüten, Melissenblättern, Pfefferminzblättern, Schöllkraut und Süßholzwurzeln.

Bis zu zwei Monate Zeit für den ExtraktionsprozessAus jedem einzelnen Bestandteil wird in jeweils standardi-sierten Verfahren ein klar definierter Extrakt gewonnen, er-läuterte Dr. Ennio Uwe Heinrich, Darmstadt, den Qualitäts-anspruch in der Produktion. Während die Natur aufgrund von sich ändernden Umweltbedingungen und klimatischen Schwankungen stets unterschiedliches Rohmaterial liefert, müsse die Gewinnung des Extraktes immer zu demselben Ergebnis mit gleichbleibender Qualität führen. Die einzel-nen Schritte des Extraktionsprozesses summierten sich da-bei auf einen Zeitbedarf von bis zu zwei Monaten.Wie Dr. Bettina Vinson, Darmstadt, betonte, ist der Herstel-lungsverlauf unter permanenter Qualitätssicherung ge-mäß Good Agricultural Practice (GAP) und Good Manufac-turing Practice (GMP) die Basis für die gesicherte klinische Wirksamkeit und Arzneimittelsicherheit gemäß Good Clini-cal Practice (GCP). So konnte Iberogast® in randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudien seine Wirksamkeit bei Reizmagen und Reizdarm unter Beweis stellen. Es habe als einziges pflanzliches Therapeutikum in Deutschland für die beiden funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen „Funkti-onelle Dyspepsie“ und „Reizdarmsyndrom“ eine Zulassung und sei in den entsprechenden Therapieleitlinien der Deut-schen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrank-heiten (DGVS) aufgeführt. Martin WiehlPressekonferenz: „Iberogast® – natürlich wissenschaftlich“, Bayer Vital, Darm-stadt, Juni 2016

HAUTREGENERATION

Den Rhythmus der Zellerneue-rung kennen und unterstützen

Wie schnell sich die Haut regeneriert, hängt von meh-reren Faktoren ab. Eine wichtige Rolle spielt das Alter, aber auch äußere Einflüsse und Noxen korrelieren mit der Geschwindigkeit der Hauterneuerung. Außerdem existiert ein deutlicher Tag-Nacht-Rhythmus, und sogar Stress beeinträchtigt die Regeneration.

Alle vitalen Funktionen haben einen Rhythmus – ein Schwin-gen zwischen Wärme und Kälte, Auf- und Abbau, Bewegung und Ruhe. Bei der Haut findet sich diese Rhythmik im Tages-gang der Durchblutungsveränderung, des Schutzes vor Reizen und der Zellerneuerung wieder, berichtet Martin Straube, Allge-meinarzt aus Hamburg. Aus dem Rhythmus zu fallen bedeutet Stress für den Körper. Die Folge: Beschwerden stellen sich ein, und auch der Prozess der Wundheilung wird verlangsamt. So konnte eine Studie aus Neuseeland nachweisen, dass bereits 20 Minuten Entspannung ausreichen, um kleine Hautverlet-zungen schneller heilen zu lassen [1].

Ringelblume und Arnika – Protektoren der HautGenerell werden bei der Wundheilung drei Phasen unterschie-den, die jedoch nicht streng sequentiell erfolgen, sondern in großen Bereichen auch parallel verlaufen. Dabei zeichnet sich jede Phase durch spezielle Erneuerungsvorgänge aus, bei der Heilpflanzenauszüge spezifisch unterstützen können. Bei spit-zen Verletzungen wird Weleda Calendula-Essenz in der exsuda-tiven Phase und Calendula-Wundsalbe in der Regenerations-phase eingesetzt, um das Erregerwachstum zu hemmen und die Gewebsneubildung anzuregen. Bei stumpfen Verletzungen verringert Arnika-Gelee oder Arnika-Salbe 30 % die Schmerz-

haftigkeit und kurbelt den Heilungsprozess an. Kühlend und analgetisch bei Sonnenbränden oder Insektenstichen wirkt die Kombination aus Arnika und der kleinen Brennnessel in Combudoron® Gel. Da kleinere Verletzungen und Irritationen der Haut nahezu unvermeidbar sind, gehören diese natürli-chen Arzneimittel in jede Hausapotheke und dürfen auch in der Reisetasche nicht fehlen, so Straube. Norbert MittermaierPressekonferenz: „Sinne im Takt“, Weleda, München, Juni 20161) Robinson H et al., Psychosom Med 2015, 77: 844–852

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gesunde Haut Sonnenbrand Verletzung Entzündung

Oberhaut

Melanozyt

Blutkapillare

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WUNDBEHANDLUNG

Antimikrobielles Peptid bewährt sich

Antimikrobielle Peptide sind ein sehr effektives The-rapiekonzept zur Wundbehandlung. Mit Tyrothricin, einem Gemisch von antimikrobiellen Peptiden, steht als Hydro-Gel ein gut wirksames und verträgliches Präparat zur Verfügung.

Als Schutz vor Infektionen bildet die Haut antimikrobielle Peptide, die Mikroorganismen schnell und effektiv abtöten. „Dieses Wirkprinzip kann man sich bei der Wundbehandlung zu eigen machen“, so Prof. Jürgen Harder von der Dermato-logischen Universitätsklinik in Kiel. Antimikrobielle Peptide zeigten ein breites Wirkspektrum, eine gute Wirksamkeit und eine ausgezeich-nete Verträglichkeit.Tyrothricin (Tyrosur®) enthält ein von Bacillus brevis gebildetes Gemisch von antimikrobiellen Peptiden. Dieses hef-tet sich an die Bakterienoberfläche an, wodurch die bakterielle Zellmembran „durchlöchert“ wird – mit konsekutiver Lyse des Erregers. Das Wirkspektrum von Tyrothricin umfasst wichtige grampositi-ve und gramnegative Keime einschließlich MRSA. Im Vergleich zu antiseptisch wir-kenden Mitteln kommt es nicht zu einer allergisierenden Reaktion im Sinne eines Kontaktekzems, und auch Resistenzen sind bisher nicht beschrieben. In klini-schen Studien konnten eine beschleu-nigte Wundheilung und Besserung der Symptomatik nachgewiesen werden.

Hydro-Gel bietet feuchten BehandlungsansatzDie Anwendung der Wirksubstanz als Hydro-Gel (Tyrosur® Gel) bringt weitere Vorteile für die Wundheilung mit sich, denn Hydro-Gele entsprechen dem heute allgemein gültigen feuchten Behandlungsansatz. Sie sorgen für eine intensive Befeuchtung des verletzten Hautareals und fördern mit ih-rer luftdurchlässigen Konsistenz den Gasaustausch zwischen Wunde und Umgebung. „Bei akuten Wunden empfehle ich die Anwendung von Tyrothricin in allen Stadien der Heilung von der Wundreinigung bis zur Epithelisierung“, so Prof. Jo-achim Dissemond von der Dermatologischen Universitäts-klinik in Essen. Damit werde eine moderne, phasengerech-te und zugleich zuverlässige Wundbehandlung ermöglicht.Dr. med. Peter StiefelhagenPressegespräch im Rahmen des 10. Deutschen Wundkongresses, Engelhard Arz-neimittel, Bremen, Mai 2016

BENIGNES PROSTATASYNDROM

PDE5-Hemmer wirkt schnell und anhaltend

Bei Männern über 50 Jahren ist das benigne Prosta-tasyndrom (BPS) mit behandlungsbedürftigen Sym-ptomen des unteren Harntraktes (LUTS) ein häufiges Krankheitsbild. PDE5-Hemmer wie Tadalafil verbessern die BPS-Symptomatik unabhängig davon, ob eine erek-tile Dysfunktion (ED) vorliegt oder nicht.

Die Effektivität von Tadalafil (Cialis®) bei BPS wurde anhand ei-nes umfangreichen Studienprogramms belegt. Wie die Studi-en mit etwa 1.500 BPS-Patienten mit LUTS zeigten, führt eine Konstanztherapie mit Tadalafil 5 mg täglich zu einer signifi-kanten Verminderung des Internationalen Prostata-Sympto-menscores (IPSS) im Vergleich zu Plazebo. Klinisch bedeutsame Verbesserungen (≥ 3 Punkte im IPSS) zeigten sich bei 64 % der Patienten bereits eine Woche nach Therapiebeginn. In der of-fenen Extensionsphase einer Studie (n = 299) blieben sie über den Beobachtungszeitraum von einem Jahr erhalten – bei gleichzeitig guter Verträglichkeit.

Wirksamkeit unabhängig von EDMänner mit LUTS beklagen häufig eine verminderte Ejakula-tionsfähigkeit. „Je mehr LUTS-Symptome, desto unbefriedi-gender die Ejakulation. Verschlech-tern wir die Ejakulationsfähigkeit etwa durch die Therapie mit einem Alphablocker, kann aus einem klei-nen Problem plötzlich ein großes werden“, berichtete Dr. Dr. Johan De-nil, Köln. Eine Therapie mit Tadalafil 5 mg täglich ist hier die geeignetere Therapieform. Dabei beeinflusst Ta-dalafil den IPSS unabhängig von ei-ner bestehenden ED. „Patienten mit und ohne ED erfuhren unter Tadala-fil eine signifikante Verbesserung ihres Gesamt-IPSS sowie der IPSS-Entleerungs- oder Speicherungs-subscores“, erklärte der Urologe. Die Patienten waren mit der Therapie sehr zufrieden: Tadalafil schnitt in allen Berei-chen wie Wirksamkeit, Dosierung oder Nebenwirkungen si-gnifikant besser ab als Plazebo oder die BPS-Standardmedi-kation Tamsulosin.Tadalafil 5 mg täglich ist der einzige für die Indikation BPS zu-gelassene PDE5-Hemmer. Die Kosten werden von den gesetz-lichen Krankenkassen übernommen. Wie Denil betonte, sollte mittels lückenloser Dokumentation belegt werden, dass die The-rapie aufgrund einer BPS erfolgt. Dr. Marion Hofmann-AßmusPressegespräch: „Uro-Update: Tadalafil als effektive Therapieoption bei ED und BPS“, Lilly Deutschland, München, Mai 2016

„Im Tyrosur® Gel sind die

Vorteile einer Hydro-Gel-Grundlage

und des an-timikrobiel-

len Wirkstoffs Tyrothricin

vereint.“Prof. Joachim Dissemond, Essen

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ADHS-THERAPIE

Stimulanzien-Behandlung ist mehr als Symptomlinderung

Eine Behandlung mit Methylphenidat (MPH) kann bei Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nicht nur die Aufmerksamkeitsstörung selbst sowie die Hyperaktivität und Impulsivität lindern. Auch die (psycho)sozialen Folgen der Erkrankung las-sen sich verringern.

„Die Kernsymptome sind bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung nicht alles“, sagte Dr. Søren Dals-gaard, Aarhus. Größere Probleme bereiteten den Betroffenen zumindest langfristig oft Begleitphänomene der ADHS wie Unorganisiertheit, Suchtentwicklung sowie eine Neigung zu Unfällen und Kriminaldelikten. So zeigen schwedische Registerdaten, dass die Ra-te an Kriminaldelikten bei Männern mit ADHS mit 36,6 % über vier Jahre viermal so hoch ist wie in der Vergleichsbevöl-kerung [1].

Weniger Unfälle und DeliktePharmakoepidemiologische Daten spre-chen dafür, dass eine Behandlung mit MPH die Folgen der ADHS verringert. Prof. Paul Lichtenstein, Stockholm, prä-sentierte Daten, wonach bei ADHS-Pati-enten das Risiko schwerer Verkehrsunfälle in Phasen, in denen sie MPH einnehmen, um mehr als die Hälfte geringer ist [2]. Auch werden in diesen Phasen rund ein Drittel weniger Kriminaldelikte begangen [1]. Auch prospektive klinische Daten zeigen, dass die ADHS-Therapie im Erwachsenenalter mehr ist als nur Symptom-kontrolle. So linderte in der randomisierten QUMEA-Studie eine achtwöchige Behandlung mit MPH (Medikinet® adult) im Vergleich zu Plazebo nicht nur die Symptome, sondern auch zum Beispiel die Unorganisiertheit [3]. Dass die ADHS-Therapie bei Kindern außer den Symptomen auch die Le-bensqualität verbessert, sei schon länger bekannt, sagte Prof. Dr. Manfred Döpfner, Köln. Dies gelte insbesondere für MPH, das unter anderem in der Beobachtungsstudie OBSEER bei über 822 Kindern die Lebensqualität stärker verbessert habe als Atomoxetin [4]. Philipp Grätzel1) Lichtenstein P et al. N Engl J Med 2012; 367 (21): 2006–20142) Chang Z et al. JAMA Psychiatry 2014; 71 (3): 319–253) Retz W et al. World J Biol Psychiatry 2012; 13 (1): 48–594) Döpfner M et al. Eur Child Adolesc Psychiatry 2011; 20: 243–255

Kongressbericht: „Beyond Symptoms and Symptom Reduction”, Medice, 10th In-ternational Conference on ADHD, Berlin, April 2016

„Die ADHS- Therapie ver-

bessert bei Kindern au-

ßer den Sym-ptomen auch

die Lebens-qualität.“

Prof. Dr. Manfred Döpfner, Köln

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ARTHROSE

Mit Bewegung und Ernährung gute Effekte erzielen

Bei Patienten mit Arthrose werden die Beschwerden häufig als altersbedingt abgetan. Die Einnahme von Schmerzmitteln und schließlich eine Operation kenn-zeichnen daher viele Patientenkarrieren.

Dabei könne mit Bewegung und guter Ernährung viel bewegt werden, konstatierte Dr. med. Frank Weinert, Allgemein- und Sportarzt aus Gangkofen, bei einem Pressegespräch im Rah-men der 64. Jahresta-gung Südwestdeut-scher Orthopäden und Unfallchirurgen in Ba-den-Baden. Eine gute Unterstützung biete dabei, so Weinert, ei-ne ergänzende bilan-zierte Diät, für deren Wirksamkeit nun auch evidenzbasierte Daten vorliegen.

Bei der Pathophysiologie der Arthrose, erklärt Weinert, spielen Muskelabbau und Immobilität ebenso eine Rolle wie Körperko-ordination und Ernährungsstatus. Eine effektive Therapieopti-on bei Gonarthrose ist etwa das Training von Knie- und Hüft-muskulatur, welches nicht nur zu mehr Beweglichkeit führt, sondern außerdem die Schmerzen signifikant reduziert [1].

Ernährung unterstützt den MuskelaufbauTraining plus eine gute Ernährung, in diesem Fall die sup-plementative Gabe von Omega-3-reichem Fischöl, förder-te den Muskelaufbau signifikant mehr als Krafttraining al-lein [2]. Die konservative Behandlung der Gonarthrose kann gefördert werden durch eine ausgewogene ergänzende bi-lanzierte Diät, wie sie in Orthomol arthroplus® dargeboten wird. Dies wurde nun, referierte Weinert, in einer multizen-trischen, plazebokontrollierten Doppelblindstudie belegt. Darin bekamen 366 Patienten mit Gonarthrose über drei Mo-nate entweder eine Tagesportion Orthomol arthroplus® oder Plazebo. Primärer Zielparameter war die Kombination aus ei-ner Besserung auf dem Lequesne-Index um mindestens drei Punkte sowie die Global-Bewertung des Patienten durch den Arzt als „gebessert“ oder „sehr gebessert“. Dies erreichten in der Verumgruppe 52,5 % gegenüber 36,8 % im Plazebokollek-tiv (p = 0,003). Reimund Freye1) Thorp LE et al., J Musculoscelet Neuronal Interact 2010; 10 (2): 166–732) Rodacki CL et al., Am J Clin Nutr 2012; 95 (2): 428–36

Pressegespräch: „Ernährungsmedizin im Rahmen der Arthrosebehandlung“, Orthomol, Baden-Baden, April 2016

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Post-Zoster-Neuralgie: Wer ist gefährdet?

Eine aktuelle Meta-Analyse liefert neue Erkenntnisse

Impressum | Verlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz, Telefon 0 61 31/9 60 70-0. Redaktion: Factory Seven GmbH, Dr. Jörg Zorn.

Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

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Lesen Sie mehr auf unserer Website!

Unser DialogCenter zur Gürtelrose widmet sich u.a. folgenden Themen:

■ Zoster-Therapie oral oder intravenös?

■ Brivudin sehr gut wirksam, aber „Cave!“ bei 5-FU-Behandlung

■ Leitlinien aktuell: Standards der antiviralen Therapie

■ 25 Fragen und Antworten rund um den praktischen Umgang mit der Gürtelrose

DialogCenterINFOBO

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Die Post-Zoster-Neuralgie bringt fast alles mit, was eine Erkran-kung benötigt, um Schrecken zu verbreiten: Sie ist häufig, sie ist sehr schmerzhaft und sie ist sehr schwierig zu behandeln. Umso wichtiger ist es, diese Komplika-tion der Gürtelrose zu verhin-dern. Eine aktuelle Meta-Analyse hat versucht, die Risikopatienten noch genauer zu identifizieren. Mehr dazu finden Sie in unserem Online-DialogCenter zur Gürtelrose.

Der Herpes zoster und die postherpetische Neu-ralgie sind Dauerbrenner in der ärztlichen Praxis. Während die akute In-fektion in der Regel mit modernen Virustatika gut beherrsch-bar ist, ist die Post-Zoster-Neuralgie, wenn sie denn entsteht, ein großes Problem. Die damit einhergehenden Dauerschmerzen gehen mit einer re-levanten Einschränkung der Lebens-

qualität einher. Die im Fachmaga-zin „Pain“ publizierte Meta-Analyse ging der Frage nach, wer von die-ser Zoster-Komplikation besonders gefährdet ist.Der wichtigste Risikofaktor ist schon länger bekannt, wurde aber in der Arbeit noch detaillierter beschrie-ben: das Alter. Bei über 50-Jähri-gen beträgt das Risiko für eine Post-Zoster-Neuralgie (PZN) nach einer Gürtelrose 12% - und nimmt da-

bei praktisch mit je-dem Lebensjahr weiter zu. Auch eine zu spät einsetzende antivira-le Behandlung erhöht die Gefahr der PZN be-trächtlich. Mehr dazu lesen Sie ins unserem DialogCenter

„Herpes zoster in der Hausarztpra-xis“. Darüber hinaus finden Sie hier zahlreiche weitere aktuelle Studien-ergebnisse rund um die Gürtelrose. Und wir beantworten viele typische Fragen, die sich in der Praxis stellen.

www.aa-dc.de/zoster

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SCHWINDEL

Diagnose erfordert strukturier­tes Vorgehen

Schwindel gehört zu den häufigsten Symptomen in der ärztlichen Praxis. Die jeweils zugrundeliegende Ursache zu identifizieren, ist eine anspruchsvolle dia­gnostische Herausforderung.

Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt eine sorgfälti-ge Anamnese, die vor allem Art und Dauer des Schwindels, Auslösefaktoren sowie Begleitsymptome erfasst. Wie Prof. Dr. med. Frank Schmäl, Münster/Greven, betonte, ließe sich oftmals allein über die Anamnese eine Verdachtsdiagno-se stellen – etwa bei Vorliegen von phobischem Schwank-schwindel, M. Menière und vestibulärer Migräne.

Peripheren und zentralen Schwindel unterscheiden„Für eine sichere und schnelle Diagnose von Schwindel ist ein strukturiertes Vor-gehen notwendig“, erklärte Prof. Schmäl. So sollte nach der Anamnese nach einem Spontannystagmus gefahndet werden. Liegt ein solcher nicht vor, sei immer ei-ne Lagerungsprüfung durchzuführen, um einen benignen paroxysmalen La-gerungsschwindel (BPLS) – die häufigste peripher-vestibuläre Schwindelursache – auszuschließen. Erst wenn sich darauf kein Hinweis ergebe, sei eine apparative Diagnostik angezeigt, so Prof. Schmäl. Mit modernen Verfahren wie Video-Kopfim-pulstest (vHIT) und vestibulär evozierten myogenen Poten-zialen (VEMP) lassen sich periphere und zentrale Schwin-delsyndrome differenzieren und Störungen innerhalb des Gleichgewichtsorgans erkennen.

Gleichgewichtssinn trainierenIm Zentrum der Therapie steht ein konsequentes physio-therapeutisches Schwindeltraining. Es zielt darauf ab, das Gleichgewichtssystem zu trainieren, und ist bei diversen Schwindelursachen effektiv. Auch Antivertiginosa wie Ver-tigoheel® kommen in Frage. Das natürliche Multi-Kompo-nenten-Arzneimittel zeigte in Studien äquivalente Wirk-samkeit zu Betahistin und Dimenhydrinat [1, 2]. Es verfügt über ein positives Sicherheitsprofil, vermeidet die zentrale Dämpfung und ist bei Schwindel unterschiedlicher Genese einsetzbar. Dr. Ingrid Kohls-ZinnhoblerSymposium: „Interaktives fallbezogenes Repetitorium zum Thema Schwindel“, Heel, HNO-Jahrestagung, Düsseldorf, Mai 2016

1) Weiser M et al., Arch Otolaryngol Head Neck Surg 1998; 124 (8): 879–8852) Wolschner U et al., Biol Med 2001; 30: 184–190

WUNDVERSORGUNG

Nur saubere Wunden können heilen

In Deutschland leiden etwa drei Millionen Menschen an chronischen Wunden. Die bei weitem meisten von ihnen, nämlich rund 90 %, werden im ambulanten Sektor versorgt.

Für die Heilung von Wunden ist die gründliche Wundreini-gung eine wichtige Voraussetzung, erklärte Dr. med. Karsten Glockemann, Hannover: „Nur saubere Wunden können hei-len.“ Für ein schnelles und schmerzarmes mechani-sches Debridement ist mit Debrisoft® eine Monofi-lamentfaser-Kompresse verfügbar, die Fibrinbelä-ge, nekrotisches Materi-al, Debris und weitere Be-läge sanft aus der Wunde entfernt. Die Behandlung reduziere die Keim- und Fi-brinlast sowie Biofilme ef-fektiv, so Glockemann.

Phasengerechte WundauflagenDie so gereinigte Wunde kann im Anschluss mit phasengerechten Wundauflagen weiter versorgt werden. Speziell geeignet für infektgefährdete oder infizierte Wun-den mit mittlerem bis schwerem Exsudataufkommen ist Suprasorb® P + PHMB. Der neue, feuchtigkeitsregulieren-

de Schaumverband gibt kontinuierlich über Tage den Wirkstoff PHMB (Polyhe-xamethylen-Biguanid) frei, der über ein breites antimikrobielles Potenzial ver-fügt und zuverlässig auch gegen MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) und VRE (Vancomycin-resisten-te Enterokokken) wirkt. Die Bakterienzahl kann mit dem Verband innerhalb von sechs Stunden um 99,99 % reduziert werden. „Weil PHMB die Zellwand der Bakterien zerstört, kommt es zu keiner Resistenzbildung“, schilderte Glockemann einen entscheidenden Vorteil der Behand-lung mit Suprasorb® P + PHMB.

Michael KoczorekMeet-the-Expert: „Update moderne Wundversorgung – aus ärztlicher und pflegeri-scher Sicht“, Lohmann & Rauscher, Europäischer Wundkongress, Bremen, Mai 2016

„Weil die Zell­wand der Bakterien zer­stört wird, kommt es zu keiner Resis­tenzbildung.“Dr. med. Karsten Glockemann, Hannover

„Eine gründ­liche Anam­nese ist der

Schlüssel zu einer er­folgreichen

Vestibularis­diagnostik.“ Prof. Dr. med. Frank Schmäl,

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WENN DIE SONNE BRENNTPatienten und Praxis auf Extremhitze vorbereiten

Dr. med. Diethard Sturm

Die Moderatoren der Wetterprognose bejubeln immer wieder Hit-zerekorde und gehen davon aus, dass sich nun alle freuen müssten. Aber die Hitzeperioden bergen Gefahren. Im Sommer 2003 haben Hitzewellen in Europa schätzungsweise 35.000 bis 50.000 Menschen das Leben gekostet. Einige Tausend Menschenleben waren auch in Deutschland zu beklagen. Da stellt sich die Frage: Sind Hausärzte auf solche Extremhitze-Situationen vorbereitet?

Das Hitzewarnsystem des Deut-schen Wetterdienstes gibt

Hitzewarnungen bei mindestens 2 aufei-nander folgenden Tagen mit starker Wär-mebelastung für jeden einzelnen Land-kreis bzw. Stadt heraus, und zwar in 2 Warnstufen:

• Warnung vor starker Wärmebelastung bei gefühlten Nachmittagstemperatu-ren ab 32 Grad Celsius.

• Warnung vor extremer Wärmebelas-tung bei 38 Grad Celsius.

Einzelne heiße Tage spielen also noch kei-ne Rolle. Die Gefährdung steigt mit der Dauer der Hitzewelle, wenn sich die Hitze immer mehr in den Wohnungen, in den Arbeitsstätten und insbesondere in den Einrichtungen der Krankenversorgung und -pflege festsetzt.

Gefahr für Leben und Gesund-heit unserer PatientenBei Hitzewellen besonders gefährdet sind vor allem chronisch kranke und ältere Patienten, wie sie in der Hausarztpraxis häufig vorkommen. Aber nicht nur die-se, wie die folgende Zusammenstellung der WHO zeigt:

• Alte (über 60-Jährige) und sehr alte Menschen [1].

• Chronisch Kranke (Kreislauf, Atemwe-ge u. a.) mit multiplem Medikamen-tengebrauch [2].

• Menschen mit psychiatrischer Grund-krankheit (Sterberate 3,6-fach) [3].

• Bettlägerige (Sterberate 6,4-fach), Hos-pitalisierte/Pflegeheimbewohner [2].

• Menschen, die nicht täglich ihre Woh-nung verlassen (Sterberate 3,4-fach) [3].

• Kinder. • Sozial Isolierte, Menschen mit schwa-chem sozial-ökonomischen Status, Wohnungslose [1].

• Arbeitende unter bestimmten Berufsbe-dingungen, die sich nicht ausreichend vor der Hitze schützen bzw. ihr nicht ausweichen können.

• Personen, die ihre Freizeit im Freien ver-bringen, ggf. dabei hohe körperliche Leistungen erbringen, wie z. B. Sportler.

Für Personen, die zu eigenen Maßnah-men nicht in der Lage oder nicht moti-viert sind, diese anzuwenden, werden Maßnahmen empfohlen, die mindestens tägliches Aufsuchen eines „Kümmerers“ erfordern. Im Pflegebereich gehören da-zu die Messung der Körpertemperatur, die Überwachung des Kreislaufs sowie Unterstützung und Kontrolle des Trink-verhaltens. Im Zusammenhang mit Me-dikamenteneinnahme besteht hoher me-dizinischer Beratungsbedarf.

Gibt es ein Risikobewusstsein?Unsere Arbeitsgruppe ging der Frage nach, inwieweit sich die Gruppe der Älteren, al-so die über 60-Jährigen, des Risikos durch Extremhitze bewusst sind und womög-lich auch über Maßnahmen Bescheid wis-sen, mit denen sie sich schützen können. Dabei zeigte sich, dass die Älteren die ei-gene Gefährdung durch Hitze nur gering höher einschätzen (42,3 %) als die der Ge-samtbevölkerung (36,6 %). Die eigene Ge-fährdung wird dabei eher bagatellisiert, die Gefährdung „der anderen“ Gleich-altrigen aber deutlich höher geschätzt. Die Gefährdung von chronisch Kranken durch Hitze wird von über drei Viertel der älteren Bürger bei Herz-Kreislauf-Erkran-kungen als hoch eingeschätzt, mit etwa einem Drittel dagegen gering für Men-schen mit Diabetes und COPD (Abb. 1).

Die Erhebung macht deutlich, dass das Risikobewusstsein bei den älteren Bür-gern und wohl allen Gefährdeten gestärkt werden muss: nicht als Panikmache, son-dern damit die vorsorglichen Maßnah-men auch ernsthaft umgesetzt werden. Sowohl Menschen mit Diabetes als auch mit COPD sind nicht weniger gefährdet als solche mit Herz- und Kreislauferkran-kungen.

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Bitte schätzen Sie ein, inwieweit Hitze bei solchen Krank-heiten eine besondere Gefährdung darstellen kann

Bluthochdruck

Koronare Herzkrankheit, früherer Herzinfarkt

Herzschwäche

Übergewicht

Asthma

(Folgen eines) Schlaganfall(s)

Diabetes

Chronische Bronchitis

Chronische Schmerzen

Erkrankungen der Gelenke

◾ hoch ◾ eher hoch ◾ eher gering ◾ gering ◾ weiß nicht ◾ keine Angabe

56,8 % 25,8 % 6,4% 8,2% 2,3 %

52,8 % 22,9 % 7,3% 11,4% 3,2 %

4,3 %

51,6 % 30,2 % 7,5% 8,0% 3,2 %

51,3 % 22,4 % 6,8% 17,0% 2,3 %

40,9 % 16,9 % 16,4% 13,0% 10,5 % 2,3 %

37,6 % 27,9 % 8,9% 16,3% 6,9 % 2,4 %

27,5 % 7,4 % 20,3% 32,8% 9,3 % 2,8

%

23,8 % 15,5 % 23,4% 27,5% 9,8 %

13,8 % 9,5 % 33,5% 30,6% 10,2 % 2,4 %

11,2 % 9,9 % 36,3% 36,0% 6,0 %

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Abb. 1: Antworten auf die Frage nach Erkrankungen, die durch Hitze verschlimmert werden können

Selbstschutz und Hilfe durch KümmererWelche Maßnahmen, die von den Betrof-fenen zum eigenen Schutz umgesetzt werden können, sind sinnvoll [4]:

• Nutzen kühler Tagesabschnitte für Lüf-ten, Ausgang und Arbeiten.

• Abweisen der Sonne. • Abschalten aller Wärmequellen in den

Wohnräumen, meist Elektrogeräte und Beleuchtung.

• Aufsuchen kühler Räume für einige Stunden (wo sind welche zu finden?).

– Klimatisierte Verkaufseinrichtungen und Kulturstätten.

– Keller- und Erdgeschoss-Wohnungen sind ein Vorteil.

– Hallenbäder. – Klimatisierte Bereiche in Heimen und Krankenhäusern?

• Tragen geeigneter Kleidung. • Kühlung durch Duschen, Umschläge oder Fußbäder.

• Richtiges Trinkverhalten: Wasser, Saft, kein Alkohol, wenig Protein und Zucker.

Wir wollten wissen, ob solche Maßnah-men in der „vulnerablen“ Gruppe der Äl-

teren und Multimorbiden auch bekannt und evtl. sogar gebräuchlich sind. Bei den spontanen Antworten ohne Vorgabe von Maßnahmen zeigt sich, dass insbesonde-re Sonnenschutz und nächtliches Lüften kaum genannt werden (Abb. 2).

Benennt man jedoch einzelne mögliche Maßnahmen, sieht das Bild schon anders aus, da steht Lüften an erster Stelle. Es bedarf wohl eines Anschubs, um die vor-ausschauenden Maßnahmen einzuleiten, während die befindlichkeitsabhängigen Sofortmaßnahmen spontan umgesetzt werden (Abb. 3).

Unsere Umfrage zeigt auch eine Diskre-panz zwischen Kennen, Wissen und Han-deln: So wird die Maßnahme „Aufsuchen

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Was, glauben Sie, können Sie selbst tun, um nachteilige Hitzeauswirkungen auf Ihre Gesundheit zu vermeiden? (n=273)

Trinken: Wasser, Saft, Tee, kein Alkohol

Nutzen kühler Tageszeiten für Aufenthalt im...

Aufsuchen von Schatten...

Aufsuchen kühler Räume für einige Stunden an...

Andere Schutzmaßnahme(n), und zwar...

Tragen geeigneter Kleidung (lockere Kleidung...)

Kühlung durch Duschen, Umschläge oder ...

Abweisen der Sonne durch Schließen der...

Vermeiden von üppigen Mahlzeiten, öfter...

Lüften nachts oder in den frühen Morgenstunden

Abschalten aller Wärmequellen innerhalb der...

Weiß nicht

Keine Angabe

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 %

60,5 %

51,6 %

44,2 %

39,8 %

24,3 %

23,0 %

20,3 %

19,3 %

13,6 %

13,0 %

8,2 %

Abb. 2: Antworten auf die Frage, was man selbst gegen negative Wirkungen der Hitze unternehmen kann (n=273)

kühler Räume für einige Stunden“ zwar als wirk-sam anerkannt, aber nur von deutlich weniger Menschen persönlich genutzt, am allerwenigs-ten aufgrund einer Hitzewarnung. Ähnlich ver-hält es sich bei den anderen empfohlenen Maß-nahmen. Auffällig ist die Diskrepanz zwischen geringen Nennungen bei der Aufforderung zu spontanen Angaben und der Wertschätzung bzw. Nutzung von Maßnahmen. Es ist nicht eindeutig festzustellen, inwieweit die Warnung als Auslöser der Schutzmaßnahmen fungiert. Bei der Fragestellung kann auch bezüglich der Angabe „ja, immer“ nicht ausgeschlossen wer-den, dass der eigentliche Auslöser die Hitze ist und die Warnung lediglich zusätzlich wahrge-nommen wird, jedoch nicht handlungsauslö-send ist. Andersherum kann davon ausgegan-gen werden, dass die Beantwortung der Frage mit „nie“ auf die Irrelevanz der Warnung für das Schutzverhalten hindeutet.

Hier fällt auf, dass die Maßnahme „Lüften nachts und in den frühen Morgenstunden“, die bestenfalls schon Tage vor einer Hitzewelle angewendet werden sollte, nicht aufgrund der Warnungen durchgeführt wird. 48,3% führen diese Maßnahme nie aufgrund einer Hitzewar-nung durch. Hitze ist im Gegensatz zu den an-deren klimabedingten Einflüssen subjektiv gut wahrnehmbar. So wird auch gewohnheitsmä-ßig auf Maßnahmen reagiert, die das Befinden

subjektiv verbessern. Weniger das Individuum, sondern mehr die Kümmerer und Multiplika-toren sollten daher Zielgruppe der Warnun-gen sein. Die Warnungen stehen bisher allein im Raum, ohne dass damit verbunden gezielt Maßnahmen angesprochen würden. Es wird deshalb vorgeschlagen, die Warnmeldungen in Radio/Fernsehen bzw. in der Tagespresse stets mit ein bis zwei Handlungsempfehlun-gen zu verbinden, z. B. bei der Wettervorher-sage am Abend die Aufforderung zum nächt-lichen Lüften, am Morgen zum Abweisen der Sonne und Nutzen der kühlen Stunden und am Mittag zum Aufsuchen kühler Räume und zur Kühlung durch Umschläge etc. Die „Drohung“ mit einer Gefahr würde so mit einer Hand-lungsoption verknüpft.

Hausärztlicher Handlungsbedarf und AnforderungenDie WHO empfiehlt, der Hausarzt sollte die vulnerablen Personen innerhalb seiner Klientel bereits vor einer Hitzewelle erfassen, um ggf. gezielte Maßnahmen ergreifen zu können. Ei-nige sind sicher schon aus anderen Gründen erfasst (Hausbesuchspatienten, Heimbewoh-ner, DMP-Patienten KHK, Diabetes oder COPD), weitere können über ein Suchprogramm iden-tifiziert werden (Diagnosen, Medikamente, Al-ter, ggf. Pflegebedürftige). Beachtet werden

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Umweltforschungsplan der Bundesregierung, Forschungs-

kennzeichen: FKZ 3712 62 207

„Anpassung an den Klimawan-del: Evaluation bestehender na-tionaler Informationssysteme

aus gesundheitlicher Sicht – Wie erreichen wir die empfindlichen

Bevölkerungsgruppen?“,durchgeführt im Auftrag des

Umweltbundesamtes

Beteiligte Institute: - HBF – Unabhängig. Inst. f.

hausärztl. Bildung & Forschung - Markus Capellaro, Konzeption & Evaluation kommunikativer

Maßnahmen, Hamburg- Umweltbundesamt, Berlin

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Nutzen Sie persönlich die folgenden Maßnahmen gegen Hitze? (n=400)

Abweisen der Sonne durch Schließen der Jalousien, Vorhänge, Fensterläden

Aufsuchen kühler Räume für einige Stunden an jedem Tag

Kühlung durch Duschen, Umschläge oder Fußbäder

Lüften nachts und in den frühen Morgenstunden

Nutzen kühlerer Tageszeiten für Aufenthalte im Freien, Vermeiden körperlicher Anstrengung

Viel trinken: Wasser, Saft, Tee, kein Alkohol

◾ hoch ◾ eher hoch ◾ eher gering ◾ gering ◾ weiß nicht ◾ keine Angabe

62,2 % 25,4 % 4,1% 7,9%

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

41,2 % 33,2 % 4,1% 8,5%

90,8 % 7,1 %

66,5 % 29,5

81,1 % 15,8 %

30,6 % 45,9 % 13,5% 9,3%

Abb. 3: Ergebnis der Befragung zu Schutzmaßnahmen mit vorgegebenen Antworten

sollten auch Patienten mit Demenz und psychischen Störungen unabhängig vom Alter, wegen der erhöhten Sterblichkeit, die auch in den Medikamenten begründet sein könnte. Während der Hitzeperiode wären ausbleibende Patienten (lt. Bestell-liste) telefonisch zu kontaktieren, einer-seits um eine eingetretene Verschlechte-rung zu entdecken, andererseits um den Kontakt für Empfehlungen zu nutzen.

Laut WHO soll der Allgemeinarzt Kennt-nisse über folgende Bereiche haben: 1. Gesundheitsstörungen bzw. Krankhei-

ten und Notfälle durch Hitze. Das sind zunächst die unabhängig von anderen Krankheiten bei allen Menschen mög-lichen Erscheinungen • Hitze-Ausschlag, Hitze-Pusteln • geschwollene Beine oder „dicke Füße“ • Muskelkrämpfe • Hitzschlag oder Krampfanfälle • Kreislaufbeschwerden, Kreislaufkollaps, Herzbeschwerden

• Kurzatmigkeit, Erschöpfungszustände • Austrocknung durch vermehrtes Schwitzen

2. Thermoregulation und hämodynami-sche Reaktionen auf exzessive Hitze-Exposition bei chronisch Kranken

• Diabetes: Schwitzen eingeschränkt, Durchblutungsstörungen, Neuropathie

• Psychische Störungen und Demenz: Wahrnehmung und Anpassung ge-stört, dazu Regulationseinschränkun-gen durch Medikamente

• Kardiovaskuläre Erkrankungen: durch Blutdruckabfall besonders gefährdet

• Atemwegserkrankungen: Neigung zur Hyperventilation, Dehydrierung

• Nierenerkrankungen mit Störungen der Wasser- und Elektrolytregulation.

• Fettsucht mit erhöhter Kreislaufbelas-tung und erschwerter Hitzeabgabe

Der Allgemeinarzt soll vorbeu-gend handelnDazu empfiehlt die WHO:

• Patienten mit Risiko identifizieren, • eventuell medizinische Vorsommer-Assessments durchführen,

• Hitze-Beratungen (…) in die Routine-versorgung für chronisch Kranke in-tegrieren,

• eine geeignete Ausbildung für Hilfeleis-tende von alten und geschwächten Per-sonen und für Eltern zur Hitzekrank-heit und ihrer Prävention zu fördern oder zu initiieren,

• bei Hausbesuchen und Pflegeheimvi-siten ist auf die äußeren Bedingungen zu achten.

Die bei unseren Befragungen sichtbar ge-wordenen Defizite bei den vorsorglichen Maßnahmen zur Vermeidung von Ge-sundheitsschäden durch Hitze sollten für Hausärzte Anlass sein, sich selbst und das Praxisteam auf solche in Zukunft sicher immer wieder auftretenden Extremhit-ze-Situationen vorzubereiten, gefährdete Patienten im Auge zu behalten und mög-lichst frühzeitig beratend einzugreifen.

Literatur beim Verfasser

Hitze in Ihrer Praxis?

Die Arbeitsstättenverordnung gilt auch für Arztpraxen. Danach gilt ein striktes Arbeitsverbot bei Temperaturen über 35° C in den Praxisräumen. Bei gesund-heitlichen Schwächen sollten die Mitar-beiter individuell bereits eher beurlaubt werden.

Die Raumtemperatur soll 26° C nicht überschreiten, sonst sind zusätzliche Maßnahmen einzuleiten wie Einschrän-kung elektrischer Geräte, Bereitstellung von Getränken, Kühlung durch Ventila-tor, Lockerung der Kleidungsordnung. Für das Regime in der Praxis gelten die gleichen Regeln wie für die Bevölkerung erörtert: nachts und in den frühen Mor-genstunden lüften, tags die Sonne ab-weisen und die Fenster geschlossen hal-ten.

Der Vermieter ist in der Pflicht, für son-nenabweisende Maßnahmen wie Jalou-sien zu sorgen, sonst wäre eine Mietmin-derung wegen Mangels möglich.

Nicht nur die Mitarbeiter sind von der Hitze betroffen, auch die Patientenbe-lange sind zu berücksichtigen: Sonnen-schutz für den Wartebereich, Wartezei-ten minimieren, ggf. Getränke anbieten. Luftbewegung durch Ventilator. Die per-sönliche Kontrolle durch den Arzt sollte an der Rezeption beginnen.

Zur Sicherung des Praxisbetriebes kann man erwägen, die Sprechzeiten zu verla-gern. Hausbesuche können zu den güns-tigen Zeiten angeboten werden, Tele-fonkontakte können den Besuch in der Praxis ersetzen, ebenso Hausbesuche durch die VERAH oder anderes Assistenz-personal.

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Kurz & gutAusgewähltes für den Hausarzt

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Jawlensky trifft MackeAugust Macke (1887–1914) und Alexej von Jawlensky (1864–1941) zählen zu den bedeutendsten Pionie-ren der Moderne am Be-ginn des 20. Jahrhunderts. Die beiden Maler, die heu-te für ihre lebensbejahen-den Farbkompositionen bekannt sind, hatten ge-meinsame künstlerische In-teressen, obwohl eine Ge-neration Altersunterschied zwischen ihnen bestand. In der Kabinettausstellung im Museum Wiesbaden wird die künstlerische Vielseitig-keit August Mackes – vom Gemälde und Aquarell zur Zeichnung und Druckgrafik – vor- und dem Werk des 23 Jahre älteren Jawlensky ge-genübergestellt. Die Aus-stellung ist noch bis zum 23. Oktober 2016 zu sehen. Mehr Informationen unter www.museum-wiesbaden.de. ID

Alexej von Jawlensky, Stillle-ben mit schwarzer Vase, 1909 Museum Wiesbaden, Dauer-leihgabe des Vereins zur För-derung der bildenden Kunst in Wiesbaden e.V.

Tipp für GartenfreundeIm Sommer hält man sich oft im Garten auf. Wer diesen schön gestalten will, dem hilft dabei die Lechuza-App. Aus-gewählte Pflanzgefäße oder Gartenmöbel lassen sich mit der App aus einem Katalog herunterladen und auf dem Dis-play des Smartphones oder Tablets in den eigenen Garten oder auf die Terrasse projizieren. So kann man sofort se-hen, ob alles perfekt zusammenpasst. Die Lechuza-App ist kostenlos im App-Store und bei Google Play erhältlich. ID

www.lechuza.com

Auf Fontanes SpurenDen literarischen Spuren, die Theodor Fontane an den Orten und Landschaf-ten seiner Kindheit auf Use-dom hinterlassen hat, folgt eine Reise/Ferienakademie, die von der Thomas-Morus-Akademie Bensberg (www.tma-bensberg.de) vom 22. bis 29. September 2016 an-geboten wird. 5 Jahre sei-ner Kindheit hatte Fontane in der Hafenstadt Swine-münde verbracht, die er als poetisch und herrlich beschreibt. Neben den „kostbaren alten Buchen“ faszinierte ihn das Sagen-umwobene der Landschaft. Viele Eindrücke finden sich später in seinen Balladen und Romanen wieder. Auf Spaziergängen und Schiff-fahrten sollen diese Ein-drücke Fontanes lebendig werden. Dabei geht es auch nach Rügen, nach Hidden-see und in die Mark Bran-denburg. Der Reisepreis be-trägt 1.899 €. Anmelden kann man sich am besten schriftlich über [email protected] oder per Fax: 02204/408420. Tele-fonische Auskünfte gibt es unter 02204/408472. FHM

Was für echte KerleMänner, die eine echte Herausforderung suchen, können sich noch bis Mitte September 2016 auf den Weg ins Zillertal ma-chen. Im Rahmen einer anspruchsvollen 4-tägigen Bergtour über eine Strecke von 57 Kilometern und mit 3.300 zu über-windenden Höhenmetern können sie zeigen, was ein richtiges „Mannsbild“ ist. Die Tour führt vom Salzburger Land nach Tirol und unterschreitet dabei nur selten die 2.000-Meter-Grenze. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit werden vorausgesetzt. Für die 4 Tage sind für Unterkunft mit Halbpension ab 199 € zu be-rappen. Buchbar über www.zillertalarena.com/mannsbilder. ID

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FSME-IMMUN 0,25 ml Junior, Suspension zurInjektion in einer Fertigspritze (Inaktivierter,Ganzvirus-) Frühsommer-Meningoenzephalitis(FSME)-Impfstoff Zusammensetzung: Wirkstoff:1 Dosis (0,25 ml) enth. 1,2 µg FSME-Virus (StammNeudörfl), adsorb. a. hydratis. Aluminiumhydroxid(0,17 mg Al3+), Wirtssystem f. d. Virusvermehrung:Hühnerembryonal-Fibroblastenzellen (CEF-Zellen).Sonst. Bestandt.: Humanalbumin, Natriumchlorid,Di-Natriumhydrogenphosphat-Dihydrat, Kaliumdi-hydrogenphosphat, Sucrose, Wasser f. Inj.-zwecke,hydratis. Aluminiumhydroxid. Anwendungsgebie-te: Aktive Immunis. gg. durch Zecken übertrageneFSME b. Kdrn. u. Jugendl. i. Alter v. 1 - 15 Jahren.Gegenanzeigen: Überempfindl. gg. d. Wirkstoff,e. d. sonst. Bestandt. od. e. d. Produktionsrück-stände (Formaldehyd, Neomycin, Gentamycin,Protaminsulfat); weitere Kreuzallergien m. and.Aminoglykosiden mögl. Schwere Überempf. gg.Eiprotein, Hühnereiweiß u. Latex. Bei moderatenod. schweren akuten Erkrank. (m. od. o. Fieber)FSME-Impfung verschieben. Nebenwirkungen:NW in klin. Studien: Sehr häufig: Reakt. a. d. Inj.-stelle: z. B. Schmerzen. Häufig: vermind. Appetit,Unruhe, Schlafstör., Kopfschmerz, Übelk., Erbr.,Myalgie, Pyrexie, Müdigk., Krankheitsgefühl, Reakt.a. d. Inj.-stelle wie: Schwell., Verhärt., Rötung. Gele-gentlich: Lymphadenopathie, Bauchschmerzen, Ar-thralgie, Schüttelfrost. Selten: Wahrnehmungsstör.,Benommenh., Schwindel, Diarhrhoe, Dyspepsie,Urtikaria, Juckreiz a. d. Inj.-stelle. Weitere NW n.Markteinf.: Selten: anaphylaktische Reakt., Über-empfindlichkeitsreakt., Enzephalitis, Krämpfe(einschl. Fieberkrämpfe), Meningismus, Polyneu-ropathie, Bewegungsstör. (Halbseitenlähm., halb-seit. Gesichtslähm., vollständ. Lähmung, Neuritis),Sehverschlechter., Photophobie, Augenschmerzen,Tinnitus, Dyspnoe, Hautausschlag (erythematös,makulär-papulär od. vesikulär), Erythem, Juckreiz,Hyperhidrosis, Nackenschmerzen, muskuloskelet-tale Steifigk. (einschl. Nackensteifigk.), Schmerzeni. d. Extremitäten, Gangstör., grippeähnl. Sympt.,Asthenie, Ödeme, zeitl. Zus.-hang m. Guillian-Bar-ré-Syndrom. Weitere Informationen s. Fach- u. Geb-rauchsinformation. Abgabestatus: Verschreibung-spflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer:PFIZER PHARMA GmbH, Linkstr. 10, 10785 Berlin.Stand: April 2015

FSME-IMMUN Erwachsene, Suspension zurInjektion in einer Fertigspritze (Inaktivierter,Ganzvirus-) Frühsommer-Meningoenzephalitis(FSME)-Impfstoff Zusammensetzung: Wirkstoff:1 Dosis (0,5 ml) enth. 2,4 µg inaktiv. FSME-Virus(Stamm Neudörfl), adsorb. a. hydratis. Alumini-umhydroxid (0,35 mg Al3+) u. hergest. i. Hühner-embryonal-Fibroblastenzellen (CEF-Zellen). Sonst.Bestandt.: Humanalbumin, Natri umchlorid, Di-Natriumhydrogenphosphat-Dihydrat, Kaliumdihy-drogenphosphat, Sucrose, Wasser f. Inj.-zwecke,hydratis. Aluminiumhydroxid. Anwendungsgebie-te: Aktive Immunis. gg. FSME b. Pers. ab 16 Jahren.Gegenanzeigen: Überempfindl. gg. d. Wirkstoff, e.d. sonst. Bestandt. od. e. d. Produktionsrückstände(Formaldehyd, Neomycin, Gentamycin, Protamin-sulfat); weitere Kreuzallergien m. and. Aminogly-kosiden mögl. Schwere Überempf. gg. Eiprotein,Hühnereiweiß u. Latex. Bei moderaten od. schwerenakuten Erkrank. (m. od. o. Fieber) FSME-Imp-fung verschieben. Nebenwirkungen: NW in klin.Studien: Sehr häufig: Reakt. a. d. Inj.-stelle: z. B.Schmerzen. Häufig: Kopfschmerz, Übelk., Myalgie,Arthralgie, Müdigk., Krankheitsgefühl. Gelegentlich:Lymphadenopathie, Schläfrigk., Erbr., Pyrexie, Blu-tungen a. d. Inj.-stelle. Selten: Überempf., Schwind-el, Durchfall, Bauchschmerzen, Reakt. a. d. Inj.-stellewie: Rötung, Verhärt., Schwell., Juckreiz, Missemp-find., Wärmegefühl. Weitere NW n. Markteinf.:Selten: Herpes zoster (b. präexpon. Pat.), Auftretenod. Verschlimmer. v. Autoimmunerkrank. (z. B. MS),anaphylaktische Reakt., demyelinis. Erkrank. (akutedissemin. Enzephalomyelitis, Guillain-Barré-Syndr.,Myelitis, Myelitis transversa), Enzephalitis, Krämp-fe, asept. Meningitis, Meningismus, Stör. d. Sinne-sempfind. u. Bewegungsstör. (Gesichtslähm., Läh-mung/Parese, Neuritis, Dysästhesie, Hypästhesie,Parästhesie), Neuralgie, Sehnerventzünd., Sehver-schlechter., Lichtscheu, Augenschmerzen, Tinnitus,Tachykardie, Dyspnoe, Urtikaria, Hautausschlag(erythematös, makulo-papulös), Juckreiz, Dermati-tis, Erythem, Hyperhidrosis, Rückenschmerzen, Ge-lenkschwell., Nackenschmerzen, muskuloskelettaleSteifigk. (einschl. Nackensteifh., Schmerzen i. d.Extremitäten, Gangstör., Schüttelfrost, grippeähnl.Sympt., Asthenie, Ödeme, Bewegungseinschränk. e.Gelenks a. d. Inj.-stelle wie Gelenkschmerz, Knötch-en u. Entzünd.. Weitere Informationen s. Fach- u.Gebrauchsinformation. Abgabestatus: Versch-reibungspflichtig. Pharmazeutischer Unterneh-mer: PFIZER PHARMA GmbH, Linkstr. 10, 10785Berlin. Stand: April 2015

*Frühsommer-Meningoenzephalitis **FSME-IMMUNwird als Synonym für FSME-IMMUN 0,25 ml Juniorund FSME-IMMUN Erwachsene eingesetzt. 1) Fachin-formation FSME-IMMUN 0,25 ml Junior, Stand April2015, Fachinformation FSME-IMMUN Erwachsene,Stand April 2015

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