Die Löwen sind los - brainGuide · 2011-07-24 · Afrikas sein. Die Bilanzsumme von Equity hat...

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Direkt- investitionen in Sub-Sahara- Afrika in Milliarden US-Dollar Wirtschafts- leistung pro Kopf in Sub-Sahara- Afrika in Tausend US-Dollar** Quelle: National statistics; Economist Intelligence Unit; IMF *Prognose; **zu Kaufkraftparitäten. 1996 2000 2011* 2006 Trendwende in Afrika 5,7 4,5 12,2 18,1* 2,8 3,0 2,0 ’90 ’95 ’00 ’05 2,2 2,4 2,6 1985 2008* Quelle: Weltbank 94 managermagazin 1/2008 AFRIKA Der ganze Kontinent erlebt einen ökonomischen Aufbruch. Verpasst die deutsche Wirtschaft ihre Chancen im nächsten Emerging Market? Die Löwen sind los AFRIKA Der ganze Kontinent erlebt einen ökonomischen Aufbruch. Verpasst die deutsche Wirtschaft ihre Chancen im nächsten Emerging Market? Die Löwen sind los

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Direkt-investitionenin Sub-Sahara-Afrika

in MilliardenUS-Dollar

Quelle: National statistics; EconomistIntelligence Unit; IMF

1996 2000 2011*2006

Trendwende in A

5,74,5

12,2

18,1*

94 managerm

Die Löwensind losDie Löwensind los

AFRIKA Der ganze Kontinent erlebt einenökonomischen Aufbruch. Verpasst die deutsche Wirtschaft ihre Chancen imnächsten Emerging Market?

AFRIKA Der ganze Kontinent erlebt einenökonomischen Aufbruch. Verpasst die deutsche Wirtschaft ihre Chancen imnächsten Emerging Market?

Wirtschafts-leistungpro Kopfin Sub-Sahara-Afrika

in TausendUS-Dollar**

*Prognose; **zu Kaufkraftparitäten.

frika

2,8

3,0

2,0’90 ’95 ’00 ’05

2,2

2,4

2,6

1985 2008*

Quelle: Weltbank

agazin 1/2008

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Wo ist James Mwangi? Der Vorstands-chef von Equity, einem der größten Bank-häuser Kenias, kam mit dem Nachtflug

aus London zurück. Dann war er mit dem Verteidi-gungsminister zum Lunch verabredet. Jetzt ist es 16Uhr. Kein James Mwangi zu sehen. Immer wiederruft Alex, der junge Büroleiter, die beiden Handy-nummern seines Chefs an. Es klingelt ins Leere.

Nach und nach füllt sich die Vorstandsetage derEquity Bank, 14 Stockwerke über den Straßen vonNairobi, mit Managern und Strategieberatern, mitKunden und Journalisten. Sie alle behaupten: Ichhabe heute Nachmittag einen Termin mit Mwangi.Die Besucher lagern im Boardroom, palavern imBüro des Chairman (auch nicht da), drängen sich la-chend um den Fernseher der Security-Leute.

Mit anderen Worten: Während draußen dieÄquatornacht hereinbricht, entfaltet sich hier obenjenes afrikanische Tohuwabohu, das man entwederlieben oder hassen kann. Alles dazwischen istschwierig.

In Europa kennt kaum jemand James Mwangi. In Afrika ist er ein Star. Seine Bank bringt Finanz-dienstleistungen zu jenen Menschen, für die sich bis-lang nie eine Bank interessiert hat; zu den Bauern in abgelegenen Dörfern, den ambulanten Händlernentlang den Überlandstraßen, den kleinen Hand-werkern der Shantytowns. Fast die Hälfte aller Giro-konten in Kenia wird bei Equity geführt. Überwei-sungen lassen sich per SMS erledigen, Kleinbauernkönnen ihren Kredit mit Milch zurückzahlen. KeinKunde wird abgewiesen, egal, wie wenig er besitzt.

Dieses sogenannte Microfinance-Konzept erinnertan die Grameen-Bank des Friedensnobelpreisträ-gers Muhammad Yunus aus Bangladesch. Mit einemUnterschied: Mwangi betreibt sein Geschäft nichtaus Nächstenliebe, Equity ist eine börsennotierteAktiengesellschaft.

Aus einer nahezu bankrotten Bausparkasse hat ereine der profitabelsten und am schnellsten wachsen-den Banken Kenias gemacht. 2008 will Mwangi dieersten Filialen in Tansania und Uganda eröffnen, undeines Tages, so sein Plan, soll Equity die größte BankAfrikas sein. Die Bilanzsumme von Equity hat sichseit 2004 Jahr für Jahr nahezu verdoppelt, sie beträgtderzeit rund 40 Milliarden kenianische Schilling.

40 Milliarden Schilling, das sind 430 MillionenEuro. Die Summe entspricht dem Geschäftsvolumeneiner kleinen deutschen Provinzsparkasse – einer-seits. Andererseits reichen 300 Millionen Euro schonheute aus, um Mwangi zur Symbolfigur zu machenfür die wirtschaftliche Aufbruchstimmung, die sichderzeit in Sub-Sahara-Afrika Bahn bricht.

AUFBRUCHSTIMMUNG? In Schwarzafrika? Richtig. Je-ner halbe Kontinent zwischen Sahara und Kap derGuten Hoffnung, den Europäer fast ausschließlichmit Aids, Hunger, Bürgerkrieg und vielleicht nochmit rohstoffgierigen Chinesen verbinden – er strotztderzeit vor wirtschaftlichem Optimismus.

Auf Expansionskurs: James Mwangi, CEO

der Equity Bank

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Nairobi

PretoriaWindhuk

Luanda

Abuja

Accra

Dodoma

Nigeria

Südafrika

Tansania

Kenia

Ghana

Angola

Namibia

Mauritius

Bevölkerungin Millionen

Wachstum 2000 – 2005pro Jahr**, in Prozent

39,5

21,2

15,8

2,0

1,3

144,7

47,9

35,1

6,2

4,0

6,0

2,8

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8,9

4,2

3,5

674

5160

337

560

513

1988

2984

5011

Wirtschaftsleistung pro Kopf, im Jahr, in Dollar

1000 km

Ghanawichtigste Exporte:Gold, Kakao, Holz

Nigeriawichtigste Exporte:Öl, Gas

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5

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Rangliste Wirt-schaftszentren*

1

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4

5

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Mauritiuswichtigste Exporte:Textilien, Zucker

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7

Keniawichtigste Exporte:Tee, Blumen,Kaffee, Fisch

8

Tansaniawichtigste Exporte:Gold, Baumwolle,Kaffee, Nüsse

Langfristige WachstumschancenAfrikas am Beispiel Nigerias

Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar (Prognose)

Quelle: Goldman Sachs *Nach Attraktivität. **Durchschnitt. Quelle: Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft

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3000

4000

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2005 2050

DeutschlandNigeria

Südafrikawichtigste Exporte:Platin, Gold, Kohle, Autos

Namibiawichtigste Exporte:Diamanten, Fisch, Fleisch

Angolawichtigste Exporte:Rohöl, Diamanten

Eine aktuelle Studie der Weltbankzeigt: Bereits seit Mitte der 90er Jahrehat sich, vom Norden weitgehend unbe-merkt, der ökonomische NiedergangAfrikas in einen allmählichen Wieder-aufstieg verkehrt. Im Durchschnitt dervergangenen zehn Jahre wuchs AfrikasWirtschaft um 5,4 Prozent pro Jahr,etwa ebenso schnell wie die Weltwirt-schaft insgesamt und deutlich schnellerals die reichen Länder. Dabei legte dieWirtschaft südlich der Sahara sogarnoch kräftiger zu als im arabischenNorden des Kontinents. Ganz vorn da-bei: das frisch befriedete und ölreicheAngola mit plus 20 Prozent.

„Es sieht aus, als habe Afrika es erst-mals geschafft, seinen Zyklus aus kurzen

96 managermagazin 1/2008

Boomphasen und anschließenden Re-zessionen zu durchbrechen und aufeinen gleichmäßigen Wachstumspfadeinzuschwenken“, sagt John Page, Chef-volkswirt der Weltbank für Afrika. „MitVorhersagen über Afrika haben Ökono-men schon oft falsch gelegen. Aber ichwürde dennoch sagen: Ja, wir stehen aneinem Wendepunkt zum Besseren.“

Es wäre der Beginn einer neuen Ära.Vor 50 Jahren begannen sich die Kolo-nialmächte aus Sub-Sahara-Afrika zu-rückzuziehen. Experten prophezeitender Region schon damals einen raschenwirtschaftlichen Aufstieg. Stattdessenfolgten Dekaden, in denen die Afrikanerärmer und ärmer wurden. Die Regiongalt als „verlorener Kontinent“.

Nun scheint Afrika der Welt erneuteine Überraschung zu bereiten, diesmaleine positive.

PLÖTZLICH IST AUCH James Mwangi wie-der da. Seine Mutter sei am Morgenüberraschend ins Krankenhaus gekom-men. Da habe er nach ihr sehen müssen.Ja, es gehe ihr schon wieder besser.

In seinem Vorstandsbüro lässt sichMwangi aufs Ledersofa fallen. Mwangi,ein kompakt gebauter Mittvierziger vomStamm der Kikuyu, trägt korrektesgraues Tuch. Er war früher mal beiErnst & Young.

Mister Mwangi, wie nachhaltig ist derAufschwung, den wir derzeit in Afrikabeobachten?

Hot-SpotsWo investieren in Afrika?

Exklusivstudie: Der Afrika-Vereinder deutschen Wirtschaft hat ineiner aktuellen Studie acht Länderin Schwarzafrika identifiziert, die für die deutsche Wirtschaft –und vor allem für den deutschen Mittelstand – besonders guteGeschäftsmöglichkeiten bieten(siehe Karte). manager magazinveröffentlicht die Ergebnisseexklusiv.Methode: Das Ranking koppeltDaten zur ökonomischenEntwicklung, zur Marktgrößesowie zur wirtschaftlichen undpolitischen Freiheit mit einerBefragung von Unternehmernund Wirtschaftsexperten, die sich in Afrika engagieren.Online: Vollständige Studie unter:www.manager-magazin.de/link/afrikastudie/

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Trends ZukunftsmärkteFO

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Mwangi blickt einen Moment langverträumt in die Nacht vor seinem Fens-ter. Vielleicht ist er auch einfach nurmüde. „Da ist etwas hinter dem Hori-zont“, sagt er mit tiefer Stimme. „Wirkönnen es noch nicht sehen, aber wirkönnen es schon riechen. Und wir ah-nen: Es ist etwas sehr Großes.“ Unddann sagt Mwangi, dass die Welt schonbald von den afrikanischen Löwen spre-chen werde, so wie sie in den 80ern vonden asiatischen Tigern gesprochen habe.

Es gibt in der Tat gute Gründe, warumSub-Sahara-Afrika zum Emerging Mar-ket der kommenden Dekade werdenkönnte – und damit zu einem wichti-gen Investitionsstandort für westlicheUnternehmen und Anleger. Wer jetztdabei ist, während die Märkte verteiltwerden, kann große Pioniergewinneeinstreichen. Doch im Verhältnis zu sei-ner Wirtschaftsstärke ist Exportwelt-meister Deutschland in der Region nurschwach vertreten.

„Es bedarf größerer Anstrengungenaufseiten der deutschen Wirtschaft,sonst könnte sich Afrika leicht als ver-passte Chance erweisen“, warnt DieterHeuskel, der frühere Deutschland-Chefvon Boston Consulting.

Eine Ursache des Aufschwungs istnatürlich der Rohstoffboom. Boden-schätze und Agrarprodukte, von Erdöl

98 managermagazin 1/200898 managermagazin 1/2008

bis Kaffee, sind Afrikas wichtigste Ex-portprodukte. Über Jahrzehnte hinweghatten sich für die Afrikaner die Han-delsbedingungen verschlechtert, vonihren Rohstofferlösen konnten sie aufdem Weltmarkt immer weniger kaufen.Dieser Trend hat sich umgekehrt. Vorallem der steigende Rohstoffbedarf inChina sorgt dafür, dass die Afrikanermehr Geld für ihre Exporte bekommen –und chinesische Unternehmen heute dieeifrigsten ausländischen Investoren inAfrika sind.

DOCH ENTGEGEN vielen Vorurteilenhängt Afrikas Aufschwung keineswegsausschließlich an Öl, Erz und China.Laut Weltbank-Studie gibt es in Sub-Sahara-Afrika derzeit keinen signifi-kanten Zusammenhang zwischen denBodenschätzen eines Landes und sei-nen Wachstumsraten. Andere Faktorenscheinen wichtiger zu sein.

Zum Beispiel Frieden: Dem ConflictData Program der schwedischen Univer-sität Uppsala zufolge hat sich die Zahlder Kriege oder Bürgerkriege in Afrikazwischen 1991 und 2006 auf neun halbiert.

Afrika ist nicht nur friedlicher gewor-den, sondern auch liberaler. Der Free-domhouse-Index, der die politischeFreiheit in allen Ländern der Erdemisst, hat sich für die Region südlich der

Sahara in den vergangenen zehn Jahrenstark verbessert.

Auch ökonomisch ist Afrika offenerals früher. Der sogenannte CPIA-Ko-effizient, der verschiedene Indikatorenzu wirtschaftlichen Rahmenbedingun-gen einer Volkswirtschaft zusammen-fasst, zeigt heute für Sub-Sahara-Afrikabessere Werte als noch zur Jahrtausend-wende.

In der überwiegenden Mehrheit derafrikanischen Länder ist die Zahl derGenehmigungen, die für die Gründungeines Unternehmens oder auch nur denImport einer Maschine erforderlichsind, drastisch gesunken. Löhne, Preiseund Wechselkurse, die früher von Büro-kraten festgelegt wurden, bleiben heutevielerorts dem Markt überlassen.

Wo Frieden herrscht und die Men-schen frei sind, da geschieht überall aufder Welt das Gleiche: Findige Unterneh-mertypen und Investoren machen sichdie neue Liberalität zunutze – und meh-ren im besten Fall den Wohlstand dergesamten Gesellschaft. Auch in Sub-Sa-hara-Afrika scheint diese Aufwärtsspi-rale endlich in Gang gekommen zu sein.

Sicher, der Aufschwung startet aufniedrigstem Niveau. Noch immer lebenMillionen in Armut. Noch immer ge-hören Willkür und Gewalt zu den All-tagserfahrungen vieler Afrikaner. Noch

Mega-Investition: Total-Bohrinsel vor der angolanischen Küste

ROHSTOFFETreiber des Afrika-Booms

Beispiel De Beers: Traditionell be-zieht der weltgrößte Diamanten-konzern seine Rohware aus demSüden Afrikas. Seit 2006 investiertDe Beers jedoch auch in eigeneSortieranlagen in Namibia und Bots-wana. Bisher wurde diese Aufgabein London erledigt.Beispiel Total: Gegen den Branchen-trend konnte der Erdölkonzern seineFördermenge im dritten Quartal 2007um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahrsteigern – großenteils dank seiner In-vestitionen vor der Küste von Angola.

Diamanten: DieVerarbeitung inAfrika nimmt zu

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immer gebärden sich Polizisten in wei-ten Teilen des Kontinents wie Straßen-räuber und Finanzbeamte wie Schutz-geldeintreiber. Und wer einmal versuchthat, in Afrika eine Geldforderung auf demGerichtsweg einzutreiben, der ahnt, woFranz Kafka heute seine Stoffe fände.

Aber immerhin: Die Dinge werdentendenziell besser statt schlimmer. So-gar bei den Aids-Neuinfektionen kon-statierte die Uno in Sub-Sahara-Afrika2007 erstmals einen Rückgang.

AN KEINEM ANDEREN LAND südlich derSahara lassen sich all diese Veränderun-gen so gut ablesen wie an Kenia, derHeimat von James Mwangi. In den 90erJahren war das Land zu einer korrup-ten De-facto-Diktatur unter StaatschefDaniel Moi geworden. Die Wirtschaftstagnierte, die Infrastruktur verfiel, unddie Hauptstadt verdiente sich den Bei-namen „Nairobbery“.

2002 folgte die Wende. In freienWahlen kam Mwai Kibaki ins Präsiden-tenamt. Auch seine Regierung wurdebald von Bestechungsskandalen er-schüttert, aber immerhin: Der gelernteVolkswirt Kibaki entrümpelte die Vor-schriften, die Kenias Wirtschaft lähm-ten. Die Belohnung: 7 Prozent Wachs-tum im Jahr 2007. Wohlgemerkt – Bo-denschätze gibt es in Kenia kaum.

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Am 27. Dezember kämpft Kibaki umseine Wiederwahl. Das Ergebnis istoffen, doch in Nairobis Wirtschaftselitegibt man sich gelassen. „Die Kenianerhaben längst Gefallen an der neu gewon-nenen wirtschaftlichen Prosperität ge-funden“, sagt Ashok Shah, dem in Keniaeine der größten Versicherungen gehört.„Kein Politiker kann es sich leisten, dasRad der Geschichte zurückzudrehen.“

Seit es in Kenia wie fast überall süd-lich der Sahara aufwärts geht, habenInvestoren das Interesse an der Regionzurückgewonnen. Die jährlichen Direkt-investitionen haben sich zwischen 2000und 2006 mehr als verdoppelt (siehelinke Grafik Seite 94). Im März brachteder Schwellenländerspezialist Charle-magne Capital den ersten Aktienfondsauf den Markt, der ausschließlich inAfrika investiert. Scharen von Private-Equity-Managern durchforsten derzeitden Kontinent auf der Suche nach unter-bewerteten Firmen.

Noch immer ist die Kaufkraft inAfrika gering, die Märkte sind klein, dieRisiken hoch. Doch dafür bietet Afrikaetwas, was in den entwickelten Regio-nen der Erde und auch in den heiß ge-laufenen asiatischen Schwellenländernselten geworden ist: die Chance auf na-hezu unbegrenzte Wachstumsperspekti-ven und hohe Pioniergewinne.

Deutsche Ingenieure fürs Zeltdach: Stadion in Johannesburg

Reichlich Wachs-tumspotenzial:Virgin Nigeria

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Trends Zukunftsmärkte

Eine Chance, die zum Beispiel Voda-fone genutzt hat. Im Jahr 2000 gründeteder Mobilfunkkonzern ein Joint Ven-ture mit der staatlichen kenianischenTelefongesellschaft. Unter dem NamenSafaricom betreibt es ein landesweitesMobilfunknetz. Während der weltweiteVodafone-Ertrag im abgelaufenen Ge-schäftsjahr stagnierte, konnte Safaricomseinen Vorsteuergewinn um 40 Prozentsteigern, auf umgerechnet 182 Millio-nen Euro. Macht bei einem Umsatz von 504 Millionen Euro durchaus erfreu-liche 40 Prozent Umsatzrendite.

Kein Wunder, dass die Geschäfte gutlaufen: Erst ein Drittel der 34 MillionenKenianer besitzt ein Handy, und landes-weit gibt es nur einen einzigen Konkur-renten, den kuwaitischen Mobilfunk-betreiber Celtel.

Billige Handys wie die von Safaricomund Finanzdienstleistungen für jeder-mann wie bei der Equity Bank: NachAnsicht vieler Experten haben diesebeiden Innovationen das Zeug, das Le-ben von Millionen Afrikanern umzu-krempeln. Denn in einer Region, in derein Großteil der Bevölkerung selbst-ständig ist, sei es als Bauer, Händleroder Handwerker, können bereits we-nige Euro Startkapital plus bessereKommunikationsmöglichkeiten die Pro-duktivität der Arbeit vervielfachen.

INFRASTRUKTURViel Nachholbedarf

Beispiel Virgin Nigeria: Zusam-men mit einheimischen Investorengründete Richard Branson, Eigen-tümer der Virgin Group, vor zweiJahren die innerafrikanische Flug-gesellschaft Virgin Nigeria. Bislangfliegt das Unternehmen Verluste ein,doch langfristig werden dem nige-rianischen Markt enorme Wachs-tumsraten zugetraut – nicht zuletzt,weil sich die Zahl der Nigerianer bis2050 verdoppeln dürfte.Beispiel SBP: Das Stuttgarter In-genieurbüro gilt als Spezialist fürden Stadionbau – und wird bei der Fußball-WM in Südafrika dieKonstruktion von gleich drei derzehn Arenen betreuen, darunterauch den Umbau des Endspiel-stadions in Johannesburg.

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Wie rasant dieser Wandel verlaufenkann, zeigt sich zum Beispiel in Cura,nur 20 Kilometer entfernt von den Büro-türmen Nairobis. Bis vor wenigen Jah-ren bauten die Kleinbauern in diesemDorf vor allem Mais und Bohnen an, diesie selbst verzehrten oder beim Nach-barn eintauschten. Geld kam in ihremLeben so gut wie nicht vor.

Dank einer Spende des Rotary-ClubsNairobi konnten sich die Bauern vonCura vor drei Jahren einige besonderswiderstandsfähige und ertragreiche Ba-nanensetzlinge kaufen. Jetzt ziehen diemeisten Dorfbewohner Bananen, schaf-fen sie über lehmige Feldwege ins naheNairobi und verkaufen sie dort auf demMarkt. Der Erlös reicht nicht nur aus,um das Dorf zu ernähren, sondern auch,um etwas Geld in einem gemeinsamenSparklub zurückzulegen. „Wir investie-ren vor allem in Neuemissionen an der Börse von Nairobi“, berichtet stolzMoses Machaya Kamau, der 53-jährigeDorfälteste. Ihre Kauforders geben dieDorfbewohner per Handy ab.

Vom Selbstversorger zum Klein-anleger in fünf Jahren: Es sind solcheGeschichten, die Frank Kretzschmar anAfrika begeistern. Der 44-jährige Unter-nehmensberater aus dem Pfälzischenkam vor knapp vier Jahren zum erstenMal nach Kenia, um Equity organisato-

risch und strategisch zu beraten. Da-mals bezahlte eine Entwicklungshilfe-organisation seinen Einsatz. Heute istKretzschmar zum 27. Mal hier, hat ne-ben Equity längst andere kenianischeKunden und macht in Afrika ebensogute Geschäfte wie daheim: „Auf Al-mosen sind die hier längst nicht mehrangewiesen.“

„Afrika hat eine große Zukunft“, sagtKretzschmar. „Aber die Deutschen ver-passen den Trend, weil sie ihre Vor-urteile nicht überwinden können.“

Dabei zeigen die Beispiele deutscherUnternehmen, die sich nach Afrika ge-wagt haben, dass in diesem wenig um-kämpften Markt hohe Gewinnspannenmöglich sind. So hat zum Beispiel derDruckmaschinenhersteller Heidelber-ger in Ostafrika ein faktisches Monopolauf neue Maschinen – WettbewerberMAN Roland ist in der Region nichtvertreten. „Unsere Bruttomarge liegt inOstafrika deutlich höher als im west-europäischen Markt“, sagt FrankSchmucker, Geschäftsführer von Hei-delberg East Africa.

Die Afrika-Umsätze der meisten deut-schen Konzerne nehmen sich allerdingsbescheiden aus. Bei Heidelberg EastAfrica sind es rund 15 Millionen Europro Jahr, Tendenz leicht steigend. Vorgrößeren Investitionen nach dem Vor-

bild Vodafone schrecken deutsche Kon-zerne bislang zurück.

So hat die Telekom den afrikanischenAufbruch verschlafen – und sieht nun,dass in vielen Ländern die Märkte schon verteilt sind. „Uns fehlen im Ver-gleich zu Großbritannien und Frank-reich historische Bindungen an Afrika“,sagt Boston-Consulting-Mann Heuskel.Vielleicht investieren viele deutsche Manager deshalb lieber in Russland.

AUCH JAMES MWANGI hat diese Erfah-rung gemacht. Zusammen mit einerdeutschen Partnerbank möchte er einunkompliziertes System etablieren, mitdem Exilkenianer in der Bundesrepub-lik Geld nach Hause überweisen kön-nen – ohne die hohen Gebühren vonSpezialagenturen wie Western Unionzahlen zu müssen.

Dreimal war Mwangi in Deutschlandauf Roadshow, um für sein Projekt zuwerben. Doch bislang seien alle Ge-spräche im Sande verlaufen. „Womög-lich sind afrikanische Emigranten fürdeutsche Banken keine besonders inter-essanten Kunden“, sagt Mwangi.

Er blickt wieder in die Äquatornachtvor seinem Bürofenster und sieht jetztein bisschen ungeduldig aus. Aber wiegesagt, vielleicht ist er auch einfach nurmüde. Christian Rickens

Prost Afrika: Warsteiner-Brauerei in Kamerun

KONSUMGÜTERAfrikaner als Kunden

Beispiel Unilever: Der niederlän-disch-britische Konsumgütergigantwill künftig vor allem in Entwick-lungsländern wachsen und inves-tiert kräftig in Afrika. So stieg zumBeispiel in Südafrika 2007 dasBudget für Verkaufsstellenwerbungum 50 Prozent.Beispiel Warsteiner: Das sauer-ländische Familienunternehmenbraut seit 1999 in Kameruns Haupt-stadt Douala die Marke Isenbeckund investiert in eine Brauerei-erweiterung.

Waschmittel-werbung: Hohe Investitionen im Süden des Kontinents

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