Die Möglichkeit der Schätzung der Parameter theoretischer Funktionen bei gegebenem Datenmaterial...

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III. Miszellen W. Vo8 Die M6glichkeit der Schiitzung der Parameter theoretischer Funktionen bei gegebenem Datenmaterial mit Hilfe eines Computerprogramms iterativer Approximation Die bei der Anfertigung dieser Arbeit not- wendigen Rechnungen wurden auf der Rechenanlage des Rechenzentrums der Universit~t Heidelberg durchgefiihrt (IBM 360/44). Bei der Analyse und Erstellung der Rechenprogramme war ich insbeson- dere auf die Unterst~itzung dutch die Herren B. Schwarz und E. Fabricius, Heidelberg, angewiesen. Ftir ihre Beta- tung und Mithilfe m6chte ich reich an dieser Stelle bedanken. 1. Vorbemerkungen Nachdem sich in fast alien Fachrichtungen die Anwendung und Benutzung yon GroBrechenanlagen zur L6sung bestimm- ter, komplexer Fragestellungen immer mehr anbietet, soll hier ein Programm dis- kutiert werden, welches diese Entwick- lung auf dem Gebiet der Sozialwissen- schaften beschleunigen kann. Dabei iiber- sehe ich keineswegs die Gefahr, dab dutch fortschreitende Komplizierung und Ver- feinerung der Methoden m6glicherweise die sachlogischen l[Jberlegungen, die neben den methodologischen Fragen zu jeder Problemdiskussion geh6ren, in den Hin- tergrund gedr~ngt werden k/Snnten. Der Zweck dieser Arbeit soll deshalb nicht sein, die Probleme sachlogischer Erkl~i- rungen sozialwissenschaftlicher Zusam- menh~nge durch aufwendige Methoden zu umgehen - im Gegenteil, es soll durch die Pr.Ssentation einer wirksamen Methode die M6glichkeit geboten werden, saeh- logische Annahmen mit geringem Auf- wand zu i~berprhfen, so dab diesen Pro- blemen ihr eigentliches Gewicht wieder zukommen kann. Zudem ist zu beriick- sichtigen, dab die Anwendung wirksame- rer Methoden oft Probleme erkennen l~Bt, die vorher leicht iibersehen werden konn- ten. 2. Problemstellung In allen Bereichen der Sozialwissenschaften und auch dar/3.ber hinaus tritt sehr h3ufig die Frage auf, wie mit Hilfe empirischer Daten zu generellen Aussagen und Inter- pretationen der beobachteten Tatbest~,nde gelangt werden kann. Als eine M6glichkeit bietet sich an, die empirischen Entwicklungen durch theo- retische Funktionen zu approximieren, also den empirischen, zu erldiirenden Wet- ten der abh~ngigen Variablen Y theore- tisch zu erwartende Werte der Variablen, Y, gegentiberzustellen, wobei 17" yon einer Anzahl i unabh3ngiger Variablen X, und einer Anzahl j yon Parametern Pj der theoretischen Funktion abh~ngt, also O) Pj) Aufgabe dieser Arbeit soll es sein, eine Methode zu zeigen, wie an Hand der em- pirischen Daten einerseits und der Funk- tion (1) andererseits die Parameter Pj der- art geschStzt werden k/Snnen, dab die sich ergebende theoretische Funktion m6g- lichst exakt die empirische Entwicklung spiegelt. 13blicherweise benutzt man als 130

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Page 1: Die Möglichkeit der Schätzung der Parameter theoretischer Funktionen bei gegebenem Datenmaterial mit Hilfe eines Computerprogramms iterativer Approximation

III. Miszellen

W. Vo8

Die M6glichkeit der Schiitzung der Parameter theoretischer Funktionen bei gegebenem Datenmaterial mit Hilfe eines Computerprogramms iterativer Approximation

Die bei der Anfertigung dieser Arbeit not- wendigen Rechnungen wurden auf der Rechenanlage des Rechenzentrums der Universit~t Heidelberg durchgefiihrt (IBM 360/44). Bei der Analyse und Erstellung der Rechenprogramme war ich insbeson- dere auf die Unterst~itzung dutch die Herren B. Schwarz und E. Fabricius, Heidelberg, angewiesen. Ftir ihre Beta- tung und Mithilfe m6chte ich reich an dieser Stelle bedanken.

1. Vorbemerkungen

Nachdem sich in fast alien Fachrichtungen die Anwendung und Benutzung yon GroBrechenanlagen zur L6sung bestimm- ter, komplexer Fragestellungen immer mehr anbietet, soll hier ein Programm dis- kutiert werden, welches diese Entwick- lung auf dem Gebiet der Sozialwissen- schaften beschleunigen kann. Dabei iiber- sehe ich keineswegs die Gefahr, dab dutch fortschreitende Komplizierung und Ver- feinerung der Methoden m6glicherweise die sachlogischen l[Jberlegungen, die neben den methodologischen Fragen zu jeder Problemdiskussion geh6ren, in den Hin- tergrund gedr~ngt werden k/Snnten. Der Zweck dieser Arbeit soll deshalb nicht sein, die Probleme sachlogischer Erkl~i- rungen sozialwissenschaftlicher Zusam- menh~nge durch aufwendige Methoden zu umgehen - im Gegenteil, es soll durch die Pr.Ssentation einer wirksamen Methode die M6glichkeit geboten werden, saeh- logische Annahmen mit geringem Auf-

wand zu i~berprhfen, so dab diesen Pro- blemen ihr eigentliches Gewicht wieder zukommen kann. Zudem ist zu beriick- sichtigen, dab die Anwendung wirksame- rer Methoden oft Probleme erkennen l~Bt, die vorher leicht iibersehen werden konn- ten.

2. Problemstellung

In allen Bereichen der Sozialwissenschaften und auch dar/3.ber hinaus tritt sehr h3ufig die Frage auf, wie mit Hilfe empirischer Daten zu generellen Aussagen und Inter- pretationen der beobachteten Tatbest~,nde gelangt werden kann. Als eine M6glichkeit bietet sich an, die empirischen Entwicklungen durch theo- retische Funktionen zu approximieren, also den empirischen, zu erldiirenden Wet- ten der abh~ngigen Variablen Y theore- tisch zu erwartende Werte der Variablen,

Y, gegentiberzustellen, wobei 17" yon einer Anzahl i unabh3ngiger Variablen X, und einer Anzahl j yon Parametern Pj der theoretischen Funktion abh~ngt, also

O) Pj)

Aufgabe dieser Arbeit soll es sein, eine Methode zu zeigen, wie an Hand der em- pirischen Daten einerseits und der Funk- tion (1) andererseits die Parameter Pj der- art geschStzt werden k/Snnen, dab die sich ergebende theoretische Funktion m6g- lichst exakt die empirische Entwicklung spiegelt. 13blicherweise benutzt man als

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Zielfunktion die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen den empirischen und den theoretischen Werten der abh~n- gigen Variablen. Je kleiner die Summe ist, desto besser ist die Approximation ge- lungen, d. h. diese Summe ist zu minimie- ten. Bezeichnet man sie mit Q, so gilt also :

?1

(2) Q = .,, \~ (Ye--15e) 2 = min t = l

Natiirlich sind auch andere Zielfunktionen denkbar, die abet den sp~ter aufzuzeigen- den L/Ssungsweg nicht grunds~tzlich ver- iindern.

3. Die ,,traditionelle" LSsungsmethode

Aus der dutch Gleichung (2) beschriebe- hen Zielfunktion l~Bt sich ein LSsungsweg zur Sch~itzung der Parameter ableiten. Lautet die theoretische Funktion z. B. im Falle einer Geradenapproximation:

(3) Y t = a -}- b X t , t -~ 1, . . . , n

so ergibt sich als Zielfuuktion:

tl

(4) Q = ~-V ( Y t - - a - - b X t ) 2 = min 1 = 1

Die geforderte Minimierung wird erreicht, indem man die Gleichung (4) nach a und b differenziert und diese beiden Ableitungen null setzt (die Quadratsumme ,Q.O ist nut yon den Parametern a und b abh~ingig). Auf diese Weise erhalten wit zwei Glei- chungen mit zwei Unbekannten (Werte der Parameter). Aus diesen sog. Normal- gleichungen (siehe [9], S. 142) k6nnen die Parameterwerte errechnet werden. Bei komplizierteren Funktionen ist dieses Vor- gehen sehr h~iufig mit besonderen Schwie- rigkeiten verbunden. Es sind Funktionstypen f ( X ~ t , PS) mit i unabh~ngigen Variablen (i = 1 , . . . , m) u n d j Parametern ( j = 1, . . . , p) denkbar, bei denen dieses einfache Verfahren nicht anwendbar ist. Das bedeutet, dab der Statistiker, der obige Methode anwendet, auf bestimmte Funktionstypen festgelegt

ist - n~imlich solche, die linear in den Para- metern sind oder zumindest dutch ent- sprechende Transformation linearisiert werden k6nnen (siehe dazu z.B. [5], S. 90ft.). Deshalb konstruiert er u.U. Funktionalbeziehungen, die sachlogisch kaum noch interpretierbar sin& Will man auch andere Funktionstypen benutzen, m(issen an&re blethoden der Parameter- bestimmung herangezogen werden.

4. Die iterativen Methoden

In vielen F{iUen sind an die empirischen Daten theoretische Funktionen zu appro- ximieren, deren Parameter mit der oben beschriebenen Methode nicht oder nut unter groBen Schwierigkeiten bestimmt werden k6nnen (siehe [10], S. 59ff.). Eine solche Funktion ist z. B. die Produktions- funktion vom Cobb-Douglas-Typ:

(5)

wobei: = theoretisch zu erwartender

Produktionswert A = Arbeitseinsatz K = Kapitaleinsatz a, b, c = Parameter der Funktion

Es liegt nahe, die Parameter dieser Funk- tion auf iterativem Wege zu suchen, d. h. schrittweise die Parameter so zu verSn- dern, dab die Quadratsumme Q bei jedem Schritt kleiner wird. Die Zielfunktion .QO hat in diesem Fall die folgende Form:

(6) Q = q (a, b, c)

t = l

Fiir ein solches Vorgehen bietet sich die Benutzung yon Rechenanlagen an, well eine bestimmte, u. U. recht komplizierte Rechenoperation mehrmals (m6glicher- weise sehr h{iufig) wiederholt werden muB, bis ein vorgegebener Weft der Quadrat- summeQ bzw. deren Minimum erreicht ist.

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Es sind mehrere Iterationsveffahren ent- wickelt worden (siehe z. B. [3], S. 329 ft.), die sich z. T. recht iihnlich sind. Hier soil ausschlieBlich ein Verfahren dargestellt werden, welches auf der Rosenhrock- Methode~beruht (siehe [7]), und fiir wel- ches im Kernforschungszentrum Karls- ruhe das Rechenprogramm PAMIZO ge- schrieben wurde (siehe [6]). Zum Zweck der leichteren Handhabung, der besseren 1]bersichtlichkeit und Erg/inzbarkeit sowie der Erh6hung der Rechengenauigkeit wurde dieses Programm abgewandelt und tr/igt nun wegen des geiinderten Aufrufs den Namen PAMIDU. In den Grund- ziigen stimmt PAMIDU mit dem Karls- ruher Programm PAMIZO fiberein.

5. Das Programm PAMIDU

Das Programm wurde aus dem Programm PAMIZO entwickelt (siehe [6]), welches das Minimum beliebiger Funktionen be- stimmt, z.B. das der Quadratsummen- funktion der Abweichungen zwischen empirischen und theoretischen Werten der abh~ingigen Variablen (siehe [6], S. 6). Die im Februar 1970 entwickelte Form des Programms PAMIDU steht im Insti- tut fiir international vergleichende Wirt- schafts- und Sozialstatistik der Universit~t Heidelberg fiir interessierte Benutzer zur Verftigung. Der Aufruf im FORTRAN-Hauptpro- gramm erfolgt mit folgendem Statement: Call PAMIDU (FUN, VAR, N, DEL, DELTA, IS, ITANZ, IDR, FMIN, IOUT). Es gilt hierbei die implicite Typ-Zuwei- sung; REAL-Gr6Ben sind aber doppelt genau vereinbart.

Es bedeutet:

FUN:

Die Funktion, deren Minimum gesucht wird. Sie muB im Hauptprogramm ats EXTERNAL deklariert werden (z. B. also die Funktion Q, Seite 131, Glei- chung (6)).

VAR, N:

VAR ist ein Feld mit der DIMENSION VAR (N), welches beim Aufruf yon PAMIDU grobe Sch/itzwerte der Para- meter (Startwerte) enthalten muB, und in dem nach Ablauf yon PAMIDU die fiir den niedrigsten Funktionswert yon FUN gefundenen Parameterwerte ste- hen. N ist also die Anzahl der Parameter.

DEL, DELTA, IS:

Schrittweitenfeld mit der DIMENSION DEL (N). (Genauere Erkl~irung siehe S. 133.) Es gibt an - kurz vorweg ge- sagt - in welcher Entfernung yon den Startparametern verbesserte Parameter gefunden werden k6nnen. Bei sehr ge- nauer Kenntnis der Form der Quadrat- summenfunktion kann es sinnvoll sein, das Feld DEL im Hauptprogramm zu belegen. DELTA muB in diesem Fall als 0.0 angegeben werden. Im allgemeinen dagegen, wird man DEL erst im Unterprogramm belegen. DEL- TA ist dann gr6Ber als 0.0 und gibt die relative Verkleinerung der Schrittweiten der Parameter gegeniiber ihren Start- werten an. IS ist die Anzahl der Schrittweitenver- kleinerungen auf jeweils tt~.

ITANZ, IDR:

ITANZ ist die vorgegebene maximale Iterationsanzahl. Funktions- und Para- meterwerte werden vor und nach der ersten Iteration, sowie vor und nach jeder Schrittweitenverkleinerung und bei Verlassen yon PAMIDU ausge- druckt, ferner nach jeder IDR-ten Ite- ration.

FMIN, IOUT:

In FMIN steht nach Verlassen yon PAMIDU der niedrigste Wert der Ziel- funktion, lOUT ist eine Kennziffer, die den Grund f/ir das Verlassen von PAMIDU angibt (siehe dazu [6], S. 5 und 6).

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Das Iterationsprogramm PAMIDU durch- 1/iuft die folgenden Schritte, die an Hand ihrer geometrischen Interpretation erkl~irt werden sollen:

1. Fiir die zu variierenden Parameter P(j) ( j = 1, . . . , p ) miissen Startwertep0(j) vorgegeben werden, damit die erste Iterationsrunde beginnen kann. Diese Startwerte k6nnen im allgemeinen auf Grund sachlogischer Oberlegungen un- gef/ihr gesch~itzt werden. Tr/igt man die Startwerte P0(./) auf den Achsen eines rechtwinkligen Koordinatensystems ab, so kann auf einer weiteren Achse dieses System der der Kombination Po(j) zuzuordnende Wert der Quadratsumme Qo abgetragen werden. Auf diese Weise erh~ilt man ein Wertepaar To (Po (..j)/Qo).

2. Vom Punkt Po(j) geht man nun in Richtung einer Achse des Koordinaten- systems ( j = 1) um die Schrittweite nach links und nach rechts. Dadurch werden drei Punkte erzeugt, wie die Abbildung 1 schematisch zeigt

.

.

eine befriedigende Ann/iherung an den Schnitt dutch die Funktion Q in Rich- tung der Achse j = 1 darstelh (bei hinreichend kleiner Schrittweite ~ ist dies eine akzeptable Annahme). In einem n~ichsten Schritt wird das Minimum dieser Parabel bestimmt, welches bei Pmin(1) liegt (vergleiche Abbildung 1). Durch dieses Minimum Pmin(1) legen wir eine zweite Parabel in Richtung der Achse j = 2. Diese zweite Parabel steht also auf der ersten senkrecht. Wie schon die erste Parabel wird auch diese durch drei Punkte eindeutig bestimmt, und zwar durch:

Pmin(l) ^ = p 0 ( 2 )

P0 (2) - - ?0(2) +

Auch hier wird also wieder die An- nahme unterstellt, der Schnitt durch Q in Richtung der Achse j = 2 k6nnte

, 1 1 ' I I i

poljl-a" ~ Poill polj)°6 I

p , . i n l l l

Abb. 1

(P0(j) --c~,p0C/')undp0(./) + 6). Ord- net man diesen drei Punkten die dazu- geh/Srigen Werte der Quadratsumme Q zu, so erh~ilt man Qi , Q0 und Q2. Dutch diese drei Punkte wird eine Parabel gelegt, die eben dutch diese Punkte eindeutig determiniert ist. Es wird dabei unterstellt, dab diese Parabel

.

dutch eine Parabel mit hinreichender Genauigkeit repr~isendert werden. Gra- phisch ergibt sich das in Abbildung 2 gezeichnete Bild (die beiden Parabeln haben wit mit gl und g2 bezeichnet). Bestimmt man nun das Minimum dieser zweiten Parabel, so hat man den Aus- gangspunkt f/it eine dritte Parabel in

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Q,

p~m p ~ pm

Abb. 2

g~

Richtung der Achse j = 3 (entf311t in unserer geometrischen Interpretation, weil wit nut zwei Parameter p(1) und p(2) angenommen haben). Auf diese Weise f~ihrt das Programm fort, atle Richtungen des Koordinatensystems abzuarbeiten.

6. Wenn alle Richtungen abgearbeitet sind, rout3 ein neues Koordinatensy- stem erzeugt werden, d. h. die Schnitte durch .Q_ laufen nun nicht mehr parallel zu den Achsen j = 1 . . . . ,p. Die Rich- tung der ersten Achse des neuen Sy- stems, welche mit j ' ----- 1' bezeichnet werden soll, entspricht der Richtung der gesamten blinimierung der Schritte 1 bis 5. Nimmt man der Einfachheit halber nut zwei Parameter p(1) und p(2) an, so zeigt sich in folgender Graphik, wie die neue Richtung be- stimmt wird (siehe Abb. 3).

In dieser Abbildung haben wit die Funktion

Q = q(p(1) ,p(2))

auf die Ebene p(1)/p(2) projiziert und erhalten dadurch eine Schar yon )~H/5- henlinien% die mit ql, q= . . . . bezeich- net sind. gl undgz sind die Projektionen der Parabeln, die in den Schritten 2 und 4 bestimmt women sin& Prom(2)

ist das zuletzt aufgefundene Minimum, die Verbindung zwischen p0(1) (Start- punkt) und Pmtn(2) (letztes Minimum) zeigt die Richtung der ersten Achse des neuen Systems p(1)'. Der Punkt M sei das zu suchende Hauptminimum. Die zweite Achse des neuen Systems p(2)' folgt der Richtung zwischen p0(2) und Pmin(2), d.h. bei ihrer Bestimmung entf.:illt die erste Korrektur, also die von p0(1) nach p0(2). Die dritte neue Achse p(3)' (in der Abbildung 3 nicht mehr notwendig, da nur zwei Parame- ter dargestellt wurden) entspricht dann der Richtung zwischen p0(3) und dem im ersten System zuletzt gefundenen Mi- nimum (also entfallen dann die ersten beiden Schritte yon p0(1) nach p0(2) und yon p0(2) nach p0(3)) usw. Dieses Koordinatensystem p ( j ) ' ist demnach nicht mehr rechtwinklig.

7. Aus dem so gefundenen neuen Ko- ordinatensystem p ( j ) ' wird ein recht- winkliges Koordinatensystem mit Hilfe eines Orthogonalisierungsverfahrens erzeugt (siehe z.B. [8], S. 211fr0. In diesem neuen, rechtwintdigen System 1/iuft nun der gleiche PiozeB ab, wie er in den Schritten 1 bis 6 beschrieben wurde.

Diese Schritte werden so lange durch- laufen, bis die im Aufruf genannte Zahl

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)(21

g2

n12)

ql

p(zl'

Abb. 3

yon Iterationen erfolgt ist, oder das Mini- mum M der Funktion Q gefunden ist. Aus der Beschreibung des Programmab- lau[s ist leicht zu entnehmen, daB die An- wendung des Programms um so schwie- tiger ist, je schwerer das Minimum der Funktion Q zu finden ist. Dies wiederum h~ingt u.a. davon ab, wie vide Neben- minima die Funktion Q hat, bzw..ob die Schrittweite so gew~ihlt ist, dab Neben- minima iibergangen werden k/Snnen. Nut wenn die Parameter linear in die Funktion, die zu approximieren ist, eingehen, hat Q nut ein Minimum. Es kann durchaus ge- schehen, dab das Programm sehr lange zu suchen hat, bis eine befriedigende An- n~therung an das Minimum oder das Mini- mum selbst errechnet wird. Andere Ver- fahren der iterativen Approximation k6n- nen unter bestimmten Voraussetzungen schneller zum Ziel gelangen (z. B. das Verfahren des >>steepest descent<<). Dafiir haben PAMIZO und PAMIDU jedoch den Vorteil, dab im Fall der Fehlsch~itzung tier Startparameter auch dann die richtige L/Ssung gefunden werden kann, wenn an- dere Verfahren, die empfindlich aug solche Fehlsch/itzungen reagieren, versagen. Zur Zeit wird an Methoden gearbeitet, die diese Schwierigkeiten vermindern oder

p(ll

iiberwinden sollen. Einige Ansfitze finden sich im Programm PAMIDU im Unter- schied zum Programm PAMIZO. Eine Aufz/ihlung allgemeiner Art der M6glichkeiten, die PAMIDU bietet, bzw. in welchen F/illen Schwierigkeiten oder ein Versagen zu erwarten ist, ist an dieser Stelle nicht m6glich. Je nach Art der zu approximierenden Funktionen muB die Wirkungsweise yon PAMIDU von Fall zu Fall iiberpriift werden. Die Sch~itzung der Parameter der zu appro- ximierenden theoretischen Funktionen, wie sie mit Hilfe des Programms PAMIDU erfolgt, w/ire unvollst/indig, wtirde man auf eine Absch/itzung der Schwankungs- breite der Parameter verzichten. Aus die- sere Grund wurde ein Zusatzprogramm PAMFEL entwickelt, welches Streuungen (mittlere quadratische Abweichung) der Parameter berechnet. Da dieses Programm laufend verbessert und erg~inzt wird, soll hier noch nicht darauf eingegangen wer- den.

6. Anwendungsbeispiele

Um die Anwendungsm/~glichkeiten des Programms PAMIDU zu demonstrieren,

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wollen wir einige Beispiele fiir die Para- meterschfitzungen theoretischer Funktio- nen anftigen.

Fall 1: Gegeben seien die folgenden Werte :

TABELLE 1

Ausgangswerte fiir eine Regression zwischen X und Y X 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Y 3 4 4 5 7 7 9 8 9

Die empirischen Daten der Tabelle 1 sollen dutch eine Gerade

(7) ] ) = a + b X

approximiert werden, deren Parameter a und b einmal tiber die Bestimmung der Normalgleichungen, zum anderen mit Hilfe des Programms PAMIDU berechnet werden sollen. Mit Hilfe der Normalgleichungen ergibt sich (siehe [9], S. 142):

b = 0,8 a = 2 ,2 . . .

Wendet man PAMIDU an, ergibt sich bei Vorgabe yon ao = 2,5 und b0 = 1,0 (auf Grund einer Skizze zu seh~tzen) das glei- che'Ergebnis wie oben (da Q in diesem Fall nur ein Minimum hat, mtissen die dazugeh6rigen Parameterwerte aueh durch PAMIDU exakt gefunden werden). Das Programm ben6tigte dazu 7 Iterationen, das Quadratsummenminimum .~mln ergab sich zu Qmm = 3,15 . . . , die Rechenzeit betrug 60 Sekunden.

Fall2 : Zu schiitzen sind die Parameter a ,b,c und v der Produktions- funktion

(8) I > = c A ~ K b , eV~

Gegeben sind die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Daten fiir die Bundes- republik.

Verifizierungsversuche ffir Produktions- funktionen vom Cobb-Douglas-Typ wur- den fiir Deutschland mehrfach unter- nommen, die jedoch alle zu unbefriedigen-

TABELLE 2

Ausgangsdaten zur Schdtzung der Produktion~- ficnktion f#r die Bundesrepublik

Jahr Y A K (in Mrd.) (in Mi~.) (in Mrd.)

1950 119,67 21,156 315,0 1951 132,73 21,710 329,7 1952 144,70 22,122 347,3 1953 156,19 22,667 365,7 1954 167,89 23,270 394,1 1955 188,16 24,154 426,2 1956 201,09 24,794 458,7 1957 212,54 25,328 491,2 1958 219,28 25,523 523,4 1959 234,56 25,795 560,6 1960 254,98 26,247 605,9 1961 269,17 26,591 652,0 1962 280,18 26,783 697,2 1963 289,86 26,880 740,6 1964 309,40 26,979 794,8 1965 325,16 27,153 848,4 1966 332,76 27,082 895,7 1967 331,30 26,257 880,9

;~udlen : Jahresguta¢hten 1967 des Sachverstlindigenrates zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung, Bun- destagsdrueksaehe V/2310, Tabelle 39, S. 245 und Ta- belle 43, S. 251 sowie Tabelle 37, S. 242. Wirtschaft und Statistik, Statistiscbes Bundesamt, Wies- baden 1968, H. 2, S. 70 und 79. Stobbe, A. , Volkswirtschaftliches Rechnungswesen, Berlin und Heidelberg 1966, S. 58.

den und zum Tell 6konomisch sinnlosen Ergebnissen fiihrten (siehe [4], S. 248 und 249). P. W. Meisel hat unter alternativen An- nahmen ebenfalls die Parameter a, b, c und v einer Funktion

[" = cA~Kbeve .

(die Variablen wurden unserer Schreib- weise angepaBt) mit der Method'e der kleinsten Quadrate zu sch~itzen versucht (siehe [4], S. 251-257). Dazu muBte die Funktion logarithmiert werden, was einer neuen Zielfunktion Q entspricht (es wer- den nicht mehr die quadrierten Abwei-

chungen zwischen Y und ~', sondern zwi-

schen lg Y und lg ~" minimiert). Im Ge- gensatz dazu bleibt bei der Anwendung des Iterationsprogramms PAblIDU die ursprfingliche Zielfunktion erhalten, so

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dab die Ergebnisse nicht direkt vergleich- bar find. Zur Approximierung der theoretischen Funktion mit Hilfe des Programms PAMIDU wurden als Startwerte der Pa- rameter vorgegeben:

ao = 0,5 bo = 0,5 c0 = 60,0 vo = 0,02

Mit 21 Iterationen (Rechenzeit 3 blinuten und 17 Sekunden) ermitteke das Pro- gramm die folgenden Parameterwerte:

a = 0,521589 b = 0,486513 c = 51,0 v = 0,0176

Bei diesen Werten land das Programm die kleinste Quadratsumme Q. Es zeigt sich an diesem Beispiel, dab w~ihrend der Iteration nur geringRigige Anderungen der Startwerte erfolgen. Dies ist aug folgende Grtinde zur(ickzuRihren:

- Die Startwerte der Parameter waren gut gesch~itzt.

- Der verwendete Funktionstyp, die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion, erlaubt eine beliebig hohe Substituier- barkeit der Parameter. Dies bedeutet, dab fiir beliebige Kombinationen von ao und bo allein dutch Variation yon c die beste Approximation gefunden wet- den kann.

- Die Einheiten, in denen die Ausgangs- &ten in die Rechnung eingehen, sind sehr groB, d. h auch die Quadratsumme Q wird sehr groB. Selbst bei gr6Bt- m6glicher Reehengenauigkeit k/Snnen deshalb keine wesentlichen Parameter- ver~inderungen vorgenommen werden.

Das Rechenergebnis, welches erzielt wur- de, ist zwar nicht falsch, jedoch unbefrie- digend. Die Stabilisierung bei den Start- werten ist aber in diesem Fall kein spezifi- scher Nachteil der Programme PAMIZO und PAMIDU, sondern wird vermutlich bei allen Iterafionsprogrammen auftreten,

die auf Rechenanlagen durchgerechnet werden. Eine Verbesserung ist zu errei- chen, wenn die Rechengenauigkeit erh6ht wird und/oder, wenn die Zahl der Aus- gangsdaten wesentlich gesteigert wird. (Wie sich bei Proberechnungen gezeigt hat, verbessert sich die Approximations- g~ite auch dadurch, dab der benutzte Funktionstyp besser der Realit~t angepaBt wird.)

Fall3 : Gegeben sind die Bev61kerungs- wachstumsraten rt Deutschlands fiir die Jahre 1850-1960

Plausible Ijberlegungen besagen, dab die zeitliche Entwicklung dieser Rate in cha- rakteristischer Weise mit dem Industriali- sierungsprozeB zusammenh/ingt. Wird die Geburtenrate mit g, die Sterberate mit s und die Bev61kerungszuwachsrate mit r bezeichnet, so gilt:

Vorindustrielle Phase: g hoch, s hoch, also r niedrig

Erste industrielle Phase: g hoch, ; sinkt, also r steigt

Zweite industrielle Phase: g sinkt, ¢ niedrig, also r sinkt

Nachindustrielle Phase: g niedrig, s niedrig, also r niedrig

Schematisch ergibt sich [tit r im Zeit- ablauf ein Verlauf, dessert Bild einer glockcnE6rmigcn Kurve glcichen mag (diese 0berlegung entspricht der Hypo- these des Bev61kerungswachstums gem~B einer logistischen Kurve). Deshalb wurde versucht, mit HiKe des Programms PA- MIZO eine Funktion folgenden Typs an die empirischen Daten zu approximieren (aug die Darstellung der Daten selbst soil bier aus Hatzgrtinden verzichtet werden):

(9) ~ = a. e-bC~-~)'

wobei:

~- = theoretisch zu erwartende Wachs- tumsrate

t = Jahr a, b, c = Parameter der theoretischen

Funktion

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Nach 30 Iterationen ergab sich:

a = 1,0767 b = 0,00010868 c =46,544 (twar standardisiert

auf t = l fur 1850)

Die Startparameter waren

a o = 1,6 bo = 0,001 co = 40,0

Die Quadratsumme vertdeinerte sich w/ih- rend der Iterationen yon 19,15369 auf 8,762956. Dieser letzte Wert kennzeichnet eine recht hohe Approximationsgtite, wenn man berticksichtigt, dab alle Aus- gangs&ten in Prozent eingingen (in der Gr6Benordnung yon etwa 0,8 bis 1,2%). Diese Berechnung wurde im gleichen Pro- gramm fiir zw61f weitere Volkswirtschaf- ten durchgeftihrt. EinschlieBlich ange- schlossener Fehlerrechnungen und jeweils einem graphischen Ausdruck der empi- rischen und der theoretischen Werte be- trug die gesamt Rechenzeit 13 Minuten und 24 Sekunden.

7. Ausblick

Die verschiedenen Beispiele sollten zeigen, wie das dargestellte Approximierungs- programm auf verschiedene wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Probleme an- gewandt werden kann. PAMIDU er- m6glicht unproblematische Approxima- tionen beliebig schwieriger Funktionen, wobei die Ergebnisse, die fast immer ge- liefert werden, durchaus interpretierbar sind. Insbesondere bei Problemen der Trendbestimmung, der Berechnung yon zyklischen Bewegungen, genereU bei der Analyse yon Zeitreihen wird diese Me- thode Anwendung finden k6nnen. Es war nicht die Absicht dieser Arbeit, etwas sehr Neues darzustellen (iterative Approxi- mationsmethoden sind nicht neu), sondern es sollte ein TeLl dazu beigetragen werden, dab die methodologischen Entwicklungen in anderen Disziplinen auch in der statisti- schen Methodenlehre und in der prakti- schen statistischen Arbeit Berticksichti- gung finden k/Snnen, sofem sachlogische Uberlegungen nicht gegen ihre Anwen- dung sprechen.

Literaturverzeichnis

[1] Anderson, 0., Ausgew~ihlte Schriften, Hrsg. H. KeUerer u. a., 2 B~inde, Tiibingen 1963.

[2] Cobb, C. IV., und P. H. Douglas, A Theory of Production, in: American Economic Review, Vol. XVIII, Wash- ington 1928.

[3] Guest, P. G., Numerical Methods of Curve Fitting, Cambridge 1961.

[4] Meisel, P. IV., Die Problematik der Mo- dellannahmen und der Methode bei der Sch~itzung makro6konomischer Produk- tionsfunktionen und die Ursachen m6g- licher Verzerrungen der Ergebnisse, dargesteUt am Beispiel einiger ftir die Bundesrepublik Deutschland berechne- ten Produktionsfunktionen yore Typ Copp-Douglas, in: Statistische Hefte, Internationale Zeitschrift ftir Theorie und Praxis, Neue Folge, 10. Jg., 1969, Heft 3.

[5] Menges, G., Okonometrie, Wiesbaden 1961.

[6] Rebel, H., PAMIZO, Unterprogramm zur Minimalisierung einer Funktion yon mehreren Variablen nach der Rosen- brock-Methode, Programmbeschreibung No. 198, Kernforschungszentrum Karls- ruhe (Zyklotron-Laboratorium), Ar- beitsbericht No. 28, Februar 1969 (Vervielf~iltigung).

[7] Rosenbroch, H. H., An Automatic Method for Finding the greatest or least Value of a Function, in: Computer Journal, 1960, No. 3.

[8] Sperner, E., Einftihrung in die Analyti- sche Geometrie und Algebra, 1. TeLl, 6. Auflage, G6ttingen 1963.

[9] Ivagenfiibr, R., Statistik leicht gemacht, 5. Auflage, KOln 1967.

[10] Ivilliams, E. f . , Regression Analysis, New York und London 1959.

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