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Die planktische Naturnahrung

und ihre Bedeutung für die Karin Schlott

Fischproduktion in Karpfenteichen

Bundesamt für WasserwirtschaftÖkologische Station Waldviertel

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Bundesamt für WasserwirtschaftÖkologische Station WaldviertelGebharts 33A-3943 SchremsAustria

Tel: +43(0)2853 78 207Fax: +43(0)2853 78 463Email: [email protected]://www.baw-oeko.at/cms/

Gebharts, Februar 2007

SCHLOTT K. (2007): Die planktische Naturnahrung und ihre Bedeutung für dieFischproduktion in Karpfenteichen. Bundesamt für Wasserwirtschaft, ÖkologischeStation Waldviertel, 42 S.

Redaktion und Layout Christian Bauer, Satz mit LATEX

Unser besonderer Dank gilt dem Franckh-Kosmos Verlag für die freundliche Ertei-lung der Genehmigung zur Verwendung der Abbildungen 3-6.

Abbildungen 2, 7-13 und 14-27: Ökologische Station Waldviertel.

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Inhaltsverzeichnis

1 Übersicht über die Organismen des Zooplanktons 61.1 Die wichtigsten Gruppen des Zooplanktons . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.1.1 Cladoceren (Wasser�öhe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.1.2 Copepoden (Ruderfuÿkrebse) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.3 Rotatoria (Rädertiere) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.1.4 Ciliaten (Wimpertiere) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.2 Über die Gröÿenunterschiede im Plankton . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2 Bedeutung der Gröÿenunterschiede im Zooplankton 142.1 Bedeutung für die Aufzucht von Fischbrut . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.1.1 Wie kann ein solches Problem vermieden werden? . . . . . . . . 152.2 Bedeutung im Abwachsteich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3 Wichtige Zusammenhänge im Nahrungsnetz des Teichplanktons 233.1 Die wichtige Rolle der Daphnien im Nahrungsnetz . . . . . . . . . . . . 26

4 Abstimmung der Fütterung auf die planktische Naturnahrung 274.1 Probenentnahme- und Ausarbeitung der Zooplanktonproben . . . . . . 31

5 Anregungen und Vorschläge für die Praxis 375.1 Besatzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375.2 Steigerung der Naturnahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385.3 10 Gebote für eine ökologische Teichbewirtschaftung . . . . . . . . . . . 40

6 Literatur 41

Abbildungsverzeichnis

1 Der Aufbau eines Wasser�ohs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Ephippium eines Wasser�ohs mit zwei Dauereiern . . . . . . . . . . . . 83 Wichtige Vertreter der Cladoceren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Wichtige Vertreter der Copepoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Wichtige Vertreter der Rädertiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Wichtige Vertreter der Wimpertiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Gröÿenverhältnisse Karpfenbrut zu Zooplankton . . . . . . . . . . . . . 148 Zetiliche Abfolge der Zooplankonentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 179 Entwicklung der Gröÿenklassen im Zooplankton . . . . . . . . . . . . . 1710 Ciliatendichte und Zanderbrut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1911 Abundanz der Daphnien > 1 mm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

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12 Nahrungskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2413 Nahrungsnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2514 Versuchsteich E1, 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2815 Versuchsteich E2, 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2816 Versuchsteich E3, 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2917 Versuchsteich E4, 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2918 Probennahme mit dem Schindlerschöpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . 3219 Filtration der Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3220 Abfüllen der Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3321 Fixieren der Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3322 Auswaschen des Formalins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3423 Vorbereitung der Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3424 Ausbringen der Probe in eine Petrischale . . . . . . . . . . . . . . . . . 3525 Untersuchung der Probe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3526 Daphnien unter dem Mikroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3627 Bosminen unter dem Mikroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

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Einleitung

Über die planktische Naturnahrung und ihre Bedeutung für die Fischpro-duktion in Karpfenteichen

Was ist Naturnahrung? Wie entsteht Naturnahrung? Wie steigert man die Entwicklungvon Naturnahrung? Warum ist Naturnahrung so wichtig?

Diese und ähnliche Fragen beschäftigen einen Teichwirt, wenn er die Bewirtschaftungseiner Teiche naturnah und ökologisch1 gestalten will. Dies ist ganz bestimmt keineeinfache Sache! Zu allererst muss man sich klar vor Augen halten, dass die Zusam-menhänge zwischen Naturnahrung und Fisch weit komplizierter sind als etwa die Be-ziehungen von Weidetieren zu ihrer natürlichen Umwelt. Ein wesentlicher Unterschiedist schon darin begründet, dass die Naturnahrung im Teich mit freiem Auge kaum zuerkennen und daher die zu einem gewissen Zeitpunkt vorhandene Menge nicht unmit-telbar abschätzbar ist. Nur sehr erfahrenen und geübten Beobachtern ist es möglich,eine auch nur annähernde Einschätzung der jeweiligen Naturnahrungssituation vor Ortvorzunehmen.

Unter Naturnahrung im Allgemeinen versteht man die tierischen Organismen desTeiches, die von den Fischen aufgenommen werden. Neben dem Zooplankton spielenauch boden- und p�anzenbewohnende Kleintiere eine Rolle. Die Zooplanktonorganis-men können jedoch als wichtigster Bestandteil der Naturnahrung angesehen werden.

Die grundsätzliche Bedeutung der Naturnahrung für die Fischzucht wurde schon früherkannt. So schreibt Walter bereits 1889: �Das Plankton bildet einen Hauptbestandteil

der Fischnahrung. Ob ein Gewässer arm oder reich an Fischen ist, ob es einen groÿen

oder geringen Zuwachs an Fisch�eisch liefert, hängt in der Hauptsache von der gröÿe-

ren oder geringeren Menge an Plankton ab, welches in seinem Wasser gespeichert ist.

Wir können den Fischbestand in unseren Gewässern nicht heben, wenn wir nicht die

Nahrungsquelle derselben gleichzeitig verbessern.�

Leider muss man feststellen, dass das Wissen um das Plankton und seine Rolle alsNaturnahrung noch immer sehr begrenzt oder gar falsch ist. Ein Grund dafür ist si-cherlich die hohe Komplexität eines Gewässerökosystems und die Vielzahl an Faktorendie hier zusammenspielen. Das vorliegende Skriptum verfolgt das Ziel, dem entgegenzu wirken und ein Grundverständnis für die planktische Naturnahrung und ihre Rollein den Teichen zu vermitteln.

1Ökologie ist die Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Auÿenwelt.

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1 Übersicht über die Organismen des Zooplanktons

Zwei Aspekte haben das Plankto (Phytoplankton = Algen und Zooplankton = Tiere)auch auÿerhalb der Wissenschaft bekannt gemacht, und zwar

• Die Rolle des Zooplanktons als Nahrung der Fische des Freiwassers.

• Das Potential des Phytoplanktons, in nährsto�reichen Gewässern oft unerwünschtin Massen aufzutreten (Wasserblüten und Vegetationsfärbungen).

Die wissenschaftliche De�nition von Plankton lautet:

Das Plankton ist die Gesamtheit der im Freiwasserraum eines Gewässerslebenden, mit den Wasserbewegungen passiv treibenden Organsimen.

Für den Laien ist es sicher sehr schwierig, sich in der Fülle der Formen zurechtzu�nden.Schon allein die Unterscheidung, ob es sich um Tier oder P�anze handelt, ist nichtimmer einfach.

Diese Kleinlebewesen des freien Wassers leben keineswegs in friedlicher Harmonie. Einerfrisst den anderen, alle sind aber auch voneinander abhängig. Die Bakterien zerlegenorganische Reste und helfen mit, den Algen Nährsto�e zur Verfügung zu stellen. Ciliaten(Wimpertiere) fressen Bakterien und Algen und dienen wiederum räuberisch lebendenRotatoria (Rädertieren) und Kleinkrebsen als Nahrung. Deren Kot und Leichen fallenwiederum der bakteriellen Zersetzung anheim.

Nicht alle Zooplanktonorganismen dienen den Fischen in direkter Weise alsNaturnahrung. Weiters bedeutet es einen groÿen Unterschied, ob es sichum frisch geschlüpfte Fischbrut oder um gröÿere Fische handelt. Aber auchdie Art der Fortbewegung und die optische Attraktivität der Organismenspielen eine bedeutende Rolle.

1.1 Die wichtigsten Gruppen des Zooplanktons

1.1.1 Cladoceren (Wasser�öhe)

Diese Wasserkrebse (Abb. 3) sind von einem Chitinpanzer umgeben. Da dieser nichtwachsen kann, müssen sie sich immer wieder häuten und zwar bis zur Geschlechtsreifefünfmal. Je höher die Wassertemperatur, desto öfter erfolgt eine Häutung. Ihre Lebens-dauer beträgt 50 bis 85 Tage. Reichliches Nahrungsangebot verkürzt die Lebensdauer.Es gibt kein Larvenstadium. Die schlüpfenden Jungtiere (Juvenilen) sind den Erwach-senen (Adulten) sehr ähnlich und erreichen bei der Geburt bereits ungefähr ein Fünftel

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der Körperlänge eines erwachsenen Tieres.

Die Cladoceren sind sehr e�ektive Filtrierer und machen so kleine Algen und De-tritus2 für die Fische nutzbar. Der Filtervorgang geht folgendermaÿen vor sich: Anden Innenkanten der Stammteile der 10 Beine stehen in dichter Folge die Borsten desNahrungssiebes. Sie fungieren als Nahrungsrechen und reichen bis zur Bauchrinne. AlleBorsten der linken und rechten Seite bilden eine schmale Fang- und Filtergasse. DieFrequenz der Pumpbewegung ist sehr groÿ, es erfolgen bei Daphnia 200 bis 300 Schlä-ge pro Minute, sodass im Laufe eines Tages recht erhebliche Mengen �ltriert werdenkönnen. Abb. 1 zeigt den Aufbau und die inneren Organe einer Daphnia.

Abbildung 1: Der Aufbau und die inneren Organe eines Wasser�ohs Daphnia pulex.(Nach Kükenthal & Renner, 1982).

2Detritus: totes organisches Material (abgestorbene Tiere und P�anzen)

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Cladoceren haben einen einfachen Lebenszyklus, der unter günstigen Bedingungen einschnelles Populationswachstum erlaubt. Die Weibchen produzieren drei verschiedeneEitypen:

• Subitan - oder Jungferneier, aus denen Weibchen hervorgehen

• Eier aus denen Männchen hervorgehen, beide ohne Befruchtung (parthenogene-tisch)

• Dauer- Latenz- oder Wintereier, diese müssen zur Weiterentwicklung befruchtetwerden.

Unter normalen Bedingungen entstehen nur Subitaneier (2 - 70 pro Schub), die sich imBrutraum direkt zu jungen Weibchen entwickeln. Die Dauereier hingegen sind durchHüllen besonders geschützt und sind undurchsichtig dunkel. Man nennt sie Ephippi-en (Abb. 2). Im Zuge einer Häutung wird das Ephippium abgestoÿen und steigt zurWasserober�äche auf. Aus den Dauereiern schlüpfen ausnahmslos wieder Weibchen, diesich durch Jungferneier wieder weiter vermehren.

Abbildung 2: Ephippium eines Wasser�ohs mit zwei Dauereiern.

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Fortp�anzungsmöglichkeiten und ihrer Ernährungs-weise sind die Cladoceren sehr konkurrenzfähig.

Aus vielen wissenschaftlichen Untersuchungen geht hervor, dass vor allemgröÿere Cladoceren als �Lieblingsarten� für Fische gelten, die sich von Zoo-plankton ernähren.

Die Gattungen Ceriodaphnia und Bosmina Abb. 3 C, D sind vergleichsweise von gerin-ger Körpergröÿe, können aber bei starkem Fischfraÿdruck sehr hohe Individuendichtenerreichen. Dabei kann es in Extremfällen zu mehreren hundert Individuen pro LiterTeichwasser kommen. Wegen ihrer geringen Gröÿe spielen sie als Nahrungsorganismenvor allem für Fischbrut eine wichtige Rolle.

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Abbildung 3: Wichtige Vertreter der Cladoceren: A Daphnia longispina, B Daphnia

cucullata, C Bosmina longirostris, D Ceriodaphnia quadrangula.(AusStreble & Krauter, 2006).

1.1.2 Copepoden (Ruderfuÿkrebse)

Diese haben einen wesentlich langsameren Entwicklungszyklus als die Cladoceren. Da-durch gibt es weniger Generationen. Die Fortp�anzung erfolgt ausschlieÿlich geschlecht-lich. Aus dem Ei schlüpft eine Naupliuslarve, die sechs durch Häutungen getrennteStadien durchläuft. Diese nennt man Copepodit-Stadien. Nach der letzten Häutung istdas Tier geschlechtsreif und häutet sich nicht mehr. Ihre Lebensdauer kann mehrereMonate betragen.

Copepoden sind keine Filtrierer, sondern ergreifen ihre Futterpartikel selektiv. Der Un-terschied zwischen Herbivoren (Vegetariern) und Carnivoren (Räubern) liegt in ersterLinie an der Gröÿe der selektierten Futterpartikel.

Gröÿere Copepoden können aufgrund ihrer Lebensweise eine direkte Gefahr für frischgeschlüpfte Fischbrut sein, bzw. als Nahrungskonkurrenten auftreten. Erwachsene Co-pepoden ernähren sich oft von kleinen Ciliaten (Wimpertieren). Im Gegensatz zu den

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Ruderfuÿkrebsen des Meeresplanktons wird die Bedeutung der planktischen Copepodender Binnengewässer als Fischnahrung relativ gering eingeschätzt. Umso wichtiger ist dieRolle der planktischen Ruderfuÿkrebse im Sto�wechselgeschehen des Ökosystems Teich:als unmittelbare (herbivore) und mittelbare (carnivore) Konsumenten der p�anzlichenUrproduktion und als Sekundärproduzenten beträchtlicher Mengen tierischer Substanz.Abb. 4 zeigt zwei bedeutende Vertreter der Copepoden.

Abbildung 4: Wichtige Vertreter der Copepoden: A Euiaptomus gracilis, B Macrocy-

clops albidus. (Aus Streble & Krauter, 2006).

1.1.3 Rotatoria (Rädertiere)

Rotatoria sind kleine Schlauchwürmer. Eine groÿe Besonderheit ist ihre Zellkonstanz,das heiÿt, die aus den Eiern schlüpfenden Jungtiere besitzen bereits die endgültige Zahlvon Zellen. Keine einzige Körperzelle kommt beim späteren Wachstum der Tiere neu

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hinzu. Die Lebensdauer der Planktonrotatorien dürfte im Freiland kaum über 10 - 15Tage hinausgehen. Der Nahrungserwerb ist sehr verschieden gestaltet, wobei der weitausverbreitetste der Typus des �Strudlers� ist. Durch eine gleichmäÿig wirbelnde Bewegungdes Wimperapparates wird ein gegen die Mundö�nung gerichteter Wasserstrom erzeugt.Die überwiegende Mehrzahl der Planktonrotatorien sind P�anzenfresser und ernährensich von Algen unter 20 µm (1 µm = 0,001 mm) Gröÿe. Sie stellen in der Nahrungskettedaher ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Nanoplankton (2 - 20 µm) und demkarnivoren Zooplankton dar. Viele Jung�sche sind in einem gewissen Stadium auf dieGröÿenordnung der Rotatorien (200 - 500 µm) als Nahrung angewiesen.

Die Fortp�anzung der Rädertiere erfolgt ausschlieÿlich durch Eier oder lebende Junge.Abb. 5 zeigt einen kleinen Ausschnitt aus der Formenvielfalt der Rotatorien.

Abbildung 5: Wichtige Vertreter der Rädertiere: A Brachionus sp., B Keratella sp., CAsplanchna sp., D Polyarthra sp. (Aus Streble & Krauter, 2006).

1.1.4 Ciliaten (Wimpertiere)

Ciliaten sind die höchst organisierten Einzeller. Wegen ihrer Winzigkeit und Verletz-lichkeit werden sie, obwohl zahlenmäÿig oft sehr häu�g, in ihrer Bedeutung auch heutenoch immer unterschätzt.

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Ihr Körper ist ganz oder teilweise mit Wimpern (Cilien) bedeckt, die zur Fortbewegungund Nahrungsgewinnung dienen. Hinsichtlich des Nahrungserwerbes kann man dreiTypen unterscheiden: Strudler, Schlinger und Sauger.

Die Vermehrung der Ciliaten erfolgt ungeschlechtlich durch Zweiteilung. Die Populati-onsdynamik der Ciliaten ist bestimmt durch die Fähigkeit zu rascher ungeschlechtlicherVermehrung. Die Generationszeiten sind sehr kurz, wenige Stunden bis Tage. Die For-menvielfalt ist enorm, zwei Beispiele sind Abb. 6 dargestellt. Als Fischnahrung sind sievor allem in den ersten Lebenstagen der frisch geschlüpften Brut von groÿer Bedeutung.

Abbildung 6: Wichtige Vertreter der Wimpertiere: A Tintinnidium sp., B Strombilidi-

um sp. (Aus Streble & Krauter, 2006).

1.2 Über die Gröÿenunterschiede im Plankton

Auÿer der Unterscheidung in verschiedene taxonomische Gruppen können die Plank-tonorganismen insgesamt in folgende Gröÿenklassen eingeteilt werden (1 µm = 0,001mm).

Picoplankton 0,2 µm - 2 µm Bakterienkleinste ZooplankterProtozoen

Nanoplankton 2 µm - 20 µm PhytoplankterProtozoengröÿte Bakterien

Mikroplankton 20 µm - 200 µm groÿe PhytoplankterProtozoenRotatorien

Mesoplankton 200 µm - 2 mm PhytoplanktokolonienCladocerenCopepoden

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Die Zooplanktonorganismen sind also in allen vier Gröÿenklassen vertreten. Betrachtetman eine Teichwasserprobe mit unbewa�netem Auge, so kann man im besten Falledie gröÿten Copepoden und Cladoceren erkennen. Auch dieses erfordert schon einigeErfahrung und Geschick. Die zahlenmäÿig weit häu�geren kleineren Zooplankter sindjedoch ohne Zuhilfenahme eines Mikroskopes nicht zu erkennen. Darin liegt sicherlicheine wesentliche Ursache dafür, dass es so schwierig ist, die Komplexität und vielfältigenwechselseitigen Beziehungen im Planktongefüge bewusst zu machen. Vergleicht mandie Gröÿenverhältnisse im Zooplankton mit jenen in der terrestrischen und marinenTierwelt, so käme man zu folgendem Ergebnis.

Picoplankton Blattlaus - MaikäferNanoplankton Maikäfer - RatteMikroplankton Ratte - HirschMesoplankton Hirsch - Finnwal

Wichtig ist ferner die Tatsache, dass im Wasser tatsächlich die weit verbreitete Vorstel-lung gilt, dass groÿe Tiere kleine Tiere fressen.

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2 Bedeutung der Gröÿenunterschiede imZooplankton für die Teichbewirtschaftung

2.1 Bedeutung für die Aufzucht von Fischbrut

Qualität und Quantität des Zooplanktons spielen für den Aufzuchterfolg von Fischbrutsowie auch für das Vorstrecken die entscheidende Rolle. Dies gilt sowohl für Karpfenals auch für die meisten anderen teichwirtschaftlich relevanten alternativen Fischarten.

In der folgenden Abbildung (Abb. 7) sind die Gröÿenverhälnisse von frisch geschlüpfterKarpfenbrut zu den Zooplanktonorganismen dargestellt. Die Kugeln symbolisieren dieunterschiedlich groÿen Zooplankter (2 mm, 1 mm, 0,5 mm, 0,2 mm und 0,05 mm). Derdargestellte Fischbrütling hat eine Länge von 6 mm. Allein daraus geht hervor, dass nurdie kleinsten Zooplanktonorganismen von der Fischbrut aufgenommen werden können.Dabei handelt es sich vorwiegend um Ciliaten, Rotatorien und sehr kleine Jugendstadi-en von Copepoden. Wenn man davon ausgeht, dass die Nahrungsaufnahme der Fisch-brut noch nicht gezielt erfolgt, muss die Anzahl kleiner Nahrungsorganismen sehr hochsein. Die wichtige Rolle der Ciliaten, welche bei für sie günstigen UmweltbedingungenIndividuenzahlen von bis zu 100.000/l erreichen können, war lange unbekannt.

Abbildung 7: Gröÿenverhältnisse von frisch geschlüpfter Karpfenbrut zu den Zooplank-tonorganismen.

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Die Entwicklungsphase vom Schlüpfen bis zur Fressfähigkeit gilt als die sensibelstePhase für die Fischbrut. Bei vielen Fischarten ist der Darm noch nicht voll entwickeltund Hungerperioden sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Alle Verdauungsenzyme müs-sen ausschlieÿlich über die aufgenommene Naturnahrung bezogen werden. Aktive Nah-rungssuche ist sicher nicht von Beginn an möglich bzw. erfolgreich. Hält man sich die inAbb. 7 dargestellten Gröÿenverhältnisse zwischen den theoretisch möglichen Nahrungs-organismen und der Gröÿe der Mundspalte vor Augen, so wird einem die Problematikbewusst. So kann es leicht vorkommen, dass ein fressfähiger Fischbrütling trotz reichlichZooplankton bei ungünstiger Gröÿenzusammensetzung des Zooplanktons verhungert.

2.1.1 Wie kann ein solches Problem vermieden werden?

Dazu ist ein spezielles Grundwissen über die Entwicklung und Populationsdynamik derverschiedenen Zooplanktongruppen notwendig. Über die Vermehrungsstrategien undGenerationszeiten wurde schon im Kapitel 1 berichtet. Damit in direktem Zusammen-hang steht die zeitliche Aufeinanderfolge der Zooplanktongruppen nach dem Zeitpunktder Befüllung eines Gewässers. Infolge der verschieden langen Entwicklungszeiten tretenCiliaten, Rotatorien, Copepoden und schlieÿlich die Cladoceren in gesetzmäÿiger Rei-henfolge nacheinander auf. Die jeweilige Häu�gkeit der einzelnen Gruppen, gemessenin Anzahl der Individuen pro Liter, hängt wiederum von der für sie vorhandenen Nah-rungsgrundlage ab. Diese kann z.B. aus Bakterien, Algen oder Detritus bestehen. DieWassertemperatur beein�usst selbstverständlich auch die Entwicklungsgeschwindigkeitvon Planktonorganismen. In der Praxis neigt man leicht dazu, bei allfälligen Misser-folgen die Ursache in den niedrigen Wassertemperaturen zu suchen. Aus mehrjährigendiesbezüglichen Untersuchungsprogrammen kann man mit groÿer Sicherheit schlieÿen,dass jedoch das Vorhandensein geeigneter Nahrungsorganismen in ausreichender Mengefür das Aufkommen der Brut hauptverantwortlich ist.

Wesentlich ist die Erkenntnis, dass die zeitliche Abfolge der Entwicklung dergröÿenmäÿig sehr unterschiedlichen Planktongruppen ab dem Zeitpunkt derBefüllung des Teiches einer gewissen Gesetzmäÿigkeit unterliegt.

Die Herausforderung für den Teichwirt besteht nun darin, den Besatzzeitpunkt derFischbrut so gut wie möglich mit einer optimalen Planktonentwicklung zu koordinie-ren. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass wenn der Besatz erst viele Wochen nachder Teichbespannung statt�nden kann, die Planktonentwicklung den Bedürfnissen derFischbrut entsprechen wird.

Thomas Dubisch, geb. 1813 (Dubischteiche!), ein Mann mit wenig Schulbildung abermit guter Beobachtungsgabe machte folgende Entdeckung, welche zu seiner Zeit auf-grund fehlender mikroskopischer Ausrüstung noch nicht wissenschaftlich beweisbar war:

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Dubisch arbeitete im Zoologischen Garten in Wien und soll dort die Frösche dadurchzum Laichen gebracht haben, dass er ihnen frisch gestochene Rasenziegel hineinlegte. Erkam nach Schlesien und legte einmal in einem groÿen, gerade trockenliegenden und mitKleegras bestandenen Teich in dem oberen gutbegrastem Teil einen kleinen Laichteilan, wobei er auf seine Beobachtungen im Überschwemmungsgebiet der Donau, an der erso oft gesehen hatte, dass die Fische zum Ablaichen gerne auf frisch über�utete Wiesenaufsteigen, und auf seine Versuche mit dem Ablaichen der Frösche auf Rasenziegel inden Aquarien, zurückgri�. Zufällig barst der neue Damm des Laichteiches infolge einesWolkenbruches schon nach dem Schlüpfen der Brut, und Dubisch setzte um Brut undLaicher zu retten, rasch entschlossen den Mönch des groÿen Teiches zu und bestauteihn. Die Aufzucht der Karpfenbrut war sehr erfolgreich.

Die Erklärung für den Erfolg liegt nun in der nach dem Zeitpunkt der Bespannungeines Teiches eintretenden Planktonsukzession, welche es ermöglicht, dass die Gröÿeder jeweiligen Nahrungsorganismen mit der Gröÿe der heranwachsenden Fischbrut ein-hergeht.

In Lehrbüchern für die Teichwirtschaft �ndet dieses Thema leider nur wenig Berück-sichtigung. Wenn jedoch über die Aufzucht von Fischbrut und Zooplankton berichtetwird, so wird dieses Thema zu stark vereinfacht, ja zum Teil sogar falsch dargestellt.

Im Rahmen von mehreren Forschungsprojekten konnten diesbezüglich wichtige Zusam-menhänge und Ergebnisse gewonnen werden. So konnte in einer Versuchsreihe zur Auf-zucht von Zanderbrut ausschlieÿlich mit der im Teich vorhandenen Naturnahrung ein-drucksvoll der Zusammenhang zwischen Bespannungsdauer, Nährsto�verhältnissen undZooplanktonentwicklung bestätigt werden.

Die in Abb. 8 dargestellte zeitliche Abfolge der Zooplanktonentwicklung, zeigt die Auf-einanderfolge der vier wesentlichen planktischen Nahrungsgruppen Ciliaten, Rotatori-en, Copepoden und Cladoceren. Deutlich ist zu erkennen dass der Schlüpftermin derZanderlarven mit dem Höhepunkt der Entwicklung der kleinsten Zooplankter zusam-menfällt und somit optimale Nahrungsbedingungen herrschten.

In der Abb. 9 sind die gleichen Ergebnisse, jedoch unterteilt in vier verschiedene Grö-ÿenklassen dargestellt. Damit soll noch deutlicher sichtbar gemacht werden, wie sehrdie Gröÿe der Nahrungsorganismen mit zunehmender Bespannungsdauer zunimmt.

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Abbildung 8: Abfolge der Zooplanktonentwicklung ab der Teichbespannung.

Abbildung 9: Entwicklung der unterschiedlichen Gröÿenklassen des Zooplanktons.

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Zusätzlich zu diesen enorm wichtigen Zusammenhängen spielen noch zwei ökologischeFaktoren eine entscheidende Rolle:

1. Die Herkunft des Zu�ussesDamit die vorhin beschriebenen Zusammenhänge und Entwicklungen eintretenkönnen, darf der Zulauf keinesfalls aus einem schon länger bespannten Teich, inwelchem groÿe Zooplanktonorganismen (Copepoden, Cladoceren) vorherrschen,stammen. Sollte wirklich keine Alternative möglich sein, so müsste man Vorkeh-rungen tre�en, die das Abfangen der groÿen Zooplankter gewährleisten. Dies könn-te etwa durch das Vorschalten eines Netzes mit entsprechender Maschenweite,welches von Zeit zu Zeit entleert werden müsste, geschehen.

Das Abtöten der groÿen Zooplankter mittels chemischer Präparate ist nicht mehrzeitgemäÿ. Die dafür notwendigen Chemikalien sind überdies verboten.

2. Die Nährsto�verhältnisse des Zu�usswassersGerade am Beginn der Planktonentwicklung in einem Gewässer spielen Faktoren,wie die Menge an abbaubarer organischer Substanz, oder die Menge an P�anzen-nährsto�en, für das mengenmäÿige Auftreten einzelner Organismengruppen eineentscheidende Rolle. So kann es z. B. sein, dass in einem Teich, welcher aus demVor�uter einer Kläranlage gespeist wird, besonders günstige Nahrungsverhältnis-se für gerade fressfähige Fischbrut anzutre�en sind. Auf der anderen Seite ist einnährsto�armer, unbelasteter (�sauberer�) Zu�uss für das Aufkommen geeigneterNahrungsorganismen ungünstig.

Damit in engem Zusammenhang muss auch das Problem der Abschätzung einer geeigne-ten Besatzdichte gesehen werden. Aus den Erfahrungen von Gesprächen mit Praktikerngehen diese oftmals von der Überlegung aus, dass die Überlebensrate mit der potentiellmöglichen Schlüpfrate der Eier bzw. Anzahl der besetzten Brütlinge parallel verlau-fe. Diese Annahme lässt aber auÿer Acht, dass sich bei steigender Fischdichte auchder Konkurrenzdruck um die geeignete Nahrung erhöht, und es deswegen zu schlech-ten Nahrungsbedingungen für die einzelnen Brütlinge kommen kann. Es muss auchbedacht werden, dass der zum Nahrungserwerb notwendige Energieaufwand bei nochsehr kleinen Fischen eine gewiss nicht zu unterschätzende Rolle spielt.

In kleinen Versuchsteichen konnte ein diesbezüglicher Zusammenhang bestätigt werden.Die Korrelation zwischen Individuendichte der Ciliaten in den ersten Tagen des Fress-reifwerdens und der Anzahl der abge�schten Zander war dabei gut abgesichert (Abb.10).

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Abbildung 10: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Dichte der Ciliaten und derMenge abge�schter Zanderbrut.

2.2 Bedeutung im Abwachsteich

Ist es schon im Brutteich oder Vorstreckteich für den Laien nur schwer vermittelbar, wiekomplex und variantenreich sich die Vorgänge im Teichplankton abspielen, so ist es wohlnoch um vieles schwieriger, im Abwachsteich, wo die Fische doch schon eine gewisseGröÿe erreicht haben, klar zu machen, dass die winzigen Planktonorganismen überErfolg oder Misserfolg der Teichbewirtschaftung wesentlich mitentscheiden. Sind für dieBrütlinge die allerkleinsten Zooplankter die begehrtesten Leckerbissen, so bevorzugenz.B. zwei- bis dreisömmrige Karpfen eindeutig die gröÿeren Cladoceren.

Die Tatsache, dass auch groÿe Karpfen Daphnienfresser sind, ist schon in Fachbüchernaus dem Ende des 19. Jahrhunderts zu lesen.

Aus einer Untersuchung im Jahre 1982 geht hervor, dass im Darm von Karpfen folgendeHöchstzahlen an Daphnia longispina gefunden werden können:

bei K1 1.500 Ind.bei K2 17.700 Ind.bei K3 26.800 Ind.

Ebenso ist schon seit langer Zeit wissenschaftlich bewiesen worden, dass der Fraÿdruckvon Fischen die Gröÿenzusammensetzung des Zooplanktons deutlich beein�ussen kann.So können bei einer entsprechenden Untersuchungsmethodik aus einer gröÿenbezogenenPlanktonanalyse, vorausgesetzt dass wichtige Bewirtschaftungsdaten zur Verfügung ste-hen, Rückschlüsse auf die Stückzahl der Fische und auf den Fraÿdruck gezogen werden.

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Man kann davon ausgehen, dass ein gewisser Bestand an groÿen Daphnien,wenn dieser über die gesamte Produktionsperiode vorhanden ist, eine derwesentlichen Voraussetzungen für eine ökologisch und ökonomisch erfolgrei-che Bewirtschaftung ist.

Um diesen Idealzustand zu erreichen, bedarf es sowohl enormer Kenntnisse über diekomplexen Zusammenhänge im Planktongefüge eines Teiches, als auch der Notwen-digkeit, Informationen über Bestandsdichte, Fütterung und weiterer Bewirtschaftungs-maÿnahmen damit zu verbinden und in die Tat umzusetzen. Dies bedeutet eine groÿeHerausforderung für die praxisorientierte wissenschaftliche Forschung und für die Pra-xis selbst. Fortschritte in dieser Richtung sind vor allem, was die praktische Umsetzungvon Forschungsergebnissen betri�t, kaum zu verzeichnen. Was mag die Ursache dafürsein?

1. Es gibt derzeit noch keine wirklich praxistaugliche Methodik, um die Menge undvor allem die qualitative und quantitative Zusammensetzung des Planktons ineinem zeitlich und �nanziell vertretbaren Ausmaÿ zu bestimmen. Ansätze dafür,bzw. Vorschläge, um diesbezüglich einen Schritt weiter zu kommen, scheitertenbisher am mangelnden Problembewusstsein der Praktiker. Ohne eine intensiveZusammenarbeit zwischen Praxis und Forschung kann es auf diesem Gebiet keineEntwicklung geben.

2. Es ist unabänderlich, um die gewünschten Ergebnisse zu erlangen, vor allem inArbeitszeit zu investieren. Es ist bis heute nicht gelungen und dies wird sich nichtso rasch ändern, ein technisches Gerät zur Erledigung der mühsamen Arbeit desPlanktonzählens zur Verfügung zu haben!

Grundvoraussetzung für eine ökologische Teichbewirtschaftung, bei welcher auf die Na-turnahrungsverhältnisse Bedacht genommen wird, ist die Quanti�zierbarkeit des fress-baren Anteils des Zooplanktons. Diesbezüglich kann auf einen sehr groÿen Datenpoolzurückgegri�en werden, welcher im Rahmen vieler in der Ökologischen Station durch-geführten Forschungsprojekte gesammelt wurde.

Man kann davon ausgehen, dass die Abundanz der Daphnien (Individuenpro Liter Teichwasser), welche eine Gröÿe über 1 mm haben, zur Abschät-zung der Entwicklung der Quantität der planktischen Naturnahrung in Ab-wachsteichen herangezogen werden kann (Abb. 11).

Diese �mittlere� Entwicklungskurve soll und kann nur als Bezugsgröÿe und als ein An-satz für eine Verbesserung der quantitativen Einschätzung der aktuell zur Verfügungstehenden planktischen Naturnahrung dienen. Dabei ist es aber auch unbedingt notwen-dig, auf die Bonität eines Teiches zu achten. Denn je nach Teichbonität ändert sich dasProduktionspotential eines Teiches, das heiÿt, dass unter der Voraussetzung eines funk-tionierenden Nahrungsnetzes (Nahrungskette) mit steigender Bonität eine Erhöhung

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Abbildung 11: Monatsmittelwert der Abundanz der Daphnien > 1 mm (n=1.029). Dar-aus kann geschlossen werden, dass zur Abschätzung der Entwicklung dervorhandenen planktischen Naturnahrung die Abundanz der Cladoceren> 1 mm als Messgröÿe herangezogen werden kann.

der Daphnienabundanzen einhergeht. Dies gilt natürlich auch im entgegengesetztenFall. Bei niedriger Teichbonität ist mit einem entsprechend geringeren Daphnienent-wicklungspotential zu rechnen.

Weicht nun die Abundanz der Daphnien über längere Zeit hinweg (etwa 1 bis 2 Wochen)deutlich von der �Durchschnittskurve� ab, so sind folgende Fragen zu stellen.

• Entspricht die Kopfzahl der Fische der Teichbonität?

• Kam es zu einer unerwünschten Entwicklung von Neben�schen?

• Wird zu wenig oder zuviel gefüttert?

• Entspricht die Wahl der Futtermittel den physiologischen Bedürfnissen der Fi-sche?

• Wie ist die Bescha�enheit der Wasserqualität?

Die Bedeutung der Daphnien kann zusammenfassend anhand der folgendendrei Punkte zusammengefasst werden.

• Bei 30 Daphnien > 1mm/l und einem Besatz mit 600 K2/ha stehen jedem Karpfen500.000 Daphnien zur Verfügung.

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• Bei guten Umweltbedingungen erreicht eine Generation alle 10 Tage die Ge-schlechtsreife

• Unter der Annahme, dass eine Daphnie 15 Nachkommen hat, könnte eine Daphniein 2 Monaten 2 bis 3 MILLIARDEN Nachkommen produzieren.

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3 Wichtige Zusammenhänge im Nahrungsnetz desTeichplanktons

Um die komplexen Zusammenhänge innerhalb der Planktongemeinschaft (bakteriel-le, p�anzliche und tierische Komponenten), für den Praktiker in einer verständlichen,trotzdem aber grundsätzlich fachlich vertretbaren Form zusammenzufassen, muss dieBrücke zwischen Wissenschaft und Praxis überschritten werden. Das ist keine leichteAufgabe.

Eine einfache Darstellung, welche zwar grundsätzlich richtig ist, jedoch nicht die Kom-plexität der Zusammenhänge ausreichend berücksichtigt, soll die einzelnen Glieder derplanktischen Nahrungskette beschreiben (Abb. 12).

Es ist das Ziel jeder naturnahen Teichbewirtschaftung, durch optimale Nut-zung der natürlichen Ressourcen einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen.Dies ist aber nur dann möglich, wenn es dem Teichbewirtschafter gelingt,den Weg von den vorhandenen (oder durch Düngung zugefügten) Nährstof-fen bis zum Endprodukt Fisch über den Weg der Naturnahrung sinnvoll zunutzen.

In der Praxis kommt es leider oft vor, dass auf dem Weg von den Nährsto�en bis zumFisch verschlungene Irrwege und Umwege beschritten werden. Folgeerscheinungen wieSauersto�mangel, schlechte Wasserqualität, Algenblüten und damit zusammenhängendFischkrankheiten, sind die Folge.

Anhand der in Abb. 12 dargestellten Nahrungskette sollen mögliche Ursachen, welchezu den genannten unerwünschten Entwicklungen führen, diskutiert werden.

• Nährsto�e:Das Verhältnis von Phosphor (P), Sticksto� (N) und Kohlensto� (C) zueinan-der sollte im Verhältnis 1:16:106 stehen. Dieses Idealverhältnis ist in der Naturkaum anzutre�en. Sehr oft herrscht ein arges Missverhältnis zwischen der Zusam-mensetzung des Nährsalzgehaltes und den Ansprüchen der Sto�aufnahme (zumZweck des Wachstums und der Vermehrung). Nach demGesetz des Minimumsist jeweils der in der geringsten Menge vorhandene Nährsto� für die Produktionmaÿgeblich. In unseren Teichen gelangt im Laufe der Produktionsperiode oft derSticksto� ins Minimum, was u.a. eine Ursache für die Entwicklung von Blaualgensein kann. Schon aus dieser Tatsache heraus geht ganz klar hervor, dass durch ei-ne Düngung allein nicht notwendigerweise eine Produktionssteigerung zu erzielenist.

• Phytoplankton:Die p�anzliche Produktion in Form von mikroskopisch kleinen Algen soll als we-

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Abbildung 12: Nahrungskette: Nährsto�e - Phytoplankton- Zooplankton - Fische.

sentliche Nahrungsgrundlage für die Zooplanktontiere (Naturnahrung) zur Ver-fügung stehen. Aber nicht immer sind die jeweils vorhandenen Phytoplankter ineiner solchen Gröÿe vorhanden, dass sie von den Zooplanktern gefressen werdenkönnen. So gibt es fressbare und nicht fressbare Phytoplanktonarten. Dafür ver-antwortlich sind Konkurrenzverhalten, artspezi�sche Umweltansprüche oder dieFähigkeit zur Ausbildung von Schutzvorrichtungen gegen das Gefressenwerden.

• Zooplankton:Man kann nicht davon ausgehen, dass �das� Zooplankton als Einheit von denFischen gefressen wird. Unterschiedliche Gröÿen und verschiedene Arten der Ei-genbewegung innerhalb der Crustaceen machen die einzelnen Zooplanktonartenzu einmal mehr und einmal weniger attraktiven Nahrungsorganismen.

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• Fische:Als Endglied in der Nahrungskette übt der Fischbestand und der durch ihn ent-stehende Fischfraÿdruck den bestimmenden Ein�uss auf die darunter liegendentrophischen Ebenen aus. Die Anzahl der Fische, die Fischgröÿen und die verschie-denen Nahrungspräferenzen beein�ussen die Bestandteile der Nahrungskette inunterschiedlichster Weise und lenken somit den Energie�uss.

Was versteht man unter einer �trophischen Ebene�? Das ist die Gesamtheitder Organismen mit gleicher Position in der Nahrungskette.

Die Beziehungen der Organismen (p�anzliche und tierische) im freien Wasser unter-einander verlaufen in der Realität kaum geradlinig in eine einzige Richtung, sondernbilden Umwege, Schleifen und manchmal auch Irrwege. Deshalb ist es eher zutre�endvon Nahrungsnetzen zu sprechen. Jeder Transferschritt in der Nahrungskettebedeutet Energieverlust.

Abb. 13 zeigt ein stark vereinfachtes planktisches Nahrungsnetzes.

Abbildung 13: Planktisches Nahrungsnetz (Nach Sommer, 1994).

Entwickeln sich anstatt gut fressbarer Algen etwa Blaualgenkolonien oder Panzer�agel-laten (Ceratium), so handelt es sich vom Blickwinkel der Nahrungskette um nicht nutz-bare Ebenen, welche nach ihrem Tod als Ausgangspunkt für Detritusnahrungsketten

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dienen. Somit entstehen groÿe Energie- und Sto�verluste auf dem Weg der Nährsto�ezum Endprodukt Fisch.

Je kürzer die Nahrungskette desto geringer sind auch die Sto�- und Energieverluste.

Aus wissenschaftlichen Untersuchungen geht ganz eindeutig hervor, dass inGewässern mit einem angemessenen Daphnienbestand das Wachstum vonplanktonfressenden Fischen besser ist.

3.1 Die wichtige Rolle der Daphnien im Nahrungsnetz

Daphnien sind sogenannte Schlusssteinarten. Sie heiÿen deshalb so, weil sie aufgrundihres weitreichenden Ein�usses eine Schlüsselposition im Nahrungsnetz besitzen. Dar-aus kann man auch schlieÿen, dass ihr Vorhandensein oder ihr Fehlen weitreichendeKonsequenzen auch im Hinblick auf die Bescha�enheit der Wasserqualität nach sichzieht. Folgende Eigenschaften machen Daphnien besonders wettbewerbsfähig:

• Gute Filtrierer

• Wachsen auch bei niedrigen Futterkonzentrationen

• Gedeihen auch bei relativ niedrigen O2-Konzentrationen

Im Zusammenhang mit der Teichbewirtschaftung sind unter der Voraussetzung, dassder Daphnienbestand optimal ist, folgende positive Auswirkungen anzuführen:

• Vorhandensein von Naturnahrung mit hoher Qualität

• Optimierung der Nahrungskette

• Ankurbelung des Phosphor-Recyclings durch Bakterien-Grazing

• Gute Ausnutzung des Getreidefutters

• Stabilisierung der Wasserqualität

• Besseres Wachstum der Fische

• Positive Auswirkungen auf die Fischgesundheit

Die Bescha�enheit des Zooplanktons in qualitativer und quantitativer Hinsicht kann be-züglich der Nährsto�- und Bewirtschaftungsintensität wertvolle Informationen liefern.

Je höher das Nährsto�niveau desto eher kommt es zu einer Entkoppelungvon Primärproduktion und Höhe der Fischproduktion. Dies geht einher mitdem Fehlen der groÿen Plankton�ltrierer = Daphnien.

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4 Abstimmung der Fütterung auf die planktischeNaturnahrung

Dass die Zufütterung ganz allgemein auf die Menge der Naturnahrung abgestimmtwerden sollte, gilt als Grundweisheit der teichwirtschaftlichen Lehre. Auf die Frage,wie man in der Praxis diese Forderung erfüllen kann, gibt es eigentlich nur abstrakteAntworten. In der teichwirtschaftlichen Fachliteratur sucht man vergeblich nach praxi-stauglichen Ratschlägen.

Als Beispiel für die Untauglichkeit von Ratschlägen aus der Fachliteratur soll ein Auszugaus einem Lehrbuch eines ansonsten sehr kompetenten Autors angeführt werden. ImKapitel über die Beifütterung ist zu lesen:

�Bei der Bei- oder Zufütterung der Karpfen bleibt die Naturnahrung Grundlage derEiweiÿversorgung. Zur Streckung dieses Reservoirs werden kohlenhydrathaltige Fut-termittel (Getreide und Mais) und gegebenenfalls eiweiÿhaltigere Leguminosen (Lu-pine und Sojaschrot) verabreicht. Sobald die Karpfen die Beifuttermittel annehmen,soll gefüttert werden - das ist im allgemeinen bei einer Wassertemperatur um 15◦C;es wird solange weitergefüttert, wie Sauersto�verhältnisse, pH-Wert oderNH3-Konzentration3 es zulassen; schon ab Wassertemperaturen von 25◦C kann eszu Sauersto�mangelsituationen kommen.�

Die Bereitschaft, von traditionellen Fütterungsschemata und starren Meinungen abzu-gehen, ist eine Grundvoraussetzung, wenn man wirklich eine naturnahrungsabhängigeFütterung anstrebt. Füttert man starr mit zu Beginn der Bewirtschaftungsperiodefestgelegten Futterrationen, so wählt man damit eine Vorgangsweise, welche die ökolo-gischen Zusammenhänge und Entwicklungen im Gewässersystem nicht berücksichtigt.Fehlentwicklungen im Teichökosystem, welche dann in ungünstigen Messwerten für ver-schiedene Wasserqualitätsparameter festzustellen sind, folgen auf dem Fuÿe.

Wie bereits in Kapitel 3 beschrieben, können wir davon ausgehen, dass die Dichte dergröÿeren Daphnien als Parameter für die Menge der fressbaren Naturnahrung heran-gezogen werden kann. Mit welchen Methoden dann der Praktiker eine Abschätzungvornimmt, hängt im Wesentlichen von den jeweiligen Fachkenntnissen und der vorhan-denen Zeit ab.

Anhand der folgenden Beispiele soll das Vorgehen bei einer auf die Naturnahrung ab-gestimmte Zufütterung beschrieben werden.

3NH3 = Ammonium

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Abbildung 14: Versuchsteich E1, 2005

Abbildung 15: Versuchsteich E2, 2005

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Abbildung 16: Versuchsteich E3, 2005

Abbildung 17: Versuchsteich E4, 2005

Es wurde in all diesen Fällen versucht, mit einer �exibel gestalteten Fütterung sowohlwas die verabreichte Menge betri�t, als auch in der Wahl der Futtermittel, auf die je-

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weiligen Naturnahrungsverhältnisse zu reagieren. Die Futterquotienten lagen bei einemWert von 1 bzw. unter 1. Es ist in diesem Fall wichtig zu erwähnen, dass das Nährsto�-niveau aller vier Teiche als sehr niedrig einzustufen ist, deshalb war der Einsatz vonMischfutter als Alternative zu einer eventuellen Düngung eingeplant. Dass mit demEinsatz von Mischfutter der Phosphoreintrag in ein Gewässer erhöht wird, muss alsgegebene Tatsache hingenommen werden.

Es ist der Zweck und das Ziel jeder bedarfsorientierten Fütterung, den Naturnahrungs-bestand auf einem Niveau zu halten, bei welchem weder eine Übernutzung noch eineEntwicklung von Massenpopulationen statt�nden kann. Die Praxis zeigt leider allzuoft, dass dieses Ziel nur sehr schwer erreichbar ist. Als Beispiel soll im Folgenden dieFütterungsstrategie in vier Teichen, welche von den Mitarbeitern der Ökologischen Sta-tion Gebharts bewirtschaftet wurden, beschrieben und dargestellt werden.

E1 - 2005: (Abb. 14)Der Teich diente der Aufzucht von Nasenbrütlingen - die Überlebensrate war auÿeror-dentlich gut, was zu einem sehr hohen Fraÿdruck auf die Naturnahrung führte - dieDaphniendichte war durchwegs extrem niedrig - deshalb war der Einsatz von ausrei-chend Mischfutter notwendig.

E2 - 2005: (Abb. 15)Dies ist ein Beispiel für eine gut gelungene Abstimmung zwischen Naturnahrung undFütterung - das Niveau der Daphnien war bis in den September hinein optimal - abMitte Juli konnte daher nur mehr ausschlieÿlich Getreide gefüttert werden, wobei dieverabreichte Menge sogar reduziert wurde.

E3 - 2005: (Abb. 16)An diesem Beispiel fällt auf, dass ab Mitte August die Daphniendichte ständig ansteigt- es wurde jedoch die Futtermenge nicht reduziert, da man von einer höheren Stück-zahl von Fischen (einjährige Zander) ausging - wie sich nach der Ab�schung aller vierder hintereinanderliegenden Teiche herausstellte, wanderten aufgrund eines technischenGebrechens ein ziemlich groÿer Anteil der Zander in den E4 ab.

E4 - 2005: (Abb. 16)Da aus den vorhin erwähnten Gründen die Stückzahl der Fische wesentlich höher alserwartet war, entwickelte sich der Fraÿdruck auf die Naturnahrung so stark, dass abEnde August bis zur Ab�schung keine groÿen Daphnien mehr zu �nden waren.

Die erwähnten Beispiele zeigen sehr deutlich jene Schwierigkeiten, welche sich darausergeben, wenn man die vorhandene Fischdichte nicht richtig einschätzt.

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Trotz aller Probleme, die im Zusammenhang mit dem Bestreben, Natur-nahrung und Fütterung aufeinander abzustimmen, auftreten, sollte man imSinne einer wirklich naturnahen und gewässerschonenden Fischzucht diesenWeg immer anstreben. Auch wenn dabei gewisse Unsicherheiten und Fehl-einschätzungen unausweichlich sind, überwiegen doch die positiven Folgensowohl auf die Fischgesundheit als auch hinsichtlich der Wasserqualität.

4.1 Probenentnahme- und Ausarbeitung derZooplanktonproben

Um einen Einblick in die Zooplanktonentwicklung eines Teiches zu gewinnen, werdenmit Hilfe eines sog. Schindlerschöpfers 4 Wasserproben zu jeweils 5 Liter entnommen(Abb. 18). Bei kleinen Teichen werde diese Proben beim Mönch/Zapfen entnommen,bei gröÿeren Teichen an verschiedenen Stellen vom Boot aus. Die Proben werden dabeiimmer 0,5 m unter der Wasserober�äche gezogen.

Die insgesamt 20 Liter Wasserprobe werden durch ein Planktonnetz mit einer Maschen-weite von 100 µm �ltriert (Abb. 19). Die konzentrierten Planktonorganismen werdenmit etwas Wasser in ein Transportgefäÿ abgefüllt (Abb. 20) und mit einer kleinen MengeFormalin (4 %) �xiert (Abb. 21). Diese �xierte Planktonprobe ist über einen längerenZeitraum haltbar.

Im Labor wird vor der Auswertung der Proben das gesundheitsschädliche Formalinausgewaschen (Abb. 22). Alle Proben eines Teiches werden in ein Becherglas gewaschenund so gut vermischt (Abb. 23).

Aus dem Becherglas werden 5 ml Inhalt entnommen und in eine Petrieschale transferiert(Abb. 24). Mit Hilfe des Mikroskops (Abb. 25) werden die Planktonorganismen in derPetrischale (Abb.26). ausgezählt und mit dem Gesamtvolumen der Proben in Beziehunggesetzt.

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Abbildung 18: Mit einem Schindlerschöpfer werden die Wasserproben für die Zooplank-tonuntersuchung 0,5 m unter der Wasserober�äche entnommen.

Abbildung 19: Die Proben aus dem Schindlerschöpfer werden durch ein Planktonnetzmit 100 µm Maschenweite �ltriert.

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Abbildung 20: Die �lterierten Proben werden für den Transport und zur Aufbewahrungin kleine Gläser abgefüllt.

Abbildung 21: Mit etwas Formalin (4 %) werden die Proben �xiert und damit haltbargemacht.

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Abbildung 22: Vor der Untersuchung muss das gesundheitsschädliche Formalin ausge-waschen werden.

Abbildung 23: Die Proben aus einem Teich werden in einem Becherglas mit etwas Was-ser gesammelt und gemischt.

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Abbildung 24: Aus dem Becherglas werden 5 ml entnommen und auf eine Petrischaleübertragen.

Abbildung 25: Unter dem Mikroskop kann das Plankton in der Petrischale untersuchtund ausgezählt werden.

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Abbildung 26: Groÿe Daphnien unter dem Mikroskop.

Abbildung 27: Im Vergleich zu den Daphnien kleinere Bosminen unter dem Mikroskop.

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5 Anregungen und Vorschläge für die Praxis

Jeder Teichwirt muss über ein solides Fachwissen verfügen, will er dem Anspruch einerökologischen Teichaquakultur gerecht werden. Dies ist eine unabdingbare Grundvor-aussetzung. Die Umsetzung und Anwendung dieser Kenntnisse in die �gute fachlichePraxis� oder auch �ordnungsgemäÿe Teichbewirtschaftung� ist für den Teichbewirtschaf-ter eine groÿe Herausforderung. Die folgenden �Tipps für die Praxis� sollen dazu eineHilfe bieten.

5.1 Besatzplanung

Bonitätsabhängiger Fischbesatz setzt voraus, dass man über die Bescha�enheit derWasserqualität Bescheid weiÿ. Dies erreicht man durch Messung einiger wichtiger Was-serparameter. Säurebindungsvermögen, Gesamtphosphor und Ammonium sind für dieEinschätzung der gegebenen Teichbonität besonders wichtig. Die geographische Lagesowie die Bodenbescha�enheit sind selbstverständlich zu berücksichtigen. Bei neu er-richteten Teichen gibt diesbezüglich ein ohnehin erforderliches Fachgutachten Auskunft.Für eine allfällige aktuelle Beurteilung der Teichbonität können und sollen Fachberaterherangezogen werden.

Es muss auch daran gedacht werden, dass es im Laufe der Zeit in Abhängigkeit von derIntensität der Teichbewirtschaftung zu Änderungen bezüglich der Bodenbescha�en-heit kommen kann. Deswegen ist es ratsam, stets die Entwicklung des Teichbodens (Hö-he der Schlammschicht) zu beobachten. Bei stärkerer Bildung von Faulschlamm kannman bei der Ab�schung im Bereich der Fischgrube oft einen üblen Geruch feststellen.Dies kann bei jeder Bonitätsstufe auftreten. Dann ist Vorsicht angeraten! Entwederder Teich wird ohnehin für längere Zeit trockengelegt oder der Schlamm muss entferntwerden. Stellt man so einen Teich aufgrund von Wassermangel oder wirtschaftlicherÜberlegungen gleich wieder zu, kann es im Lauf der Zeit (vor allem in der Winterung)zu Sauersto�mangel und damit zusammenhängend zu Phosphorrücklösungen aus demSediment kommen. Ist der Teich noch dazu mit Eis bedeckt, kann eine bedrohlicheSituation entstehen, der man eventuell mithilfe einer künstlichen Belüftung begegnenkann.

Von einer ausschlieÿlichen Orientierung am Endgewicht bei der Ab�schung ist auf je-den Fall abzuraten. Berücksichtigt man nur den Karpfenbesatz und vernachlässigt manNeben�sche oder vielleicht sogar Futter�sche, kann es durch einen hohen Fraÿdruck zuNaturnahrungsmangel mit allen negativen Folgeerscheinungen kommen. Die Tatsache,dass Futter�sche verhältnismäÿig viel planktische Naturnahrung verbrauchen, wird lei-der viel zu oft nicht berücksichtigt. Daher ist es auch falsch, bei der Erstellung von

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Bewirtschaftungsrichtlinien und Besatzzahlbeschränkungen nur Karpfen und allenfallsSchleien zu berücksichtigen.

Es ist sehr empfehlenswert, den Abwachserfolg anhand von Probe�schungen (Wurf-netz!) während des Sommers zu überprüfen. Der Zusammenhang zwischen Stückzu-wachs und Fischdichte ist ein Grundprinzip.

Zum besseren Vergleich der Besatzmaÿnahmen und des �schereilichen Erfolges sollendie entsprechenden Zahlen immer auf einen Hektar bezogen werden, denn nur so könnenmehrere Teiche sinnvoll untereinander verglichen werden.

5.2 Steigerung der Naturnahrung

In Kenntnis der Wichtigkeit der Naturnahrung steht verständlicherweise immer eineFrage im Mittelpunkt. Wie kann die Naturnahrung im Teich gesteigert werden? EineAnlehnung an die landwirtschaftliche Bewirtschaftung, wo in gewissem Maÿe mehrDünger mehr Ernte bedeutet, verführt dazu, auch in Teichen durch Düngung mehrNaturnahrung zu erwarten.

In einem Gewässerökosystem ist es aber so, dass die Menge der Naturnahrung nichtgeradlinig von der Menge der P�anzennährsto�e abhängt, sondern von der E�ektivitätdes Nährsto��usses von der p�anzlichen Primärproduktion bis hin zum Fisch als End-produkt. Die Drehscheibe dabei bilden die Daphnien, weil sie einerseits die e�ektivstenPartikel�ltrierer und andererseits die Lieblingsnahrung der Karpfen sind.

DAHER: Die ständige Beobachtung der Daphnienpopulation im Teich ist eine unum-gängliche Voraussetzung für die Erhaltung eines optimalen Nährsto�transfers im Teich.Damit verbunden ist die �P�ege� des Daphnienbestandes durch bedarfsorientierte Zu-fütterung bzw. Ergänzungsfütterung.

P�ege der Naturnahrung, nicht Steigerung muss die Devise heissen!

Ökologische Sackgassen, das heiÿt eine Unterbrechung des Nährsto�transfers, sind zuvermeiden. Die Massenentwicklung von Algen, insbesondere von Fadenalgen oder ko-loniebildenden und somit für die Daphnien unfressbaren Blaualgen, sind sichere Kenn-zeichen eines Missverhältnisses. Sauersto�mangel, hohe pH-Werte etc. sind die Folge.Bei auftretenden Sauersto�problemen sollte sich der ökologisch wirtschaftende Teich-wirt über die Ursachen informieren, denn nur dann kann sinnvoll und nachhaltig eineProblemlösung gefunden werden.

Die rechtzeitige Kontaktierung von Fachberatern kann mithelfen, so manchen weitreichenden Schaden zu vermeiden.

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Eine Ausbringung von Düngemitteln soll niemals ohne vorhergehende Wasseranalysendurchgeführt werden. Anorganische Dünger sind heutzutage kaum notwendig. Zielfüh-render ist eine angemessene Gabe von organischem Feststo�dünger zur Unterstützungder tierischen Planktonproduktion. Die beim Abbau von Festdünger mitwirkenden Bak-terien stehen als Nahrungsgrundlage für höhere Stufen der Zooplanktonnahrungskettezur Verfügung. Auch eine positive Auswirkung auf den Kohlensäurehaushalt ist dadurchgegeben.

Eine vorsichtige Ergänzungsfütterung mit Fertigfutter, auch eine Mischung von Getreide-und Fertigfutter ist ratsam. Durch eine gezielte Fütterung welche auf den jeweiligenDaphnienbestand Rücksicht nimmt, kann über die ganze Produktionsperiode hinwegein gewisser Naturnahrungsbestand erhalten werden. Leider steht dies im Widerspruchzu Vorgaben in so manchen Bewirtschaftungs- und Förderrichtlinien, in welchen dieFütterung mit Fertigfutter nur zur Konditionssteigerung im Frühjahr und Herbst er-laubt wird.

Begleitende Kontrollen der Wasserqualität, zumindest des Sauersto�gehaltes, steigernden Erfolg.

Die genannten Maÿnahmen sollen mithelfen, sowohl eine Übernutzung alsauch eine Ausbeutung des Naturnahrungsbestandes zu vermeiden.

Es wurde versucht, die wichtigsten Regeln für eine ökologische Teichbewirtschaftung in10 Geboten (Seite 40) zusammenfassen. Jeder Teichwirt, der sich wirklich eine umwelt-schonende und naturnahe Teichbewirtschaftung zum Ziele setzt, sollte sie beherrschen.

Dass eine derartige Bewirtschaftungsweise zudem ökonomisch höchst sinnvoll ist, wurdevon Schlott & Schlott (2003) überzeugend dargelegt.

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5.3 10 Gebote für eine ökologische Teichbewirtschaftung

• Stimme stets Teichbonität, Besatzdichte und Zufütterung aufeinanderab.

• Füttere nie nach einem starren Schema, sondern in Abhängigkeit vonder Naturnahrung und der Wasserqualität.

• Achte auf die Besatzzahlen - Je höher die Stückzahl der Fische, destohöher wird der Fraÿdruck auf die Naturnahrung.

• Beobachte die Entwicklung des Planktons. Fehlen groÿe Filtrierer(Daphnien), ist die Nahrungskette unterbrochen und Nährsto�e wer-den vergeudet.

• Messe Sauersto�gehalt und pH-Wert stets zur gleichen Tageszeit (ambesten vormittags).

• Untersuche in regelmäÿigen Abständen den Fischbestand auf Parasi-ten - rechtzeitige Gegenmaÿnahmen erhöhen den Erfolg.

• Kontrolliere den Zuwachs - geringer Stückzuwachs deutet auf hoheStückzahlen hin.

• Vermeide die Entwicklung von Blaualgenblüten. Sie können schädlicheSto�e enthalten und den Geschmack der Fische beeinträchtigen.

• Fürchte dich nicht vor Fachberatern.

• Glaube nie, alles zu wissen.

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6 Zitierte und empfohlene Literatur

Kükenthal, W. & Renner, M. (1982). Leitfaden für das Zoologische Praktikum,18. Au�age. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, New York, 478 S.

Schlott, K. & Schlott, G. (2003). Synopse 2000 - Ergebnisse aus Wissenschaft undPraxis 1982 - 2000. Bundesministerium f. Bildung, Wissenschaft und Kultur (Hrsg), 94S. Als eBook verfügbar auf http://www.baw-oeko.at/cms/

Schönborn, W. (2003). Lehrbuch der Limnologie. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuch-handlung, Stuttgart, 588 S.

Sommer, U. (1994). Planktologie. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York,275 S.

Streble, H. & Krauter, D. (2006). Das Leben im Wassertropfen, 10. Au�age.Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart, 429 S.

Walter, E. (1899). Das Plankton und die praktisch verwendbaren Methoden derquantitativen Untersuchung der Fischnahrung. Verlag Neumann, Neudamm, 44 S.

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