Die Quellungsfrage bei der Herstellung galenischer Zubereitungen aus Drogen, zugleich ein Beitrag...

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Lang 115 des deutschen, in sehr langen Zwischenraumen sind die Apotheken nicht in der Lage, ein derartiges Unheil zu verhuten. Die neueren Arzneimittel gehen also unkontrolliert an den Verbraucher. Von groBerer Bedeutung scheint eine rasche Aufnahme solcher Arznei- mittel zu sein, die eine toxische Wirkung haben konnen und fur deren Abgabe eine Kontrolle der Dosierung von besonderer Wichtigkeit ist . Wir wollen in dieser Hinsicht an das Beispiel des Percains und Pantocains er- innern, deren Verwendung eine Reihe von Todesfiillen nach sich gezogen hat, die moglicherweise unterblieben wiiren, wenn durch Festsetzung von Hochst- gaben nach Aufnahme in das Arzneibuch eine Kontrolle der Dosierung stattgefunden hiitte. Es muB angestrebt werden, daB ein neu erschiene- nes Arzneimittel, sobald sein Gebrauch ein angemessener ist, seine Auf- nahme in das Arzneibuch findet, und dies ist nur in Form von Nachtragen moglich, die periodisch erfolgen sollten. DaB bei dieser Sachlage eine kartothek- artige Anordnung der Buchform des bisherigen Arzneibuches vorzuziehen ist, liegt auf der Hand, ebenso, daB fur diese MaBnahmen eine s t a n d i g e Arznei- buchkommission die Voraussetzung ist. 1069. Walter Lang Die Quellungsfrage bei der Herstellung galenischer Zubereitungen aus Drogen, zugleich ein Beitrag zur Loslichkeit adsorptiv ge- bundener Stoffe (Mitteilmg aus dem Laboratorium der Stadt. Katharinenhospital-Apotheke, Stuttgart, Apothekendirektor Prof. Dr. H. Kaiser) (Eingegangen am 5. September 1949) Bei den in der pharmazeutischen Literatur veroffentlichten Arbeiten zur Tinkturen- und Extraktbereitung stand die rein apparative und technische Seite in den letzten Jahren stark im Vordergrund des Interesses. Das Ziel war es, durch apparative Verbesserungen die Extraktionen der Drogen so weit zu treiben, daB moglichst alle in dem betreffenden Menstruum loslichen Stoffe der Droge in der fertigen Zubereitung enthalten sind. So entstanden z. B. die modernen Diakolations- und Evakolationsverfahren. Werden nun aber diese rein technischen. Momente auBer acht gelassen, so ergeben sich beim Vergleich der verschiedenen Vorscbriften immer noch erhebliche Unterschiede, die vor allem in der unterschiedlichen Konzentration des als Losungsmittel meist verwendeten Alkohols liegen. Da13 die Alkoholkonzentrat,ion tatsiichlich von erheblichem EinfIuBaufdieAusbeute an Extrakt- und damit an Wirkstoffen ist, beweisen die zahlreichen in der Literatur angegebenen Analyeenresultatel). l) Rosenlhaler, Pharm. Helv. Acta, 149 (1941); Wojahn, Galenische Pharmazie. 1938; Uatirw, Handbuch der Galeniechen Pharmazie, 1936.

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des deutschen, in sehr langen Zwischenraumen sind die Apotheken nicht in der Lage, ein derartiges Unheil zu verhuten. Die neueren Arzneimittel gehen also unkontrolliert an den Verbraucher.

Von groBerer Bedeutung scheint eine rasche Aufnahme solcher Arznei- mittel zu sein, die eine toxische Wirkung haben konnen und fur deren Abgabe eine Kontrolle der Dosierung von besonderer Wichtigkeit ist . Wir wollen in dieser Hinsicht an das Beispiel des Percains und Pantocains er- innern, deren Verwendung eine Reihe von Todesfiillen nach sich gezogen hat, die moglicherweise unterblieben wiiren, wenn durch Festsetzung von Hochst- gaben nach Aufnahme in das Arzneibuch eine Kontrolle der Dosierung stattgefunden hiitte. Es muB angestrebt werden, daB ein neu erschiene- nes Arzneimittel, sobald sein Gebrauch ein angemessener ist, seine Auf- nahme in das Arzneibuch findet, und dies ist nur in Form von Nachtragen moglich, die periodisch erfolgen sollten. DaB bei dieser Sachlage eine kartothek- artige Anordnung der Buchform des bisherigen Arzneibuches vorzuziehen ist, liegt auf der Hand, ebenso, daB fur diese MaBnahmen eine s t and ige Arznei- buchkommission die Voraussetzung ist.

1069. Walter Lang

Die Quellungsfrage bei der Herstellung galenischer Zubereitungen aus Drogen, zugleich ein Beitrag zur Loslichkeit adsorptiv ge-

bundener Stoff e (Mitteilmg aus dem Laboratorium der Stadt. Katharinenhospital-Apotheke, Stuttgart,

Apothekendirektor Prof. Dr. H. Kaiser)

(Eingegangen am 5. September 1949)

Bei den in der pharmazeutischen Literatur veroffentlichten Arbeiten zur Tinkturen- und Extraktbereitung stand die rein apparative und technische Seite in den letzten Jahren stark im Vordergrund des Interesses. Das Ziel war es, durch apparative Verbesserungen die Extraktionen der Drogen so weit zu treiben, daB moglichst alle in dem betreffenden Menstruum loslichen Stoffe der Droge in der fertigen Zubereitung enthalten sind. So entstanden z. B. die modernen Diakolations- und Evakolationsverfahren. Werden nun aber diese rein technischen. Momente auBer acht gelassen, so ergeben sich beim Vergleich der verschiedenen Vorscbriften immer noch erhebliche Unterschiede, die vor allem in der unterschiedlichen Konzentration des als Losungsmittel meist verwendeten Alkohols liegen. Da13 die Alkoholkonzentrat,ion tatsiichlich von erheblichem EinfIuB aufdieAusbeute an Extrakt- und damit an Wirkstoffen ist, beweisen die zahlreichen in der Literatur angegebenen Analyeenresultatel).

l) Rosenlhaler, Pharm. Helv. Acta, 149 (1941); Wojahn, Galenische Pharmazie. 1938; Uatirw, Handbuch der Galeniechen Pharmazie, 1936.

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Eine Erkliirung dieser Tatsache findet sich in eineni kurzen Hinweii vori Wojahnz), der die erhohte Extraktausbeute bei niedrigerer Allioholkonzen- tration auf eine vollstandigere Quellung der Drogen in diesein Menstruuiti zuriickfuhrt. Das Ziel der nachfolgenden Untersuchungen war es, den EitifluO dieser Quellung auf die Extralitausbeute zu kliiiren, dariiber hinws wurde dits Losungsverrnogen der versehiedenen Alkoholkonzentrationen auf adsorptiv gebundene Stoffe untersucht.

Um den Vorgang bei der Drogenextraktion zu verstehen, ist es zunachst notwendig, den bei der Herstellung der Droge vor sich gehenden ProzeB kennenzulernen, dcnn bei der Herstellung der Zubereitungen gelangen mit wenigen Ausnahmen iinmer getrocknetc Arzneipflanzen als Drogen zur Verwendung. Der HerstellungsprozcO, d. h. das Trocknen der Drogen, bedeutet nicht allein den Verlust von Wasser, sondern verandert die Frisch- pflanze weitgehend und irreversibel.

Wojahn faBt diesen Vorgang wie folgt zusaminen : ,,Die Pflanzenzelle schrumpft zu- sammen; das Zellprotoplasma trocknet zu einer dunnen Schicht ein. Wahrend die I n - haltsstoffe im lebenden Protoplasma gelost sind, werden diese beim TrocknungsprozcD ausfallen. Die chemische Zusammensetzung erfahrt dabei oft eine Veranderung." Diese Erklarung ist allerdings nicht vollstlndig. In der lebenden Pflanze sind die uns in- teressierenden Inhaltsstoffe wohl meist im Zellsaft der Vakuole gelost. Wird die Pflanzc getrocknet, so verliert sie zunachst ihr Transpirationswasser. Dieser Verlust ist primar noch ohne wesentlichen EinfluB auf das Leben der Zellen, kann aber deren Wirk- stoffgehalt schon stark verandern. Beim weiteren Trocknungsvorgang wird da's Quel- lungswasser abgegeben. Hierbei wird die Zelle abgetotet und damit der Protoplasma'- schlauch=durchlassig. Jetzt dringen die noch gelosten Inhaltsstoffe in den aus EiweiO- korpern bestehenden Protoplasten und in die Zellwandungen ein. Dabei entstehcn z. T. unlosliche EiweiOverbindungen oder die Inhaltsstoffe werdcn von den hochmole- kularen Pektinen der Zellwand adsorptiv gebunden. DaO sich daneben nnturlich nuch andere fermentativ bedingte Vorgange. abspielen (Freilauf der Fermente ohnc Bcgu- lierung durch das Leben), kann hier nicht erortert werden.

Vorbedingung bei der Extraktion der Droge ist es nun, moglichst den ursprunglichrn Quellungszustand wiedcrherzustellen, um dem Losungsmittel den Zutritt z u den einzelnen Zellen und durch die Zellwiindc sowie den toten Protoplasten hindurch zu ermoglichen. Der abgestorbene Protoplast bietet im Gegensatz zum lebenden semi- permeablen Plasmaschlauch hierbci kein Hindernis. Demnach ware Wasser das idcalc Quellungs- und Extraktionsmittel, d a durch seinen Verlust ja das Primhrstadium a u f - gehoben wurde. Wasser wird zu vielen Zubereitungsformen (Infuse, Dekokte, Mazcra. tionen sowie fur einzelne Extrakte) tatsachlich auch verwendet. Die universelle Ver- wendbarkeit desselben scheitert allerdings an der geringen Haltbarkeit der erhaltencn Zubereitungen. Zudem hat das reine Wasser noch viele andere Mangel, die es zu beruck- Eichtigen gilt: Durch das Wasser werden die auch in der totcn Pflanzenzelle noch groOtcri- trils intakten Fermente wieder zu neuer Tatigkeit gewcckt und konnen ohne die rrgu- lierende Tatigkeit durch das Leben yon unerwiinsehter Wirkung s u f die Inhaltsstoffc sein. Alkoholgehclt steigender Konzentration verhindert zwar die Ein- bzw. Auswirkung dieser Fermente, verhindert aber auch mehr und mehr das Quellen der Drogen, also drn Zutritt des Losungsmittels zur Zelle.

Es galt also zunachst, den EinfluB der Alkohollionzentration auf den Quellungsvorgang zu untersuchen. Diese Q~~elln~~gsversuche wurdeii na~ch der folgenden einfachen Methodik durchgefiihrt :

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Die lufttrockene Droge wurde in grob gepulverteiii Zustand in ein gradu- iertes Reagensglas gegeben und leicht festgedriickt. Das so erhalt'ene Drogen- volumen wurde als ursprungliches Volumen festgelegt ( Quellungsgrad 0). Darauf wurde das betreffende Menstruum hinzugegeben nnd nach 24stundigeni Stehen unter gelegentlichem Unischutteln die Zunahine des Drogenvoluniens 81s Quellungsgrad in des ursprunglichen Drogenvoluniens ausgedruckt. Die den Extraktgehaltsbestimmungen dienenden Mazerate wurden nach 7 Tagen, wobei taglich unigeschuttelt wurde, klar won der Droge abgegossen. Die Be- stimiiiung des Trockenestrakts erfolgte aus 2 g Tinktur.

Die nachstehenden Quellungsversuche, die als Modellversuche durchgefuhrt wurden, veranschaulichen deutlich den EinfluS der Alkoholkonzentration auf den Quellungsgrad :

1. Quellungsgrad von Oclatinr h i Alkohol stcigcndcr Konzentration (als Beispiel fur EiweiWsubstanzen) :

1,5 g grob gepulvertc Uclatine wurdrii init jc 1.5 ccm Menstruum angesctzt. Das roil der Gelatine eingcnommene urqxungliclie Volumen betrug 2,5 ccm. Die abgelesenen &uc?llungsgrade waren:

Alkoliol 967; Qucllungsgrad: l(J'Ji, ., 909; 75 76 ,, soyo 130u,(, MQ

lsoy, % 3 , 70% 7 , 60% ,, 507; 275'::, $3 400 ,, 40% I , 435% k ,, .SO% .) 500y, 3 7 , 20% 560 @,,; a 211

200 7{,

, 9 , 107; 7 , Y', 9 , 0:4, 750:;;,

(alles erstarrt)

T a b e l l r 1.

Alkohol BG:, Qucllungsgrad: 0% ,, 80:; 1 ' 0

560' ,, GOf:, 80-84r ,, 40::, 2720; (dic Celatine ist von eincr dicken Schbim-

., 20:; (660';,;) alles erstarrt schicht bedeckt)

I, 07; , t (6600;) alles erstarrt

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ubertragt inan nun diese Versuche auf Drogen, so ergeben sich weitgehend ahnliche Verhiiltnisse, wenn die extremen Bedingungen, wie sie sich bei Gelatine und Agar zeigen, auch nirgends erreicht werden. Dies ist versthdlich, da nur ein geringer Teil der Zellsubstanz aus Eiweiostoffen oder Pektinen besteht. Hier zeigt sich auch, daB ein groBer Teil der quellbaren Substanz aus in niederen Alkoholkonzentrationen kolloid loslichen Schleimsubstanzen besteht, die einen Drogenauszug triiben konnen und fur uns die Ablesung des Q-uel!ungsergebnisses erschweren. Zum Vergleich mit dem Quellungsergebnis wurden in den mit den verschiedenen Alkoholkonzentrationen erhaltenen Tinkturen Extraktgehaltsbestimrnungen sowie Bestimmungen des Gerbstoff- gehalts durchgefuhrt. Folgende Tabellen und Kurven geben die bei Cortex Quercus und Folia Uvae ursi gefundenen Werte wieder :

Menstruum

Tab. 3. C o r t e x Q u e r c u s : E x t r a h i e r t w u r d e n 1 , 5 g D r o g e i n 15 ccm Men- s t r u u m ( u r s p r u n g l i c h e s D r o g e n v o l u m e n 2 c c m )

Qu$!:y Farbe und Durch- sichtjgkeit

C o r t . Q u e r c u s p u l v . 1 : 10

Trocken- rackst. der

Tinktur

schwach getriibt, dunkelbraun

schwachgetrubt, d u nkelbra u n

getrubt, dunkel- braun

klar, dunkel braun

1 , ,, , f

,t

9 ,

7,

l,2S%

1,15?{)

0,85%

,

1947%

1,4404

~

Derbstoff- Zehalt der Tinktur

B einerkungen

uber der Tinktur wenig helle Schleimschicht ( 0 , 1 4 , 2 ) ccrn

uber der Tinktur wenig helle Schleimschicht (0,l-0,2) ccm

uber der Tinktur wenig helle Schleimschicht (0,l-0,2) ccm

helle Schleimschicht (0,2-0,3) ccm

helle Schleimschicht (0,2-0,3) ccm

Schleimschicht i n Extr. iibergehend

Fig. 2 gibt diese Werte graphisch wieder:

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Die Quellungsfrage bei der Herstelluny galenischer Zubereitungen aus Drogen 119

--1 ,/---- ‘\

4’ , >- ,/

/ ...... ........

......... .....*..I - Que/unppd (Iun -ZU%) --- Tmhemxt!f 15crn- I %I ...... 6en5~io@ba/f I5cm = I %I

Fig. 2 Fig. 3

Tab. 4. Fol. Uvae urs i : E s wurden ebenfalls 1,5 g Droge in 16 ccm Menstruum ext rah ier t . Das urspriingliche Trockenvolumen be t rug hier

2 , 5 ccm F o l . U v a e u r s i : 1 : l O

Trocken- Gerbstoff- Riickst. der gehalt der

Tinktur Tinktur Menstruum Qllellungs- Farbe und Durch- 1 grad sichtigkeit

0% 4% 8%

20% 24% 28 % 36%

56% 60 % 52%

6 2 %

klar, olivgriin klar, olivbraungriin klar, braungriin schwach getriibt fast klar, braungelb fast klar, braungelb getriibt stark getriibt stark getriibt getriibt klar, braungelb

3 Diese Werte sind in der Fig. 3

Dasselbe Verhalten zeigt auch R a d i x P r i m u l a e nach den Zahlen von .Getan$). Sie sind in der Fig. 4

Aus diesen Befunden ist klar er- sichtlich, daD bei allen untersuchten Drogen das Maximum an Extrakt- stoffen mit einem Menstruum der Alkoholkonzentration von etwa 40 bis 50°/, erhalten wird, ein Ergebnis, das sich mit den Angaben derverschie-

gaphisch verwertet. %

2

wiedergegeben : z 9 @

I

a 20 ca I 8 8 % A L W f - KonrcnffrWl

8 , DZA. 1933, Nr. 24. Fig. 4

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denen Verfasser (s. 0.1 dcckt. Dieses Verhalten scheint nun in cincm gcwisscn Widcrspruch niit den gefundenen Quellungswerten zu stehcn, denn wenn fur die Drogrnextraktion nur der Quellungsgrad verantwortlich ware, miinten die im wanrigen Extrakt erhaltenen Trockenextraktwerte am hochsten liegen. Es mussen bei der Extraktion daher auch noch andere Vorgange mitspielen. Die Angabe von Schrader4), nach der Alkohol von 42 VO~.~, : am hochsten viskos u n d demnach zur Drogenextraktion am bcstcn gceignct ware, schien zur Erkllrung dieser Tatsache allein nicht zu genugcn. Es lag nahe, an- aunehmen, daO die beim Trocknen der Pflanzen sich bildenden adsorptiven Bindungen die Ursache fur dieses Verhalten sein lronnten. Folgcnde Modellversuche erhlrtctcii diese Anschauung:

1. V e r h a l t e n v o n A l k a l o i d - T a n n i d e n

Wird dic Losung cines wasserloslichen Alkaloidsalzes mit einer wlflrigcn Taniiin- losung zusammengegeben, so fallt schwerlosliches Alka,loid-Tannid aus. Bci Zugabe von Alkoliol geht dieses Alkaloid-Tannid wieder in Losung.

2. V e r s u c h m i t G e l a t i n e - T a n n i n

Durch Fallen einer Gelatine-Losung mit TandinlGsung wird wa.sserunlodichcs Tanninalbumin. hergestellt. Wird nun die wiiIjrige Aufschwemmung dieser Verbindung in Alkohol versetzt, so zeigt sie folgendes Verhalten: Bei einer Allroholkonzentration von etwa 30°/0 hat sich alles Tanninalbumin geliist u n d cs ist nur noch eine schwache Opaleszens zu bemerken. Bei einer Konzentration von etwa 50-60°/, Alkohol beginnt sich die Losung erneut zu triibcn, wahrscheinlich durch Ausscheidung der in Alkohol hijherer Konzentration unloslichen Gelatine.

3. E x t r a k t i o n y o n T a n n a l b i n , ,Knoll" m i t v e r s c h i c d e n - p r o z e n t i g e m A l k o h o l

Eine Tablette von 0,5 g Tannalbin ,,ZCnoZZ" wurde in 11 gleiche Teile geteilt rind jeder Teil mit je 100 ccm Losungsmittel angcschuttelt. Die Bestimmung des Tannins in den Extrakten hatte folgendes Ergebnis:

Alk. absol. 0,s nigl(, Alk. do:", 20 mg:; ,. 90% 8,7 mg% ,, 300; 18,4 mgyi ,, 807; 13,7 mg?:, ,, 200,: 15,4 mg% ., 707.(, 18 mgy, ,, 10% 15,6 mgO/;, ,, 60% 18,4 mg% Wasser 14,6 mg% ,, BOY:, 20 mg(;/,

Es zeigt sich also auch hier, daB bei eincr Alkoholkonzentration von 40 11is 507;

Auch die Werte der praktisch das gesamte Tannin aus der Adsorptionsverbindung herausgelost wird.

4. E x t r a k t i o n v o n M e t h y 1 e n 11 1 a u - Ag a r

crgeben weitgehend lhnliche Verhlltnisse : J e 1 g eines in einer Methylenblaulosung gec]uollencn und ansclllieDend mit Wassnr

ausgewaschenen und getrockneten Agars wurde mit Alkohol verschiedcncr Iionzcntra- tion extrahiert. Gemessen wurde die Methylenblaukonzcntration dcr erhaltencn Extrakte:

Alk. absol. nicht menbar Alk. 45:; 2,s mg9; ,, 90% 1,5 mg% ,, 350: 178 mg";; ,, 70:,;. 4,L mgyb Wasscr nicht menbar ,, 60% 4,0 mg?,

'1 Pharm. Zt,g. 1933, 1159.

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Die Q&ellungsfrage.bei der Herstellung galenischer Zuberei tmgen ail3 I)rogen 181

Hier liegt die ergiebigste Extraktion bei derverwendung von 60- bis 70 %igeni A41kohol. Der Unterschied in den Maxima bei der Extraktion von Tannalbin und von Methylenblau-Agar erliliirt sich durch das unterschiedliche Verhalten der Quellung von Gelatine und Agar, das aus den Quellungsversuchen mit diesen Stoffen eraichtlich ist. Wahrend die Gelatinequellung bei einer Konzen- tratioh von iiber 60% Alkohol praktisch nicht mehr moglich ist, quillt Agar in Konzentrationen bis zu 80% immer noch erheblich.

Die Ergebnisse dieser Modellversuche zur Quellung und zur Losung adsorp- tiver Bindungen ermoglichen eine Deutung der bei der Extraktion einer Droge sich abspielenden Vorgiinge. Als erstes ist die Bedeutung der Quellung fur die Drogenextraktion klar zu erkennen. J e starker die Droge quillt, desto groBer wird bis zu einem gewissen Grade die Extralrtausbeute. Wenn der Quellungs- grad so gering ivird, daB von einer nennenswerten Quellung nicht mehr ge- sprochen werden kann, unterbleibt auch eine Losung von Extraktstoffen. Die Iiurve fd l t also nach den fur Agar und Gelatine erinittelten Quellungs- werten. Bndererseits losen sich die adsorptiv an die hochrnolekularen Pektin- und EiweiBstoffe gebundenen Inhaltsbestandteile um so besser, je hoher- prozentig der zur Extraktion verwendete Alkohol ist. Diese letzte Tatsache ergibt sich zwar aus den von uns erhaltenen Werten bei Tannalbin und Methylen- blau-Agar nicht so eindeutig, da auch liier die Quellung eine Rolle spielt, sie ist aber aus der Tatsache der Elution der chrornatographischen Adsorptions- analyse hinlanglich bekannt, so daB eine weitere Erhartung uberfliissig erschien.

Demnach ist der Extraktionsvorgang bei einer Droge abhengig : 1. Von dem Quellungsvermogen dieser Droge im Extraktionsmenstruuni .

E.r sinkt mit steigender Alkoholkokentration. 2. Vom Liisungsvermogen des Menstruums fur adsorptiv gebundene Stoffe.

Es nimmt mit steigender Alkoholkonzentration zu. Es wird sich also eine Droge urn so besser extrahieren lassen, je mehr die

Alkoholkonzentration des Menstruums sich dem Schnittpunkt dieser beiden Kurven nahert. Die optimale Extraktausbeute wiirde man bei gleichmafiigem Verlauf beider Kurven mit 50 Vol. xigem Alkohol erhalten. Tatsachlich ver- laufen diese Kurven aber nun nicht gleichmaBig, so daO die optimale Konzen- tration des Menstruums in jedem Fall gesondert bestimmt werden muB. AuBer- dem ist zu bedenken, welche Inhaltsstoffe extrahiert werden sollen, denn schleimige Substamen kolloider Natur sind nur durch Wasser oder gering- prozentigen Alkohol in Losung iiberfuhrbar (siehe oben bei Folia Uvae ursi). Diese Schleimstoffe geben dann Anlal3 zu Triibungen der fertigen Ausziige. Sollten niedere Alkoholkonzentrationen zur Extraktion einer Droge einmal unerlaI3lich sein, so ist eine nachtriigliche Erhohung des Alkoholgehalts un- bedingt erforderlich. Unter Umstanden diirfte sich auch eine doppelte Maze- ration empfehlen, wobei das erste Mazerat niit niederer, das zweite mit hoherer Alkoholkonzentration vorgenommen werden miil3te. A d jeden Fall eroffnen die gewonnenen Erkenntnisse eine Anzahl von Problemen und technischen Moglichkeiten, die es in Zukunft zu erarbeiten gibt.