Die SWISSAIR im II. Weltkrieg Teil 1, Abbruch und … · aufgenommen mit Deutschland, Frankreich,...

7
1 Die SWISSAIR im II. Weltkrieg Teil 1, Abbruch und Aufbruch nach Süden Reinhard Stutz (Bearbeitet 2004) Ausbruch des II. Weltkrieges am 1. September 1939 Der schweizerische Luftverkehr bekam den zweiten Weltkrieg zu spüren, noch bevor er begonnen hatte. Am 27. August 1939 mussten die Linien nach London, Paris und Amsterdam eingestellt werden. Zwei Tage später wurden alle übrigen Auslandstrecken stillgelegt. Der Grund für die Stillegung der Strecken war ein Überflugverbot des Dritten Reiches, weil Hitler befürchtete man könnte ihm bei den letzten Kriegsvorbereitungen in die Karten sehen. Der Bundesrat beantwortete diese Massnahme durch ein Flugverbot über schweizerisches Gebiet (Beschluss vom 29. August 1940). Das Verbot galt nicht nur für die ausländischen Luftverkehrsgesellschaften, sondern auch für die SWISSAIR. Die Einstellung des Flugverkehrs im Inland folgte unmittelbar darauf. Der vollständige Flugunterbruch in Europa dauerte zwar nicht lange. Die anderen neutralen Staaten und die kriegsführen- den Staaten nahmen den Luft- verkehr bald wieder auf. In der zentral in Europa gelegenen Schweiz war dies zuerst nicht möglich. Sie war im Luft- verkehr mehr betroffen als irgendein anderes Land. Die Neutralitätspolitik und die militärische Verteidigungs- bereitschaft erlaubten es der Schweiz, sich einerseits aus dem Kriegsgeschehen heraus- zuhalten, anderseits war sie einer starken Isolierung aus- gesetzt. Luftpost Liniennetz, Sommer1939. (Jacots Orts-Lexikon1940)

Transcript of Die SWISSAIR im II. Weltkrieg Teil 1, Abbruch und … · aufgenommen mit Deutschland, Frankreich,...

1

Die SWISSAIR im II. Weltkrieg

Teil 1, Abbruch und Aufbruch nach Süden

Reinhard Stutz (Bearbeitet 2004)

Ausbruch des II. Weltkrieges am 1. September 1939

Der schweizerische Luftverkehr bekam den zweiten Weltkrieg zu spüren, noch bevor erbegonnen hatte. Am 27. August 1939 mussten die Linien nach London, Paris und Amsterdameingestellt werden. Zwei Tage später wurden alle übrigen Auslandstrecken stillgelegt. DerGrund für die Stillegung der Strecken war ein Überflugverbot des Dritten Reiches, weilHitler befürchtete man könnte ihm bei den letzten Kriegsvorbereitungen in die Karten sehen.

Der Bundesrat beantwortete diese Massnahme durch ein Flugverbot über schweizerischesGebiet (Beschluss vom 29. August 1940). Das Verbot galt nicht nur für die ausländischenLuftverkehrsgesellschaften, sondern auch für die SWISSAIR. Die Einstellung des

Flugverkehrs im Inland folgteunmittelbar darauf. Dervollständige Flugunterbruch inEuropa dauerte zwar nichtlange. Die anderen neutralenStaaten und die kriegsführen-den Staaten nahmen den Luft-verkehr bald wieder auf. In derzentral in Europa gelegenenSchweiz war dies zuerst nichtmöglich. Sie war im Luft-verkehr mehr betroffen alsirgendein anderes Land. DieNeutralitätspolitik und diemilitärische Verteidigungs-bereitschaft erlaubten es derSchweiz, sich einerseits ausdem Kriegsgeschehen heraus-zuhalten, anderseits war sieeiner starken Isolierung aus-gesetzt.

Luftpost Liniennetz, Sommer1939. (Jacots Orts-Lexikon1940)

2

Der Ablauf der letzten beiden Auslandsflüge de

Der letzte Nachtpostflug fand in der Nacht vom 2Ernst startete flugplanmässig um 23.25 Uhr mit dAuf dem Frankfurter Flughafen bemerkte die BesLondon und Köln. Niemand interessierte sichFlugleiter von Frankfurt empfahl den Schweizern eDie Postladung wurde von den Schweizern soPostwagen umgeladen für die der Flugleiter sRückkehr in die Schweiz erfolgte problemlos.

Aufregender war der SWISSAIR-Rückflug amDübendorf/Zürich. Der Hinflug erfolgte am 26. A27. August wurde die Besatzung mit der TatsaFrankreich und Deutschland gesperrt wordenBewilligung für den Rückflug in die Schweiz aus Bmaximal 500 Meter über Boden nach Berlin (TemBesatzung beobachtete in Berlin (Tempelhof) edeutschen Militärflugzeugen. Nach der BewiZwischenlandung in Halle/Leipzig und WeiterfluDübendorf vorerst verweigert. Bei Nachteinbruc„eigen Verantwortung“ - so der Stuttgarter FlugleiZürich (Dübendorf) ging der Pilot Von Tscharnerhielt er das militärische Aufgebot. Die Generalm1939.

Ankündigung der SWISSAIR vom 28. August1939 zur Einstellung des Luftverkehrs. U.a.

Unterschrift des kaufmännischen

r SWISSAIR Ende August 1939

5. auf den 26. August 1939 statt. Pilot Hanser DC-2 HB-ITO nach Frankfurt am Main.

atzung abgestellte Postflugzeuge für Berlin,für die Postladung aus der Schweiz. Derin unverzüglicher Rückflug in die Schweiz.

fort auf einen verwaisten, leer stehendenpäter die Postübernahme bestätigte. Die

28. August 1939 von Amsterdam nachugust. Vor dem planmässigen Rückflug amche konfrontiert, dass der Luftraum überwar. Am 28. August (Montag) traf dieerlin ein. Die DC-2 der SWISSAIR musstepelhof) geflogen werden. Die SWISSAIR-

ine grosse Ansammlung von tarnfarbenenlligung zum Start erfolgte eine kurzeg bis Stuttgart. Hier wurde der Start nachh konnte der Rückflug via Rheintal, auf

ter - erfolgen. Nach glücklicher Landung iner nach Hause und in der gleichen Nachtobilmachung erfolgte auf den 2. September

Direktors E. Groh. (Quelle: Muser)

Die SWISSAIR Verwaltung bemühte sich um eine Wiederaufnahme des Luftverkehrsnach europäischen Destinationen

Mehr als ein Rumpfbetrieb kam jedoch nicht mehr zu Stande. Ab September 1939 startete derVerwaltungsrat Anfragen an ausländische Partner. Kontakte und Verhandlungen wurdenaufgenommen mit Deutschland, Frankreich, Ungarn, England und Spanien. Italien war einSpezialfall.

Die SWISSAIR Douglas DC-2 HB-ISI wird inBasel im Lichte eines starken Platzscheinwerfers fürden Nachtpostflug nach Frankfurt beladen. (Muser)

„Luftpost bringt Zeitgewinn!“ Ausschnitt aus einemWerbefaltblatt (Sommer 1937). Ab Basel bestand der

Nachtluftpost-Zubringer (SWISSAIR) nach dem„Hub“-Frankfurt. ------- Nachtluftpostlinien

3

Die Vorbereitungen zu einem Flugbetrieb ab

Nach einem Briefwechsel zwischen der ALAwurden konkrete Pläne geschmiedet. Sie betrafe- Athen und Locarno - Spanien (Barcelona).

Postalischer Zusatzstempelanlässlich der Flugplatz-

Einweihung Locarno-MagadinoEnde Juni 1939.

28.11.1939, Luftpostbrief aus Spanien an SWISSAIRbis 20 Gramm + 1.45 PTS Luftpostzuschlag = to

LITTORIA), ab Rom mit der Bahn nach Lau

Locarno-Magadino begannen

LITTORIA S.A. in Rom und der SWISSAIRn die Strecken Locarno - (Mailand) - VenedigWeiter Besprechungen fanden im Dezember

Direktor E. Groh. Taxberechnung: 75 CTS für Brieftal 2.20 PTS. Leitweg: Barcelona-Rom (ALAsanne 2 (Auswechslungsstelle zur Schweiz).

1939 in Rom statt. Anfangs Februar 1940 wurde mit der Bereitstellung der Infrastruktur inLocarno-Magadino (Eröffnet im Juli 1939) begonnen. Der Bau des grossen Hangars standkurz vor der Vollendung. Mit Vertretern der Post wurde die Einrichtung eines Postbürosbesprochen, ebenfalls die Einführung eines Zubringerdienstes. Ende Februar 1940 wurde diegeplante Strecke Locarno - Griechenland jedoch aus kommerziellen Gründen fallen gelassen.Dafür wurde neu die Strecke Locarno - Rom im Direktflug geplant.

Locarno (Magadino) -Rom (Littorio) vom 18. März 1940 bis 24. Juni 1940

Die Linieneröffnung wurde im PTT-Amtsblatt (PTA) vom 14. März auf den 18. März 1940angekündigt. Eingesetzt wurden zwei Douglas-Flugzeuge (DC-2).Die postalischen Leitangaben folgten im Leitheft Nr. 4 vom 1. April 1940.Linie 202. Locarno - Rom (SWISSAIR):Werktäglich: 14.40 Locarno ab 17.10 Rom an

08.45 Rom ab 11.15 Locarno anDie Postzulieferung ab Sammelstelle Chiasso 2 erfolgte mit der Bahn bis Bellinzona, abBellinzona mit dem Auto zum Flugplatz Locarno-Magadino. Bedient wurden diePostleitgebiete Italien (Süden) und Länder über Linien ab Rom und Neapel. Anschlüsse andie Ala Littoria-Linien (AL): Rom - Saloniki, Rom - Addis Abeba, Rom - Basra, Neapel -Basra/Sydney (KLM). Wegen des Kriegseintrittes von Italien am 10. Juni 1940 war einFlugbetrieb ab 25. Juni 1940 nicht mehr möglich war.

Verlegung der Betriebsinfrastruktur nach dem Kanton Tessin

Aus Angst vor einem deutschen Einmarsch im Mai 1940 erfolgte eine vorübergehendeVerlegung der gesamten SWISSAIR-Verwaltung für wenige Tage in den Kanton Tessin.Schon ab 22. Mai 1940 arbeitete sie wieder in Zürich.Der technische Dienst wurde einige Monate in den Kanton Tessin verlegt. Seine Dislokationbegann am 14. Mai 1940, mit einem Zwischenhalt am Bielersee. Der vorgesehene StandortGenf wurde fallen gelassen. Ab 27. Mai 1940 richtete man sich in den Synthic-Werken inBodio ein. Ab 19. August 1940 wurde der technische Betrieb wieder in Dübendorfaufgenommen.

Goldtransporte zwischen Jugoslawien und Locarno

Auf dem Flugplatz Locarno war auch die Douglas DC-3 HB-IRO der SWISSAIR stationiert.Mit diesem Flugzeug wurden imMai und Juni 1940 einigeSonderflüge - zur Hauptsache Gold-transporte zwischen Sarajewo -Locarno und Locarno - Belgrad -durchgeführt. Es wurden auchPassagier befördert, mehrheitlichEmigranten, angeblich aber aucheinmal englische Offiziere.

18. März 1940. 14.40 UhrDie Douglas DC-2 HB-ISI rollt zum

Start zum Eröffnungsflugvon Locarno nach Rom. (Muser)

4

5

Locarno (Magadino) - Barcelona (Aeropuerto Muntadas) vom 1. April 1940 bis 10. Juni1940

Die Linieneröffnung wurde im PTA vom 26. März 1940 auf den 1. April 1940 angekündigt.(In Spanien war Nationalfeiertag). Eingesetzt wurde eine Douglas DC 3.Die postalischen Leitangaben folgten im Leitheft Nr. 4 vom 1. April 1940.Linie 201. Locarno - Barcelona (SWISSAIR):Werktäglich: 14.35 Locarno ab 18.00 Barcelona an

09.00 Barcelona ab 12.30 Locarno anDie Postzulieferung war die Gleiche wie für die Linie Locarno - Rom. Die Postleitgebietewurden mit Portugal und Spanien angegeben. Die Luftpost nach Nordamerika wurde nochüber Rom (per Bahn), Rom-Barcelona usw. geleitet. Im Leitheft vom 1. Mai 1940 erfolgtedie Ankündigung: Luftpost nach Nordamerika mit Locarno - Barcelona (jeden Mittwoch undFreitag).. Die Flugroute führte über Genua,Ventimiglia, Menton, Monte Carlo, Nizza, Cannes,Cabo de Créus, Barcelona. Eine Drei-Meilen-Zoneab der Küste war den Flugzeugen vorgeschrieben.

Bedingt durch den Kriegseintritt von Italien am 10.Juni 1940 wurde diese Linie am 11 Juni 1940wieder eingestellt.

Die direkte Flugverbindung Locarno-Barcelona machtees möglich: Luftpostsäcke für Portugal und USA. Nach

den USA ab 1.5.1940 möglich. (Muser)

Sonderluftpost Locarno - Rom, Erstflug vom 18. Mai 1940. Neben der ordentlichen Auslandstaxe (20 Rp.für Postkarten resp. Briefe 30 Rp.) betrug der Zuschlag für die Sonderluftpost 50 Rappen, wovon ein Teil

der Flugplatzverwaltung von Locarno als Tilgungskosten zukam.

WiederaufnahJanuar 1941 b

Eine WiederauErfolg. BereitsLeitheft Nr. 1 vWerktäglich:

Auf dem RückChiasso 2 blPostleitgebieteLaut Geschäftbefördert. Die7’236.40 Fr. To

Der VerwaltuMitvertrages m15. März 1941

Postaufgabe amCTS + EinschSWISSAR B

6

me des Flugbetriebes Locarno (Magadino) - Rom (Littorio) vom 2.is 14. Januar 1941

fnahme des Flugbetriebes auf dieser Strecke am 2. Januar 1941 hatte wenignach 14 Tagen wurde der Betrieb wieder eingestellt.om 1. Januar 1941:

09.00 Locarno 10.30 Mailand an10.45 Mailand ab 13.00 Rom an14.00 Rom ab 15.45 Locarno an

weg war ein Zwischenstopp in Mailand nicht nötig. Die Postzuleitung abieb die gleiche wie in der ersten Betriebsphase. Bedient wurden dieRom und Süditalien mit dem Vatikan, Anschlüsse an die Bahnposten ab Rom.sbericht der SWISSAIR wurde in dieser Zeit kein zahlender PassagierFrachteinnahmen betrugen 107.40 Fr., die Postentschädigung durch die PTTtal erfolgten sechs Flüge in jeder Richtung.

ngsrat der SWISSAIR beschloss am 6. März 1941 die Auflösung desit dem Flugplatzhalter in Locarno. Die Flugleitung der SWISSAIR wurde amendgültig aufgehoben.

17.4.1940 in Barcelona, Luftpost/Einschreiben bis 20 Gramm. Taxberechnung: Brief 75reiben 70 CTS + Luftpostzuschlag 1.45 PTS = Total 2.90 PTS. Die Leitung erfolgte via

arcelona-Locarno, am 18.4.1940 mit Abflug um 9.00 Uhr, Ankunft in Locarno um 12.30Uhr. Der Posteingang in Basel am gleichen Tag um 23 Uhr bestätigt.Zur Zustellung an den Empfänger am 19.4.1940 um 8 Uhr bestätigt.

Fortse

Quelle

7

tzung siehe Teil 2: „Aufbruch nach Norden bis zum unvermeidlichen Ende“.

n: PTT-Amtsblätter (PTA) PTT: Postverbindungen mit dem Ausland, Land- See- und Luftweg Luftpostlisten des Reichspost-Ministeriums (RPM) Berlin. SWISSAIR im Kampf und Aufstieg, Robert Fretz (1973) Die SWISSAIR 1939-1945. Der Überlebenskampf während des Zweiten Weltkrieges. EinBericht von Alfred Muser. Schück-Verlag, Adliswil 8134 (1996) (Bildquelle im Beitragbezeichnet „Muser“) Diverse Literatur II. Weltkrieg

Flugstreckennetz am 10. Dezember 1940, so die Vorstellungen der „SWISSAIR“-Verwaltung.

Die Weiterverwendung in Fachzeitschriften etc. ist gestattet unter folgenden Bedingungen:

Unveränderte Wiedergabe mit Quellenangabe. Belegsexemplar an Verlag Post und Geschichte GmbH.

Anmerkungen und Ergänzungen erwünscht, falls notwendig am Schluss anfügen mit neuenQuellenangaben und Angabe der bearbeitenden Person.

Post und Geschichte GmbH, Verlag und Handelsgesellschaft

Christian Geissmann, Postfach 56, CH 5612 Villmergen (Schweiz)

www.post-und-geschichte.ch E-Mail: [email protected]