Die Virulenzabschwächung der Tuberkelbakterien unter INH-Behandlung und die Bedeutung solcher...

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186 GERTRUD 1V[EISSNER:

RUBBO, S.D., J. EDGAR, J. CYMERMAI~-CRAIG, G. N. VAUGHAN, and D. WILLIS: Nature (Lond.) 177, 480 (1956). - - UNoEIr ~I.: Z. inn. Med. 10, 162--170 (1955). - - U~V~RRICHT, W., K. SCHATTMANI~T U. W. BTEDERMANN: ]~rztl. Wschr. 9, 175---176 (1954).- VAZDA, M., U. T. N60RXDI: Experientia 10, 373--374 (1954). - - W~cz~L, M.: Naturwiss. 42, 370--371, 424 (1955). - - ZA~BO~I, V., e A. D~,F~ANCESCHI: Arch. Tisiol. 10, 184--195 (1955). - - ZA~BONI, V., e E. FACHINELLI: Giorn. Ital. Chemioter. 1, 638--642 (1954). - - ZATMA~;, L. J., N. O. KAPLA~, S. P. COLOWICK, and MAROARET M. CIOTTI: J. Biol. Chem. 299, 453--466, 467--484 (1954).

GERTRUD MEISSNER-Borste|: Die Virulenzabschw~ichung der Tuberkelbakterien unter INH.Behandlung und die Bedeutung solcher StKmme ~iir die Tuberkulose des Mensehen. Mit 6 Textabbildungen

Die Wirkung des INI-I auf die Tb-Bakterien kann in zweifacher I~ichtung erfolgen:

1. Es kommt zu einer direkten Einwirkung, die in der Anlagerung bzw. Auf- nahme des I N H in das Innere des Bacteriums besteht. Dies ffihrt zu einem Ver- mehrungsstop der Bakterien. Die dutch einfaehe Anlagerung bedingte Sch/~di- gung der Bakterien ist nach Untersuchungen yon KOcE-WEs~R mit markiertem Chemotherapeuticum in vitro reversibel, wobei die S/iurefestigkeit der Bakterien erhalten bleibt. Die Aufnahme in das Innere aber ffihrt in vitro zur irreversiblen Sch/idigung, sie ist mit dem Verlust der S/~urefestigkeit verbunden.

In vivo treten ~hnliche Vorg/inge auf, wobei uns die Vermehrungshemmung der Bakterien am Auftreten der Kulturversager gel/iufig ist, w/ihrend uns die mit dem Verlust tier S//urefestigkeit der Bakterien einhergehenden irreversiblen Sch/~digungen mikroskopisch im allgemeinen nicht zur Kenntnis gelangen. - - Ob bzw. wann die Sch/idigung der in ihrer Vermehrung gehemmten Bakterien bei Fortsetzung der INH-Behandlung schliefllich auch in vivo irreversibel wird und zum echten Bakterientod fiihrt oder ob eine endgfiltige Abt6tung nur m6glich ist durch die dem Makroorganismus zur Verfiigung stehenden Abwehrkr//fte, ist zur Zeit noch nicht entscheidbar.

2. Auf Grund der Selektionswirkung des INH kommt es zum Auftreten sensi- bilit/~tsgeminderter Keime. Solche selektionierten Keime sind dutch das Fehlen bestimmter Eigensehaften prim/ir in ihrer Lebensf/ihigkeit gesch//digt. Am aus- gesprochensten und h/iufigsten sind solche Sch/idigungen bei St/~mmen, die fiir hohe INI-I-Konzentrationen resistent sind.

Die Schiidigumyen betre/fen das Wachstum der Tb-Bakterien au] ki~nstlichen NiihrbSden, sie kSnnen zum Auftreten yon dysgonen, zarten, farblosen Kolonien fiihren, die _;i~hnlichkeit mit dem Typus bovinus haben. Mit dieser ~nderung des Wachstumstyps ist hKufig eine SchKdigung des SKurebildungsvermSgens ver- bunden, so da[3 es auf dem Bromkresolpurpur-Niihrboden yon WAGEN]~I~-MIT- SCHERLmH nicht oder nur verspiitet oder unvollkommen zum Farbumschlag kommt. - - Dazu kommt nach K~EBS eine hShere Empfindlichkeit ffir Glycerin, nach B6NICKE eine solche ffir I-I202, nach eigenen Untersuchungen ein schnelleres Absterben in Einzelkolonien und nach HERRMA~ eine Sch~digung der Tuber- kulinbildung in vitro. In vivo haben wit diese Sch//digung nicht beobachtet.

Die SchSdigungen der dutch INH selektionierten Bakterien betre]]en weiter Fermentreaktionen, als deren wichtigste die Inaktivierung der Katalase anzusehen

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ist, ein Befund, den erstmalig M3DDLEBROOK und Mit~rbeiter erhoben haben. Ihr Zusammenhang mit der l~esistenz ffir INH ist eindrucksvoll. In Zusammenarbeit mit B(SNICKE haben wir in qualitativen Katal~se-Bestimmungen an fiber 2000 St~mmen eine enge Korrelation zwischen der HShe der INH-Resistenz und der Katalase-Inaktivierung naehgewiesen (s. Abb. 1). - - Und bei qu~ntitativer Be- stimmung im Warburg er- gab sich darfiberhinaus eine weitere Korrelation zwi- schen der HShe der II~H- Resistenz und derH6he der Katalase-Inaktivit/~t.

Die praktisch bedeu- ~ungsvollste Ver/~nderung aber,die die unter der INH- Behandlung der Paiienten selektionierten St//mme ge- genfiber sensiblen ~ufwei- sen, ist die Schddigung ihrer Virulenz /iir das Meer- schweinchen bei subeutaner Infektion.

An ~usgew/ihlten St/im- men, die yon Pat ienten unter INH-Behandlung ge- zfiehtet wurden, 1//Bt sieh zeigen, dab eine enge Kor- relation zwischen Virulenz- sch/~digung der l%einkul- turen und der HShe ihrer INtt-Resistenz besteht, aHerdings unter der strik- ten Voraussetzung, dab die St/s total resistent ffir die jeweilige INH-Konzen- trat ion sind (s. Abb. 2). - - 1Viii zunehmender Resi- stenzhShe nimmt die Zahl

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A b b . 1. K a t a l a s e - I n a k t i v i e r u n g a n P o p u l a t i o n e n , die au f I N H - h a l t i g e n Nf~hrbfden gewachsen s tud, bei kata laseposi t iverL l~:ontrollon (ObJek t t r~ge rme thodc ) . (879 sens ib i l i t l t t sgemindcr te l ind 1299 sensible S t~mme) . �9 K a t a l a s e laositiv; [ ] K a t a l a s e

n c g a t i v ; �9 Zah l der u n t c r s u c h t e n StLtmme

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sens~?o/ sensibe/ seosibe! res/s/e~ res/x'ent ~sis~n~ vo/" w~hm_.nd nachBeh, f. 0,7 7 f. 7,0~ f. lo, o~

Abb. 2. Sens ib i l l t&tsminderung undVi ru le r rzsehf td lgung v o n T b c - R e i n k u l t u r e n a n Mee r schwc inchen n a c h I N H - B c h a n d l u n g d e r P a t i e n t e a (672 S t a m m e ) , �9 v i r u l e n t ; [ ] vi rulenzgesehi~dlgt ;

�9 Zah l d c r u n t e r s u c h t e n K u l t u r c n

der virulenzgesch/idigten St/imme zu. Bei totaler l~esistenz fiir 10 7 I1NTtt sind so gut wie alle St/imme virulenzgeschiidigt. Alle sensiblen St/imme, die vor chemotherapeutischer Behandlung isoliert wurden, sind praktisch virulent. Wir sahen nur je eine Ausnahnle. Bei l%esistenz ffir 1,0 oder 0,1 7 INI-I ist nur ein Teil der Sti~mme virulenzgesch/~digt. Und sogar unter den trotz INI-I-Behand- lung der Patienten fiir 0,1 7 sensibel gebliebeneu St/~mmen gibt es solche mit Virulenzseh/idigung, in unserem Material 14%.

St~mme mit l%esistenz ffir Sm sind im allgemeinen virulent. Sie besitzen bei gleichzeitiger INH-l%esistenz ebenfalls Virulenzseh/idigungen. I)as gleiche gilt Ifir PAS und eontebenresistente Populationen.

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1 8 8 GEI~TRUD M ] ~ I S S ~ E R :

Enthalten die INH-resis~enten Populationen jedoch sensible Keimanteile , so liegen andere Verhs vor. Wir fanden etwa die H~lfte solcher S~s virulenzgesoh~digt, die andere H~lfte aber virulent. Das heiBt in Mischpopula- ~ionen sind in einem Teil der Fi~lle die sensiblen Keime virulenzgesch/~digt, in anderen Fiillen aber virulent.

Die Virulenzsch~digung der Sts steht wie zu der INH-Resistenz auch in enger Beziehung zur t t6he ihrer Katalase-Inaktivierung (s. Abb. 3). ~ Alle St~mme

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& b b . 3 . Katalase-Inaktivierung und Virulenzseh&digung, quantitative Best immlmg (238 St~mme). �9 virulent, I n d e x tiber 5 , 0 ; [ ] virulen.zgesehltdigt, Index 0 - - 5 , 0 ; �9 Zahl der nntersuehten Stt~mme

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Abb. 4. Absterb~-Ordnung von virulenzgeseh&digten Tb-Bakterien in den inneren Organen yon ]~Eeerschweinehen ( 9 1 7 1~I0), �9 Kulturon posit iv; [] Kulturen negat iv

mi~ niedrigen Katalase-Werten bis zu 10 waren virulenzgesch~digt. Ihre Zahl nimm~ dann mit zunehmencler H6he der Katalase-Werte schnell ab. Bei mittleren Katalase-Werten yon 20--60 ist nur noch die H~lfte der untersuchten St~mme virulenzgeschiidigt. Aber es gibt auch virulenzgesch~digte Sti~mme trotz hoher und sehr hoher Katalase-Werte.

Die 3 Merkmale: INH-Resistenz, Katalase-Inkativierung und Virulenzschddi- gung sind also nur bei Resistenz /iir hohe INH-Konzentration miteinander gekoppelt, bei geringerer Sensibilitdtsminderung kommen Durchbrechungen der Koppelung hSu/iger vor.

Die gesehilderten Vitali~i~tsverlus~e fiihren dazu, dab INH-resistente Tuberkel- bakterien beim Meersehweinchen besondere Verlaufsformen hervorrufen.

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1. Die erstmalig von KARLSON U. IKE~II beschriebene Regression der Tuber. kulose, insbcsondere eine regressive Tuberkulose der inneren Organe, sofern es iiberhaupt zu Organtuberkulosen kommt. Diese Regression steht nach eigenen Untersuehungen in ursi~chlichem Zusammenhang mit dem Absterben der INH- resistenten Bakterien in diesen Organen, wie Abb. 4 an einer grSBeren Zahl von 1VIeerschweinchen nach subcutaner Infektion zeigt. Die Ziichtbarkeit der Tb- Bakterien aus den inneren Organen nimmt mit zunehmender Versuchszeit ab. Nach 10 Monaten gelang der Nachweis lebender Bakterien in den inneren Organen nich~ mehr, aus den regionalen Lymphknoten kSnnen auch spt~ter noeh INH- resistente Bakterien isoliert werden. Anniihernd parallel mit der Absterbe- Ordnung ls die Kurve der Tuberkulose-Indices bei Meerschweinchen, die mit

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O-ZO 20~0 ~i0-60 60-80 80-100 100-120 120-I~0 Ir 160-76~0 780-200200-220 375Tg,

Abb. 5. Versuchsdauer und makroskopischer Tuberkulose-BefaUindex bei Meersehweinchen nach In fek t ion m i t INf t - sens ib len und -resis tenten Tb-Bakter ien , sowie Abs te rbeordnung der resis tenten K e i m e in don inneren Organen. �9 I N H scnsibel; [ ] I N I t resis tent ; - - posit ive Organkul tu ren

INH-resistenten Bakterien infiziert wurden. Die Indices stellen einen Ausdruck fiir die Schwere des Befalls der Versuchstiere mit Tuberkulosc dar (s. Abb. 5 naeh KRACHT U. MEISS~TER). Das Maximum der Indices liegt zwischen 40 und 60 Tagen nach der Infektion, dann gehen die makroskopisch sichtbaren tuberkulSsen Ver- ~nderungen wieder zuriick und damit auch die Indexzahlen. - - Bei virulent infi- zierten Tieren dagegen steigen die Indices mit zunehmender Dauer der Erkran- kung kontinuierlich an.

2. Bei In/ektion yon Meerschweinchen mit Mischungen IIVH.resistenter und sensibler Keime werden die resistenten Bakterien racist schon nach kurzer Zeit yon den sensiblen iiberwuchert. Dazu sind u. U. nur ganz wenige sensible Keime not- wendig, nach unseren Untersuchungen etwa 10 auf 100000 resistente ---- 0,01%.

Diese Tatsache erkliirt die Verschiebungen innerhalb der Sputumpopulationen beim 1V[enschen nach der sensiblcn Seite nach AufhSren der Behandlung. Und sic erkl/irt das Verhalten yon anscheinend total resistenten Populationen nach Meerschweinchen-Passagen. Treten irgendwann sensible Keime auf, so fiber- wuchern diese im Laufe der Zeit die resistenten, die sich wegen ihrcr lis Latenzperiode langsamer vermehren. Dies kann sehr sp~t der Fall sein, in der 11. oder 12. oder sogar erst in der 16. Passage. Nach dem heutigen Stand dieser Untersuchungen ist nur noch ein Stamm bei der 21. Passage virulcnzgeschis (s. Tabelle 1).

Alle Untersuehungen zeigen, dab die Virulenzschi~digung ein konstantes Merk- mal des einzelnen Bacteriums ist. Sic bleibt konstant, solange die Resistenz

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erhalten bleibt. Ebenso ist das Bes~ehen der Katalase-Inaktivierung an die Stabilit/~t der INH-Resistenz gebunden.

INH-Resistenz, Katalase-Inaktiviti~t und Virulenzsch~idigung sind daher als erb- liche Eigenscha]ten des einzelnen Keimes au/zu]assen.

Trotz dieser verh/~ltnism/s groBen Konstanz der Virulenzsch/~digung sieht es aber doch so aus, als ob es letzten Endes in jeder unter INH-Behandlung auf- tretenden virulenzgeseh/~digten Population, also auch beim Menschen, nach Auf- hSren der Behandlung, zum Wiederauftreten yon virulenten Keimen kommt, wenn auch der Zeitpunkt ffir den Einzelfall nieht vorauszusagen ist.

Aueh bei inSraven5ser Tabelle 1. Konstanz der VirulenzscMidlgung : INH-resistente

Einzelkoloniekulturen (1Yleerschweinchen-Passagen)

Laube ] Rueck ] Bis, f

0riginaltier I 1,511 1,5 1 ,25 ] 0,5 0,75

Passage [ 3,5 I 0,25 4,5 I 2,251 7 0,5 8 [ 5,25 I - - 7,0 I 2,0 I 1,25 9 } 5,75 I 5,75 I 6,0 I ~ I 2,75

10 ] 6,0 ] 1,5 5,0 ] 2,25 / 3,75 11 I 10,0 | 4,5 2,5 I 1,25 3,0 12 ] 3,5 ] 11,5 4,25 ] 3,75 i 8,5 13 I 8,5 I 4,25 3,5 I 6,5 I 8,5 14 I 6,75 I 12,0 5,5 I 1,25 I 10,0 15 I 19,0 I 12,25 3,5 I 5,0 ] 16 I 11,5 ! - 2 ,5 I s ,5 I 13,5 17 I - I - 4 ,25 ! 14,0 I 18 ] - - ] - - 2,75 I - - I 19 I - - I - - 3,25 I - - I

21 - - - - 3,5 - -

Makroskopischer Tuberkulose -Befallsindex.

und bei Inhalationsinfek- tion zeigen INI~-resistente, katalasenegative Sts Virulenzsch/idigungen bei Meersehweinehen, wenn auch bei intraven6ser In- fektion meist nur in Form der regressiven Tuberku- lose und regelm/~Big nur bei Verwendung nicht zu groSer Infektionsdosen. BERNARD und Mitarbeiter fanden solche St~mme auch ffir Affen und Wfisten- m/iuse virulenzgesch/idigt, wir selbst ebenfalls ffir Kaninehen. - - Abet ]iir die weifle Maus sind solche S t i i m m e - zumindest bei intraven6ser I n f e k t i o n -

virulent. Allerdings lassen sich auch bei dieser Tierart Virulenzunterschiede gegenfiber s~nsiblen St/~mmen beobachten, was aber den Ted der M/~use in den meisten F/~llcn nich~ aufzuhalten v e r m a g . - Bei nasaler oder Inhalations- infektion wurden auch bei der ~aus Virulenzsch~digungen beobachtet. Allor- dings sind erst wenige St/~mme untersueht worden.

Und damit habe ioh die praktisch wichtigsten, experimentellen Befunde fiber die Wirkung der INIt-Behandlung der Patienten auf die Eigenschaften ihrer Sputumpopulationen dargestellt.

Unsere Kenntnisse fiber die Bedeutung der unter INtt-Behandlung virulenz- gesch/idigten, insbesondere tier INtt-resistenten St/~mme ffir den Menschen be- ginnen sieh allm~hlich abzuzeichnen. Dabei sind die klinische und die epidemio- logische Bedeutung voneinander zu trennen.

Virulenz ist ja abh//ngig sowohl yon den Eigenschaften des zu prfifenden Bakterienstammes wie ebenso von denen des Wirtsorganismus, in dem die Prfi- lung vorgenommen wird. Das zeigt das unterschiedliche Verhalten der INt t - resistenten S~/~mme am Meerschweinchen und an der Maus sehr deutlich. Die bei der einen oder der anderen Tierart gewonnenen Ergebnisse lassen sieh daher nieht

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ohne weiteres auf den Menschen fibertragen, sondern die Bedeutung der am Meer- schweinchen virulenzgesch/idigten St/imme ffir den Menschcn mul3 erarbeitet werden.

Aber aueh bei den verschiedenen Mensehen gibt es grol~e Unterschiede in der natfirliehen Resistenz gegenfiber der Tuberkulose. - - Menschen, die an Tuberkulose erkranken, besitzen an sieh keine gute Abwehrlage, und Menschen, die unter INH-Behandlung nicht negativ werden und dann INH-resistente St//mme be- kommen, verffigen yon vornherein fiber eine besonders schlech~ Abwehrlage, oder die Natur ihres Prozesses macht die Wirksamkeit der natfirlichen Abwehrkr/ifte unm6glich, wie das in grol~en Kavernen der Fall zu sein pflegt. Das uns zur Ver- ffigung stehende Pa%ientenmaterial stellt also eine Auslese nach der ungfinstigen Seite dar. - - Da unsere Chemotherapeutiea nur Tuberkulostatica sind, ist die endgfiltige Beseitigung der Tb-Bakterien Aufgabe des Makroorganismus.

Bei den am gfinstigsten gelagerten Erkrankungsf/~llen, also bei frischen L//,- sionen und Patienten mit relativ guter natfirlicher Abwehrlage, genfigt der durch die direkte Wirkung des INH ausgelSste Vermehrungsstop, um die Bakterien ffir die Abwehrkr/i, fte des Makroorganismus angre;_fbar zu machen. Wie lunge aber die INH-Behandlung fortzusetzen ist, um alle Bakterien zu erfassen, und zwar irreversibel zu erfassen, ist unbekannt. Therapeutische Beobachtungen sprechen ffir die Notwendigkeit einer langfristigen Behandlung.

Dazu geh6ren 1. Beobaehtungen fiber das Fettlen yon/rischen Streuungen bei Prim~rtuberkulosen, insbesondere das Niehtauftreten yon Meningitiden. LIzCCOL~r sowie CLA_~K und Mitarbeiter sahen dies als auffallendstes Ergebnis einer langen INH-Behandlung im Gegensatz zur Behandlung mit Sm. Von WITTE, Hamburg, und HOFMAN2r Budapest, liegen gleiche Beobachtungen vor.

Dazu geh5ren 2. Beobachtungen fiber die Abnahme der Rezidive parallel mit der Dauer der INH-Behandlung von LA~a~R, Wien, GOROE~C:zI-GfTTCrrE, Buda- pest, und BERn, Borstel. Auch wenn die Zeit der Nachbeobaehtung sicher noeh viel zu kurz ist, um die Resultate sehon als endgfiltig anzusehen, so wird doeh die Bedeutung der Dauer der INH-Behandlung klar beleuehtet.

Reiehen abet die AbwehrmSgliehkeiten des Nfakroorganismus zur vollst/indigen und endgfiltigen Beseitigung der anfaugs durch jede Chemotherapie in ihrer Nfenge und Lebensf/~higkeit reduzierten Keime nicht aus, so kommt es bei Weiter- behandlung zur Vermehrung der prim/ir vorhandenen, INH-resistenten Keime, also zur sekund~ren Resistenz. Eine direkte Einwirkung durch INH auf den resistenten Keim kann dann nieht mehr stattfinden, wie Tierexperimente ein- deutig gezeigt haben. Mit einer Ausheilung der Kavernen ist - - aueh bei totaler Resistenz und Virulenzsch/ixtigung der Keime - - allerdings wohl nur in Ausnahme- fallen zu reehnen, aber der KrankheitsprozeB wird im allgemeinen station/ir. Die Kranken sterben seltener oder erst naeh langer Zeit an ihrer Tuberkulose, wie die Senkung der Mortalit/~tsziffern seit 1952 zeigt.

Aber auch bei dieser Gruppe muB ein Untersehied gemaeht werden zwisehen den F~llen mit einer besseren Abwehrlage, bei denen die Aussicht besteht, dureh zus/~tzliche ehirurgische MaBnahmen den ProzeB zur Ausheilung zu bringen, und zwischen den F~llen, bei denen trotz aller therapeutischen Bemfihungen der ProzeB weiter fortschreitet, so dab sie zu Asylf/illen werden und an ihrer Tuber- kulose sterben.

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192 G~.RTRUD MEISSNER'-

Ober eigene Untersuchungen an diesen beiden Gruppen mSchte ich im folgen- den berichten. J In die Verhaltnisse bei relativ giinstiger Abwehrlage geben uns die Untersuchungen yon Resektionsprgparaten einen guten Einblick, da nieht nur die Kavernenpopulat ionen, sondern aueh die Populationen in den sonst noeh vor- handenen Herden untersucht werden kSnnen. - - Zusammen mit KRACnT hat ten wir Gelegenheit, fiber 200 Resektionspraparate mit mehr als 800 versehiedenen Herden bakteriologiseh und histologisch zu untersuchen, wobei wir kurz zusam- mengefa•t folgendes sahen:

1. Die Tb-Bakter ien werden nicht nur in den Kavernen resistent, sondem in hohem Mal3e auch in den geschlossenen Kaseherden.

2. Die Resistenzentwieklung ffir I N H steht in allen t terden, nicht nur in den Kavernen, in engem Zusammenhang mi t der Dauer der Vorbehandlung mit INH. (Andere ehemotherapeutisehe Behandlungen wurden nicht berfieksichtigt.) So- wohl die Zalfl der Falle mit sensibilitatsgeminderten Stammen wie auch die HShe der Resistenz und ihre Gleichmal3igkeit in den verschiedenen Herden des gleichen Prapara tes nehmen mi t zunehmender Dauer der Vorbehandlung mit I N H zu. - - Aber aueh naeh INt t -Behandlung yon 9 Monaten bis zu einem Jah r gibt es ein- zelne Falle - - 2 von 16 - - , die in allen t terden nur sensible S tamme haben, drei weitere hat ten Stamme mit unterschiedlieher Resistenz in den verschiedenen Herden des gleiehen Praparates.

3. Je s tarker und einheitlicher die Minderung der Sensibilitat ist, um so haufiger und einheitlieher ist auch die Virulenzsch~idigung der Populationen in den versehiedenen t te rden des gleiehen Praparates. Bei Fallen, die in allen Herden ffir 10~, INH-resis tente St~mme beherbergen, ha t ten 75% in allen Herden virulenzgesehadigte Stamme, obgleieh die Resistenz durchaus nicht immer tota l war.

4. Mit zunehmender Behandlungsdauer n immt sowohl die Zahl der Fiflle mit virulenzgesch~ligten St~mmen zu wie auch die Gleichmal3igkeit der Virulenz- schs in allen Herden des gleichen Praparates . Nach LNI-I-Behandlung yon fiber 6 l~onaten Dauer hat ten 75% der Pr~parate in allen Herden virulenzge- sehadigte Populat ionen und nur noch in 6 % vimlente Stamme. - - Aber auch nach noch langerer INt t -Therapie yon 9 Monaten bis zu einem Jahr fanden wir einen Fall mi t ausschliel31ich vlrulenten St~mmen und 5 F/ille mit S tammen untersehiediicher Virulenz in den verschiedenen Herden.

5. In guter ~berehls t immung mit diesen bakteriologisehen Ergebnissen steht das histologische Bild der Kaseherde. Dieser Vergleich liegt z. Z. allerdings erst an kleinerem Material vor. Bei den F~llen ohne Therapie sind die Verk~sungen zur I-Ialfte mit spezifischem Granulationsgewebe umgeben und nur in einem Drittel der Fi~lle mit reinem Bindegewebe, das z. T. in Hyalinisierung fiberge- gangen ist. Mit zunehmender Virulenzabschw~chung n immt das spezifische Granulationsgewebe ab und das reine Bindegewebe mi t Hyalinisierung zu, bis es bei den Fallen, aus deren Herden sich weder dureh Kul tur noch durch Tier- versuch lebende Bakterien nachweisen lassen, mit 90% seinen hSchsten Stand erreicht (KRACHT und MEISSlgER).

Die Heilungstendenz der Herde, gemessen an der histologischen Herdst ruktur , s teht also in zahlenmai3iger Abh~ngigkeit zu der Virulenzschadigung und damit auch in Abhangigkeit zu der Resistenzentwieklung der Tb-Bakterien und zu der

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Dauer der INI-I-Behandlung vor der Operation. - - Eine siehere Verst//rkung der Bindegewebsneubfldungen dureh das Alter der bestehenden Tuberkulose hat sich in unserem Material bis jetzt nieht ergeben. Allerdings sind die Zahlen zu klein, um signifikant zu sein.

Die Untersuehungen zeigen aber welter, dab wir aueh trotz langer INH-Be- handlung mit dem Vorhandensein yon sonsiblen und virulenten Keimen in festen K~seherden reehnen miissen, wenn aueh nur in Einzelf/illen. Und sie zeigen weiter, dab die endgtiltige Abt6tung, aueh der ~rulenzgeseh/idigten Bakterien, sehr

Ko/ne ] J..qll- Behandlung :

~'hemofhefep/e : [ unlersch/ed/ res/~f, fur resist, fur Resislenz sens/be/ sens/bel Rem'stenz ~ z u. l, Oy l~Oy m~Irl l~stz'mmh.

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Abb . 6. Sens ib i l i t i t t smin4erung u n d Vi ru lenzsehEdigung . Vergle lch y o n Resek t ions - u n d Sekt tons- ma te r i a l . �9 Alle H e r d e v i ru l en t e B a k t e r i e n ; [ ] un te rseh ied l icho Virulenz der H e r d e t ines Fal lea;

[7 alle H e r d e v t ru l enzgesch~d ig te B a k t e r l e n

lange Z e i t effordert. Wir fanden im ganzen nur 14 F/~lle, in denen wir keine lebenden Bakterien mehr nachweisen kom~ten.

7. Die Ergebnisse unterstreichen also nachdriicklich die Forderung nach einer sehr langen INtt .Therapie. Ein Jahr ist jedenfalls lange nicht ausreiehend. - - In diesen F/~llen wird wahrscheinlich der Zustand der Bakterien keine direkte INH- Einwirkung mehr erlauben. Die Langbehandiung dtirfte iiberwiegend eine pro- phy]aktische MaBnahme sein.

Sogar bei einem so ungfinstig erscheinenden Material wie bei den z u r S e k t i o n

g e k o m m e n e n F a l l e n ergeben sich nach noch nicht abgeschlossenen Untersuehungen zusammen mit BERG, KRACHT und WAO~TER ~hnliche Zusammenh/inge.

1. Es besteht, wie bei Resektionsmaterial, eine Korrelation zwischen INH- Resistenz und Virulenzseh/~digung, aber die ~bereinstimmung ist nicht so weit- gehend (s. Abb. 6). Im Sektionsmaterial sind in jeder Resistenzgruppe weniger F/~lle, die in allen Herden virulenzgeseh~digte St/~mme haben, dafiir sind im allgemeinen mehr F~lle mit unterschiedlich virulenten Populationen in den ver- sehiedenen Herden. Die Ursache liegt darin, dab bei Mischpopulationen die sensiblen Keime im Sektionsmaterial h/~ufig virulent sind, w/ihrend sie im Resek- tionsmaterial viel hs virulenzgeseh//~lig~ sin& - - Wieweit diese Erscheinung

Bei~r. Klin, Tub. Bd. 117 (Kongreabericht 1956) 13

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194 GERTRUD MEISSNER :

durch das Zusammenbrechen der Abwehrkr/s des Makroorganismus in den letzten Monaten vor dem Tode bedingt ist bzw. die Ursaehe ffir das Zusammen- brechen der Abwehrf~higkeit darsr ist nicht entscheidbar.

2. Ein Vergleich der Sektionsbefunde mit der Virulenz der Bakterien zeigt, dal3 die Virulenzsch~digung der Tb-Bakterien sogar bei diesen F/fllen eine Aus- wirkung auf das klinische und pathologisch anatomische Bfld gehabt hat. Zehn F/file starben (s. Tabelle 2) interkurrent ohne Zusammenhang mit ihrer an sich

Tabelle 2. Virulenzschgdigung und Sektionsbe/und bei chemotherapeutisch behandelten l~'gillen

Ted als direkte Ted als indirekte Ted interkurrent Die Populationen in allen Herden Zahl der :F~ l l e Tbc-:Folge Tbc-Folge bei stationB.rer

sind progrediente Tbc wenig oder m~t]ig oder wenig aktive Tbc aktiver Tbe

1 0 Alle tterde virulent . . . Unterschiedliche Virulenz

Indexhoch > 7,0 . . . Unterschiedliche Virulenz

Index niedrig 3,3--5,8 . Alle virulenzgeschadigt..

11

2

12 8

33

10

2

5 0

17 10

station/~ren Tuberkulose. Sieben yon ihnen hat~en viI~alenzgeschi~digte Sti~mme in allen Herden, 3 hatten St/imme mit unterschiedlicher, aber geringer Virulenz. Sechs weitere F/~lle, die meist an Kreislaufversagen gestorben waren bei wenig oder nur mi~Big aktiver Tuberkulose, hatten fiberwiegend virulenzgeseh~digte Populationen, nur einer dieser Fi~lle hatte virulente Sti~mme in allen Herden. - - 17 F/ille starben an progredienter Tuberkulose. 10 davon mit virulenten Sts in allen tterden, 7 mit Stiimmen untersehiedlieher Virulenz, von denen 2 hohe Indices hatten. Fiinf dieser F/~lle aber fallen aus dem Rahmen, die Patienten starben trotz niedriger Indices, also trotz erheblich virulenzgesch/idigter St/~mme an zwar nieht foudroyan~er, aber doch deutlich progredienter Tuberkulose. Und 2 yon diesen trotz vorausgegangener Langzeitbehandlung mit I N H und mit hoch resistenten, katalasenegativen Populationen. Sie hat~en allerdings als ersehwe- renden Nebenbefund Amyloid in Milz, Leber und z. T. auch Nieren.

Uns scheint das Problem bei der Langzeitbehandlung tier Asylf/~lle nicht nur die allerdings unerl/i61iche Virulenzsch/idigung der Populationen zu sein, die sich in den meisten Fallen erreichen 1/iBt, wenn auch hs nicht mit Katalase-In- aktivierung, sondern aueh die Notwendigkeit, die Keimzahl dauernd niedrig zu halten. Leider kann es im Laufe der Zeit trotz Langzeitbehandlung zu einer er- heblichen Keimzunahme bei den F~llen mit ihren ausgedehnten tuberkul6sen Ver/~nderungen kommen, die Keimmenge hebt dann anseheinend die Wirkung der Virulenzsch~digung der Keime wieder auf, sie fiihrt schlieBlich zu klinischen Verschlechterungen und zum Tode. - - Jedenfalls zeigen sich hier die Grenzen der Auswirkungen der Langzeitbehandlung beim kranken Menschen.

Zur Frage der epidemiologischen Bedeutung der INH-resistenten, virulenzge- schi~digten, katalasenegativen St~mme muI] ich daran erinnern, dab sogar nach Impfung mit dem als avirulent geltenden BCG einige wenige Todesf/ille an BCG- Tuberkulose aufgetreten sind. Bei den wesentlieh virulenteren INH-resistenten St/~mmen wird man mit mehr Neuinfektionen reehnen miissen. Einzelf/~lle sagen

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Die Virulenzabschw~chung der Tuberkelbakterien unter INH-Behandlung 195

allerdings wenig, sondern man muB den Anteil solcher St/imme unter allen, in bestimmten Bezirken auftretenden frischen Erkrankungsf~llen feststellen. Unsere seit 1. Januar 1953 durehgef/ihrten Untersuchungen zeigen (Tabelle 3), dab unter 1060 Erwaehsenen keine sieheren Infektionen mit einem total ffir 10 ? I N H resi- stenten Stamm aufgetreten sind. Aber unter 679 frisehen Kindertuberkulosen, yon denen 131 bovine Sti~mme zur Beurteilung nieht herangezogen werden konnten, fauden wir 1954 zusammen mit KL~MM einen Fall mit einem prim~ir

Tabelle 3. Sensibilit~itsminderung /fir INH bei #ischen Tuberkulosen (1953--1955)

Zahl der Fi~ile mit nachfolgender Sensibilitiit

sensibel 10~ I N H und mehr

resistent fllr

1,0y INH

Erwachsene . . . . . . 1045 22 0 Kinder und Jugendliche

biszu20Jahren . . . 6661 13 2 ~

1 Darunter 131 bovine, sensible St/imme. 2 1N'icht konstant oder nicht total resistent fiir 10 tt INH.

0,1~, INH

13

10

senst- bilitiits-

gemtndert in %

1,5

2

3 Total resistent, katalasenegativ, v/rulenzgesch~digt, 16 Monate alt. Eizl Fall total resistent, katalasenegativ, virulenzgesch/~digt, 16 Monate alt. Ein Fall

total resistent, katalasepositiv, virulent, 19 Jahre alt.

ffir 50 ? I N H total resistenten Stamm bei einem 16 Monate alten M/~dchen und 1955 einen ebenso alten 2. Fall mit einem Stamm, der prim/~r ffir 1,0 ? I N H resistent war. Beide Stiimme waren katalasenegativ und virulenzgesch/idigt. In beiden F/illen konnte die Infektionsquelle im Elternhaus aufgedeckt werden. Ein 3. Fall betraf einen fiir 1,0 ? I N H total resistenten, aber virulenten und katalasepositiven Stamm. Alle fibrigen F/file hatten eine geringere Sensibiliti~ts- minderung, sie waren katalasepositiv und virulent, soweit sie gepriift wurden (Mr~ssxER).

Solche F~lle sprechen im allgemeinen aui die geeignete Behandlung gut an. Es diirfte also ein Unterschied sein, ob die INH-resistenten Keime in einen nieht tuberkulSsen Organismus yon aul3en eindringen oder ob sie sich bei einem Tuber- kulosekranken auf Grund ungiinstiger biologischer oder pathologisch-anatomi- seher Verh~ltnisse aus den vorhandenen Populationen entwickeln.

Die weitaus gr51~te Zahl der frisehen Tuberkulosef~lle sowohl bei Erwachsenen wie bei Kindern wird also durch sensible Sti~mme hervorgerufen. Wenn aueh Jugendliche und Kleinkinder in tuberkuliisem Milieu vor Infektionen mit iiir hohe INH-Konzentrat ionen resistenten St~mmen nieht ganz sicher sind, so seheint die Infektion mit solehen Sti~mmen epidemiologisch keine grolte Rolle zu spielen.

Auch in der Klinik dtirfte es durchaus mSglich sein, die ffir die INH-Behand- lung charakteristische Virulenzsch~digung der Tb-Bakterien Ifir therapeutisehe Zwecke - - wenigstens in bestimmtem Rahmen - - nutzbar zu maehen.

Wir m5chten daher den Standpunkt vertreten, dab die am Meerschweinchen zu beobachtende Virulenzseh~digung der St~mme unter INH-Behandlung auch am Mensehen zur Auswirkung kommt, allerdings nicht immer so hochgradig wie am Meerschweinchen und auch nicht unbegrenzt, weft sie yon dem Vorhandensein ausreiehender makroorganismiseher Abwehrfiihigkeiten abhiingig ist.

13"

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196 G. B ~ o :

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G. BERo-Borstel: Ergebnisse der Langzeitbehandlung mit Isoniazid. Mit 1 Text- abbildung

I n unseren e r s t en Ber ioh ten f iber die R e s u l t a t e de r Behand lung de r Lungen- tube rku lose m i t I son iaz id h a t t e n wir uns bere i t s r ech t gfinst ig f iber das neue t t e i l m i t t e l ausgesproehen. Gemessen an de r Rf ickb i ldung im RSntgenbild und a n de r Zah l de r S p u t u m k o n v e r s i o n e n f anden wi t das Schwergewicht des Erfo lges in den ers ten 3 Mona ten u n u n t e r b r o e h e n e r Therapie . I n e inigen F~l len se tz te sich d ie gi inst ige E n t w i c k l u n g auch im 2. Qua r t a l for t , nu r se l ten k a m es jedoch ers t - ma l ig ira 2. Qua r t a l zu e inem Regre{L A m bes ton wi rk te 1-NH bei e r s tma l ig be- hande l t en f f ischen Tuberku losen , selbst bei ausgedehnt~n, doppe]se i t igen und groB- kavernSsen Fi/l len. E t w a s weniger g/ins~iger war de r Er fo lg bei den 2. und sp/~- t e ren Sch/iben, die also sohon fff ihere K u r e n d u r c h g e m a e h t b a t t e n . Bei ehroni- sehen asy l i e r t en Tuberku losen fanden wi t in de r Rege l n u r eine lebensver l / /ngernde j edoeh keine He i lwi rkung .

Kombinierten wit I N H mi$ Sin, so wurde der k l in isehe E f f e k t u m ein ger inges besser , d ie Abschw//chung de r Errogor gegen eines oder be ide H e i l m i t t e l t r a t sel tener , spa re r oder in ger ingerem AusmaB auf, sowei t l~ngere Zei t E r r e ge r nach- we isbar b l ieben.

E ine ers te N a c h u n t e r s u c h u n g der in den J a h r e n 1952/53 effolgreich behan- de l ten offenen Tube rku losen im A b s t a n d e yon durchschn i tE ich 2 J a h r e n e rgab 20 Reaktivierungen u n t e r 147 K r a n k e n . I n t e r e s s a n t war dabe i die Beobach tung , da~ bei e iner T h e r a p i e d a u e r yon 6 1V[onaten b e d e u t e n d weniger Rez id ive auf- t r a t e n als bei 3 l~Ionaten K u r : 4% gegen/ iber 19%. I m D u r c h s c h n i t t h a t t e n wi t 13,6% Rezid ive . Neben R/Sntgenentwieklung u n d b a k t e r i o l o g i s c h e m Resu l t~ t f anden wi t in der Rezidivquote einen weiteren Prii]stein /iir den Weft einer Therapie. Leide r k a n n m a n dieses Ur te i l e rs t sp~ t und mi ihsam gewinnen.

Die Sieherung des Erfolges des t ube rku los t a t i s chen He i lve f fah rens sprach in e rs te r Linie ffir d ie Verl/~ngerung de r K u r d a u e r bei f r i schen Tube rku losen u n d fr isohen Schiiben. Bei den Asylf / i l len konn te yon Anfang an n u r ein be- sch r s Erfo lg e r w a r t e t we rden : S tab i l i s ie rung des Prozesses, Schutz gegen neue Sehfibe d u t c h sensible Er reger , Ver l~ngerung des Lebens, in se l tenen F/~llen En tbae i l l i e rung .