Die Zeitung des Rheinmetall-KonzernsŸkolben an Bord Das derzeit größte Kreuzfahrtschiff der Welt,...

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Foto: Petra Senn Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns 1/2011 he Neckarsulm. Wohin entwickelt sich die Antriebstechnik in den nächs- ten zehn, 20 oder gar 40 Jahren? Wer diese scheinbar einfache Frage stellt, wirft automatisch gleich eine Reihe weiterer Fragen auf: Werden wir auch in Zukunft noch genügend fossile Rohstoffe für unsere Autos haben? Welche alternativen „Kraftstoffe“ könnten eingesetzt werden? Bleibt das Auto ein familien- oder personenbezogenes Fortbewegungsmittel? Wel- che Entwicklungssprünge kann die Batterietechnik in absehbarer Zukunft leisten? Was sind die Alternativen zur batterieelektrischen Fortbewe- gung, und schafft es der Verbrennungsmotor gar, wieder Boden gegen- über dem Elektroauto gut zu machen? Und wie – last but not least gefragt – positioniert sich der Rheinmetall-Unternehmensbereich Automotive, also Kolbenschmidt Pierburg, in dieser hochkomplexen Gemengelage? Nimmt man allein die derzeit disku- tierten und teilweise schon umgesetz- ten Technologien im Rahmen der Elekt- romobilität: Da gilt es vor allem, die rein fahrzeug- genauer gesagt batterietech- nische Seite zu berücksichtigen. Wird man hier in den noch verbleibenden Jahren bis 2020 zufrieden stellende, bezahlbare und damit für den Markt attraktive Angebote entwickeln können? Wird die Entwicklung der Batterietechnik auf absehbare Zeit neue Möglichkeiten bieten, die Elektroautos an die Reich- weiten benzin- oder dieselbetriebener Fahrzeuge herankommen zu lassen, oder wird die neue schöne elektrische Autowelt sich auf ein Schattendasein als Zweit- oder gar Drittfahrzeug für den dann möglichst kurzen Weg zur Arbeit oder zum Shoppen in der City be- schränken – allenfalls noch eingesetzt als Kurzstrecken-Lieferfahrzeug, das abends schnell wieder ans Netz kann? Die Rheinmetall-Konzernzeitung „Das Profil“ versucht in dieser Ausgabe zu- mindest teilweise Antworten zu geben auf viele dieser allemal nicht leicht zu beantwortenden Fragen. Denn eine Menge Faktoren spielen bei der Auf- gabenstellung, Licht in das Dunkel der künftigen Antriebstechnik zu bringen, eine gewichtige Rolle. Und jede dieser Antworten hätte das Zeug, die Ent- wicklung entscheidend zu beeinflus- sen – positiv wie negativ. So gibt Dr. Gerd Kleinert, Vorstands- vorsitzender der Kolbenschmidt Pier- burg AG, Einblicke in die Bewertung und Strategie der Firmengruppe im Hinblick auf aktuelle und künftige An- triebskonzepte. Weitere Hintergrund- informationen zu den Themenkreisen „Alternative Antriebe“ und „Elektro- fahrzeuge“ enthalten zwei Interviews mit profilierten Entwicklern: Dr. Hans-Joachim Esch, General- bevollmächtigter Forschung und Tech- nologie der Kolbenschmidt-Pierburg- Gruppe, sagt zum Beispiel, weitere 20 oder 30 Gramm CO2 Einsparung unter dem für 2020 angepeilten Grenzwert bedeuteten eine Revolution in der An- triebstechnik. „Die Karten zwischen Zulieferer und OEM werden derzeit neu gemischt“, erläutert Prof. Dr. Eduard Köhler, der bei Kolbenschmidt Pierburg im Rah- men der Vorentwicklung das Thema „Elektrotraktion“ verantwortet. Im Ge- spräch erklärt der Fachmann den Ge- samtthemenkreis der Elektromobiltät und erläutert Überlegungen für neue Aktivitätsfelder von KSPG (alle Beiträge finden Sie auf den Seiten 4 – 6). dp Düsseldorf. Ausgehend von den Ex- pertenprognosen von CSM Worldwide, die im laufenden und im kommenden Jahr eine Fortsetzung des Wachstums der weltweiten Automobilproduktion erwarten, und vor dem Hintergrund des hohen Auftragsbestands im Un- ternehmensbereich Defence, der mit einer Auftragsdeckungsquote von über 70 Prozent in das Jahr 2011 gestartet ist, prognostiziert Rheinmetall für das laufende Geschäftsjahr einen Konzern- umsatz von rund 4,3 Milliarden , was einem Wachstum von acht Prozent ent- spricht. Zu diesem Wachstum werden, wie der Konzern auf der Bilanzpresse- konferenz am 23. März 2011 mitteilte, beide Unternehmensbereiche Automo- tive und Defence beitragen. Gestützt durch neu gebuchte Aufträ- ge, insbesondere für Produkte, die der Einhaltung der internationalen Emissi- onsstandards dienen, geht Rheinmetall für den Unternehmensbereich Automo- tive in 2011 von einem Umsatzwachs- tum aus, das leicht oberhalb des von CSM mit fünf Prozent prognostizierten Wachstums der Weltautomobilproduk- tion liegen wird. Für den Bereich wird im laufenden Geschäftsjahr ein Umsatz von rund 2,1 Milliarden erwartet. Für den Unternehmensbereich De- fence geht Rheinmetall davon aus, im Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden zu erreichen, ohne Berücksichtigung des auf die MAN entfallenden Umsatzanteils für lo- gistische Fahrzeuge der Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH. Dessen Höhe ist abhängig von der Errichtung der zweiten Stufe des Gemeinschafts- unternehmens, die spätestens bis zum Ende des Geschäftsjahres 2011 erfolgen soll. Diese zweite Stufe des gemeinsamen Unternehmens, an dem Rheinmetall 51 Prozent der Anteile hält, umfasst auch die volle Integra- tion des MAN-Produktionsstandorts in Wien. Auf Basis der Wachstums- prognosen für die beiden Unterneh- mensbereiche des Konzerns erwartet Rheinmetall eine im Verhältnis zum Umsatzanstieg überproportionale Verbesserung des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern und rechnet für 2011 mit einem Ebit zwischen 330 Millionen und 360 Millionen . Zu dieser Ergebnisverbesserung trägt insbesondere der Unternehmensbe- reich Automotive bei, für den – unter der Voraussetzung des von CSM prog- nostizierten Marktwachstums und in Verbindung mit weiteren operativen Verbesserungen – ein Ebit zwischen 110 Millionen und 130 Millionen erwartet wird. Für den Unternehmensbereich De- fence rechnet Rheinmetall weiterhin mit einer Umsatzrendite von über zehn Prozent und für das laufende Ge- schäftsjahr mit einem Ebit zwischen 230 Millionen und 250 Millionen . Voraussetzung dafür ist, dass alle lau- fenden größeren Projekte planmäßig realisiert werden können. Auch für 2012 geht Rheinmetall von weiter steigenden Umsätzen und Er- gebnissen in beiden Unternehmens- bereichen aus (siehe auch „Profil“- Seiten 2 + 10). Wachstum wird gezielt fortgesetzt DYNAMIK als Ausdrucksform intensiver Bewegung: Die in Düsseldorf lebende Foto- grafin Petra Senn hat diese physikalische Eigenschaft in einer akzentuiert schwung- vollen, visuell offenen Kombination aus Form und Farbe eingefangen. Ihre fotografi- sche Metapher lässt sich – Dynamik treibt bekanntermaßen auch Entwicklungen voran – nahtlos auf drei Schwerpunktthemen dieser „Profil“-Ausgabe übertragen: die „an- treibende“ Welt der Großkolben, das forschende Engagement beim „Antrieb der Zu- kunft“ und die vorwärtstreibende geschäftliche Performance von Rheinmetall. rds he Hemer/Neckarsulm. Der Ne- ckarsulmer Automobilzulieferer Kol- benschmidt Pierburg AG ist mit der enTec Consulting GmbH (Hemer) übereingekommen, die Rechte und weltweite Vermarktung an der von enTec entwickelten variablen Ven- tilsteuerung „UniValve“ zu über- nehmen. Kolbenschmidt Pierburg wird dieses neue System künftig an Kunden in der internationalen Au- tomobilindustrie vermarkten. „UniValve“ bietet als rein mecha- nisches und daher mit hoher Be- triebssicherheit arbeitendes System große Potenziale zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs, respek- tive der CO2-Emissionen heutiger und künftiger Motorengenerationen und verbessert darüber hinaus das Ansprechverhalten insbesondere von Ottomotoren. Erprobungen am Vollmotor wurden bereits mit ersten deutschen wie internationalen Her- stellern durchgeführt. „Die vollvariable Ventilsteuerung ist eine der zentralen Schlüsseltech- nologien zur CO2-Reduzierung im Automobilbereich, und wir sind da- von überzeugt, dass diese Technik sowohl bei bereits bestehenden wie auch künftigen Ottomotoren eine immer größere Rolle spielen wird“, so Dr. Gerd Kleinert, Vorsitzender des Vorstandes der Kolbenschmidt Pierburg AG. „UniValve“ wurde mit den modernsten Methoden und Mitteln an Saug- und Turbomoto- ren entwickelt und bereits ersten Kunden vorgestellt. Das System ist durch zahlreiche deutsche und internationale Schutzrechte abge- sichert. Die Übernahme der Rechte an „UniValve“ durch Kolbenschmidt Pierburg wurde bereits Ende des Jahres 2010 in die Wege geleitet. Jetzt mit UniValve FZU als produktive Marke Das Fertigungszentrum Unterlüß (FZU) hat sich binnen relativ kurzer Zeit als „produktive“ Marke etabliert, und dies nicht nur innerhalb des Rheinmetall-Ge- schäftsbereiches Waffe und Munition. Einen Blick hin- ter die FZU-Kulissen bieten die „Profil“-Seiten 7 – 9. KSPG-Experten geben erste Antworten zur Thematik Welchen Weg wählt Antrieb der Zukunft? Simulation vom Feinsten Am Bundeswehr-Standort Faßberg, der Heimat des Transporthubschrauberregiments 10, werden jetzt die Militärhelicopter-Piloten der Zukunft geschult – per Computeranimation erlernen sie das Fliegen mit dem neuen Nato-Hubschrauber 90 (s. S. 17). KS-Großkolben an Bord Das derzeit größte Kreuzfahrtschiff der Welt, die „Allure of the Seas“ der US-Reederei Royal Caribbean International, hat ebenso wie ihr fast gleich großes Schwes- terschiff „Oasis of the Seas“ Großkolben der KS Kolbenschmidt GmbH an Bord (mehr zum Thema finden Sie auf „Profil“-Seite 3).

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Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns

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he Neckarsulm. Wohin entwickelt sich die Antriebstechnik in den nächs-ten zehn, 20 oder gar 40 Jahren? Wer diese scheinbar einfache Frage stellt, wirft automatisch gleich eine Reihe weiterer Fragen auf: Werden wir auch in Zukunft noch genügend fossile Rohstoffe für unsere Autos haben? Welche alternativen „Kraftstoffe“ könnten eingesetzt werden? Bleibt das Auto ein familien- oder personenbezogenes Fortbewegungsmittel? Wel-che Entwicklungssprünge kann die Batterietechnik in absehbarer Zukunft leisten? Was sind die Alternativen zur batterieelektrischen Fortbewe-gung, und schafft es der Verbrennungsmotor gar, wieder Boden gegen-über dem Elektroauto gut zu machen? Und wie – last but not least gefragt – positioniert sich der Rheinmetall-Unternehmensbereich Automotive, also Kolbenschmidt Pierburg, in dieser hochkomplexen Gemengelage?

Nimmt man allein die derzeit disku-tierten und teilweise schon umgesetz-ten Technologien im Rahmen der Elekt-romobilität: Da gilt es vor allem, die rein fahrzeug- genauer gesagt batterietech-nische Seite zu berücksichtigen. Wird man hier in den noch verbleibenden Jahren bis 2020 zufrieden stellende, bezahlbare und damit für den Markt attraktive Angebote entwickeln können? Wird die Entwicklung der Batterietechnik auf absehbare Zeit neue Möglichkeiten bieten, die Elektroautos an die Reich-weiten benzin- oder dieselbetriebener Fahrzeuge herankommen zu lassen, oder wird die neue schöne elekt rische Autowelt sich auf ein Schattendasein als Zweit- oder gar Drittfahrzeug für den dann möglichst kurzen Weg zur Arbeit oder zum Shoppen in der City be-schränken – allenfalls noch eingesetzt als Kurzstrecken-Lieferfahrzeug, das abends schnell wieder ans Netz kann?

Die Rheinmetall-Konzernzeitung „Das Profi l“ versucht in dieser Ausgabe zu-mindest teilweise Antworten zu geben auf viele dieser allemal nicht leicht zu beantwortenden Fragen. Denn eine Menge Faktoren spielen bei der Auf-gabenstellung, Licht in das Dunkel der künftigen Antriebstechnik zu bringen, eine gewichtige Rolle. Und jede dieser

Antworten hätte das Zeug, die Ent-wicklung entscheidend zu beeinfl us-sen – positiv wie negativ.

So gibt Dr. Gerd Kleinert, Vorstands-vorsitzender der Kolbenschmidt Pier-burg AG, Einblicke in die Bewertung und Strategie der Firmengruppe im Hinblick auf aktuelle und künftige An-triebskonzepte. Weitere Hintergrund-informationen zu den Themenkreisen „Alternative Antriebe“ und „Elektro-fahrzeuge“ enthalten zwei Interviews mit profi lierten Entwicklern: ★ Dr. Hans-Joachim Esch, General-

bevollmächtigter Forschung und Tech-nologie der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe, sagt zum Beispiel, weitere 20 oder 30 Gramm CO2 Einsparung unter dem für 2020 angepeilten Grenzwert bedeuteten eine Revolution in der An-triebstechnik.★ „Die Karten zwischen Zulieferer und

OEM werden derzeit neu gemischt“, erläutert Prof. Dr. Eduard Köhler, der bei Kolbenschmidt Pierburg im Rah-men der Vorentwicklung das Thema „Elektro traktion“ verantwortet. Im Ge-spräch erklärt der Fachmann den Ge-samtthemenkreis der Elektromobiltät und erläutert Überlegungen für neue Aktivitätsfelder von KSPG (alle Beiträge fi nden Sie auf den Seiten 4 – 6).

dp Düsseldorf. Ausgehend von den Ex-pertenprognosen von CSM Worldwide, die im laufenden und im kommenden Jahr eine Fortsetzung des Wachstums der weltweiten Automobilproduktion erwarten, und vor dem Hintergrund des hohen Auftragsbestands im Un-ternehmensbereich Defence, der mit einer Auftragsdeckungsquote von über 70 Prozent in das Jahr 2011 gestartet ist, prognostiziert Rheinmetall für das laufende Geschäftsjahr einen Konzern-umsatz von rund 4,3 Milliarden , was einem Wachstum von acht Prozent ent-spricht. Zu diesem Wachstum werden, wie der Konzern auf der Bilanzpresse-konferenz am 23. März 2011 mitteilte, beide Unternehmensbereiche Automo-tive und Defence beitragen.

Gestützt durch neu gebuchte Aufträ-ge, insbesondere für Produkte, die der Einhaltung der internationalen Emissi-onsstandards dienen, geht Rheinmetall für den Unternehmens bereich Automo-tive in 2011 von einem Umsatzwachs-tum aus, das leicht oberhalb des von

CSM mit fünf Prozent prognostizierten Wachstums der Weltautomobilproduk-tion liegen wird. Für den Bereich wird im laufenden Geschäftsjahr ein Umsatz von rund 2,1 Milliarden erwartet.

Für den Unternehmensbereich De-fence geht Rheinmetall davon aus, im

Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden zu erreichen, ohne Berücksichtigung des auf die MAN entfallenden Umsatzanteils für lo-gistische Fahrzeuge der Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH. Dessen Höhe ist abhängig von der Errichtung

der zweiten Stufe des Gemeinschafts-unternehmens, die spätestens bis zum Ende des Geschäftsjahres 2011 erfolgen soll. Diese zweite Stufe des gemeinsamen Unternehmens, an dem Rheinmetall 51 Prozent der Anteile hält, umfasst auch die volle Integra-

tion des MAN-Produktionsstandorts in Wien. Auf Basis der Wachstums-prognosen für die beiden Unterneh-mensbereiche des Konzerns erwartet Rheinmetall eine im Verhältnis zum Umsatzanstieg überproportionale Verbesserung des Ergebnisses vor

Zinsen und Steuern und rechnet für 2011 mit einem Ebit zwischen 330 Millionen und 360 Millionen . Zu dieser Ergebnisverbesserung trägt insbesondere der Unternehmensbe-reich Automotive bei, für den – unter der Voraussetzung des von CSM prog-

nostizierten Marktwachstums und in Verbindung mit weiteren operativen Verbesserungen – ein Ebit zwischen 110 Millionen und 130 Millionen erwartet wird.

Für den Unternehmensbereich De-fence rechnet Rheinmetall weiterhin mit einer Umsatzrendite von über zehn Prozent und für das laufende Ge-schäftsjahr mit einem Ebit zwischen 230 Millionen und 250 Millionen . Voraussetzung dafür ist, dass alle lau-fenden größeren Projekte planmäßig realisiert werden können.

Auch für 2012 geht Rheinmetall von weiter steigenden Umsätzen und Er-gebnissen in beiden Unternehmens-bereichen aus (siehe auch „Profi l“-Seiten 2 + 10).

Wachstum wird gezielt fortgesetzt

DYNAMIK als Ausdrucksform intensiver Bewegung: Die in Düsseldorf lebende Foto-grafi n Petra Senn hat diese physikalische Eigenschaft in einer akzentuiert schwung-vollen, visuell offenen Kombination aus Form und Farbe eingefangen. Ihre fotografi -sche Metapher lässt sich – Dynamik treibt bekanntermaßen auch Entwicklungen voran – nahtlos auf drei Schwerpunktthemen dieser „Profi l“-Ausgabe übertragen: die „an-treibende“ Welt der Großkolben, das forschende Engagement beim „Antrieb der Zu-kunft“ und die vorwärtstreibende geschäftliche Performance von Rheinmetall. rds

he Hemer/Neckarsulm. Der Ne-ckarsulmer Automobilzulieferer Kol-benschmidt Pierburg AG ist mit der enTec Consulting GmbH (Hemer) übereingekommen, die Rechte und weltweite Vermarktung an der von enTec entwickelten variablen Ven-tilsteuerung „UniValve“ zu über-nehmen. Kolbenschmidt Pierburg wird dieses neue System künftig an Kunden in der internationalen Au-tomobilindustrie vermarkten.

„UniValve“ bietet als rein mecha-nisches und daher mit hoher Be-triebssicherheit arbeitendes System große Potenziale zur Reduzierung des Kraftstoffver brauchs, respek-tive der CO2-Emissionen heutiger und künftiger Motorengenerationen und verbessert darüber hinaus das Ansprechverhalten insbeson dere von Ottomotoren. Erprobungen am

Vollmotor wurden bereits mit ersten deutschen wie internationalen Her-stellern durchgeführt.

„Die vollvariable Ventilsteuerung ist eine der zentralen Schlüsseltech-nologien zur CO2-Reduzierung im Automobilbereich, und wir sind da-von überzeugt, dass diese Technik sowohl bei bereits bestehenden wie auch künftigen Ottomotoren eine immer größere Rolle spielen wird“, so Dr. Gerd Kleinert, Vorsitzender des Vorstandes der Kolbenschmidt Pierburg AG. „UniValve“ wurde mit den modernsten Methoden und Mitteln an Saug- und Turbomoto-ren entwickelt und bereits ersten Kunden vorgestellt. Das System ist durch zahlreiche deutsche und internationale Schutzrechte abge-sichert. Die Übernahme der Rechte an „UniValve“ durch Kolbenschmidt Pierburg wurde bereits Ende des Jahres 2010 in die Wege geleitet.

Jetzt mitUniValve

FZU als produktive MarkeDas Fertigungszentrum Unterlüß (FZU) hat sich binnen relativ kurzer Zeit als „produktive“ Marke etabliert, und dies nicht nur innerhalb des Rheinmetall-Ge-schäftsbereiches Waffe und Munition. Einen Blick hin-ter die FZU-Kulissen bieten die „Profi l“-Seiten 7 – 9.

KSPG-Experten geben erste Antworten zur Thematik

Welchen Weg wähltAntrieb der Zukunft?

Simulation vom FeinstenAm Bundeswehr-Standort Faßberg, der Heimat des Transporthubschrauberregiments 10, werden jetzt die Militärhelicopter-Piloten der Zukunft geschult – per Computeranimation erlernen sie das Fliegen mit dem neuen Nato-Hubschrauber 90 (s. S. 17).

KS-Großkolben an BordDas derzeit größte Kreuzfahrtschiff der Welt, die

„Allure of the Seas“ der US-Reederei Royal Caribbean International, hat ebenso wie ihr fast gleich großes Schwes-

terschiff „Oasis of the Seas“ Großkolben der KS Kolbenschmidt GmbH an Bord (mehr zum Thema fi nden Sie auf „Profi l“-Seite 3).

Simulation vom FeinstenAm Bundeswehr-Standort Faßberg, der Heimat des Transporthubschrauberregiments 10, werden jetzt die Militärhelicopter-Piloten der Zukunft geschult – per Computeranimation erlernen sie das Fliegen mit dem neuen Nato-Hubschrauber 90 (s. S. 17).

EXTRAVAGANZ IM STRETCHFORMAT: Mit knapp 6,36 Metern ist der Mercedes Pullman S 600 Guard nachweislich nicht nur der längste Serien-Pkw der Welt, sondern auch einer der sichersten. Die repräsentative Staatslimousine – sie wird von einem Zwölfzylindermotor mit 380 kW/517 PS angetrie-ben – bietet den in der Regel sehr prominenten Passagieren ein Höchstmaß an Schutz (Widerstandsklasse B6/B7), zum Beispiel vor terroristischen Angrif-fen: So hält etwa die Armierung nach Herstellerangaben Gewehrprojektile aus dem militärischen Bereich auf und schützt außerdem gegen Splitter von Handgranaten und anderen Sprengsätzen. Zur sonderschutzspezifischen Ausstattung des Fahrzeugs gehören darüber hinaus unter anderem die 65 Milli-meter dicken Spezialscheiben, die von der Bordelektronik unabhängige Notbetätigung der Fensterheber, der Sonderschutztank, der Löcher von Splittern selbsttätig verschließt, und ein so genanntes Gefährdeten-Alarmsystem, das sich von jedem Platz im Auto auslösen lässt. Seit 1928, also seit mehr als 80 Jahren, liefert die Daimler-Tochter Mercedes gepanzerte Limousinen. Der sondergeschützte 600er entstand 1965 auf Wunsch der damaligen Bundesregie-rung und wurde unter hohem Termindruck noch rechtzeitig zum Deutschland-Besuch von Queen Elisabeth II fertig gestellt; die gepanzerte Pullman-Limou-sine hatte einen erhöhten Dachaufsatz, damit die englische Königin ihren Hut während der Fahrt nicht abzunehmen brauchte. Was Fahrer und erst recht die Fahrgäste des Mercedes S 600 Pullman Guard wohl kaum wissen: Auch in der aktuellen Version der rund 5,3 Tonnen schweren Luxuslimousine fährt Kolbenschmidt Pierburg mit; zum Lieferumfang gehören Kolben sowie Taktventile für die druckmindernde Wastegate-Steuerung des Turboladers. kab

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Herausgeber: Rheinmetall AGVerantwortlich: Peter RückerChefredaktion: Rolf D. SchneiderAnschrift: Redaktion „Das Profil“Postfach 104261, 40033 Dü[email protected]

Satz: Strack + Storch KGGladbacher Straße 1540219 DüsseldorfDruck: DAMO Digitaltechnik GmbHHeinrich-Malina-Str. 10147809 Krefeld

Drucktermin dieser Ausgabe: 2. Mai 2011Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten.

oho Stafford/Washington. Das Marine Corps der US-Streitkräfte hat weitere Aufträge für Spezial- und Übungsmunition im Gesamtvolumen von rund 20 Millionen E an Rheinme-tall vergeben. Das Unternehmen po-sitioniert sich mit diesen Aufträgen einerseits als einer der Hauptlieferan-ten des US Marine Corps im Bereich von Übungs- und Effektmunition im Mittelkaliber, und unterstreicht ande-rerseits auch im weltweiten Vergleich seine technologische Führungsrol-le bei Munition unterschiedlichster Kalibergrößen. Das Gesamtvolumen der in den vergangenen fünf Jahren von Rheinmetall an das Marine Corps gelieferten 40mm-Munition beläuft sich mittlerweile auf über 170 Millio-nen US-Dollar (rund 121 Mio. E).

Mit der American Rheinmetall Mu-nitions, Inc, Stafford, Virginia ver-fügt Rheinmetall über eine eigene Präsenz in den Vereinigten Staaten,

die auch an einem zweiten Standort in Camden, Arkansas, lokale Fer-tigungskapazitäten hat. Dort wird auch ein Großteil der nun beauftrag-ten Munition gefertigt.

Im Einzelnen umfasst ein aktueller Auftrag unter anderem die Lieferung von Übungsgranaten des Typs M 1110, deren Fertigung in USA bereits angelaufen ist. Diese 40mm-Gra-naten erlauben den Soldaten das Trainieren unter realistischen Bedin-gungen bei Tag und Nacht. Die Low-Velocity-Granaten sind nicht-toxisch und können dank ihrer sprengstoff-freien Bauart keine Buschfeuer auf den Übungsgeländen erzeugen.

Daneben wird Rheinmetall takti-sche Markiergranaten im 40mm-Ka-liber liefern. Diese – aus deutscher Fertigung stammenden – Infrarot-Granaten können bis auf 350 Meter Entfernung Ziele mit einer für das bloße Auge unsichtbaren Infrarotflüs-sigkeit markieren und für geeignete Nachtsichtgeräte erkennbar machen.

Im Rahmen eines weiteren Auftrags, der gegen starke amerikanische und internationale Konkurrenz gewonnen werden konnte, wird Rheinmetall den Fünfjahresbedarf (2011-2016) des US Marine Corps an Farbrauchsignalgra-naten decken. Ein gleichzeitig erteil-ter Entwicklungsauftrag bezieht sich auf die Entwicklung eines speziellen so genannten insensitiven Antriebs für High-Velocity-Übungsgranaten des Typs MK 281, die Rheinmetall so-wohl für das Marine Corps als auch für die Special Forces der US-Streit-kräfte fertigt.

Dieser anspruchsvolle Antrieb soll es gewährleisteten, dass das An-triebspulver bei Beschuss oder im Falle eines Feuers nicht unkontrol-liert reagiert und auf diese Weise die eigenen Kräfte gefährdet. Auch bei der Entwicklung solch insensitiver Antriebe ist Rheinmetall weltweit füh-rend und hat bereits diverse Muniti-onsarten mit dieser neuen Technolo-gie auf den Markt gebracht.

Munition fürUS-Marine

Rheinmetall bewegt sich konsequent „auf Erfolgsspur“

Konzern-Ebit erreicht 2010 ein Rekordniveau

dp Düsseldorf. Bei der Rheinmetall AG sind die Weichen nach einem sehr erfolgreichen Geschäftsjahr 2010 in beiden Unternehmenssparten auf an-haltend profitables Wachstum gestellt. Nach den Bestwerten, die das Unter-nehmen für die Ergebnisse des Jahres 2010 ausweist, erwartet man für das laufende Geschäftsjahr 2011 nochmals ein deutliches Plus beim Umsatz und beim Ergebnis. Dazu Vorstandschef Klaus Eberhardt während der Bilanzpres-sekonferenz am 23. Mai 2011: „Dank eines starken Turn-arounds bei Automo-tive sind wir wieder auf der Erfolgsspur.“ Der Konzern erzielte im Geschäftsjahr 2010 einen Umsatz von 3,989 Milliarden E, was im Vergleich zum Vorjah-resumsatz von 3,420 Milliarden E einem Anstieg um 17 Prozent entspricht.

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) des Rheinmetall-Konzerns stieg im Geschäftsjahr 2010 um 282 Milli-onen E von 15 Millionen E im Vorjahr auf 297 Millionen E. Damit liegt das Ergebnis operativ auf einem neuen Re-kordniveau. Im Ergebnis des Vorjahres waren 138 Millionen E für Maßnahmen zur Krisenbewältigung im Unterneh-mensbereich Automotive enthalten. Die Ebit-Rendite im Konzern betrug 7,4 Prozent; sie lag damit deutlich über dem Vorjahreswert von 0,4 Prozent.

Bei einem um sieben Millionen E ver-schlechterten Zinsergebnis und nach Abzug der Steuern erreichte Rheinme-tall 2010 ein Konzern-Jahresergebnis von 174 Millionen E und übertraf damit den Vergleichswert des Vorjahres um 226 Millionen E. Nach Abzug des auf die Anteile anderer Gesellschafter ent-fallenden Gewinns von zwölf Millionen E ergibt sich damit ein Ergebnis je Ak-tie von 4,23 E (Vorjahr: minus 1,60 E).

H Das Geschäftsjahr 2010 stand für die Defence-Sparte vor allem im Zei-chen der erfolgreichen Integration ei-ner Reihe von Akquisitionen im In- und Ausland, die in erster Linie der Abrun-dung des technologischen Portfolios und der Erschließung neuer Auslands-märkte dienen.

Mit einem Umsatz von 2,007 Milliar-den E erzielte der Unternehmensbe-reich Defence im Geschäftsjahr 2010 eine Steigerung um 109 Millionen E oder sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr (2009: 1,898 Mrd. E). Die in 2010 erstmals einbezogenen Entwick-lungs- und Vertriebsaktivitäten der Joint-Venture-Gesellschaft Rheinme-tall MAN Military Vehicles GmbH (ab Mai 2010) sowie die Simrad Optronics AS (ab Juli 2010), die Rheinmetall Ver-seidag Ballistic Protection GmbH (ab Juli 2010) und die RWM Italia Muni-tions S.r.l. (ab Dezember 2010) trugen mit einem Umsatz von insgesamt 83 Millionen E zur Geschäftsausweitung bei. Durch die Entkonsolidierung der Contraves Advanced Devices Sdn Bhd, Malakka, Malaysia, gingen gegenüber dem Vorjahr gegenläufig elf Millionen E Umsatz verloren.

Rheinmetall Defence konnte sich be-deutende Aufträge im In- und Ausland sichern und die Position als ein führen-der Ausrüster der Streitkräfte in Europa weiter stärken. Der Auftragseingang blieb im Geschäftsjahr 2010 mit 1,977 Milliarden E unter dem sehr hohen Vorjahreswert von 3,153 Milliarden E, der allerdings durch den Großauftrag in Höhe von 1,3 Milliarden E für den

neuen Schützenpanzer Puma für die Bundeswehr geprägt war. Bereinigt um diesen Effekt, stieg der Auftragsein-gang um rund 95 Millionen E oder fünf Prozent. Auf hohem Niveau bewegt sich weiterhin der Auftragsbestand von Defence, der sich Ende 2010 auf 4,772 Milliarden E bezifferte und den entsprechenden Vorjahreswert (31. De-zember 2009: 4,590 Mrd. E) nochmals um 182 Millionen E übertraf.

Der Unternehmensbereich verzeich-nete einen deutlichen Ergebniszuwachs und erzielte im Geschäftsjahr 2010 ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von 234 Millionen E (Vorjahr: 215 Mio. E), was einem Plus von 19 Mil-lionen E oder neun Prozent entspricht. Die im Vergleich zum Umsatzwachstum überdurchschnittliche Ergebnisstei-gerung ließ die EBIT-Rendite auf 11,6 Prozent steigen – nach 11,3 Prozent im Vorjahr ein neuer Höchstwert für den Defence-Bereich.H Das Geschäftsjahr 2010 war für

Rheinmetall Automotive von der kon-junkturellen Markterholung und den damit verbundenen positiven Aus-wirkungen geprägt. Darüber hinaus spielte die abschließende Umset-zung der Ende 2008 beschlossenen Restrukturierungs maßnahmen zur Be-wältigung der Krise eine zentrale Rolle für die Geschäftsentwicklung.

Rheinmetall Automotive profitierte im Berichtsjahr vor allem von dem 22%igen Produktionswachstum bei Pkw in den Triademärkten Westeuropa, Nafta, Ja-pan und erreichte einen Umsatz von 1,982 Milliarden E, was im Vergleich zum Vorjahr einem Plus von 460 Millio-nen E oder 30 Prozent entspricht.

Darüber hinaus profitiert die Sparte insbesondere auch von langfristigen Branchentrends, die sich aus der Not-wendigkeit der Verbrauchsreduktion und eines optimierten Schadstoff-Ma-nagements bei Verbrennungsmotoren ableiten. So ist im zweiten Halbjahr 2010 ein Großauftrag für Komponenten einer besonders verbrauchseffizienten Motorenfamilie angelaufen, und zwar mit einem jährlichen Umsatzvolumen von mehr als 155 Millionen E.

Automotive erzielte im Geschäftsjahr 2010 ein Ergebnis vor Zinsen und Steu-ern (Ebit) von 81 Millionen E und über-traf damit den Vorjahreswert von minus 187 Millionen E um 268 Millionen E. Die deutliche Ertragssteigerung resul-tiert im Wesentlichen aus den höheren Umsätzen bei gleichzeitig gesenkter Ge-winnschwelle als Ergebnis der in der Kri-se durchgeführten Restrukturierungen.

oho Saint-Jean-Sur-Richelieu. Rhein-metall hat zwei wichtige Aufträge zur Ausrüstung der kanadischen Streit-kräfte im Gesamtwert von rund 92 Mil-lionen E gewonnen.

Die Rheinmetall Canada Inc. in Saint-Jean-Sur-Richelieu (Québec) ist damit beauftragt worden, Granatwerfersys-teme und dazugehörige Munition im Gesamtwert von rund 70 Millionen E an die Armee Kanadas zu liefern. Im Rahmen des „Close Area Suppression Weapon“-Projekts (CASW) erhalten die kanadischen Streitkräfte im Zeit-raum bis Anfang 2012 insgesamt 304 automatische Granatwerfer, die für Einsatzzwecke vorgesehen sind und unter dem Namen „C16 – Automatic Grenade Launcher System“ überholte Mörsersysteme ablösen.

Als Generalunternehmer ist Rhein-metall Canada hierbei nicht nur für das Projektmanagement, die Gesamtmon-tage und die Integration der Vinghøg-

Feuerleittechnik zuständig, die aus dem Hause der jüngst erworbenen Rheinmetall-Tochter Simrad Optro-nics, Norwegen, stammt. Rheinmetall Canada ist auch für die logistische Be-treuung und die komplette Ersatzteil-versorgung verantwortlich sowie für den Service und die Wartung der C16-Systeme in der militärischen Nutzung.

Ebenfalls im Rahmen dieses Auf-trags liefert Rheinmetall in mehreren Losen insgesamt 250 000 Schuss Ge-fechts- und Übungsmunition im Kali-ber 40mm.

Ein weiterer Auftrag mit einem Volu-men von rund 23 Millionen E umfasst die Modernisierung und Instandset-zung von Leopard-Kampfpanzern, die die kanadische Armee aus den Bestän-den der niederländischen Streitkräfte übernommen hat. Insgesamt 42 Kampf-panzer des Typs Leopard 2A4 sollen

im Zeitraum bis 2013 so umgerüstet werden, dass sie kanadischen Ausrüs-tungsstandards entsprechen und in bestehende Führungsstrukturen einge-bunden werden können.

Beide Aufträge sind Beleg für das breite Kompetenzspektrum, das Rhein-metall als führendes Systemhaus der Heerestechnik abdeckt – von den schweren gepanzerten Plattformen bis hin zum einzelnen Waffensystem und der entsprechenden Munition.

Seit rund zwanzig Jahren verfügt Rheinmetall in Saint-Jean-Sur-Richelieu in der Provinz Québec (Kanada) über einen großen Entwicklungs- und Fer-tigungsstandort, der sich nicht nur im Rahmen des kanadischen „Adats“-Pro-gramms (Adats: Air Defence and Anti-Tank System) besondere Expertise auf dem Gebiet der Flugabwehr systeme er-worben hat, sondern z.B. auch bei Waf-fenstationen, Aufklärungs systemen und in der Infanterie-Ausrüstung über

ein ausgeprägtes Know-how verfügt. Gleichzeitig hat sich das Unternehmen als kompetenter Dienstleister und bewährter Partner der kanadischen Streitkräfte profiliert.

Rheinmetall Canada beschäftigt 250 hoch qualifizierte Mitarbeiter und er-wirtschaftete im Geschäftsjahr 2009 ei-nen Umsatz von umgerechnet rund 59 Millionen E. Das Unternehmen verfügt nicht nur über hochmoderne und flexib-le Fertigungsanlagen, sondern auch über umfangreiche Erprobungseinrich-tungen sowie ein eigenes Testgelände.

Mit den nun gewonnenen Aufträgen positioniert sich Rheinmetall in Nord-amerika als leistungsfähiger Liefe-rant und Dienstleister auf dem Gebiet der modernen Mittelkaliber-Waffen-systeme, wie sie zum Eigenschutz der Streitkräfte in heutigen Einsatzsze-narien benötigt werden.

Rheinmetall Canada beschäftigt 250 hoch qualifizierte Mitarbeiter. Das Unterneh-men verfügt nicht nur über hochmoderne und flexible Fertigungsanlagen, sondern auch über umfangreiche Erprobungseinrichtungen sowie ein eigenes Testgelände.

Kanadische Streitkräfteordern bei Rheinmetall

LANGFRISTIGE BEREITSTELLUNG: Rheinmetall hat mit den Königlich Niederländischen Streitkräften einen Rahmenvertrag über die Versorgung mit verschiedenen Munitionstypen geschlossen. Das erwartete Auftragsvolumen des über zehn Jahre laufenden Vertrages wird vom Unternehmen mit bis zu 200 Millionen E beziffert. Das Düsseldorfer Unternehmen baut mit diesem weit reichenden Abkommen seine Position als führender Anbieter im Bereich von Groß- und Mittelkaliberwaffen und der dazugehörigen Munition für die Nato-Mitgliedsländer und für weitere befreundete Staaten aus. Die Streitkräfte der Niederlande haben vor kurzem den ersten Abruf von Modularen Treibladungssystemen für das Artilleriesystem Panzerhaubit-ze 2000 – hier im Einsatz in Afghanistan – ausgelöst. Die niederländische Armee bezieht bereits heute viele benötigte Munitionstypen von Rheinmetall, sowohl Übungs- als auch Gefechts-munition unterschiedlichster Kalibergrößen. Der Rahmenvertrag gewährleistet der niederländischen Armee langfristig und mit kurzen Lieferterminen eine Munitionsversorgung auf höchs-tem qualitativem Niveau und trägt außerdem zur Vereinfachung von Beschaffungsabläufen bei. Das Rahmenabkommen ist Ausdruck der langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Rheinmetall und den Königlich Niederländischen Streitkräften und legt die Grundlage für eine weitere dauerhafte Intensivierung der Kooperation zum beiderseitigen Nutzen.

tho Neckarsulm. Das größte Kreuz-fahrtschiff der Welt gibt es jetzt gleich im Doppelpack: Die „Allure of the Seas“ (auf Deutsch: „Verlockung der Meere“) übertrifft mit 362,05 Metern Länge ihr Schwesterschiff „Oasis of the Seas“ zwar um fünf Zentimeter, wird aber von der US-Reederei Royal Caribbean International in den Faktenbögen als gleich groß geführt. Denn der minimale Längenzuwachs, der bei der offiziellen Laservermessung durch das Klassifizie-rungsunternehmen DNV herauskam, war eigentlich nicht vorgesehen.

Die „Allure of the Seas“ (Foto links), die am 1. Dezember 2010 von Fort Lau-derdale im US-Bundesstaat Florida aus zu ihrer Jungfernfahrt in die Kari-bik auslief, bringt es ebenso wie ihr Schwesterschiff auf 225 282 Brutto-registertonnen. Auch die sieben Life-

style-Areale und das architektonische Konzept offener Innenhöfe wurden von der „Oasis of the Seas“ übernommen. Vom Wasserspiegel ragt der Luxusli-ner 65 Meter in die Höhe. Auf 16 Gäs-tedecks befinden sich 2706 Kabinen, die bei maximaler Belegung über 6300 Passagieren Platz bieten. Für deren Wohl sorgt eine internationale Besat-zung, deren 2165 Mitglieder aus mehr als 80 Ländern kommen.

Um die „Allure of the Seas“ mit Ener-gie zu versorgen, arbeiten im Bauch des Schiffes sechs Dieselaggregate des finnischen Motorenherstellers Wärtsi-lä. Die insgesamt 84 Kolben, die einen Durchmesser von jeweils 46 Zentime-tern und ein Gewicht von 250 Kilogramm haben, lieferte die KS Kolbenschmidt GmbH. Produkte dieses Unternehmens werden bereits in anderen Kreuzfahrt-schiffen der Superlative eingesetzt:

„Auch die Dieselmotoren der ‚Queen Mary 2’ („Das Profil“ 1/2004) , die 2004 den Weltrekord hielt, und der ‚Oasis of the Seas‘ haben Kolben desselben Typs“, sagt Großkolbenchef Dipl.-Ing. (TH) Wolfgang Hartmann.

Diese Kolben bestehen aus zwei fest miteinander verbundenen Teilen: Der obere ist aus Stahl und der untere aus Sphäroguss. „Mit dieser Bauart werden hohe Zünddrucke von über 25 Megapas-cal oder 250 Bar möglich“, erklärt Hart-mann und fügt hinzu: „Dadurch lässt sich der Treibstoffverbrauch um maximal zehn und der Ausstoß von Schadstoffen sogar um bis zu 20 Prozent reduzie-ren.“ Damit leisten die Großkolben aus Neckarsulm einen nicht unerheblichen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit und zum Umweltschutz. Denn die drei Zwölf- und drei Sechzehn-Zylinder-Motoren der

„Allure of the Seas“, die zusammen bis zu 92 000 kW (entspricht 125 000 PS) leisten, verbrauchen unter Volllast rund 15 000 Liter Treibstoff pro Stunde.

Mit dem Luxusliner, der eine Höchst-geschwindigkeit von 22,6 Knoten (ca. 42 km/h) erreicht, kreuzt jetzt eine weitere „‚schwimmende Kleinstadt“ durch die Karibik und läuft dort etwa Häfen in Mexiko, Haiti, auf den Baha-mas, St. Thomas und St. Maarten an. Damit sich die Gäste in der Zwischen-zeit nicht langweilen, ist für Abwechs-lung an Bord gesorgt: 26 Restaurants bieten eine Vielzahl kulinarischer Köst-lichkeiten an. Außerdem gibt es die erste Starbucks-Kaffeebar auf hoher See. In mehreren Theatern sind Musi-cals, Shows sowie eine Eislaufrevue zu sehen. Und für den sportlichen Kick sorgen zwei Kletterwände, eine Seil-rutsche sowie zwei Surf-Simulatoren.

„Allure of the Seas“-Luxusliner kreuzt in der Karibik

84 Großkolben für die „schwimmende Stadt“

VollständigeÜbernahme

oho Düsseldorf/Krefeld. Der Rhein-metall-Konzern hat die Verseidag Ballistic Protection GmbH (Krefeld) nach dem in 2010 erfolgten Einstieg nun komplett übernommen. Im Juli 2010 hatte Rheinmetall bereits 51 Prozent der Anteile des Spezialan-bieters für zivile und militärische Schutzsysteme erworben. Mit Wir-kung zum 31. Dezember 2010 wurden die verbleibenden 49 Prozent von der Jagenberg AG auf Rheinmetall übertragen, womit der Düsseldorfer Wehrtechnikkonzern nun 100 Pro-zent der Gesellschaftsanteile hält.

Rheinmetall positioniert sich mit der Übernahme im Bereich des Schutzes als Komplettanbieter für die militä-rischen Landfahrzeughersteller und für die Automobilindustrie. Im militä-rischen Bereich erweitert Rheinmetall durch die Akquisition seine Kompe-tenzen im Bereich des ballistischen Schutzes zusätzlich zu Panzerungen für Fahrzeuge nun insbesondere auch auf Lösungen für Luftfahrzeuge (Helikopter) und Schiffe. Durch den Zukauf stärkt Rheinmetall seine Ver-triebskompetenz auf diesem Sektor und erschließt sich bei Schutztech-nologien einen Zugriff auf wichtige Märkte in ganz Europa.

Die Verseidag Ballistic Protection GmbH hat sich auf Technologien spezialisiert, die es ermöglichen, die Besatzungen ziviler und militäri-scher Fahrzeuge zu Lande, zu Wasser und in der Luft vor Beschuss und vor der Bedrohung durch Explosivstoffe wirksam zu schützen. Zum Einsatz kommen hochmoderne keramische und metallische Werkstoffe sowie Faserverbunde aus Hochleistungs-textilien, deren Entwicklung und Produktion das Krefelder Unterneh-men betreibt.

oho Düsseldorf. Die Marinen von Peru, Finnland und Deutschland ha-ben das Schutzsystem „Mass“ (Mul-ti Ammunition Softkill System) von Rheinmetall zum Schutz ihrer Flotten gegen Flugkörperangriffe geordert. Mit diesen drei Aufträgen hat sich das modernste Täuschkörpersystem für Fregatten, Korvetten, Minenjäger und Patrouillenboote erneut gegen die in-ternationale Konkurrenz durchgesetzt. Rheinmetall Defence tritt zudem bei Marineschutzsystemen erstmalig in den südamerikanischen Markt ein. Das Auftragsvolumen beträgt insge-samt rund 15,5 Millionen E. Seit dem Markteintritt von Mass (2002) wurden bislang Verträge über 172 Werferein-heiten abgeschlossen.

Im Rahmen der umfassenden Mo-dernisierung ihrer „Lupo“-Klasse beauftragte die Peruanische Marine das Düsseldorfer Unternehmen mit der Ausrüstung der ersten zwei Fre-gatten mit dem Mass-Schutzsystem. Der Auftrag umfasst ferner eine Option für die Ausrüstung zwei weiterer Fregatten derselben Klasse in-nerhalb der nächsten zwei Jahre.

Die Deutsche Marine erteilte einen weiteren Folgeauftrag zur Ausrüstung ihrer Minenjäger, da der Eigenschutz bei den Einsatzkräften weiterhin aller-höchste Priorität hat. Nachdem 2008 im Rahmen einer einsatzbedingten So-forteinrüstung für den „Unifil“-Einsatz

(vor der Küste des Libanon) zwei Minen-kampf-Einheiten sowie 2009 zwei wei-tere Einheiten derselben Klasse bereits mit Mass ausgerüstet worden waren, erfolgte nun der Auftrag zur Ausrüstung zwei weiterer Minenkampf-Einheiten

mit einer Zwei-Werfer-Konfiguration mit integrierter Detektionseinheit.

Die Finnische Marine setzt erneut auf das Schutzsystem und beauftragte Rheinmetall Defence mit der Ausstat-tung von sechs Schnellbooten der um-zurüstenden „Rauma“-Klasse. Bereits 2002 rüstete Finnland als Pilotkunde

seine Schnellboote der Hamina-Klasse mit Mass aus.

Lenkflugkörper und Raketen sind eine permanente Bedrohung für die zivile und die militärische Schifffahrt. Mass schützt Schiffe bei Angriffen moderner,

sensorgelenkter Flugkörper auf hoher See, im Küstenbereich und bei terroristi-

schen Attacken. Das System verschießt dabei Täuschmunitionen, die die Flug-körper vom Ziel ablenken.

Das automatisierte Täuschkörpersys-tem bietet erhebliche taktische, operati-ve und logistische Vorteile und kann auf allen Schiffstypen installiert werden. Es kann in alle Führungssysteme integriert,

aber auch als Stand-alone-Anlage be-trieben werden. Die neuartige, program-mierbare omni-spektrale Munition von Mass gewährleistet Schutz in allen re-levanten Wellenlängen des elektromag-netischen Spektrums (Radar, Infrarot, Laser, EO, UV). Die Wirksamkeit wurde in zahlreichen internationalen Test-Kam-pagnen eindrucksvoll nachgewiesen. Bei Mass mit integrierter Detektions-einheit (Mass ISS – Integrated Sensor Suite) handelt es sich um eine neu-artige Weiterentwicklung im Bereich der elektronischen Kampfführung der Rheinmetall Defence in Kooperation mit Saab Electronic Defence Systems, bei der das System mit einer integrierten Sensorik sowohl gegen Radar- als auch Laserbedrohungen kombiniert wird.

„Mass“ nimmt Fahrt auf

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Auch angesichts dieser vielfältigen Aktivitäten auf allen Ebenen sind wir uns heute bewusst, dass es noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird, bis wir uns vollelektrisch in dem heute bekannten Maße fortbewegen werden können. Dies liegt zum einen an den noch erheblichen Entwicklungsanstrengungen, die die Elektromo-bilität derzeit an die Forschungsinstitute und die Ent wicklungs abteilungen der Automobilunter-nehmen und der Zulieferer stellt. Dabei wird die Zukunft der Elektromobilität sehr stark abhängig sein von der Weiterentwicklung der Batterietech-nologie im Hinblick auf Kapazität, Gewicht, Volu-men, Aufl adezeit und Lebensdauer.

Zum anderen hat auch der Verbrennungsmotor noch ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung und Optimierung, das vergleichsweise kosten-günstig gehoben werden kann. Dieses Potenzial – ich denke beispielsweise an den Themenbereich Ladungswechsel, aber auch an weitere Möglich-keiten zur Verbrauchseinsparung und Schadstoff-reduzierung – wird die Zulieferer in den nächsten zehn bis 20 Jahren weiter intensiv beschäftigen, zumal der Weg zum Elektrofahrzeug über ver-schiedene Stufen der „Hybridisierung“ erfolgen wird, und dabei ist immer auch ein Verbrennungs-motor im Spiel.

Aber dennoch: Der Elektroantrieb wird zumin-dest bei kleineren Stadtfahrzeugen kommen, und Kolbenschmidt Pierburg (KSPG) wird seine System-Kompetenz in gleichem Maße in die Ent-wicklung von Komponenten für Elektrofahrzeuge einbringen. Wir sehen dies als einen kontinuier-lich und langfristig wachsenden Markt für uns an.

Dabei kommt batteriebetriebenen Fahrzeugen aus heutiger Sicht eine Zwischenstellung zu.

Ihre Nutzung wird sich nach unserer Marktein-schätzung auf den Einsatz für Pendler im städti-schen Umfeld oder als Liefer- oder Servicefahr-zeuge konzentrieren. Wer auf lange Strecken angewiesen ist, wird zunächst weiter zum opti-mierten Verbrennungsmotor – vielleicht auch in Form eines Hybrids – und später zur Brennstoff-zelle greifen, obwohl auch hier noch einige Ent-wicklungsaufgaben vor uns liegen.

Die Kompetenzen von KSPG im Bereich der er-weiterten Elektromobilität liegen insbesondere

in der Elektrifi zierung von Nebenaggregaten des Antriebs sowie im Bereich der Lagerung, darü-ber hinaus bei Pumpen oder im Sektor Leicht-bau und bei der Herstellung von Strukturbau-teilen aus Aluminium. Hinzu kommt das weite Feld der Systemintegration des Thermomanage-ments von Elektrofahr zeugen, wozu die Berei-che Antrieb, Batterie und Leistungselektronik gehören, aber beispielsweise auch die damit verbundenen Verbraucher wie Heizung, Lüftung und Klima.

Last not least sind wir seit vielen Jahren in Ver-suchsfahrzeugen mit Brennstoffzellen antrieb vertreten und haben aktuell einen Auftrag von ei-nem namhaften deutschen Automobilhersteller für eine Kleinserie von Wasserstoff komponen ten in der Brenn stoffzellentechnik erhalten. Damit wird KSPG auch in Zukunft einen wesentlichen technischen Beitrag zur individuellen Mobilität leisten. Dr. Gerd Kleinert

Auch Elektroautos machen Spaß: Dr. Gerd Kleinert beim Test eines Tesla Elektro-Roadsters, der in weniger als vier Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigt und eine Reichweite von über 200 Kilome-tern erzielt. Das Fahrzeug ging Ende 2010 wegen einer spektakulären Weltumrundung durch die Medien.

Neckarsulm/Neuss. Nicht erst seit der Gründung der nationalen Plattform „Elektromobilität“ durch die Bundesregierung dürfte jedem in unserem Lande klar sein, dass das Thema batteriegetriebene Fahrzeuge und die damit verbundene „Elektromobilität“ aus unserer zukünftigen automobilen Welt nicht mehr wegzudenken sind. Zu diskutieren bleiben zurzeit nur der Umfang und der Zeitrahmen, in dem sich Elektrofahrzeuge durchsetzen werden. Schon die letzte Pkw-IAA in Frankfurt (2009) hat deut-lich gemacht, wie stark sich die Automobilhersteller weltweit mit diesem Thema beschäfti gen. Ganze Forschungsbudgets wurden von anderen innovativen Antriebstechniken abgezogen und Entwicklungs-abteilungen im Bereich Elektrofahrzeuge verstärkt und ausgebaut. Die IAA 2011 (15. – 25. September 2011) wird diese Entwicklung nachhaltig zementieren und auch mit neuen Fahrzeugen dokumentieren.

KSPG-Vorstandschef Dr. Gerd Kleinert über neue Antriebstechnik

„E-Traktion für uns attraktiv“

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Neckarsulm/Neuss. Mit der Zusam-menführung der Vorentwicklungsbe-reiche innerhalb der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe (KSPG) unter der Leitung von Dr. Hans-Joachim Esch hat das Unternehmen weitere Maßnah-men eingeleitet, um gerade in diesem zukunftsrelevanten Unternehmensteil ein größtmögliches Maß an Synergien sicherzustellen. „Das Profi l“ sprach mit dem Generalbevollmächtigten For-schung und Technologie über die Aus-richtung der Entwicklungsaktivitäten im Hinblick auf Neuerungen in der Mo-torentechnik und mögliche Beiträge zu alternativen Antriebskonzepten.

Profi l: Herr Dr. Esch, es mehren sich die kritischen Stimmen, die vor allzu optimistischen Vorstellungen in Bezug auf eine baldige Umstellung auf Elekt-roantriebe warnen. Wie sehen Sie die Entwicklung der vollelektrischen An-triebstechnologie in den noch verblei-benden neun Jahren bis 2020?

Esch: Die rein batteriebetriebenen Fahrzeuge werden sich sicherlich nicht in den verbleibenden neun Jahren bis 2020 marktdeckend durchsetzen kön-nen. Da sprechen zu viele Faktoren da-gegen: Zunächst einmal sind dies die Kosten, dann die Verfügbarkeit der not-wendigen Infrastruktur, und last but not least wären sicherlich auch die ganzen Rohstoffe, die man für die vielen Batte-rien brauchen würde, gar nicht in der Kürze der Zeit verfügbar. Aber, um es etwas plakativ zu sagen: Der Blumen-strauß der unterschiedlichen Antriebs-systeme wird immer größer.

Profi l: Wenn wir jetzt einmal über das Stichdatum 2020 hinaus denken: Wie werden unsere Autos in 20, 30 oder 40 Jahren angetrieben?

Esch: Das ist eine Frage, die sich so losgelöst nicht beantworten lässt. Das hängt in starkem Maße davon ab, welche CO2-Reduktionsziele künftig wirklich angestrebt werden. Es gibt ja eine Studie von McKinsey, die sagt, wenn man dem Ziel einer um zwei Grad reduzierten globalen Erwärmung näherkommen will, dann müssen die Automobile beim CO2 in der Größen-ordnung 20-30 Gramm pro Kilometer runter. Das wäre dann noch einmal 1/3 des Grenzwertes, den wir im Mo-ment für 2020 anpeilen. Und das wäre zwangsläufi g mit einer Revolution ver-bunden. Denn das wird man dann mit der jetzt praktizierten Optimierung der bestehenden Antriebssysteme nicht mehr erreichen können. Man müsste völlig umdenken. In diesem Falle wä-ren wir wahrscheinlich auf dem Weg zur Brennstoffzelle oder zur rein elekt-rischen Mobilität. Ob sich das in die Tat umsetzen lässt, kann man heute wirklich noch nicht sagen.

Profi l: Aber zunächst fungieren ja die verschiedenen Formen des Hybrid-antriebs als Zwischenschritt. Wie ist KSPG da aufgestellt?

Esch: Wenn man an Hybrid denkt, denkt man im ersten Schritt immer an den elektrischen Antriebsmotor. Für Kolbenschmidt Pierburg tun sich dennoch große Potenziale in der Hyb-ridisierung auf, weil das Zusammen-spiel von Elektromaschine und Ver-brennungskraftmaschine ein äußerst komplexer Vorgang ist. Da muss vieles geregelt und gesteuert werden. Wir müssen beispielsweise über Heizun-gen nachdenken, und dort bieten sich gerade auf dem Gebiet der Mechatro-nik, das von den Geschäftsbereichen Pierburg und PPT abgedeckt wird, her-vorragende Entwicklungspotenziale.

Profi l: Wenn wir jetzt mal das Elekt-rofahrzeug und auch den Hybrid bei-seite lassen und an die Weiterentwick-lung konventioneller Motoren denken, stellt sich ja zunächst einmal die Frage

nach den verfügbaren Brennstoffen. Wie sieht es denn da aus?

Esch: Auch da gilt das Bild vom Blu-menstrauß: Er wird größer und bunter. Die heutigen Brennstoffe Benzin und Dieselöl werden sicherlich nicht grund-sätzlich vom Markt verschwinden. Was eine zunehmende Bedeutung einneh-men wird, sind entweder Beimischun-gen oder vielleicht in fernerer Zukunft auch 100-prozentige regenerative Kraft-stoffe, beispielsweise Biofuel der 2. Ge-neration. Hinzu kommt die Nutzungs-möglichkeit der vorhandenen Gase, die ja heute noch großteils abgefackelt werden. Und wie ich eingangs schon sagte, wird es damit immer schwieri-ger, eine Zwei-Tanksäulen-Strategie, wie wir sie früher einmal hatten, durch-zuführen. Wir müssen davon ausgehen, dass es z.B. kommunale Flotten bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrzeu-ge von Stadtverwaltungen oder einen innerstädtischen Lieferverkehr geben wird, die mit ganz anderen Kraftstoffen betrieben werden, als die Fahrzeugfl ot-te, die sowohl in der Stadt als auch über Land eingesetzt wird. Und ich denke, das macht auch viel Sinn.

Profi l: Wie sieht es denn in der wei-teren Kette aus? Wird sich beim Motor selber noch etwas tun oder anders ge-fragt: Ist der Verbrennungsmotor tech-nisch am Rande seiner Entwicklungs-möglichkeiten?

Esch: Gott sei Dank ist die Entwick-lung nie zu Ende. Auch nach 125 Jahren Automobil tut sich ja noch etwas, und ich denke, der Wettbewerbsdruck durch die Elektromobilität hat dazu geführt, dass auf der so genannten konventio-nellen Seite deutlich größere Anstren-gungen zur Optimierung der Antriebe gemacht werden. Aus meiner Sicht gibt es im Grundsatz zwei Hauptrichtungen: Bei Dieselmotoren wird die Entwick-lung primär weitergetrieben durch das Bestreben, NOx und Feststoffe/Partikel zu reduzieren. Dieser Motor hat ja tra-ditionell schon immer ein recht gutes Verbrauchsverhalten gehabt.

Hingegen ist es beim Ottomotor ge-nau umgekehrt: Von der Sauberkeit in puncto konventioneller Schadstoffe – also NOx, HC, CO – ist er sehr gut, muss aber beim Verbrauch noch besser werden. Beide Entwicklungsrichtungen haben hervorragende Potenziale ins-besondere für die Zulieferindustrie, denn wir sind hier gefordert, unseren Beitrag zu leisten. Und die Gesetzge-

bung in Hinblick auf CO2-Reduzierung erlaubt uns jetzt auch, dafür Geld aus-zugeben, denn wir können damit ver-meiden, dass die OEMs Strafzahlungen zu leisten haben.

Profi l: Wie könnten denn konkret Ent-wicklungsrichtungen aussehen, um diese Ziele zu erreichen?

Esch: Wir haben ja vor einigen Jahren begonnen, uns mit dem Thema vari-able Ventilsteuerung zu beschäftigen. Das ist genau aus diesem Grund er-folgt, weil wir sagen, variable Ventil-steuerung ist eines der wirkungsvolls-ten und kosteneffi zientesten Mittel, um weitere Verbrauchsreduzierung in die Tat umzusetzen. 2010 haben wir die Rechte an dem vollvariablen Ventil-steuerungssystem „Univalve“ von der enTec GmbH erworben; gemeinsam mit enTec und der Universität Kaisers-lautern entwickeln wir zurzeit dieses System zur Serienreife weiter. Und wir versprechen uns auch bei aufgelade-nen Motoren Verbrauchs- und CO2-Reduzierungspotenziale im hohen ein-stelligen Prozentbereich.

Profi l: Wie sehen Sie das Marktpo-tenzial, und wo liegen die Vorteile von Univalve gegenüber anderen variablen Ventilsteuerungssystemen?

Esch: Mit Univalve haben wir ein me-chanisch robustes System, das auch von der Einbausituation sehr günstig ist. Im Vergleich zum Wettbewerb bietet es den großen Vorteil, dass wir durch die rein mechanische Auslegung einen zuverlässigen Betrieb über die gesam-te Lebensdauer des Motors wesentlich leichter darstellen können, als das bei hydraulischen Systemen der Fall ist.

Profi l: Sehen Sie andere motorische Bereiche, in denen KSPG mit neuen Produkten in den kommenden zehn bis 15 Jahren in den Markt gehen kann?

Esch: Einer der wesentlichen Tech-nologietreiber oder -trends in den nächsten Jahren ist die Abgasturbo-aufl adung bei Ottomotoren. Während

Dipl.-Ing. Adreas Rehl, Projektleiter Triebwerk und Tribologie im F&T-Bereich von KSPG, am EU-weit einzigartigen Reibleistungsprüfstand in Neckarsulm.

Dr. Hans-Joachim Esch prognostiziert, dass der Blumenstrauß der unterschiedlichen Antriebssysteme immer größer wird.

sie in der Vergangenheit eigentlich ein Nischenmarkt für Hochleistungsmoto-ren war, wird sie aus unserer Sicht in den nächsten fünf bis zehn Jahren zum Standard bei allen Ottomotoren wer-den, um mit dem so genannten Down-sizing große Verbrauchspotenziale zu heben. Die Aufl adung bei Ottomotoren bietet KSPG eine große Chance, denn wir haben an der Peripherie der Aufl a-dung, also z.B. bei der Betätigung des so genannten Waste-Gates oder auch bei Schubumluftventilen ein riesiges Wachstumspotenzial. Außerdem ist da das Triebwerk, sprich Kurbelgehäuse und Kolben. Hier kommen große He-rausforderungen auf uns zu, weil na-türlich die Belastung dieser Bauteile bei der Aufl adung stark zunimmt. Und auch das bietet uns Chancen, weil wir schon seit einigen Jahren sehr wettbe-werbsfähige Lösungen für aufgeladene Ottomotoren im Markt haben.

Profi l: Gehört zu diesen Herausfor-derungen auch die Reduzierung der Reibleistung innerhalb des Motors?

Esch: Es liegt ja nahe, dass man die Leistung, die man im Motor durch den thermodynamischen Prozess erzeugt hat, auch möglichst vollständig nut-zen will. Reibungsverluste sind für nie-manden nützlich, und es muss unser oberstes Ziel sein, sie zu minimieren. KSPG hat seit vielen Jahren hier auch sehr grundlegende Entwicklungsarbeit betrieben. Und wir sehen auf allen Ge-bieten bei Gleitlagern, bei Kolben, bei Zylinderkurbelgehäusen und bei Pum-pen noch ein Entwicklungspotenzial, durch Feinarbeit die Reibungsverluste weiter zu minimieren. Und da arbeiten wir unter anderem dran.

Profi l: Wie geht diese Arbeit im De-tail vor sich?

Esch: Es gibt ja einen neuen Prüf-stand in Neckarsulm, der europaweit einmalig ist. Dort können wir die Rei-bungsverluste zwischen Kolben und Zylinder direkt messen und ermitteln so die grundsätzlichen Zusammenhän-ge. Aufgabe der Zukunft wird es jetzt sein, diese Erkenntnisse auf den Voll-motor zu übertragen und die Vorteile auch am Vollmotor nachzuweisen. Das haben wir uns für dieses Jahr vorge-nommen.

Profi l: Und der Bereich Gewichtsre-duzierung? Wir stellen ja im Augen-blick fest, dass die OEMs Allianzen zum Einsatz faserverstärkter Materi-alien schmieden, wie beispielsweise jüngst Audi mit Voith. Ist das auch für KSPG ein Zukunftsfeld im Rahmen des Leichtbaus?

Esch: Leichtbau wird natürlich durch das Zusatzgewicht, das Hybridsyste-me und insbesondere batterie-elekt-rische Fahrzeuge mit sich bringen, immer dringlicher. Und deswegen ist man offensichtlich heute auch be-reit, in Lösungswege einzusteigen, die bisher aus Kostengründen nicht in Betracht kamen, dazu zählen auch faserverstärkte Werkstoffe. Gerade die ATAG hat schon seit Längerem Er-fahrung mit Faserverstärkungen von Aluminiumwerkstoffen, und es ist nicht auszuschließen, dass wir in Zukunft dieses Themenfeld wieder aufgreifen, um zu noch günstigeren Gewichten zu kommen.

Profi l: Sehen Sie demgegenüber in der Abgasnachbehandlung noch Poten-zial, oder wird sich das Spiel in Zukunft auf den Motor selber konzentrieren?

Esch: Primär versucht man natür-lich alles innermotorisch zu erledigen. Da dürfen wir uns nichts vormachen, außermotorisch kann man keine Ver-brauchsverbesserungen realisieren, sondern das muss schon innermoto-risch passieren. Folke Heyer

„Profi l“-Interview mit dem KSPG-Generalbevollmächtigten Dr. Hans-Joachim Esch

„Der Blumenstrauß der zukünftigenAntriebssysteme wird stetig größer“

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he Neckarsulm. Kaum getrübt durch die Einbußen der Wirtschaftskrise, ist im Bereich Elektromobilität in der Au-tomobilindustrie in den vergangenen Jahren sehr viel in Bewegung geraten. „Das Profil“ sprach mit Prof. Dr. Edu-ard Köhler über die Einschätzungen der künftigen Entwicklung, die Kolben-schmidt Pierburg bei seinen Planun-gen zugrunde legt, und welche Kon-sequenzen das Unternehmen aus der gegenwärtigen Aufbruchstimmung in Bezug auf Elektroantriebe zieht.

Profil: Herr Professor Köhler, wird es schnell vorangehen mit der Entwick-lung der Elektromobilität, oder kühlt die Begeisterung ab?

Köhler: Es gibt auf der einen Seite si-cherlich augenblicklich einen Hype. Es gibt auf der anderen Seite aber auch eine technisch geprägte realistische Einschätzung seitens derer, die an der Realisierung der Elektromobilität betei-ligt sind, und es ist im Prinzip vernünf-tig, dass man sich jetzt auf dem Boden der Tatsachen wiederfindet. Das heißt nicht, dass man langfristige ehrgeizige Ziele völlig korrigieren muss, sondern es ist ein normaler Prozess, dem man sich gedanklich stellen muss. Wer ein bisschen Sportsgeist hat, erkennt auch neue Chancen, nicht zuletzt für die ei-gene Tätigkeit.

Profil: Es gibt wahrscheinlich ver-schiedene Übergangsphasen auf dem Weg zur Elektromobilität?

Köhler: Ich denke, man muss die Si-tuation von zwei diagonalen, diametral entgegengesetzten Punkten aus be-trachten. Wir haben auf der einen Seite die Teilelektrifizierung oder die zuneh-mende Elektrifizierung des Antriebs. Dabei bekommt der Verbrennungsmo-tor einen elektrischen Assistenten, und das ist eigentlich völlig undramatisch, es hilft ihm, antriebsseitig eine insge-samt bessere Performance zu bewei-sen. Ich denke, dieser Weg wird sich fortsetzen, und wir werden mit der Zeit eine Vergrößerung der Leistung der elektrischen Antriebe sehen. Und auf der anderen Seite, also am diametral entgegengesetzten Ende, gibt es tat-sächlich den Einstieg in die Elektromo-bilität in Form des batterieelektrischen Antriebs.

Profil: Gilt das für unseren heutigen Fahrzeugbestand in Gänze?

Köhler: Es ist heute so, dass reine batterieelektrische Fahrzeuge eigent-lich nur im A-Segment, also im Klein-wagensegment, realisierbar sind. Deshalb wird die Elektromobilität im Großstadtbereich eingeführt werden. Man überfordert dort reichweitenmä-ßig nicht die derzeitigen Möglichkei-ten und hat größere Vorteile dadurch, dass man eine eventuelle Citymaut unterlaufen kann oder die sicherlich zunehmenden Null-Emissions-Zonen befahren darf.

Profil: Wird dann der Einsatzzweck in Zukunft noch stärker über die Art des Antriebs entscheiden?

Köhler: Ja, man muss sich in Zukunft lösen von der herkömmlichen Denk-weise, dass es ein einziges Antriebs-konzept gibt. Wir werden im A-Segment sicherlich eine Chance für die rein bat-terieelektrischen Kleinwagen haben, möglicherweise dann auch für eine größere Reichweite, also für Stadt- und Überlandfahrt, beispielsweise in der Kompaktklasse mit Range-Extender. In den größeren Pkw wird es dann den Vollhybrid-Plug-in geben, und für die Langstrecke sehe ich den Diesel nach wie vor als das Maß aller Dinge.

Profil: Das wird dann eine ziemlich heterogene Fahrzeugwelt?

Köhler: Ich sehe das Ganze völlig un-problematisch, denn aus Verbraucher-sicht ist es so, dass jeder sein eigenes Nutzerprofil hinterfragen und das für ihn maßgeschneiderte Antriebskon-zept wählen kann.

Profil: Ist aus Ihrer Sicht denkbar, dass sich durch das Thema Elektromo-bilität das Prinzip „My car is my castle“ verändern wird zugunsten flexibler Nutzungskonzepte?

Köhler: Es gibt zumindest Erkenntnis-se, dass sich die Automobilhersteller und auch gewisse Provider auf eine Veränderung des Nutzerverhaltens einstellen. Hinzu kommt, dass sich die Gewohnheiten beispielsweise jugend-licher Käufer schon deutlich verän-dert haben. Wertigkeiten verschieben sich, und die individuelle Mobilität ist nicht mehr ganz so wichtig. Dafür erhalten andere Dinge wie Kommuni-kation – also der Computer oder das Smartphone – als Statussymbole eine wachsende Bedeutung. Man kann da-von ausgehen, dass in Zukunft Car-Sharing-Modelle oder Modelle, bei denen Provider im Prinzip Kilometer verkaufen, wie sie heute Handy-Minu-ten verkaufen, größere Bedeutung ge-winnen werden. Wobei es hier sicher

eine stärkere Differenzierung geben wird zwischen urbanen Regionen, wo so etwas viel einfacher machbar ist, und dem flachen Land, wo auch die öffentlichen Verkehrsmittel sich immer weiter ausdünnen.

Profil: Wo gibt es in der Entwicklung von Elektrofahrzeugen noch offene Flanken?

Köhler: Die Achillesferse der Elekt-romobilität betrifft natürlich die Bat-terie mit der vergleichsweise geringen Energiedichte und dem hohen Gewicht

sowie den noch sehr hohen Batterie-kosten. Wobei die Welt der Batterie wiederum eine zweigeteilte Welt ist. Die Zellen kommen aus Fernost, aber die Batteriesysteme werden zunehmend hier gebaut, weil die Fahrzeugherstel-ler sich im Klaren sind, dass sie letzt-lich für die Funktion des Batteriesys-tems die Verantwortung übernehmen müssen. Dazu zählen z.B. das Ther-momanagement bzw. das Batterie-management insgesamt, Temperatur, Spannung, Strom oder Ladezustand jeder einzelnen Zelle. Die Automobil-hersteller übernehmen letztendlich die Funktionsgarantie.

Profil: Jetzt haben Sie gerade den Be-griff ‚Thermomanagement‘ genannt. Das ist ja ein Bereich, in dem Kolben-schmidt Pierburg Erfahrung hat und

Kompetenz besitzt. Könnte dies ein Sektor sein, in dem sich das Unterneh-men zukünftig stärker engagiert?

Köhler: Grundsätzlich ja! KSPG fertigt ja schon heute Produkte, die für das Thermomanagement direkt oder mit gewisser Adaption genutzt werden kön-nen. So ist zum Beispiel der Geschäfts-bereich PPT (Pierburg Pump Technol-ogy) im Hybridantriebsgeschäft tätig. Allerdings liegt der Leistungsumfang, auf den sich das Thermomanagement erstreckt – also der gesamte Bereich Elektrotraktion mit dem Traktionsmo-tor, der Batterie, der Leistungselekt-ronik und dem Ladegerät – letztlich in der Hand unserer Kunden. Wenn wir hier eine Systemkompetenz darstellen wollen, erfordert das eine neue Denk-weise und neue Kooperationsmodelle.

Profil: Was schließt der Begriff „Ther-momanagement“ alles ein?

Köhler: Ich denke, dass wir nicht nur vom Kühlen sprechen, sondern dass wir vom Heizen, Kühlen und vom Tem-perieren sprechen müssen. Die un-terschiedlichen Systemkomponenten der Elektrotraktion haben sehr unter-schiedliche Wohlfühltemperaturen. Die Batterie fühlt sich wohl im Temperatur-bereich 20 bis 35 Grad Celsius, bei der Leistungselektronik kann das Tempe-raturlimit im Prinzip je nach Auswahl – sprich Kosten – der Bausteine schon im Bereich von 60 bis 70 Grad Celsius liegen. Und im Bereich des Elektromo-tors liegen wir bei noch höheren Tem-peraturen. Insofern wird das Ganze aufwändiger mit der Notwendigkeit, möglicherweise einen Hoch- und Nied-rigtemperatur- sowie Kältekreislauf zu betreiben.

Profil: Hier zählen also auch Kom-fortthemen hinein?

Köhler: Absolut, es geht nicht nur um den reinen Fahrzeugbetrieb bzw. das thermische Überleben der Bauteile und Komponenten. Es geht sicherlich auch um das, was unsere Kunden unter dem Begriff HVAC zusammengefasst ha-ben, also Heating, Ventilation and Air Conditioning, also darum, dem Fahrer ein gewohntes Komfortumfeld bereit-zustellen. Bei Flottenerprobungen hat sich gezeigt, dass die Erwartungen, was HVAC angeht, bisher nicht befrie-digend erfüllt werden konnten. Somit ist Letzteres der Hauptkritikpunkt. Man muss sich darüber klar sein, dass wir unter bestimmten Umgebungsbedin-gungen HVAC dann auch rein elektrisch bedienen müssen, und wenn wir somit für diese Anwendung elektrische Ener-gie abzweigen, dann geht das zulasten der ohnehin bescheidenen Reichwei-te. Bei HVAC sind daher größere Fort-schritte erforderlich, um das Gesamt-paket „batterieelektrisches Fahrzeug“ so zu trimmen, dass die Kunden in den nächsten Jahren voll zufrieden gestellt werden können. Da wir hier an physi-kalische Grenzen stoßen, muss intensiv auch über unkonventionelle Maßnah-men nachgedacht werden. Es ist noch offen, wo im Rahmen unserer Kompe-tenzen die Möglichkeiten und Grenzen eines erweiterten Engagements liegen. Der Themenkomplex „Thermomanage-ment“ greift bei Elektrotraktion jeden-falls deutlich weiter als beim herkömm-lichen Antrieb.

Profil: Kann man über den Pumpenbe-reich hinaus schon einzelne konkretere Bereiche benennen, um die sich die KSPG-Vorentwicklung bei dieser The-matik Thermomanagement kümmert?

Köhler: Wir haben für 2011 ein Pro-jekt geplant, bei dem wir zunächst das Systemverständnis dieses erweiterten

Komplexes „Thermomanagement“ er-arbeiten wollen. Auf dieser Basis wer-den wir dann auch Möglichkeiten für eine weitere Betätigung in diesem Feld identifizieren. Daraus sollen konkrete Vorschläge für Vorentwicklungspro-jekte resultieren. Letztlich werden wir nicht umhin können, konkret aufzuzei-gen, wie sich der Konzern längerfristig auch in Richtung Elektromobilität ent-wickeln könnte.

Profil: Die Karten werden jetzt im Prinzip neu gemischt, in der Beziehung zwischen Zulieferer und OEM?

Köhler: Absolut, ich denke alle Zu-lieferer müssen sich neu sortieren. So werden viele feststellen, dass sie sich nicht auf ihrem herkömmlichen Pro-duktportfolio ausruhen können. Und auch wir müssen in diesen Bereich hi-nein, müssen sichtbar werden, müssen Ideen generieren und müssen Kompe-tenz zeigen. Das ist die Herausforde-rung, vor der wir in den nächsten Jah-ren stehen.

Profil: Was ist Ihre Empfehlung, wie sich Kolbenschmidt Pierburg beim The-ma Elektromobilität aufstellen sollte?

Köhler: Ich sehe auf jeden Fall eine Notwendigkeit, sich dem Thema sehr aufgeschlossen zu stellen. Denn die Elektrotraktion wird sich längerfris-tig zu einer auf unseren Straßen auch zählbaren Realität entwickeln. Die jüngste Katastrophe in Japan ruft uns allerdings die Problematik CO2-neut-raler Stromerzeugung in Erinnerung. Nicht vergessen werden dürfen zudem die eingeschränkten Voraussetzungen und Kapazitäten vieler Länder, auch von Deutschland, hinsichtlich regene-rativer Stromerzeugung. Politik und Energieversorger stehen hier vor einer großen Herausforderung.

Profil: Die Autobauer haben sich be-reits positioniert?

Köhler: Wir sehen ganz eindeutig, dass sich die Automobilhersteller offi-ziell klar und deutlich auf die Seite der Elektromobilität gestellt haben. Ihr Ziel ist es, auch in ferner Zukunft Fahrzeu-ge zu verkaufen, aber nicht unbedingt Verbrennungsmotoren. So sehr der eine oder andere Hersteller auch für seine Motoren gerühmt wird, so wenig werden diese Unternehmen ihre Exis-tenz gefährden, indem sie irgendwann zu den ewig Gestrigen zählen. Nein, sie werden versuchen, mit dem Stand der Technik mitzuhalten, besser noch, die-sen weiterhin maßgeblich zu bestim-men. Sie werden versuchen, alsbald für den Nutzer durchaus zufrieden stel-lende Fahrzeugangebote in den Markt zu bringen. Und sie erwarten natürlich von den aufgeschlossenen Zulieferern, dass sie diesen Weg eindeutig mitge-hen. Insofern kann ich nur empfehlen, genau hinzuhören, wo unsere Kunden hin wollen, und zu prüfen, welchen Weg wir mitgehen können.

Profil: Wobei es Grenzen gibt.

Köhler: Richtig! Wir können natürlich nicht beliebige Sprünge machen, und wir können nicht sinnlos investieren in unsichere Zukunftskonzepte. Aber ich denke, wir sollten uns weiterhin als starker Partner der Automobilindustrie anbieten, um dort stark zu bleiben, wo wir stark sind, und dort stark zu wer-den, wo es neue Chancen einer sinn-vollen Betätigung gibt. Und wir werden sicher, wenn wir uns darauf einlassen, auch strategische Produkte identifizie-ren, von denen wir in Zukunft profitie-ren können. Wir müssen jetzt in die Zu-kunft investieren, nicht nur finanziell, sondern vor allem gedanklich.

Prof. Dr. Eduard Köhler zum Thema Elektromobilität

„Kilometer verkaufenwie Handy-Minuten“

Skizziert Perspektiven: Professor Dr. Eduard Köhler verantwortet bei Kolben-schmdit Pierburg im Rahmen der Vorentwicklung das Thema „Elektrotraktion“.

Antriebe, die auf das jeweilige individuelle Nutzerprofil passgenau zugeschnitten sind – auch hier ist der Weg das Ziel, selbst wenn Letzteres aus heutiger Sicht noch nicht in jedweder Hinsicht und Bandbreite eindeutig verifiziert und definiert ist.

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Gut aufgestellt: Mit einem Team von hoch qualifi zierten Facharbeitern um Werkleiter Karsten Lunkeit hat sich das in jüngster Vergangenheit umfangreich modernisierte Ferti-gungszentrum Unterlüß inner- und außerhalb des Rheinmetall-Kon-zerns mittlerweile einen Namen ge-macht – und zwar als Kompetenz-zentrum für die mechanische Fertigung. Was sich im Detail da-hinter verbirgt, lesen Sie auf den beiden folgenden „Profil“-Seiten.

Gut 4,5 Millio-nen haben die Verantwortlichen am Defence-Standort in der niedersächsischen Südheide zwi-schen 2008 und 2010 in die Hand ge-nommen, um die in der früheren Halle 74 vorhandene Fertigungstechnik und -technologie auf einen gleichermaßen zeitgemäßen wie zukunftsgerichteten Stand zu trimmen. „Wir wollten einen modernen Fertigungsbetrieb, der sein Know-how und seine Kompetenz als

Partner in der Prototypen- und Seri-enfertigung sowohl innerhalb unserer Defence-Sparte als auch bei zivilen Kunden – zum Beispiel aus dem Sek-tor Spezialmaschinenbau – anbietet“, erläutert FZU-Chef Karsten Lunkeit (50) einen wichtigen strategischen Hin-tergrund der Großinvestition, die den Bereich vor allem auch fi t für die unter-nehmerische Zukunft machen sollte.

Ein Unterfangen, das mit Nachdruck gelungen ist: Wer sich heute die rund

8 0 0 0 Quadratmeter großen Hallenareale vor Augen führt, reibt selbige womöglich zu-nächst einmal leicht verwundert – denn vieles hat sich innerhalb kurzer Zeit im Zuge der Investitionen grundlegend ver-ändert. Heute prägt ein moderner, auch optisch weitgehend im typisch blauen CI-Farbton von Rheinmetall gehaltener

Maschinenpark das Bild – eine Ausstat-tung, deren technologische, kapazitive und strukturelle Flexibilität den Kunden im und außerhalb des Düsseldorfer Konzerns zugute kommt.

Lunkeit: „Mit unseren neuen Anlagen – darunter z.B. ein Dreh-Fräszentrum der Firma Niles-Simmons und zwei Bearbei-tungszentren von Deckel Maho Gildmeis-ter sowie das ausgebaute Kleindreh-zentrum mit nunmehr neun Maschinen der Hersteller Index und Traub – sind

wir f e r t i -

g u n g s t e c h -nisch nicht nur gut auf-

gestellt, sondern gezielt in eine neue Technologieklasse vorgestoßen.“ Den inoffi ziellen Startschuss und damit An-stoß zur Modernisierung gab übrigens eine im Zeitraum 2007/08 angeschaff-te Fräsmaschine der Firma Kekeisen, wie der gebürtige Hamburger im Rück-blick skizziert: „Damit war der Grund-

stein für das heute vorhandene, hohe Fertigungsniveau gelegt.“

In der Tat ist das nunmehr in Unter-lüß mögliche Bearbeitungsspektrum sehr breit gefächert und lässt kaum produktive Kundenwünsche offen – ganz gleich, ob komplexe Einzelstücke oder komplette Baugruppen gefragt sind. Die funktionale Bandbreite reicht von Fräsen, Drehen einschließlich Ge-genspindel- und Karusselldrehen über Dreh-Fräsen und Tiefbohren bis hin zum Honen, Rundschleifen und Erodie-ren. Hinzu kommen die mit modernsten Verfahren ausgestattete Messtechnik und eine adäquate Programmiertech-nik, die unter anderem bei der Werk-stattprogrammierung, Simulation und Optimierung von CNC-Programmen (mit virtuellen Maschinen) eingesetzt wird.

Lunkeit: „Das FZU versteht sich als Generalist für die Funktionen Drehen und Fräsen sowie als Spezialist für die Bearbeitung von Rohren, hier insbeson-dere Großrohre.“ Wobei lediglich die

Phy-sik mit

ihren Ge-setzmäßigkei-

ten und die tech-nische Auslegung der

Anlagen Grenzen defi nie-ren. Im Groß-Drehbereich ist

man in Unterlüß auf zehn Tonnen Stückgewicht und eine Bearbeitungs-länge von zehn Metern beschränkt; beim Drehen liegt das Bearbeitungs-limit bei maximal dreieinhalb Metern, beim Fräsen bei fünf Metern; beim Drahterodieren sind bis zu 600 Milli-meter Höhe möglich.

Diplom-Ingenieur Lunkeit: „Unser Team hat eine hohe Kompetenz in der Bearbeitung von großen Werkstücken mit engen Toleranzen, zum Beispiel für Schiffskupplungen oder Hydraulik-

Zylinder mit einem Außendurchmesser von bis zu 700 Millimetern, wie sie etwa in der Erdöl- und Erdgasexplo-ration eingesetzt werden.“ Ebenfalls zum Fertigungsspektrum gehören bei-spielsweise Stirnräder für Getriebe von Schiffsmotoren oder Schleuderguss-Kokillen, die zur Herstellung nahtloser Rohre eingesetzt werden.

Karsten Lunkeit, der seine beruf-liche Karriere unmittelbar nach Ab-schluss des Maschinenbaustudiums (TU Braunschweig) im August 1988 bei Rheinmetall Defence als Trainee star-tete und seither vielfältige Erfahrun-gen in verschiedenen leitenden Funk-tionen gesammelt hat, unterstreicht in diesem Kontext: „Was die Kompetenz des Teams angeht, so kann man als ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal die Bearbeitung von bis zu zehn Me-ter langen, rotationssymmetrischen Teilen – insbesondere in den Arbeits-schritten Tiefl ochbohren, Honen, Dre-hen und Autofrettage (Verfahren zur Festigkeitssteigerung von Waffenroh-

ren für den Einsatz bei hohen und pul-sierenden Innendrücken) – nennen.“

Vorrangig engagiert sich die FZU-Mannschaft natürlich auf dem ureige-nen Defence-Sektor und ist kompeten-ter Fertigungsdienstleister sowohl in eigener unternehmerischer Sache als auch für andere Unternehmen im De-fence-Verbund von Rheinmetall (darun-ter die Geschäftsbereiche Air Defence, Fahrzeugsysteme und Verteidigungs-elektronik). Zum aktuellen Fertigungs-programm gehören zum Beispiel Muni-tions- und Waffenkomponenten für die 120mm Panzermunition DM 78, 120mm Waffenanlage Mörser auf Wiesel und die 120mm Mörsermunition sowie Schwermetallpenetratoren und -ker-ne; produziert wird darüber hinaus für den Puma-Schützenpanzer, das neue modulare Lance-Turmsystem und das Asrad-Flugabwehrsystem. „Extern“ fertigt das FZU beispielsweise für Kun-den in Polen, Frankreich, Deutschland und der Schweiz.

Dass das Fertigungszentrum Unter-lüß prima positioniert ist, dokumen-tiert unter anderem der aktuelle Grad der Auslastung – sie ist laut FZU-Chef „gut“: „Wir fahren unsere Maschinen derzeit zum Teil sogar im Dreischicht-betrieb.“ Die Nachfrage am Markt kann sich sehen lassen – und dies auch aus, wie bereits skizziert, zivilen Industriesektoren.

Um gerade hier zukünftig noch stär-ker Flagge zeigen zu können, schaut man heute auch gezielt „über den Tel-lerrand“ und pfl egt fachspezifi sche Kontakte, die für das ehedem aus-schließlich wehrtechnisch ausgerich-tete Team vor gar nicht so langer Zeit in dieser Form kaum vorstellbar waren. Noch einmal Werkleiter Lunkeit: „Wir sind zum Beispiel seit längerem akti-ves Mitglied in einem vom ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Ro-land Koch initiierten hessischen Ferti-gungscluster. Daraus haben sich schon einige sehr interessante Kontakte und Ideen ergeben.“ Rolf D. Schneider

Unterlüß. Es hat sich binnen relativ kurzer Zeit gewissermaßen als „produktive“ Marke etabliert, und dies nicht nur innerhalb des Rheinmetall-Geschäftsbereiches Waffe und Munition, zu dem es gesellschaftsrechtlich gehört: das Fertigungszentrum Unterlüß (FZU), das vor allem seit 2008 mit gezieltem Investitionsaufwand nachhaltig optimiert wurde und dessen hochmoderne Werkzeugmaschinen und Bearbeitungsmethoden heute der Grundstein für eine auch konzern-extern erfolgreich vermarktete Fertigungskompetenz sind. Mittlerweile produziert das rund 50-köpfi -ge Facharbeiterteam nicht nur für den wehrtechnischen Bedarf des Düsseldorfer Konzerns, sondern führt auch zivile Kunden (z.B. aus der Schiffsbaubranche oder der Energiegewinnung) auf seiner stetig länger werdenden Referenzliste.

Fertigungszentrum Unterlüß – ein kompetenter Partner im Defence-Verbund

FZU als „produktive“ Marke etabliert

Mit gezielten Investitionen in Höhe von rund 4,5 Millionen wurde das Ferti-gungszentrum Unterlüß seit 2008 nachhaltig optimiert. Seine Kompetenz spiegelt sich im Know-how des rund 50-köpfi gen Fertigungsteams ebenso wi-der wie in den hoch präzisen Werkzeugmaschinen und Bearbeitungsmethoden – darunter diese moderne 3D-Koordinatenmessmaschine. Unsere Aufnahme zeigt den Messtaster des Systems beim Aufnehmen so genannter Messpunkte.

Karsten Lunkeit ist zufrieden: Das FZU hat sich als produktive Marke etabliert.

Eine eminent präzise Vorbereitung: Fertigungsplaner Rolf Berghaus bei der NC-Programmierung des Wiegenkörpers für den neuen Puma-Schützenpanzer.

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Profi l: Maschinen, die auf dem neu-esten Stand der Technik sind, gerin-gere Durchlaufzeiten der Werkstücke, hohe Produktivität – dies sind nur ei-nige der prägnant ins Auge springen-den „Benefi ts“ der Neuinvestitionen. Welche Vorteile und welchen Nutzen sehen Sie persönlich in den neuen Ma-schinen?

Cordes: Der technische Fortschritt ist sicher der größte Vorteil, den die neu-en Maschinen bieten.

Müller: Dem kann ich nur zustimmen: Die Maschinen sind auf dem neues-ten Stand der Technik, somit sind wir produktionstechnisch ganz weit vorne positioniert. Hinzu kommen zum Bei-spiel die wesentlich kürzeren Durch-laufzeiten: Da wir nun in der Lage sind, in derselben Zeit mehr Werkstücke als bisher zu produzieren, erhöht sich die Produktivität deutlich.

Lüthe: Darüber hinaus fi nde ich es besonders vorteilhaft, dass sich unser Teilespektrum wesentlich erweitert hat. Wir sind nun besser denn je in der Lage, auf spezielle Nachfragen und Wünsche unserer Kunden zu reagieren.

Profi l: Im Grundsatz gilt: „Jede Tech-nik ist nur so gut, wie derjenige, der sie bedient.“ Eine veränderte, moderne Technik bedeutet immer auch verän-derte Anforderungen an die Bediener. Wie haben sich diese Anforderungen Ihrer Meinung nach modifi ziert?

Cordes: Die Bedienung der Maschi-nen ist natürlich wesentlich komple-xer und stellt deshalb auch höhere Anforderungen an die Mitarbeiter; darüber hinaus werden die Bediener der Maschine immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Gleich-wohl habe ich keine Angst, diesen He-rausforderungen zu begegnen, denn durch die Lehrgänge, in denen wir in die Maschinenbedienung eingeführt wurden, fühle ich mich wesentlich routinierter.

Müller: Sicher ist, dass sich die Be-dienung der neuen Maschinen kompli-zierter und komplexer gestaltet. Doch nach einer ausführlichen Einweisung und fachspezifi schen Lehrgängen, die ich absolviert habe, fühle ich mich si-cher und routiniert im Umgang mit der neuen Fertigungstechnik. Eine der neuen Maschinen führt beispielsweise den Dreh- und Fräsvorgang in einem Arbeitsschritt durch; dies erfordert si-cherlich sehr viel Konzentration. Aber diese Technik erspart uns auch eine Menge Zeit, die nun für andere Fer-tigungsvorgänge und -verfahren zur Verfügung steht.

Lüthe: Aufgrund der veränderten Anforderungen musste ich natürlich viele Dinge neu erlernen. Es ist wirk-lich erstaunlich: Wir sind nun in der Lage, Programme für die Maschinen zu schreiben, um Einzelwerkstücke zu fer-tigen. Auch die Programmierung muss

zunächst trainiert werden, aber gerade die Tatsache, dabei stets neue Dinge zu erlernen, macht die Arbeit interessant.

Tolle: Natürlich hatten zunächst et-liche Teamkollegen, vor allem ältere, die Befürchtung, den Anforderungen nicht (mehr) gewachsen zu sein. Doch die Weiterbildungsmaßnahmen haben uns optimal auf den Umgang mit den neuen Maschinen vorbereitet. Auf die-se Weise wurde uns die Angst vor der neuen Fertigungstechnik genommen.

Profi l: Neue Dinge zu erlernen macht die Arbeit interessanter und abwechs-lungsreicher. Wie haben sich die Neu-anschaffungen auf Ihre Motivation ausgewirkt?

Cordes: Klare Antwort: Motivations-steigernd! Es wurde in unsere Arbeits-plätze investiert, und zwar gerade während der Zeit der größten in-ternationalen Wirtschaftskrise nach dem 2. Weltkrieg. Trotz Krise neue Maschinen – das ist ein schönes Gefühl. Es gibt Sicherheit, den wirt-schaftlichen Schwierigkei-ten trotzen zu können und eine Zukunft zu haben.

Lüthe: Ich sehe es ähnlich positiv: Wir sind heute viel fl exibler als früher, wir können höchst unterschiedli-che Werkstücke ferti-gen, die Arbeit selbst ist abwechslungs- und umfangreicher gewor-den – kurzum, wir sind deutlich wettbewerbs-fähiger.

Müller: Wir werden uns gut weiter entwi-ckeln, wenn die Auf-tragslage weiter so gut bleibt wie sie derzeit ist.

Tolle: Wir arbeiten jetzt in Wechselschicht – zuvor wurden normale Schichten gefahren. Ich denke, das al-lein spricht schon für sich.

Profi l: Der Automatisierungs-grad des neuen FZU-Maschinen-parks ist – nicht nur im Vergleich zur bisherigen Ausstattung – sehr hoch. Befürchten Sie, dass die fortschreiten-de Automatisierung Ihren Job gefähr-det?

Tolle: Nein! Ich habe keine Angst, zumal auch die modernen Maschinen qualifi zierte Fachkräfte benötigen, die sie kompetent bedienen können.

Cordes: Ich schließe mich dieser Mei-nung an. Angst brauchen wir nicht zu haben, im Gegenteil: Investitionen bringen mehr Arbeit und steigern die Produktivität; die Maschinen können schneller produzieren und sichern so vor allem auch unsere Arbeitsplätze.

Sabine Langen

Unterlüß. Die neuen Maschinen im Fertigungszentrum in Unterlüß (FZU) sind aufgrund ihres technisch anspruchsvollen Niveaus und ihrer hohen Produkti-vität von großer unternehmerischer Bedeutung, schaffen sie doch – dank mo-dernster Werkzeugtechnologien und Bearbeitungsmethoden sowie mittels kon-sequentem Qualitätsmanagement – Rahmenbedingungen, die den Bereich und damit auch das FZU-Facharbeiterteam zu einem hoch qualifi zierten Anbieter auf dem Sektor der mechanischen Fertigung machen. Insofern vermitteln natürlich auch die Mitarbeiter deutlich das Gefühl, dass sie die nachhaltigen Verände-rungen am Defence-Produktionsstandort in der niedersächsischen Südheide kompetent und engagiert mittragen. Und dies mit Perspektive, denn „das FZU ist heute im Bereich der Einzel- und Kleinserienfertigung, insbesondere aber vor allem auch in der Prototypen-Fertigung, technisch hervorragend aufgestellt“, wie Werkleiter Karsten Lunkeit resümiert: „Komplexe Einzelstücke sind eben-so unsere Stärken wie komplette Baugruppen.“ Getreu dem Motto „Geht nicht – das gibt’s bei uns nicht“ nutzen die rund 50 Fertigungsexperten denn auch die technisch-technologischen Möglichkeiten der Gesamtanlage, bei der einzig und allein physikalische Gesetzmäßigkeiten bzw. Anlagen-spezifi sche Parame-ter (z. B. maximal mögliche Werkstückgrößen) produktive Grenzen setzen. Sie können derart agieren, weil sie gezielt und umfassend auf die modernen Ferti-gungstechniken vorbereitet wurden und auch fürderhin entsprechend qualifi -ziert „am Ball bleiben“ werden. Diesen Eindruck zumindest hat „Profi l“-Autorin Sabine Langen gewonnen, die – stellvertretend für das gesamte FZU-Team – mit Marco Cordes (Vorarbeiter im Bereich Munition), Sven Müller (Zerspanungsme-chaniker und Schichtführer) und den beiden CNC-Fräsern Matthias Lüthe und Olaf Tolle über deren bisher gesammelten Eindrücke und Erfahrungen sprach.

Zukunftssicherung: Für die beiden CNC-Fräser Matthias Lüthe 1 und Olaf Tolle 2 sowie Schichtführer Sven Müller 3 und Vorar-beiter Marco Cordes 4 sind die neuen Maschinen im Fertigungszentrum Unterlüß von großer unternehmerischer Bedeutung.

Belegschaft: FZU schafft zukunftssichere Arbeitsplätze

„Produktionstechnischweit vorne positioniert“

nicht (mehr) gewachsen zu sein. Doch die Weiterbildungsmaßnahmen haben uns optimal auf den Umgang mit den neuen Maschinen vorbereitet. Auf die-se Weise wurde uns die Angst vor der neuen Fertigungstechnik genommen.

Neue Dinge zu erlernen macht die Arbeit interessanter und abwechs-lungsreicher. Wie haben sich die Neu-anschaffungen auf Ihre Motivation

Klare Antwort: Motivations-steigernd! Es wurde in unsere Arbeits-plätze investiert, und zwar gerade während der Zeit der größten in-ternationalen Wirtschaftskrise nach dem 2. Weltkrieg. Trotz Krise neue Maschinen – das ist ein schönes Gefühl. Es gibt Sicherheit, den wirt-schaftlichen Schwierigkei-ten trotzen zu können und

Ich sehe es ähnlich positiv: Wir

ckeln, wenn die Auf-tragslage weiter so gut bleibt wie sie derzeit ist.

Wir arbeiten jetzt in Wechselschicht – zuvor wurden normale Schichten gefahren. Ich denke, das al-lein spricht schon für sich.

Der Automatisierungs-grad des neuen FZU-Maschinen-parks ist – nicht nur im Vergleich zur bisherigen Ausstattung – sehr hoch. Befürchten Sie, dass die fortschreiten-de Automatisierung Ihren Job gefähr-

Nein! Ich habe keine Angst, zumal auch die modernen Maschinen qualifi zierte Fachkräfte benötigen, die sie kompetent bedienen können.

Ich schließe mich dieser Mei-nung an. Angst brauchen wir nicht zu haben, im Gegenteil: Investitionen bringen mehr Arbeit und steigern die Produktivität; die Maschinen können

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Medienecho zur Bilanzpressekonferenz 2011 der Rheinmetall AG in Düsseldorf

„Rheinmetall auf der Überholspur“rds Düsseldorf. Die Perspektive, die der Vorstand

der Rheinmetall AG am 23. März 2011 auf der Bilanz-pressekonferenz in der Konzernzentrale in Düssel-dorf für das laufende und das kommende Geschäfts-jahr skizzierte, spricht eine eindeutige Sprache: Der Konzern will Umsätze und Ergebnisse in 2011 und 2012 nachhaltig erhöhen und damit das Wachstum gezielt fortsetzen. Diese deutlichen Signale (natür-lich auch im Rückblick auf das Berichtsjahr 2010) spiegeln sich einmal mehr in der Kommentierung namhafter Medien wider: „Rheinmetall sieht sich

wieder auf der Überholspur“, „Konzern will das Ge-schäft mit den US-Militärs ausbauen“, „Unternehmen sieht Krisen und Katastrophen gelassen“, „Rhein-metall will stark wachsen“; „Konzern ist auf weite-res Wachstum eingestellt“ – mit diesen und ähnlich lautenden Headlines bewertete die internationale Presse die unternehmerische Entwicklung des Kon-zerns, dessen zwei Unternehmensbereiche Defence und Auto motive ein Rekordjahr hinlegten, und zwar sowohl hin sichtlich der Bilanzsumme als auch mit Blick auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit).

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Nach einem steilen Aufstieg aus der Krise, der den Düssel-dorfer Rheinmetall-Konzern im

Berichtsjahr 2010 zu neuen Rekord-ergebnissen geführt hat, stellt sich der Vorstand im laufenden Jahr auf eine Fortsetzung des zügigen Um-satz- und Ergebniswachstums ein. „Dank eines starken Turnaround bei Automotive sind wir zurück auf der Überholspur“, stellte Klaus Eberhardt, der Vorstandsvorsitzen-de des Wehrtechnik- und Automo-bilzulieferunternehmens, bei der Bilanzvorlage in Düsseldorf fest. Auf der Basis eines hohen Auftrags-bestands im Unternehmensbereich Defence (Wehrtechnik) prognosti-zierte er für 2011 ein Umsatzplus von 8 Prozent auf rund 4,3 Milliar-den E. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wird mit einem überproportionalen Anstieg auf 330 bis 360 (Vorjahr: 297) Millio-nen E gerechnet. Zu diesem An-stieg soll vor allem der Unterneh-mensbereich Automotive beitragen, der dem Konzern im Krisenjahr 2009 große Sorgen bereitet hatte.

Rheinmetall will auch künftig ver-stärkt über Akquisitionen wachsen. Wie Eberhardt ankündigte, hat man in beiden Konzernbereichen Zukäufe im Blick. Speziell in der Defence-Sparte will der führende Ausrüster der landgestützten Streit-kräfte in Europa weiterhin die Chancen der Branchenkonsolidie-rung nutzen, um das Portfolio ab-zurunden und neue Märkte zu er-schließen. Zukäufe sind hier vor allem in den Vereinigten Staaten geplant. Nach der Krise ergeben sich nach Eberhardts Worten aber auch in der Automobilzuliefer-Branche viele Möglichkeiten. Als interessante Märkte nannte er vor allem Indien und China. Der Mix aus internem Wachstum und wert-steigernden Akquisitionen soll nach den Planungen des Vorstan-des der Defence-Sparte bis 2013 zu einem jährlichen durchschnittli-

chen Umsatzplus von 20 Prozent auf rund 3,5 Milliarden E verhel-fen. Ein Zusammengehen mit dem Wettbewerber Krauss Maffei Weg-mann sei derzeit kein Thema, sagte Eberhardt. Im Automobilzuliefer-Geschäft mit den beiden Marken Kolbenschmidt und Pierburg wird bis 2013 ein jährliches Wachstum von rund 7 Prozent angestrebt . . .

Das kräftige Umsatzwachstum von 17 Prozent auf annähernd 4 Milliarden Euro im Berichtsjahr wurde wesentlich von der Automo-tive-Sparte getragen. Der Aus-landsanteil am Umsatz lag bei rund 70 Prozent, wobei speziell in der Wehrtechnik inzwischen rund 80 Prozent der Aufträge aus dem Ausland kommen. Das auf 297 Mil-lionen E hochgeschnellte Ebit markiert ein neues Rekordniveau für Rheinmetall. Im Vorjahr hatte noch ein hoher operativer Verlust im Geschäft mit Pumpen, Kolben oder Ventilen für die Automobilin-dustrie das vergleichsweise stabile Ergebnis der Wehrtechnik nahezu aufgezehrt. Auch beim Dividen-denvorschlag präsentiert das Un-ternehmen eine neue Bestmarke. So sollen die Aktionäre eine auf 1,50 (0,30) E erhöhte Ausschüt-tung erhalten.

! Mit Bestmarken in allen Ergeb-niskennziffern hat Rheinmetall den zurückliegenden Turnus ab-

geschlossen. Entsprechend soll die Dividende auf 1,50 (i. V. 0,30) E je Aktie hochgezogen werden, wie Vor-standschef Klaus Eberhardt bei der Bilanzvorlage erläuterte. Von den Er-eignissen in Japan und im Nahen Os-ten/Nordafrika sieht sich Rheinmetall nicht direkt betroffen.

Das gelte sowohl für das Segment Automotive, das nach eingehender Analyse zu 100% lieferfähig sei, als auch für den Bereich Defence. „Es gibt keinen Hinweis, dass das (De-

fence-)Geschäft in Middle East ge-fährdet ist“, sagte Eberhardt. Vom 2010er Spartenumsatz von 2 Mrd. E stammten nach Unternehmensanga-ben 19% aus der Region Mittlerer Osten/Asien. In Nordafrika erwirt-schafte Rheinmetall einen Umsatz von weniger als 10 Mill. E.

Entsprechend stellt Rheinmetall für 2011 weiteres Wachstum in Aussicht. Der Konzernumsatz soll nach den An-gaben auf 4,3 Mrd. E ausgebaut werden nach 4 Mrd. E im Vorjahr. Dazu überproportional soll das Er-gebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf 330 bis 360 Mill. E zulegen. Triebfeder für das Ergebniswachs-tum soll der Bereich Automotive sein,

für den bei Erlösen von 2,1 Mrd. E ein operatives Ergebnis zwischen 110 und 130 Mill. E ins Visier genommen wird. 2010 hatte die Sparte bei einem Umsatz von knapp 2 Mrd. E eine Marge von 4% erwirtschaftet.

Im Bereich Defence werden Erlöse von 2,2 Mrd. E und ein Ebit zwischen 230 und 250 Mill. E in Aussicht ge-stellt. Hierbei gilt es zu berücksichti-gen, dass die Umsatzzahl ausschließ-lich den auf Rheinmetall entfallenden Anteil aus dem Joint Venture mit MAN enthält. Bis spätestens zum Jahres-ende wollen die Düsseldorfer das Ge-meinschaftsunternehmen, an dem

sie mit einem Anteil von 51% die ope-rative Führung haben, konsolidieren.

Bis 2013 will Rheinmetall den De-fence-Umsatz auf 3,5 Mrd. E ausbau-en, entsprechend einer durchschnitt-lichen jährlichen Wachstumsrate von 20%. Die 2010 getätigten Akquisitio-nen sollen dazu grob 800 Mill. E bei-tragen. Im Bereich Automotive will Rheinmetall den Umsatz bis 2013 auf 2,4 Mrd. E hieven, entsprechend einer jährlichen Wachstumsrate von 7%.

In diesen Prognosen nicht berück-sichtigt sind potenzielle Akquisitio-nen. Rheinmetall sei auf der Suche nach Opportunitäten. Regional wer-den dabei für Automotive Indien und China ins Visier genommen.

Börsen-Zeitung

FAZ

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Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt hat sich ambitionierte Ziele ge-steckt: Bis zum Jahr 2013 soll der

Umsatz der Rüstungssparte von zwei Milliarden auf über 3,5 Milliarden E gesteigert werden. Einen Teil will Rheinmetall organisch leisten, der Großteil des Wachstums soll aber über Akquisitionen gestemmt werden. Die Schlüsselrolle wird dabei der US-ame-rikanische Markt haben. „Wer nicht in den USA ist, der ist auch kein globaler Marktführer“, sagte Eberhardt bei der Bilanzvorlage für 2010. Der Konzern-chef sieht sein Unternehmen bei der Ausrüstung von Landstreitkräften in einer weltweit führenden Position. Doch der Anteil der USA am Umsatz ist mit rund 200 Millionen E noch ver-gleichsweise gering. Bis zum Jahr 2013 soll der Umatz auf 400 Millionen E er-höht werden, kündigte Eberhardt an.

Bislang beliefern die Düsseldorfer die US-Militärs vor allem mit Muniti-on. Eberhardt will aber auch in andere Bereiche vorstoßen. Er will die breite Palette von Panzern, Abwehrgeschüt-zen und militärischen Radfahrzeugen an die US Army verkaufen.

Bei der Expansion setzt der Vor-standschef auf Zukäufe. „Nachdem

wir den Markt mit dem Aufbau einer eigenen Company betreten haben, stehen nun Akquisitionen an“, sagte er. Dabei geht es weniger um die Grö-ße des Unternehmens. Wichtiger sei, dass die Gesellschaft zu Rheinmetall passe, sagte Eberhardt.

Die Vereinigten Staaten sind der mit Abstand größte Rüstungsmarkt. Die USA wollten ihren Verteidigungshaus-halt zwar im vergangenen Jahr zurück-fahren. Glaubt man aber den Experten der Jane’s Defence Information Group, dann stiegen die Ausgaben. Gegen-über dem Jahr 2009 wuchs das Bud-get von 677 Milliarden auf 694 Milliar-

den Dollar. Auf die USA entfallen damit rund 40 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben.

Der Ausbau des US-Geschäfts wird für die Rheinmetall AG kein einfacher Schritt. Wie andere Länder kauft die US-Regierung bevorzugt bei amerika-

nischen Anbietern ein. „Entscheidend ist, dass wir dort als amerikanisches Unternehmen wahrgenommen wer-den – das werden wir als American Rheinmetall“, sagte Eberhardt.

Der Ausbau ist Teil von Eberhardts Strategie, sich vom heimischen Markt unabhängig zu machen. Mittelfristig will der Konzern 80 Prozent seiner Rüstungsgeschäfte mit dem Ausland machen. Derzeit macht der mit der Bundeswehr erzielte Umsatz rund ein Drittel der Spartenerlöse aus.

Unter der Führung von Eberhardt hat sich Rheinmetall in den vergangenen elf Jahren zum größten deutschen Rüs-tungskonzern entwickelt. Beigetragen haben dazu eine Reihe von Akquisitio-nen, an dieser Strategie hielt das Un-ternehmen auch in der Krise fest. Seit Mai vergangenen Jahres kaufte Rhein-metall sechs Rüstungsfirmen.

!

Rheinmetall-Chef Klaus Eber-hardt will das Geschäft mit Rüs-tungsgütern und Autoteilen

durch Zukäufe in Asien und Nord-amerika vorantreiben. „Wir sind wei-ter auf der Suche nach wertsteigern-den Akquisitionen“, sagte der Mana-ger auf der Bilanzpressekonferenz in Düsseldorf. Noch im ersten Halbjahr peile er einen weiteren Zukauf an.

Für 2011 und 2012 kündigte er nach kräftigen Zuwächsen im vergange-nen Jahr weiter steigende Erlöse und Gewinne an. Der Umsatz soll bis 2013 von vier auf knapp sechs Milliarden E nach oben schießen. Die Bedeu-tung der Bundeswehr werde aber abnehmen: Nur noch ein Fünftel der Umsätze in der Rüstungssparte wer-de von der Bundeswehr kommen.

!

Reuters

Finanzkrise und Staatsschulden können dem Rüstungsgeschäft des Rheinmetall-Konzerns nichts

anhaben – im Gegenteil: „Wir sehen, dass die Anzahl der Krisenherde welt-weit steigt“, sagte Konzernchef Klaus Eberhardt bei Vorlage der Bilanz. Den Staaten, die ihre Rüs tungsausgaben infolge der Finanzkrise senken, stün-den mindestens ebenso viele gegen-

über, die ihre Etats steigerten. Der Rheinmetall-Chef rechnet daher mit einem weltweiten Wachstum des Rüs-tungsgeschäfts von etwa fünf bis sechs Prozent in diesem Jahr.

Eine Stärke des Konzerns sind Pan-zer, die Rheinmetall vielfach im Kon-sortium mit dem Familienunternehmen Krauss-Maffei Wegmann verkauft. So liefern die beiden Unternehmen in den

nächsten Jahren gemeinsam Hunderte Transportpanzer vom Typ Boxer und Schützenpanzer vom Typ Puma an die Bundeswehr. Doch auch bei konventio-neller Munition ist der Konzern inzwi-schen im Weltmaßstab führend. „Wir zählen zu den bestverdienenden De-fence-Unternehmen weltweit“, sagte Eberhardt. Inzwischen sei Rheinmetall so profitabel wie die bisher führenden

US-Konkurrenten. Dennoch will sich der Konzernchef nicht als Profiteur von Kriegen wie in Nordafrika oder Afgha-nistan sehen. „Das jüngste Beispiel Li-byen zeigt, dass man militärische Stär-ke haben muss, um Frieden zu erzwin-gen“, sagte Eberhardt. Rheinmetall sei auch in den Staaten stark, „die ihren Schwerpunkt in der Heimverteidigung und im Peacekeeping haben“.

Aus der Region Mittlerer Osten/Asi-en stammt ein knappes Fünftel des Rüstungsumsatzes im Konzern. Allein die Verlängerung des Serienwar-tungsauftrags für die Drohne „Heron“ in Afghanistan brachte Rheinmetall im vergangenen Jahr einen 52-Millio-nen-Euro-Auftrag der Bundeswehr.

Entsprechend werden sich die Ge-wichte im Konzern zunehmend hin

zum Rüstungsgeschäft verschieben. Bis 2013 soll der Umsatz der Sparte von 2,0 Mrd. auf 3,5 Mrd. E steigen – auch durch Zukäufe. Damit würde Rheinmetall von Platz 34 der Welt-rangliste zu den 20 größten Rüs-tungskonzernen aufschließen. Eber-hardt hat dabei vor allem die USA im Blick, auf die die Hälfte der internatio-nalen Rüstungsausgaben entfällt.

!

Financial Times Deutschland

Handelsblatt

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Neckarsulm. Großkolben von Kolben-schmidt haben eine lange Tradition. Schon wenige Jahre nach dem Einstieg der dama-ligen „Deutschen Ölfeuerungswerke“ in die Kolbenfertigung, die 1920 in Neckarsulm be-gann, beschäftigte sich Firmengründer Karl Schmidt seit 1923 mit der Herstellung von Großkolben aus Aluminium. Erster Kunde war die Firma Deutz, die für einen Dieselmo-tor einen Kolben benötigte, der einen sei-nerzeit beachtlichen Durchmesser von 280 Millimetern aufwies.

Die meisten Kunden von Kolbenschmidt rekrutierten sich damals (wie heute) aus der Automobilindustrie, aber auch deutsche und internationale Maschinenbauer oder Werften wurden bald auf das Unternehmen aufmerk-sam, das als eines der wenigen Kolbenher-steller den Rohstoff Aluminium aus der eige-nen Gießerei bezog und die Kolben dadurch preisgünstiger als andere Hersteller anbieten konnte. Selbst die schwedische Kriegsmari-ne kam auf Karl Schmidt zu, und bereits im Folgejahr 1924 wurden an den Motorenbauer Atlas Copco die ersten Großkolben im Durch-messer von 370 Millimeter für schwedische U-Boote ausgeliefert.

Diese ersten Großkolben wurden jedoch bei der Karl Schmidt GmbH – so der neue Fir-menname nach der Übernahme der Gesell-schaft durch die Frankfurter Metallgesell-schaft im Jahre 1924 – genau wie die Kolben für Pkw-Motoren in Neckarsulm nur gegos-sen. Doch während die Kolbenbearbeitung für die Automobilindustrie noch bis 1937 bei der Firma Elektrometall in Cannstatt durch-geführt wurde, richtete Kolbenschmidt für Großkolben bereits 1928 eine eigene Bear-beitungswerkstatt ein – seitdem wurden Großkolben einbaufertig an die zahlenmäßig wachsende Kundschaft ausgeliefert. Und die Kolben selbst wurden ständig größer: Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der erste Kolben mit 500 mm Durchmesser ge-gossen und bearbeitet.

Im Gegensatz zum Werk Neckarsulm hatte das Schwesterwerk in Hamburg, die Nord-deutsche Leichtmetall- und Kolbenwerke GmbH (Noleiko), in dem seit 1937 ebenfalls Großkolben hergestellt worden waren, kaum Zerstörungen erlitten. Gleichwohl ging die Be-schäftigungsgrundlage, der Bau von Kolben für Schiffs- und Flugzeugmotoren, aufgrund der Verfügungen der alliierten Militärregie-rungen verloren. Erst nach 1950, nachdem auch in Neckarsulm die wieder aufgebaute Großkolbengießstelle in der Schmelzwerk-halle in Betrieb genommen werden konn-te, begann dort und in Hamburg wieder die Großkolbenfertigung. Noch im selben Jahr wurde der bis dahin größte Aluminiumkol-ben der Welt für Viertakt-Dieselmotoren mit einem Durchmesser von 573 Millimetern an einen Großmotorenhersteller ausgeliefert.

Das Jahr 1959 sah die ersten von Kolben-schmidt hergestellten Kolben mit 400 Milli-metern Durchmesser für einen 12-Zylin-dermotor mit Duleman-Ringträgern. Diese wurden im so genannten Alfin-Verfahren ein-gegossen, womit es erstmals möglich wur-de, Leichtmetallkolben im Schwerölbetrieb – also mit hohem Gehalt an Schwefel, Asche und Vanadiumpentoxid – einzusetzen; zuvor hatte Schweröl immer zu hohem Kolben- und Kolbenringverschleiß geführt. Eine noch hö-here Belastbarkeit der Kolben wurde durch die intensive Kühlung im Bereich der Ring-partie möglich. Die Kühlungsmöglichkeiten wurden noch weiter verbessert, um der ho-hen thermisch-mechanischen Beanspru-chung von Dieselkolben entgegenzuwirken, indem man von 1965 an eine Rohrschlange

aus Stahl nutzte, die in den Aluminiumkol-ben eingegossen wurde.

Der „gebaute“ Kolben machte seit den 1970er Jahren weitere Leistungssteigerun-gen in der Motorentechnik möglich. Kolben, die aus einem geschmiedeten Stahloberteil und einem Aluminiumunterteil bestanden, wiesen eine wesentlich höhere Belastungs-möglichkeit auf als in einem Stück gegos-sene Kolben aus Aluminium. Auch die 1975 erstmals in der Serie eingeführten hartano-dischen Schichten am Kolbenboden – also die Schaffung einer Schutzschicht aus Alu-miniumoxyden durch elektrolytische Oxida-tion – trug zur Verlängerung der Lebensdau-er des Kolbenbodens um etwa das Vierfache bei, da diese Schutzschichten wesentlich dichter und sehr viel härter sind als normale anodische Schichten.

Seit den 1990er Jahren wuchsen nicht nur die Maße der Großkolben, sondern auch der internationale Markt für diese Erzeugnisse. Als die Deutsche Bahn die Lokomotiven der früheren Deutschen Reichsbahn der DDR er-neuerte, orderte sie ebenso KS-Großkolben wie die amerikanische Marine, die erstmals Kolben aus Neckarsulm in ihre Transport-schiffe einbauen ließ.

Und wieder wurden Rekordleistungen er-zielt: Einmal mehr baute Kolbenschmidt den größten Viertaktkolben der Welt, diesmal mit 640 Millimetern. Das Unterteil bestand aus Gusseisen mit Kugelgraphit, das Oberteil wurde aus Stahl geschmiedet. Um den ame-rikanischen Markt besser bearbeiten zu kön-nen, wurde 1998 in Marinette im US-Bundes-staat Wisconsin ein eigenes Großkolbenwerk errichtet. Auch China rückte immer mehr in den Blickpunkt des Interesses: Für einen chi-nesischen Lokomotivhersteller wurden 100 gebaute Stahl-Aluminium-Kolben gefertigt, die 1998 vor Ort in die Lokomotiven einge-baut und erfolgreich getestet wurden.

Seit 2001 werden auch Großkolben kom-plett aus geschmiedetem Chrom-Molyb-dän-Vanadium-Stahl gefertigt. Ober- und Unterteile werden dabei durch Elektronen-strahlschweißung verbunden. Dabei ent-stehen Kolben für mobile und stationäre Anwendungen, die bis zu einem Zünddruck bis 250 bar einsatzfähig sind. Für den An-trieb amerikanischer Lokomotiven fertigte Kolbenschmidt erstmals 2003 auch dreitei-lige Pendelschaftkolben, bestehend aus ei-nem geschmiedeten „Aluminiumhemd“ und einem geschmiedeten Stahloberteil, die mit einem Bolzenstuhl aus Gusseisen mit Ku-gelgraphit, fachchinesisch als „GGG-70“ be-zeichnet, verbunden sind.

Auch als am 12. Januar 2004 die „Queen Mary 2“, das damals größte und teuerste Passagierschiff der Welt und aller Zeiten, von Southampton aus seine Jungfernfahrt in die Karibik antritt, fahren im Motorenraum be-sonders leistungsstarke „Passagiere“ mit: In den vier 16-Zylinder-Motoren des finnischen Großmotorenherstellers Wärtsilä verrichten 64 KS-Großkolben ihren Dienst und sorgen dafür, dass es den – zahlenden – Passagieren nicht an Strom mangelt. Und sogar im renom-mierten Panorama-Schnellzug XPT (Express Passenger Train) sorgen Großkolben aus Ne-ckarsulm für eine schnelle Durchquerung des australischen Kontinents.

Die Großkolben tragen heute maßgeblich zum Geschäftserfolg von Kolbenschmidt bei, und hier ist es vor allem der Non-Auto-motive-Bereich, der auch in Zeiten konjunk-tureller Schwankungen auf dem Automobil-sektor zum Kundenstamm gehört.

Dr. Christian Leitzbach

Die Großkolben aus Neckarsulm haben eine nahezu 90-jährige Tradition

Leistungsstarke Passagiere fahren auch auf der „Queen Mary 2“ mit

Präzision auf höchstem Level: Der hier abgebildete Messvorgang – die rote, aus Rubin bestehende Tastkugel gewährleistet dank ihrer hohen Verschleiß-festigkeit die Prozesssicherheit – dokumentiert exemplarisch den ausge-sprochen hohen Standard der Qualitätssicherung im Großkolbenbereich der KS Kolbenschmidt GmbH. Dieses Niveau stellt gleichzeitig sicher, dass die in Neckarsulm und Marinette gefertigten großen Kolben zuverlässig ihren Dienst tun – wie hier zum Beispiel im Maschinenraum der „Queen Mary 2“, die bei ihrem Stapellauf im Januar 2004 das damals größte und teuerste Passagierschiff der Welt war. Im Moment trägt die „Allure of the Seas“ der US-Reederei Royal Caribbean International den Titel des Champions; der Luxusliner hat ebenfalls Großkolben von Kolbenschmidt Pierburg an Bord.

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Profi l: Welche Entwicklungsprojekte stehen derzeit an, und was ist auf mitt-lere Sicht geplant?

Hartmann: Wir arbeiten gerade an Kolben, deren Unterteil ebenso wie das Oberteil aus Stahl ist. Dadurch sind diese Kolben auch Zünddrucken ober-halb von 25 Megapascal oder 250 bar gewachsen. Parallel dazu entwickeln wir für Zylinderdurchmesser von 160 bis 200 Millimeter zweiteilige Kolben, die nicht mit Schrauben oder Stehbol-zen verbunden werden, sondern durch ein spezielles Reibschweißverfahren.

Profi l: Welche Vorteile bringt das?

Hartmann: Beim Verschrauben bleibt immer ein, wenn auch sehr geringes, Risiko. Das können wir mit dem neuen Verfahren eliminieren.

Profi l: Dann wird es über kurz oder lang also keine verschraubten Kolben mehr geben?

Hartmann: Doch, bei Schiffen und Kraftwerken mit Dieselmotoren werden verschraubte Kolben auch weiterhin erste Wahl sein. Denn dort wird in al-ler Regel ein minderwertiger Kraftstoff, das so genannte Schweröl, verwendet. Dadurch ist das Oberteil der Kolben ei-nem enormen Verschleiß ausgesetzt, weshalb es öfters ausgetauscht wird. Ein verschweißter Kolben müsste da-gegen komplett ersetzt werden, was natürlich teurer ist.

Profi l: Und wo würden diese Kolben dann eingesetzt?

Hartmann: Überall dort, wo kein Schweröl verwendet wird, also bei-spielsweise in Lokomotiven oder in Kraftwerken mit Gasmotoren. Die Ver-wendung von Gas als Kraftstoff ist auf-grund der vergleichsweise niedrigen Emissionen heute stark im Kommen.

Profi l: Was hat der Großkolbenbe-reich noch, wie es so schön heißt, in der Pipeline?

Hartmann: Infolge der immer höheren Zünddrucke in den Motoren entstehen dort zwangsläufi g auch immer höhere Temperaturen, genauer: von über 500 Grad Celsius. Eine Möglichkeit, die Kol-ben dagegen zu wappnen, ist die Be-schichtung der Oberteile.

Profi l: Woraus besteht diese Be-schichtung?

Hartmann: Das möchte ich noch nicht verraten. Aber sie wird in einer sehr dünnen Schicht aufgeschweißt und wi-dersteht nicht nur extremer Hitze, son-dern ist zugleich auch in hohem Maße resistent gegen aggressive Bestand-teile im Schweröl wie Schwefel oder Vanadium (Vermeidung von Heißgas-korrosion).

Profi l: Gibt es noch weitere Entwick-lungsprojekte?

Hartmann: Ja, über eines möchte ich noch berichten. Wir haben gerade mit der Produktion von Kolbenbolzen be-gonnen. Bisher wurden diese Teile zu-gekauft. Aber wir möchten künftig den Systemgedanken stärker hervorheben. Dazu gehört auch, dass wir über eine enge Zusammenarbeit mit einem Kol-benringhersteller nachdenken. Ob wir diesen Weg tatsächlich gehen werden, hängt natürlich vom Markt ab. Erste positive Signale von dort machen uns aber Mut.

tho Neckarsulm. Der Großkolbenbereich der KS Kolbenschmidt GmbH hat in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten immer wieder technologische Trends gesetzt. So entwickelten die Experten in Neckarsulm innovative Systeme zur Kühlung der Kolben, spezielle Kolbenbeschichtungen gegen Korrosion oder so genannte Pendelschaftkolben für Lokomotiven. Heute verlangt der Markt vor allem nach immer effi zienteren Motoren, wozu insbesondere die Erhöhung des Zünddrucks und die Optimierung der Verbrennungsverfahren beitragen. Wie der Großkolbenbereich seine Kunden dabei unterstützt, erläutert Dipl.-Ing. (TH) Wolfgang Hartmann (56), der den Bereich seit Anfang 2008 leitet, in einem Gespräch mit der Rheinmetall-Konzernzeitung „Das Profi l“.

Interview mit Großkolbenchef Wolfgang Hartmann

Passgenaue Innovationenfür effi zientere Motoren

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Wolfgang Hartmann: Effi zienz im Visier.

Der Großkolbenbereich hat insgesamt 230 Mitar-beiter. Davon sind 180 am Stammsitz Neckarsulm und 50 am Standort Mari-nette im US-Bundesstaat Wisconsin beschäftigt. Die 2006 begonnene Boomphase für Großmo-toren – und damit auch für entsprechende Kolben – ging zwei Jahre später infolge der globalen Fi-

nanz- und Wirtschaftkrise abrupt zu Ende. „Das hat sich natürlich auch auf unser Geschäftsvo-lumen entsprechend ausgewirkt. 2009 betrug unser Umsatz (noch) 78 Millionen “, erinnert sich Großkolbenchef Dipl.-Ing. (TH) Wolfgang Hartmann: „Und unsere Planungen für das darauf folgende Jahr gingen aufgrund der damals sehr positiven Marktsignale sogar über 120 Millionen hinaus.“

Mittlerweile ist der Bereich wieder auf einem profi tablen Wachstumskurs, was sich unter ande-rem in dem für 2011 angepeilten, moderaten Um-satzzuwachs von zwei Millionen auf voraussicht-lich 58 Millionen widerspiegelt. Ein Wachstum, das durch ein verstärktes Engagement in Asien noch beschleunigt werden soll. „Vor allem beim Schiffsbau spielt die Musik heute in Fernost. Denn viele europäische Werften mussten schlie-ßen oder wurden von asiatischen Wettbewerbern übernommen“, erklärt Hartmann. Deshalb for-ciert der 56-Jährige derzeit eine Ausweitung der Geschäfte in Asien. „Um in dieser Region mittel- bis langfristig erfolgreich zu sein, sollte man – das zeigen ja auch erfolgreiche Beispiele aus der Kolbenschmidt-Pierburg-Firmengruppe – vor Ort Präsenz zeigen.“, ist er überzeugt.

Mit einem Umsatzanteil von 45 Prozent ist der Schiffsbau die wichtigste Branche des Großkol-benbereichs – jüngstes Beispiel für die starke

Marktposition der Neckarsulmer ist das weltweit größte Kreuzfahrtschiff „Allure of the Seas“ (le-sen Sie dazu auch den „Profi l“-Beitrag auf Seite 3). Dicht dahinter folgen der Energiesektor (40 %) – viele Kraftwerke werden aufgrund vergleichs-weise niedriger Emissionen heute mit Diesel- oder Gasmotoren betrieben – und mit einigem Abstand der Lokomotivbereich (15 %). Weltweit werden rund 30 Kunden beliefert. Zu den „Top 5“ zählen die Motorenhersteller Wärtsilä (Finnland), MAN (Deutschland) und Rolls-Royce (Großbritan-nien) sowie der US-amerikanische Maschinen-spezialist Caterpillar und die Lokomotivsparte des US-Mischkonzerns General Electric.

Die kleinsten Kolben im Produktportfolio haben einen Durchmesser von 160 Millimetern, die größ-ten besitzen einen Durchmesser von 640 Milli-metern. Außerdem unterscheiden sie sich nach Material und Bauart. Insgesamt werden drei ver-schiedene Typen hergestellt: „Zunächst haben wir Kolben aus Aluminium, die in einem Teil gegossen werden“, sagt Hartmann. Damit der Verschleiß re-duziert wird, ist die Nut für den obersten Kolben-ring mit einem Ringträger aus Stahl (Niresist) ver-stärkt. Zudem haben manche Ausführungen ein spezielles Kühlsystem. „Dazu ist eine Rohrschlan-ge in den Kolben eingegossen, durch die später Öl geleitet wird“, erläutert der Großkolbenchef.

Der zweite Kolbentyp besteht aus einem ge-schmiedeten Aluminiumunterteil und einem Oberteil aus Stahl, die mit vier Schrauben oder Stehbolzen zusammengefügt werden. Durch die-sen Materialmix werden die Hitzebeständigkeit der Kolben und damit die Leistung der Motoren deutlich erhöht. Dazu Hartmann: „Oberfl ächen-temperaturen von 450 bis 500 Grad Celsius sind keine Seltenheit. Da würde gegossenen Alumini-umkolben, die für maximal 300 Grad ausgelegt sind, schnell die Puste ausgehen.“

Moderne Motoren werden jedoch nicht nur auf Leistung getrimmt, sondern ebenso auf geringen

Kraftstoffverbrauch und niedrige Emissionen. Das geht aber nur, wenn der Zünddruck stetig erhöht wird. Um den Belastungen, die bei 25 Me-gapascal oder 250 bar auftreten, standhalten zu können, ist bei dem dritten Kolbentyp das Unter-teil nicht mehr aus geschmiedetem Aluminium, sondern aus Sphäroguss oder aus geschmiede-tem Stahl. Bei Durchmessern von 200 bis 300 Millimetern wird außerdem eine einteilige Aus-führung aus diesem Gussmaterial angeboten. Da hier nicht montiert werden muss, ist dies eine kostengünstige Alternative zu dem Typ aus Alu-minium und Stahl.

In puncto Leistung haben Großkolben gegen-über ihren „kleinen Brüdern“ in Personenkraft- und Lastkraftwagen stets die Nase vorn gehabt. Das zeigt sich auch und vor allem bei den Innova-tionen. „Die Automobilindustrie hat immer wie-der von den Entwicklungen im Großmotorenbau profi tiert“, bringt Hartmann es auf den Punkt. Bei-spiele dafür seien Zylinder mit vier Ventilen oder Mo-toren mit Turbo-ladern. Auch die Umstellung von Aluminium-kolben auf Kolben mit Stahloberteil erfolgte rund 20 Jahre frü-her.

Zurzeit wer-den in Neckar-sulm Stahl/Stahl-Kolben entwickelt, bei denen Ober- und Unterteil miteinan-der verschweißt sind.

Außerdem wird an Beschichtungen gearbeitet, die Temperaturen von über 500 Grad Celsius aushal-ten. Schließlich soll das Produktportfolio um Kol-benbolzen, die den Kolben mit der Pleuelstange verbinden, ergänzt werden (lesen Sie dazu auch das Interview mit Wolfgang Hartmann auf der ge-genüberliegenden „Profi l“-Seite).

Der hohe Qualitätsstandard der Großkolben aus Neckarsulm beruht jedoch nicht allein auf stän-digen Innovationen. Eine ebenso wichtige Rolle spielen die Fertigungsprozesse. „Dabei haben wir uns bewusst auf die Kernkompetenzen konzen-triert“, sagt Produktionsleiter Dipl.-Ing. (FH) Her-mann Mayer. Dazu zählen die mechanische Bear-beitung der Außenfl ächen und Bolzenbohrungen, das so genannte Ovaldrehen, wodurch die Kolben ihre spezifi sche Außen- f o r m bekommen, und das abschließende

Feinst-bearbeiten der

Bolzenbohrun-gen. Das Gießen

der Kolben bezie-hungsweise das Schmieden der Kol-

benoberteile und deren grobe Bearbeitung über-nehmen dagegen Zulieferer, mit denen der Groß-kolbenbereich teilweise schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet.

Die besondere Herausforderung bei der Ferti-gung der Kolben besteht darin, die rund 400 un-terschiedlichen Ausführungen trotz kleiner Los-größen von durchschnittlich 35 Stück pro Auftrag ohne Planabweichungen zu produzieren. Dazu ist höchste Flexibilität bei jedem Herstellungs-schritt erforderlich. „Deshalb haben wir Anlagen, die vielseitig eingesetzt werden können. So las-sen sich beispielsweise auf ein und derselben Maschine sowohl Aluminium als auch der härtere Sphäroguss und selbst Stahl zerspanen“, erläu-tert Mayer. Außerdem müssen sich die Anlagen schnell umrüsten lassen, um lange Stillstandzei-ten zu vermeiden.

Nachdem die Kolben bearbeitet worden sind, geht es zur Oberfl ächenbehandlung. Dort werden die Teile zunächst mit Phosphat grundiert, damit das Graphit, das danach aufgespritzt und bei 160 Grad Celsius eingebrannt wird, besser haf-tet. Zum Schluss werden – bei den zweiteiligen Typen – Unter- und Oberteil miteinander verbun-den, das Drehmoment geprüft und dokumentiert. Zudem werden alle Kolben einer akribischen End-kontrolle auf computergesteuerten Mess- und Formprüfmaschinen unterzogen. Das Gros von ihnen muss darüber hinaus durch Klassifi kati-onsgesellschaften wie den Germanischen Llyod oder Lloyds Register abgenommen werden.

Aber auch während der einzelnen Fertigungs-schritte wird Qualitätskontrolle großgeschrieben. Deshalb gibt es neben dem auch im Kleinkol-benbereich von KS Kolbenschmidt vorhandenen Qualitätsmanagementsystem ein zusätzliches System, das so genannte „Großkolben-Quali-täts-Netzwerk“, kurz „GroQnet“. „Damit können sämtliche Qualitätsdaten direkt an den Anlagen erfasst und zentral dokumentiert werden. Da jedes Teil eine eigene Nummer hat, lassen sich

zudem alle Fertigungsschritte auch noch nach Jahren exakt nachvollziehen“, so Mayer.

Dazu ist an jeder Maschine ein Touchscreen-PC vorhanden, auf dem angezeigt wird, welche Prü-fungen die Mitarbeiter durchzuführen haben. Für die ersten Teile jedes Auftrags werden die Ergeb-nisse zusätzlich vom jeweiligen Teamleiter gegen-gecheckt. Erst danach startet die Serienfertigung. „Durch dieses ‚Vier-Augen‘-Prinzip liegt unsere Ausschussquote in dieser Herstellungsphase bei lediglich 1,8 Prozent“, sagt der Produktionsexperte nicht ohne Stolz. Denn die Kolbenteile kosten zwi-schen 700 und 5000 . Und ein kompletter Kolben kann schnell mit 10 000 zu Buche schlagen.

Die Schäden, die mangelhafte Kolben spä-ter anrichten könnten, wiegen jedoch deutlich schwerer. Im schlimmsten Fall, dem gefürchteten „Kolbenfresser“, kann der Motor sogar total zer-stört werden. „Das ist bisher aber so gut wie noch nie vorgekommen“, betont Hermann Mayer. Und Großkolbenchef Wolfgang Hartmann fügt hinzu: „Im Gegenteil: Aufgrund unseres hohen Quali-tätsstandards bekommen wir sogar öfters Anfra-gen von Kunden, die schlechte Erfahrungen mit anderen Lieferanten gemacht haben.“

Das sich darin widerspiegelnde sprichwörtliche Branchen-Renommee seinerseits basiert in erster Linie auf dem fachlichen Know-how des Großkol-benteams sowie der technisch anspruchsvollen Ausstattung der Fertigungsanlagen. Insbesondere diesbezüglich wurde in jüngster Vergangenheit ei-niges bewegt – und dies betrifft nicht nur die rund 25 Millionen , die seit 2006 in den hochmoder-nen Maschinenpark und ein neues Produktions-layout, das einen optimalen Materialfl uss ermög-licht, investiert wurden. Heute ähnelt die penibel aufgeräumte Fertigung des Großkolbenbereichs, die am Standort Neckarsulm sozusagen eine Fa-brik in der Fabrik bildet, eher an eine Elektronik- denn an eine „Heavy-Metal“-Schmiede.

Dr. Thomas Oelschlägel

Hermann Mayer: Konzentration auf Kernkompetenzen bei den Fertigungsprozessen zahlt sich aus.

KS Kolbenschmidt bringt weltweit schwere Motoren in Schwung

Im Produktportfolio sind auch Kolben der Größe XXL

Neckarsulm. Die KS Kolbenschmidt GmbH, die zum Rheinmetall-Unternehmensbereich „Automotive“ gehört, zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Kolben für Motoren von Personen- und Nutzfahrzeugen. Außerdem produziert das Unternehmen Großkolben, die einen Durchmesser von 160 bis 640 Millimetern haben und bis zu 500 Kilogramm wiegen – „Kon fektionsgröße“ XXL eben. Diese Kolben werden sowohl in Motoren von Kraftwerken als auch in Antrieben von Schiffen und Lokomotiven eingesetzt. Der hohe Qualitätsstandard wird durch spezielle Qualitätssicherungssysteme und modernste Prüfeinrichtungen gewährleistet.

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und Lastkraftwagen stets die Nase vorn gehabt. Das zeigt sich auch und vor allem bei den Innova-tionen. „Die Automobilindustrie hat immer wie-der von den Entwicklungen im Großmotorenbau profi tiert“, bringt Hartmann es auf den Punkt. Bei-spiele dafür seien Zylinder mit vier Ventilen oder Mo-toren mit Turbo-ladern. Auch die Umstellung von Aluminium-kolben auf

Stahloberteil erfolgte rund 20 Jahre frü-

Zurzeit wer-den in Neckar-sulm Stahl/Stahl-Kolben entwickelt, bei denen Ober- und Unterteil miteinan-der verschweißt sind.

das so genannte Ovaldrehen, wodurch die Kolben ihre spezifi sche Außen- f o r m bekommen, und das abschließende

Feinst-bearbeiten der

Bolzenbohrun-gen. Das Gießen

der Kolben bezie-hungsweise das Schmieden der Kol-

ter anrichten könnten, wiegen jedoch deutlich schwerer. Im schlimmsten Fall, dem gefürchteten „Kolbenfresser“, kann der Motor sogar total zer-stört werden. „Das ist bisher aber so gut wie noch nie vorgekommen“, betont Hermann Mayer. Und Großkolbenchef Wolfgang Hartmann fügt hinzu: „Im Gegenteil: Aufgrund unseres hohen Quali-tätsstandards bekommen wir sogar öfters Anfra-gen von Kunden, die schlechte Erfahrungen mit anderen Lieferanten gemacht haben.“

Branchen-Renommee seinerseits basiert in erster Linie auf dem fachlichen Know-how des Großkol-benteams sowie der technisch anspruchsvollen Ausstattung der Fertigungsanlagen. Insbesondere diesbezüglich wurde in jüngster Vergangenheit ei-niges bewegt – und dies betrifft nicht nur die rund 25 Millionen nen Maschinenpark und ein neues Produktions-layout, das einen optimalen Materialfl uss ermög-licht, investiert wurden. Heute ähnelt die penibel aufgeräumte Fertigung des Großkolbenbereichs, die am Standort Neckarsulm sozusagen eine Fa-brik in der Fabrik bildet, eher an eine Elektronik- denn an eine „Heavy-Metal“-Schmiede.

NEUAKZENTUIERUNG in inhaltlicher und visueller Form: Das 1994 ins Leben gerufene Rhein-metall-Kolleg, das konzernweit das Kurs- und Seminarangebot zur Entwicklung von Führungs- und Führungsnachwuchskräften bündelt, beschritt in diesem Jahr neue Wege – und dies gleich in zweier-lei Hinsicht. So konzentriert sich das umfangreiche Fortbildungsangebot inhaltlich schwerpunkt-mäßig darauf, die aus der im vergangenen Jahr konzernweit durchgeführten Potenzialanalyse für Führungs- und Nachwuchskräfte resultierenden Bildungsbedarfe zu decken. Zwei aktuellen Entwick-lungen trägt das Rheinmetall-Kolleg damit ganz besonders Rechnung: Zum einen prägt die weiter fortschreitende Internationalisierung aller Unternehmens- und Geschäftsbereiche das Weiterbil-dungsprogramm ganz entscheidend; zum anderen spielt der demografi sche Wandel eine wesent-liche Rolle bei der programmatischen Ausrichtung des umfangreichen Angebotes. Optisch unter-mauert wird dieser modifi zierte strategische Ansatz durch insgesamt sechs sinnfällige Cartoons des Kölner Karikaturisten Dirk Meissner, der unter anderem für den samstäglichen Wirtschaftsteil der

Süd deutschen Zeitung Zeitgeschehen humorvoll mit der Feder kommentiert, und der seit Herbst 2002 regelmäßig auch für die Rheinmetall-Konzernzeitung „Das Profi l“ arbeitet. Der bekannte Cartoonist hat gemeinsam mit dem Team der Personalentwicklung insgesamt sechs Cartoon-Analogien entwi-ckelt, die die jeweils angesprochene Kompetenz-Thematik – als da sind Persönlichkeit und Werthal-tung, soziale Kompetenzen, Führungskompetenzen, Denkfähigkeit und methodische Kompetenzen, unternehmerische Kompetenzen sowie Fachkompetenzen – auf humorvoll-hintersinnige Weise aufs Korn nehmen. Meissner: „Bekanntermaßen sind Karikaturen überzeichnete Darstellungen von Men-schen, Dingen und Sachverhalten, deren charakteristische Eigenschaften bewusst überzeichnet wer-den – um sie zum Beispiel der Lächerlichkeit preiszugeben oder gezielte Kritik an ihnen zu üben. Gegenstand meiner Cartoons sind die Chefetagen und die dort anzutreffenden Personen. Das tägli-che Aufeinandertreffen dieser eher archetypischen Charaktere zeigt – mal offen, mal versteckt –, in-wieweit Wunsch und Wirklichkeit in den heutigen Bürowelten mitunter auseinanderfallen.“ sl/rds

uv Neuss. ECM – bei diesem Begriff denken nicht nur eingefl eischte Mu-sikfreunde an weltbekannte Jazzmu-siker wie Keith Jarrett, Terje Rypdal und Chick Corea oder zeitgenössische Komponisten und Interpreten wie Arvo Pärt und das Hilliard Ensemble, deren Werke bei dem Münchner Plattenlabel „Edition of Contemporary Music“ ver-öffentlicht werden.

Auch für Helmuth Schneider, Ralf Knäpper und Andreas Voß von der Pier-burg GmbH in Neuss, einem renom-mierten Entwicklungspartner der Au-tomobilindustrie, hat ECM einen ganz besonders guten Klang – steht diese Ab-kürzung doch für einen wichtigen Mei-lenstein auf dem Weg hin zu einer glo-bal integrierten und vernetzten IT- und Datenwelt. Die neue IT-Lösung für das „Engineering Change Management“ verbessert die Steuerung, Kontrolle und Dokumentation aller Änderungen, die an den zum Teil hochkomplexen Pierburg-Produkten immer wieder vor-genommen werden (müssen).

In der Automotive-Branche ist das so genannte Änderungsmanagement absolute Pfl icht. Jede noch so kleine Produktmodifi zierung ist akribisch zu dokumentieren – selbst der Austausch einer kleinen Schraube muss mindes-tens 15 Jahre lang nachvollziehbar sein. Bisher wurden die Informationen zu einer Änderung in Formularen und einer separaten Datenbank eingege-ben, ohne sie übergreifend auswerten

zu können – Mehraufwand und mögli-che Fehleingaben inklusive.

Mit dem neuen, in die vorhandene SAP-Landschaft integrierten „Engineer-ing Change Management“ greifen An-wender nun direkt auf die relevanten Daten in SAP zu. Dort liegen die Kern-informationen zu den Produkten und Fertigungsverfahren in strukturierter Form vor: Materialnummer, Beschrei-

bung, Historie, Preis und Verwendung jedes Einzelteils in den verschiedenen Modulen sind dort gespeichert. Eine automatische Plausibilitätsprüfung weist den Anwender sofort auf Unstim-migkeiten im Änderungsprozess hin. So wird das gesamte Änderungsma-nagement mit ECM deutlich effi zienter und transparenter.

Nach intensiven Schulungen arbei-ten seit Ende des Jahres 2010 rund 500 Anwender an den Pierburg-Standorten in Spanien, Tschechien, Indien und den USA mit dem hochmodernen ECM-Tool. Auch die Pierburg Pump Technol-ogy GmbH hat die neue IT-Lösung in-zwischen eingeführt.

In der täglichen Praxis erkennen die Mitarbeiter, was noch verbessert werden kann. Für Ralf Knäpper, Di-rector IT bei Pierburg, sind diese Er-fahrungen sehr wertvoll. „Wir starten in den nächsten Wochen eine erste Optimierungsrunde“, kündigt er an. Helmuth Schneider – er ist seit kurzem Prozessverantwortlicher für Produkt-entstehungsprozesse beim Neusser Automobilzulieferer – sieht durch ECM auch die Marktstellung von Pierburg gestärkt: „An dem Ziel einer weltweit integrierten Nutzung unternehmens-kritischer Daten arbeiten heute alle global agierenden Unternehmen. Wir haben mit ECM einen weiteren großen Schritt in diese Richtung geschafft.“

Um die Dimension des ECM-Projekts ermessen zu können, muss man sich

die Pierburg-Produkte genauer anse-hen. Die Komponenten, Module und Systeme tragen in Personenkraft- und Nutzfahrzeugen dazu bei, die Technik von Otto- und Dieselmotoren effi zi-enter zu gestalten. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Kom-plexität der Produkte dar: Rund 1800 Änderungsvorgänge unterschiedli-chen Umfangs hat Pierburg allein im

Jahr 2008 dokumentiert. Darunter sind Produkte wie z.B. Kühlermodule mit mehr als 150 Einzelteilen, von denen wiederum viele auch in anderen Pro-dukten eingesetzt sein können.

In der Folge sind deshalb mitunter von Änderungen gleich mehrere Pierburg-Produktions werke betroffen. Eine Ket-tenreaktion mit hohem Aufwand, denn bei jedem Vorgang kommt es darauf an, die geänderten Einzelteile technisch und logistisch so zu steuern, dass am Ende, in der Produktion von z.B. meh-reren hunderttausend Stück eines Pro-dukts, „alles passt“ und termingerecht verfügbar ist. Das Änderungsmanage-ment ist somit keine Nebensache, son-dern ein zentrales Schlüssel thema für Automobilzulieferer generell und den Systemspezialisten Pierburg allemal.

„ECM bedeutet für uns einen großen Fortschritt“, so Ralf Knäpper, „bei der Steuerung, Kontrolle und Dokumenta-tion der Änderungsprozesse erreichen wir mit ECM eine neue Dimension von Sicherheit und Transparenz. Jede Än-derung von der Idee bis zur produkti-ven Umsetzung ist komplett abgebil-det und nachvollziehbar.“

Der Umstellung ging eine intensive Vorarbeit voraus: Erste konzeptionelle Überlegungen gab es bereits vor eini-gen Jahren; 2009 begann dann die hei-ße Phase, ein Jahr später startete der Roll-out, also die globale Einführung des Systems, begleitet von weltweiten Schulungen. „Der Aufwand der Einfüh-

rung war hoch“, bestätigt Projektleiter Andreas Voß, „aber wenn wir mit ECM auch nur einen Fehler verhindern, hat es sich schon gelohnt.“

An einem Beispiel macht er das deutlich. Voß: „Stellen Sie sich vor, an einem Kühlermodul, das Pierburg pro Motorart etwa 500 000 mal baut, wird eine Änderung vorgenommen und Sie dokumentieren diesen Vorgang

im neuen ECM-System. Kommen nun im Laufe der Produktion Fragen auf – z.B., wer die Änderung veranlasst hat und mit welchen Bauteilen sie für wel-chen Produktionszeitraum umgesetzt wurde –, so können wir dies im ECM-System lückenlos nachvollziehen.“

IT-Experte Voß weist außerdem noch auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin: „Die ECM-Lösung auf SAP-Basis bie-tet die Möglichkeit, weitere Anwendun-gen auf dieser Plattform einzuführen. Funktionalitäten wie z.B. Datencock-pits oder fl exible Workfl owsteuerungen lassen sich auch für die Unterstützung von anderen Prozessen verwenden. Die Mitarbeiter beherrschen die Be-nutzeroberfl äche dann bereits, und wir müssen nicht komplett neu schulen. Das spart viel Zeit und Kosten.“

Entwickelt wurde ECM übrigens von dem Technologie- und Beratungshaus ILC Prostep mit Sitz in Bexbach (www.ilc-prostep.de), einem zertifi zierten Value-Partner von SAP, dem die Pro-jektverantwortlichen eine hohe tech-nische Kompetenz und fundiertes Know-how bescheinigen.

Auf die nun beginnende Optimie-rungsphase ist Ralf Knäpper gespannt: „Aufgrund der gewonnenen Transpa-renz über den Änderungsprozess sind wir in der Lage, die Optimierungspoten-ziale sogar mit Six Sigma-Werkzeugen (einer Methode zur Analyse, Verbesse-rung und Überwachung von Geschäfts-vorgängen) zu untersuchen.“

Zusammen mit Helmuth Schneider und Andreas Voß blickt er in die Zu-kunft: „Unser Unternehmen ist dem Ziel, den Lebenslauf eines Produkts von der virtuellen Entwicklungsphase bis zum Auslaufen der Serien- und Er-satzteilproduktion (Product Lifecycle Management) in einem integrierten System abzubilden, mit ECM einen Rie-senschritt nähergekommen.“

Sehr zufrieden (v.l.): Helmuth Schnei-der, Andreas Voß und Ralf Knäpper.

Serienauftrag fürADS-Schutzsystem

oho Düsseldorf/Lohmar. Rhein-metall baut seine Position als Sys-temanbieter für die Landstreitkräfte weiter aus und übernimmt als Mehr-heitsgesellschafter die unterneh-merische Führung bei der ADS Ge-sellschaft für aktive Schutzsysteme mbH, Lohmar. Gleichzeitig meldet die ADS GmbH den Durchbruch in der Vermarktung eines völlig neu-artigen Hightech-Schutzsystems für Militärfahrzeuge. Rheinmetall stockt die Geschäftsanteile an dem Schutz-Spezialisten ADS von bislang 25 Pro-zent auf nunmehr 74 Prozent auf. Die übrigen Anteile verbleiben bei IBD Deisenroth, Lohmar. Zwischen-zeitlich hat die ADS Gesellschaft für aktive Schutzsysteme mbH die Entwicklung des „Active Defence Systems“ (ADS), weltweit eine der innovativsten Technologien im Be-reich des militärischen Schutzes, erfolgreich zum Abschluss gebracht und jetzt einen ersten Serienauftrag unter Vertrag genommen.

MS Motor Servicestärkt Geschäft

dp Neckarsulm. Die Kolben-schmidt Pierburg AG stärkt ihr welt-weites Ersatzteilgeschäft. Dazu hat die Firmengruppe den Geschäfts-betrieb der Burkert Fahrzeugteile GmbH & Co. KG in Asperg übernom-men. Ein entsprechender Vertrag mit dem Insolvenzverwalter der Burkert Fahrzeugteile wurde unterzeichnet. Die Zustimmung des Bundeskartell-amtes zu der Übernahme liegt be-reits vor. Burkert gilt international als Spezialist bei Konstruktions-teilen für den Nutzfahrzeug-Be reich, wie Kurbel- und Nockenwellen, Zylinderköpfe, Zylinderlaufbuchsen und Pleuelstangen, ist auf diesem Gebiet Marktführer in Europa und hat 2009/2010 einen Umsatz von rund 35 Millionen erwirtschaftet. Das im Großraum Stuttgart ansäs-sige Unternehmen wird durch den Geschäftsbereich Motor Service als eigenständiges Unternehmen am Standort Asperg weitergeführt und als BF Germany GmbH fi rmieren.

msc Pune. Der indische Automarkt ist einer der wachstumsstärksten weltweit. Als wichtigster Standort der Automobilindustrie gilt die Stadt Pune, wo sich kürzlich bereits zum zwölften Mal internationales Fachpub-likum auf der „Siat“ (Symposium on International Automotive Technology) ein Stelldichein gab. Auf der Veran-staltung mit angeschlossener Exper-tenkonferenz war auf einem rund 50 Quadratmeter großen Messestand auch die Kolbenschmidt Pierburg AG mit ihren Tochtergesellschaften Pier-burg GmbH, Pierburg Pump Technol-ogy GmbH sowie KS Gleitlager GmbH vertreten. insgesamt präsentierten sich über hundert Aussteller. „Unser Messeauftritt ist gut angekommen und wurde von den Besuchern aus-gesprochen gelobt“, berichtet Guen-ter Maassen, Senior Business Devel-opment Manager Asia Pacifi c und in dieser Position verantwortlich für die Sales-Organisation. „Aber nicht nur das: Die Siat war insgesamt sehr erfolgreich – wir waren jeden Tag buchstäblich umlagert von Fachpub-likum. Unter anderem besuchten uns führende technische Verantwortliche

wie Dr. Pavan Goenka, President R&D von Mahindra, oder N.B. Chougule, General Manager Engine Develop-ment von Tata Motors.“

Sie alle konnten sich vor Ort über Pierburg-Produkte zur Schadstoffre-duzierung wie elektrische und pneu-matische EGR sowie diverse Kühler-module für die Einhaltung der Euro4/Euro5-Abgasgrenzwerte informie-ren. Die Pierburg Pump Technology GmbH, innerhalb des Unternehmens Spezialist für automobile Pumpen, zeigte elektrische Wasser-, Vakuum- und Ölpumpen, die zu einem verrin-gerten Kraftstoffverbrauch und damit weniger CO2-Emissionen beitragen. Die KS Gleitlager GmbH präsentierte ihre ganze Bandbreite an hochleis-tungsfähigen Gleitlagern.

Pierburg unterhält seit 2007 mit Pierburg India Private Limited direkt in Pune eine Tochtergesellschaft; zu-sätzlich hält die KS Kolbenschmidt GmbH zwanzig Prozent an der indi-schen Shriram Pistons & Rings Ltd.

Fachpublikum lobt„Siat“-Präsentation

Ein Demonstratorfür Laserwaffen

jpw Unterlüß/Studen. Laserstrah-len sind hochpräzise, wirkungsvoll und lassen sich hinsichtlich ihrer Stärke dem jeweiligen Bedrohungs-spektrum anpassen. Sie eignen sich daher ideal zur Abwehr gegen eine Vielzahl in heutigen konventionel-len und asymmetrischen Konfl ikten genutzten Waffen und Kampfmit-teln. Als führendes wehrtechnisches Systemhaus befasst sich Rheinme-tall seit den frühen 1980er Jahren erfolgreich und szenarnahe mit der Laser-Technologie. Im August 2010 stellte das Unternehmen in seinem schweizerischen Erprobungszent-rum Ochsenboden (EZO) erstmals die Leistungsfähigkeit eines in ei-nem Skyshield-Flugabwehrsystem (RAD) integrierten Hochenergiela-sers (RWM) unter Beweis. Die seither erzielten systemspezifi schen Leis-tungssteigerungen führt Rheinme-tall im 3. Quartal 2011 wiederum im EZO Experten und potenziellen Nut-zern aus dem In- und Ausland vor.

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ECM macht das Änderungsmanagement transparent

Bereits auf der europäischen Rüs-tungsmesse Eurosatory im Juni vergangenen Jahres überraschte

Rheinmetall mit dem MBT Revo-lution („Das Profi l“ 2/2010), der diesen Systemansatz gerade-zu verkörpert. Dieser innova-tive Kampfpanzer für das 21. Jahrhundert zog auch in Abu Dhabi die Blicke der Besucher

auf sich.

Hochmobil und effektiv: In der heutigen vernetzten Ope-rationsführung gewinnt über Feuerkraft, Beweglichkeit,

Panzerschutz, Aufklärungs- und Führungsfähigkeit hinaus Absitz-stärke wieder an Bedeutung. In dieser Konsequenz präsentierte Rheinmetall neben dem MBT Revolution seinen Lö-sungsvorschlag, Schützenpanzer an die heutigen Erfordernisse anzupas-sen. Wie beim MBT Revolution auch, kommen bei dieser IFV/CCV-Upgrade Solution nicht nur Komponenten der einzelnen Rheinmetall-Geschäftsbe-reiche, sondern auch von Partnerun-ternehmen zum Einsatz. Der Kunde erhält damit ein System „aus einer Hand“.

Kernstück der IFV/CCV-Upgrade So-lution ist der unbemannte, ferngesteu-erte Lance-Turm. Neben dem Stabili-sierten Elektrooptischem Sichtsystem „Seoss“ mit Wärmebildgerät und La-serentfernungsmesser zeichnet sich das Turmsystem durch einen digitalen Feuerleitrechner aus. Die 30-mm-Wo-tan-Maschinenkanone mit Fremdan-trieb hat eine Kadenz von 400 Schuss pro Minute, die Geschosse sind zudem airburst-fähig: Ihr Detonationszeit-punkt lässt sich programmieren, um größtmögliche Wirkung auch gegen Ziele hinter Deckungen entfalten zu können. Die Maschinenkanone kann auch bei großer Rohrerhöhung (60 Grad) wirken und lässt sich jederzeit nachladen, ohne dass die Besatzung dazu den geschützten Kampfraum ver-lassen muss.

Wie der MBT Revolution auch, lässt sich das IFV/CCV in neue Führungssys-teme für die vernetzte Operationsfüh-rung einbinden. Optional ist auch ein bemannter Turm verfügbar, wie ihn Rheinmetall etwa für das kanadische CCV-Programm entwickelt hat.

Die Infantry Fighting Vehicle/Close Combat Vehicle-Upgrade Solution zeichnet sich weiterhin durch ein modulares Schutzkonzept von Rhein-

metall Chempro aus, das in allen Kli-mazonen zuverlässig vor Beschuss, Improvised Explosive Devices (Im-provisierte Sprengladungen/IEDs) sowie RPG-7-Panzerfaustgeschossen schützt. Ein leistungsfähigerer Motor und Getriebe steigern die Mobilität, eine Klimaanlage macht das Fahrzeug tauglich für extreme Temperaturen. „Unsere Lösungsvorschläge für mo-derne Gefechtsfahrzeuge stießen auf großes Interesse. MBT Revolution und CCV-Upgrade Solution bildeten zwei-fellos einen der Publikumsmagneten“, zeigte sich Standleiter Haller zufrie-den.

Ebenfalls für die Infanterie, aber aufgrund seiner Modularität auch für etliche andere Verwendungen geeig-net, ist das Geschützte Transport- und Kampffahrzeug Boxer. Deutschland und die Niederlande beschaffen das gemeinsam mit Krauss-Maffei Weg-mann (KMW) entwickelte Fahrzeug in verschiedenen Versionen. Im Septem-ber 2010 befand sich der Boxer in Er-probungen in den VAE und wird auch an den kommenden Summer Trials 2011 teilnehmen. Kein Wunder also,

dass auch dieses Fahrzeug am Rhein-metall-Stand zu den stark frequentier-ten Exponaten zählte.

Das ebenfalls gemeinsam mit KMW entwickelte hochmobile geschützte Armoured Multi Purpose Vehicle AMPV 2A sowie der bereits von einigen Staa-ten der Region genutzte Transportpan-zer Fuchs komplettierten die Reihe der vorgeführten Gefechtsfahrzeuge. Letzterer beteiligte sich in der NBC-Spürversion auch an den täglich von den VAE-Streitkräften dargebotenen Vorführungen.

Zu den ausgestellten Gefechtsfahr-zeugen gesellten sich weitere Füh-rungs- und Funktionsfahrzeuge der neuen Geschäftseinheit Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV). Diese trat – ähnlich wie auf der Eurosa-tory 2010 in Europa – in Abu Dhabi unter ihrem neuen Label auf. Zu den Exponaten zählten drei bewährte RMMV-Familienmitglieder: das HX81-Bergefahrzeug, die SX45-Zugmaschine sowie ein SX44 mit aufgesetzter 35-mm-Revolver-Kanone des Nächst-bereichsschutzsystems C-RAM.

Schutz und Wirkung: Das Nächst-bereichsschutzsystem C-RAM zur Abwehr von Raketen, Artillerie- und Mörsergeschossen (RAM) bildete den zweiten großen Publikumsmag-neten am Rheinmetall-Stand. Kein Wunder – die Erfahrungen zahlreicher Staaten zeigen, dass gerade in den heutigen asymmetrisch geführten Konfl ikten Streitkräfte und sensible Einrichtungen durch den Beschuss mit dieser Munition bedroht sind. Der als „Skyshield“ für die Bundeswehr entwickelte und derzeit als „Mantis“ beschaffte hoch wirksame Verbund

aus Sensoren, Effektoren und Füh-rungsmitteln hatte kurz vor der Messe ein Testschießen unter realen Einsatz-bedingungen erfolgreich absolviert. Jetzt demonstrierte Rheinmetall den Messebesuchern in einer virtuellen C-RAM-Feuerleitstelle die Bekämp-fungsabläufe von der Entdeckung eines anfl iegenden Geschosses über die Flugbahnberechnung, Zielzu-weisung bis hin zur Zerstörung durch die eigens entwickelten Ahead-Ge-schosse. Deren Submunition zerstört selbst Klein- und Kleinstziele ähnlich

wie eine Schrotladung eine Tontaube. Darüber hinaus lassen sich optional ein bis zwei Lenkwaffenwerfer für die Bekämpfung größerer Ziele auf wei-tere Entfernungen in den Verbund ein-binden.

Auch das erst kürzlich entwickelte Rheinmetall Machine Gun (RMG) im Kaliber 12,7 x 99 mm war erstmals auf der Idex-Fachmesse vertreten. Die fremdangetriebene, sehr präzise Waffe

zeichnet sich durch ihr im Vergleich zu ähnlichen Systemen deutlich gerin-geres Gewicht aus und soll vor allem auf ferngelenkten Waffenstationen zum Einsatz kommen. Darüber hinaus ist aber auch ein abgesessener Einsatz möglich.

Training: Was nutzen die besten Systeme, wenn die Bediener sie nicht optimal einsetzen können? Training und Ausbildung gewinnen für die Streit kräfte der Zukunft eine immense Bedeutung, um auf den immer kom-plexeren Gefechtsfeldern bestehen zu

können. In der Golfregion setzen einige Staaten bereits auf den Sachverstand von Rheinmetall, um ihre Soldaten in modernen Combat Training Centers auszubilden. Und so informierten sich zahlreiche weitere Interessenten am Messestand des Traditionsunterneh-mens über die jüngsten Entwicklungen auf diesem Gebiet.

Zur See: Erstmals fand dieses Jahr parallel zur Idex die Naval Defence Ex-hibition (Navdex) statt. Damit bot sich für Rheinmetall zusätzlich die Gele-genheit, seine maritime Kompetenz zu demonstrieren. Zum Produktportfolio gehören etliche hocheffektive, fl exibel einsetzbare Systeme: Radarüberwa-chungssysteme, Optronik, Mittelka-libergeschütze wie das weltbekannte Marineleichtgeschütz MLG 27 oder das Millennium Gun, Munition, Minen-abwehrtechnologie sowie Simula-tions- und Ausbildungssysteme für U-Boote, Überwassereinheiten oder taktisches Training. Schutzsysteme wie das Mobile Marine Shield von Rheinmetall Chempro oder das Multi-Ammunition Softkill System (Mass) vervollständigen das Angebot. Einiges

davon war auch in Abu Dhabi als Re-alstück vorhanden – und zwar sowohl am Messestand als auch „im Einsatz“. So zeigte die Marine der Vereinigten Arabischen Emirate auf der Navdex mit einer Fregatte der Baynuna-Klasse Präsenz, die mit dem Marineleichtge-schütz sowie mit Mass ausgestattet ist.

Das breite Informationsangebot von Rheinmetall Defence stieß auf reges Interesse. Das zeigte sich alleine schon durch den hohen Besucherandrang. Hochrangige Delegationen aus 15

Staaten weltweit nutzten die Möglich-keit, sich vor Ort zu informieren. Dazu kamen Vertreter von Presse, Industrie und Partnerunternehmen sowie un-gezählte weitere Fachbesucher. Alle erwartete ein attraktiv gestalteter Messestand – zudem der größte der Ausstellung.

Andres Haller verrät das Erfolgsge-heimnis: „Als ein wichtiger Partner der Streitkräfte in der Region wollen wir natürlich möglichst Realstücke unserer Produkte zeigen. Für den Kun-den sind wir somit im wahrsten Sinne des Wortes ‚anfassbar‘.“ Das Konzept überzeugte, und so erhielt das Un-ternehmen im Rahmen des Messe-Galadinners im Abu Dhabi Armed Forc-es Offi cers Club die Auszeichnung für den besten Idex-Ausstellungsstand. Das zweite Geheimnis des Erfolges war die gelebte „Corporate Identity“. Haller: „Es waren immer Ansprech-partner vor Ort, die unterschiedlichen Geschäftsbereiche unterstützten sich dabei vorbildlich. Wir bieten nicht nur alles aus einer Hand, wir sprechen auch mit einer Stimme.“

Dr. Jan-Phillipp Weisswange

KONZERN-GLOBAL 15

Messestand von Rheinmetall Defence wurde in Abu Dhabi als beste Aussteller-Performance ausgezeichnet

„Mit einer Stimme“ auf der Idex 2011 präsent

Abu Dhabi. Zum 10. Mal richtete sich der Blick der internationalen Verteidigungs-Community auf Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Unter der Schirmherrschaft Seiner Hoheit Scheich Kalif Hassa bin Zayed Al Nahyan, Präsident der VAE und zugleich Oberkommandierender der Streitkräfte seines Landes, fand dort vom 20. bis zum 24. Februar 2011 die 10. International Defence Exhibition & Conference (Idex) statt. Rund 1060 Aussteller von wehrtech-nischer Industrie, Streit – und Sicherheitskräften präsentierten dort ihre Produkte und Aktivitäten. Die 1993 ins Leben gerufene Idex hat sich inzwischen von einer ur-sprünglich auf die Bedürfnisse des Marktes der Staaten des Golf-Kooperationsrates (Gulf Cooperation Council, GCC) ausgerichteten Schau hin zu einer der bedeutends-ten wehrtechnischen Messen der Welt entwickelt. Über 30 Länderpavilions, 50 000 Fachbesucher und 124 000 Quadratmeter Ausstellungsfl äche belegten das in die-

sem Jahr eindrucksvoll. Damit war Abu Dhabi weit mehr als eine „Pfl ichtveranstal-tung“ für Rheinmetall, deren Messestand vom Veranstalter als „Bester“ ausgezeich-net wurde. Andres Haller, verkaufsseitig Leiter des Messeauftritts: „Rheinmetall ist seit Jahren wichtiger Partner in der Region. Konsequenterweise präsentierten wir gemäß der Philosophie ‚One face to the customer‘ unsere Kompetenz als führendes wehrtechnisches Systemhaus.“ Bereits seit einigen Jahren denken sowohl wehr-technische Industrie als auch Streitkräfte nicht mehr in reinen Plattformen, also Panzern, Flugzeugen und Schiffen, sondern in Fähigkeitskategorien, wie etwa Über-lebensfähigkeit und Schutz, Wirksamkeit im Einsatz, Aufklärung oder Führung. Das Großgerät von heute muss dem Nutzer daher als leistungsfähiges, aber beherrsch-bares Gesamtsystem – gegebenenfalls in einen Verbund mit anderen Land-, Luft- und Seesystemen eingebunden – eine Vielzahl dieser Fähigkeiten bereitstellen.

Bereits auf der europäischen Rüs-tungsmesse Eurosatory im Juni vergangenen Jahres überraschte

Rheinmetall mit dem MBT Revo-lution („Das Profi l“ 2/2010), der diesen Systemansatz gerade-zu verkörpert. Dieser innova-tive Kampfpanzer für das 21. Jahrhundert zog auch in Abu Dhabi die Blicke der Besucher

auf sich.

der heutigen vernetzten Ope-

Erfolgreich gelebte „Corporate Identity“: Für die hervorragende Präsentation auf der Idex 2011 in Abu Dhabi wurde Rheinmetall Defence vom Messeveranstalter ausgezeichnet.

Ein wichtiger Meilen-stein in der Geschich-te Rheinmetalls war die Wiederaufnahme der wehrtechnischen Produktion im Jahre 1956. Mit der Ent-scheidung der Bun-desrepublik Deutsch-land zur Einführung

der Bundeswehr und des Aufbaus einer nationalen Industrie für Verteidigungsgüter wurde auch die Fir-ma Rheinmetall mit ihren damaligen Standorten in Düsseldorf und Unterlüß zum industriellen Partner nicht nur der deutschen, sondern auch der im Vertei-digungsbündnis der Nato zusammengeschlossenen internationalen Streitkräfte. In den elf vorangegan-genen Jahren war die Produktion wehrtechnischer Güter verboten gewesen. Wie – und warum – konnte Rheinmetall in dieser Zeit überhaupt überleben?

Der Entscheidung des damaligen Vorstands der Rheinmetall-Borsig AG zur Wiederaufnahme der wehrtechnischen Produktion war ein Beschluss vo-rausgegangen, der nicht minder wichtig für die Wei-terexistenz des Unternehmens Rheinmetall war: Die Aufnahme der Fertigung von zivilen Gütern im Jahre 1950, also vor nun 60 Jahren. Fünf Jahre lang war der Rheinmetall-Borsig AG auch dieses verboten gewe-sen – eine Folge des verlorenen Zweiten Weltkriegs.

Auf der Basis der am 5. Juni 1945 vereinbarten Er-klärung der vier Siegermächte USA, Großbritanni-en, Sowjetunion und Frankreich zur Übernahme der Regierungsgewalt in Deutschland erließ die ameri-

kanische Militärregierung für die westlichen Besat-zungszonen am 14. Juli 1945 das Gesetz Nr. 52 der Militärregierung über Sperre und Kontrolle von Ver-mögen, das inhaltlich dem Befehl Nr. 124 der sow-jetischen Besatzungsmacht vom 30. Oktober 1945 entsprach. Damit wurde die Rheinmetall-Borsig AG in ihrer Gesamtheit von den Besatzungsmächten be-schlagnahmt, mit einem totalen Produktionsverbot belegt und zur Demontage freigegeben. Zuvor, am 16. Juni 1945, hatte der neu gebildete Notvorstand den Beschluss gefasst, die Rheinmetall-Borsig AG weiter bestehen zu lassen. Der Grund lag in der Ei-gentumsstruktur Rheinmetalls: Auch wenn der nati-onalsozialistische Staat sich mehrere Jahre lang als Alleineigentümer des Unternehmens geriert und die vielen Kleinaktionäre faktisch temporär enteignet hatte, erinnerte man sich jetzt daran, dass knapp die Hälfte des Aktienbesitzes in Privateigentum war

– und die Aktionäre machten in zahlreichen Briefen auf sich aufmerksam.

Rein sachlich hätte es keinen Grund gegeben, die Firma Rheinmetall-Borsig aufrechtzuerhalten. Die Vermögenswerte waren gesperrt, der Schießplatz in Unterlüß war durch die britische Royal Air Force be-setzt, sämtliche im sowjetischen Sektor und im nun-mehrigen Polen gelegenen Werke waren enteignet, zum Teil sogar komplett demontiert; eine Produkti-on – gleich welcher Güter – war nicht gestattet. Wie konnte es da dem Unternehmen überhaupt gelingen, zu überleben?

Das Produktionsverbot und die Vermögenssperre bedeuteten nicht gleichzeitig, dass der gegenüber der Kriegszeit stark geschrumpfte Konzern keine Ein-nahmen hatte. Das Werksgelände in Düsseldorf-De-rendorf war zwar größtenteils zerstört, aber einzelne Gebäude waren noch nutzbar. Hier siedelten sich neue, zum Teil aus dem deutschen Osten vertrie-bene Unternehmen an: die Stahlbaufirma Gollnow und Söhne, ehemals in Stettin beheimatet, oder der frühere Rheinmetall-Maschinenbauingenieur Theo Berkenkemper mit einem eigenen kleinen Betrieb. Beide Unternehmen wurden in den 1960er Jahren in die Rheinmetall-Gruppe aufgenommen. Sie zahlten nicht nur Miete, sondern ihr Vorhandensein sorgte auch dafür, dass das Düsseldorfer Werksgelände nicht geschleift wurde. Die für Düsseldorf zustän-dige britische Militärbehörde wollte die kleinen Ge-werbetreibenden, die zum Teil ihren Betrieb während des Krieges schon einmal verloren hatten, nicht ein weiteres Mal vertreiben.

Außerdem besaß die Rheinmetall-Borsig AG Betei-ligungsgesellschaften, die ihre Erträge abführten. Auf diese Weise schaffte sie es, fünf lange Jahre ohne jedwede aktive Betätigung durchzuhalten. Die Wende kam im April 1950, also vor nunmehr 60 Jahren. Eine veränderte Gesetzeslage ermöglichte es, die zukünftigen operativen Aktivitäten aus der

Rheinmetall-Borsig AG herauszulösen und in selb-ständige Gesellschaften umzuwandeln: Am 27. April des Jahres wurden das Borsig-Werk in Berlin-Tegel in die Borsig AG umgewandelt, am 29. September 1950 die Werke in Düsseldorf und Unterlüß in die Rhein-metall AG. Da der Borsig-Teil des Unternehmens bei der vollständigen Privatisierung des Konzerns 1956 weiterverkauft wurde, sollen hier nur die Aktivitäten Rheinmetalls betrachtet werden.

Am 17. August 1950 erteilte das Wirtschaftsministe-rium des Landes Nordrhein-Westfalen die Arbeitser-laubnis für das Werk in Derendorf. Der Vorstand der anschließend gegründeten Rheinmetall AG bezog seine Räume im heute noch stehenden Backsteinge-bäude an der Ecke Rather Straße – Heinrich-Ehrhardt-Straße, denn die teilzerstörte Hauptverwaltung an der Ulmenstraße diente dem Mannesmann-Vorstand als Ausweichquartier. Deren eigene Verwaltung am Mannesmannufer war noch bis 1953 Sitz der Landes-regierung.

In den folgenden sechs Jahren zog die Rheinmetall AG ein für sie zum Teil völlig fremdes Produktions-programm auf. Es begann 1950 mit 39 Mitarbeitern mit dem Bau von Verlade- und Transportmaschinen sowie von Büromaschinen. Bei diesen allein hat-te man zwar langjährige Erfahrungen in Sömmerda gesammelt, auf die die Düsseldorfer Konstrukteure jedoch nicht zurückgreifen konnten. In der zwischen-zeitlich gegründeten DDR hatte sich der enteignete thüringische Betrieb in Form eines VEB selbst an die Produktion von Büromaschinen begeben und be-nutzte dafür nicht nur die alten Rheinmetall-Patente, sondern widerrechtlich auch den Markennamen.

In Düsseldorf kam dagegen die Produktion nur mühsam in Gang, denn Facharbeiter waren Mangel-ware. Durch die fünf-jährige Pause hatten alle üb-rigen Maschinenbaubetriebe im Raum Düsseldorf einen Vorsprung sowohl beim Rekrutieren von Ar-beitskräften als auch in der Marktdurchdringung gewonnen, der nicht mehr einzuholen war. Der bei Rheinmetall verbliebene kleine Arbeiterstamm be-saß die notwendigen Kenntnisse nicht und musste ausgebildet werden. Erst in der zweiten Jahreshälfte 1951 war es deshalb möglich, die Fertigung in etwas erweitertem Rahmen aufzunehmen.

Mittlerweile waren wieder 232 Mitarbeiter bei Rheinmetall beschäftigt, und die Zahl verdoppelte sich nochmal im Folgejahr. Weitere Arbeitsgebiete kamen 1952 dazu: Eine neue Abteilung Aufzugbau lief jedoch so schwer an, dass sie bald wieder einge-stellt wurde. Auch die Produktion von Stoßdämpfern

für Straßen- und Schienenfahr zeuge sowie von Achs- und Wiegedämpfern für die Deutsche Bundesbahn wurde trotz beachtlicher Anfangserfolge letztendlich nicht rentabel. Wenig Glück hatte Rheinmetall auch mit den neu begonnenen Gerbereimaschinen.

Die Abteilung Transport- und Verladeanlagen arbei-tete ausschließlich auf der Basis von Kundenaufträ-gen und wurde die umsatzstärkste Abteilung. 1953 stellte sie sieben größere Kräne, sechs Bekohlungs-kräne, eine Drehlaufkatze, zwei Bekohlungsanlagen und eine Verladebrücke her. Indes erwirtschaftete sie auch die größten Verluste und stand damit noch schlechter in der Bilanz als die Kleinaddiermaschine, die schließlich mangels Verkaufserfolg wieder einge-stellt wurde.

Obwohl die Fachwelt die auf der Hannover-Messe 1954 präsentierten Auto-, Schienen- und Raupen-krane lobend beurteilte, machte sich der Rhein-metall-Vorstand keine weiteren Illusionen über die Wirtschaftlichkeit mehr und legte die Abteilung, die in diesem Jahr nur einen schweren Kran fertig-te, genauso still wie die Gerbereimaschinen-Fer-tigung – mehr als 220 Mitarbeiter mussten entlas-sen werden. Mit der Einstellung des größten Teils der Büromaschinenfertigung – mit Ausnahme einer Addiermaschine wiesen alle Konstruktionen schwe-re Mängel auf – und der Stoßdämpferfertigung für Straßenfahrzeuge blieben schließlich 1955 nur noch die Stoßdämpfer für Schienenfahrzeuge in der Seri-enfertigung.

Man muss sich natürlich fragen: Wieso zog Rheinme-tall sechs Jahre lang eine völlig unrentable Fertigung durch, und das angesichts einer Konkurrenz, die auf allen Gebieten längst davongeeilt war? Das Unterneh-men war – wie gesagt – zur Hälfte im Besitz der 1949 neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland und als solches komplett abhängig von den eingeschränk-ten außenpolitischen Handlungsspielräumen, die der nur teilweise souveräne und von argwöhnischen

Vor rund 60 Jahren wurde Produktionsverbot für zivile Güter aufgehoben

„Unbedingte Westbindung“ in engem Schulterschluss mit USA

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Wegbegleiter: Seit ihrer Gründung – sie datiert offiziell auf den 12. November 1955 – unterstützt Rheinmetall Defence die Bundeswehr als verlässlicher Industriepartner bei ihren vielfältigen Aufgaben und Einsätzen.

N a c h b a r n umgebene junge Staat besaß. We-sentliches Ziel der Regierung Adenauer war es, Vertrauen bei den westlichen Alli-ierten und insbesondere den westeuropä-ischen Nachbarn wiederzugewinnen. Dazu gehörte es auch, sich von der Vorstellung des nationalen Gedankens zu verabschieden, der zwar nach 1945 völlig diskreditiert, aber angesichts der deutschen Teilung in der Bevölkerung wiederum sehr po-pulär war, was sich vor allem im Wahlverhalten zeigte.

Für Rheinmetall hatte die Wiederbewaffnungsdebatte deswegen eine eminent wichtige Bedeutung. Der bereits 1917 entstandene Sys-temkonflikt, der spätestens seit 1947 zum „Kalten Krieg“ eskalierte, er-möglichte der Bundesrepublik Deutschland im engen Schulterschluss mit den USA einen raschen Aufstieg. Dabei versuchten die Vereinig-ten Staaten von Amerika und Großbritannien mit der dauerhaften Stationierung eigener Truppen die Furcht der Nachbarn vor einem erstarkten Westdeutschland einzudämmen. Gleichzeitig festig-te die USA damit ihre eigene Hegemonie in Westeuropa.

In seiner kürzlich erschienen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erläutert der Mannheimer Professor Eckart Con-ze – Sprecher der Unabhängigen Historikerkommission für die soeben erschienene Geschichte des Auswärtigen Amtes – die klare, von Adenauer 1949 formulierte unbedingte West-bindung der Bundesrepublik, die nicht nur eine Gleichbe-rechtigung, sondern auch eine Gleichverpflichtung im west-lichen Bündnis sowie äußere Sicherheit an der Frontlinie des „Kalten Krieges“ anstrebte. Das betrifft insbesondere die Aufnahme in die Nato, die Gründung der Bundeswehr und die Wiederzulassung einer deutschen wehrtechnischen Industrie.

Dem Vorstand und Aufsichtsrat Rhein-metalls, dem seit 1951 der Staatssekre-tär im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. Ludger Westrick, vorstand, war genau wie der Bundesregierung klar, dass der Überfall der Truppen Nordkoreas und der Volksrepub-lik China auf das kurz zuvor von US-amerikanischen Truppen geräumte Südkorea 1950 eine akute Bedrohung auch für West-europa bedeutete, und dass die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Westintegration ih-ren verteidigungspolitischen Bei-trag zu leisten hatte.

Die politischen Gegner der deutschen Wiederbewaffnung hegten dagegen die Befürchtung, dass die Politik der Westintegration die Kriegsgefahr nicht reduziere, sondern im Gegenteil vergrößere. Weder die sozialdemokratische Opposition noch die antimilitaristischen und pazifistischen Krei-se, besonders im Linksprotestantismus, deren einflussreichster Vertreter der christdemo-kratische Bundesinnenminister Gustav Hei-nemann war, waren für diesen Vorstoß Ade-nauers zu gewinnen.

Ebenso schwerwiegend war die Spiona-getätigkeit, die von der Staatssicherheit der 1949 gegründeten DDR ausging. Ost-Berlin beobachtete die Bemühungen um die Westintegration sehr argwöhnisch und versuchte, durch massive Beeinflus-sung, auch durch Bestechungen, eine deutsche Wiederbewaffnung und Wie-deraufrüstung im Rahmen der Nato zu verhindern.

Von daher war es notwendig, die bei Rheinmetall angelaufenen Vorbereitun-gen, mit der offiziellen Gründung der Bundeswehr auch die offiziell wieder gestattete wehrtechnische Produktion zu star-ten, verdeckt geschehen mussten. Dazu gehörte bei Rheinmetall der Erhalt der Werksanlagen und Ma-schinen sowie eines Facharbeiterstammes, letzt-endlich auch die Aufrechterhaltung der operativ tätigen Firma Rheinmetall AG an sich. Parallel dazu wurde bereits 1950 innerhalb des Bundeskanzler-amtes, verdeckt vor der Öffentlichkeit, die „Zentrale für Heimatschutz“ eingerichtet, die Adenauer in Fra-gen der Wiederbewaffnung beriet.

Daraus entwickelte sich die so genannte „Dienst-stelle Blank“ (benannt nach deren erstem Leiter Theodor Blank), das spätere Bundesministerium der Verteidigung. Mit der verdeckten Betätigung war es jedoch vorbei, als die Bundeswehr offiziell gegründet war und eine Bewaffnung benötigte, die mittel- bis langfristig aus der eigenen deutschen Entwicklung und Fertigung kam. So begann 1955 die offizielle Serienfertigung des Maschinenge-wehrs MG 42. Aus der Rheinmetall AG wurde 1957 die Rheinmetall GmbH – die Veröffentli-chungspflicht einer Aktiengesellschaft war in Zeiten des „Kalten Krieges“ für eine Wehrtechnik-Firma, die ohnehin unter Beobachtung der Spitzel aus der DDR stand, nicht statthaft.

Übrigens: Erst am 27. Septem-ber 1960 wurde das Gesetz 52 offiziell aufgehoben, und erst zu diesem Zeitpunkt war die da-malige Rheinmetall Berlin AG formell aus der Treuhandschaft entlassen – wenn auch rück-wirkend zum 25. Januar 1952.

Dr. Christian Leitzbach

Am Bundeswehr-Standort Faß-berg, Heimat des Transport-

hubschrauberregiments 10, geht es naturgemäß recht turbulent zu; aller-dings nicht nur auf dem

Flugfeld. Erst schwankt er, Schwindel erregend, nach

rechts, biegt sich dann fl ugs nach vorn, um gleich darauf in kühne Linksauslage zu driften – doch umkippen will der „Weiße Riese“ einfach nicht. Dies kann der mächtige Koloss, der stolze 24 Fuß (7,3 m) Durchmesser misst und dabei beachtliche zwölf Tonnen auf die Waage bringt, auch nicht. Denn das kugelförmige, weiß mattierte Herzstück des topmodernen NH-90-Flugsimulators ist fel-senfest mit einem schwergewichtigen Betonsockel verankert. Seine hohe Beweglichkeit erhält der Gi-gant durch mächtige Hydraulikstützen, die stabil und solide auf der Betonplatte montiert sind.

Um das Innenleben der gewaltigen Kugel zu er-kunden, muss man erst über die stählerne Board-ing-Bridge laufen, die dann weggefahren wird, wenn der „Weiße Reise“ seine typischen Verren-kungen macht, um den übenden Pilotencrews realistische Flugeindrücke zu vermitteln. Nur über diese Brücke gerät man ins eigentliche Herzstück der Konstruktion: das originalgetreu integrierte Cockpit des neuesten Hightech-Helikopters der Bundeswehr, den Nato-Hubschrauber 90 (NH 90). Nun wird auch klar, warum die Fliegerkanzel der NH-90-Piloten ausgerechnet in eine massive Kugel gepackt wurde. Überaus realistisch wird hier die von 110 Hochleistungscomputern animierte Kunst-welt mit acht Projektoren auf die leinwandfarbige Innenwölbung projiziert. Direkt neben dem Faß-berger Flugfeld errichtet, ist der Simulator-Dome der neuesten Generation nun seit einem Jahr in Betrieb. Und schon jetzt „eine echte Erfolgsstory“, wie Hauptmann Fred Wartenberg fi ndet.

Fliegen wie im 3-D-Kino: „Bitte mal auf Winter-wetter schalten“, freundlich weist Fluglehrer War-tenberg seine Regiekameraden im Konsolenraum

an. Doch heftiger Schneefall ist nur eine von vielen möglichen Effekten, die von dort aus ein-gespielt werden können. Auch nach einjährigem Simulator-Jubiläum strahlt der Chefausbilder weiterhin helle Begeisterung aus. So verblüffend hautnah und realistisch wirken die meteorolo-gischen und geografi schen Computerbilder, zu denen Rheinmetall beigetragen hat. „Ein Gefühl wie im 3-D-Kino, man denkt, man fl iegt wirklich“, schmunzelt Routinier Wartenberg aus der Kanzel, als er sich mit seinem Hightech-Flugschüler per erneutem Knopfdruck nun „ganz plötzlich“ auf rauer Nordsee und beim Landanfl ug auf einen Marine-Einsatzgruppenversorger wiederfi ndet. Doch die eingespielten Wetterlagen und Gelän-dereliefs sind nur ein Teil der fassettenreichen Möglichkeiten, die der NH-90-Simulator bietet.

Nach Schwierigkeitsgraden gestaffelt, kann die Regie per Mausklick ebenso Rettungsein-sätze sowie Flüge mit Feindkontakt erzeugen. Dabei sind auch ganz spezielle Militärübungen programmierbar. „Routine im Programm gibt es nicht“, informiert Wartenberg. Schließlich sol-len die angehenden NH-90-Piloten lernen, auch in Stresssituationen handlungsstabil zu fl iegen, um zeitgleich gefährliche Militäreinsätze zu ma-nagen. Auch Nachtfl üge sind im NH-90-Simulator

kein Problem, denn die Pilotencrews führen die von Rheinmetall gelieferten helmintegrierten Nachtsichtbrillen auch im „Weißen Reisen“ stän-dig mit sich.

„Der Vorteil des NH-90-Domes ist, dass wir ihn in Zukunft synergetisch mit anderen Hubschrau-ber-Simulatoren, die irgendwo in Deutschland stehen, koppeln können, um luftbewegliche Einsätze im Mix aus Kampf- und Transporthub-schraubern gemeinsam zu üben“, erklärt Oberst Martin Weißenfels, der Kommandeur der Lüne-burger Heidefl ieger. Das geht, weil der Faßberger Dome als so genannter Full-Mission-Simulator konzipiert ist. So werden demnächst auch kom-plexe Manöver im bodennahen Luftraum, etwa das einer luftgestützten schnellen Anfangsope-ration mit luftbeweglicher Infanterie und allen dafür erforderlichen Einsatzmustern via techni-scher Aufschaltung und virtueller Vernetzung darstellbar sein – dabei dann schlagkräftige Kampfhubschrauber Tiger den Operations-raum observieren, NH-90-Helicopter ihre

Missionsmodule zur Wirkung bringen und die Doorgun-ner der CH 53-Transporthub-schrauberfl otte höchst realis-tisch beim Konturenfl ug dicht über Baumwipfeln den Luftraum kontrollieren können.

Langfristig würden die rund 70 seiner jet-zigen Hubschrauberführer auf den fabrik-neuen Hightech-Lufttransporter NH 90 umgeschult werden, sagt Weißen-fels. Wie wichtig das Simulatortrai-ning mittlerweile ist, lässt sich klar an folgender Relation ablesen: Zur kompletten Umschulung stehen 60 Prozent Simulator-Flugstunden und 40 Prozent Realfl ugstunden auf dem Schulungsprogramm. Allerdings: „Das Gefühl, mit Tempo 260 knapp zehn Meter über den Boden zu fl iegen, kann der Computer nicht ersetzen, auch wenn es sich von den fl iegerischen Anforderungen auf dem NH-90-Simulator darstellen lässt“, verrät Weißenfels, der selbst Hubschrauberführer ist.

Doch bevor es in den „Weißen Riesen“ geht, ist reichlich NH-90-Theorie angesagt. „Rund drei Monate dauert die Trockeneinweisung auf dem Nato-Hubschrauber“, sagt Wartenberg. Und wer

nach vier Wochen die graue Instrumenten-Theo-rie dann „gefressen“ hat, darf für einige Tage an den „Part-Task-Trainer“. Dies ist das instrumen-tengespickte NH-90-Cockpit. „Griffe klopfen und Knöpfchen drücken“ ist hier der Übungszweck. Erst wer diese Prozeduren fehlerfrei beherrscht, kommt wirklich in den „Weißen Reisen“.

„Auch Simulatorfl ugstunden sind teuer“, mahnt Wartenberg. Für die künftigen NH-90-Flieger wird es jetzt spannend: Das erste Briefi ng steht bevor. Wie im echten Flugbetrieb besorgen sich die Pilo-ten zunächst alle fl ugrelevanten Rahmendaten – wie etwa Flugroute,

Auftrag und Wetterlage. Die Daten speichern sie auf einem virtuellen Datenträger. Die Da-ten werden dann über das Simulator-Netzwerk in das Simulator-Cockpit geladen. Das ist wichtig, denn der NH 90 birgt eine Systemphilosophie in sich, die den Piloten beim Flugbetrieb so stark wie möglich entlasten soll. Ebenso ist die ge-samte NH-90-Ergonomie gestaltet: konsequent aufs menschliche Maß hin ausgerichtet. So soll sich der Militärluftfahrzeugführer vollkommen auf seinen scharfen Einsatzauftrag konzentrieren können. Und das muss er später auch, denn im „Weißen Riesen“ suggerieren die Bits und Bytes

des digitale Gefechtsfeldes äußerst dynamische Kampfszenarien. In den bewegten Bildern agie-ren neben eigenen Kräften vor allem feindliche Bodentruppen, Panzer oder Kampfhubschrauber. Wenn auch „nur“ virtuell animiert, sind die Com-puterprogramme stets so detailgetreu, dass der fi ktive Feind nicht nur ausgesprochen unfreund-lich, sondern oft mit hoch professionellem takti-schem Können operiert.

Auch wenn der NH-90-Simulator nur einen Steinwurf von Flugfeld entfernt ist – der Bun-deswehr gehört der „weiße Riese“ nicht. Ziviles Fachpersonal sorgt für den reibungslosen Ausbil-dungsbetrieb. Das sind insgesamt sieben hoch qualifi zierte Computerspezialisten und System-techniker, die werktags nur ein Ziel haben: den NH-90-Simulator jährlich 49 Wochen lang für 17 Stunden täglich störungsfrei in Betrieb zu halten. Das bedeutet Schichtdienst für beide Seiten, für die NH-90-Fluglehrer und -Flugschüler der Bun-deswehr und für das Team vom Helicopter Flight Training Services (HFTS). Die HFTS – handels-rechtlich in die juristische Person einer GmbH ge-gossen – ist ein extra für diesen Zweck gegrün-detes Unternehmen mit Sitz in Hallbergmoos. Hinter diesem so genannten Betreibermodell verbirgt sich wehrtechnische Kernkompetenz: nämlich ein Industriekonsortium, das aus den vier weltweit führenden Wehrtechnikunterneh-men Rheinmetall Defence, CAE, Eurocopter und Thales besteht.

Zudem eine Partnerschaft von langer Dauer, denn der Nutzungsvertrag zwischen der Bundes-wehr und dem HFTS gilt für vierzehneinhalb Jah-re. Die Bundeswehr bekommt damit einen Rund-um-Service und trägt dabei keinerlei Risiken. Sie kann einsteigen und losfl iegen. Das vertragliche Gesamtvolumen verteilt sich allerdings noch auf drei weitere NH-90-Simulatoren. Zwei werden in Brückeburg an der Heeresfl iegerwaffenschule und einer auf dem Luftwaffenfl ugplatz im bran-

denburgischen Holzdorf betrieben. Die part-nerschaftliche Liaison zwischen öffentli-

chem Auftragnehmer und privatem Anbieter ist ganz im Sinne der Truppe, denn die HFTS ist

2004 als privatwirtschaftliches Unternehmen mit einem anspruchsvollen Geschäftskonzept gegründet worden.

Als wertschöpfend erwies sich dieser Lösungs-weg gleich zu Beginn der Partnerschaft, denn die Realisierung des NH-90-Simulator-Projekts einschließlich der baulichen Abwicklung lag bei einem hohen dreistelligen Millionenbetrag. Die entsprechende Anschubfi nanzierung wurde komplett von der HFTS getragen. Innerhalb der nächsten 14 Jahre sind über 200.000 Simulator-

stunden geplant. Dabei kostet eine Simu-latorstunde etwa ein Viertel dessen, was eine Flugstunde auf dem Originalhub-

schrauber kostet, und ist zudem ausgespro-chen umweltfreundlich.

Insgesamt entspricht die Vertragskonstruktion einem international beobachteten Trend, denn durch das so genannte Public-Private-Partner-ship erhält die Bundeswehr ein hochmodernes Produkt, das ständig auf dem neuesten Stand gehalten wird. Über 4000 Simulatorstunden pro Jahr und Simulator ist eine hohe Auslastungs-dichte, die einen hohen Service-Level erfordert.

Volker Schubert

Faßberg/Hallbergmoss. Flugsimulation heißt das weltweit modernste Trainingskonzept, mit dem auch Hubschrauberführer der Bundeswehr für ihre komplexen Einsatzaufgaben fi t gemacht werden. Im „Weißen Riesen“, dem Herzstück des Simulator-Domes, werden jetzt ehemalige Bell-UH-1-D-Hubschrauberführer zu Militärhelicopter-Piloten der Zukunft umgeschult – sie erlernen per Computeranimation das Fliegen mit dem hochmodernen Nato-Hubschrauber 90. Den Simulator-Dome, ein technisch imposant wirkendes Stillleben, erweckte Rheinmetall zum Leben, denn für den Betrieb hat das innovative Systemhaus entscheidende Anteile entwickelt und geliefert. Von der Projektionsfl äche direkt vor das originalgetreu integrierte NH-90-Cockpit eingespielt, erleben die Militärpiloten anhand überaus realistischer Features und Fähigkeiten virtuelle Missionswelten, die exakt den zukünftigen Herausforderungen an die Konfl ikt- und Kriseneinsätzen entsprechen.

Per Bits und Bytes trainierenNH-90-Piloten wie im 3-D-Kino

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