Die Zukunftskonferenz – ein Planungs- und Dialoginstrument ... · Mobilität im Sinne von...

113
Diplomarbeit im Studiengang Umweltwissenschaften, Universität Lüneburg Die Zukunftskonferenz – ein Planungs- und Dialoginstrument als Katalysator für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen Öffentlichen Personen-Nahverkehrs? - Evaluation eines Fallbeispiels Gutachter Erstprüfer: Prof. Dr. Gerd Michelsen Zweitprüfer: PD Dr. Peter Pez Lüneburg, im September 2001 vorgelegt von Carsten Wachholz Finkenstr. 18, 33803 Steinhagen (Matr.-Nr. 982403)

Transcript of Die Zukunftskonferenz – ein Planungs- und Dialoginstrument ... · Mobilität im Sinne von...

D i p l o m a r b e i t i m S t u d i e n g a n g U m w e l t w i s s e n s c h a f t e n ,

U n i v e r s i t ä t L ü n e b u r g

Die Zukunftskonferenz – ein Planungs- und Dialoginstrument

als Katalysator für die Ausgestaltung

eines zukunftsfähigen Öffentlichen Personen-Nahverkehrs?

- Evaluation eines Fallbeispiels

Gutachter

Erstprüfer: Prof. Dr. Gerd Michelsen

Zweitprüfer: PD Dr. Peter Pez

Lüneburg, im September 2001

vorgelegt vonCarsten WachholzFinkenstr. 18,33803 Steinhagen(Matr.-Nr. 982403)

„Die Zukunft, die wir wollen, muß erfunden werden.

Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen.“

Joseph Beuys

Vorwort

Die Idee zu der vorliegenden Arbeit entstand während meines Praktikums beim Kom-

munikationsbüro iku GmbH in Dortmund, als ich mich mit einer umfangreichen Re-

cherche zur Methode der Zukunftskonferenz (Future Search Conference) beschäftigte.

Meine damaligen Tätigkeiten im Bereich der Moderationsassistenz ermöglichten mir

einen guten Einblick in den Beteiligungsprozess Nahverkehr 21 Düsseldorf. Die so ent-

standenen Kontakte zum Auftraggeber, der Rheinischen Bahngesellschaft, konnte ich

anschließend für mein Evaluationsvorhaben nutzen.

Für die vielfältige Unterstützung, die ich während der Konzeption und der Erstellung

meiner Diplomarbeit erfahren habe, möchte ich mich bei meinen Freunden, Bekannten

und Kollegen besonders bedanken: Eure kritischen und konstruktiven Anmerkungen

zum methodischen Vorgehen sowie Eure Bereitschaft zum Gegenlesen einzelner Kapi-

tel waren für mich sehr hilfreich!

Nicht zuletzt habe ich das fachliche und persönliche Interesse meiner Betreuer an der

Universität Lüneburg, Herrn Prof. Dr. Michelsen (Umweltkommunikation) und Herrn

PD Dr. Pez (Verkehrsgeographie), am Thema meiner Diplomarbeit als sehr motivierend

empfunden. Außerdem möchte ich an dieser Stelle die finanzielle Förderung und ideelle

Begleitung meines Studiums der Umweltwissenschaften durch meine Eltern und das

Evangelische Studienwerk e.V. würdigen.

Lüneburg, 01.09.2001

Hinweis:

Um den Lesefluss dieser Arbeit nicht zu erschweren, wird an den entsprechenden Stel-len auf die Doppelbezeichnung der weiblichen und der männlichen Form von Begriffenund Wörtern sowie auf die Konstruktion des großen „I“ verzichtet. Selbstverständlichsind, soweit keine Differenzierungen vorgenommen werden, stets beide Geschlechterangesprochen.

Inhaltsverzeichnis I

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ..................................................................................................................... 1

1.1 Planung und Kommunikation................................................................................. 1

1.2 Zukunftsfähiger Öffentlicher Personen-Nahverkehr .............................................. 2

1.3 Bedarf für Partizipation und Kooperation............................................................... 3

1.4 Zielsetzung und Strukturierung der vorliegenden Arbeit ....................................... 5

2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV........................................................... 6

2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen......................... 6

2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren.................................................... 11

2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs............................................... 18

3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben.................................................................... 22

3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf............................................. 22

3.2 Konzeption und Fragestellungen für die Evaluation............................................ 26

3.3 Methodisches Vorgehen........................................................................................ 29

4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie ................................................ 32

4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen.................................. 32

4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts.................................................................... 40

4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation................................................... 45

4.4 Zusammenfassung................................................................................................. 50

5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte .......................................................... 52

5.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens als Wirkungsmodell................................. 52

5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz................................................................... 55

5.3 Anregung von sozialen Normen........................................................................... 58

5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung............................................. 61

5.5 Die Perspektive des Auftraggebers....................................................................... 65

5.6 Zusammenfassung................................................................................................. 70

II Inhaltsverzeichnis

6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse ...................................................................... 73

6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick............................... 73

6.2 Ansatzpunkte zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf................................... 76

6.3 Zusammenfassung................................................................................................. 79

7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs ............................................................. 80

7.1 Schlussfolgerungen aus der Evaluation................................................................ 80

7.2 Zur Verknüpfung von Zukunftskonferenzen und Social Marketing .................... 83

7.3 Fazit und Ausblick ................................................................................................ 84

Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 86

Anhang

Abbildungsverzeichnis III

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Leitziele `Zukunftsfähiger ÖPNV´ – Eine Auswahl von Themen............. 3

Abbildung 2: Qualitätskomponenten im ÖPNV-System.................................................. 4

Abbildung 3: Ziel-Maßnahmen-System der Verkehrsplanung im Personenverkehr........ 9

Abbildung 4: Spannungsfeld Nahverkehrsplan.............................................................. 10

Abbildung 5: Struktur des Beteiligungsprozesses Nahverkehr21 .................................. 22

Abbildung 6: Teilnehmer der Zukunftskonferenz nach Blickwinkeln sortiert............... 23

Abbildung 7: Ablauf einer Zukunftskonferenz............................................................... 24

Abbildung 8: Struktur der Programmtheorie für die Evaluation.................................... 27

Abbildung 9: Zusammenführung v. Applied Behaviour Analysis u. Social Marketing . 37

Abbildung 10: Prozessmodell zur Steuerung partizipativer Interventionen................... 40

Abbildung 11: Mechanismen individueller und sozialer Wirklichkeitskonstruktion..... 47

Abbildung 12: Ergebniszusammenfassung der Evaluationsbereiche

Veranstaltungskonzept und methodische Umsetzung............................. 51

Abbildung 13: Die Theorie des geplanten Verhaltens .................................................... 52

Abbildung 14: Einstiegsfrage ......................................................................................... 56

Abbildung 15: Teilnehmer-Zusammensetzung............................................................... 56

Abbildung 16: Ablauf ..................................................................................................... 57

Abbildung 17: Arbeitsweise ........................................................................................... 57

Abbildung 18: Bedeutung der Ergebnisse ...................................................................... 58

Abbildung 19: Altbekanntes/ Innovationen.................................................................... 58

Abbildung 20: Medien-Berichterstattung ....................................................................... 59

Abbildung 21: Weiterverbreitung der Ergebnisse .......................................................... 59

Abbildung 22: Verantwortung für den ÖPNV................................................................ 60

Abbildung 23: Persönlicher Einfluss auf Umsetzung..................................................... 61

Abbildung 24: Unterstützung Entscheidungsträger ........................................................ 62

Abbildung 25: Umsetzbarkeit Handlungsprogramm...................................................... 63

Abbildung 26: Abschlussbewertung............................................................................... 64

IV Tabellenverzeichnis

Abbildung 27: Die Polaritätsprofile von Teilnehmern & Auftraggeber im Vergleich... 66

Abbildung 28: Erweiterung des Wirkungsmodells zur Handlungsmotivierung............. 69

Abbildung 29: Ergebniszusammenfassung der Befragungen......................................... 71

Abbildung 30: Entscheidungsmodell zur Verkehrsmittelwahl....................................... 78

Abbildung 31: Ergebniszusammenfassung Charakterisierung d. inhaltlichen Qualität . 79

Abbildung 32: Netzwerksystem als Katalysator............................................................. 81

Abbildung 33: Phasenmodell zur Prozessorientierung................................................... 83

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Organisation des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr im 3-Ebenen-Modell........ 8

Tabelle 2: Informelle Beteiligungsverfahren im ÖPNV................................................. 17

Tabelle 3: Struktur v. Grundgesamtheit & Stichprobe für Befragung d. Teilnehmer .... 30

Tabelle 4: Individuumsbezogene Interventionsformen zur Verhaltensänderung........... 32

Tabelle 5: Erfolgsfaktoren für die Interventionsplanung................................................ 40

Tabelle 6: Die Vorschläge aus dem Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz........ 73

Tabelle 7: Charakterisierung der inhaltlichen Qualität der Vorschläge.......................... 77

1.1 Planung und Kommunikation 1

1. Einleitung

1.1 Planung und Kommunikation

Wenn die Planungsentwürfe von gesellschaftlichen Entscheidungsträgern und Experten

in Politik, Verwaltung und Wirtschaft scheitern, sind immer wieder Kommunikations-

defizite als Ursache zu entdecken: sei es die mangelnde Abstimmung zwischen den Be-

teiligten, Fehleinschätzungen der Kundenbedürfnisse oder auch die Ausblendung

bestimmter Interessen. Als Fazit aus mindestens 30 Jahren Diskussion um geeignete

Formen, Verfahren, Methoden und Techniken für eine Verständigung zwischen den

jeweils relevanten Akteuren lässt sich daher festhalten: „Planung ist Kommunikation:

Erkunden, Informieren, Präsentieren, Diskutieren, Moderieren, Koordinieren, Akzep-

tanz fördern, Beteiligen, um den Konsens streiten, gemeinsam nach Lösungen suchen,

zum Handeln anregen... alles dies sind Kommunikationsaufgaben“ 1, die es zu gestalten

gilt, wenn zukünftige Entwicklungen konzeptionell bzw. strategisch beeinflusst und

entsprechende Handlungsmöglichkeiten erschlossen werden sollen. Dabei wird deutlich,

dass sich das Themenfeld nicht auf die staatlichen Planungsaufgaben beschränkt, son-

dern auch eine Herausforderung an das Management von privaten Organisationen und

Unternehmen darstellt.

In diesen Kontext ist auch das in den USA entwickelte Planungs- und Dialoginstrument

der Zukunftskonferenz2 einzuordnen, das ursprünglich aus dem Bereich der Organisa-

tionsentwicklung stammt. Unter der englischen Bezeichnung Future Search hat sich ein

weltweites Netzwerk zum Austausch und zur Auswertung von Erfahrungen gebildet,

wie mit Großgruppen Veränderungsprozesse initiiert werden können. Für die so ge-

nannte Zukunftskonferenz haben sich auf diese Weise im Laufe der Zeit feste Grund-

prinzipien, ein klar strukturierter Ablaufplan und Anregungen für die Arbeitsmethoden

herauskristallisiert. Im Wesentlichen geht es darum, eine größere Zahl von Personen aus

unterschiedlichen Anspruchs- und Interessengruppen für drei Tage in einem Raum zu-

sammenzubringen, dort zu einem bestimmten Thema eine gemeinsame Basis zu finden,

um auf dieser Grundlage Konsens über Ziele für die Zukunft zu erreichen und entspre-

chende Maßnahmenvorschläge zu deren Umsetzung zu erarbeiten. Neben der Verstän-

digung über die inhaltlichen Ergebnisse soll dabei auch eine emotionale Mobilisierung

aller Beteiligten für die gemeinsamen Anliegen erzielt werden.

1 Selle 1996: 112 Der aktuelle Entwicklungsstand wird dokumentiert in Weisbord & Janoff 2000.

2 1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit werden anhand eines Fallbeispiels, der Zukunftskonferenz

der Rheinischen Bahngesellschaft (kurz: Rheinbahn) zum Nahverkehr in Düsseldorf,

die Möglichkeiten und Grenzen dieses Instrumentes sowie die damit induzierten Kom-

munikationsprozesse untersucht. Bevor aber nach der Gestaltung von Kommunikation

gefragt werden kann, sind zunächst die Rahmenbedingungen zu klären: Um was geht

es? Wer soll warum beteiligt werden? Wie weit reicht der Mitgestaltungsspie lraum?3

1.2 Zukunftsfähiger Öffentlicher Personen-Nahverkehr

Im Folgenden wird der Gegenstand der Kommunikation kurz skizziert, um daraus we-

sentliche Fragestellungen bzw. Themen für eine gemeinsame Erörterung beispielhaft

abzuleiten. Was steht eigentlich zur Debatte, wenn über die Ausgestaltung eines zu-

kunftsfähigen Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (im Folgenden ÖPNV) geredet wird?

Im sogenannten Regionalisierungsgesetz (RegG) von 1993 wurde der Begriff des

ÖPNVs erstmalig wie folgt definiert:

Öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist die allgemein zugängli-che Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr, die überwiegenddazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zubefriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälleeines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeiteine Stunde nicht übersteigt.4

Damit ist klargestellt, dass die räumliche Dimension des Nahverkehrs nicht an den ad-

ministrativen Grenzen der Kommunen oder Verkehrsunternehmen festgemacht werden

kann, sondern sich an den real existierenden Verkehrsbeziehungen orientieren muss.

Lediglich die Beschränkung der Definition auf Linienverkehre ist aus Sicht des Verfas-

sers nicht sinnvoll, da es inzwischen auch im Öffentlichen Verkehr (d.h. die beförderte

Person steuert das Verkehrsmittel nicht selbst) eine Fülle von flexiblen Bedienungswei-

sen5 gibt, wie z.B. die Angebote von Anruf-Sammeltaxen oder Rufbussen zeigen.

In der Diskussion um die künftige Ausgestaltung des ÖPNVs wird eine Orientierung am

Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung vorgeschlagen, weil „dieser Begriff gegenwärtig

auf eine relativ breite Akzeptanz stößt. Genau das erlaubt es, soziale, ökonomische und

ökologische Fragestellungen im Zusammenhang zu sehen und offen zu diskutieren.“6

Die Grundidee geht auf die Definition des englischen Begriffs Sustainable Development

im sogenannten Brundtland-Bericht der World Commission on Environment and

3 Vgl. Selle 2000: 194 §2 RegG (entspricht Artikel 4 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes – ENeuOG) – zit. nach Voigt 1997: 85 Vgl. Verband deutscher Verkehrsunternehmen 1997: 210-2156 Szabo 1999: 3

1.3 Bedarf für Partizipation und Kooperation 3

Development (WCED) von 1987 zurück: „It meets the needs of the present without

compromising the ability of future generations to meet their own needs“7. Daher muss

sich die Umsetzung von Leitzielen für einen zukunftsfähigen ÖPNV (Beispiele siehe

Abbildung 1) v.a. an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen orientieren, wenn Zu-

kunftsfähigkeit im Sinne von Nachhaltiger Entwicklung verstanden werden soll.

Ø Sicherstellung der Grund- versorgung in der Fläche

Soziale Leitziele Ø Verbesserung Aufenthalts- qualität & Sicherheit

Ø Erleichterter Zugang für benachteiligte Nutzergruppen

Ø Einfache Nutzung durch mehr Kundenorientierung

Ökologische Leitziele Ökonomische LeitzieleØ Verkehrsverlagerung Auto => ÖPNV, insb. auf die Schiene

Ø Bündelung der Potenziale auf ÖPNV-Achsen

Ø Minimierung von Flächen- und Ressourcenverbrauch

Ø Erschließung neuer und lukrativer Marktsegmente

Ø EmissionsminderungØ Verringerung Energieeinsatz

Ø Effizienzsteigerung durch mehr Wettbewerb

Ø Verbesserter LärmschutzØ Förderung Umweltverbund

Ø Senkung des öffentlichen Zuschussbedarfs

Abbildung 1: Leitziele `Zukunftsfähiger ÖPNV´ – Eine Auswahl von Themen (Eigene Darstellung)8

Mobilität im Sinne von Beweglichkeit (lateinisch: mobilitas) ist Voraussetzung für die

Befriedigung von physiologischen, sozialen und Selbstverwirklichungs-Bedürfnissen.

Es geht dabei um die Möglichkeiten des Einzelnen, Aktivitäten wie Wohnen, Arbeiten,

Versorgen, (Aus-)Bildung, Erholen, Freizeitgestaltung, Reisen, Aufrechterhaltung von

sozialen Kontakten etc. raumübergreifend wahrnehmen zu können. Verkehrssysteme

übernehmen dabei eine überwiegend dienende Funktion, indem sie die indirekt entste-

henden Mobilitätsbedürfnisse befriedigen sollen. Die Attraktivierung des ÖPNVs ist

daher eine unverzichtbare Strategie, um für heutige und künftige Generationen ver-

kehrsbedingte Umweltbelastungen und Mobilitätseinschränkungen durch fehlende Al-

ternativen zum motorisierten Individualverkehr (kurz MIV) zu verringern. 9 Aber wie

sehen zukunftsfähige ÖPNV-Systeme aus, die den Menschen eine bedürfnisgerechte

Mobilität ermöglichen, und wie kann ein entsprechendes Angebot geplant werden?

1.3 Bedarf für Partizipation und Kooperation

Für die wesentlichen Qualitätskomponenten eines ÖPNV-Systems (siehe Abbildung 2)

gibt es vielfältige Gestaltungskriterien, die sich z.B. aus möglichen Einflussfaktoren der

7 Zit. nach Huber 1995: 128 Zu den Inhalten siehe z.B. bei Barth 2000: 34-36 und Landkreis Kulmbach 1999: 3279 Vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen 2000: 15-17, 164ff sowie Becker & Rau 2000: 62-64

4 1. Einleitung

Verkehrsmittelwahl ableiten lassen: räumliche und zeitliche Verfügbarkeit, Zielerreich-

barkeit, Kopplung von Wegen und Aktivitäten, Flexibilität/ Unabhängigkeit, Zuverläs-

sigkeit, Zeitaufwand, (Zugangs-, Beförderungs-, Umsteige-) Komfort, Handhabbarkeit,

Kosten, Sicherheitsgefühl, Transportkapazität, soziale Kontaktmöglichkeiten, Pri-

vatheit, Witterungsunabhängigkeit, Umweltfreundlichkeit, Design und Image etc.10 Die

Relevanz der einzelnen Kriterien für Planungen im ÖPNV bleibt allerdings unklar. Im-

mer mehr Verkehrsunternehmen verstehen sich zwar als Mobilitätsdienstleister, müssen

dabei aber in einem schwierigen Spannungsfeld zwischen politisch-rechtlichen Rah-

menbedingungen, privatwirtschaftlichen Interessen und Kundenanforderungen agieren.

Für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs sind daher verschiedene Blick-

winkel zu berücksichtigen, um sinnvolle Prioritäten setzen und angemessene Konkreti-

sierungen vornehmen zu können. So fordert u.a. die Enquête-Kommission `Zukunft der

Mobilität´ des Landtags in Nordrhein-Westfalen: „Fragen der Angebotsplanung, Tarif-

gestaltung, des Vertriebs sowie der strategischen Entwicklung sind durch eine intensive

Kommunikation mit den [Erg.d.Verf.: eigenen Mitarbeitern,] Kunden, Medien, Mul-

tiplikatoren, politischen Entscheidungsträgern und Kooperationspartnern in der Wirt-

schaft zu entwickeln.“11

Abbildung 2: Qualitätskomponenten im ÖPNV-System (aus Will 2000: 62)

Da die bisher eingesetzten Instrumente der Verkehrsunternehmen aus den Bereichen

Marktforschung, Öffentlichkeitsarbeit und Beschwerdemangement die heutigen und v.a.

die künftigen Mobilitätsbedürfnisse nur unzureichend erfassen, erscheinen neue Formen

des Dialogs notwendig. Durch die Schaffung von realen Mitwirkungsmöglichkeiten bei

der Ausgestaltung des ÖPNVs können Bezüge zur Lebenswirklichkeit und damit zur

Mobilitätssituation der jetzigen und potenziellen Nutzer hergestellt werden. Wenn

10 Vgl. Pez 1998: 138-140 / Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1998: A 27-3011 Landtag Nordrhein-Westfalen 2000: 169

1.4 Zielsetzung und Strukturierung der vorliegenden Arbeit 5

entsprechende Kommunikationsprozesse sinnvoll gestaltet werden und erfolgreich ve r-

laufen, führen Partizipation und Kooperation somit zu einer Effektivitätssteigerung von

Planungen für den ÖPNV, indem

• durch zusätzliche Informationsquellen die inhaltliche Qualität verbessert wird,

• durch die gemeinsame Verständigung Abstimmungen beschleunigt werden,

• durch die Mobilisierung aller Beteiligten die Umsetzung erleichtert sowie

• die Akzeptanz und Zufriedenheit mit den Maßnahmen erhöht wird.12

1.4 Zielsetzung und Strukturierung der vorliegenden Arbeit

Nachdem die bisherigen Ausführungen dazu dienten, den Kommunikationsbedarf bei

der Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs aufzuzeigen und zu begründen, stellt

sich nun die Frage nach den für diesen Zweck geeigneten Instrumenten. Vor diesem

Hintergrund wird die im Fallbeispiel durchgeführte Zukunftskonferenz zum Nahverkehr

in Düsseldorf in Form einer summativen Evaluation v.a. unter sozialpsychologischen

und verkehrswissenschaftlichen Gesichtspunkten zu analysieren sein. Es werden sowohl

theoretische Kriterien als auch empirische Forschungsmethoden herangezogen, um das

Konzept, die methodische Umsetzung und die Wirksamkeit der Zukunftskonferenz als

soziale Interventionsstrategie zur Förderung des ÖPNVs zu beurteilen. 13 Die Ergebnisse

der Untersuchung dienen der Einschätzung von Potenzialen und Defiziten bei der An-

wendung von Zukunftskonferenzen im ÖPNV.

Um die möglichen Beiträge der Zukunftskonferenz zur Ausgestaltung des ÖPNVs rich-

tig einordnen zu können, werden in Kapitel 2 zunächst verschiedene formelle und in-

formelle Planungs- und Dialoginstrumente gegenübergestellt. Im Anschluss wird in

Kapitel 3 auf das Fallbeispiel des Beteiligungsprozesses der Rheinbahn eingegangen

sowie die Inhalte und das methodische Vorgehen bei der Evaluation erläutert. Diese

gliedert sich grob in die drei Themenblöcke Interventionsstrategie, Mobilisierungsef-

fekte und inhaltliche Ergebnisse der Zukunftskonferenz, die in den Kapiteln 4 bis 6 dar-

gestellt werden. Abschließend erfolgt in Kapitel 7 ein Gesamtfazit, in dem die

Bedeutung der Erkenntnisse aus der Evaluation im Zusammenhang mit der im Titel

vermuteten Funktion der Zukunftskonferenz als Katalysator für die Ausgestaltung eines

zukunftsfähigen ÖPNVs noch einmal reflektiert wird.

12 Vgl. Selle 2000: 169-17213 Zur Charakterisierung der Evaluationsforschung vgl. Bortz & Döring 1995: 95-97

6 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen

Der Entwurf eines ÖPNV-Systems umfasst verschiedene Planungsaufgaben: Die räum-

liche Netz- und Infrastrukturplanung muss mit der zeitlichen Fahrplanbildung abge-

stimmt werden. Für die konkrete Leistungserstellung werden der Einsatz von Personal

und Fahrzeugen sowie die Tarifgestaltung festgelegt. Die damit verbundenen Kosten

und die erwarteten Einnahmen müssen für die Finanzierungsplanung ermittelt werden,

um den Zuschussbedarf für den ÖPNV abschätzen zu können. 14 Zur Koordination all

dieser Komponenten während des Planungsprozesses werden effektive Organisations-

strukturen im ÖPNV benötigt, deren politisch-rechtlich definierten Rahmenbedingun-

gen sich zur Zeit im Wandel befinden.

Bundesebene

Zum 1. Januar 1996 trat das so genannte Regionalisierungsgesetz des Bundes (RegG) in

Kraft, mit dem die politische Verantwortung für den ÖPNV den Bundesländern über-

tragen wurde. Erstmals wird in §1 Abs.1 RegG die Sicherstellung einer ausreichenden

Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV als Aufgabe der Da-

seinsvorsorge definiert und den Ländern für diesen Zweck finanzielle Mittel zugewie-

sen. Im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) stellt der Bund

weitere Finanzierungsmöglichkeiten für diverse Gestaltungsaufgaben in Planung und

Betrieb des ÖPNVs zur Verfügung, die häufig durch eigene Förderprogramme der Län-

der ergänzt werden. 15

Das ebenfalls 1996 novellierte Personenbeförderungsgesetz (PbefG) des Bundes be-

stimmt die drei wesentlichen Akteure der Nahverkehrsplanung: die Genehmigungsbe-

hörde, den Aufgabenträger und die Verkehrsunternehmen. Es lässt aber Fragen bezüg-

lich der genauen Aufgabenverteilung weitgehend offen, um deren Regelung im Rahmen

von Landesgesetzen zum ÖPNV zu ermöglichen. Im PBefG wird im Wesentlichen das

Verfahren zur Genehmigung von Verkehrsleistungen im ÖPNV geregelt, bezogen auf

den Antrag eines Unternehmens und den Betrieb von bestimmten Linien (-bündeln).

Die zuständigen Genehmigungsbehörden des jeweiligen Bundeslandes haben dabei die

Pflicht, zusammen mit den Aufgabenträgern und den Verkehrsunternehmen im ÖPNV

für eine ausreichende, wirtschaftliche und integrierte Nahverkehrsbedienung sowie für

14 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1999: C 4815 Vgl. Strang 1996: 6-12, 19-20

2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen 7

abgestimmte Tarife und Fahrpläne zu sorgen. Ein vom Aufgabenträger beschlossener

Nahverkehrsplan soll dazu den Rahmen für die weitere Entwicklung im ÖPNV vorge-

ben und ist in die Entscheidung über die Konzessionsvergabe für die Verkehrsunter-

nehmen einzubeziehen. Dabei hat die Genehmigungsbehörde sowohl dessen Inhalt als

auch andere rechtliche und planerische Zielsetzungen und Vorgaben sowie die im Rah-

men des PBefG geschützten unternehmerischen Belange nach pflichtgemäßem Ermes-

sen gegeneinander abzuwägen.16

Die Entwicklung des europäischen Rechts wird allerdings dahingehend interpretiert,

dass in Zukunft die meisten Verkehrsleistungen im ÖPNV vom zuständigen Aufgaben-

träger im offenen Wettbewerb unter konkurrierenden Unternehmen vergeben werden.

Dadurch soll die ausreichende ÖPNV-Bedienung möglichst effizient sichergestellt wer-

den. Deutschland hat in der jetzigen Fassung des PBefG mit dem stark erweiterten Be-

griff der Eigenwirtschaftlichkeit von Verkehren eine Übergangsregelung getroffen, die

vor allem dem Bestandsschutz der vorhandenen Unternehmen dient und in gleichem

Maße den Einfluss des Aufgabenträgers auf die Gewährleistung des eigenen Nahve r-

kehrsplans beschränkt. Damit soll den Verkehrsunternehmen ein Zeitgewinn verschafft

werden, um sich an die Bedingungen im künftigen ÖPNV-Wettbewerbsmarkt strate-

gisch anpassen zu können. 17

Landesebene

Im Folgenden wird auf die gegenwärtige Situation im ÖPNV eingegangen, auch wenn

die Diskussion um die Eignung der jetzigen Organisationsformen und Planungsinstru-

mente für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs noch Veränderungsbedarf

signalisiert. Dabei wird im Wesentlichen auf die Verhältnisse in Nordrhein-Westralen

(NW) und im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) Bezug genommen, weil sie für das

Fallbeispiel des Beteiligungsprozesses der Rheinbahn AG in Düsseldorf relevant sind.

Auf der Landesebene legt das Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Schienen-

personennahverkehrs sowie zur Weiterentwicklung des ÖPNV (Regionalisierungsgesetz

NW – Stand: 2. Juli 1996) die Aufgabenträger für den ÖPNV fest und enthält inhaltlich-

methodische Anforderungen an die Nahverkehrsplanung. Die in §2 enthaltenen allge-

meinen Grundsätze sind Leitideen der Verkehrspolitik in NW, die z.B. in Form von

landesweit koordinierten ÖPNV-Bedarfs- und Ausbauplänen für die Infrastruktur (§7)

und der finanziellen Förderung des ÖPNVs (§§10 ff) zum Tragen kommen. Durch die

16 Vgl. hierzu z.B. Recker 2000: 20-22 sowie Strang 1996: 15-1817 Vgl. Will 1999: 20 sowie Strang 1996: 142-144

8 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

Zusammenführung der Aufgaben- und Finanzverantwortung auf der kommunalen Ebe-

ne (§3 Abs.1) und die Verpflichtung von Kreisen, kreisfreien Städten und Zweckver-

bänden zur Aufstellung von Nahverkehrsplänen (§§8,9) wird „künftig vor Ort über das

gewünschte und finanzierbare Nahverkehrsangebot entschieden“.18

Kommunale Ebene

Die kommunalpolitische Ebene ist häufig in Form eines Zweckverbandes für den

ÖPNV organisiert, bedient sich aber auf der Management-Ebene i.d.R. einer eigenen

Nahverkehrsgesellschaft, die als Bindeglied zu den betriebsführenden Verkehrsunter-

nehmen (Betreiber-Ebene) fungiert. Die Funktionen, Ziele und Aufgaben der einzelnen

Akteure im Rahmen des so genannten 3-Ebenen-Modells sind in der Tabelle 1 am Be i-

spiel des Verkehrsverbundes VRR zusammengefasst.

Tabelle 1: Organisation des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr im 3-Ebenen-Modell(Eigene Darstellung nach VRR GmbH o.J.)

1. Die politische EbeneZusammenschluss von19 Städten und 5 Kreisen zumZweckverband VRRFunktion: Entscheidungsgremiumfür Tarife, Umfang des Leistungs-angebotes und FinanzierungZiel: Entwicklung des ÖPNVsnach einheitlichen Grundsätzenim gesamten Bedienungsgebiet

Aufgaben (Auswahl):• Planung, Organisation & Finanzierung

des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV)• Aufstellung, Abstimmung & Beschluss

eines Nahverkehrsplanes für den SPNV• Weiterentwicklung des Verbundtarifs und

Angebotskoordination im gesamten ÖPNV• Finanzierung der Infrastrukturkosten &

der Restdefizite der kommunalenVerkehrsunternehmen

2. Management-EbeneVRR GmbH als Tochtergesellschaftdes ZweckverbandesFunktion: Beratung, Vorbereitung &Umsetzung von Entscheidungen desZweckverbandesZiel: Organisation & Koordinationdes Verkehrsangebotes sowiedessen gemeinsame Ve rmarktung

Aufgaben (Auswahl):• Konzeptentwicklung & Ausgestaltung

des Schienenpersonennahverkehrs (z.B.Standards für Service, Sicherheit & Qualität)

• Unterstützung des Zweckverbandes beider Aufstellung des Nahverkehrsplanes

• Zentrales Marketing, Öffentlichkeitsarbeit,Werbung, Verkaufsförderung für den ÖPNV

• Verbundbezogene Marktforschung

3. Betreiber-Ebene24 Unternehmen in kommunalerTrägerschaft & Deutsche Bahn AGFunktion: Umsetzung der verein-barten VerkehrsleistungenZiel: privatwirtschaftlicheDienstleistungserstellung

Aufgaben (Auswahl):• Einsatzplanung und Betriebsdurchführung• Wahrnehmung aller unternehmerischen

Maßnahmen wie Kostenrechnung, Investi-tionsprogramm, Controlling, Marketing etc.

• Betriebsplanung vor Ort(Detailkonzepte für Angebot & Infrastruktur)

Im Mittelpunkt der kommunalen Verkehrspolitik stand bisher - soweit vorhanden - ent-

weder ein Generalverkehrsplan (GVP) oder ein Verkehrsentwicklungsplan (VEP). Auf

dieser Ebene einer verkehrlichen Fachplanung werden zunehmend auch für den ÖPNV

relevante Ziel-Maßnahmen-Systeme entworfen, die i.d.R. auf einer umfassenden

18 Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes NRW 1996: 3

2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen 9

Bestandsanalyse und Problemerfassung beruhen. Von zentraler Bedeutung für die Wei-

terentwicklung des ÖPNVs ist aber der von den Kommunen gesondert aufzustellende

Nahverkehrsplan. Die dort angestrebten Qualitätsverbesserungen im ÖPNV sind aber

weiterhin im Kontext der Gesamtstrategie in der kommunalen Verkehrsplanung zu be-

urteilen (siehe Abbildung 3).19

Abbildung 3: Ziel-Maßnahmen-System der Verkehrsplanung im Personenverkehr(aus Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1999: A 17)

Während GVP und VEP den Charakter eines kommunalpolitischen Handlungsleitfadens

mit selbstbindener Wirkung haben, verfügt der Nahverkehrsplan über eigene gesetzliche

Grundlagen, die die wesentlichen Inhalte und das Aufstellungsverfahren näher bestim-

men. So kann z.B. aus den Anforderungen der §§8,9 Regionalisierungsgesetz NW eine

inhaltliche Systematik für den Nahverkehrsplan abgeleitet werden: Ziele und Rahmen-

19 Vgl. Pez 1997: 258-260, 263-264 sowie Strang 1996: 87

10 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

vorgaben, Bestandsaufnahme, Bewertung des Ist-Zustandes und Festlegung kurzfristig

wirksamer Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Abschätzung der Verkehrsentwicklung,

mittel- und langfristige Vorhaben zur Verbesserung und Weiterentwicklung des

ÖPNVs, Investitionsplanung, Finanzierung des Leistungsangebotes.20

Insbesondere zwischen Verkehrsunternehmen und kommunalen Spitzenverbänden ist

aber umstritten, wie detailliert Liniennetz, Anschlussbeziehungen, Betriebszeiten, Be-

dienungshäufigkeiten, Tarifgestaltung, Ausrüstungsstandards etc. im Nahverkehrsplan

vorgegeben werden dürfen, ohne die unternehmerische Eigenverantwortung bei der

Ausgestaltung und der Durchführung der einzelnen ÖPNV-Angebote einzuschränken.

Bei der Aufstellung sind daher eine Mitwirkung der vorhandenen Verkehrsunternehmen

sowie Abstimmungen mit diversen Trägern öffentlicher Belange, den betroffenen Ge-

bietskörperschaften und benachbarten Aufgabenträgern sowie eine Unterrichtung der

Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde vorgeschrieben. Durch die Gewährleistung

dieser Anforderungen soll der Nahverkehrsplan Steuerungs-, Deregulierungs-, Integra-

tions- und Koordinationsfunktionen bei der Ausgestaltung des ÖPNVs entfalten (vgl.

Abbildung 4).21

Abbildung 4: Spannungsfeld Nahverkehrsplan(Eigene Darstellung nach Landkreis Kulmbach 1999: 20)

Fazit

Die stark regulierte Organisation des ÖPNVs und der Nahverkehrsplanung wird bisher

v.a. durch die vielfältigen Kooperationsbeziehungen zwischen Aufgabenträgern und

Verkehrsunternehmen geprägt. Dazu trägt auch die Zweistufigkeit von Aufstellung der

20 Vgl. Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes NRW 1996: 23ff21 Vgl. Voigt 1997: 92-102

Nah-verkehrsplan

Aufgabenträger Verkehrsunternehmer

Genehmigungsbehörde

ÖPNV-Gesetzeder Länder

PBefG des Bundes

Berücksichtigung bei Konzessions-vergabe für ÖPNV-Leistungen

Konzeptionelle Vorgabenfür ÖPNV-Entwicklung

Konkrete Ausgestaltung& Durchführung des ÖPNVs

2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 11

Nahverkehrspläne und deren Umsetzung durch die Genehmigung von einzelnen Ver-

kehrsleistungen bei. Ob sich im Zuge der Einführung von angepassten Wettbewerbs-

strukturen im ÖPNV die strategische Planung von der operativen Umsetzung klar und

sinnvoll trennen lässt, bleibt fraglich. Denn sowohl das Handeln der politischen Aufga-

benträger als auch der Verkehrsunternehmen muss sich künftig immer stärker an den

Erwartungen der ÖPNV-Kunden orientieren (vgl. Kapitel 1.2 und 1.3), um das gemein-

same Ziel der Schaffung eines attraktiven Angebots bei Verbesserung von Produktivität

und Wirtschaftlichkeit und unter Ausnutzung der Synergieeffekte in Verkehrsverbünden

zu erreichen. 22 Zu diesem Zweck werden im folgenden Kapitel verschiedene informelle

Beteiligungsverfahren, die im ÖPNV bereits zum Einsatz gekommen sind, vorgestellt

und miteinander verglichen.

2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren

Mit dem Begriff der informellen Beteiligung sind solche Verfahren gemeint, die recht-

lich nicht normiert sind und den formellen Entscheidungsprozess ergänzen, aber nicht

ersetzen sollen. Daher liegt auch die Verantwortung für den Einsatz und die Gestaltung

der Rahmenbedingungen von Beteiligung sowie den Umgang mit den erzielten Ergeb-

nissen weiterhin bei den oben genannten Akteuren, die in der formellen Organisation

für die ÖPNV-Planung zuständig sind.

Voraussetzungen für Verständigung

Häufig sind die jeweiligen Plan- oder Projektverantwortlichen daran interessiert, ihre

Vorschläge und Ideen mit Unterstützung von fachlichen Experten und Gutachtern mög-

lichst ohne große Veränderungen im Rahmen einer Beteiligung bestätigen zu lassen, um

deren Akzeptanzfähigkeit bei den Adressaten der Planungen zu vergrößern. Auf der

anderen Seite erhoffen sich die auf diesem Wege Beteiligten, ihre „eigenen Interessen,

die auf dem üblichen Verfahrensweg unberücksichtigt bleiben, zum Ausdruck zu brin-

gen und wo möglich durchzusetzen.“23 Für die Durchführung von verständigungsorien-

tierten Beteiligungsverfahren sind daher einige Grundvoraussetzungen zu beachten:24

• Vorhandensein von realen Mitgestaltungsspielräumen,• Zugang zu benötigten Info rmationen,• Ergebnisoffenheit des Beteiligungsverfahrens,• Faire Kommunikation durch gleiche Rechte und Pflichten für alle Beteiligten,

22 Vgl. hierzu die Beiträge von Freitag 2000 und Will 199923 Bischoff, Selle & Sinning 1995: 1424 Vgl. Beckmann & Keck 1999: 2-3

12 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

• Rückkopplung von Zwischen- und Endergebnissen mit den für die UmsetzungVerantwortlichen, den beteiligten Gruppen und der Öffentlichkeit,

• Transparenz von relevanten Verfahrensabläufen und Entscheidungsprozessen.

Inzwischen ist eine Vielzahl von Methoden entwickelt worden, die durch Berücksicht i-

gung der oben genannten Regeln zum Gelingen von Beteiligungsverfahren beitragen

sollen. Deren Arbeits- und Funktionsweise beruht v.a. darauf, dass Treffen mit den je-

weils relevanten Akteuren organisiert, angeleitet und betreut werden müssen. Da die

Auftraggeber von Beteiligungsverfahren i.d.R. nicht über die dafür notwendigen

kommunikativen Kompetenzen und die entsprechende inhaltliche Neutralität verfügen,

wird ein externer Moderator benötigt, der u.a. für die Strukturierung der Sitzungen, die

gleichberechtigte Teilnahme aller am Gruppenprozess und die Visualisierung der ein-

zelnen Diskussionsbeiträge verantwortlich ist. Moderation wird dabei häufig als die

Kunst, Gruppen zu produktiven Ergebnissen zu führen, bezeichnet. Prinzipien und Ar-

beitsweisen der Moderation spielen bei fast allen informellen Beteiligungsverfahren

eine entscheidende Rolle, weil sie für einen fairen Ausgleich zwischen den Teilneh-

menden, eine stärkere Ergebnisorientierung und die Optimierung von Gruppenarbeits-

prozessen sorgen.25

Im Folgenden werden vier Fallbeispiele für Beteiligungsverfahren zur Ausgestaltung

des ÖPNVs, bei denen verschiedene Methoden eingesetzt wurden, nacheinander vorge-

stellt, bevor ihre wesentlichen Charakteristika als Planungs- und Dialoginstrumente

miteinander verglichen werden.

Das Kundenforum der Stadtwerke Dortmund26

Als Dienstleistungsunternehmen sind die Dortmunder Stadtwerke (DSW) auf eine in-

tensive Kundenbindung als Grundlage für ihren Unternehmenserfolg angewiesen. Daher

wurde 1999 ein Laien-Fahrgastbeirat als neues Instrument der Kommunikationspolitik

etabliert, um Führungsverantwortlichen aus allen Fachbereichen die Möglichkeit zu

geben, sich direkt mit den Nahverkehrskunden auseinanderzusetzen. Durch die im

Rahmen des so genannten Kundenforums und einer begleitenden Befragung geäußerten

Einschätzungen, Bedürfnisse, Wünsche und Kritik wird eine Identifizierung von Stär-

ken und Schwächen des ÖPNVs in Dortmund als Grundlage für die Verbesserung der

Angebots- und Servicequalität angestrebt. Pro Jahr finden vier Kundenforen statt, an

denen jeweils der Verkehrsvorstand der DSW, die Leiter der einzelnen Fachbereiche

25 Vgl. Apel 1998: 17-2526 Die folgenden Informationen des Auftraggebers sind zu finden bei Schrameyer & Frittgen 1999: 25-28. Zu Fahrgastbeiräten allgemein siehe Meyer-Liesenfeld 1997: 19-22.

2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 13

und ein Vertreter der FahrerInnen sowie ca. 60 ausgewählte Kundinnen und Kunden

teilnehmen.

Die Akquise von potenziellen Teilnahmekandidaten erfolgt schriftlich wie mündlich

nach dem Zufallsprinzip. Aus diesem Pool werden für die Einladung zum Kundenforum

je ein Drittel Käufer von Einzelfahrausweisen, von Monatskarten und Abonnenten nach

soziodemographischen Kriterien ausgewählt. Im Gegensatz zum stark verbreiteten An-

satz der Expertenbeiräte, die i.d.R. dauerhaft mit Vertretern der gleichen Interessen-

gruppen besetzt sind, werden beim Kundenforum negative Effekte einer langfristigen

Mitgliedschaft bewusst durch ein rollendes Teilnahmesystem vermieden. Da nach je-

dem Kundenforum 20 Teilnehmende durch neue Kandidaten ersetzt werden, erhöht sich

auch entsprechend die Vielfalt der eingebundenen Kundenmeinungen. Eine Aufwands-

entschädigung für die Teilnahme wird nicht gezahlt, allerdings bedanken sich die DSW

bei ihren Kunden mit kleinen Präsenten. Bei jedem Kundenforum werden während der

ca. dreistündigen Veranstaltung immer zwei Schwerpunktthemen wie z.B. Anschlüsse,

Fahrpläne, Service und Sicherheit, Tarife oder Technik behandelt. Nach der Information

über aktuelle oder geplante Maßnahmen sowie der Vorstellung von Befragungsergeb-

nissen zum jeweiligen Schwerpunktthema durch die DSW übernimmt das Institut

Kommunikation & Umweltplanung (iku) GmbH die Moderation der anschließenden

Diskussion. Zu den vorgebrachten Kritikpunkten und Anregungen der Kunden geben

die Verantwortlichen der DSW im Anschluss ein kurzes Statement ab. Eine ausführli-

chere Stellungnahme erfolgt in schriftlicher Form, die zusammen mit der Dokumentati-

on des Kundenforums an alle Teilnehmenden ve rschickt wird.

Das Bürgergutachten der ÜSTRA-Verkehrsbetriebe Hannover

Die ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe AG beauftragte die Stiftung Mitarbeit mit

der Durchführung von 12 so genannten Planungszellen, bei denen sich im Laufe des

Sommers 1995 insgesamt 297 Bürgerinnen und Bürger mit dem Nahverkehrsangebot in

Hannover auseinandersetzten. Der Wuppertaler Soziologieprofessor Peter C. Dienel

entwickelte das Modell der Planungszelle bereits in den siebziger Jahren. Nach seiner

Definition sind die Zufallsauswahl der Teilnehmenden, deren Freistellung und Vergü-

tung, die Arbeit in ständig wechselnden Kleingruppen, die Prozessbegleitung und Un-

terstützung durch Fachleute, die vorgegebene Problemstellung und Programmstruktur

sowie die Dokumentation der Ergebnisse in Form des besagten Bürgergutachtens die

zentralen Merkmale der Methode.27

27 Vgl. Reinert 1998: 115-126

14 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

Durch die Ziehung einer Zufallsstichprobe aus der Einwohnermeldekartei sollte die so-

ziale Zusammensetzung der Teilnehmerschaft weitestgehend der Heterogenität der Ge-

samtbevölkerung in Hannover entsprechen. Auf diese Weise arbeiteten Frauen und

Männer aus unterschiedlichen sozialen Stellungen und Berufsgruppen, junge und alte

Menschen, Stammkunden der ÜSTRA und überzeugte Autofahrer jeweils 4 Tage lang

zusammen an Möglichkeiten zur Attraktivitätssteigerung für den ÖPNV in Hannover.

Dazu wurden insgesamt 16 thematische Arbeitseinheiten z.B. zu Mobilität und

Reiseverhalten, Sicherheitsaspekten, Reisezeiten und Fragen der Tarifgestaltung vorge-

geben. Die einzelnen Einheiten bestanden i.d.R. aus Informationseingaben (z.T. in Form

von Impulsreferaten externer Sachverständiger), Beratungen oder Praxistests in ständig

wechselnden Kleingruppen, Bewertungsvorgängen (Einzelstellungnahme oder Grup-

penvotum) und Austauschphasen im Plenum. Weder die Prozessbegleitung noch die

Fachleute durften sich dabei in die Diskussionen der Kleingruppen und bei den Bewer-

tungsvorgängen einmischen. Nach einem Pretest wurde dieser Ablauf in vergleichbarer

Form für alle 12 Planungszellen mit jeweils ca. 25 Teilnehmenden wiederholt. Vor

Veröffentlichung als Bürgergutachten wurde die Übereinstimmung aller an den Pla-

nungszellen Beteiligten mit den ausgewerteten und aufbereiteten Ergebnissen mit Hilfe

eines Rückmeldeverfahrens überprüft. Auch in den Umsetzungsprozess waren noch ca.

90 aktive Bürger weiterhin einbezogen. Die ÜSTRA verpflichtete sich außerdem, fort-

laufend über den Stand der Umsetzung bzw. die Gründe, warum sie einzelne Empfeh-

lungen (noch) nicht umsetzen kann, zu informieren. Ende 1998 wurde schließlich ein

vorläufiger Abschlussbericht vorgelegt.28

Das Verkehrsforum der Stadt Heidelberg 29

Die Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg rief im März 1991 das Verkehrsforum als

Modell zur Bürgerbeteiligung im Rahmen der Vorbereitung eines gesamtstädtischen

Verkehrsentwicklungsplanes ins Leben. Das Kernelement war dabei ein Arbeitskreis

aus Vertretern organisierter gesellschaftlicher Gruppen, der insgesamt 34 Mal in

26 Monaten tagte. Die Arbeit des Verkehrsforums wurde ergänzt bzw. unterstützt durch

öffentliche Bürgerversammlungen sowie durch eine Projektgruppe zur fortlaufenden

Planung und Durchführung der einzelnen Sitzungen. Ziel dieses Beteiligungsmodells

war es, in einem offenen und transparenten Verfahren einen breit angelegten

28 Das gesamte Bürgergutachten wurde veröffentlicht unter Stiftung Mitarbeit 1996. Über den Umsetzungsprozess berichtet Röhrleff 2001.29 Diese Informationen sind zu finden bei Sellnow 1998: 38-48 und Sellnow 2000. Neben der Sicht des Moderators gibt auch der Auftraggeber Einblick in das Verfahren (vgl. Stadt Heidelberg 1999).

2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 15

Informationsaustausch auf kommunaler Ebene zu organisieren sowie den Versuch einer

Verständigung unter den Beteiligten über eine am Gemeinwohl orientierte Verkehrspo-

litik zu machen. Nicht zuletzt ging es darum, Empfehlungen für Maßnahmen zur Ver-

besserung der Verkehrssituation an die Bürger, die Verwaltung und den Gemeinderat

der Stadt Heidelberg zu tragen.

Von insgesamt 128 interessierten Gruppen, Initiativen, Verbänden, Institutionen und

Parteien in Heidelberg nahmen durchschnittlich 66 Vertreter an den drei bis vier-

stündigen Sitzungen des Verkehrsforums teil. Mitglieder der Stadtverwaltung und ex-

terne Sachverständige hatten dabei eine Sonderrolle inne, indem sie einerseits ihre

Fachkenntnisse als Berater aktiv zur Verfügung stellten und andererseits die Diskussio-

nen der Interessenvertreter als Informationsquelle für Anregungen und Bedenken nutzen

sollten. Besonders hervorzuheben ist dabei die Zusammenarbeit mit einem von der

Stadt beauftragten Gutachter, der inhaltliche Vorgaben des Verkehrsforums in seinen

Szenarien für eine Computersimulation des Verkehrs in Heidelberg berücksichtigte, um

die Auswirkungen von Vorschlägen sachlich diskutieren zu können. Während der

zweijährigen Arbeit gehörten v.a. die ausführliche Bestandsaufnahme der Verkehrspro-

bleme in Heidelberg, die Aufstellung von Bewertungskriterien für entsprechende

Lösungsansätze, die Erarbeitung eines Verkehrsleitbildes und verschiedener Maßnah-

menpakete zu den inhaltlichen Aufgaben des Verkehrsforums. Diese Arbeitsergebnisse

wurden von einem privaten Planungsbüro für den Verkehrsentwicklungsplan, der im

Mai 1994 vom Gemeinderat mehrheitlich beschlossen wurde, fachlich überarbeitet.

Für den methodischen Rahmen des Verkehrsforums war ein persönlich unabhängiger

und neutraler Moderator zuständig, der dabei insbesondere für einen Interessenausgleich

bei der Meinungsbildung sorgen sollte und auftretende Konflikte zwischen den Betei-

ligten im Wege eines gesonderten Vermittlungsverfahrens beizulegen hatte. Bei Ab-

stimmungen wurde weitgehend ein Konsens im Verkehrsforum angestrebt. Ansonsten

wurde ein mehrheitliches Meinungsbild mit den davon abweichenden Voten formuliert.

Obwohl längst nicht jedes Verhandlungsergebnis im Verkehrsforum von allen Interes-

sengruppen akzeptiert wurde, sollte die verständigungsorientierte Vorgehensweise zur

Entstehung einer neuen Streitkultur in Heidelberg beitragen.

Die Zukunftskonferenz der Rheinbahn Düsseldorf

Durch die öffentliche Diskussion um die Planung einer neuen U-Bahn-Linie durch die

Düsseldorfer Innenstadt sah sich die Rheinbahn veranlasst, in einen aktiven Dialogpro-

zess mit den eigenen Kunden, den Entscheidungsträgern der Stadt und anderen wicht i-

gen Interessengruppen einzutreten. Nach einem öffentlichen Aufruf nahmen

16 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

53 Bürgerinnen und Bürger an einer Auftaktveranstaltung im Juni 2000 teil. Seitdem

wurde in vier Plenums- und zwölf Arbeitsgruppensitzungen dieses Bürgerforums zu-

nächst die gegenwärtige Situation beschrieben, um anschließend auf dieser Grundlage

Fragestellungen und Empfehlungen für die Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf zu

erarbeiten. Gemeinsam mit dem Auftraggeber Rheinbahn und dem Moderationsteam

der iku GmbH bereitete das Bürgerforum für Januar 2001 eine abschließende Zukunfts-

konferenz vor, um zusammen mit wichtigen Interessengruppen gemeinsam getragene

Ziele und Maßnahmenvorschläge zum Nahverkehr in Düsseldorf zu entwickeln.

Für die Einladung eines möglichst umfassenden Teilnehmerspektrums aus Politik, Ver-

waltung, Verbänden, Unternehmen, Vereinen und anderen Institutionen wurde vorab

versucht, das System Nahverkehr mit Hilfe von acht Hauptinteressen zu beschreiben, zu

denen sich jeweils auch Vertreter des Bürgerforums zuordneten. Während der zweiein-

halb Tage dauernden Zukunftskonferenz arbeiteten 53 Personen in der Gesamtgruppe,

an nach diesen Interessen sortierten Tischen und in gemischten Kleingruppen unter Be-

rücksichtigung möglichst vieler verschiedener Blickwinkel in einem Raum zusammen.

Nach einem von der Moderation klar strukturierten Ablauf legten die Teilnehmer weit-

gehend eigenständig die notwendigen Informationsgrundlagen, entwarfen den aus ihrer

Sicht wünschenswerten Zustand des Düsseldorfer ÖPNVs im Jahre 2010, einigten sich

auf gemeinsame Ziele und entwickelten schließlich Vorschläge für ein Handlungspro-

gramm zu deren Umsetzung. Für Rückfragen waren Verantwortliche der Rheinbahn in

einer passiven Beraterrolle anwesend. Die Rheinbahn plant, die Ergebnisse der Zu-

kunftskonferenz an den Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf zu übergeben und

selbst im Rahmen eines erneuten Treffens zum Stand der Umsetzung Stellung zu neh-

men.30

Im Anschluss wird exemplarisch auf einzelne Stärken und Schwächen der vorgestellten

Beteiligungsverfahren eingegangen, um ihre jeweiligen Beiträge zur Ausgestaltung des

ÖPNVs hervorzuheben. In der Tabelle 2 werden dazu die wesentlichen Charakteristika

noch einmal zusammengefasst und gegenübergestellt.

30 Diese Informationen sind der Gesamtdokumentation der Moderation entnommen: iku GmbH 2001. In Kapitel 3.1 findet sich eine ausführlichere Vorstellung des Fallbeispiels.

2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 17

Tabelle 2: Informelle Beteiligungsverfahren im ÖPNV (Eigene Darstellung)

Vergleichs-kriterium

KundenforumStadtwerkeDortmund (DSW)

BürgergutachtenÜSTRA-Verkehrs-betriebe Hannover

VerkehrsforumStadt Heidelberg

ZukunftskonferenzRheinbahn Düssel-dorf

Anlass,Ziel/Zweck

direkten & kontinu-ierlichen Kunden-kontakt schaffen

Bürger- & Fahrgast-beteiligung imÖPNV stärken

Verständigung überstrittige verkehrspo-litische Fragen

Reaktion auf öffent-liche Debatte überU-Bahn-Planungen

Kurzbe-schreibung(Merkmale& Ablauf)

zu 2 Schwerpunkt-themen: VorstellungBefragungsergebnis-se, Diskussion imPlenum, Feedback

vergütete Bearbei-tung von Planungs-aufgaben durchLaien als angeleite-ter Gruppenprozess

Beteiligungsmodellfür Verkehrsplanung(Bestandsaufnahme,Bewertung, Ziele,Maßnahmenpakete)

Planungs- & Dia-loginstrument fürGroßgruppen zurIntegration verschie-dener Interessen

PlanerischeDimension

Angebots-&Service-qualität auf DSW-Betriebssebene

zukünftige Ausge-staltung des ÖPNVin Hannover

gesamtstädtischeVerkehrsentwick-lung in Heidelberg

zukünftige Ausge-staltung des ÖPNVin Düsseldorf

ZeitlicherUmfang(Dauer &Häufigkeit)

Vorabbefragung &deren Auswertung;Foren: 4x im Jahr –jeweils ca. 3 Stunden

12 Planungszellen,die jeweils 4 Tagedauern (z.T. paralleldurchführbar)

34 Treffen in 26Monaten (d.b. ca.alle 3 Wochen),jeweils 3-4 Stunden

umfangreiche Vo r-bereitungsphase, 2 ½Tage Veranstaltung,Umsetzungsprozess

Teilnahme-Auswahl-verfahren

Ansprache v.Kundenper Zufallsprinzip;bei Einladung:3 Fahrgastgruppen &soziodemographi-sche Kriterien

Zufallsstichprobedes Einwohnerme l-deamtes Hannover,Kontaktaufnahmezur Klärung d. Teil-nahmebereitschaft

Einladung der Ober-bürgermeisterin nachStellvertreterprinzipan 128 ausgewählteGruppen, Vereine,Initiativen, Parteien

Identifizierung von8 Hauptinteressenzum Nahverkehr,Einladung von max.8 Vertretern proInteresse

Gruppen-zusammen-setzung &-größe

ca. 60 Kunden (je1/3 Abonnenten,Käufer von Monats-karten bzw. Einze l-fahrausweisen) +Fachbereichsleiter

12x25 Bürgerinnen& Bürger (möglichstfür Gesamtbevölke-rung repräsentativeZusammensetzungangestrebt)

durchschnittlich 66Interessenvertreterpro Treffen anwe-send, plus einzelneöffentliche Informa-tionsveranstaltungen

22 Mitglieder desBürgerforums plus31 Interessenvertre-ter aus Politik, Ve r-waltung, Wirtschaft,Verbänden etc.

Arbeitswe i-se: Steue-rungs- &Strukturie-rungsgrad

Themenvorgabe,konkrete Fragestel-lungen für Diskus-sion & Bewertun-gen, Freiräume vor-handen

16 stark strukturierteArbeitseinheiten mitvorgegebenen The-men, Kleingruppen-arbeit, Praxistests &Bewertungsaufgaben

Vorbereitung derSitzungen durchProjektgruppe, Teil-nehmerorientierungdurch flexible Mode-rationsmethoden

festes Ablaufschema& Regieanweisun-gen für Kleingrup-penarbeit, aber keineinhaltlichen Vorga-ben

FachlicherInput/ Ex-pertenun-terstützung

Bereitstellung vonMaterialien&Plänen/bei Rückfragen &Statements zu Vo r-schlägen

Gezielte Informati-onseingabe durchSachverständige/Fachleute für Rück-fragen anwesend

Qualifikation & Be-ratung durch interne& externe Fachleute,Einbindung einesGutachters

nicht beabsichtigt,bei Bedarf Vertreterder Rheinbahn alsBerater anwesend

Konfliktbe-arbeitung/Konsens-orientierung

nicht beabsichtigt,unterschiedlicheMeinungen werdenzu Kenntnis ge-nommen

nicht beabsichtigtwg. quantitativerAuswertung & Do-kumentation abwei-chender Voten

Konsens angestrebt,Dokumentationabweichender Voten,eigenes Verfahrenfür Konfliktmittlung

Fokus auf Gemein-samkeiten statt aufKonflikte, Konsensüber Ziele für dieZukunft

Ergebnisse Gegenwärtige Stär-ken & Schwächender Unternehmens-dienstleistung sowieVerbesserungsvor-schläge aus Kunden-sicht

mehr als 100 Aussa-gen & Empfehlun-gen zum ÖPNV plusEinzelstellungnah-men & Gruppenvo-ten zu Bewertungs-fragen

neue „Streitkultur“,Verkehrsleitbild,Maßnahmenemp-fehlungen fürÖffentlichkeit, Ver-waltung & Politikzur Umsetzung

Mobilisierung allerBeteiligten für ge-meinsame Ziele undMaßnahmenvor-schläge zur Optimie-rung des ÖPNVs

Verbind-lichkeit/Feedbackzur Umset-zung

Selbstverpflichtungzur Überprüfung vonKritik&Anregungen,mündl. & schriftl.Stellungnahme

Fortlaufende Infor-mation über Standder Umsetzung,Begründung im Falleder Nichtumsetzung

FachlicheÜberarbeitung derErgebnisse für einenVerkehrsentwick-lungsplan

Stellungnahme zumStand der Umset-zung durch Auftrag-geber bei erneutemTreffen zugesagt

18 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs

Obwohl alle vier Fallbeispiele von den jeweils beteiligten Akteuren als erfolgreich be-

zeichnet werden, bleibt die Frage nach den Maßstäben für diese Bewertung offen. All-

gemein wird mit der Durchführung von informellen Beteiligungsverfahren die

Verknüpfung von drei wesentlichen Zielen angestrebt: Legitimation von Entscheidun-

gen, Steigerung der Planungseffizienz und Identifikation mit den Ergebnissen31.

Grundsätzliche Ziele von informellen Beteiligungsverfahren

Zum einen soll die Mitwirkung weiterer Akteure zur Legitimation von späteren Ent-

scheidungen der Verantwortlichen beitragen. Auf den ÖPNV bezogen könnte die expli-

zite Berücksichtigung der Kundensicht zur Vermittlung zwischen politischen und

unternehmerischen Interessen geeignet sein. Dies spielt sowohl für die Aufstellung des

Nahverkehrsplans als auch bei der späteren Konkretisierung der einzelnen Mobilitäts-

dienstleistungen eine wichtige Rolle.

Zum anderen zielt Beteiligung auf die Erhöhung der Effizienz ab, indem die Planungs-

vorhaben auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse und die Verhältnisse vor Ort abge-

stimmt werden. Auch wenn professionelle Verkehrsplaner mit ihren Entwürfen

sicherlich in kürzerer Zeit eine höhere fachliche Qualität vorweisen könnten, sind die

Ergebnisse informeller Beteiligung als Abwägungsbaustein z.B. für Mängelanalyse,

Zielsystem, Maßnahmenbewertung und Prioritätensetzung in formellen Planungspro-

zessen sehr wichtig, um kostenträchtige Fehlplanungen zu vermeiden. 32

Außerdem erfahren die Entscheidungsträger mehr über die Kompromissbereitschaft der

einzelnen Akteure, ihre eigenen Positionen „in Anerkennung anderer berechtigter Inter-

essen oder gar eines »Gemeinwohlinteresses« zu verändern“33. Als drittes Ziel lässt sich

somit die Identifikation der Beteiligten mit den erarbeiteten Ergebnissen festhalten.

Die Erreichung dieser Ziele ist für die Planung und Koordination eines attraktiven

ÖPNV-Angebots entscheidend. Dazu können die vorgestellten Beteiligungsverfahren

auf den unterschiedlichen Ebenen von (Kommunal-)Politik, Verkehrsverbund oder Un-

ternehmen angesiedelt werden. Spätestens für die Umsetzung der Ergebnisse sind

jedoch Abstimmung und Kooperation mit den anderen Akteuren aus dem 3-Ebenen-

Modell erforderlich. Es empfiehlt sich daher deren frühzeitige Einbindung in das jewei-

lige Verfahren, weil die von Laien erarbeiteten Vorschläge i.d.R. nicht auf die komplexe

31 Vgl. hierzu Bischoff, Selle & Sinning 1995: 17-1832 Vgl. Sellnow 1998: 4733 Sellnow 1998: 47

2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs 19

Organisation der Zuständigkeiten im ÖPNV Rücksicht nehmen. Relevant für die Aus-

wahl eines geeigneten Planungs- und Dialoginstrumentes sollten somit v.a. dessen po-

tenzielle Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs sein. Dabei sind die unterschiedlichen

Charakteristika der Fallbeispiele zu berücksichtigen. Dies wird im Folgenden exempla-

risch an der Teilnehmerzusammensetzung, der Rolle von Experten und dem Aufwand-

Ertrags-Verhältnis erläutert.

Die Zusammensetzung der Teilnehmer

Im Gegensatz zur bisherigen Praxis darf sich die ÖPNV-Planung nicht mehr aus-

schließlich auf die Deckung des vorhandenen Bedarfs konzentrieren, sondern muss sich

im Rahmen eines zukunftsfähigen ÖPNVs stärker an den Mobilitätsbedürfnissen (vgl.

Kapitel 1.2) orientieren, um zusätzliche Nachfragepotenziale erschließen zu können. 34

Mit der Konzeption des Kundenforums lassen sich aber nur die Wahrnehmungen der

heutigen Kunden zum derzeitigen Angebot erfassen. Um die Anforderungen von zu-

künftigen Kunden unter einer eher mittel- bis langfristigen Perspektive berücksichtigen

zu können, müssen zumindest auch bisherige Nicht-Nutzer des ÖPNVs einbezogen

werden. Beim Bürgergutachten geschieht dies über die Zufallsstichprobe des

Einwohnermeldeamtes, während bei der Zukunftskonferenz dieser Aspekt bei der Iden-

tifizierung von Interessen zum ÖPNV als Grundlage für die Teilnehmerauswahl zur

Geltung kommt. Durch das Stellvertreterprinzip ist allerdings auf der Zukunftskonfe-

renz genauso wie im Verkehrsforum das Problem der sozialen Selektivität (d.h. die

Überrepräsentation bestimmter Bevölkerungsgruppen) noch nicht zufrieden stellend

gelöst.35

Die Rolle der Experten

Damit der ÖPNV nicht eine „schwer begreifbare Insider-Veranstaltung“ 36 bleibt, sollten

v.a. die Laien im Rahmen von informellen Beteiligungsverfahren ihre Wissenspoten-

ziale zu denen der Fachleute beisteuern können. Beim Bürgergutachten und beim Ver-

kehrsforum wird davon ausgegangen, dass die Teilnehmenden erst durch die ÖPNV-

Experten fachlich qualifiziert werden müssen, bevor sie ihren eigentlichen Arbeitsauf-

trag erfüllen können. Beim Kundenforum und bei der Zukunftskonferenz kommen da-

gegen zuerst die Beteiligten mit ihren Vorstellungen zu Wort, für die im Anschluss die

jeweils Verantwortlichen die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten zu überprüfen

34 Zur Problematik der potenziellen ÖPNV-Nachfrage siehe Landkreis Kulmbach 1999: 114ff.35 Vgl. Reinert 1998: 11536 Werner 2000: 86

20 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV

haben.37 Auch über die Vorgabe von Inhalten und Themen für die Beteiligung beim

Bürgergutachten und beim Kundenforum wird eine hervorgehobene Stellung der Ex-

perten im Verfahren deutlich, während darüber die Teilnehmenden beim Verkehrsforum

und bei der Zukunftskonferenz im Wesentlichen selbst entscheiden können.

Das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag

Nicht zuletzt wird von potenziellen Auftraggebern immer wieder nach dem Verhältnis

von Aufwand zu Ertrag bei Beteiligungsverfahren gefragt, das sich aber zumindest in

monetären Einheiten nicht sinnvoll beschreiben lässt. Wird dagegen die Bereitschaft der

Beteiligten zur Kommunikation als knappe Ressource betrachtet38, so stellt sich die

Frage, ob eine intensive und dauerhafte Mitwirkung über zwei Jahre in einem Verkehrs-

forum nicht zuviel verlangt ist. Hinzu kommt die hohe Beteiligungsschwelle für Laien

in großen Plenumsveranstaltungen wie beim Kunden- und dem Verkehrsforum. Durch

die Arbeit in Kleingruppen mit wechselnder Zusammensetzung wird es jedem Einzel-

nen beim Bürgergutachten genauso wie bei der Zukunftskonferenz erleichtert, die eige-

ne Perspektive aktiv und gleichberechtigt einbringen zu können. Die Zukunftskonferenz

ist in diesem Zusammenhang auch deshalb attraktiv, weil die Teilnehmenden innerhalb

von zweieinhalb Tagen weitgehend eigenständig konstruktive Ergebnisse produzieren,

die nicht durch eine Vielzahl von abweichenden Voten verwässert werden, sondern auf

den vorher identifizierten Gemeinsamkeiten aufbauen. 39

Fazit

Abschließend sei aber auch auf die Grenzen der vorgestellten Methoden hingewiesen,

weil sie „weder Allheilmittel noch beliebig einsetzbare Steuerungsinstrumente“40 sein

können. Es handelt sich vielmehr um Hilfsmittel zur Verknüpfung von Personen und

Sachthemen bzw. Planungsaufgaben. Um der Exklusivität der Teilnahme an einem iso-

lierten Beteiligungsverfahren zu begegnen, sind i.d.R. eine auf den Einzelfall abge-

stimmte Kombination von verschiedenen Methoden zu entwickeln. Neben den

vorgestellten Planungs- und Dialoginstrumenten kommen hier insbesondere eine be-

gleitende Öffentlichkeitsarbeit, offene Beteiligungsmöglichkeiten sowie die ergänzende

Aktivierung besonderer Zielgruppen in Betracht.41 Aus Sicht des Verfassers verspre-

chen Zukunftskonferenzen in diesem Kontext u.a. deshalb interessante Beiträge zur

37 Zum Verhältnis von Laien- und Expertenwissen siehe bei Selle 2000: 160-161.38 Vgl. Selle 2000: 1839 Vgl. Weisbord 1996: 1340 Bischoff, Selle & Sinning 1995: 14841 Vgl. Reinert 1998: 126 und Bischoff, Selle & Sinning 1995: 15+17

2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs 21

Ausgestaltung des ÖPNVs, weil sie sich durch eine heterogene Zusammensetzung der

Teilnehmer, den Verzicht auf Experten für die Informationsbereitstellung, selbstgesteu-

erte Arbeit in Kleingruppen, eine zeitlich-kompakte Veranstaltungsform und nicht zu-

letzt durch die Orientierung auf eine gemeinsame Basis und konstruktive Ergebnisse

auszeichnen. Daher wird nun die konkrete Durchführung der Zukunftskonferenz im

Beteiligungsprozess Nahverkehr21 in Düsseldorf etwas ausführlicher dargestellt, um

anschließend die Konzeption und die Fragestellungen sowie das methodische Vorgehen

für die beabsichtigte Evaluation entwickeln und begründen zu können.

22 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben

3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben

3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf

Die Einbindung einer Zukunftskonferenz in ein informelles Beteiligungsverfahren zur

Planung des zukünftigen ÖPNVs fand nach Kenntnis des Verfassers zum ersten Mal in

Deutschland statt. Daher wird im Folgenden näher auf das Fallbeispiel der Initiative

Nahverkehr21 der Rheinbahn in Düsseldorf eingegangen als das in Kapitel 2.2 bereits

geschehen ist. Das dort schon erwähnte Bürgerforum war neben Auftraggeber und Mo-

derationsteam v.a. an der konzeptionellen Vorbereitung der Zukunftskonferenz beteiligt,

wie auch aus der Darstellung der Prozessstruktur in Abbildung 5 hervorgeht.

Abbildung 5: Struktur des Beteiligungsprozesses Nahverkehr21 (aus iku GmbH 2001: 5)

Die Auswahl der Teilnehmer

Das gemeinsame Ziel war es, die im Rahmen des Bürgerforums diskutierten Frage- und

Problemstellungen im ÖPNV mit Hilfe der Zukunftskonferenz in konsensorientierte

Empfehlungen zu überführen. Dazu sollten neben Mitgliedern des Bürgerforums Ver-

treter von wichtigen Entscheidungsträgern und Interessengruppen in Düsseldorf für die

Teilnahme gewonnen werden. 42 Um dem häufigen Problem der unvernetzten Bearbei-

tung von komplexen Planungsaufgaben zu begegnen, wird bei der Zusammensetzung

der Teilnehmer versucht, das ganze System in einen Raum zu bringen. 43 Dieser allge-

meine Grundsatz der Zukunftskonferenz musste zunächst für den ÖPNV konkretisiert

werden, um für eine zielorientierte Arbeit alle relevanten themen- und akteurs-

42 Vgl. iku GmbH 2001: 5, 743 Siehe hierzu die Ausführungen von Häusler & Schadt 2000: 59ff, 150ff zu Zukunftskonferenzen sowie zum Umgang mit komplexen Systemen und vernetzten Denken.

BürgerforumBürgerforum

AG 2AG 2

AG 3AG 3

BeiratBeirat

Zukunfts-Zukunfts-

konferenzkonferenz

konsensorientiertekonsensorientierteEmpfehlungenEmpfehlungen

FragestellungenFragestellungen

AG 1AG 1

AuftaktAuftakt

AntwortenAntworten

3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf 23

bezogenen Aspekte berücksichtigen zu können. Für die Auswahl von Teilnehmern wur-

de daher mit der Formulierung von acht Hauptinteressen versucht, das System Nahver-

kehr möglichst vollständig und sinnvoll abzubilden. In enger Abstimmung zwischen

Bürgerforum, Rheinbahn und dem Moderationsteam wurden Vorschläge zu Vertretern

von Institutionen aus Düsseldorf gemacht, die aus einem dieser Blickwinkel heraus an

der Zukunftskonferenz mitwirken sollten. Da die Arbeitsweise in Kleingruppen auf der

bewussten Durchmischung bzw. Trennung der acht Interessen beruht, konnten jeweils

bis zu acht Vertreter eingeladen werden. Bei Absagen durften weitere Mitglieder aus

dem Bürgerforum unter Zuordnung eines bestimmten Blickwinkels teilnehmen. 44 Die

Struktur der endgültigen Teilnehmerzusammensetzung ist Abbildung 6 zu entnehmen.

Abbildung 6: Teilnehmer der Zukunftskonferenz nach Blickwinkeln sortiert(Eigene Darstellung nach iku GmbH 2001: 7, 40-42)

Allgemeine Prinzipien der Methode Zukunftskonferenz

Neben den besonderen Anforderungen an die Teilnehmergewinnung sind bei der Durch-

führung von Zukunftskonferenzen weitere grundlegende Prinzipien zu beachten:45

• Fokus auf Zukunft statt auf Probleme, um eine konstruktive Diskussion über wün-schenswerte Ziele zu ermöglichen und die Teilnehmer für deren Realisierung zumobilisieren;

• Gemeinsamkeiten finden statt Konflikte bearbeiten, um Energie und Motivation derTeilnehmer für gemeinsame Anliegen zu nutzen und unproduktive Polarisierungenzu vermeiden;

44 Siehe Darstellung des Auswahlverfahrens und Teilnehmerliste in iku GmbH 2001: 7, 40-43.45 Vgl. Hünecke 1998: 85-86

Ich möchte Vorrangfür den ÖPNV.

Ich möchte mich auch ohneOrtskenntnisse im ÖPNV in Düsseldorf einfach zurecht findenkönnen.

Ich möchte ohneBelästigungen & Übergriffeden ÖPNV nutzen können.

Ich möchte schnell und ohneStress zur Arbeit bzw. Schulekommen und Einkäufe erledigenkönnen.

Ich möchte einenwirtschaftlicheren ÖPNV.

Ich möchte eineoptimale Verknüpfungaller Verkehrssysteme. Ich möchte, dass der ÖPNV

für jeden nutzbar ist.

Ich möchte eine gute Verknüpfung der Stadtteile untereinander und mit der City.

Das ganze Systemin einem Raum

Bund für Umwelt und Naturschutz(Landesverband Düsseldorf)

Pro Bahn

Deutsche Bahn AG,Regionalbahn Rhein-Ruhr

Regiobahn GmbH

Bürgerforum (3 Pers.)

Hotel- und Gaststättenverband

Bürgerforum (6 Pers.)

Bundesgrenzschutz,Abt. Öffentlichkeitsarbeit

Polizeipräsidium Düsseldorf (2 Pers.)

Altstadt-Armenküche(Obdachlosenhilfe)

Weißer Ring

Ordnungsamt Stadt Düsseldorf

Bürgerforum (1 Pers.)

Daimler Chrysler(Werk Düsseldorf)

Einzelhandelsverband

Deutscher Hausfrauenbund

Bürgerforum (2 Pers.)

Industrie- und Handelskammer

Stadt Düsseldorf,Verkehrsentwicklungsplanung

Bündnis90/ Die Grünen (2 Pers.)

Bürgerforum (3 Pers.)

Messe Düsseldorf GmbH

Verkehrsclub Deutschland,Kreisverband Düsseldorf

Automobil Club Europa

Verkehrsverbund Rhein-Ruhr GmbH

ADAC Nordrhein

Bürgerforum (2 Pers.)

Verbraucherzentrale NRW

Seniorenbeirat

Haus der Kirche

SPD-Ratsfraktion

Bürgerforum (4 Pers.)

ArbeitsgemeinschaftDüsseldorfer Bürger-und Heimatvereine

Bezirksvertretung 2

Bezirksvertretung 3

Bezirksvertretung 4

Bürgerforum (1 Pers.)

24 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben

• Das ganze, offene System untersuchen, um eine vernetzte Bearbeitung der Pla-nungsaufgabe zu gewährleisten und die Vielfältigkeit der Interessen, Werte und An-sichten in den Entwurf gemeinsamer Zukünfte einfließen zu lassen;

• In selbststeuernden Kleingruppen arbeiten, um die Beteiligungsmöglichkeiten fürden Einzelnen zu stärken und ihre Verantwortung für Inhalte und Ergebnisse zu be-tonen;

• Maßnahmen erst planen, wenn Konsens über Ziele erreicht ist, um Widerständenund Widersprüchen bei der Erarbeitung des Handlungsprogrammes und der Gefahrvon unnötigen Detaildiskussionen vorzubeugen.

Der Veranstaltungsablauf

Vom 26. bis zum 28. Januar 2001 kamen insgesamt 31 Vertreter von Interessengruppen

und 22 Mitglieder des Bürgerforums in den Düsseldorfer Rheinterrassen zusammen, um

an der Zukunftskonferenz Nahverkehr21 der Rheinbahn teilzunehmen. Im Folgenden

wird der Ablauf der Veranstaltung beschrieben und kurz auf die Funktion der einzelnen

Arbeitsphasen (siehe Abbildung 7) eingegangen46. Das vollständige Programm ist im

Anhang beigefügt. Auf eine ausführliche Ergebnisdarstellung wird an dieser Stelle ver-

zichtet, weil diese im Rahmen der Evaluation bei der Frage nach der inhaltlichen Qua-

lität in Kapitel 6 erfolgt.

Abbildung 7: Ablauf einer Zukunftskonferenz (Eigene Darstellung nach Hüneke 1998: 86-87)

Die Zukunftskonferenz begann am Freitag Nachmittag mit einer Einführung durch den

Auftraggeber und die Moderation. Für das erste Kennenlernen saßen die Teilnehmer in

acht gemischten Tischgruppen zusammen, die jeweils einen Querschnitt der

46 Eine ähnliche Zusammenfassung findet sich in einem noch unveröffentlichten Zeitschriftenartikel, der voraussichtlich in Der Nahverkehr 9/2001 erscheinen wird. Da der Verfasser maßgeblich daran mitgewirkt hat, sind textliche Überschneidungen nicht vollständig auszuschließen.

1. Rückblick in die 1. Rückblick in die VergangenheitVergangenheit

2. Gegenwart 2. Gegenwart erkundenerkunden

3. Zukunftsbilder 3. Zukunftsbilder

entwickelnentwickeln

4. Gemeinsamkeiten 4. Gemeinsamkeiten

identifizierenidentifizieren

5. Maßnahmen 5. Maßnahmen

planenplanen

* Entwicklung und Meilensteine* Darstellung auf Zeitleiste

* Blick nach außen: Trends und Entwicklungen* Blick nach innen: Stärken und Schwächen

* Brainstorming* Kreative Gruppenarbeit * Verhandlungen

und Konsenssuche * Liste ungelöster Differenzen

* Handlungsprogramm erarbeiten* Gemeinsamer Abschluss

3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf 25

Gesamtgruppe darstellten, um das Prinzip des ganzen Systems in einem Raum zu ver-

deutlichen. In dieser Konstellation sollten die Teilnehmer in der folgenden Arbeitsphase

Meilensteine aus der Geschichte des ÖPNVs in Düsseldorf von 1970 bis 2000 auf Kar-

ten sammeln. Durch die Übertragung der persönlichen Wahrnehmungen und Kenntnisse

auf eine große Zeitleiste im Plenum wurden alle Teilnehmer auf einen gemeinsamen

Ausgangspunkt für die anstehenden Aufgaben gebracht. Darüber hinaus diente dieser

Rückblick in die Vergangenheit dazu, ein gemeinsames Verständnis für bisherige Ent-

wicklungen und ein Zeitgefühl für Veränderungsprozesse zu bekommen. 47

In einem nächsten Schritt wurde nach den bereits heute erkennbaren Rahmenbedingun-

gen und Trends gefragt, die auf die weitere Entwicklung des ÖPNVs einwirken. Dieser

Blick nach außen sollte aus den acht verschiedenen Blickwinkeln heraus erfolgen, so

dass die Sitzordnung in dieser Phase nach Interessen sortierte Tische vorsah. Die Be i-

träge wurden in den Gruppen auf Karten gesammelt, anschließend im Plenum gemein-

sam sortiert, mit Oberbegriffen versehen und von den Teilnehmern mit Klebepunkten

hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Zukunft des ÖPNVs in Düsseldorf gewichtet. Mit

dieser Vorgehensweise konnten die subjektiven, handlungsleitenden Zukunftserwartun-

gen für die Fortsetzung der Arbeit am nächsten Tag transparent gemacht werden. 48

Am Samstag Vormittag setzten die Tischgruppen ihre Analyse der gegenwärtigen Si-

tuation fort, indem sie vor dem Hintergrund des von ihnen zu vertretenen Interesses die

jeweils fünf wichtigsten Stärken und fünf wichtigsten Schwächen des ÖPNVs in Düs-

seldorf für eine anschließende Diskussion im Plenum benennen sollten. Im Gegensatz

zu den sonst üblichen Expertendiagnosen erhöht sich dadurch die Chance, dass sich die

Teilnehmer diese selbst erarbeitete Ausgangsbasis für ihre Zukunftsentwürfe aneig-

nen.49

Noch vor der Mittagspause wurden die Teilnehmer aufgefordert, den aus ihrer Sicht

wünschenswerten Zustand des ÖPNVs in Düsseldorf im Jahre 2010 zu beschreiben. Um

dabei nicht nur die Rahmenbedingungen und Trends sowie die vorhandenen Stärken

und Schwächen, sondern auch die im System vertretenen Blickwinkel zu berücksichti-

gen, mussten die Teilnehmer in dieser entscheidenden Phase an gemischten Tischen

erarbeiten, was sie gemeinsam für die Zukunft erreichen wollten. Die Ergebnisse dieser

Gestaltungsprozesse in den Kleingruppen sollten am Nachmittag im Plenum möglichst

47 Vgl. iku GmbH 2001: 5, 11-1348 Vgl. Burow 2000: 175-176 sowie iku GmbH 2001: 5-6, 13-1549 Vgl. Burow 2000: 177-178 sowie iku GmbH 2001: 6, 15-19

26 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben

kreativ präsentiert werden. In einer hochmotivierten und produktiven Arbeits- und

Dialogatmosphäre entstanden auf diese Weise u.a. ein nachgestelltes Fernsehinterview,

zwei Gedichte über die Rheinbahn und weitere Rollenspiele.50 Parallel versuchte die

Moderation, die in den Präsentationen implizit artikulierten Ziele für den ÖPNV der

Zukunft auf Karten festzuhalten, die im anschließenden Plenum von den Teilnehmern

sortiert, ergänzt bzw. geändert werden konnten. Nach der Formulierung von Oberbegrif-

fen ging es in dieser Phase darum, durch die Identifizierung von Gemeinsamkeiten und

Differenzen einen Konsens über diese Ziele in der Gesamtgruppe zu erreichen. 51

Am Sonntag Vormittag mussten zunächst noch einmal alle Teilnehmer die gemeinsa-

men Ziele der Zukunftskonferenz bestätigen, bevor diese zur Erarbeitung eines Hand-

lungsprogramms auf acht thematische Kleingruppen verteilt wurden. Insgesamt

entwickelten die Teilnehmer 67 Maßnahmenvorschläge zur Attraktivierung des Nah-

verkehrs in Düsseldorf, meist sogar unter Benennung von Verantwortlichkeiten und

Zeithorizont für die Realisierung, die zum Abschluss der Zukunftskonferenz im Plenum

vorgestellt wurden. 52

3.2 Konzeption und Fragestellungen für die Evaluation

Da bisher noch keine weiteren Zukunftskonferenzen zur Ausgestaltung des ÖPNVs do-

kumentiert sowie Rahmenbedingungen und Datenlage für einen Vergleich mit anderen

informellen Beteiligungsverfahren zu unterschiedlich sind (vgl. Kapitel 2.2), bedient

sich die vorliegende Arbeit des Ansatzes einer strukturierenden, aber überwiegend de-

skriptiven Einzelfalluntersuchung. Nachdem der Kontext für dieses Vorhaben in den

bisherigen Kapiteln dargestellt worden ist, folgt nun eine entwicklungsorientierte Eva-

luation. Dazu werden die im Fallbeispiel gemachten Erfahrungen mit Hilfe von sozial-

wissenschaftlichen Methoden systematisch aufbereitet, um daraus Empfehlungen für

den Einsatz von Zukunftskonferenzen im ÖPNV abzuleiten. Auf absolute Bewertungs-

maßstäbe sowie auf statistisch überprüfbare Aussagen über kausale Zusammenhänge

muss bei dieser Konzeption allerdings verzichtet werden. 53

Theoriegeleitetes Vorgehen

Die Entwicklung der Fragestellungen soll anhand eines Grundschemas theoriegeleiteter

Evaluationsforschung erfolgen, bei dem die Zukunftskonferenz als soziale

50 Vgl. iku GmbH 2001: 6, 20-2351 Vgl. iku GmbH 2001: 6, 23-2652 Vgl. Burow 2000: 181 sowie iku GmbH 2001: 26-3253 Zu sozialwissenschaftlich gestützter Evaluation siehe bei Wottawa & Thierau 1998: 22, 32-35, 38. Zur Begründung von Einzelfalluntersuchungen in der Evaluation siehe bei Yin 1993: 59, 75.

3.2 Konzeption und Fragestellungen für die Evaluation 27

Interventionsstrategie charakterisiert wird. Diese soll im Folgenden als „organized ef-

fort to intervene in an ongoing social process for the purpose of solving a problem or

providing a service“54 verstanden werden. Grundlage für die Evaluation einer solchen

organisierten Anstrengung muss daher eine explizite Programmtheorie sein, die Be-

gründungen für das Veranstaltungskonzept, die methodische Umsetzung und die Wirk-

samkeit zur Erreichung der angestrebten Ergebnisse enthält. Die Struktur einer

Programmtheorie für den Einsatz von Zukunftskonferenzen im ÖPNV ist in Abbildung

8 dargestellt. Diese wird in den folgenden Kapiteln inhaltlich ausgearbeitet, um begrün-

dete Bewertungskriterien für die Evaluation des Fallbeispiels zu erhalten. 55

Abbildung 8: Struktur der Programmtheorie für die Evaluation(Eigene Darstellung in Anlehnung an Bamberg, Gumble & Schmidt: 37)

Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie?

In einem ersten Schritt ist zunächst die Frage zu klären, inwieweit das Veranstaltungs-

konzept und die methodische Umsetzung der Zukunftskonferenz der Rheinbahn über-

haupt als soziale Interventionsstrategie zur Förderung des ÖPNVs angelegt sind

(Kapitel 4). Dazu werden unterschiedliche Möglichkeiten zur Gestaltung von sozialpsy-

chologischen Interventionen erläutert (Kapitel 4.1), aus denen sich Anforderungen für

die anschließende Analyse des Veranstaltungskonzepts der Zukunftskonferenz ergeben

(Kapitel 4.2).56 Bei der Vorstellung des Fallbeispiels wurde bereits darauf hingewiesen,

dass die Funktionsweise der Zukunftskonferenz u.a. auf der Heterogenität der Teilneh-

mer und der Gruppe als Kommunikationssystem basiert. Dadurch werden erkennt-

nistheoretische Bezüge zum Konstruktivismus impliziert, die Auswirkungen auf

54 Chen 1990: 3955 Vgl. Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 14, 35-4856 Siehe hierzu z.B. Matthies 2000 sowie Homburg & Matthies 1998: 187-202.

Zukunftskonferenz Zukunftskonferenz als sozialeals soziale

InterventionsstrategieInterventionsstrategieim ÖPNVim ÖPNV

Mobilisierung für Mobilisierung für gemeinsame Ziele gemeinsame Ziele

& Maßnahmen& Maßnahmen

Beiträge zurBeiträge zurAusgestaltung eines Ausgestaltung eines

zukunftsfähigen ÖPNVs zukunftsfähigen ÖPNVs in Düsseldorfin Düsseldorf

Veranstaltungs-Veranstaltungs-konzeptkonzept

Methodische Methodische UmsetzungUmsetzung

DistaleDistaleErgebnisseErgebnisse

ProximaleProximaleErgebnisseErgebnisse

WirkungsmodellWirkungsmodell

Perspektiven• der Teilnehmer• des Auftraggebers

Kriterien• Inhaltliche Qualität• Katalytisches Potenzial

28 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben

didaktische Kriterien für die methodische Umsetzung durch die Moderation haben (Ka-

pitel 4.3).57

Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte?

Als unmittelbare bzw. proximale Ergebnisse einer Zukunftskonferenz werden in der

Literatur und auch im Fallbeispiel eine Mobilisierung für gemeinsame Ziele und Maß-

nahmen genannt.58 Die Wirksamkeit kollektiver Planungsprozesse, wie sie im Rahmen

der Zukunftskonferenz stattfinden, beruht demzufolge auf den motivierten Handlungen

der individuellen Akteure, sich für die Umsetzung der erarbeiteten Vorschläge zur Op-

timierung des ÖPNVs einzusetzen. Für die Evaluation stellt sich daher die Frage, ob die

postulierten sozialpsychologischen Mobilisierungseffekte tatsächlich eingetreten sind

(Kapitel 5). Zu deren Analyse ist eine weitere Strukturierung und Spezifizierung der zu

untersuchenden Variablen notwendig, für die das Wirkungsmodell der Theorie des ge-

planten Verhaltens (Kapitel 5.1) zu Grunde gelegt wird.59 Außerdem sind die Perspekti-

ven der Teilnehmer (Kapitel 5.2 bis 5.4) und des Auftraggebers (Kapitel 5.5) zu

unterscheiden, weil beim Letzteren die Hauptverantwortung für den Problemlösungs-

prozess60 bei der konkreten Ausgestaltung des ÖPNVs in Düsseldorf liegt.

Qualität der inhaltlichen Ergebnisse und Katalysatorfunktion?

Darüber hinaus interessieren vor dem thematischen Hintergrund der vorliegenden Ar-

beit auch die letztendlichen bzw. distalen Ergebnisse. Es geht also um die Frage, welche

Beiträge zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs zu erwarten sind. Da die

Evaluation des Fallbeispiels etwa vier Monate nach Durchführung der Zukunftskonfe-

renz ansetzt, hat die Rheinbahn mit der Umsetzung der erarbeiteten Vorschläge gerade

erst begonnen, so dass eine Bewertung erzielter Verbesserungen im Düsseldorfer ÖPNV

nicht sinnvoll erfolgen kann. Stattdessen wird zum Einen die inhaltliche Qualität der

Ziele und Maßnahmen charakterisiert (Kapitel 6)61 und zum Anderen das katalytische

Potenzial der Zukunftskonferenz zur Förderung des ÖPNVs aufgezeigt (Kapitel 7).62

Die an dieser Stelle erfolgte Ausdifferenzierung der Fragestellungen für die Evaluation

lässt sich mit der Formulierung im Titel der Diplomarbeit zusammenfassen: Die Zu-

kunftskonferenz – ein Planungs- und Dialoginstrument als Katalysator zur Ausgestal-

tung eines zukunftsfähigen Öffentlichen Personen-Nahverkehrs?

57 Siehe hierzu z.B. Schüßler & Bauerdick 1997: 43-52 sowie Siebert 199758 Vgl. zur Bonsen 2000 sowie iku GmbH 2001: 559 Vgl. Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 97-99 sowie Ajzen 1988: 112ff60 Vgl. Rost 1992: 145-14961 Ansätze u.a. bei Werner 2000: 87ff; Pez 1998: 240ff + 284ff; Homburg & Matthies 1998: 173ff62 Beispiele hierfür liefern v.a. Weisbord & Janoff 2000: 30-45 sowie Weisbord 1996: 5.

3.3 Methodisches Vorgehen 29

3.3 Methodisches Vorgehen

Die Auswahl wissenschaftlicher Forschungsmethoden muss sich an den Besonderheiten

des oben skizzierten Evaluationsvorhabens orientieren. Da in diesem Falle die Anforde-

rungen an das Messniveau gering sind und stattdessen die Kompatibilität zu verbalen

Interpretationen im Vordergrund steht, wird auf das methodische Prinzip der Schatten-

kontrollen zurückgegriffen. 63 Dazu nimmt der Verfasser eine Begutachtung von Kon-

zept und methodischer Umsetzung sowie der Qualität der inhaltlichen Ergebnisse der

Zukunftskonferernz anhand begründeter Bewertungskriterien aus der Literatur vor. Auf

die Untersuchung der sozialpsychologischen Mobilisierungseffekte wird im Rahmen

der summativen Evaluation ein Schwerpunkt gelegt, der eine Befragung von ausge-

wählten Teilnehmern und des Auftraggebers umfasst.

Die Gesprächspartner bei den Teilnehmern

Die Gruppe der 53 Teilnehmer der Zukunftskonferenz lässt sich zum Einen nach den

acht Blickwinkeln und zum Anderen nach Vertretern von Interessengruppen und des

Bürgerforums differenzieren. Außer dem Geschlecht sind keine weiteren soziodemo-

graphischen Angaben der Teilnehmer erfasst.64 In einer kleinen Zufallsstichprobe wären

diese Kontrollmerkmale nicht gleichverteilt. Daher wird für die Befragung der Teil-

nehmer anstatt der üblichen Repräsentativität eine Typisierung mit Hilfe eines so ge-

nannten Quotaverfahrens angestrebt. In Tabelle 3 ist für diesen Zweck die Verteilung

der genannten Merkmale in der Grundgesamtheit aufgelistet, um entsprechende Quoten

für die Stichprobe (in Klammern jeweils dahinter) festlegen zu können. Innerhalb dieser

Quoten bleibt die endgültige Auswahl der Personen dem Interviewer überlassen. 65

Um für jeden Blickwinkel zum Nahverkehr zumindest zwei Personen befragen zu kön-

nen, ergeben sich fast alle weiteren Quoten für die zu berücksichtigenden Vertreter von

Bürgerforum und organisierten Interessengruppen. Die Geschlechterverteilung der so

ermittelten Interviewpartner dient dabei lediglich als Kontrollvariable. Mit diesem Ver-

fahren einer bewussten Auswahl wird die Gefahr eingeschränkt, dass bei der Befragung

nur Personen erfasst werden, die sich kooperativ verhalten. Die Überrepräsentierung der

Frauen in der Gesamtsumme der Befragten kommt u.a. durch den fehlenden männlichen

Vertreter des Bürgerforums in der Gruppe `Ich möchte schnell und ohne Stress zur Ar-

beit bzw. Schule kommen bzw. Einkäufe erledigen können´ zu Stande. Einer der beiden

63 Vgl. Wottawa & Thierau 1998: 36-38, 140ff sowie Rossi, Freeman & Hofmann 1988: 158-16364 Vgl. iku GmbH 2001: 40-4265 Vgl. Schnell 1993: 306, 309-314

30 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben

möglichen Kandidaten lehnte die Teilnahme am Telefoninterview ohne Angabe von

besonderen Gründen ab, zu dem Anderen konnte leider unter der angegebenen Adresse

kein Kontakt hergestellt werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass drei Vertreter

von Interessengruppen gleichzeitig dem Bürgerforum angehörten. Davon wurde eine

Person ebenfalls befragt, so dass insgesamt die Gruppe aller Teilnehmer der Zukunft s-

konferenz durch die gewählte Stichprobe gut abgebildet wird (vgl. Tabelle 3/ Anhang).

Tabelle 3: Struktur von Grundgesamtheit und Stichprobe für die Befragung der Teilnehmer(Daten aus iku GmbH 2001:40ff)

Anzahl/Blickwinkel

Interessen-vertreter

Bürgerfo-rumsvertreter

davonFrauen

davonMänner

Summe

1. Ich möchte Vorrang fürden ÖPNV 4 (1) 3 (1) 0 (0) 7 (2) 7 (2)2. Ich möchte einen wir t-schaftlicheren ÖPNV 4 (1) 3 (1) 1 (0) 6 (2) 7 (2)3. Ich möchte ohne Beläs-tigungen und Übergriffeden ÖPNV nutzen können

6 (2) 1 (0) 2 (1) 5 (1) 7 (2)

4. Ich möchte, dass derÖPNV für jeden nutzbar ist 4 (1) 4 (1) 3 (1) 5 (1) 8 (2)5. Ich möchte eineoptimale Verknüpfungaller Verkehrssysteme

5 (2) 2 (0) 1 (0) 6 (2) 7 (2)

6. Ich möchte schnell undohne Stress zur Arbeitbzw. Schule kommen undEinkäufe erledigen können

3 (1) 2 (0) 1 (1) 4 (0) 5 (1)

7. Ich möchte eine guteVerknüpfung der Stadtteileuntereinander/mit der City

4 (2) 1 (0) 3 (2) 2 (0) 5 (2)

8. Ich möchte mich auchohne Ortskenntnisse inDüsseldorf einfach zurechtfinden können

1 (0) 6 (2) 1 (0) 6 (2) 7 (2)

Summe 31 (10) 22 (5) 12 (5) 41 (10) 53 (15)

Die Durchführung der Interviews

Für die Interviewsituation selbst ist eine Strukturierung in Form eines Fragebogens und

eine Standardisierung der Antwortkategorien erforderlich, weil die subjektiven Ein-

schätzungen von Teilnehmern und Auftraggeber kognitiven Konstrukten aus dem Wir-

kungsmodell zugeordnet werden müssen, um aggregierte Aussagen über die erzielten

Mobilisierungseffekte machen zu können. Allerdings werden die dazu im Wesentlichen

verwendeten Polaritätsprofile66 gezielt um offene Fragestellungen ergänzt, um die Voll-

ständigkeit der Kategorienbildung für die einzelnen Variablen zu überprüfen. 67

Die Befragung der ausgewählten Teilnehmer der Zukunftskonferenz wird in Form von

Telefoninterviews durchgeführt, weil diese sich u.a. durch eine erleichterte Erreichbar-

keit und eine erhöhte Teilnahmebereitschaft der Interviewpartner sowie vereinfachte

66 Beispiele siehe Ajzen 1988: 122-125, 135-136 sowie Atteslander 1995: 269-27267 Vgl. Atteslander 1995: 177-186, 344-346 sowie Wottawa & Thierau 1998: 133-134

3.3 Methodisches Vorgehen 31

Verarbeitungsmöglichkeiten der erhaltenen Daten auszeichnen. Dem häufig angeführten

Nachteil der eingeschränkten Anwendbarkeit auf komplexe Fragestellungen wird mit

einer schriftlichen und telefonischen Vorab-Kontaktaufnahme begegnet, so dass die

Teilnehmer den Fragebogen bereits einsehen und sich auf die Gesprächssituation ein-

stellen können. Weitere Klärungs- und Rückfragemöglichkeiten bestehen auch im Rah-

men des eigentlichen Telefoninterviews. Darüber hinaus finden zwei Gesprächstermine

bei der Rheinbahn statt, in denen der gleiche Fragebogen in angepasster und erweiterter

Form für ein leitfadengestütztes Interview verwendet wird. Damit wird es den Befragten

ermöglicht, die zusätzlichen Freiräume im persönlichen Gespräch zu nutzen, um aus

ihrer Sicht als Auftraggeber und Verkehrsunternehmen zum beabsichtigten Umgang mit

den erarbeiteten Vorschlägen Stellung zu nehmen, den Problemlösungsprozess bei der

ÖPNV-Ausgestaltung zu charakterisieren und in diesem Zusammenhang die Beiträge

der Zukunftskonferenz einzuschä tzen.68

Die Entwicklung des Fragebogens für die Teilnehmer und des Gesprächsleitfadens für

die Rheinbahn wird in den Kapitel 5.1 bzw. 5.5 erläutert. Als Grundlage für die Aus-

wertung der Interviews wird eine stichwortartige Protokollierung der Gesprächsinhalte

angefertigt. Um durch den Verzicht auf eine vollständige Transkription keine wesentli-

chen Daten zu verlieren, wird ein Verfahren zur kommunikativen Validierung ange-

wendet, indem die Gesprächsprotokolle den Befragten zum Gegenlesen vorgelegt

werden und die Möglichkeit zu nachträglichen Korrekturen besteht.69

Zusammenfassung

Das hier skizzierte methodische Vorgehen entspricht nicht immer den üblichen wissen-

schaftlichen Standards, versucht aber eine pragmatische Annäherung an das Erkennt-

nisinteresse im Rahmen der weiter oben skizzierten Programmtheorie. Dabei wird v.a.

eine dem Untersuchungsgegenstand angemessene Strukturierung angestrebt, die auch

als Grundlage für weitere Evaluationsprojekte geeignet sein könnte.70 Darüber hinaus ist

für das vorliegende Fallbeispiel eine Identifizierung von Potenzialen und Defiziten der

Zukunftskonferenz der Rheinbahn AG zum Düsseldorfer Nahverkehr beabsichtigt, die

jeweils in Form einer Zusammenfassung am Ende der einzelnen Kapitel erfolgt. Die

daraus gewonnenen Erkenntnisse werden im abschließenden Kapitel 7 kommentiert und

entsprechende Schlussfolgerungen zur Weiterentwicklung des Einsatzes von Zukunft s-

konferenzen im ÖPNV gezogen.

68 Vgl. Frey 1990: 37-57, 70-71, 121-125; Atteslander 1995: 169-171, 193-198; Hron 1994: 119-12769 Zum Problem der Validität siehe bei Flick 1995: 243ff.70 Vgl. Flick 1995: 57-59, 63-67 sowie Wottawa & Thierau 1998: 35

32 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen

Der Schwerpunkt der bisherigen Interventionsforschung lag v.a. auf Techniken zur Ver-

änderung von Einstellungen, Motivationen und konkreten Verhaltensweisen einzelner

Personen, die nur begrenzt auf größere Gruppen und soziale Systeme übertragbar sind.

Diese individuelle Ebene der Sozialpsychologie muss daher um eine Makroperspektive

für die Entwicklung umfassender Interventionsstrategien ergänzt werden, die auch die

Verbreitung von neuen Ideen mit einbeziehen und kollektives Handeln stimulieren. 71

Hier liegen bereits sozialwissenschaftliche Erkenntnisse z.B. aus dem Bereich von

Energiespar- bzw. Klimaschutzaktivitäten72 vor, die auch für Strategien zur Förderung

des ÖPNVs nutzbar sind. Die hierfür entwickelten Heuristiken zur Planung und Ge-

staltung von Interventionen73 bieten die Möglichkeit, den Ansatz der Zukunftskonferenz

in diesen Kontext einzuordnen und entsprechend zu analysieren. Als Grundlage werden

dazu im Folgenden die verschiedenen sozialpsychologischen Interventionsformen und

die Anforderungen für ihre erfolgreiche Implementation dargestellt.

Individuumsbezogene Interventionstechniken können gemäß der in Tabelle 4 vorge-

stellten Systematik danach unterschieden werden, ob sie an den externen oder an den

internen Handlungsbedingungen einer Person ansetzen.

Tabelle 4: Übersicht über individuumsbezogene Interventionsformen zur Verhaltensänderung(veränderte Darstellung nach Homburg & Matthies 1998: 173)

Ansatzpunkt Situation(externe Handlungsbedingungen)

Ansatzpunkt Person(interne Handlungsbedingungen)

• Verhaltensangebote• Technische Veränderungen und

Designstrategien (zur Verhaltens-erleichterung bzw. –erschwernis)

• Belohnungen(positive Handlungsanreize)

• Bestrafungen(negative Handlungsanreize)

Wissenszentrierte Techniken:• Schriftliche Vermittlung von

Problem- und Handlungswissen• Rückmeldungen zum eigenen Ver-

halten und dessen Konsequenzen(Feedback/ Selbstüberwachung)

Normzentrierte Techniken:• Persönliche Vermittlung von

Problem- und Handlungswissen• Zielsetzung & Selbstverpflichtung• Soziale Modelle (Demonstration)• Blockleader

71 Vgl. Prose, Hübner & Kupfer 1994: 65-66 sowie Homburg & Matthies 1998: 187-18872 Siehe hierzu v.a. Hennicke, Jochem & Prose 199973 z.B von Geller 1989: 30-32 und Matthies 2000: 92-95

4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 33

Situationsbezogene Strategien

Die Schaffung von Verhaltensangeboten dient dabei der Erweiterung der individuellen

Handlungsmöglichkeiten in einer bestimmten Situation. Bezogen auf den ÖPNV ist

damit nicht nur der faktische Transport von A nach B, sondern vielmehr die Gewährle i-

stung einer Mobilitätsversorgung an wechselnden Orten gemeint.74 Diese komplexe

Dienstleistung setzt sich wiederum aus vielen Einzelangeboten zusammen, die durch

Interventionen entsprechend gestaltet werden können.

Hier setzen auch technische Veränderungen und Designstrategien „mit dem Ziel einer

Erleichterung des erwünschten Verhaltens, bzw. der Erschwernis unerwünschten Ver-

haltens“75 an. So können u.a. eine leichte Zugänglichkeit und eine optisch ansprechende

sowie funktionale Gestaltung von Haltestellen und Fahrzeugen die Nutzung des ÖPNVs

fördern. 76 Auf der anderen Seite wird immer wieder betont, dass eine Attraktivitätsstei-

gerung im ÖPNV ohne gleichzeitige Einschränkungen im MIV kaum zusätzliche Um-

steigeeffekte bewirke. Interventionen müssten daher die Nutzung des Autos als

konkurrierendes Verkehrsmittel unattraktiver machen, z.B. durch Ampelvorrangscha l-

tungen für den ÖPNV, Einrichtung von Busspuren, Verringerung des Parkplatzangebots

oder bauliche Maßnahmen der Verkehrsberuhigung. Allerdings stellt sich bei dieser

Vorgehensweise häufig das Problem der psychologischen Reaktanz, weil die persönli-

che Freiheit bei der Verkehrsmittelwahl beeinträchtigt wird. Die damit verbundene Ver-

haltenslimitierung kann negative Einstellungen zum ÖPNV und ein Festhalten am

Autofahren als Protesthandlung bewirken. 77

Neben diesen physischen Veränderungen lassen sich die situativen Bedingungen auch

durch positive und negative Anreizsysteme beeinflussen. Bestimmte Verhaltensweisen

werden dabei mit Belohnungen verknüpft, die finanzieller, materieller oder symboli-

scher Art sein können. Für den ÖPNV sind z.B. verbilligte Tarife zu Schwachlastzeiten,

die Teilnahme von Stammkunden an Wettbewerben bzw. Verlosungen oder Sonderleis-

tungen und Vorteilsangebote für ÖPNV-Nutzer denkbar.78 Wenn aber das erwünschte

Verhalten nur mit der Aussicht auf die versprochene Belohnung gerechtfertigt wird,

bleibt die Wirksamkeit auf den Zeitraum der Intervention beschränkt. Bei negativen An-

reizen (wie z.B. bei der Parkraumbewirtschaftung in Innenstädten), die als Bestrafung

74 Vgl. Mayr 2001: 1875 Homburg & Matthies 1998: 17476 Vgl. Werner 2000:109-11277 Siehe hierzu bei Schahn 1993: 148-15678 Vgl. Priewasser & Höfler 2000: 26

34 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

für unerwünschtes Verhalten empfunden werden, kommt zusätzlich die oben bereits

erläuterte Reaktanz der Betroffenen hinzu. 79 Wegen hoher Kosten, Problemen der Ver-

teilungsgerechtigkeit und fehlender Langzeitwirkung von externen Anreizen wird daher

empfohlen, auch die internen Handlungsbedingungen einer Person bei der Interven-

tionsplanung zu berücksichtigen. Solche Strategien zielen auf die Veränderung von in-

dividuellen kognitiven Konstrukten ab. Dabei beschränken sie sich entweder auf die

Vermittlung handlungsrelevanten Wissens oder beziehen zusätzlich die Anregung von

sozialen Normen und Verantwortungsübernahme mit ein. 80

Informations-Strategien

Wissenszentrierte Techniken basieren auf der Annahme, dass einer Person bestimmte

Informationen für eine Problemlösung bzw. zur Handlungsdurchführung fehlen. Man-

gelndes Wissen über Fahrzeiten, Tarife und Verbindungen im ÖPNV soll u.a. mit Hilfe

von schriftlichen Informationen wie Fahrplänen, Linien- und Tarifübersichten, Wegbe-

schilderungen und Haltestellenanzeigen beseitigt werden. Für deren inhaltliche Ausge-

staltung gilt aus Kundensicht der Leitsatz: „So ausführlich wie nötig und so einfach wie

möglich“81. Um den Aufmerksamkeitswert für diese Informationen zu erhöhen, können

sie mit so genannten Prompts für die jeweilige Handlungssituation versehen werden. 82

Diese kurzen Hinweise, Bitten oder Aufforderungen unterbrechen den gewohnten

Handlungsablauf und vermitteln den Adressaten an Ort und Stelle, welches einfache

und spezifische Verhalten von ihnen gerade erwartet wird: z.B. zu Hause das Interne-

tangebot der Verkehrsbetriebe zu nutzen, am Kiosk das Fahrplanheft mitzunehmen, in

der Mobilitätszentrale eine neue Monatsfahrkarte zu kaufen oder in der Einkaufspassage

einen Blick auf den Infoscreen mit den nächsten Abfahrtszeiten zu werfen. 83 Auch

Rückmeldungen über das eigene Verhalten und dessen Konsequenzen können als Inter-

ventionstechnik zur Förderung des ÖPNVs eingesetzt werden. Denkbar ist z.B. eine

individuelle Auflistung aller durchgeführten Fahrten im ÖPNV, ggf. mit Ergänzung um

die eingesparten PKW-Kilometer, Benzinkosten oder Kohlendioxid-Emissionen: Die

Nutzer von kostenlosen Schnupperangeboten werden zu einer eigenständigen Protokol-

lierung verpflichtet, um eine Selbstüberwachung bei der Verkehrsmittelwahl anzuregen.

Beim Einsatz von Chipkarten im Rahmen der Fahrpreisabrechnung erfolgt dieses Feed-

back durch die Verkehrsbetriebe, wobei die ÖPNV-Kunden gleichzeitig in den Vorteil

79 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 69-70 sowie bei Homburg & Matthies 1998: 175-17780 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 17881 Werner 2000: 9682 Zur Gestaltung von Prompts siehe bei Mosler & Gutscher 1998: 68 und Wortmann 1995: 983 Zu Informationen im ÖPNV vgl. Priewasser & Höfler 2000: 23-24 und Werner 2000: 95-103

4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 35

des jeweils günstigsten Tarifs kämen. Schon diese beiden Beispiele für Rückmeldungen

zeigen die enge Verknüpfung mit materiellen Belohnungen. 84 Insgesamt lässt sich fest-

halten, dass wissenszentrierte Strategien alleine im Vergleich mit anderen Techniken

nur schwache Effekte bewirken, aber z.T. „notwendige Bedingungen für dauerhafte

Verhaltensänderungen darstellen bzw. eine wichtige Unterstützungsfunktion haben“ 85.

Normaktivierende Strategien

Bei den normzentrierten Techniken werden neben Wissen auch soziale Normen ver-

mittelt. Dies ist z.B. der Fall, wenn Informationen nicht schriftlich, sondern von einer

vertrauenswürdigen Person mit einem gewissen Status überzeugend weitergegeben

werden. 86 Im ÖPNV kann die persönliche Präsenz von Servicekräften an Haltestellen

oder in Fahrzeugen entsprechend genutzt werden: u.a. zur Vandalismusvorbeugung,

zum Verkauf der passenden Fahrkarten und zur Auskunft über die aktuellen Anschlüs-

se. Auch bei der Ansprache von Neukunden kann der persönliche Kontakt z.B. im Ein-

wohnermeldeamt, am Infopunkt im Einkaufsviertel oder bei Hausbesuchen eingesetzt

werden. 87

Eine einfache Interventionstechnik zur Normvermittlung besteht darin, dass in der Vor-

gabe einer konkreten Zielsetzung für das individuelle Verhalten, z.B. mindestens zwei

Fahrten pro Woche mit dem ÖPNV durchzuführen. Zusätzlich können bestimmte Per-

sonen oder Gruppen zu einer Selbstverpflichtung auf dieses Verhaltensziel aufgefordert

werden. Wenn diese schriftlich und öffentlich erfolgt, ist sie i.d.R. besser überprüfbar

und damit wirksamer, als wenn sie mündlich und privat bleibt.88 Im Rahmen von sozia-

len Modellen wird vorbildliches Verhalten demonstriert, um möglichst viele Leute zur

Nachahmung zu motivieren. Dies kann direkt im Alltag geschehen, im Fernsehen, auf

Plakaten oder in anderen Medien. Die Ausstrahlung des gewählten Modells hängt von

der jeweiligen Zielgruppe ab. Neben Mitarbeitern des Verkehrsunternehmens kommen

auch prominente Persönlichkeiten, Multiplikatoren, Comicfiguren oder Maskottchen als

mögliche Modellpersonen in Betracht.89 Außerdem können auch Personen aus der Ziel-

gruppe selbst, z.B. Nachbarn, Arbeitskollegen oder sonstige Bekannte als so genannte

Blockleader in eine Interventionstechnik einbezogen werden. Die Informationsvermitt-

lung durch einen direkten Ansprechpartner aus dem persönlichen Umfeld bewirkt u.a.

84 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 179-181 und Mosler & Gutscher 1998: 68 sowie Priewasser & Höfler 2000: 25-2685 Homburg & Matthies 1998: 18186 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 71-7287 Vgl. Werner 2000: 77-78, 10888 Vgl. Wortmann 1995: 10; Mosler & Gutscher 1998: 70-71 sowie Homburg & Matthies 1998: 182-18389 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 71 und Geller 1989: 21-22

36 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

eine stärkere Übernahme von Verantwortung für das jeweilige Verhalten. Die letztge-

nannten normzentrierten Techniken (Selbstverpflichtung, Soziale Modelle, Blockleader)

zeichnen sich v.a. dadurch aus, dass sie über den Zeitraum der Intervention hinaus

wirksam bleiben. Im Vergleich mit den situationsbezogenen und den wissenszentrierten

Techniken erscheinen sie als überlegende Interventionsstrategie, die allerdings personell

auch sehr aufwändig ist.90

Um Reaktanz bei den Betroffenen zu vermeiden, empfiehlt sich v.a. bei normzentrierten

Interventionsformen der Einsatz der so genannten Foot in the Door-Technik. Dabei

wird zunächst eine relativ einfache Anforderung an die jeweiligen Adressaten gestellt,

die als `Türöffner´ für deren weitere Beteiligung genutzt werden kann. Mit der leichten

Durchführbarkeit ist eine positive Erfahrung verbunden, die sich begünstigend auf die

intrinsische Motivation auswirkt, nachfolgend auch anspruchsvollere Aufgaben zu be-

wältigen. In diesem Sinne können einfache Test-Angebote im ÖPNV (z.B. ein kostenlo-

ser Transfer zu bestimmten Großveranstaltungen) dazu beitragen, dass probeweise auch

die weitgehend habitualisierte Verkehrsmittelnutzung in anderen Lebensbereichen (z.B.

Einkaufen) aufgebrochen wird.91

Social Marketing als Rahmenkonzept für die Gestaltung von Interventionen

Diese individuumsbezogenen Interventionstechniken wurden häufig in Form von wis-

senschaftlichen Experimenten getestet, bei denen verschiedene Ansätze kombiniert zur

Anwendung kamen und die Versuchspersonen freiwillig teilnahmen. Für eine Übertra-

gung auf Hunderttausende von ÖPNV-Kunden können daher zwar nicht die einzelnen

Ansätze selbst, wohl aber ihre psychologischen Prinzipien genutzt werden. 92 Die Zu-

kunftskonferenz dient in diesem Kontext als ein mögliches Instrument zur Planung und

Gestaltung von Interventionen im ÖPNV. Aus der Praxis der Interventionsforschung

heraus sind dazu bereits verschiedene Empfehlungen und Heuristiken entwickelt wor-

den. So können z.B. mit Hilfe der Applied Behaviour Analysis die bisherigen verha l-

tenstheoretischen Erkenntnisse zu Interventionsstrategien zusammengefasst werden,

während das Social Marketing einen geeigneten Rahmen für den schrittweisen Prozess

zur Implementation einer sozialen Idee bietet.93 Aus der Verknüpfung von Elementen

beider Konzepte ergibt sich ein integrativer Ansatz, mit dessen Hilfe psychologisch be-

gründete Programme zur Einführung, Verbreitung und Vermarktung von Innovationen

in sozialen Systemen geplant, durchgeführt und evaluiert werden können (vgl. Abb. 9).

90 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 18591 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 72 und Priewasser & Höfler 2000: 2592 Vgl. Wortmann 1995: 11-1293 Vgl. Darstellung in Homburg & Matthies 1998: 188-191

4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 37

Abbildung 9: Zusammenführung von Applied Behaviour Analysis und Social Marketing(aus Geller 1989: 31)

In Anlehnung an das betriebswirtschaftliche Produktmarketing ist zunächst eine Markt-

analyse notwendig, um die strukturellen, situativen, sozialen und individuellen Bedin-

gungen im Kontext der Interventionsplanung zu erkunden. Wenn die Förderung des

ÖPNVs als geplante soziale Veränderung verstanden wird, sind z.B. Informationen über

Wünsche, Bedürfnisse, Wahrnehmungen, Einstellungen und Zufriedenheitsgrade der

verschiedenen Akteure und Zielgruppen im Mobilitätsmarkt erforderlich94. Die Markt-

analyse dient auch dazu, bestehende Stärken und Schwächen des ÖPNVs und die damit

verbundenen Chancen und Risiken für die Zukunft zu identifizieren.

Auf dieser Grundlage kann dann in einem zweiten Schritt eine entsprechende Markt-

segmentierung verbunden mit einer Zielauswahl für die Interventionsstrategie erfo l-

gen.95 Die Operationalisierung einer globalen Zielsetzung wie z.B. die Ausgestaltung

eines zukunftsfähigen ÖPNVs verlangt eine eindeutige Präzisierung hinsichtlich der

Inhalte und des Ausmaßes von Teilzielen sowie des jeweiligen Zeitbezugs. Dabei wird

deutlich, dass der Mobilitätsmarkt segmentspezifisch bearbeitet werden muss, um Effi-

zienz und Effektivität von Interventionen zur Förderung des ÖPNVs zu erhöhen. Die

Abgrenzung von möglichst homogenen Teilmärkten im ÖPNV ist besonders komplex,

weil verschiedene Merkmale zur Charakterisierung berücksichtigt werden müssen: u.a.

die Lebens- und Mobilitätsstile der Bevölkerung, die räumlichen und zeitlichen Ver-

kehrsbeziehungen, der Fahrtzweck. Für die einzelnen Marktsegmente ist jeweils zu klä-

ren, welche Verhaltensänderung angestrebt wird, welche situativen Bedingungen dafür

vorliegen und welche Zielgruppen dabei erreicht werden sollen. 96 Da die zur Verfügung

stehenden Mittel i.d.R. begrenzt sind, können nicht alle potenziellen Nutzer des ÖPNVs

94 Vgl. Geller 1989: 28 sowie Ecolog-Institut 1999: 24-2895 Als Beispiel siehe hierzu den Beitrag von Prose, Hübner & Kupfer 1994.96 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 199

38 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

gleichzeitig angesprochen werden. Stattdessen ist für die Durchführung von Interven-

tionen eine Beschränkung auf wichtige Zielgruppen erforderlich, um eine konsequente

Marketing-Strategie verfolgen zu können. Dazu bieten sich verschiedene Auswahlkrite-

rien an: z.B. die gesellschaftliche Leit- oder Multiplikationsfunktion bestimmter Bevö l-

kerungsgruppen, die bisherige Fixierung auf das Auto als Verkehrsmittel oder die

grundsätzliche Aufgeschlossenheit gegenüber einer ÖPNV-Nutzung. 97

Für die ausgewählten Ziel-Segmente des Mobilitätsmarkts werden im nächsten Schritt

spezifische Marketing-Interventionen entwickelt. Dabei sind die vier Komponenten des

so genannten Marketing-Mix auszuarbeiten: Product, Promotion, Place, Price:98

• Product – Damit ist nicht das materielle Produkt an sich (z.B. Busse und Bahnen)

gemeint, sondern eine soziale Idee (z.B. ein kundenorientierter und attraktiver

ÖPNV bzw. eine intelligente Verkehrsmittelnutzung), die entsprechend den Er-

kenntnissen aus der Marktanalyse verpackt sein muss.

• Promotion – Für die erfolgreiche Vermarktung der sozialen Idee ist eine Kommuni-

kationspolitik erforderlich, die verschiedene Instrumente (z.B. Werbung, Öffent-

lichkeitsarbeit, persönliche Kontakte, etc.) zur Gestaltung der einzelnen Botschaften

umfasst.

• Place – Hier sind die Distributionswege bzw. Absatzkanäle für die Einbindung der

unterschiedlichen Zielgruppen zu identifizieren, um das Produkt am jeweils richt i-

gen Ort bereit stellen zu können.

• Price – Darin sind die mit der Umsetzung der sozialen Idee für den Einzelnen ve r-

bundenen finanziellen, zeitlichen und psychologischen Kosten und Anreize entha l-

ten. Eine bewusste Preisdifferenzierung beeinflusst die Teilnahmemotivation und

damit den Ziele rreichungsgrad.

Für die systematische Planung, Durchführung und Kontrolle von Marketing-

Interventionen wird das so genannte ABC-Modell zu Grunde gelegt: Antedecent (Aus-

gangssituation) – Behaviour (Handlungssituation) – Consequence (Ergebnissituation).

Auf dieser Basis kann auch die fortlaufende Evaluation erfolgen, die neben der Selbst-

auskunft von Mitgliedern der Zielgruppe auch eine direkte Beobachtung beinhalten

sollte. Daraus sind Erkenntnisse zur Funktionsweise, Wirkungsdauer und Übertragbar-

keit von Interventionen ableitbar.99

97 Vgl. Ecolog-Institut 1999: 14, 29-3198 Vgl. Geller 1989: 28-2999 Vgl. Geller: 20, 26, 30, 31

4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 39

Schließlich dient eine vollständige Dokumentation und Verbreitung (Dissemination) des

strategischen Vorgehens, der einzelnen Schritte und eingesetzten Instrumente sowie der

jeweils erzielten Ergebnisse der Wiederholung, Optimierung bzw. Ausweitung der

Social Marketing - Strategie.100

Partizipative Interventionsplanung

Der soeben erläuterte Ansatz wurde im Konzept des Partizipativen Sozialen Marketings

weiterentwickelt, um möglichst viele Akteure und soziale Netzwerke sowie Multipli-

katoren und Meinungsführer zum Weitertragen der sozialen Idee zu bewegen. Durch die

Einbeziehung von Teilen der Zielgruppe in die Interventionsgestaltung und –durchfüh-

rung kann deren persönliches Umfeld für neue Kontakte genutzt werden (`Schneeballef-

fekt´).101 Partizipative Interventionsstrategien zeichnen sich durch eine besonders gute

Effektivität und oft dauerhafte Wirksamkeit aus, weil sie durch die Beteiligung von Be-

troffenen u.a.

• eine optimale Anpassung der Maßnahmen und Vermeidung von Reaktanz,

• eine Anregung von sozialen Normen und stützenden Gruppenprozessen,

• eine öffentliche Selbstverpflichtung und aktive Verantwortungsübernahme,

• ein selbstbestimmtes Handeln der Beteiligten sowie

• eine erleichterte Übertragung auf benachbarte Verhaltensbereiche

ermöglichen. 102

Vor diesem Hintergrund ist das in Abbildung 10 dargestellte Phasenmodell für die Ini-

tiierung und Steuerung partizipativer Interventionsplanung entstanden, das besonders

den Prozess der Problembearbeitung hervorhebt. Im Idealfall werden dabei schon im

Rahmen der Ist- bzw. Marktanalyse (s.o.) die Sichtweisen und relevanten Diskurse der

partizipierenden Zielgruppe für eine gemeinsame Situationsbeschreibung und Aufga-

bendefinition genutzt. Aus Teilen der Zielgruppe wird eine Planungsgruppe gebildet,

deren Mitglieder durch Beratung und Moderation zur Planung und Durchführung der

Interventionen befähigt werden sollen. Schließlich wird ein enger Kontakt bzw. ein

ständiger Austausch mit der gesamten Zielgruppe angestrebt, um den Diskussionspro-

zess um die Weiterentwicklung der Maßnahmen fortlaufend zu unterstützen. Eine Eva-

luation bildet den vorläufigen Abschluss der Aktion, über deren Ausbau oder

Wiederholung die Planungsgruppe selbst entscheiden kann. 103

100 Siehe hierzu ausführlicher bei Geller 1989: 26, 27, 31101 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 191-193102 Vgl. Matthies 2000: 86-91103 Vgl. Matthies 2000: 92-95

40 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

Abbildung 10: Prozessmodell zur Steuerung partizipativer Interventionen (aus Matthies 2000: 93)

4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts

Aus den vorgestellten Empfehlungen zur Gestaltung von sozialpsychologischen Inter-

ventionen ergeben sich Anforderungen an eine Interventionsstrategie im ÖPNV, die

auch bei den in diesem Rahmen eingesetzten Planungs- und Dialoginstrumenten zu

berücksichtigen sind. Die dafür wesentlichen Erfolgsfaktoren sind in Tabelle 5 zusam-

mengefasst und werden für den anschließenden Abgleich mit dem Veranstaltungskon-

zept der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21 Düsseldorf herangezogen.

Tabelle 5: Erfolgsfaktoren für die Interventionsplanung (Eigene Darstellung)

Strategisches Vorgehen Ausarbeitung eines Marketing-Mix

Orientierung auf Langzeitwirkungen Nutzung sozialer Netze als Verstärkersysteme

Zielgruppen, Entscheidungsträger,Meinungsführer, Multiplikatoren einbeziehen

Beratung bei Planung & Durchführungvon ABC-Interventionen

Marktanalyse & -segmentierung Berücksichtigung emotionaler Faktoren

Konkretisierung der Interventionsziele Prozessorientierung

4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts 41

Strategisches Vorgehen

Aus dem im vorigen Abschnitt skizzierten integrierten Ansatz aus Applied Behaviour

Analysis und Social Marketing lässt sich die generelle Forderung nach einem strategi-

schen Vorgehen bei der Interventionsplanung ableiten. Damit ist im Wesentlichen ein

Phasenverlauf von der Analyse über die Zielvereinbarung zur Umsetzung sowie die

anschließende Evaluation und Rückmeldung gemeint.104 Diese Schritte spiegeln sich

auch in den einzelnen Arbeitsphasen auf der Zukunftskonferenz wider (siehe hierzu

Abbildung 7 in Kapitel 3.1): Dabei diente der Rückblick in die Vergangenheit und die

Beschäftigung mit gegenwärtigen Trends und Entwicklungen sowie Stärken und

Schwächen v.a. der gemeinsamen Analyse der Problemsituation und des Handlungsbe-

darfs im Düsseldorfer ÖPNV. Die anschließende Entwicklung von Zukunftsbildern

stellte die Grundlage für die gemeinsamen Zielvereinbarungen zum künftigen ÖPNV

dar. Deren Umsetzung wurde durch die Maßnahmenplanung am letzten Tag zumindest

vorbereitet. Zur Evaluation und Rückmeldung gab es lediglich eine allgemeine Zusage

der Rheinbahn zur Prüfung der Vorschläge und zur Information über die ggf. bereits

erfolgte Realisierung im Rahmen von Folgeveranstaltungen. 105

Orientierung auf Langzeitwirkungen

Damit Interventionen im ÖPNV nicht nur kurzfristige Effekte erzielen, sondern auch

eine dauerhafte Qualitätsverbesserung und Kundenbindung erreicht wird, empfiehlt sich

bei der Entwicklung von Zielen und Maßnahmenvorschlägen eine Orientierung auf

Langzeitwirkungen. Auf der Zukunftskonferenz wurde dem mit einem zeitlichen Pla-

nungshorizont bis zum Jahr 2010 Rechnung getragen, der für die Beschreibung eines

wünschenswerten Zustands des Düsseldorfer ÖPNVs vorgegeben und von den Teil-

nehmern bei der Benennung von Zeiträumen für die Umsetzung der Ergebnisse wieder

aufgegriffen wurde. Zum Abschluss der Zukunftskonferenz haben die Teilnehmer bei

der Erarbeitung des Handlungsprogramms zusätzlich die jeweiligen Verantwortlichkei-

ten der Beteiligten für die Umsetzung festgelegt. Dabei waren neben Rheinbahn, Stadt

Düsseldorf und Verkehrsverbund VRR auch weitere Akteure wie z.B. Schulen und Po-

lizei sowie die Fahrgäste selbst als Adressaten mit eingeschlossen, um eine langfristig

effektive Förderung des ÖPNVs von verschiedenen Seiten zu ermöglichen. 106 Inwieweit

sich das auch in der Qualität der inhaltlichen Ergebnisse niedergeschlagen hat, wird in

Kapitel 6 genauer untersucht.

104 Vgl. Hennicke, Jochem & Prose 1999: 2105 Vgl. iku GmbH 2001: 33106 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 199 sowie iku GmbH 2001: 20ff, 27ff

42 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

Zielgruppen, Entscheidungsträger, Meinungsführer, Multiplikatoren einbeziehen

Da die Teilnehmer der Zukunftskonferenz über ihre Zuordnung zu den acht Haupt-

interessen zur Weiterentwicklung des Nahverkehrs ausgewählt und eingeladen wurden,

kann deren endgültige Zusammensetzung weder die Vollständigkeit aller relevanten

Akteure noch die Repräsentativität für alle Zielgruppen der ÖPNV-Nutzung beanspru-

chen (vgl. Abbildung 6 in Kapitel 3.1). Allerdings waren die jetzigen und potenziellen

Fahrgäste über die Vertreter des Bürgerforums und weiterer Interessengruppen sehr

umfassend in die Zukunftskonferenz eingebunden, um die Kundenorientierung bei der

Erarbeitung von Vorschlägen für Interventionen im ÖPNV zu gewährleisten und somit

Reaktanz vorzubeugen. Für die Umsetzung der Ergebnisse der Zukunftskonferenz soll-

ten aber auch Menschen eingeladen werden, „die etwas bewegen können, Autorität ha-

ben, selbständig handeln und andere motivieren können.“107 Daher waren wichtige

Entscheidungsträger aus Parteien, Stadtverwaltung, Bezirksvertretungen, Verkehrsun-

ternehmen und Verkehrsverbund beteiligt. Dagegen wurden z.B. engagierte Persönlich-

keiten, Bildungsinstitutionen und Medien als Meinungsführer und Multiplikatoren in

Düsseldorf bei der Teilnehmerauswahl nicht explizit berücksichtigt.108

Das oben skizzierte Verständnis einer partizipativen Interventionsplanung umfasst

allerdings mehr als das bloße Einbeziehen möglichst vieler Betroffener: „Partizipation

geht sowohl über einseitige Kommunikation als auch über einfaches Erkunden von In-

teressen und Meinungen hinaus [...]. Ein Partizipationsprozeß liegt dann vor, wenn

Dritten die Möglichkeit gegeben wird, an einem zentralen Planungs-, Entscheidungs-

oder Umsetzungsprozeß aktiv teilzuhaben.“109 Die Rheinbahn hat dem mit der Zu-

kunftskonferenz Nahverkehr 21 Düsseldorf Rechnung getragen, indem sie die Teilneh-

mer weitgehend eigenständig ein Handlungsprogramm erarbeiten ließ und dieses zur

Realisierung von weiteren Verbesserungen im ÖPNV nutzen will.110

Marktanalyse & -segmentierung

Auch wenn keine systematische Marktanalyse für den Düsseldorfer ÖPNV erfolgte,

haben sowohl die Teilnehmer des Bürgerforums als auch der Zukunftskonferenz we-

sentliche Rahmenbedingungen sowie Stärken und Schwächen als Grundlage für ihre

weitere Arbeit identifiziert. Zusätzlich wurden Szenarien und Fragestellungen für den

Nahverkehr der Zukunft entwickelt, die sich z.B. in der Interessensmatrix für die

107 Weisbord & Flower 1996: 18108 Vgl. iku GmbH 2001: 40-43109 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 11110 Vgl. Honsberg 2001: 4-5

4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts 43

Teilnehmerauswahl widerspiegeln. Allerdings reichten die Ergebnisse dieser Analysen

nicht für eine entsprechende Marktsegmentierung aus. Stattdessen wurden die Zu-

kunftsbilder für den Düsseldorfer ÖPNV sogar in gemischten Kleingruppen entworfen,

um dabei möglichst das gesamte Nahverkehrssystem zu berücksichtigen. Dieses Vorge-

hen diente auf der Zukunftskonferenz zunächst der Konsensfindung bei der Suche nach

gemeinsamen Zielen. Eine Bearbeitung einzelner Marktsegmente war zu diesem Zeit-

punkt weder möglich noch vorgesehen. 111 Die für die Ausarbeitung einer Marketing-

Strategie erforderliche Abgrenzung und Auswahl von zu bearbeitenden Teilmärkten im

ÖPNV bleibt daher eine wesentliche Aufgabe im Anschluss an die Zukunftskonferenz.

Konkretisierung der Interventionsziele

Die Interventionsziele zur Förderung des ÖPNVs in Düsseldorf sollten so konkret wie

möglich formuliert werden, dabei realistisch hinsichtlich der Umsetzbarkeit bleiben und

verschiedene Handlungsmöglichkeiten einschließen. Auf der Zukunftskonferenz wird

dem mit zwei aufeinander folgenden Arbeitsschritten Rechnung getragen: Zunächst

musste in der Gesamtgruppe der Teilnehmer ein Konsens darüber gefunden werden,

welche Ziele überhaupt weiter verfolgt werden sollen. Anschließend wurden zu jedem

Ziel Maßnahmenvorschläge entwickelt sowie Verantwortliche und Zeiträume für die

Umsetzung benannt.112

Ausarbeitung eines Marketing-Mix

Das auf der Zukunftskonferenz erarbeitete Handlungsprogramm für den Düsseldorfer

ÖPNV kann aufgrund der fehlenden Marktsegmentierung (siehe oben) noch keinen

ausdifferenzierten Marketing-Mix (Product, Promotion, Place, Price) enthalten. Die in

diesem Rahmen erfolgte Konkretisierung der Interventionsziele bietet aber eine gute

Grundlage für eine detailliertere und auf die jeweiligen Marktsegmente zugeschnittene

Interventionsplanung im Anschluss an die Zukunftskonferenz. 113

Nutzung sozialer Netze als Verstärkersysteme

„Unter Vernetzung wird der Prozeß des Vermittelns/Verbindens zwischen mehreren

Akteuren oder Organisationseinheiten mittels Kommunikation/Interaktion verstanden.

Hieraus kann ein soziales Netzwerk entstehen.“114 Dabei geht es u.a. um die Bereitstel-

lung von direkten Gesprächssituationen, damit die Beteiligten auf dem Wege der Norm-

aktivierung zur persönlichen Verantwortungsübernahme für die Verbreitung der Inhalte

111 Zur Erläuterung des Ablaufs der Zukunftskonferenz vgl. Kapitel 3.1112 Vgl. Kals 1996: 141-142 sowie iku GmbH 2001: 23, 26ff113 Vgl. Prose 1994: 18-19114 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 11

44 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

angeregt werden. Auf dieser Idee basieren die Grundprinzipien der Zukunftskonferenz

(vgl. Kapitel 3.1). Insbesondere durch die Diversität der Teilnehmer und ihre Zusam-

menarbeit in gemischten Kleingruppen in wechselnder Zusammensetzung wurden so

neue Kontakte sowie gemeinsame Sichtweisen und Handlungsperspektiven eröffnet.115

Beratung bei Planung & Durchführung von ABC-Interventionen

Im Rahmen des Modells zur Steuerung partizipativer Interventionen (siehe Kapitel 4.1)

wird eine professionelle Beratung für erforderlich gehalten, um den Beteiligten z.B.

Wissen über Möglichkeiten und Wirkungsweisen von Maßnahmen zur Verfügung zu

stellen und sie bei deren Auswahl, Gestaltung und Durchführung zu unterstützen. 116 Die

Zukunftskonferenz beschränkt sich aber auf die Planungsphase und baut dabei auf die

Fähigkeiten und das Wissen auf, „die die Menschen bereits haben – ohne Übung, Mah-

nungen und Ratschläge.“117 Allerdings war in Düsseldorf an jedem Tisch ein Vertreter

der Rheinbahn in einer passiven Beratungsfunktion anwesend, um ggf. auf den Infor-

mationsbedarf der Teilnehmer reagieren zu können. 118 Die Frage, ob zusätzlich eine

Interventionsberatung eingebunden werden sollte, wird in Kapitel 7 wieder aufgegrif-

fen. Die Antwort hängt u.a. davon ab, inwieweit bei den von der Zukunftskonferenz

erarbeiteten Ziele und Maßnahmen auch die Empfehlungen zur Gestaltung sozialpsy-

chologischer Interventionen berücksichtigt worden sind (vgl. Kapitel 6.2).

Berücksichtigung emotionaler Faktoren

Bei der Planung partizipativer Interventionen im ÖPNV spielen auch emotionale Fakto-

ren v.a. im Hinblick auf die Teilnahmemotivation für die einzelnen Zielgruppen eine

bedeutsame Rolle. Es ist daher erforderlich, den ggf. vorhandenen negativen Erfahrun-

gen mit der bisherigen Auseinandersetzung in Düsseldorf um das Thema ÖPNV mit

einer Gegenkonditionierung zu begegnen. Damit ist gemeint, mit der Verknüpfung von

positiven Gefühlsqualitäten wie z.B. Prestige, Wohlbefinden und Spaß ein Engagement

der Beteiligten für den ÖPNV zu stimulieren. 119 Das Konzept der Zukunftskonferenz

stellte für die Teilnehmer ein attraktives Beteiligungsangebot dar, weil es auf eine er-

gebnisorientierte Zusammenarbeit mit wichtigen Entscheidungsträgern und Interessen-

gruppen in Düsseldorf angelegt war. Um in relativ kurzer Zeit eine motivierende und

produktive Arbeitsatmosphäre aufzubauen, wurde mit dem vorgegebenen Phasenverlauf

115 Vgl. Häusler & Schadt 2000: 59 sowie Weisbord & Janoff 2000: 50ff116 Vgl. Matthies 2000: 94117 Weisbord 1996: 10118 Vgl. iku GmbH 2001: 8119 Siehe hierzu bei Preuss 1997: 68-69; Matthies 2000: 95-96 sowie Werner 2000: 88ff

4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation 45

der Zukunftskonferenz auch eine emotionale Dynamik bewirkt. Diese reichte von einer

Verunsicherung der Teilnehmer zu Beginn der Veranstaltung über eine Begeisterung für

die kreativen Zukunftsentwürfe bis hin zu einer allgemeinen Zufriedenheit mit den ge-

meinsam erreichten Ergebnissen. 120

Prozessorientierung

Bei allen Heuristiken zur Interventionsplanung wird betont, dass die zu entwickelnden

Konzepte nicht statisch sein dürfen, sondern prozessorientiertes Denken, flexibles Han-

deln und eine schrittweise Umsetzung erfordern. 121 Strategisches Vorgehen beinhaltet

daher insbesondere die „Überprüfung des Prozeßfortschritts und Anstoßen weiterer Ak-

tivitäten über eine breite Rückmeldung der Prozeßergebnisse“122. Im Sinne der weiter

oben erläuterten `Foot-in-the-Door Technik´ kommt daher der Zukunftskonferenz der

Charakter einer Auftaktveranstaltung für einen umfangreicheren Dialogprozess zur

künftigen Ausgestaltung des Düsseldorfer ÖPNVs zu, während sie im Fallbeispiel den

vorläufigen Abschluss des Bürgerforums bildet (siehe Kapitel 2.2 und 3.1).123 Eine Er-

gänzung und Einbindung der Zukunftskonferenz erscheint auch deshalb notwendig,

weil sie als Interventionsstrategie im ÖPNV erst dann wirksam wird, wenn die erarbei-

teten Ergebnisse entsprechend aufbereitet, verbreitet und umgesetzt werden. 124 Daher

wird bei den Schlussfolgerungen aus der Evaluation (Kapitel 7.1) zu diskutieren sein,

ob und ggf. welche Veränderungen bei der Prozessorientierung angebracht sind.

4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation

Über die zur Umsetzung des Veranstaltungskonzepts eingesetzten Moderationsmetho-

den wird „der Zugang zu und der Umgang mit Inhalten sowie ein Großteil des Bezie-

hungsgefüges – in qualitativer und quantitativer Hinsicht – aller Beteiligten geregelt.“125

Die Hauptaufgabe der Moderatoren besteht bei der Zukunftskonferenz darin, den Wech-

sel der verschiedenen Arbeitsweisen (Gesamtgruppe, homogene Interessengruppen,

gemischte Tischgruppen) anzuleiten, den Teilnehmern Hilfen und Instruktionen zur

eigenständigen Bearbeitung von Aufgaben der zukünftigen Gestaltung des Düsseldorfer

ÖPNVs zu geben sowie Zwischenergebnisse zusammenzufassen, zu strukturieren,

zu visualisieren und ggf. nochmals zur Diskussion zu stellen. 126 Dabei geht es im

120 Vgl. Weisbord & Janoff 2000: 24-27, Burow 2000: 179 und iku GmbH 2001: 32-33121 Siehe z.B. bei Homburg & Matthies 1998: 198-200 und Prose 1995: 43122 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 2123 Vgl. Honsberg 2001: 4124 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 72-76125 Becher 1998: 16126 Vgl. iku GmbH 2001: 5-6 sowie Häusler & Schadt 2000: 161-167

46 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

Wesentlichen um die erfolgreiche Steuerung von Gruppenprozessen, für die eine Be-

rücksichtigung wichtiger didaktischer Kriterien aus der Erwachsenenbildung erforder-

lich ist. Um beurteilen zu können, welchen Anforderungen das methodische Vorgehen

der Moderation gerecht werden muss, wird im Folgenden kurz auf die konstruktivisti-

schen Grundlagen für die Kommunikation und Zusammenarbeit in Gruppen und die

damit verbundenen didaktischen Konsequenzen eingegangen.

Konstruktivistische Kernaussagen im Überblick

Ohne weiter zwischen den verschiedenen Denkmodellen und Theorien in der Konstruk-

tivismus-Debatte zu differenzieren, werden die zentralen Aussagen zu den Mechanis-

men individueller und sozialer Wirklichkeitskonstruktion zusammengefasst und in

Bezug zueinander gesetzt (siehe hierzu auch die Darstellung in Abbildung 10):127

• Das menschliche Gehirn verfügt über keinen direkten Zugang zur externalen Welt.

Innerhalb des psychischen Systems kann daher keine Abbildung einer objektiven

Realität erfolgen. Stattdessen werden die Wahrnehmungen von Ereignissen und Er-

scheinungen der Umwelt lediglich auf Grundlage früherer Erfahrungen interpretiert.

Wegen dieser informationellen Geschlossenheit erfolgen Wirklichkeitskonstruktio-

nen zunächst individuell und selbstreferenziell (Autopoiesis).

• Gleichzeitig steht jedes Individuum ständig im Austausch mit anderen Menschen.

Die externale Welt wird somit auch Gegenstand eines Diskurses und in diesem

Kontext entsprechend interpretiert bzw. als Wirklichkeit sozial konstruiert.

• Alle Wirklichkeitskonstruktionen werden darauf überprüft, ob sie zum eigenen

Denken und Handeln sowie zu den sozialen Normen der Umwelt passen (Viabili-

tätsprüfung). Eine Weiterentwicklung kognitiver Strukturen findet erst bei einer Dif-

ferenzerfahrung zu den bisher vertrauten Deutungsmustern statt. Solche Ereignisse

stellen eine Perturbation dar, weil die individuelle Handlungs- und soziale Diskur s-

fähigkeit gefährdet ist. Störungen dieser Art müssen daher durch kognitive Opera-

tionen ausgeglichen werden.

• Eine strukturelle Kopplung zwischen dem Menschen als internen Beobachter und

dem Menschen im Diskurs ist möglich, so dass individuelle Konstruktionen über-

wiegend in sozialen Systemen entwickelt werden. Die Wirksamkeit sozialer Normen

kann aber durch die kognitive Autonomie des Einzelnen gebrochen werden.

127 Die Kernaussagen sind den beiden folgenden Beiträgen entnommen, die eine gute Einführung in das Thema bieten: vgl. Schüßler & Bauerdick 1997: 43-54 sowie Adomßent 1998: 5-9.

4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation 47

Abbildung 11: Mechanismen individueller und sozialer Wirklichkeitskonstruktion(aus Frindte 1995: 114)

Konsequenzen für didaktische Kriterien in der Erwachsenenbildung

Die Bedeutung der soeben vorgestellten Kernaussagen der Konstruktivismusdebatte für

das methodische Vorgehen auf der Zukunftskonferenz erschließt sich über den Begriff

der Didaktik. Aus didaktischer Sicht geht es generell darum, zwischen den thematischen

Strukturen bzw. Zusammenhängen und den Lern- bzw. Motivationsstrukturen der

Adressaten zu vermitteln. Da sich die Zukunftskonferenz Nahverkehr 21 Düsseldorf

sowohl durch komplexe Inhalte als auch durch eine sehr heterogene Zusammensetzung

der Teilnehmer auszeichnet, sollten sich die eingesetzten Moderationsmethoden an

wichtigen didaktischen Kriterien für die Erwachsenenbildung orientieren. Insbesondere

für die Steuerung der Kommunikation und Zusammenarbeit in Gruppen sind dabei eini-

ge konstruktivistische Implikationen zu beachten:128

• Anschlussfähigkeit129

Bei Erwachsenen geht es selten darum, völlig neues Wissen zu erwerben, sondern an

bereits vorhandenen Wissensnetzen und kognitiven Strukturen anzuknüpfen und diese

schrittweise weiterzuentwickeln. Didaktisch gesehen muss dieses Anschließen jedem

128 Vgl. Siebert 1997: 1-5, 16-22129 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Siebert 1999: 87-94 sowie Siebert 1997: 103-110

48 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

Teilnehmer für sich ermöglicht werden, weil es nur individuell erfolgen kann. Um den-

noch in Gruppen produktiv miteinander kommunizieren zu können, ist eine Verständ i-

gung über gemeinsame Ziele, Inhalte und Umgangsformen herbeizuführen, die aber

eine strukturelle Kopplung des Einzelnen erfordert. Anschlussfähigkeit alleine begün-

stigt allerdings nur „ein Assimilationslernen, bei dem nur das aufgegriffen wird, was in

vorhandene Schemata passt.“130

• Perspektivverschränkung131

Viele Menschen neigen dazu, ihre eigene Wirklichkeitskonstruktion für die einzig mög-

liche zu halten. Um einen Realitätsverlust zu verhindern, ist es immer wieder notwen-

dig, durch eine Verschränkung verschiedener Perspektiven die Wahrnehmung von

Differenzen zu schärfen. Obwohl mit dieser Perturbation zunächst einmal das Missve r-

stehen als kommunikativer Normalfall vorprogrammiert ist, wird gleichzeitig Neugie r-

de, Interesse und Nachdenken über die Konstrukte der Anderen gefördert. Durch die

damit herausgeforderte Überprüfung der eigenen Position wachsen auch die Chancen

für neue Erkenntnisse und für die Wahrnehmung von Gemeinsamkeiten.

• Handlungsrelevanz132

Die individuelle Erkenntnissuche ist nicht auf objektive Wahrheiten ausgerichtet, son-

dern auf funktionierende Handlungen, die zur eigenen Wirklichkeitskonstruktion passen

und gesellschaftlich nicht sanktioniert werden. Viabilität meint somit einen Suchprozess

nach gangbaren Wegen und bedeutet daher notwendigerweise auch eine Reduktion von

Komplexität. Als didaktische Konsequenz muss daher für die Teilnehmer ein Bezug

zwischen Lern- und Verwendungssituation herstellbar sein. Methodisch angeleitet wird

durch entsprechende Deutungsmuster ein Probedenken ermöglicht, das neue Spielräume

auch für spätere Handlungen eröffnet (sleeper-Effekt).

• Selbstorganisation133

Da Erkenntnisse und Bedeutungen meistens individuell, spontan und intuitiv entstehen,

entwickeln soziale Systeme und Gruppenprozesse eine Eigendynamik, die durch Steue-

rung und Informationsvermittlung von außen nur bedingt zu beeinflussen ist. Methodi-

sches Vorgehen muss sich daher v.a. durch Gelassenheit, Ambiguitätstoleranz, situative

Flexibilität und Ergebnisoffenheit auszeichnen. Bei der Inszenierung förderlicher

130 Siebert 1999: 89131 Vgl. Siebert 1997: 127-132 und Siebert 1999: 94-96132 Vgl. Siebert 1997: 157-164, 111-16 sowie Siebert 1999: 79-81133 Vgl. Siebert 1997: 175-181; Siebert 1999: 82-87, 106-111, 117-121 und Delhees 1994: 369-371, 376ff

4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation 49

Rahmenbedingungen ermöglicht die Selbstorganisation der Teilnehmer ein entdecken-

des Lernen, das zu einer Erweiterung und Ausdifferenzierung der individuellen kogniti-

ven Netze sowie zum Aufbau von entsprechenden Kompetenzen zur Erschließung neuer

und relevanter Inhalte beiträgt. In selbstorganisierten Gruppen besteht also ein großes

Potenzial für Kreativität, z.B. in Form von zweckmäßigeren Problemsichten und inno-

vativen Lösungen, aber auch die Gefahr von zu hohem Konformitätsdruck und daraus

resultierenden Fehleinschätzungen.

• Reflexion134

Da individuelle und soziale Wirklichkeitskonstruktionen immer durch selektive Wahr-

nehmungen geprägt sind, ist eine Reflexion der so gewonnenen Erkenntnisse notwen-

dig. Diese dient dazu, die abgelaufenen kognitiven Prozesse zu hinterfragen, sich selbst

bzw. gemeinsam in der Gruppe ihrer Relevanz zu vergewissern oder ggf. auf blinde

Flecken aufmerksam zu machen.

Berücksichtigung beim methodischen Vorgehen auf der Zukunftskonferenz

Von Beginn der Zukunftskonferenz an wurde versucht, an den Voraussetzungen der

Teilnehmer anzuknüpfen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der thematischen

Vorarbeit des Bürgerforums zum Düsseldorfer ÖPNV wurde im Rahmen einer Ein-

gangsbefragung bereits bestätigt. Bei der Vorstellungsrunde an gemischten Tischen

konnten die Teilnehmer auch selbst ihren persönlichen Bezug zu dem Blickwinkel er-

läutern, unter dem sie zur Zukunftskonferenz eingeladen worden waren. Auf einen In-

formationsinput durch Fachleute wurde bewusst verzichtet.135 Stattdessen konnten

durch die Bereitstellung von Stiften und Moderationskarten in den ersten Arbeitsphasen

der Kleingruppen zur Vergangenheit und Gegenwart des Nahverkehrs in Düsseldorf die

individuellen Perspektiven festgehalten werden. Durch die jeweils anschließende Über-

tragung auf die Pinnwände im Plenum wurde die Vielfalt der Wirklichkeitskonstruktio-

nen anschaulich visualisiert. Ein Clustern der Karten (auf der Zeitleiste, in der Mind-

Map bzw. in Tabellenform) ermöglichte eine Strukturierung der Beiträge, die den Blick

für Differenzen aber auch für die vorhandenen Gemeinsamkeiten schärfte.136

Das Verständnis von Viabilität als Suchprozess spiegelt sich bereits in der englischen

Bezeichnung Future Search Conference wider und findet seinen Niederschlag im Ent-

werfen von Zukunftsbildern als Probedenken und in der Konsensfindung über die Ziele

zur Weiterentwicklung des ÖPNVs. Deren Handlungsrelevanz wurde nicht zuletzt

134 Vgl. Siebert 1999: 101-106 und Siebert 1997: 142-146135 Vgl. iku GmbH 2001: 8-10136 Vgl. iku GmbH 2001: 11-19 sowie Häusler & Schadt 2000: 116ff

50 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie

durch die am letzten Tag erfolgte Konkretisierung in Form von Maßnahmenvorschlägen

verdeutlicht.137 Der überwiegende Teil der inhaltlichen Arbeit auf der Zukunftskonfe-

renz fand in Kleingruppen statt, wobei der Umgang mit Themen, Diskussionsführung,

Ergebnissicherung und Präsentation von den Teilnehmern selbst organisiert werden

musste. Die Moderation (lateinisch: Mäßigung)138 beschränkte sich deshalb auf die Er-

läuterung des jeweiligen Arbeitsauftrages, die Beantwortung von Rückfragen und die

Bereitstellung unterstützender Materialien. Um eine Verfestigung der Gruppenstruktu-

ren zu vermeiden, wechselte mehrfach während der Veranstaltung die Zusammenset-

zung der Teilnehmer an den Tischen. Vor dem Übergang zur jeweils nächsten

Arbeitsphase fand mit der Gesamtgruppe im Plenum eine Reflexionsphase statt, bei der

nochmals Gelegenheit zur Kommentierung, Befragung, Erläuterung und Korrektur der

erarbeiteten Ergebnisse bestand. Außerdem bildeten die beiden Nächte jeweils eine

wichtige Zäsur für die Teilnehmer, um die Komplexität der Rahmenbedingungen bzw.

die gemeinsamen Ziele in Ruhe verarbeiten zu können. Diese z.T. unbewusst ablaufen-

den Prozesse konnten im Rahmen der Einführung der Moderation am folgenden

Morgen für die weitere Arbeit reflektiert werden (siehe auch Programm der Zukunfts-

konferenz im Anhang).139

Aus Sicht des Verfassers sind damit im Wesentlichen alle oben erläuterten didaktischen

Kriterien bei der methodischen Umsetzung durch die Moderation berücksichtigt wor-

den. Eine detailliertere Evaluation in Form dieses theoretischen Abgleichs ist nicht

sinnvoll möglich, weil die didaktische und methodische Inszenierung der Zukunftskon-

ferenz von jedem Einzelnen unterschiedlich wahrgenommen und empfunden wurde. Als

beobachterabhängige und interpretierte Wirklichkeit kann daher die Veranstaltung

nachträglich auch wissenschaftlich nicht eindeutig beschrieben und bewertet werden. 140

4.4 Zusammenfassung

Als Zwischenfazit lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass die Zukunftskonferenz

Nahverkehr 21 Düsseldorf durchaus als soziale Interventionsstrategie im ÖPNV ange-

legt ist (vgl. Abbildung 12).

Das zu Grunde liegende Veranstaltungskonzept bietet v.a. hinsichtlich des strategischen

Vorgehens, der Orientierung auf Langzeitwirkungen, des Einbezugs relevanter Akteure,

137 Vgl. Burow 2000: 169, 180-181138 Zum Verständnis von Moderation siehe bei Seifert 1996: 77ff.139 Vgl. iku GmbH 2001: 6, 9-11, 13-15, 20, 23 sowie Weisbord & Janoff 2000: 55140 Vgl. Siebert 1999: 171-174

4.4 Zusammenfassung 51

einer angemessenen Konkretisierung der Interventionziele, der Nutzung von sozialen

Netzen als Verstärkersysteme und der Berücksichtigung von emotionalen Faktoren ent-

sprechende Erfolgspotenziale. Allerdings sind insbesondere bei den Anforderungen an

eine Marktanalyse und –segmentierung im ÖPNV auch Defizite zu verzeichnen, die

sich in der fehlenden Ausarbeitung eines spezifischen Marketing-Mix niederschlagen

(vgl. Kapitel 4.1 und 4.2). Da diese Aufgaben sinnvollerweise im Anschluss an die Ver-

anstaltung nachgeholt werden sollten, wird bereits hier die Notwendigkeit einer Ergän-

zung der Zukunftskonferenz bzw. einer Einbettung in einen weiteren Beteiligungs- und

Ausgestaltungsprozess für einen zukunftsfähigen ÖPNV in Düsseldorf deutlich. In die-

sem Rahmen sind auch noch weitere offene Fragen zu klären: z.B. wie eine professio-

nelle Beratung zur Interventionsplanung und –durchführung eingebunden werden kann

und ob die Prozessstruktur im Fallbeispiel dem katalytischen Potenzial der Zukunft s-

konferenz gerecht wird (siehe hierzu Kapitel 7).

Unter Berücksichtigung wichtiger didaktischer Kriterien aus der Erwachsenenbildung

ist das methodische Vorgehen der Moderation bei der Umsetzung des Veranstaltungs-

konzepts durchgängig als angemessen zu betrachten (vgl. Kapitel 4.3). Damit sind zu-

mindest aus konzeptioneller und methodischer Sicht die wesentlichen Voraussetzungen

für die postulierten sozialpsychologischen Mobilisierungeffekte der Zukunftskonferenz

gegeben. Diese werden nun im folgenden Kapitel auf Grundlage der Befragungsergeb-

nisse ausgewählter Teilnehmern und des Auftraggebers differenzierter betrachtet.

Abbildung 12: Ergebniszusammenfassung der EvaluationsbereicheVeranstaltungskonzept und methodische Umsetzung (Eigene Darstellung)

Veranstaltungskonzept

Methodische Umsetzung

Die Zukunftskonferenzals Interventionsstrategie

Strategisches Vorgehen

Orientierung auf Langzeitwirkungen

Zielgruppen, Entscheidungsträger,Meinungsführer, Multiplikatoren einbeziehen

Marktanalyse & -segmentierung

Konkretisierung der Interventionsziele

Ausarbeitung eines Marketing-Mix

Nutzung sozialer Netze als Verstärkersysteme

Beratung bei Planung undDurchführung von ABC-Interventionen

Berücksichtigung emotionaler Faktoren

ProzessorientierungAnschlussfähigkeit

Perspektivverschränkung

Handlungsrelevanz

Selbstorganisation

Reflexion

Positive Bewertung wegen Berücksichtigung der meisten Kriterien, nur einzelne Defizite & offene Fragen

Generelle Tendenz:

52 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

5.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens als Wirkungsmodell

Um die Mobilisierung von Teilnehmern und Auftraggeber für die gemeinsamen Anlie-

gen der Zukunftskonferenz untersuchen zu können, wird ein Wirkungsmodell zur ind i-

viduellen Handlungsmotivierung benötigt (vgl. Kapitel 3.2). Dieses muss über die

Ausdifferenzierung von kognitiven Überzeugungen, die mit der beabsichtigten Förde-

rung des ÖPNVs in Düsseldorf verbunden sind, auch einen empirisch nachvollziehbaren

Erklärungsansatz bieten. Dafür eignet sich die Theorie des geplanten Verhaltens, die aus

der psychologischen Forschung über den Zusammenhang von Einstellungen und Ver-

halten hervorgegangen ist und die zentrale Aussage beinhaltet: „people intend to per-

form a behaviour if their personal evaluations of it are favorable, if they think that

important others would approve of it, and if they believe that the requisite resources

and opportunities will be available“141. Mit der Einführung des vermittelnden Kon-

strukts der Intention, das im Wesentlichen einer Motivation zum Handeln entspricht,

wird in diesem Wirkungsmodell der häufige Kurzschluss von Wissen und Einstellungen

auf manifestes Verhalten aufgebrochen (vgl. Abbildung 13).142

Abbildung 13: Die Theorie des geplanten Verhaltens (aus Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 96)

141 Ajzen 1988: 144142 Vgl. Rost 1992: 144, 148-149 sowie Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 97-99

5.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens als Wirkungsmodell 53

Die zunächst theoretisch postulierten Beziehungen zwischen den einzelnen Variablen

wurden bereits vielfach empirisch getestet und durch entsprechend hohe und signifi-

kante Korrelationskoeffizienten bestätigt.143 Als Wirkungsmodell bietet die Theorie des

geplanten Verhaltens daher im Rahmen der Evaluation eine solide Grundlage für die

Konzeption der Befragung, auf der die verbal-argumentative Interpretation der empiri-

schen Ergebnisse aufbauen kann. Im Folgenden steht dabei zunächst die Perspektive der

Teilnehmer im Vordergrund, weil bei der Rheinbahn zusätzlich die Sonderrolle als zu-

ständiges Verkehrsunternehmen und Auftraggeber der Zukunftskonferenz zu berück-

sichtigen ist (siehe auch Kapitel 5.5).144

Allerdings wurde die Theorie des geplanten Verhaltens bisher v.a. zur Erklärung einze l-

ner und konkreter Verhaltensweisen angewendet145, so dass die Begrifflichkeiten aus

Abbildung 13 erst auf die zu untersuchende Situation im Fallbeispiel übertragen werden

müssen: Die Interventionsstrategie der Zukunftskonferenz zielt dabei nicht direkt auf

eine verstärkte individuelle Nutzung des ÖPNVs in Düsseldorf ab, sondern strebt zu-

nächst dessen kundenorientierte Ausgestaltung für die Zukunft an. Das Verhalten der

beteiligten Akteure soll daher auf eine Optimierung des ÖPNVs im Sinne der Empfeh-

lungen der Zukunftskonferenz ausgerichtet sein, wobei die unterschiedlichen Kompe-

tenzen und Handlungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sind.146 Dazu müssten aber die

Teilnehmer persönlich motiviert sein, sich für die Umsetzung der erarbeiteten Ergebnis-

se einzusetzen. Diese zentrale Funktion einer sozialpsychologischen Mobilisierung ent-

spricht damit dem Konstrukt der Intention, für das in der Theorie des geplanten

Verhaltens drei wesentliche Einflussfaktoren als Prädiktoren definiert werden: Einstel-

lung, subjektive Norm und wahrgenommene Verhaltenskontrolle.147

Die Einflussfaktoren des Wirkungsmodells

Die Einstellungen der Teilnehmer übernehmen im Wirkungsmodell erst dann eine erklä-

rende Funktion, wenn sie möglichst weitgehend mit dem Intentions- und Verhaltensmaß

korrespondieren. 148 Bezogen auf den Beteiligungsprozess Nahverkehr 21 Düsseldorf ist

daher zu klären, ob die Teilnehmer mit Konzeption, Arbeitsweise und Ergebnissen der

Zukunftskonferenz zufrieden sind und die damit verbundenen Konsequenzen positiv

bewerten (vgl. Kapitel 5.2).

143 Entsprechende Befunde werden in Form von Metaanalysen dargestellt in Ajzen 1988: 113-119, 136-143 sowie bei Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 92-94, 97.144 Vgl. iku GmbH 2001: 33145 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 140-141 oder Ajzen 1988: 137-142146 Vgl. iku GmbH 2001: 3, 5, 33147 Vgl. Ajzen 1988: 132-133 bzw. Rost 1992: 144148 Vgl. Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 88-89

54 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

„Die subjektive Norm repräsentiert die Überzeugung einer Person, dass für sie wichtige

Dritte von ihr erwarten, in einer spezifischen Situation eine spezifische Verhaltensweise

auszuführen bzw. nicht auszuführen.“149 Der Erfolg der Zukunftskonferenz hängt somit

davon ab, inwieweit im Anschluss ein Engagement für die Verbreitung und Umsetzung

der Ergebnisse sichtbar wird, um eine möglichst hohe Akzeptanz für die erarbeiteten

Vorschläge zu erzielen und vielseitige Anstrengungen zur Förderung des ÖPNVs in

Düsseldorf zu stimulieren. Da nicht für jeden einzelnen Befragten alle relevanten Be-

zugsgruppen und deren Erwartungshaltungen im Detail erfasst werden können, wird im

Folgenden allgemeiner von der Anregung sozialer Normen gesprochen (siehe Kapi-

tel 5.3). Damit sind auch Aktivitäten von Akteuren eingeschlossen, die nicht an der Zu-

kunftskonferenz beteiligt waren. Normative Faktoren sind im Rahmen der Evaluation

auch für die längerfristige Aufgabe der Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs

von großer Bedeutung, weil sie über die Dauer der eigentlichen Intervention hinaus

wirksam bleiben. 150

Da die kollektiven Planungsprozesse im ÖPNV nicht unter vollständiger willentlicher

Kontrolle der einzelnen Akteure stehen, reichen Einstellungen und subjektive Normen

als Einflussfaktoren zur Erklärung der Mobilisierungseffekte der Zukunftskonferenz

nicht aus. Daher werden über die wahrgenommene Verhaltenskontrolle auch Überzeu-

gungen der Teilnehmer zu internen und externen Ressourcen bzw. Barrieren für eine

Umsetzung der inhaltlichen Ergebnisse in das Wirkungsmodell einbezogen (Kapitel

5.4). Diese spiegeln darüber hinaus den Einfluss situationaler Rahmenbedingungen bei

der Ausgestaltung des ÖPNVs in Düsseldorf wider, die insbesondere für das letztend-

liche Handeln der Rheinbahn und anderer Entscheidungsträger prägend sein können.151

Die Erfassung individueller Überzeugungen

Die soeben erläuterten Einflussfaktoren geben auch die Struktur für die drei Themen-

bereiche der Interviews mit den 15 ausgewählten Teilnehmern und den 2 Vertretern des

Auftraggebers der Zukunftskonferenz vor. Dabei kommen, wie bereits in Kapitel 3.3

erwähnt, Polaritätsprofile im Wechsel mit offenen Fragen zum Einsatz, um die ve r-

schiedenen Merkmalsausprägungen und deren Intensität bzw. Relevanz für die einze l-

nen Variablen erfassen zu können. Als Assoziationsverfahren dienen die verwendeten

Polaritätsprofile der Bedeutungsanalyse derjenigen individuellen Überzeugungen, die

dem Wirkungsmodell zufolge auf die Mobilisierung für die gemeinsamen Anliegen der

149 Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 89150 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 173, 178, 181-185151 Vgl. Rost 1992: 144; Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 94-97 sowie Ajzen 1988: 132-134

5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz 55

Zukunftskonferenz bezogen sind. Dazu werden jeweils zwei möglichst gegensätzliche

Aussagen vorgegeben, zu denen der Grad der persönlichen Zustimmung auf einer

7stufigen Skala von –3 bis +3 erfragt wird. Die ausgewählten Eigenschaftsdimensionen

strukturieren die Befragung entsprechend dem oben skizzierten Verständnis der Ein-

flussfaktoren aus der Theorie des geplanten Verhaltens vor.152 Der damit verbundene

Ausstrahlungseffekt auf die jeweils anschließenden offenen Fragestellungen ermöglicht

ggf. eine Präzisierung, Überprüfung, Gewichtung oder Ergänzung der Polaritätsprofile

in Form von subjektiven Erklärungen. Bei der Entwicklung des Fragebogens für die

Teilnehmer und des Gesprächsleitfadens für den Auftraggeber wurde insbesondere auf

die sprachliche und inhaltliche Verständlichkeit der Fragen sowie Eindeutigkeit, Aus-

schließlichkeit und Vollständigkeit der Kategorien geachtet. Diese Kriterien wurden bei

den ersten vier durchgeführten Interviews in Form eines Pretests noch einmal überprüft.

Dabei hat sich jedoch kein weiterer Änderungsbedarf mehr ergeben. 153

Für die Auswertung wurden die Ergebnisse der Polaritätsprofile so transformiert, dass

alle Bewertungen mit einem positiven Einfluss auf eine sozialpsychologische Mobilisie-

rung auch ein positives Vorzeichen erhalten und umgekehrt genauso. Dadurch lassen

sich die Häufigkeitsverteilungen zu den einzelnen Punkten besser vergleichen. Bei den

offenen Fragen wurden induktiv Kategorien gebildet, die Antworten entsprechend ko-

diert und ebenfalls die absoluten Häufigkeiten der Nennungen ermittelt.154 In den fol-

genden Kapiteln 5.2 bis 5.4 werden zunächst die Ergebnisse aus der Befragung der

Teilnehmer vorgestellt, bevor in Kapitel 5.5 auf die Perspektive des Auftraggebers ein-

gegangen wird. Schließlich werden die empirisch gewonnenen Erkenntnisse über die

von der Zukunftskonferenz erzielten Mobilisierungseffekte auf Grundlage des Wir-

kungsmodells in Kapitel 5.6 zusammengefasst. Die verwendeten Fassungen des Frage-

bogens/ Gesprächsleitfadens, eine Liste aller Interviewpartner und –termine sowie

sämtliche Gesprächsprotokolle und der Auswertungsbogen sind im Anhang beigefügt.

5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz

Bereits bei der Einstiegsfrage wird deutlich, dass die Teilnehmer auch mehr als vier

Monate nach der Zukunftskonferenz155 fast ausnahmslos eine positive Grundhaltung

152 Vgl. Atteslander 1995: 269-272153 Zu Kriterien der Fragebogenkonstruktion siehe z.B.: Schnell, Hill & Esser 1993: 352-359 und Atteslander 1995: 343-346154 Diese Vorgehensweise orientiert sich an der Beschreibung bei Mayring 1996: 92-94155 Anmerkung des Verfassers: Die telefonischen Befragungen wurden im Juni 2001 durchgeführt.

56 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

Die Zusammensetzung der Teilnehmer/innen ...

0

1 1 1

0

9

3

-3 -2 -1 0 1 2 3... war nicht ausgewogen.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... spiegelte die wichtigsten Interessen zur Weiterentwicklung des ÖPNVs wider.

Abbildung 14: Einstiegsfrage (Eigene Darstellung)

gegenüber der Veranstaltung selbst einnehmen: Die Teilnahme hat ihnen Spaß gemacht

und wird nicht als lästige Verpflichtung angesehen (vgl. Abbildung 14). Besonders her-

vorgehoben werden dabei der gelun-

gene Ablauf (8 Nennungen), die inter-

essante Arbeitsweise, die diversen

Diskussionen, das breite und hetero-

gene Teilnehmer-Spektrum (je 4 Nen-

nungen) sowie die angenehme Atmo-

sphäre und die Dialogbereitschaft

unter den Teilnehmern (jeweils

3 Nennungen). Unter den 9 Ein-

zelnennungen befand sich nur eine

negative Äußerung, die sich auf die

vertretene Inkompetenz auf der Zukunftskonferenz bezog (Interview-Nr. 4). Mit den

folgenden Fragen werden diese Einstellungen der Teilnehmer zur Veranstaltung diffe-

renzierter unter dem Aspekt der möglichen Beeinflussung der Mobilisierung für die

gemeinsamen Anliegen betrachtet.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine positive Identifikation der Beteiligten mit der

Zukunftskonferenz ist die Überzeugung jedes Einzelnen, dass die Zusammensetzung der

Teilnehmer der inhaltlichen Arbeit angemessen war. Diese spiegelte aus Sicht der mei-

sten Befragten die wichtigsten Interessen zur Weiterentwicklung des ÖPNVs wider, nur

2 Leute waren der Meinung, dass sie nicht ausgewogen war (vgl. Abbildung 15). Den-

noch haben aus Sicht von 11 Teilneh-

mern Vertreter weiterer Interessengrup-

pen gefehlt: Am häufigsten werden

dabei die Mehrheitsfraktionen von CDU

und FDP im Stadtrat erwähnt (5 Nen-

nungen), aber auch Ausländer (2 Nen-

nungen) und Einzelhandel, Radfahrer,

Wohnungsbaugesellschaften, Messe,

Flughafen, Medien, Schüler sowie wei-

tere Einzelnennungen. Außerdem sind

mehr Vertreter aus Verwaltung und Po-

litik sowie Bürger aus den Stadtteilen bzw. Bezirksvertretungen gewünscht (je 2 Nen-

nungen).

Abbildung 15: Teilnehmer-Zusammensetzung(Eigene Darstellung)

Die Teilnahme an der Zukunftskonferenz ...

0 0 0

1

0

6

8

-3 -2 -1 0 1 2 3... war eine lästigeVerpflichtung für mich.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... hat mir Spaß gemacht.

5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz 57

Auch bei der Beurteilung von Ablauf

und Arbeitsweise der Zukunftskonferenz

zeigt sich die überwiegende Zufrieden-

heit der Teilnehmer: Während die Steue-

rung durch die Moderation als eindeutig

ergebnisorientiert empfunden wurde

(vgl. Abbildung 16), fallen die Erfahrun-

gen mit der Zusammenarbeit in den

Kleingruppen etwas differenzierter, aber

dennoch positiv aus (vgl. Abbildung 17).

So haben 5 der Befragten auch keine

eigenen Verbesserungsvorschläge. Hinsichtlich der verschiedenen Arbeitsphasen ist in

den Äußerungen einzelner Teilnehmer (Interview-Nr. 7, 12 & 15) eine Präferenz für

eine Straffung der Vorbereitungs- und

Analysephase feststellbar, um mehr Zeit

für die gemeinsame Weiterentwicklung

und Gestaltung des ÖPNVs auf der Zu-

kunftskonferenz zur Verfügung zu ha-

ben. Dazu sei es aber auch erforderlich,

Ergebnisse aus früheren Arbeitsphasen

im weiteren Verlauf wieder aufzugreifen

(vgl. Interview-Nr. 6 & 9). Für die Ar-

beit der Kleingruppen an den Tischen wird eine Moderation sowie eine häufigere bzw.

bessere Durchmischung der Teilnehmer vorgeschlagen. Außerdem besteht das Bedürf-

nis nach mehr Freiraum für die Fortführung der Gespräche in den Pausen (jeweils

2 Nennungen). Unter den 11 Einzelnennungen sind wegen ihrer strategischen Bedeu-

tung v.a. die Forderungen nach einer stärkeren Selbstverpflichtung von Rheinbahn und

Stadt zur Umsetzung im Vorfeld der Zukunftskonferenz, einer besseren Verknüpfung

mit formellen Entscheidungsprozessen sowie einer Einbindung von Fachleuten hervor-

zuheben.

Die Einstellungen der Teilnehmer zu den inhaltlichen Ergebnissen umfasst verschiedene

Aspekte: Fast alle der Befragten sind davon überzeugt, dass die erarbeiteten Ziele und

Maßnahmenvorschläge für einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düssel-

dorf von großer Bedeutung sind (vgl. Abbildung 18). Allerdings seien dabei nur z.T.

Der Ablauf der Veranstaltung ...

0

1

0 0 0

10

4

-3 -2 -1 0 1 2 3... hat die Erarbeitung kon-kreter Ergebnisse behindert.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... war stark ergebnis-orientiert angelegt.

Abbildung 16: Ablauf (Eigene Darstellung)

Die Zusammenarbeit in den Kleingruppen war überwiegend...

1 1

0

1

2

6

4

-3 -2 -1 0 1 2 3... vom Beharren auf gegen-sätzlichen Positionen geprägt.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... konstruktiv.

Abbildung 17: Arbeitsweise (Eigene Darstellung)

58 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

wirklich neue Ideen diskutiert worden

(vgl. Abbildung 19)156. Diese werden

neben den Zukunftsvisionen und dem

Bewusstsein für die Nutzung neuer

Techniken zwar überwiegend positiv

beurteilt (3 Nennungen), vereinzelt aber

auch als zu übertrieben bzw. elek-

troniklastig angesehen (siehe Interview-

Nr. 4). Die Qualität der Ergebnisse liegt

für die Befragten vielmehr in der Beto-

nung von Bürger- bzw. Kundeninteres-

sen, im Konsens über anzustrebene

Verbesserungen und in der Umsetzbarkeit der Vorschläge (je 3 Nennungen). Erneut

wird das offene Dialogklima bei allen Beteiligten erwähnt (3 Nennungen). Dadurch

habe die Zukunftskonferenz zwar ge-

zeigt, dass es durchaus wichtigere Maß-

nahmen und Themen für den künftigen

Nahverkehr als den U-Bahn-Bau gebe,

diese aber in der Praxis eher vernachläs-

sigt würden (2 Nennungen). Inhaltlich

gesehen reicht die Bandbreite der 13

weiteren Einzelnennungen bei den zen-

tralen Ergebnissen der Zukunftskonfe-

renz von der Gestaltung der Fahrzeuge

über die Abstimmung der Verkehrsträger und die Relevanz von Informationen bis hin

zur Nutzbarkeit auch für Mobilitätseingeschränkte. Generell würde mit diesen Vor-

schlägen von Bürgern und Rheinbahn gemeinsam die große Bedeutung des ÖPNVs

sowie die Erfordernis zusätzlicher Investitionen für dessen Ausbau und Nutzung gegen-

über der Stadt dokumentiert.

5.3 Anregung von sozialen Normen

Damit die Empfehlungen der Zukunftskonferenz als soziale Normen bei der Ausgestal-

tung des ÖPNVs in Düsseldorf überhaupt wirksam werden können, sind eine aktive

156 So wurden hier z.B. bei Interview-Nr. 14 gleich zwei Bewertungen (-2 & +2) abgegeben (daher n=16).

Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge sind für einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düsseldorf ...

1

0 0 0

1

9

4

-3 -2 -1 0 1 2 3... nebensächlich.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... von entscheidender Bedeutung.

Abbildung 18: Bedeutung der Ergebnisse(Eigene Darstellung)

Geredet wurde dabei v.a. über ...

1 1

0

1

7

4

2

-3 -2 -1 0 1 2 3

... altbekannte Themen.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

6)

... neue Ideen für den Nahverkehr der Zukunft.

Abbildung 19: Altbekanntes/ Innovationen(Eigene Darstellung)

5.3 Anregung von sozialen Normen 59

Verbreitung der Ergebnisse und ein breites Engagement zu deren Umsetzung erforder-

lich. Ein wichtiger Multiplikator für die öffentliche Wahrnehmung der Zukunftskonfe-

renz ist die Berichterstattung in den Medien. Diese scheint zumindest in der Beurteilung

der Befragten nicht wirklich überzeugend gewesen zu sein. Im Vergleich zu Kapitel 5.2

liegen hier die meisten Bewertungen im neutralen und immerhin 4 Bewertungen im

negativen Bereich der Skala (siehe Abbildung 20). Viele Teilnehmer halten die Bericht-

erstattung für unzureichend in dem Sin-

ne, dass unbeteiligte Dritte wie z.B. ihre

Nachbarn nichts über die Zukunftskon-

ferenz erzählen könnten, wenn sie da-

nach gefragt würden (8 Nennungen).

Allenfalls sei bekannt, dass überhaupt

etwas stattgefunden hat (4 Nennungen).

Inhaltlich gesehen blieben nur Schlag-

worte, Themenblöcke und Vorschläge

mit konkretem Bezug zur ÖPNV-

Nutzung wie z.B. die Niederflurbusbestellung in der Öffentlichkeit präsent (3 Nennun-

gen). Dagegen sei die besondere Bedeutung der Zukunftskonferenz hinsichtlich

Zielsetzung, vertretenen Interessen, Struktur und Ablauf nicht deutlich geworden

(3 Nennungen).

Neben den Medien kommt v.a. den an der Zukunftskonferenz beteiligten Personen, Ins-

titutionen und Organisationen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der gemeinsamen

Anliegen zu. Auch hier fällt die Bewertung durch die Teilnehmer eher verhalten, von

der Tendenz her aber eindeutig positiv aus (vgl. Abbildung 21). Bei dieser Frage ist

zwischen Selbst- und Fremdwahrneh-

mung zu unterscheiden und das Problem

der sozialen Erwünschtheit zu berück-

sichtigen: So sind immerhin 8 der 15

hier erwähnten Interessenvertreter

Selbstnennungen. Dagegen haben 7 der

Befragten kein entsprechendes Engage-

ment bei anderen Akteuren mitbekom-

men. Demnach wären die Themen der

Zukunftskonferenz zumindest innerhalb

Die Berichterstattung über die Zukunftskonferenz in den Medien war ...

0

3

1

6

5

0 0

-3 -2 -1 0 1 2 3

... völlig unzureichend.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... überzeugend.

Abbildung 20: Medien-Berichterstattung(Eigene Darstellung)

Die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz wurden von den beteiligten Institutionen ...

1

0 0

2

8

2 2

-3 -2 -1 0 1 2 3... nicht beachtet.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... weiter verbreitet.

Abbildung 21: Weiterverbreitung der Ergebnisse(Eigene Darstellung)

60 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

der beteiligten Institutionen und Organisationen präsent, sind aber weniger nach außen

weitergetragen worden. Allerdings haben einige Teilnehmer im persönlichen Umfeld

bei Freunden, Verwandten, Kollegen und im Rahmen von ehrenamtlichem Engagement

über die Zukunftskonferenz berichtet (6 Nennungen). Aktivitäten des Auftraggebers

Rheinbahn wie z.B. der Versand der Dokumentation, Aussagen und Artikel in Zeitun-

gen/ Zeitschriften sowie ein Bericht über die ersten Schritte zur Umsetzung bei einem

erneuten Treffen aller Teilnehmer werden insgesamt 5-mal erwähnt. Dabei wird aber

auch von 2 der Befragten bemängelt, dass eine zeitnahe und kompakte Präsentation der

Ergebnisse für die Kommunikation mit Medien und den politischen Fraktionen gefehlt

habe. In diesem Zusammenhang wird eine stärkere Allianz der ÖPNV-Verantwortlichen

bei der Durchführung der Zukunftskonferenz und bei der Verbreitung der Ergebnisse

für sinnvoll gehalten. Wegen der damit verbundenen Multiplikationseffekte sind noch

folgende Einzelnennungen hervorzuheben: die beabsichtigte Information des Verkehr-

sausschusses durch die Stadtverwaltung, die Kontakte zu anderen politischen Parteien

und Interessengruppen im Rahmen der Fraktionsarbeit der SPD im Stadtrat sowie die

Anregung von Diskussionen über die Verbesserungsvorschläge für den ÖPNV unter

den Mitgliedern des Hausfrauenbundes und der Arbeitsgemeinschaft Düsseldorfer Bür-

ger- und Heimatvereine.

Einen weiteren Hinweis auf die Anregung sozialer Normen bietet die Frage nach der

persönlichen Verantwortungsübernahme für die Umsetzung der Ergebnisse. So stimmen

zwei Drittel der Befragten darin überein, dass auf der Zukunftskonferenz ein breites

Bündnis zur Förderung des ÖPNVs geschaffen und nicht nur wenigen Akteuren die

Verantwortung dafür zugeschrieben wurde (vgl. Abbildung 22). Allerdings hat dabei

kein Teilnehmer die maximale positive

Bewertung gewählt, dafür ist 4-mal eine

negative Bewertung auf der Skala ver-

treten. Dennoch sehen 8 Befragte eine

generelle und 6 weitere eine einge-

schränkte Verpflichtung, sich selbst

(weiter) für die Umsetzung der Ergeb-

nisse einzusetzen. Lediglich eine Person

stimmt dem nicht zu, weil man als Ein-

zelner gegen den vorherrschenden Lobbyismus nichts bewegen könne (Interview-Nr. 4).

Im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und Interessens- bzw. Aufgabenbereiche halten

10 Teilnehmer einen aktiven persönlichen Einsatz für angebracht. Andere wollen den

Auf der Zukunftskonferenz wurde ...

2

0

2

1

5 5

0

-3 -2 -1 0 1 2 3... nur wenigen Akteuren Verantwor-tung für den ÖPNV zugeschrieben.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... ein breites Bündnis zur För-derung des ÖPNV geschaffen.

Abbildung 22: Verantwortung für den ÖPNV(Eigene Darstellung)

5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung 61

Umsetzungsprozess eher passiv beobachten und kritisch begleiten (4 Nennungen) bzw.

ihre Kontakte zur Rheinbahn für Rückmeldungen und eigene Vorschläge nutzen (3

Nennungen). Auf Seite der Teilnehmer ist auch die Bereitschaft zu weiteren Gesprächen

und persönlicher Mitarbeit vorhanden. In einem Fall sollen die Erfahrungen mit der Zu-

kunftskonferenz sogar in die eigene Öffentlichkeitsarbeit einfließen (Interview-Nr. 7).

5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung

Die sozialpsychologischen Mobilisierungseffekte werden wesentlich durch die subjekti-

ven Erwartungen der Teilnehmer an die Umsetzbarkeit der erarbeiteten Ziele und Maß-

nahmenvorschläge für den künftigen ÖPNV in Düsseldorf mitbestimmt. Daher wird im

Folgenden auf Einschätzungen zu verschiedenen Kontrollfaktoren in Form von Res-

sourcen und Barrieren für eine Realisierung des Handlungsprogramms eingegangen. So

ist die Mehrzahl der Befragten, wenn auch nur eingeschränkt, davon überzeugt, dass sie

auf die Umsetzung der Ergebnisse persönlich Einfluss nehmen kann (Abbildung 23).

Die Vertreter der eingeladenen Interes-

sengruppen sehen dazu vielfältige Mög-

lichkeiten im Rahmen der laufenden

Aktivitäten ihrer jeweiligen Institution

bzw. Organisation (insgesamt 9 Nen-

nungen), während alle 5 Vertreter des

Bürgerforums eine Mitarbeit bei Folge-

veranstaltungen in den Mittelpunkt stel-

len. Dabei könnten Missstände und Ver-

besserungsvorschläge konkretisiert, die

Umsetzung kontinuierlich begleitet und/ oder mit Fachleuten bzw. Entscheidungsträ-

gern diskutiert werden. Als weitere Handlungsoptionen werden genannt: die Kontakt-

aufnahme zur Rheinbahn bei Anliegen und Problemen im ÖPNV (6 Nennungen); das

Einmischen in die politische Diskussion in Form von Gremienarbeit und Einflussnahme

auf Ausschüsse, Aufsichtsräte von Rheinbahn und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr oder

Bezirksvertretungen (4 Nennungen); die Aufnahme der geforderten Standards in den

Nahverkehrsplan der Stadt Düsseldorf (2 Nennungen) sowie die Mitwirkung durch Ko-

operation mit anderen Beteiligten (1 Nennung).

Eine Umsetzung ist stark vom Umgang der Entscheidungsträger im ÖPNV mit den

Ergebnissen abhängig (siehe hierzu Kapitel 2.1). Auch hier überwiegt die vorsichtig

Auf die Umsetzung der Ergebnisse ...

2

0

1 1

7

4

0

-3 -2 -1 0 1 2 3... habe ich persönlichkeinen Einfluss.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... kann ich selbst hinwirken.

Abbildung 23: Persönlicher Einfluss auf Umsetzung(Eigene Darstellung)

62 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

positive Einschätzung der Teilnehmer, dass diese tendenziell die Empfehlungen der

Zukunftskonferenz aufgreifen werden (siehe Abbildung 24). Unterstützung für die ge-

meinsamen Anliegen wird dabei v.a. von

der Rheinbahn (5 Nennungen), betroffe-

nen Interessenverbänden (3 Nennungen),

ÖPNV-Kunden, SPD sowie der

Industrie- und Handelskammer (jeweils

2 Nennungen) erwartet. Wegen der Be-

rücksichtigung der verschiedenen Inter-

essen sei generell eine breite Unterstüt-

zung möglich (3 Nennungen). Daher

gibt es auch nur 2 Einzelnennungen, die

von einer fehlenden Unterstützung ausgehen, und zwar zum Einen durch die Mehrheits-

fraktionen von CDU und FDP im Stadtrat sowie zum Anderen durch stark betroffene

Gruppen vor Ort wie z.B. Bürgerinitiativen oder Einzelhändler. Doch auch bei den an-

deren Befragten gibt es zumindest Zweifel an der Unterstützung: Wegen der reservier-

ten Haltung von Politik und Stadtverwaltung bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen

entstehe eine Unsicherheit, ob die Umsetzung nicht verschleppt werde bzw. vom öf-

fentlichen Druck, auch durch die Presse, abhänge (6 Nennungen). Außerdem würden

verschiedene Akteure trotz des Konsens auf der Zukunftskonferenz primär ihre Eigen-

interessen im ÖPNV verfolgen (4 Nennungen). Es wird von einigen Teilnehmern be-

fürchtet, dass außer der Rheinbahn kein anderer Entscheidungsträger tätig werde

(3 Nennungen) und auch diese die Unterstützung nur eingeschränkt bzw. nicht mit ge-

nügend Nachdruck betreibe (2 Nennungen).

Vor diesem Hintergrund halten die meisten Befragten das Handlungsprogramm der Zu-

kunftskonferenz zwar nicht für vollständig, aber im Wesentlichen doch für umsetzbar.

Negative Bewertungen, die von gar keiner Realisierbarkeit ausgehen, fehlen dagegen

fast ganz (vgl. Abbildung 25). Dafür wird stärker nach den einzelnen Maßnahmenvor-

schlägen differenziert: Nach Meinung der Teilnehmer wird v.a. der bereits geplante

Netzausbau mit der Wehrhahnlinie umgesetzt werden (6 Nennungen). Darüber hinaus

könnten viele kleine Verbesserungen, die allerdings auch keine großen Veränderungen

bewirken, kurz- bis mittelfristig realisiert werden (5 Nennungen). Neben 5 Einzelnen-

nungen werden wahrscheinlich v.a. technische Verbesserungen, insbesondere die Ein-

führung von Niederflurfahrzeugen, umgesetzt (4 Nennungen), die Möglichkeiten der

Telematik für dynamische Fahrgastinformationen genutzt (3 Nennungen), Sicherheits-

Die Empfehlungen der Zukunftskonferenz werdenvon wichtigen Entscheidungsträgern im ÖPNV ...

1 1

0

2

6

5

0

-3 -2 -1 0 1 2 3

... nicht mitgetragen.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... bereitwillig aufgegriffen.

Abbildung 24: Unterstützung Entscheidungsträger(Eigene Darstellung)

5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung 63

maßnahmen wie z.B. Notrufmöglich-

keiten verstärkt (3 Nennungen), das

Electronic Ticketing eingeführt (2 Nen-

nungen), Anschlüsse und Ergänzungs-

linien (2 Nennungen) sowie die behin-

dertengerechte Ausstattung (2 Nennun-

gen) verbessert. Als ausschlaggebende

Gründe für die Umsetzung werden am

häufigsten genannt, dass die Maßnahmen

ohnehin schon vorgesehen waren bzw. an

ihnen bereits gearbeitet wird (9 Nennungen). Der U-Bahn-Bau für die Wehrhahnlinie

werde darüber hinaus von den Parteien unterstützt und sei bereits in den Nahverkehr-

splan aufgenommen worden (2 Nennungen). Wegen des Konsensprinzips seien die

meisten Vorschläge sehr realitätsbezogen gewesen (2 Nennungen). Generell habe die

durch das Handlungsprogramm eingeforderte Kundenorientierung eine große Bedeu-

tung für die Innovations- und Zukunftsfähigkeit des ÖPNVs, die durch positive Anreize

aus der Wettbewerbssituation und der Kooperationsbereitschaft im Verkehrsverbund

unterstützt werde (2 Nennungen). Weiterhin erfolge eine Umsetzung nur dann, wenn die

Ergebnisse der Zukunftskonferenz der Legitimation eigener Forderungen dienten oder

wenn sie in der alleinigen Zuständigkeit der Rheinbahn lägen (je 1 Nennung).

Keine Umsetzung ist dagegen nach Meinung der Befragten bei den Ampelvorrang-

schaltungen für den ÖPNV zu erwarten (4 Nennungen). Auch bei der Verbesserung der

Zugänglichkeit für Mobilitätsbehinderte, den Vorschlägen um die Wehrhahnlinie he r-

um, der Ausweitung der Nachtverkehre, der weiteren Individualisierung des ÖPNVs

(jeweils 2 Nennungen) sowie bei 4 weiteren Einzelnennungen werden keine Chancen

für eine Realisierung gesehen. Als Hauptgründe für eine mögliche Nicht-Umsetzung

werden genannt: die hohen Kosten und geringen Erträge bei einem generell zu knappen

Finanzrahmen für den ÖPNV (7 Nennungen); zu viele Widerstände in Politik und Ver-

waltung, insbesondere bei Behinderungen des Autoverkehrs (4 Nennungen); überzoge-

ne Forderungen bzw. Utopien (2 Nennungen); zu große Zeitvorgaben für die

Umsetzung (2 Nennungen). Unter den 8 weiteren Einzelnennungen sind noch folgende

Einschätzungen hervorzuheben: dass die Zukunftskonferenz v.a. eine Public-Relations-

Veranstaltung gewesen sei, dass die Umsetzung auch von der Resonanz der Fahrgäste

abhänge und dass die Rücksichtnahme bei formellen Entscheidungsprozessen nicht si-

cher gestellt sei.

Das Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz halte ich für ...

0 0

1

3

7

4

0

-3 -2 -1 0 1 2 3... gar nicht realisierbar.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... vollständig umsetzbar.

Abbildung 25: Umsetzbarkeit Handlungsprogramm(Eigene Darstellung)

64 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

Trotz dieser eher vorsichtigen und sehr differenzierten Einschätzungen von Kontroll-

faktoren zur Umsetzung wird die Zukunftskonferenz bei der Abschlussbewertung durch

die Teilnehmer als eine effektive Beteiligungsmöglichkeit bei der Ausgestaltung des

künftigen ÖPNVs in Düsseldorf wahrgenommen und fast durchgängig positiv beurteilt

(vgl. Abbildung 26). Bei den meisten Befragten (14 Nennungen) wird diese Einschä t-

zung durch einen individuellen Nutzen

begünstigt, den sie mit ihrer Teilnahme

an der Zukunftskonferenz verbinden.

Dazu zählt insbesondere die breite Dis-

kussion und spannende Auseinanderset-

zung mit der Thematik des ÖPNVs

(8 Nennungen). Darüber hinaus betonen

knapp die Hälfte der befragten Teilneh-

mer, dass sie durch die Verständigung

über Probleme, Möglichkeiten und

Grenzen dazugelernt haben (7 Nennungen). Weitere 7 Nennungen beziehen sich auf die

Nutzung der direkten Kontakte zu Institutionen, Organisationen und ÖPNV-Kunden für

persönliche Gespräche. Die Teilnahme habe sich auch wegen der breiten Beteiligung

und Öffnung für verschiedene Interessen (6 Nennungen), der anregenden Arbeitsweise

und der ergebnisorientierten Steuerung (4 Nennungen) sowie der Möglichkeit zum Ein-

bringen der eigenen Anliegen (3 Nennungen) gelohnt. Unter den 7 weiteren Nennungen

ist besonders die beabsichtigte Nutzung der Erfahrungen für die Aufstellung des Ver-

kehrsentwicklungsplans der Stadt Düsseldorf zu erwähnen. Lediglich für einen der Be-

fragten (Interview-Nr. 4) hat sich die Teilnahme an der Zukunftskonferenz nicht

gelohnt, weil die Umsetzung außer bei den bereits vorher beschlossenen Maßnahmen

wegen der fehlenden Finanzierung ausbleibe und ansonsten nur unbedeutende Themen

verhandelt worden seien.

Zum Abschluss des Telefoninterviews bestand für die Teilnehmer noch die Möglich-

keit, ihre bisherigen Aussagen zu ergänzen. Davon machten insgesamt 6 Befragte Ge-

brauch, wobei sich 4 Nennungen auf ein prozesshaftes Vorgehen beziehen, das eine

Fortsetzung des Dialogs notwendig mache: Vorgeschlagen wird u.a. ein informeller

Austausch über die Umsetzung der Ergebnisse, ein Treffen zur Evaluierung oder eine

Wiederholung der Zukunftskonferenz.

Für die Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorf war die Zukunftskonferenz eine ...

1

0 0 0

6

4 4

-3 -2 -1 0 1 2 3... unbedeutende Dialogveranstaltung.

Abs

olut

e H

äufig

keit

(n=1

5)

... effektive Beteiligungsmöglichkeit.

Abbildung 26: Abschlussbewertung(Eigene Darstellung)

5.5 Die Perspektive des Auftraggebers 65

5.5 Die Perspektive des Auftraggebers

Der Rheinbahn wird als Auftraggeber der Zukunftskonferenz und als zuständiges Ver-

kehrsunternehmen eine besondere Verantwortung für die künftige Ausgestaltung des

ÖPNVs in Düsseldorf zugeschrieben. In einer passiven Beraterrolle waren insgesamt

sieben Vertreter, einschließlich des Vorstandsvorsitzenden, während der gesamten Zeit

auf der Zukunftskonferenz anwesend und haben die Teilnehmer bei besonderem Infor-

mationsbedarf unterstützt, sich aber nicht aktiv an der Erarbeitung der inhaltlichen

Ergebnisse beteiligt.157 Die Rheinbahn steht nun vor dem Problem, ob und inwieweit sie

die Diskrepanz zwischen dem derzeitigen Ist-Zustand und dem von der Zukunftskonfe-

renz definierten Soll-Zustand des Düsseldorfer Nahverkehrs überwinden kann und will.

Die Motivation, sich für die Umsetzung der erarbeiteten Empfehlungen einzusetzen,

beruht zum Einen auf den gleichen Einflussfaktoren wie bei den Teilnehmern. Zum

Anderen hängt die Bedeutung der Zukunftskonferenz für die Rheinbahn von den Be i-

trägen zum Problemlösungsprozess bei Planungen im ÖPNV ab.158 Für die Konzeption

und Auswertung der Interviews mit der Rheinbahn wird daher das Wirkungsmodell der

Theorie des geplanten Verhaltens an späterer Stelle noch weiter ausdifferenziert.

Gegenüberstellung der Antworten von Auftraggeber und Teilnehmern

Die Gesprächspartner bei der Rheinbahn waren beide auf der Zukunftskonferenz anwe-

send und vertreten in leitenden Funktionen die Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit und

Betriebsplanung. Während bei der ersten die Federführung für die Konzeption und

Durchführung liegt, ist die zweite eher für die Umsetzung der Ergebnisse verantwort-

lich. Um die Perspektiven von Auftraggeber und Teilnehmern miteinander vergleichen

zu können, wurden in Abbildung 27 für die Rangskala bei den Polaritätsprofilen die

Mediane aus den Bewertungen der Teilnehmer ermittelt159 (linke Darstellung mit Rau-

ten) und den Bewertungen aus den beiden Rheinbahn-Interviews (rechte Darstellung mit

Kreisen und Dreiecken) gegenübergestellt. Auf die Frage nach dem persönlichen Ein-

fluss auf die Umsetzung wurde beim Auftraggeber verzichtet.

So stimmen Auftraggeber und Teilnehmer in ihren positiven Einstellungen gegenüber

der Zukunftskonferenz weitestgehend überein (vgl. Kapitel 5.2). Dabei wird von Seiten

der Rheinbahn besonders das persönliche Engagement und das große Interesse aller

Beteiligten hervorgehoben. Konzeptionell gesehen sei auch die Zusammensetzung der

157 Vgl. iku GmbH 2001: 8158 Siehe hierzu ausführlicher bei Rost 1992: 145-149159 Als Median oder Zentralwert wird derjenige Merkmalswert bezeichnet, der eine der Größe nach geordnete Reihe von Merkmalswerten halbiert. Bei 15 Bewertungen ist das jeweils der 8. Wert.

66 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

Teilnehmer ausgewogen gewesen. Obwohl kurzfristig einige Ersatzkandidaten insbe-

sondere aus dem Bürgerforum gewonnen werden mussten, sei durch die Orientierung an

den vorformulierten Interessen das Nahverkehrssystem ausreichend repräsentiert gewe-

sen. Durch weitere Absagen hätten allerdings die Befürworter einer ÖPNV-Förderung

auf der Zukunftskonferenz überwogen. Wegen der Außenwirkung wäre auch die Teil-

nahme der fehlenden Vertreter der Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP im Stadtrat

als Entscheidungsträger wichtig gewesen. Mit dem ergebnisorientierten Ablauf zeigt

sich die Rheinbahn zufrieden. Aufgrund des Vorlaufs durch das Bürgerforum sei in den

Kleingruppen auch eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Laien und Fachleuten

möglich gewesen. Zur besseren Orientierung bräuchten die Teilnehmer aus Sicht der

Rheinbahn im Vorfeld und während der Veranstaltung mehr Informationsinput. Auch

eine Straffung des Programms wird für möglich gehalten. Beide Interviewpartner beto-

nen aber ansonsten die guten Moderationsleistungen. Die erarbeiteten Ziele und Maß-

nahmenvorschläge halten sie genau so wie die Teilnehmer bezogen auf Verbesserungen

bei Kundenorientierung und Attraktivität des Düsseldorfer ÖPNVs für bedeutsam. Al-

lerdings besteht für die Rheinbahn das zentrale Ergebnis der Zukunftskonferenz v.a. in

der Bestätigung und Unterstützung der eigenen Anliegen und Projekte sowie in deren

Gewichtung bzw. Priorisierung durch die Teilnehmer. Zwar habe es auch überraschend

Mediane der Teilnehmer-Bewertungen Bewertungen des Auftraggebers

-3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3

-3 -2 -1 0 1 2 3 -3 -2 -1 0 1 2 3

Teilnahme alslästige Verpflichtung

TN-Zusammensetzungnicht ausgewogen

Erarbeitung konkreterErgebnisse behindert

Beharren auf gegen-sätzlichen Positionen

Inhaltliche Ergebnissenebensächlich

V.a. über altbekannteThemen geredet

Medien-Berichterstat-tung völlig unzureichend

Anliegen werdennicht beachtet

Nur wenigen AkteurenVerantwortung zugeschrieben

Kein persönlicherEinfluss auf Umsetzung

Entscheidungsträger tragenEmpfehlungen nicht mit

Handlungsprogrammgar nicht realisierbar

Zukunftskonferenz: unbedeu-tende Dialogveranstaltung

Medien-Berichterstat-tung überzeugend

WichtigsteInteressen vertreten

Ablauf starkergebnisorientiert

Konstruktive Zusam-menarbeit der TN

Inhaltliche Ergebnissevon großer Bedeutung

V.a. über neueIdeen geredet

Eigene Hinwirkung aufUmsetzung möglich

Anliegen werdenweiter verbreitet

Breites Bündnis f. ÖPNV-Förderung geschaffen

Teilnahme hatSpaß gemacht

Entscheidungsträgergreifen Empfehlungen auf

Handlungsprogrammvollständig umsetzbar

Zukunftskonferenz: effek-tive Beteiligungsmöglichkeit

Einstellungen

Soziale

Norm

enK

ontroll-faktoren

Abbildung 27: Die Polaritätsprofile von Teilnehmern und Auftraggeber im Vergleich(Eigene Darstellung)

5.5 Die Perspektive des Auftraggebers 67

viele neue Ideen für den Nahverkehr gegeben (Bewertung 1 bzw. 2). Zum überwiegen-

den Teil sei aber über altbekannte Themen (Bewertung –2 bzw. –3)160 geredet worden.

Dies werde z.B. an den Bereichen Fahrgastinformation und Ausstattungskomfort deut-

lich, denen die Teilnehmer einen unerwartet höheren Stellenwert beigemessen hätten als

dem eigentlichen Kerngeschäft wie der Planung von Linienführungen, Takten und Be-

triebszeiten (vgl. Rheinbahn-Interview Nr. 2).

Auch bei den Fragen bezüglich der Anregung sozialer Normen ist eine Übereinstim-

mung der Einschätzungen von Auftraggeber und Teilnehmern zu erkennen (vgl. Kapi-

tel 5.3). Die Qualität der Berichterstattung in den Medien wird von der Rheinbahn eben-

falls als nicht besonders überzeugend empfunden. Die unbeteiligte Öffentlichkeit habe

daher die besondere Konzeption der Zukunftskonferenz und das hohe Engagement der

Beteiligten nicht wahrgenommen und könne, falls überhaupt, nur sehr vage von der

Veranstaltung und den Ergebnissen berichten. Ein Engagement zur Weiterverbreitung

der Anliegen der Zukunftskonferenz werde durch Anrufe und Gespräche mit einzelnen

Teilnehmern und durch eigene Aktivitäten der Rheinbahn belegt. Dabei würden v.a. die

Vertreter des Bürgerforums die Forderungen nach einer Attraktivierung des ÖPNVs

aufgreifen, während das Engagement von Dritten etwas vermisst werde. Die Rheinbahn

habe sich zunächst auf klassische Pressearbeit und die Erstellung einer Dokumentation

sowie einer Broschüre konzentriert. Die interne Verbreitung der Ergebnisse stehe dage-

gen noch aus. Einen Multiplikationseffekt habe auch ein Gespräch zwischen dem

Rheinbahn-Vorstand und dem Aufsichtsratsvorsitzenden gebracht, weil dieser auch die

Mehrheitsfraktion im Stadtrat und den Verkehrsausschuss leite. Unklar bleibt die Be-

wertung des Auftraggebers bezüglich der Zuschreibung von Verantwortung für die För-

derung des ÖPNVs auf der Zukunftskonferenz: liegt sie bei wenigen Akteuren (-2) oder

wurde ein breites Bündnis geschaffen (2)? Auf jeden Fall sehen beide Gesprächspartner

zumindest eine latente Verpflichtung der Rheinbahn, sich für die fortlaufende Prüfung

der Umsetzung im eigenen Betrieb einzusetzen. Zu der Selbstverpflichtung des Vor-

stands komme eine Erwartungshaltung von außen, die aber nicht zu einem Aktionismus

führen, sondern für eine strategische Durchsetzung von Veränderungen im ÖPNV ge-

nutzt werden solle, um bei passender Gelegenheit Akzente setzen zu können.

Der Auftraggeber teilt im Wesentlichen die Einschätzungen der Teilnehmer von einzel-

nen Kontrollfaktoren zur Umsetzung (vgl. Kapitel 5.4). Insbesondere die Unterstützung

160 Beide Gesprächspartner wollten sich bei dieser Frage nicht auf einen Wert festlegen. Zur besseren Übersichtlichkeit der Darstellung in Abbildung 27 wurden daher die einzelnen Bewertungen auf der Skala zu –3 + 2= –1 bzw. –2 + 1 = –1 zusammengefasst.

68 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

von Empfehlungen der Zukunftskonferenz durch andere Entscheidungsträger wird ähn-

lich skeptisch beurteilt: Das derzeitige politische Klima in Düsseldorf sei nicht förder-

lich für den ÖPNV. Insbesondere bei konkreten Projekten vor Ort seien häufig andere

Interessen ausschlaggebend. Offenheit und Interesse gebe es aber durchaus bei der

Fachverwaltung, der SPD und Bündnis90/ Die Grünen. Entsprechend zurückhaltend

erfolgt die Beurteilung der Umsetzbarkeit des Handlungsprogramms: Umgesetzt werde

hauptsächlich, wo die Realisierung in den Händen der Rheinbahn liege oder Koopera-

tionsbereitschaft vorhanden sei (z.B. Beschaffung, Informationssysteme). Dagegen

würden größere Maßnahmen, die in die Infrastruktur der Stadt eingreifen und/ oder de-

ren Finanzierung politisch umstritten sein dürfte (z.B. Takthalbierung, Rheinquerung),

eher nicht umgesetzt werden. Daher werden die Handlungsmöglichkeiten, um die An-

liegen der Zukunftskonferenz bei der Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düssel-

dorf einzubringen, vorrangig im eigenen Unternehmen gesehen. Hier solle die

Umsetzbarkeit in Form der Einbindung in eigene Konzepte unmittelbar geprüft werden.

Im Rahmen der ständigen Kontakte könnten darüber hinaus die Ergebnisse auch mit der

Stadtverwaltung und den politischen Fraktionen verhandelt werden, um ggf. eine Be-

rücksichtigung bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplans zu erreichen. Hier sei die

Selbstsicherheit der Rheinbahn, bestimmte Dinge zu fordern, durch die Zukunftskonfe-

renz gestiegen. Diese wird daher vom Auftraggeber auch insgesamt als eine effektive

Beteiligungsmöglichkeit im ÖPNV angesehen, einmal mit völliger und einmal mit ten-

denzieller Zustimmung. Für die Rheinbahn könne der Nutzen nicht nur an den Inhalten

festgemacht werden. Diese hätten zwar Prioritäten für die eigene Unternehmenstätigkeit

gesetzt und Botschaften in Richtung Politik formuliert. Wegen des prospektiven und

allgemeinen Charakters der erarbeiteten Empfehlungen fehle aber der konkrete Bezug

zum Tagesgeschäft. Zusammen mit dem Bürgerforum habe die Zukunftskonferenz als

positives Ereignis daher v.a. wichtige Image- und Public-Relations-Effekte erzielt, mit

denen auch skeptische Meinungsbildner und Multiplikatoren erreicht worden seien.

Erweitertes Wirkungsmodell zur Handlungsmotivierung der Rheinbahn

Die oben dargestellten drei Einflussfaktoren aus der Theorie des geplanten Verhaltens

finden sich auch im erweiterten Wirkungsmodell für die Handlungsmotivierung der

Rheinbahn wieder (vgl. Abbildung 28): Die weitgehend positiven Einstellungen zur Zu-

kunftskonferenz ermöglichen eine entsprechende Wertschätzung der dort artikulierten

Kundenbedürfnisse durch den Auftraggeber beim Problemlöseprozess im Düsseldorfer

ÖPNV. Die Zusammenarbeit mit den Teilnehmern habe diesbezüglich aber nur wenig

neue Erkenntnisse gebracht (Bewertung -1 bzw. 1). Dafür seien bei der Beschreibung

5.5 Die Perspektive des Auftraggebers 69

der Rahmenbedingungen und des Ist-Zustands die wesentlichen Problemstellungen für

den ÖPNV in Düsseldorf identifiziert worden (Bewertung 2 bzw. 3). Beide Inter-

viewpartner sind sich auch bei der Bedeutung der erarbeiteten Ziele und Maßnahmen-

vorschläge einig, dass diese für die Prioritätensetzung bei der Rheinbahn hilfreich seien

(2x Bewertung 2), obwohl vereinzelt neue Entscheidungs- und Abwägungskonflikte

provoziert worden seien (zusätzliche Bewertung –1).

Abbildung 28: Erweiterung des Wirkungsmodells zur Handlungsmotivierung (aus Rost 1992: 147)

Die Anregung sozialer Normen schlägt sich v.a. in der Zuschreibung von Verantwor-

tung für den Umgang mit den Ergebnissen der Zukunftskonferenz nieder. Diese wird

beim Auftraggeber zumindest in der Verpflichtung zur Prüfung der Umsetzbarkeit der

Empfehlungen im eigenen Unternehmen wahrgenommen. Darüber hinaus solle der

Dialog mit den Teilnehmern weitergeführt werden (Bewertung 1 bzw. 2). Die Rhein-

bahn kann sich dazu weitere Gesprächsgelegenheiten bei Folgetreffen zur Information

über den aktuellen Stand der Umsetzung vorstellen. Auch zur Konkretisierung der In-

halte müssten Kunden, Verbände etc. noch mehr eingebunden werden. Dafür kämen

aber eher andere Beteiligungsformen wie z.B. ein Fahrgastbeirat in Betracht. Für die

Erzielung von Imageverbesserungen habe sich bei der Zukunftskonferenz die Einbin-

dung einer Agentur bei Vorbereitung, Abstimmungen und Durchführung bewährt, auch

wenn die dabei verfolgte Public Relations - Strategie durchaus selbstkritisch beurteilt

wird (vgl. Rheinbahn-Interview Nr. 1).

Die Handlungsmotivierung des Auftraggebers ergibt sich gemäß dem erweiterten Wir-

kungsmodell nicht automatisch aus dem verfügbaren Wissen für Problemlösungen im

70 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

Rahmen von ÖPNV-Planungen. Durch die formulierten Ansprüche an den Nahverkehr

der Zukunft ist eine kognitive Diskrepanz zwischen dem normativen Soll-Zustand und

dem wahrgenommenen Ist-Zustand in Düsseldorf entstanden. Die beiden Gesprächs-

partner sehen aber die bisherigen Bemühungen der Rheinbahn zur Erreichung entspre-

chender Qualitätsverbesserungen durch die Zukunftskonferenz eindeutig gestärkt (2x

die maximale positive Bewertung 3). Der damit verbundene Mobilisierungseffekt wird

allerdings durch die eher vorsichtigen Kontrollüberzeugungen zur Umsetzung der Er-

gebnisse relativiert (siehe oben), insbesondere was die unsichere Unterstützung durch

politische Entscheidungsträger betrifft. Auch der Einfluss weiterer situationaler Fakto-

ren auf die Handlungsmöglichkeiten des Auftraggebers zur Ausgestaltung eines zu-

kunftsfähigen ÖPNVs in Düsseldorf bleibt unklar. Aus Sicht der Rheinbahn sei aber

zumindest der Arbeits- und Kostenaufwand für die Umsetzung bezogen auf die damit

erzielbaren Verbesserungen im ÖPNV tendenziell gerechtfertigt (Bewertung 1 bzw. 3).

5.6 Zusammenfassung

Als wesentliches Ergebnis der Untersuchung der sozialpsychologischen Mobilisie-

rungseffekte (vgl. Abbildung 29) lassen sich zunächst einige generelle Tendenzen fest-

halten: Fast alle Befragten nehmen eine positive Grundhaltung gegenüber der

Zukunftskonferenz ein. Diese wird v.a. durch die persönliche Überzeugung geprägt,

dass für sie mit der effektiven Beteiligungsmöglichkeit zur Ausgestaltung des künftigen

ÖPNVs in Düsseldorf auch ein individueller Nutzen verbunden war. Bei den einzelnen

Einschätzungen besteht eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Teilnehmern und

Auftraggeber. Auf beiden Seiten gibt es darüber hinaus eine Bereitschaft zur weiteren

Zusammenarbeit.

Bei der Auswertung der Befragungen wurde nach den verschiedenen Einflussfaktoren

aus der Theorie des geplanten Verhaltens differenziert (siehe Kapitel 5.1): Während die

Einstellungen zu Teilnehmer-Zusammensetzung, Ablauf und Arbeitsweise sowie den

inhaltlichen Ergebnissen der Zukunftskonferenz durchgängig positiv ausfallen (vgl.

Kapitel 5.2), hält sich das Meinungsbild zur erfolgten Anregung sozialer Normen eher

die Waage (siehe Kapitel 5.3). Übereinstimmend wird die Wahrnehmung der Zukunft s-

konferenz in der Öffentlichkeit als unzureichend empfunden, was sich u.a. auf die mä-

ßige Berichterstattung in den Medien zurückführen lässt. Auch das Engagement zur

Weiterverbreitung der Ergebnisse muss eher zurückhaltend beurteilt werden, weil es

kaum mit einer Außenwirkung verbunden war. Positiv dagegen ist hervorzuheben, dass

fast alle Befragten sich eine gewisse Verantwortung für die Umsetzung der Ergebnisse

5.6 Zusammenfassung 71

zuschreiben. Allerdings deuten die Einschätzungen von Kontrollfaktoren auch auf er-

hebliche Barrieren für eine Umsetzung hin (vgl. Kapitel 5.4): Die eigenen Handlungs-

möglichkeiten sind beschränkt und eine Unterstützung durch Entscheidungsträger

zumindest unsicher, so dass begründete Zweifel an der Umsetzbarkeit des Handlungs-

programm bestehen.

Abbildung 29: Ergebniszusammenfassung der Befragungenvon Teilnehmern und Auftraggeber (Eigene Darstellung)

72 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte

Aus Sicht des Auftraggebers kommen allerdings weitere positiv unterstützende Fakto-

ren einer Mobilisierung für die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz hinzu

(siehe Kapitel 5.5): Zwar gab es nur z.T. neue Erkenntnisse über Kundenbedürfnisse im

ÖPNV. Dafür wurden aber diesbezüglich die wesentlichen Problemstellungen in Düs-

seldorf identifiziert. Außerdem werden die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschlä-

ge als hilfreich für die Prioritätensetzung bei der Rheinbahn erachtet. Neben diesen

Beiträgen zum Problemlösungsprozess im ÖPNV tragen auch die Stärkung der eigenen

Bemühungen durch die Zukunftskonferenz wesentlich zur Handlungsmotivierung des

Auftraggebers bei. Hinzu kommen eine positive Bewertung des Aufwand-Nutzen-

Verhältnisses für die Umsetzung wegen der erzielbaren Verbesserungen im ÖPNV.

Nicht zuletzt motivieren die erreichten Image- und Public Relations - Effekte der Zu-

kunftskonferenz die Rheinbahn zu einer Fortsetzung des Dialogs.

Auf Grundlage des vorgestellten Wirkungsmodells lässt sich somit durchaus das Fazit

ziehen, dass sowohl bei den Teilnehmern als auch beim Auftraggeber sozialpsychologi-

sche Mobilisierungseffekte eingetreten sind. Knackpunkte ergeben sich allerdings v.a.

aus der fehlenden Einbindung der Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP im Stadtrat.

Auch die Multiplikationswirkung im Anschluss an die Zukunftskonferenz hätte größer

sein können. Schließlich bleiben erhebliche Unsicherheiten bei der Umsetzung der Er-

gebnisse bestehen. Dabei bietet die positive Grundhaltung aller Beteiligten ein großes

Potenzial für die weitere Zusammenarbeit zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen

ÖPNVs in Düsseldorf. Dieses ist im Anschluss an die Zukunftskonferenz vom Auftrag-

geber nicht für eine Weiterverbreitung der gemeinsamen Anliegen genutzt worden. Ein

weiteres Defizit im Fallbeispiel ist die erwartete Beschränkung der Umsetzung auf die

Prüfung der Realisierbarkeit von erarbeiteten Maßnahmenvorschlägen allein durch die

Rheinbahn. Dadurch wird bei der Einschätzung der entsprechenden Kontrollfaktoren

eine gewisse Skepsis erzeugt, die sich tendenziell negativ auf die Mobilisierung weiterer

Beteiligter für ein aktives Engagement zur Förderung des ÖPNVs in Düsseldorf aus-

wirkt.

So ergeben sich aus diesen Evaluationsergebnissen im Zusammenhang mit den Mobili-

sierungseffekten der Zukunftskonferenz Fragen nach einer verstärkten Anregung sozia-

ler Normen und der Entwicklung einer angemessenen Public Relations - Strategie für

den weiteren Umsetzungsprozess (siehe hierzu Kapitel 7). Im folgenden Kapitel wird

aber zunächst die Qualität der in Düsseldorf erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvor-

schläge charakterisiert, um beurteilen zu können, inwieweit sie eine geeignete inhalt-

liche Grundlage für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs darstellen.

6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick 73

6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse

6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick

Um die inhaltlichen Beiträge der Zukunftskonferenz zur Ausgestaltung eines zukunft s-

fähigen ÖPNVs in Düsseldorf besser einschätzen zu können, werden zunächst die

erarbeiteten Ziele und Maßnahmen kurz vorgestellt. Ob deren Umsetzung tatsächlich

eine wirksame ÖPNV-Förderung ermöglichen wird, kann im Rahmen dieser Evaluation

nicht abschließend bewertet werden. Stattdessen werden zur Charakterisierung der

Qualität des Handlungsprogramms folgende Kriterien herangezogen:

Ø Neuigkeitswert der inhaltlichen Ergebnisse,

Ø gewählte Interventionsformen und

Ø angestrebte Verbesserungen im Nahverkehrssystem.

Die Konsensziele zur Weiterentwicklung des ÖPNVs in Düsseldorf wurden von den

Teilnehmern bei der Erarbeitung von Maßnahmenbausteinen wieder aufgegriffen und

konkretisiert. Die Liste in Tabelle 6 ist nach den entsprechenden Oberbegriffen sor-

tiert.161 Hinter jedem Vorschlag ist vermerkt, ob die dahinter stehende Idee bereits im

ersten Nahverkehrsplan (kurz: NVP) erwähnt wird, den der Rat der Stadt Düsseldorf im

Dezember 1997 beschlossen hat. Ebenso wird ergänzt, wenn die Maßnahme in der

Fachliteratur zur ÖPNV-Förderung (kurz: Lit.) dokumentiert ist.

Tabelle 6: Die Vorschläge aus dem Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21(Eigene Darstellung, Daten aus iku GmbH 2001: 27-32)

Vorschlag SeiteNVP?162

Lit.?163

Wirtschaftlichkeit, Preise, Finanzierung

(a1) Festlegung der Versorgungsqualität durch die Politik bis zur Wettbewerbseinführung: Fahrzeuge, Bedienungshäufigkeit, Sozialstandards, Service

(ü)164

(a2) Preisstabilisierung durch verstärkte Wirtschaftlichkeit und ... 28, 64 X: 195

(a3) ... durch Werbung, z.B. mit interaktiven Info-Screens an Haltestellen und in Fahrzeugen - Z165

(a4) Mobilitätsabgabe von Unternehmen und Bürgern - Y: 63166

(a5) Kooperation mit Veranstaltern, anderen Mobilitätsdienstleistern und Unternehmen 58-60 Z167

161 Vgl. iku GmbH 2001: 26162 Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf Landeshauptstadt Düsseldorf 1998.163 Legende der verwendeten Literaturquellen: X = Werner 2000 und Y = Pez 1998 (jeweils mit Seitenangaben); Z = Sonstige (einzelne Fußnoten)164 Sollte im Rahmen der Aufstellung von Nahverkehrsplänen erfolgen (vgl. Kapitel 2.1).165 Siehe z.B. Reinertz 2001: 65-66166 Zu diesem Finanzierungsinstrument für den ÖPNV liegt auch eine Dissertation vor: Klein 1998.167 Vgl. Sterzenbach 1995: 196-199 sowie Czako 2001: 40-42

74 6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse

Vorschlag SeiteNVP?162

Lit.?163

Fahrzeit und Fahrplan

(b1) Vorrangschaltungen an Ampeln mit An- und Abmeldung 24, 45, 103, 107 Y: 68, 286

(b2) Optimale Umsteigebeziehungen (max. 2 Minuten Wartezeit) 78, 104 X: 114ff

(b3) Schnelle Quer- und Zielverbindungen 107-114 Y: 67f,287

(b4) Mehr Fahrzeuge zu Stoßzeiten - Y: 68

(b5) Ausreichend Fahrzeuge bei Events - -

(b6) Sehr guter Nachtverkehr (Hauptverkehrszeit bis 21 Uhr, danach stündlich) - Z168

(b7) Integration des Nachtverkehrsplans in den Fahrplan - -

(b8) Gestaffelter Beginn von Arbeit und Schule - -

(b9) Einzelhandel erst ab 10 Uhr - -

(b10) Zeitmanagement in der Innenstadt 132 -

Fahrzeuge und Haltestellen

(c1) Vergrößerung der Nutzfläche für Mobilitätsbehinderte (Klappsitze) 27, 86 Y: 74

(c2) Niederflurbusse/ Niederflurstraßenbahnen einsetzen oder niveaugleicher Einstieg 27, 83, 85, 103ff X: 132

(c3) Umrüstung von S-Bahn-Fahrzeugen ? ? 169

(c4) Zusätzliche Einstiegsrampen für Mobilitätsbehinderte 27 Y: 74

(c5) Begegnungsverkehr (z.B. von Kinderwagen) ermöglichen, ansonsten Zeitinseln einführen 84-86 -

(c6) Digitale Haltestellenansage in allen Fahrzeugen 84-86 X: 102ff

(c7) Ausbau weiterer Hochbahnsteige auf Straßenbahnstrecken für Mobilitätsbehinderte 27, 103, 104,107 -

(c8) Bau von Haltestellencaps an kritischen Haltepunkten 103, 104 Y: 69, 288

(c9) Zusammenlegung von Haltestellen an Verknüpfungspunkten 23, 25, 78, 103 -

(c10) Gefahrloser Zugang zu den und Verbreiterung der Haltestelleninseln 18, 82, 104, 132 Y: 289

(c11) Erhöhung der Funktionsfähigkeit der Anzeigen an den Haltestellen - -

Aktive Kunden, Sicherheit, Service, Sicherheit

(d1) Eigenverantwortung & Bewusstseinswandel bei Kunden durch Programm für Zivilcourage - Z170

(d2) Mobilitätsschulungen für Kinder, Jugendliche, Erwachsene - -

(d3) Sichtbare Hausordnung anbringen - Z: s.o.

(d4) allg.: Bau & Gestaltung von Haltestellen & Fahrzeugen nach kriminalpräventiven Aspekten 26, 82, 104, 132 X: 111f

(d5) Abbau von Angsträumen, Schaffung von Notrufmöglichkeiten 26, 85 Z: s.o.

(d6) Fahrer sichtbar/ ansprechbar, übersichtliches Wageninnere 26, 85 Z: s.o.

(d7) Einstellung von Fahrzeugbegleitern als Ansprechpartner für Kunden und zur Sicherheit - X: 108

(d8) Einrichtung von Toiletten in S-Bahnen und an Knotenpunkten 26 X: 110

(d9) Entfernung und Reinigung von Graffiti an Fahrzeugen und Haltestellen - X: 112

(d10) Verwendung pflegeleichter Materialien - -

168 Siehe hierzu bei Winter & Zöllner 2000: 8-14.169 Anmerkung: Dem Verfasser ist unklar, was damit genau gemeint ist.170 Vgl. Meyer 1999: 8-13

6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick 75

Vorschlag SeiteNVP?162

Lit.?163

Informationen, einfach reisen

(e1) Information über Reiseketten einrichten (einschließlich Fußwege, Auto & Öffentl. Verkehr)) - X: 96-98

(e2) Berechnung von Preisen und Zeitbedarf für gesamte Wegekette - Y: 254ff

(e3) Individuelle Reiseketteninformation während der Fahrt - Z171

(e4) Lautsprecheransage bei Störungen einrichten (im Fahrzeug und an Haltestellen) - X: 102, 109

(e5) Dynamische Abfahrinformation an Haltestellen 58 X: 102, 109

(e6) Umgebungspläne an jeder Haltestelle - X: 98

(e7) Aushangfahrplan/ Anzeigetafel für alle Linien am Verknüpfungsort 26 X: 98

(e8) Optimal lesbare Fahrpläne - X: 98ff

(e9) Aktualisierbare Aushangfahrpläne (im Haushalt, in Gaststätten, ...) 60, 61 Y: 76

(e10) Handliche Stadtteilfahrpläne mit wichtigsten Anschlüssen (Verteilung an alle Haushalte) - Y: 76

(e11) Betriebliche Mobilitätsberatung 25, 58, 59 Z172

Fahrscheine

(f1) Familienfreundlichen Tarif einrichten (Kinderalter auf 16 Jahre) - -

(f2) Tagesticket Fahrrad (für Verbundzone 2 und 3) - -

(f3) Schülerticket und verbundübergreifendes Semesterticket - -

(f4) Optimale Übergangstarife in Verkehrsverbünden Rhein-Ruhr und Rhein-Sieg - -

(f5) Electronic Ticketing mit Anwesenheitserfassung und günstigstem Preis, aber Datenschutz! - Z173

(f6) Electronic Ticketing für Zeitkarten einführen, sowohl Papier als auch Chipkarte nutzbar - Z: s.o.

Neue Linien und regionale Vernetzung

(g1) Optimale Verbindung aller Aus- und Einstiege am Verkehrsknoten Graf-Adolf-Platz 103

(g2) Anschluss des Düsseldorfer Hafens mit der Stadtbahn 99, 112, 113

(g3) Bessere Anbindung Universität Süd 102

(g4) Engere Verknüpfung zwischen Stadtentwicklung und ÖPNV-Erschließung 17,18, 3,87,107ff Y: 286

(g5) Ausbau der U-Bahn-Linie 78 bis zum Flughafen -

(g6) Rheinquerung: Flughafen, Messe, Lörick (109, 111)

(g7) Reaktivieren von S-Bahn-Strecken 20, 21, 117-119 Y: 286

Schon dieser erste Abgleich bestätigt die Einschätzung des Auftraggebers zum Neuig-

keitswert der inhaltlichen Ergebnisse: „Das Rad kann nicht neu erfunden werden“174.

Die meisten Vorschläge der Zukunftskonferenz sind bereits in den verschiedenen fach-

lichen Kontexten des ÖPNVs diskutiert worden und haben so auch Eingang in den Düs-

seldorfer NVP gefunden. Hinzu kommt, dass bestimmte Probleme zwar nicht in der

171 Siehe z.B. Völkening 1995: 278172 Siehe z.B. Probst 1999: 48173 Vgl. Ackermann 2001: 8-15174 Siehe Rheinbahn-Interview Nr. 1 im Anhang

76 6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse

gesichteten Literatur auftauchen (z.B. c11, d10), mit denen man aber dennoch in der

ÖPNV-Praxis vertraut ist. Zumindest im Bekanntheitsgrad scheint es auch einzelne

Lücken z.B. hinsichtlich der Wünsche nach zeitlicher Differenzierung des Fahrplans für

Schüler-/ Berufs-/ Einkaufs-/ Freizeit- und Nachtverkehre (b4-b10), Förderung von ak-

tiven Kunden und Zivilcourage (d1-d3), Informationen zu individuellen Reiseketten

(e1-e3) sowie nach besonderen Fahrscheinen (f1-f4) zu geben. Außerdem tauchen viele

der genannten Empfehlungen im Umsetzungsprogramm des NVPs nicht mehr auf bzw.

ist deren Finanzierung unzureichend oder gar nicht gesichert.175

Da mit der Aufstellung des zweiten NVPs stärker die Weiterentwicklung und Aktuali-

sierung der bisherigen Planungsvorstellungen für den ÖPNV beabsichtigt ist176, bietet

sich dabei für eine effektive Prioritätensetzung eine Orientierung an den Konsenszielen

und Maßnahmenvorschlägen der Zukunftskonferenz an. Voraussetzung dafür wäre, dass

das von den beteiligten Akteuren erarbeitete Handlungsprogramm ein sinnvolles und in

sich ausgewogenes Konzept zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf darstellt.

6.2 Ansatzpunkte zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf

Die Qualität der inhaltlichen Ergebnisse wird im Folgenden weiter ausdifferenziert:

Dazu werden in Tabelle 7 alle oben genannten Vorschläge durch die zu Grunde liegen-

den Interventionsformen177 und die damit angestrebten Verbesserungen im ÖPNV-

System178 näher charakterisiert.

Die von den Teilnehmern der Zukunftskonferenz gewählten Ansatzpunkte zur Optimie-

rung des ÖPNVs in Düsseldorf legen einen methodischen Schwerpunkt auf situations-

bezogene Strategien wie die Schaffung von Verhaltensangeboten und technischen

Verbesserungen sowie Anreizen, die v.a. durch eine schriftliche bzw. persönliche Wis-

sensvermittlung ergänzt werden. Inhaltlich gesehen umfasst das Handlungsprogramm

alle wichtigen nutzerbezogenen Komponenten im ÖPNV-System. Insbesondere werden

Verbesserungen bei Verfügbarkeit, Zeitaufwand, Beförderungskomfort und Handhab-

barkeit, vereinzelt aber auch bei Zuverlässigkeit, Zugangskomfort, Sicherheit und

Tarifsystem angestrebt. Mit vielen dieser Maßnahmen lassen sich außerdem positive

Imageeffekte für den ÖPNV erzielen. Lediglich zu den Bereichen Wirtschaftlichkeit

und Umweltfreundlichkeit gibt es kaum oder gar keine expliziten Vorschläge.

175 Vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf 1998: 120-130176 Vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf 1998: 132-133177 Siehe hierzu die Ausführungen zu Beginn von Kapitel 4.1 und bei Mosler & Gutscher 1998: 68-72.178 Die dafür gewählten Kategorien entsprechen den beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1999: A 27-30 dokumentierten Anforderungen an die Nahverkehrsplanung.

6.2 Ansatzpunkte zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf 77

Tabelle 7: Charakterisierung der inhaltlichen Qualität der Vorschläge (Eigene Darstellung)

Interventionsform/angestrebte Verbesse-rung im ÖPNV-System

Verhal-tensan-gebote

TechnischeVerände-rungen

Anreize SchriftlicheWissens-

vermittlung

Prompts Rück-meldun-

gen

PersönlicheWissens-

vermittlung

Zielsetzung/Selbstver-pflichtung

SozialeModelle

Foot inthe Door-Technik

Verfügbarkeit a5, b3,b6, g2,g3, g5,g6, g7

a1, g4

Zeitaufwand b3, g2,g3, g5,g6, g7

b1, b2, c8, c9,g1

e6, e7, e9,e10

g4

Zuverlässigkeit b2, b8, b9,b10

Zugangskomfort c2, c4, c5, c7,c10

Beförderungskomfort b4, b5,g2

b1, b8, b9,b10, c2, c3,c8, d8, d9,

d10

d3 d3 a1 d1 d2

Sicherheit d4, d5, d6, d9 d3 d3 d2, d7 d1

Handhabbarkeit a5 b2, b7, c1, c2,c6, c9, c11,

e4, e5, e8, f5,g1

a4, f4, f5 e1, e2, e3, e6,e7, e9, e10

e7, e9,e10

d2, d7, e1, e2,e3, e11

a1 f6

Image g2, g3,g5, g6

d9, d10, f5 a3, f1, f2,f3, f5

d3, e1, e2, e3,e9, e10

d2, d7, e1, e2,e3, e11

a1 d1 a5, b5, b6

Tarifsystem f5 a4, a5,f1, f2, f3,

f4, f5

f5 f6

Wirtschaftlichkeit a2, a5

Umweltfreundlichkeit

Inwieweit diese Ansätze zur Gewinnung bzw. Bindung von Kunden im ÖPNV geeignet

sind, wird anhand eines Modells für die individuelle Entscheidung bei der Verkehrs-

mittelwahl (siehe Abbildung 30) erläutert: Besteht keine Möglichkeit einer Bedürfnisbe-

friedigung durch Fernkommunikation, hängt die Wahl des dann erforderlichen

Verkehrsmittels insbesondere von dessen Verfügbarkeit ab. Hier setzen v.a. die Vor-

schläge aus dem Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz zur Schaffung neuer

ÖPNV-Angebote an. Damit diese aber auch tatsächlich genutzt werden können, müssen

sie durch die potenziellen Kunden erst einmal als handhabbare Alternative zu anderen

Verkehrsmitteln wahrgenommen werden. Dafür sind sicherlich die Forderungen nach

verstärkter schriftlicher und persönlicher Wissensvermittlung zum ÖPNV dienlich.

Allerdings könnten in diesem Zusammenhang noch viel mehr Prompts und Foot in the

Door-Techniken oder auch Rückmeldungen zum Einsatz kommen, um auch eine

gewohnheitsbedingte Verkehrsmittelfixierung aufzubrechen (vgl. Kapitel 4.1). Der

Großteil der Vorschläge zielt schließlich auf Qualitäts- und Imageverbesserungen im

ÖPNV ab, um die Bewertung von dessen Eigenschaften als Verkehrsmittel v.a. über

78 6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse

technische Veränderungen und Anreize positiv zu beeinflussen. Die einzelnen Ansatz-

punkte hierzu könnten noch stärker als bisher vorgesehen durch normaktivierende Stra-

tegien wie Zielsetzung und Selbstverpflichtung sowie soziale Modelle unterstützt

werden, um auch dauerhaft wirksam zu bleiben (siehe hierzu ebenfalls in Kapitel 4.1).

Die diesbezüglich bereits vorhandenen Vorschläge zur Festlegung der Versorgungsqua-

lität (a1, g4) sowie zur Förderung von aktiven Kunden und Zivilcourage (d1) sind daher

durchaus als innovativ zu bezeichnen.

Abbildung 30: Entscheidungsmodell zur Verkehrsmittelwahl (aus Pez 1998: 242)

6.3 Zusammenfassung 79

6.3 Zusammenfassung

Eine Bewertung der erarbeiteten Ziele und Maßnahmen der Zukunftskonferenz kann

wegen der noch ausstehenden Erfahrungen mit der Umsetzung nicht auf Grundlage von

tatsächlich realisierten Effekten für die Förderung des Düsseldorfer ÖPNV erfolgen.

Dennoch ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Vorschläge eine

Kommentierung der Qualität der inhaltlichen Ergebnisse (vgl. Abbildung 31): So macht

weniger deren Neuigkeitswert als die Ausgewogenheit des gesamten Handlungspro-

gramms den innovativen Charakter aus. Bei allen wichtigen nutzerbezogenen Kompo-

nenten im ÖPNV-System werden Verbesserungen angestrebt. Um die individuellen

Entscheidungen bei der Verkehrsmittelwahl zugunsten des ÖPNVs wirksam beeinflus-

sen zu können, wird zwar die Priorität richtig bei einer höheren Verfügbarkeit gesehen.

Die meisten der gewählten Ansatzpunkte basieren dabei auf Veränderungen der situati-

ven Rahmenbedingungen oder auf Wissensvermittlung zur ÖPNV-Nutzung. Da die

Verkehrsmittelwahl aber weitgehend habitualisiert abläuft, müssen verstärkt auch

Prompts, Rückmeldungen und Foot in the Door-Techniken sowie dauerhaft wirksame

normaktivierende Interventionsformen bei der Förderung des ÖPNVs eingesetzt wer-

den. Erste Ideen dazu sind bereits im Handlungsprogramm enthalten.

Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge bieten in Verbindung mit den Mobi-

lisierungseffekten der Zukunftskonferenz ein katalytisches Potenzial, das für die Ausge-

staltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs in Düsseldorf genutzt werden kann (siehe

Kapitel 7). Allerdings reicht die Qualität der inhaltlichen Ergebnisse dafür alleine nicht

aus, weil das Handlungsprogramm in wichtigen Punkten, z.B. bei den Themen Wirt-

schaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit sowie bei den Interventionsformen, noch er-

gänzungsbedürftig ist.

Neuigkeitswert

Angestrebte Verbesserungen

GewählteInterventionsformen

Qualität derinhaltlichen Ergebnisse

Viele Vorschläge bereits imNahverkehrsplan bzw. in derFachliteratur dokumentiert,aber Umsetzung im DüsseldorferÖPNV in vielen Bereichen noch nicht erfolgt bzw. unsicherEinzelne Lücken im Bekannt-heitsgrad durchaus vorhanden

Bessere Verfügbarkeit fördert Verkehrs-mittelwahl zu Gunsten des ÖPNVsAlle wichtigen nutzerbezogenen Komponenten im ÖPNV-System erfasst

Viele Maßnahmen erzielen zusätzlich positive Imageeffekte für den ÖPNV

Kaum explizite Vorschläge zu den Bereichen Wirtschaftlichkeit & Umweltfreudlichkeit

Situationsbezogene Strategien& Wissensvermittlung stehenim VordergrundVerstärkter Einsatz von Prompts,Rückmeldungen & Foot in the Door-Techniken zur Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl erforderlichUnterstützung durch dauerhafte Wirksamkeit von normaktivierendenStrategien vereinzelt bereits ausgenutzt

Handlungsprogramm insgesamt sinnvoll und in sich ausgewogen, aber ergänzungsbedürftig & nicht völlig neu

Generelle Tendenz:

Abbildung 31: Ergebniszusammenfassung der Charakterisierung der inhaltlichen Qualität(Eigene Darstellung)

80 7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs

7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs

7.1 Schlussfolgerungen aus der Evaluation

Der Zukunftskonferenz muss als Planungs- und Dialoginstrument eine Katalysator-

funktion zukommen, wenn mit der von ihr beabsichtigten ÖPNV-Förderung in Düssel-

dorf ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess ausgelöst werden soll179. In der Chemie

wird ein Stoff als Katalysator bezeichnet, der durch seine Anwesenheit Reaktionen he r-

beiführt oder in ihrem Verlauf beeinflusst, selbst aber unverändert bleibt.180 Bei kataly-

tischen Elementen in Planungsprozessen zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen

ÖPNVs ist daher eine gezielte Gestaltung von Kommunikation notwendig (siehe auch

Kapitel 1). Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die wesentlichen Schlussfo l-

gerungen aus der Evaluation des Fallbeispiels dargestellt.

Meilenstein auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen ÖPNV

Die positiven Grundtendenzen bei der Bewertung von Veranstaltungskonzept und

methodischer Umsetzung (vgl. Kapitel 4.4) sowie bei den erzielten Mobilisierungswir-

kungen für gemeinsame Anliegen (vgl. Kapitel 5.6) bestätigen den Charakter der Zu-

kunftskonferenz als Meilenstein im Dialog über die künftige Ausgestaltung des ÖPNVs

in Düsseldorf. So hat der von allen Beteiligten als anregend empfundene informelle

Austausch bereits zu ersten Reaktionen durch die Rheinbahn geführt: das Vorziehen der

Bestellung von Niederflurbussen, die fortlaufende Verbesserung der Notrufmöglich-

keiten an Haltestellen und die kurzfristige Einführung eines Informationsservices zu

Verspätungen. 181

Allerdings ist auch festzuhalten, dass das Handlungsprogramm hauptsächlich allgemei-

ne Forderungen der Teilnehmer beinhaltet, für deren Umsetzung i.d.R. noch eine Erar-

beitung von Detailkonzepten erforderlich ist (vgl. Kapitel 4.1, 4.2 und 4.4). Thematisch

liegt der Schwerpunkt der inhaltlichen Ergebnisse auf den nutzerbezogenen Kompo-

nenten des ÖPNV-Systems, während ökologische und ökonomische Leitziele für die

Weiterentwicklung des Nahverkehrs in Düsseldorf nur indirekt über eine erhöhte Kun-

dengewinnung bzw. -bindung berücksichtigt werden (vgl. Kapitel 1.2 und 6.2). Dabei

kommen v.a. situationsbezogene Strategien und Wissensvermittlung zum Einsatz, wäh-

rend andere Interventionsformen eher vernachlässigt werden (vgl. Kapitel 4.1 und 6.3).

179 Vgl. Röhrleff 2001: 162-163180 Vgl. Duden-Fremdwörterbuch, 6. Auflage, Lizenzausgabe für den Weltbild-Verlag, Augsburg 1999181 Vgl. Honsberg 2001: 4

7.1 Schlussfolgerungen aus der Evaluation 81

Als einzelnes Planungs- und Dialoginstrument bleibt die Zukunftskonferenz daher

sowohl hinsichtlich wichtiger Inhalte als auch bei der Einbindung weiterer Akteure für

einen zukunftsfähigen ÖPNV unbedingt ergänzungsbedürftig (vgl. Kapitel 2.3).

Erweiterung des Netzwerk-Systems

Die Konzeption der Zukunftskonferenz baut auf der Nutzung von sozialen Netzen als

Verstärkersysteme auf, um ein kollektives Handeln zur Förderung des ÖPNVs zu sti-

mulieren (siehe hierzu Kapitel 4.2 sowie Abbildung 32). Das Teilnehmer-Spektrum

spiegelt dabei insbesondere das Zielgruppensystem wider, indem über den jeweiligen

Interessenbezug Repräsentanten von Organisationen und ÖPNV-Kunden aus dem Bür-

gerforum als Adressaten im engeren Sinne eingebunden sind (vgl. Kapitel 3.1). Aus

strategischer Sicht werden aber zusätzlich prominente Persönlichkeiten als Meinungs-

führer sowie Vertreter von bisherigen Nicht-Nutzern des ÖPNVs und von Mitarbeitern

aus den Verkehrsunternehmen für eine größere Multiplikationswirkung und die ver-

stärkte Anregung von sozialen Normen benötigt (siehe auch Kapitel 5.6).182

Im Fallbeispiel übernimmt die Rheinbahn als Initiator der Zukunftskonferenz die Rolle

des Promotorensystems, indem sie sich weitgehend alleine um die Kernaktivitäten wie

182 Vgl. Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 34ff; Stiftung Mitarbeit 1996: 44f, 189; Werner 2000: 48f, 57f

Abbildung 32: Netzwerksystem als Katalysator(aus Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 28)

82 7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs

Organisation, Durchführung, Ergebnissicherung, Öffentlichkeitsarbeit und Prüfung der

Umsetzbarkeit kümmert. Angesichts der komplexen Rahmenbedingungen im ÖPNV

(siehe Kapitel 2.1) werden dadurch die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung des

Handlungsprogramms geschmälert und die Mobilisierung weiterer Beteiligter eher ge-

hemmt (vgl. Kapitel 5.4 bis 5.6). Bei Zukunftskonferenzen zur Ausgestaltung des

ÖPNVs ist daher eine enge Kooperation zwischen den Verkehrsunternehmen und den

kommunalen Aufgabenträger bzw. dem Verkehrsverbund anzustreben:

Kooperation liegt dann vor, wenn mindestens zwei, prinzipiell gleichberechtigte Akteure sich ge-meinsam dazu entschließen, etwas auszuhandeln, abzustimmen, zu planen, zu entscheiden undumzusetzen, d.h. etwas gemeinsam zu gestalten (natürlich mit unterschiedlichen Rollen und Ge-wichten/Machtpotential, je nach Bereich, aus dem die Akteure kommen).183

In diesem Falle könnten die Ergebnisse z.B. leichter als Grundlage für die Überarbei-

tung des Nahverkehrsplans bzw. bei der Erstellung des Verkehrsentwicklungsplans in

Düsseldorf herangezogen werden. Auch eine Nutzung als Zielvorgaben für die Be-

triebsplanung im Rahmen von künftigen Ausschreibungen von Dienstleistungen im

ÖPNV wäre denkbar.

Zur Begleitung der Umsetzungsaktivitäten empfiehlt sich neben einem weiteren Einbe-

zug von Teilnehmern der Zukunftskonferenz der Aufbau eines Unterstützungssystems

aus Vertretern vergleichbarer Kommunen, externen Experten und politischen Akteu-

ren.184

Veränderungen bei Prozessorientierung

In der für das Fallbeispiel vorgesehenen Struktur stellt die Zukunftskonferenz den vor-

läufigen Abschluss des Beteiligungsprozesses Nahverkehr 21 in Düsseldorf dar (vgl.

Kapitel 3.1), obwohl von fast allen Beteiligten eine Fortsetzung der aktiven Zusammen-

arbeit bei der Umsetzung des Handlungsprogramms für sinnvoll gehalten wird (siehe

Kapitel 4.4 und 5.6). Als Grundlage für eine veränderte Prozessorientierung erscheint

daher das Phasenmodell in Abbildung 33 geeignet.

Die Zukunftskonferenz sollte demnach erst nach Klärung der Handlungsbereitschaft der

wichtigen Entscheidungsträger und Akteure im ÖPNV initiiert und zu Beginn der Phase

Planung/ Konkretisierung angesiedelt werden. Zur Realisierungsvorbereitung und Be-

gleitung der Handlungsdurchführung empfiehlt es sich, ergänzend eine professionelle

Interventionsberatung hinzuziehen (vgl. Kapitel 4.4 bzw. 6.3). Für die Implementation

von Strategien zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs ist die positive Beein-

flussung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung und ein dauerhaftes Engagement der

183 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 11184 Siehe hierzu den Beitrag von Röhrleff 2001.

7.2 Zur Verknüpfung von Zukunftskonferenzen und Social Marketing 83

Beteiligten für die Förderung des ÖPNVs entscheidend (siehe Kapitel 5.1). Das Pha-

senmodell schließt daher eine Bewertung der Umsetzung und eine entsprechende Rück-

kopplung sowie die Entscheidung über eine Fortführung bzw. Anpassung der

Interventionen bei Folgehandlungen mit ein. Bei dieser veränderten Prozessorientierung

bietet sich außerdem eine Verknüpfung mit dem strategischen Konzept des Social Mar-

keting an (vgl. auch Kapitel 4.1, 4.2 und 4.4), um das katalytische Potenzial des Einsat-

zes von Zukunftskonferenzen im ÖPNV noch effektiver zu nutzen.

7.2 Zur Verknüpfung von Zukunftskonferenzen und Social Marketing

Während die Perspektive des klassischen Marketings v.a. auf die Absatzförderung für

Produkte und Dienstle istungen ausgerichtet ist, bezeichnet das Social Marketing

die Planung, Durchführung und Kontrolle von Programmen zur Beeinflussung der Akzeptanz vonsozialen Vorstellungen, und zwar unter Berücksichtigung der Dimensionen Produkt, Preis, Distri-bution und Kommunikation. Soziale Vorstellungen sind insbesondere Wertmaßstäbe und Verhal-tensnormen, die sich auf das menschliche Zusammenleben auswirken. Durch soziales Marketingwird die wechselseitige Stimulation von Angebot und Nachfrage im Bereich sozialer Vorstellun-gen für die Zielsetzungen einer Organisation fruchtbar gemacht.185

Nicht nur Nonprofit-Organisationen, sondern auch Wirtschaftsunternehmen und andere

Institutionen können die Synergieeffekte aus diesem Marketing-Ansatz nutzen. Im Be-

reich des ÖPNVs ergeben sich insbesondere Chancen zu einer besseren Positionierung

im Mobilitätsmarkt. Dazu werden z.B. bereits im Rahmen des so genannten Mega-

Marketings eine öffentliche Bewusstseinsbildung hinsichtlich der Bedeutung des

185 Krzeminski & Neck 1994: 18

Abbildung 33: Phasenmodell zur Prozessorientierung(aus Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 19)

84 7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs

Nahverkehrs, seines gesellschaftlichen Nutzens und der Erfüllung politischer Zielset-

zungen angestrebt186 sowie Interessenpolitik zur Schaffung förderlicher Rahmenbedin-

gungen für den ÖPNV betrieben. Dagegen wird von einem individualisierten bzw.

Dialog- oder Beziehungsmarketing gesprochen, wenn die Kommunikation zur Gewin-

nung und Bindung von Kunden im Mittelpunkt der Bemühungen steht.187

Durch die Einbindung von Zukunftskonferenzen in Social Marketing - Prozesse kann

auf der Basis von Marktanalyse und –segmentierung die Erarbeitung eines kunden- und

ereignisorientierten Konzepts gelingen, das neben differenzierten Qualitätsverbesserun-

gen auch eine Förderung der Akzeptanz des ÖPNVs ermöglicht.188 Eine entsprechende

Kampagne, die von möglichst vielen Beteiligten getragen wird, bringt aus Sicht der

Verkehrsunternehmen durch die kontinuierliche und systematische Beziehungspflege

mit den unterschiedlichen Anspruchsgruppen im ÖPNV zusätzliche Public Relations -

Effekte. Der damit verbundene öffentliche Aufbau eines positiven sozialen Images für

den ÖPNV wirkt aber auch auf die innerbetriebliche Organisation der z.B. in Form einer

verbesserten Koordination der Bereiche Betriebsplanung, Marketing, Personalentwick-

lung und Öffentlichkeitsarbeit zurück.189

7.3 Fazit und Ausblick

Aus Sicht des Verfassers konnte im Rahmen der Evaluation gezeigt werden, dass die

Zukunftskonferenz als soziale Interventionsstrategie zur Ausgestaltung eines zukunfts-

fähigen ÖPNVs grundsätzlich geeignet ist, wenn dabei ihre Ergänzungsbedürftigkeit

hinsichtlich einer adäquaten Prozessorientierung berücksichtigt wird. Allerdings hat der

Auftraggeber im Fallbeispiel das oben skizzierte katalytische Potenzial für eine effekti-

ve ÖPNV-Förderung in Düsseldorf bisher nur in Ansätzen ausgenutzt.

Die vorliegende Arbeit hat durch die Orientierung an einer Programmtheorie versucht,

eine dem Untersuchungsgegenstand angemessene Struktur für die Evaluation von Pla-

nungs- und Dialoginstrumenten in Beteiligungsprozessen zur Optimierung des ÖPNVs

zu entwickeln (vgl. Kapitel 3). Aus methodischer Sicht wäre ein Evaluationsdesign, das

auf sinnvollen Vergleichsmöglichkeiten beruht, für die Untersuchung von Kausalzu-

sammenhängen und für die Ableitung von Erfolgsfaktoren wünschenswert gewesen.

Stattdessen musste auf theoretisch begründete Bewertungskriterien zurückgegriffen

186 Vgl. Bihn 1995: o.S.187 Siehe hierzu die Beiträge von Mahr & Lang 1999 und Priewasser & Höfler 2000.188 Vgl. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 1990: 61-65189 Vgl. Krzeminski & Neck 1994: 19-22

7.3 Fazit und Ausblick 85

werden, die aber untereinander nicht gewichtet werden konnten. Wegen dieser Ein-

schränkungen sind die Ergebnisse aus einer Einzelfalluntersuchung auch nicht generali-

sierbar. Die im Fallbeispiel identifizierten Potenziale und Defizite bieten aber dennoch

eine gute argumentative Grundlage für Empfehlungen zur Verbesserung des Einsatzes

von Zukunftskonferenzen im ÖPNV (siehe oben).

Allerdings werfen die hier behandelten Inhalte eine Reihe weiterer Forschungsfragen

auf, die im Rahmen dieser Arbeit nicht ausreichend behandelt werden konnten: So ist

z.B. zu klären, wie eine Verknüpfung von Laien- und Expertenwissen aussehen könnte,

die den vernetzten Umgang mit komplexen Systemen bei Beteiligungsprozessen im

ÖPNV optimiert.190 Da die Möglichkeiten und Grenzen der eingesetzten Planungs- und

Dialoginstrumente erheblich von den nachgeordneten Umsetzungsaktivitäten abhängen,

sind auch die förderlichen und hemmenden Mechanismen beim Innovationstransfer im

ÖPNV-System weiter zu analysieren. Dabei gilt es u.a. neue Erkenntnisse darüber zu

gewinnen, welche Rolle dabei im Einzelnen die jeweiligen Fach-, Macht-, Prozess- und

Beziehungspromotoren spielen, inwieweit die betrieblich-technische Orientierung der

Nahverkehrsunternehmen in Verbindung mit neuen Marketing-Instrumenten aufgebro-

chen werden kann und wie eine bessere Vermittlung zwischen formellen und informel-

len Organisationsstrukturen zur Förderung des ÖPNVs unter Beachtung der

Verfahrensgerechtigkeit gestaltet werden muss.191

190 Siehe hierzu z.B. Vester 1999191 Vgl. Röhrleff 2001: 163, 166 und Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 40-47

86 Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis

Ackermann, Till et al. (2001):Möglichkeiten des Chiptarifs. Wege zum elektronischen Tarif im öffentlichenPersonennahverkehr. - In: Der Nahverkehr 5/01, 8-15.

Adomßent, Maik (1998):Erkenntnistheoretische Zusammenhänge. - In: Michelsen, Gerd et al.,Umweltkommunikation - eine theoretische und praktische Annäherung,INFU-Diskussionsbeiträge 1/98, Universität Lüneburg, 5-9.

Ajzen, Icek (1988):Attitudes, Personality, and Behaviour. - Reprinted 1996, Milton Keynes.

Apel, Heino (1998):Moderation - die Kunst, Gruppen zu produktiven Ergebnissen zu führen. -In: Apel, Heino et al. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit - ein Methoden-handbuch, Bonn, 17-25.

Atteslander, Peter (1995):Methoden der empirischen Sozialforschung. - 8., bearb. Auflage, Berlin,New York.

Bamberg, Sebastian; Gumbl, Harald & Schmidt, Peter (2000):Rational Choice und theoriegeleitete Evaluationsforschung. Am Beispiel der"Verhaltenswirksamkeit verkehrspolitischer Maßnahmen". - Opladen.

Barth, Sibylle (2000):Nahverkehr in kommunaler Verantwortung. Der öffentliche Personennahverkehrnach der Regionalisierung. - Schriftenreihe für Verkehr und Technik, Bd. 90,Bielefeld.

Becher, Marita (1998):Interaktions-Methoden in der Erwachsenenbildung. Leitfaden und Wegweiser. -Frankfurt/Main.

Becker, Udo J. & Rau, Andreas (2000):Anforderungen an nachhaltige Mobilitätssysteme. - In: UVP-report 2/00, 62-65.

Beckmann, Jens & Keck, Gerhard (1999):Beteiligungsverfahren in Theorie und Anwendung. - Stuttgart.

Bihn, Friedhelm (1995):Marketing im ÖPNV: Die Offensivstrategie der VDV-Unternehmen. -In: Institut für kommunale Wirtschaft und Umweltplanung (Hrsg.),Marketing im ÖPNV - eine neue Aufgabe der Kommunen, Darmstadt, o.S.

Bischoff, Ariane; Selle, Klaus & Sinning, Heidi (1995):Informieren, Beteiligen, Kooperieren - Kommunikation in Planungsprozessen. -Schriftenreihe Kommunikation im Planungsprozess, Bd. 1, Dortmund.

Literaturverzeichnis 87

Bortz, Jürgen & Döring, Nicola (1995):Forschungsmethoden und Evaluation für Sozialwissenschaftler. - 2., vollst.überarb. und aktualisierte Aufl., Berlin u.a.

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg., 1999):Planungshandbuch für den öffentlichen Personennahverkehr in der Fläche. -Forschungsbericht FE-Nr. 70491/96, Frankfurt/ Main.

Burow, Olaf-Axel (2000):Ich bin gut - wir sind besser: Erfolgsmodelle kreativer Gruppen. - Stuttgart.

Chen, Huey-tsyh (1990):Theory Driven Evaluations. - Newbury Park u.a.

Czabo, Josef A. (2001):Projekt "Prestige" modernisiert ÖPNV im Großraum London.Integriertes innovatives Ticketing im Rahmen einer Public Private Partnership. -In: Der Nahverkehr 5/01, 40-42.

Delhees, Karl H. (1994):Soziale Kommunikation. Psychologische Grundlagen für das Miteinander in dermodernen Gesellschaft. - Opladen.

Ecolog-Institut (Hrsg., 1999):Wegweiser für Umweltbildung und Umweltberatung durch soziale Milieus undLebensstile - Hannover.

Flick, Uwe (1995):Qualitative Forschung. Theorie, Methoden, Anwendung in Psychologie undSozialwissenschaften. - Reinbek bei Hamburg.

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg., 1990):Öffentlicher Personen-Nahverkehr: Empfehlungen zur Verbesserung derAkzeptanz des ÖPNV. - o.O.

Freitag, Alexander (2000):Verbünde und Verkehrsunternehmen in einem liberalisierten Markt.Ziele und Perspektiven aus Sicht des Münchner Verkehrsverbundes. -In: Der Nahverkehr 7-8/00, 11-15.

Frey, James H.; Kunz, Gerhard & Lüschen, Günther (1990):Telefonumfragen in der empirischen Sozialforschung: Methoden, Techniken,Befragungspraxis. - Opladen.

Frindte, Wolfgang (1995):Radikaler Konstruktivismus und Social constructivism. - In: Fischer, HansRudi (Hrsg.), Die Wirklichkeit des Konstruktivismus, Heidelberg, 103-129.

Geller, E. Scott (1989):Applied Behaviour Analysis and Social Marketing. An Integration forEnvironmental Protection. - In: Journal of Social Issues, Vol. 45, No. 1/89, 17-36.

88 Literaturverzeichnis

Häusler, Richard & Schadt, Magdolna (2000):Moderation ist alles. Die Zukunftstechnik für Agenda-Prozesse und kommunaleBürgerbeteiligung. - Bonn.

Hennicke, Peter; Jochem, Eberhard & Prose, Friedemann (1999):Mobilisierungs- und Umsetzungskonzepte für verstärkte kommunale Energiespar-und Klimaschutzaktivitäten - Karlsruhe, Kiel, Wuppertal.

Homburg, Andreas & Matthies, Ellen (1998):Umweltpsychologie: Umweltkrise, Gesellschaft und Individuum. - Weinheim,München.

Honsberg, Rimma P. (2001):Bürger gestalten ÖPNV. Zukunftskonferenz schließt Bürgerforum ab. -In: Das Rad 1/01, Rheinbahn-Magazin, 77. Jahrgang, 4-5.

Hron, Aemilian (1994):Interview - In: Huber, Günter L. & Mandl, Heinz (Hrsg.), Verbale Daten - EineEinführung in die Grundlagen der Erhebung und Auswertung, 2. bearb. Aufl.,Weinheim, Basel, 119-140.

Huber, Joseph (1995):Nachhaltige Entwicklung - Berlin.

Hüneke, Knut (1998):Zukunftskonferenz als Methode im Rahmen der Erstellung einer Lokalen Agenda.- In: Apel, Heino et al. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit - ein Methodenhand-buch, Bonn, 83-93.

iku GmbH (2001):Zukunftskonferenz Düsseldorf Nahverkehr 21 der Rheinbahn. Dokumentation:Prozess, Methode und zentrale Ergebnisse. – Dortmund.

Kals, Elisabeth (1996):Verantwortliches Umweltverhalten. Umweltschützende Entscheidungen erklärenund fördern. - Weinheim.

Klein, Angelika (1998):Die ÖPNV-Grundgebühr. Ein Instrument zur zukunftsorientierten Gestaltung undFinanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. - Clausthal-Zellerfeld.

Krzeminski, Michael & Neck, Clemens (1994):Social Marketing. Ein Konzept für die Kommunikation von Wirtschaftsunterneh-men und Nonprofit-Organisationen. - In: Krzeminski, Michael & Neck, Clemens(Hrsg.), Praxis des Social Marketings, Frankfurt/Main, 11-35.

Landeshauptstadt Düsseldorf (Hrsg., 1998):Nahverkehrsplan - Düsseldorf.

Landkreis Kulmbach (Hrsg., 1999):Nachfrageorientierte Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs imländlichen Raum - der Nahverkehrsplan des Lkr Kulmbach. - GeographischesInstitut der Universität Würzburg.

Literaturverzeichnis 89

Landtag Nordrhein-Westfalen (Hrsg., 2000):Enquête-Kommission "Zukunft der Mobilität". – Abschlussbericht, Düsseldorf.

Mahr, Norbert & Lang, Christof (1999):Dialogmarketing beim VGN. Wege zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit undKundenbindung. - In: Der Nahverkehr 10/99, 41-44.

Matthies, Ellen (2000):Partizipative Interventionsplanung - Überlegungen zur Weiterentwicklung derPsychologie im Umweltschutz. – In: Umweltpsychologie 2/00, 84-99.

Mayr, Tobias (2001):ÖPNV-Wettbewerb - ein Problem des Grundverständnisses? Warum sichVerkehrsunternehmen mit der Konkurrenz um ihre Leistung so schwer tun. -In: Verkehrszeichen 02/01, 17-21.

Mayring, Philipp (1996):Einführung in die qualitative Sozialforschung. - 3. Aufl., Weinheim.

Meyer, Wolfgang (1995):Fahrgastsicherheit im ÖPNV. - In: Der Nahverkehr 11/99, 8-13.

Meyer-Liesenfeld, Susanne (1997):Fahrgastbeiräte. Mitreden und Mitgestalten im Öffentlichen Verkehr?! -In: Verkehrszeichen 1/97, 19-22.

Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr NRW (1996):Leitfaden für die Aufstellung von Nahverkehrsplänen. - Düsseldorf.

Mosler, Hans-Joachim & Gutscher, Heinz (1998):Umweltpsychologische Interventionsformen für die Praxis. -In: Umweltpsychologie 2/98, 64-79.

Pez, Peter (1998):Verkehrsmittelwahl im Stadtbereich und ihre Beeinflussbarkeit. Eine verkehrs-geographische Analyse am Beispiel von Kiel und Lüneburg. - Universität Kiel.

Pez, Peter (1997):Zufußgehen und Radfahren. Auf dem Weg zu einer"Dritten Verkehrsplangeneration" – In: Raumplanung 79, 258-266.

Preuss, Sigrun (1997):Strategien zur Förderung des Umwelthandelns. - In: Michelsen, Gerd (Hrsg.),Umweltberatung, Bonn, 63-72.

Priewasser, Reinhold & Höfler, Leonhard (2000):Mit Strategien Kunden gewinnen Erfolgspotenziale von Soft Policies im ÖPNV. -In: Der Nahverkehr 3/00, 22-26.

Probst, Gerhard (1999):Perspektiven des Kombi-Tickets. Preis- und Leistungsbündel imÖPNV-Marketing. - In: Der Nahverkehr 5/99, 46-49.

90 Literaturverzeichnis

Prose, Friedemann (1995):Soziales Marketing im Umweltbereich. - In: Franz-Balsen, Angela & Apel, Heino(Hrsg.), Professionalität und Psyche, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung,Frankfurt/Main, 40-50.

Prose, Friedemann (1994):Ansätze zur Veränderung von Umweltbewusstsein und Umweltverhalten aussozialpsychologischer Perspektive. - In: Senatsverwaltung für Stadtentwicklungund Umweltschutz (Hrsg.), Neue Wege im Energiesparmarketing, Materialien zurEnergiepolitik in Berlin, Heft 16, 14-23.

Prose, Friedemann; Engellandt, Carola & Bendrien, Jörg (2000):Kommunale Akteure und soziale Netze. Ein sozialpsychologischesRahmenmodell zur Analyse kommunalen Klimaschutzes. -In: Böde, Ulla & Gruber, Edelgard (Hrsg.), Klimaschutz als sozialer Prozess,Heidelberg, 13-61.

Prose, Friedemann; Hübner, Gundula & Kupfer, Dirk (1994):Soziales Marketing für den Klimaschutz. Zur Strategie der Veränderung vonUmweltverhalten. - In: Umweltpsychologische Berichte aus Forschung undPraxis 2/94, 65-75.

Recker, Engelbert (2000):Nahverkehrspläne stärken. Landkreise fordern Änderungen der Rechtsgrundlagenfür den ÖPNV. - In: Der Nahverkehr 7-8/00, 16-22.

Reinert, Adrian (1998):Mobilisierung der Kompetenz von Laien - Die Methode Planungszelle/Bürgergutachten. - In: Apel, Heino u.a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit - einMethodenhandbuch, Bonn, 115-126.

Reinertz, Arne (2001):Höhere Wirtschaftlichkeit durch bessere Verkehrsmittelwerbung. -In: Der Nahverkehr 3/01, 65-66.

Röhrleff, Martin (2001):Bürgergutachten "Attraktiver ÖPNV in Hannover": Wie es weiterging. -In: Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V. (Hrsg.),Kommunikation und Beteiligung bei Verkehrsprojekten - Beschleunigungoder Behinderung?, Schriftenreihe B, Bd. 233, Bergisch-Gladbach, 159-167.

Rossi, Peter H.; Freeman, Howard E. & Hofmann, Günther (1988):Programm-Evaluation: Einführung in die Methoden der empirischenSozialforschung. - Stut tgart.

Rost, Jürgen (1992):Das Verhältnis von Wissen und Handeln aus kognitionstheoretischer Sicht. -In: Häußler, Peter (Hrsg.), Physikunterricht und Menschenbildung, Kiel, 141-154.

Schahn, Joachim (1993):Umgehungsstraßen, Beschränkungen für private Pkw, ÖPNV-Förderung -Lösungen für unsere Verkehrsprobleme? -In: Schahn, Joachim & Giesinger, Thomas (Hrsg.), Psychologie für denUmweltschutz, Weinheim, 145-161.

Literaturverzeichnis 91

Schnell, Rainer; Hill, Paul B. & Esser, Elke (1993):Methoden der empirischen Sozialforschung. - 4., überarb. Auflage, München.

Schrameyer, Erhard & Frittgen, Hans-P. (1999):Erste Erfahrungen mit einem Kundenforum in Dortmund. Effizientes Instrumentzur Kundenbindung. - In: Der Nahverkehr 9/99, 25-28.

Schüßler, Ingeborg & Bauerdick (1997):Umweltwahrnehmung und Umweltverhalten aus konstruktivistischer Perspektive.- In: Michelsen, Gerd (Hrsg.), Umweltberatung, Bonn, 43-54.

Seifert, Josef W. (1996):Visualisieren - Präsentieren – Moderieren. - 9. Aufl., Offenbach.

Selle, Klaus (2000):Was?Wer?Wie?Warum? Voraussetzungen und Möglichkeiten nachhaltigerKommunikation. - Schriftenreihe Kommunikation im Planungsprozess, Bd. 2,Dortmund.

Selle, Klaus (Hrsg., 1996):Planung und Kommunikation Gestaltung von Planungsprozessen in Quartier,Stadt und Landschaft - Wiesbaden, Berlin.

Sellnow, Reinhard (2000):Das Verkehrsplanungsmodell der Stadt Heidelberg - Ein Beitrag aus der Sicht desModerators. - PDF-Datei, http://www.sellnow.de/vf_hd.pdf, Stand: 4.4.01.

Sellnow, Reinhard (1998):Das Bürgerbeteiligungsmodell "Verkehrsforum" - Erfahrungen aus Heidelberg,Tübingen und Salzburg. - In: Apel, Heino et al. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähig-keit - ein Methodenhandbuch, Bonn, 38-48.

Siebert, Horst (1999):Pädagogischer Konstruktivismus. Eine Bilanz der Konstruktivismusdiskussion fürdie Bildungspraxis. - Neuwied, Kriftel.

Siebert, Horst (1997):Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. Didaktik auskonstruktivistischer Sicht. - 2. Aufl., Neuwied u.a.

Stadt Heidelberg (09.02.1999):Verkehrsforum Heidelberg - ein beispielhaftes Modell der Bürgerbeteiligung. -Html-Dokument, http://www.heidelberg.de/verkehr/verforum.htm, Stand: 30.3.01.

Sterzenbach, Rüdiger (1995):ÖPNV-Marketing. Ein Lehr- und Handbuch. - München.

Stiftung Mitarbeit (Hrsg., 1996):Bürgergutachten ÜSTRA. - Bonn.

Strang, Karl (1996):Nahverkehrspläne im Spannungsfeld zwischen räumlicher Planung undVerkehrspolitik - Dortmund.

92 Literaturverzeichnis

Szabo, Oliver (1999):"Nachhaltigkeit" als Leitbild für den öffentlichen Personennahverkehr. - Berlin.

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen - VDV Förderkreis e.V. (Hrsg., 1997):Zukunftsfähige Mobilität. Menschen bewegen. ÖPNV in Deutschland. -Düsseldorf.

Vester, Frederic (1999):Die Kunst vernetzt zu denken. Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mitKomplexität – Stuttgart.

Voigt, Holger (1997):Regionalisierung des Omnibusnahverkehrs - Braunschweig: Dissertation.

Völkening, Wilhelm (1995):Telematik allerorten. - In: nahverkehrs-praxis 9/95, 278-279.

VRR GmbH (o.J.):Das Management. - Html-Dokument, http://www.vrr.de/wueu/management.htm,Stand: 21.3.01.

VRR GmbH (o.J.):Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). - Html-Dokument,http://www.vrr.de/wueu/vrr.htm, Stand: 21.3.01.

Weisbord, Marvin (1996):Zukunftskonferenzen I: Methode und Dynamik. – In: Organisationsentwicklung1/96, 4-13.

Weisbord, Marvin & Flower, Joe (1996):Zukunftskonferenzen II: Ein wirkungsvolles Werkzeug für die Entwicklunggesunder Gemeinden. - In: Organisationsentwicklung 1/96, 14-23.

Weisbord, Marvin & Janoff, Sandra (2000):Future Search. An Action Guide to Finding Common Ground in Organizations &Communities. - Second Edition, updated & expanded, San Franscisco.

Werner, Patrik (2000):1. Klasse für alle. Sieben Bausteine zum exzellenten Nahverkehrs-Unternehmen. -Freiburg.

Will, Wolfgang (2000):Neue Qualität im ÖPNV. Erfahrungen und Zielsetzungen der KasselerVerkehrsgesellschaft AG. - In: Der Nahverkehr 9/00, 58-62.

Will, Wolfgang (1999):Neuer Ordnungsrahmen: ÖPNV-Betriebe im Wettbewerb. -In: Der Nahverkehr 11/99, 20-24.

Winter, Olaf & Zöllner, Ralf (2000):Wie wirtschaftlich sind Nacht- und Schnellbusverkehre? –In: Der Nahverkehr 3/00, 8-14.

Literaturverzeichnis 93

Wortmann, Klaus (1995):Energiesparen aus psychologischer Perspektive. - In: Institut für kommunaleWirtschaft und Umweltplanung (Hrsg.), Kommune & Energie: KommunaleKlimaschutzkonzepte und Social Marketing, Seminarunterlagen, Darmstadt, o.A.

Wottawa, Heinrich & Thierau, Heike (1998):Lehrbuch Evaluation. - 2., vollst. überarb. Auflage, Bern u.a.

Yin, Robert K. (1993):Applications of Case Study Research. - Applied Social Research Methods Series,Volume 34, Newbury Park u.a.

zur Bonsen, Matthias (29.05.2000):Die Methode Zukunftskonferenz. - Html-Dokument,http://www.zurbonsen.de/lit/future/fsc01.htm, Stand: 1.1.01.

Anhang

Anhang

• Programm und Zeitplan der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21 der Rhein-

bahn AG vom 26. bis 28. Januar 2001 in den Rheinterrassen Düsseldorf

• Liste aller Interviewpartner und Termine

sowie das verwendete Anschreiben als Muster

• Fragebogen / Leitfaden für die Interviews mit Teilnehmern und Auftraggeber

• Gesprächsprotokolle von 15 Telefonbefragungen und 2 persönlichen Interviews

• Auswertungsbogen

• Eidesstattliche Erklärung

Diplomarbeit Carsten Wachholz

Programm und Zeitplan der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21

(Quelle: iku-GmbH 2001: 10-11)

Uhrzeit Thema

16.15 Begrüßung16.20 Einführung, Ziele, Ablauf, Arbeitsweise, Ergebnisse des Bürgerforums16.40 Kennenlernen der TeilnehmerInnen an gemischten Tischen17.00 „Das ganze System in einem Raum“ (Wandelgang mit Vorstellungspinnwänden)

17.30 Rückblick in die VergangenheitGruppenarbeit an gemischten Tischen, Präsentation an Zeitleiste im Plenum

18.30 Pause mit Imbiss

19.00 Gegenwart- Rahmenbedingungen und TrendsGruppenarbeit an homogenen Tischen, Präsentation an Mind-Map im Plenum

19.50 Zusammenfassung und Ausblick20.00 Ende 1. Tag

Uhrzeit Thema

09.00 Einführung in den Tag09.10 Diskussion und Reflexion der Rahmenbedingungen und Trends für den ÖPNV09.30 Bewertung der Gegenwart aus verschiedenen Blickwinkeln

Gruppenarbeit an homogenen Tischen, Präsentation der Ergebnisse im Plenum10.40 Pause

11.00 Gegenwart bewerten11.15 Zukunftsentwürfe entwickeln (Gruppenarbeit an gemischten Tischen)12.30 Mittagspause

13.30 Präsentation der Zukunftsentwürfe im Plenum14.30 Pause15.00 Gemeinsamkeiten herausarbeiten16.00 Zusammenfassung und Ausblick16.10 Ende 2. Tag

Uhrzeit Thema10.00 Einführung und Gemeinsamkeiten vom Vortag bestätigen10.30 Maßnahmen entwickeln (Gruppenarbeit an gemischten Tischen)11.15 Pause11.30 Präsentation der Ergebnisse für das Handlungsprogramm im Plenum12.30 Resümee, gemeinsamer Abschluss und Verabschiedung13.00 Ende der Veranstaltung

Freitag,26.01.2001

Samstag,27.01.2001

Sonntag,28.01.2001

Anhang

Liste aller Interviewpartner und Termine

Gruppe 1: Ich möchte Vorrang für den ÖPNV.

Gruppe 2: Ich möchte einen wirtschaftlicheren ÖPNV.

Gruppe 3: Ich möchte ohne Belästigungen und Übergriffe den ÖPNV nutzen können.

Gruppe 4: Ich möchte, dass der ÖPNV für jeden nutzbar ist.

Gruppe 5: Ich möchte eine optimale Verknüpfung aller Verkehrssysteme.

Gruppe 6: Ich möchte schnell & ohne Stress zur Arbeit/ Schule kommen und Einkäufe erledigen können.

Gruppe 7: Ich möchte eine gute Verknüpfung der Stadtteile untereinander und mit der City.

Gruppe 8: Ich möchte mich auch ohne Ortskenntnisse in Düsseldorf einfach zurecht finden können.

termineGrup-

peInstitution & Funktion Name Alter Derzeit ausgeübte

TätigkeitInterview

durchgeführtam

RückmeldungenGesprächs-protokoll?

1 Bürgerforum Lars Templin 39 Möbelrestaurator 29. Juni 2001,21:15 Uhr

Nein

1 Regionale Bahngesellschaft mbH Axel Keimling 40 Dipl.-Ing., Vekehrsplaner 11. Juni 2001,8 Uhr (Pretest)

Nein

2 Amt für VerkehrsmanagementAbteilungsleiter Verkehrsplanung

Lorenz, Klaus 42 Stadt- und Verkehrsplaner bei derStadtverwaltung Düsseldorf

12. Juni 2001,16.30 Uhr

Nein

2 Bürgerforum Karl-Friedrich Hof-mann

52 Prokurist West LB 3. Juli 2001,20 Uhr

Nein

3 Bundesgrenzschutz,Inspektion Düsseldorf

Stefan Beckmann 32 Öffentlichkeitsarbeit,Grundsatz & Entwicklung

6. Juni 2001,14 Uhr (Pretest)

Nein

3 Weißer Ring Eva-Maria Goelden 54 Kriminalbeamtin 18. Juni 200117:15 Uhr

Ja

4 Bürgerforum Kaete Bartels 62 Hausfrau, ehrenamtlich in derSuchtberatung tätig

28. Juni 200118 Uhr

Nein

4 SPD Ratsfraktion Alfred Syska 52 Regierungsbeamter 18. Juni 2001,21:45 Uhr

Nein

5 Verkehrsclub DeutschlandKreisverband Düsseldorf

Werner Simon 43 Selbstständiger 20. Juni 2001,22 Uhr

Nein

5 Verkehrsverbund Rhein-RuhrGmbH (VRR)

Dr. Klaus Vorgang 52 Geschäftsführer VRR 27. Juni 2001,13 Uhr

Nein

6 Dt. Hausfrauenbund,Vorsitzende Ortsverband

Hannelore Ginsberg 59 Hausfrau 11. Juni 2001,14 Uhr (Pretest)

Nein

7 Stellv. VorsteherinBezirksvertretung 3

Erika Worbs 53 bei der Telecom beschäftigt 25. Juni 2001,19:30 Uhr

Nein

7 Arbeitsgemeinschaft DüsseldorferBürger- und Heima tvereine

Gabriele Berndt 38 Juristin 13. Juni 2001,14 Uhr

Nein

8 Bürgerforum Lothar Minske 61 Dipl.-Ing. Machinenbau,Datenverarbeitung, Logistik

5. Juni 2001,18 Uhr (Pretest)

Nein

8 Bürgerforum Josef Kürten 45 Elektro-Ingenieur 12. Juni 2001,18 Uhr

Nein

Rheinbahn AG Eckhard Lander 47 Dipl.-Journalist, Leiter derAbteilung Öffentlichkeitsa rbeit

8. Juni 2001,13:45 Uhr

Nein

Rheinbahn AG Christoph Lademann 40 Leiter Abteilung Betriebsplanung(Fahrplanangebot, Infrastruktur,

Fahrzeugbeschaffung,Infosysteme)

8. Juni 2001,15 Uhr

Ja

Diplomarbeit Carsten Wachholz

Anschreiben zur Vereinbarung eines Gesprächstermins (Muster)

Carsten Wachholz

Carsten Wachholz, Arneckestr. 1, 44139 Dortmund

An«Institution»«Anrede» «Vorname» «Name»«StraßeHausnr»«PLZOrt»

Dortmund, den 25.05.01

Telefonische Befragung von Teilnehmer/innen der Zukunftskonferenz der Rheinbahn AG

«Briefanrede» «Anrede» «Name»,

ich studiere an der Universität Lüneburg und beschäftige mich im Rahmen meinerDiplomarbeit mit der Auswertung der Zukunftskonferenz zum Nahverkehr in Düsseldorf,an der Sie Ende Januar 2001 teilgenommen haben. Durch meine Tätigkeit als Assistent derModeration bei der Firma iku GmbH aus Dortmund war ich auch in die Vorbereitung undDurchführung der Veranstaltung eingebunden. Die Erfahrungen aus diesem Fallbeispielmöchte ich dazu nutzen, die Konzeption, methodische Umsetzung und Wirksamkeit derAnwendung von Zukunftskonferenzen im ÖPNV näher zu untersuchen. Dabei werdeninsbesondere auch die Einschätzungen von ausgewählten Teilnehmer/innen und derRheinbahn AG berücksichtigt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang insgesamt 16 Telefoninterviews mit Vertretern desBürgerforums und der beteiligten Interessengruppen durchführen, die jeweils max. 30Minuten dauern. Mit diesem Schreiben ist daher die Anfrage verbunden, ob Sie für einsolches Gespräch über die Zukunftskonferenz zur Verfügung stehen. Zu Ihrer Informationhabe ich den dafür erstellten Fragebogen bereits beigelegt. Ich melde mich noch vor Pfingstentelefonisch bei Ihnen, um Ihre grundsätzliche Bereitschaft zu klären und dann ggf. einenTermin für unser Interview zu vereinbaren. Die telefonischen Befragungen sollen imZeitraum vom 11. bis zum 29. Juni stattfinden. Nach Rückfrage bei der Rheinbahn AGbesteht die Chance, dass Sie bis dahin auch eine Dokumentation der Zukunftskonferenz alsGesprächsgrundlage erhalten haben.

Es folgen noch einige Anmerkungen zum Ablauf der Telefoninterviews. Die Gliederungsieht einen Einführungsteil, drei Themenblöcke zur Zukunftskonferenz und einen Schlussteilvor. Nach der Begrüßung haben Sie die Möglichkeit, allgemeine Rückfragen zu stellen.Außerdem werden die beiden während des Interviews verwendeten Frageformen noch einmalerläutert:

- bitte wenden -

Kontakt bis 6. Juli 2001 unter:

Arneckestr. 144139 Dortmund

Tel.: 0231/ 125823email: [email protected]

Informationen zur Diplomarbeit:http://www.dialog-im-oepnv.de

Anhang

1. Dazu werden zunächst vom Interviewer zwei gegensätzliche Aussagen gemacht, zu denender Grad Ihrer Zustimmung auf einer Skala von –3 bis +3 erfragt wird. Wenn Sie beidenAussagen keine Bedeutung zumessen, wählen Sie die Bewertung 0.

2. Danach haben Sie jeweils bei den anschließenden offenen Fragestellungen dieMöglichkeit, Ihre Einschätzungen weiter auszuführen. Es wäre hilfreich, wenn Sie sich zudiesen Fragen bereits vor dem Interview wichtige Stichworte notieren, um die Dauer dertelefonischen Befragung verkürzen zu können.

Ihre Antworten werden von mir stichwortartig mitprotokolliert. Damit Sie deren Richtigkeit undVollständigkeit im Anschluss überprüfen können, schicke ich Ihnen die Protokollbögen noch einmalzu, um Ihnen eine Rückmeldung mit Änderungen bzw. Ergänzungen zu ermöglichen. DieAuswertung der Ergebnisse erfolgt anonymisiert, allerdings wird eine Namensliste allerInterviewpartner/innen und –termine mit Angaben zu Alter und derzeitiger Tätigkeit im Anhang derDiplomarbeit als Datenbeleg veröffentlicht.

Die komplette Diplomarbeit wird im Spätherbst 2001 über das Internet verfügbar gemacht.Auf Wunsch erhalten Sie auch eine Kurzfassung der Ergebnisse. Sollten Sie noch weitereFragen haben, können Sie jederzeit gerne Kontakt zu mir aufnehmen. Neben der umseitigangegebenen privaten Adresse besteht auch die Möglichkeit, mich bei der iku GmbH (Tel.:0231/ 31891 oder Fax 0231/31894) zu erreichen. Ansonsten hoffe ich, dass ich Sie mit denganzen Formalia nicht zu sehr belästigt habe. Ich melde mich dann in den nächsten Tagentelefonisch bei Ihnen zwecks weiterer Absprachen.

Schöne Grüße aus Dortmund,

Carsten Wachholz

Anlage: Fragebogen zu Einschätzungen der Teilnehmer/innen der Zukunftskonferenz

Diplomarbeit Carsten Wachholz

Zukunftskonferenz Nahverkehr21 Düsseldorf (Januar 2001) –Telefoninterviews zu Einschätzungen der Teilnehmer/innen

im Rahmen einer Diplomarbeit an der Universität Lüneburg

Bitte hier Ihren Termin eintragen: ____________ (Dauer: ca. 30 Min.)

Einführung

• Begrüßung• Zum Hintergrund der Befragungen: Es geht um die Erkundung von Potenzialen und Defiziten

der Zukunftskonferenz als Planungs- und Dialoginstrument im ÖPNV.• Gelegenheit für allgemeine Rückfragen• Hinweise zum Ablauf des Interviews• Erläuterung der verwendeten Frageformen am Be ispiel:

Die Teilnahme an der Zukunftskonferenz ...... war eine lästige

Verpflichtung für mich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... hat mir Spaß gemacht.

• Woran erinnern Sie sich besonders gut, wenn Sie an die Zukunftskonferenzzurückdenken?

1. Zur Veranstaltung

Die Zusammensetzung der Teilnehmer/innen ...... spiegelte die

wichtigsten Interessenzur Weiterentwicklung

des ÖPNVs wider.

-3 -2 -1 0 1 2 3... war nicht

ausgewogen.

• Gab es Ihrer Ansicht nach Vertreter/innen bestimmter Interessengruppen,die für die inhaltliche Arbeit auf der Zukunftskonferenz gefehlt haben?Falls ja, welche?

Der Ablauf der Veranstaltung ...... hat die Erarbeitungkonkreter Ergebnisse

behindert.-3 -2 -1 0 1 2 3

... war stark ergebnisori-entiert angelegt.

Die Zusammenarbeit in den Kleingruppen war überwiegend ...

... konstruktiv. -3 -2 -1 0 1 2 3... vom Beharren auf

gegensätzlichen Positio-nen geprägt.

• Wie könnten aus Ihrer Sicht Ablauf und Arbeitsweise der Zukunftskonferenzverbessert werden?

Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge sindfür einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düsseldorf ...

... nebensächlich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... von entscheidenderBedeutung.

Anhang

Geredet wurde dabei v.a. über ...

... altbekannte Themen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... neue Ideen für denNahverkehr der Zukunft.

• Was ist für Sie das zentrale inhaltliche Ergebnis der Zukunftskonferenz?

2. Zu Aktivitäten im Anschluss

Die Berichterstattung über die Zukunftskonferenz in den Medien war ...... überzeugend. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... völlig unzureichend.

• Was könnten uns Ihre Nachbarn über die Zukunftskonferenz erzählen, wennwir sie danach fragen würden?

Die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz werdenvon den beteiligten Institutionen ...

... nicht beachtet. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... weiter verbreitet.

• Welches Engagement zur Verbreitung der Ergebnisse haben Sie bisherwahrgenommen? Was haben Sie ggf. selbst dazu beigetragen?

Auf der Zukunftskonferenz wurde ...... nur wenigen AkteurenVerantwortung für denÖPNV zugeschrieben.

-3 -2 -1 0 1 2 3... ein breites Bündnis

zur Förderung desÖPNVs geschaffen.

• Inwieweit sehen Sie eine eigene Verpflichtung, sich (weiter) für die Umset-zung der erarbeiteten Ergebnisse einzusetzen?

3. Zur Umsetzung der Ergebnisse

Auf die Umsetzung der Ergebnisse ...... habe ich persönlich

keinen Einfluss. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... kann ich selbst hinwir-ken.

• Worin bestehen für Sie Handlungsmöglichkeiten, um die Anliegen der Zu-kunftskonferenz bei der Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfeinzubringen? Was möchten Sie selbst dafür tun?

Die Empfehlungen der Zukunftskonferenz werdenvon wichtigen Entscheidungsträgern im ÖPNV ...

..bereitwillig aufgegriffen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... nicht mitgetragen.

• Wer wird aus Ihrer Sicht die Anliegen der Zukunftskonferenz (nicht) unter-stützen?

Das Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz halte ich für ...... vollständig umsetzbar. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... gar nicht realisierbar.

• Welche der Maßnahmenvorschläge werden Ihrer Meinung nach wahr-scheinlich umgesetzt? Welche eher nicht? Warum?

Diplomarbeit Carsten Wachholz

Abschluss

Für die Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfwar die Zukunftskonferenz eine ...

... unbedeutende Dia-logveranstaltung. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... effektive Beteili-

gungsmöglichkeit.

• Hat sich für Sie persönlich die Teilnahme an der Zukunftskonferenz gelohnt?Warum?

• Freiraum für weitere Anmerkungen zur Zukunftskonferenz:Habe ich etwas vergessen zu fragen? Gibt es noch etwas, was Sie gerne ergänzen möchten?

• Angaben zu Alter und derzeit ausgeübter Tätigkeit• Vereinbarung über Rückmeldung zur Protokollierung des Interviews• Interesse an Information über Ergebnisse der Diplomarbeit?• Verabschiedung

Anhang

Zukunftskonferenz Nahverkehr21 Düsseldorf (Januar 2001) –2 Interviews zu Einschätzungen des Auftraggebers

im Rahmen einer Diplomarbeit an der Universität Lüneburg

Bitte hier Ihren Termin eintragen: ____________ (Dauer: ca. 45 Min.)

Einführung

• Begrüßung• Zum Hintergrund des Interviews: Es geht um die Erkundung von Potenzialen und Defiziten

der Zukunftskonferenz als Planungs- und Dialoginstrument im ÖPNV.• Gelegenheit für allgemeine Rückfragen• Hinweise zum Ablauf des Interviews• Erläuterung der verwendeten Frageformen am Be ispiel:

Die Teilnahme an der Zukunftskonferenz ...... war eine lästige

Verpflichtung für mich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... hat mir Spaß gemacht.

• Woran erinnern Sie sich besonders gut, wenn Sie an die Zukunftskonferenzzurückdenken?

1. Zur Veranstaltung

Die Zusammensetzung der Teilnehmer/innen ...... spiegelte die

wichtigsten Interessenzur Weiterentwicklung

des ÖPNVs wider.

-3 -2 -1 0 1 2 3... war nicht

ausgewogen.

• Gab es Ihrer Ansicht nach Vertreter/innen bestimmter Interessengruppen,die für die inhaltliche Arbeit auf der Zukunftskonferenz gefehlt haben?Falls ja, welche?

Der Ablauf der Veranstaltung war ...... hat die Erarbeitungkonkreter Ergebnisse

behindert.-3 -2 -1 0 1 2 3

... stark ergebnisorien-tiert angelegt.

Die Zusammenarbeit in den Kleingruppen war überwiegend ...

... konstruktiv. -3 -2 -1 0 1 2 3... vom Beharren auf

gegensätzlichen Positio-nen geprägt.

• Wie könnten aus Ihrer Sicht Ablauf und Arbeitsweise der Zukunftskonferenzverbessert werden?

Bei der Beschreibung der Rahmenbedingungen und des Ist-Zustands wurdendie wesentlichen Problemstellungen im Düsseldorfer ÖPNV ...

... vernachlässigt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... identifiziert.

Diplomarbeit Carsten Wachholz

Auf der Zukunftskonferenz wurden die bisherigen Erkenntnisse der Rheinbahnüber die Kundenbedürfnisse im Düsseldorfer ÖPNV ...

... lediglich bestätigt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... stark erweitert.

Die Ergebnisse der Zukunftskonferenz ...... sind hilfreich für diePrioritätensetzung bei

der Rheinbahn.-3 -2 -1 0 1 2 3

... provozieren neueEntscheidungs- undAbwägungskonflikte.

Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge sindfür einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düsseldorf ...

... nebensächlich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... von entscheidenderBedeutung.

Geredet wurde dabei v.a. über ...

... altbekannte Themen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... neue Ideen für denNahverkehr der Zukunft.

• Was ist für Sie das zentrale inhaltliche Ergebnis der Zukunftskonferenz?

2. Zu Aktivitäten im Anschluss

Die Berichterstattung über die Zukunftskonferenz in den Medien war ...... überzeugend. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... völlig unzureichend.

• Was könnten uns Ihre Nachbarn über die Zukunftskonferenz erzählen, wennwir sie danach fragen würden?

Die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz werdenvon den beteiligten Institutionen ...

... nicht beachtet. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... weiter verbreitet.

• Welches Engagement zur Verbreitung der Ergebnisse haben Sie bisherwahrgenommen? Was hat die Rheinbahn selbst dazu beigetragen?

Auf der Zukunftskonferenz wurde ...... nur wenigen AkteurenVerantwortung für denÖPNV zugeschrieben.

-3 -2 -1 0 1 2 3... ein breites Bündnis

zur Förderung desÖPNVs geschaffen.

• Inwieweit sehen Sie eine Verpflichtung der Rheinbahn, sich (weiter) für dieUmsetzung der erarbeiteten Ergebnisse einzusetzen?

Nach Prüfung der Umsetzbarkeit der Empfehlungen ...... ist der Beteiligungs-

prozess abgeschlossen. -3 -2 -1 0 1 2 3... soll der Dialog mit denTeilnehmer/innen weiter-

geführt werden.

• Wie könnten ggf. die nächsten Schritte im Dialog über die künftige Ausge-staltung des Düsseldorfer ÖPNVs aussehen?

Anhang

3. Zur Umsetzung der Ergebnisse

Durch die von der Zukunftskonferenz formulierten Ansprüchewerden die bisherigen Bemühungen der Rheinbahn ...

... in Frage gestellt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... gestärkt.

• Worin bestehen für Sie Handlungsmöglichkeiten, um die Anliegen der Zu-kunftskonferenz bei der Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfeinzubringen? Was möchte die Rheinbahn selbst dafür tun?

Die Empfehlungen der Zukunftskonferenz werdenvon anderen wichtigen Entscheidungsträgern im ÖPNV ...

..bereitwillig aufgegriffen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... nicht mitgetragen.

• Wer wird aus Ihrer Sicht die Anliegen der Zukunftskonferenz (nicht) unter-stützen?

Das Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz halte ich für ...... vollständig umsetzbar. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... gar nicht realisierbar.

Der Arbeits- und Kostenaufwand für die Umsetzung istbezogen auf die damit erzielbaren Verbesserungen im ÖPNV ...

... gerechtfertigt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... zu hoch.

• Welche der Maßnahmenvorschläge werden Ihrer Meinung nach wahr-scheinlich umgesetzt? Welche eher nicht? Warum?

Abschluss

Für die Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfwar die Zukunftskonferenz eine ...

... unbedeutende Dia-logveranstaltung. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... effektive Beteili-

gungsmöglichkeit.

• Hat sich aus Sicht der Rheinbahn die Durchführung der Zukunftskonferenzgelohnt? Warum?

• Freiraum für weitere Anmerkungen zur Zukunftskonferenz:Habe ich etwas vergessen zu fragen? Gibt es noch etwas, was Sie gerne ergänzen möchten?

• Angaben zu Alter und derzeit ausgeübter Tätigkeit• Vereinbarung über Rückmeldung zur Protokollierung des Interviews• Interesse an Information über Ergebnisse der Diplomarbeit?• Verabschiedung