Differentialgeometrie III - Private...

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Differentialgeometrie III WS 1997/98 Prof. Pinkall Katrin Leschke, Dagmar Timmreck, G¨ unter Paul Leiterer, May 23, 2005 Inhalt 1 Einleitung 3 2 Komplexe Zahlen und Quaternionen 4 3 Funktionentheorie f¨ ur Differentialgeometer 8 4 Vektoranalysis auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 15 5 Vektorb¨ undel ¨ uber Mannigfaltigkeiten 21 6 Transversalit¨ at 23 7 Homologie und Kohomologie von Fl¨ achen 25 8 Grundbegriffe der Morse–Theorie 32 9 Harmonische 1–Formen 41 10 Komplexe Linienb¨ undel ¨ uber Riemannschen Fl¨ achen 45 11 Klassifikation der B¨ undel vom Grad 0 52 12 Quaternionische Funktionentheorie 53 13 Komplex quaternionische Linienb¨ undel 58 1

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Differentialgeometrie III

WS 1997/98

Prof. Pinkall

Katrin Leschke, Dagmar Timmreck, Gunter Paul Leiterer,

May 23, 2005

Inhalt

1 Einleitung 3

2 Komplexe Zahlen und Quaternionen 4

3 Funktionentheorie fur Differentialgeometer 8

4 Vektoranalysis auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 15

5 Vektorbundel uber Mannigfaltigkeiten 21

6 Transversalitat 23

7 Homologie und Kohomologie von Flachen 25

8 Grundbegriffe der Morse–Theorie 32

9 Harmonische 1–Formen 41

10 Komplexe Linienbundel uber Riemannschen Flachen 45

11 Klassifikation der Bundel vom Grad 0 52

12 Quaternionische Funktionentheorie 53

13 Komplex quaternionische Linienbundel 58

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14 Holomorphe quaternionische Linienbundel 61

15 Nullstellen holomorpher Schnitte 66

16 Gradformel 68

17 Weierstraß–Darstellung 78

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1 Einleitung

Wir betrachten Immersionen f : M2 → IR3, wobei M eine zwei–dimensionalekompakte Riemannsche Mannigfaltigkeit ist. Mit H bezeichnen wir die mittlereKrummung von f .

M

$$\Rˆ3$$ \C

Mogliche Fragestellungen:

• Existieren stetige Deformationen fur Flachen bei denen die Metrik (global)erhalten bleibt? Fur kompakte Flachen ist diese Frage ungelost.

Es gibt Bonnet–Paare, z.B. Bild: eine Sphare mit einer Beule nach außen

und eine Sphare mit der ,gleichen’ Beule nach innen.

(“Das sind aber nur 2 und keine Familie von Flachen.”)

• Betrachte das Willmore–Funktional: W (f) =∫MH2. Wann nimmt das

Willmore–Funktional sein Minimum an? Fur Flachen von Geschlecht g = 0wird das Minimum mit der Sphare W (S2) = 4π angenommen.

Gilt die Willmore–Vermutung: W (f) ≥ 2π2 fur jeden Torus?

(“Die globale Flachentheorie ist ein ziemlich unterentwickeltes Gebiet.Erst zu meinen Lebzeiten tauchten einige globale Aussagen uber von derS2 verschiedene Flachen in der Literatur auf.”)

Betrachte zunachst meromorphe Abbildungen f : M2 → C ⊂ C (d.h. fastuberall winkeltreue Abbildungen). Dies fuhrt in den Bereich der Funktionenthe-orie und der algebraischen Geometrie, sehr gut bekannte, “alte” Themen.

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(“In der Funktionentheorie betrachtet man, vom DifferentialgeometrischenStandpunkt aus, flache Flachen, also Flachen in der Ebene. Wir sind daschon etwas weiter und betrachten Flachen im R3.”)

In der algebraischen Geometrie betrachtet man zum Beispiel die Kurve

x4 + y4 − 1

2x2 − y2 = 1 in IR2.

Bild: Ein Kreis mit vier Ausbeulungen in der Ebene. (“Nun gibt es Geraden, diediese Kurve schneiden—normalerweise in 4 Punkten—und Geraden, die dieKurve nicht schneiden.”)

Durch Komplexifizierung nach C2 erhalt man eine 2–dimensionale Flache inC2 ∼= IR4, diese hat Geschlecht g = 3.

(“Diese Flache hat dann mit jeder Geraden genau 4 Schnittpunkte (mitVielfachheit gezahlt), weil im Komplexen jedes Polynom 4. Grades 4 Null-stellen besitzt. Die algebraische Geometrie ist ziemlich ausgereift und in derMathematik weit verzweigt. Man weiß ganz gut, was da so passiert — dashat sich so herausgemendelt. Demgegenuber sieht das, was man uber Flachenweiß, ziemlich erbarmlich aus.”)

In Analogie dazu will man eine Theorie fur Funktionen f : M2 → IR3 auf-bauen, also

• Differentialgeometrie von Flachen in IR3 und IR4 analog zur komplexenAnalysis aufbauen.

• Moglichst viele Satze hinuberretten, die dann als Spezialfalle die Aussagenaus der algebraischen Geometrie ergeben.

• Neue differentialgeometrische Satze beweisen.

2 Komplexe Zahlen und Quaternionen

Definition 2.1. Eine reelle Algebra (mit Eins) ist ein reeller Vektorraum Azusammen mit einer Multiplikationsabbildung · : A × A → A, (x, y) 7→ xy, mitden beiden Eigenschaften:

1. Es existiert ein Element 1 ∈ A, so daß fur alle a ∈ A

1a = a1 = a.

2. Fur alle a, b, c ∈ A gilt:

a (b+ c) = ab+ ac,

(a+ b) c = ab+ ac.

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Konkret: Sei e0 = 1, e1, . . . , en−1 Basis von A. Dann ist durch

eiej =n−1∑

k=0

ckijek, fur beliebiges ckij ∈ IR, i, j 6= 0,

eine Multiplikation definiert, die A zu einer reellen Algebra mit Eins macht.

(“Multiplikationsstabelle”)

Definition 2.2. Eine Algebra A heißt

assoziativ :⇐⇒ ∀a, b, c ∈ A : a(bc) = (ab)c

nullteilerfrei :⇐⇒ ∀a, b ∈ A : ab = 0 =⇒ a = 0 ∨ b = 0

kommutativ :⇐⇒ ∀a, b ∈ A : ab = ba

Hat eine reelle Algebra A alle drei Eigenschaften, so ist A ein Korper.

Definition 2.3. Eine lineare Abbildung ϕ : A → A heißt Algebrahomomorphis-mus, wenn

ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b).

(“Das ist die Vertraglichkeit mit der multiplikativen Struktur.”)

Proposition 2.4. Sei A eine endlich dimensionale, nullteilerfreie und assozia-tive Algebra uber IR. Dann gibt es zu jedem x ∈ A, x 6∈ IR1 ein y ∈ A undα, β ∈ IR mit

x = α1 + βy und y2 = −1.

(“Eine kommutative Unteralgebra, Kopie von C, die x enthalt.”)

Beweis. Da dimA <∞ existieren n ∈ IN, α0, . . . , αn−1 ∈ IR mit

α01 + α1x1 + . . . αn−1x

n−1 = 0.

Zerlege dieses Polynom uber IR in lineare und quadratische Faktoren:

0 = (x+ δ1) . . . (x+ δk)(x2 + β1x+ γ1) . . . (x

2 + βn−k2x+ γn−k

2).

A ist nullteilerfrei und x 6∈ IR1, damit ist ein quadratischer Faktor, z.B.x2 + βx+ γ null. Ansatz: x = z + 1, wobei ∈ IR. Dann gilt:

x2 + βx+ γ = z2 + 2z + 2 + βz + β+ γ = 0

Fur = −β2

gilt:

z2 =β2

4− γ =: δ

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1. Fall: 0 ≤ δ = η2, η ∈ IR

z2 = η2 ⇒ (z + η)(z − η) = 0⇒ z = ±η ⇒ x ∈ IR1, Widerspruch!

2. Fall: 0 > δ. Setze y := 1√−δ z. Dann gilt:

y2 =z2

−δ = −1 und x =√−δ y + 1

Wir schreiben kurz fur α ∈ IR: α1 =: α.

Satz 2.5. Jede endlich-dimensionale, kommutative, assoziative und nullteiler-freie Algebra A uber IR ist isomorph zu IR oder C.

Beweis.

1. Fall: Es existiert kein x ∈ A mit x 6∈ IR, also A = IR1 ∼= IR

2. Fall: A 6= IR. Nach der vorangehenden Proposition gibt es ein J ∈ A mitJ2 = −1. Beh: A = IR1⊕ IRJ .

Sei also x ∈ A beliebig. Dann gibt es ein y ∈ A mit x = α + βy undy2 = −1. Fur y und J gilt: 0 = y2 − J2 = (y − J)(y + J) und damity = ±J . Also x ∈ span {1, J}.

(“C ist das Schlaraffenland der Algebraiker: Man hat den Fundamental-satz der Algebra. Der Satz sagt, daß man, will man die Dimension erhohen,auf etwas verzichten muß. ⇒ Quaternionen—eine 4 dimensionale, reelle,nichtkommutative, nullteilerfreie, assoziative Algebra. Die 3. binomischeFormel bewirkt, daß es nur einen solchen Schiefkorper geben kann.”)

Beispiel 2.6 (Quaternionen). Unser Ziel ist die Konstruktion einer nichtkom-mutativen Algebra, die nullteilerfrei und assoziativ ist.

Einfachster Ansatz: Wahle 1, i, j linear unabhangig mit i2 = j2 = −1.Setzt man die Bedingung ij = ji, so fuhrt dies zu Nullteilern (“und das ist

haßlich!”):0 = i2 − j2 = (i− j)(i+ j)

Also setze ij = −ji =: k (“Dann kann ich alles ausrechnen, was ich will!”)

Also ist IH ∼= IR4 mit der Basis 1, i, j, k und der Multiplikationstabelle:

· 1 i j k

1 1 i j ki i −1 k −jj j −k −1 ik k j −i −1

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Satz 2.7 (Frobenius (1877)). Jede endlich–dimensionale, nullteilerfreie undassoziative Algebra uber IR ist isomorph zu IR, C oder IH.

Beweis. Ein Beweis findet sich in [Zahlen, S. 189]. Man beachte dabei das Kri-terium [Zahlen, S. 154]:

Eine endlich–dimensionale Algebra A 6= 0 ist genau dann nullteilerfrei, wennsie eine Divisionsalgebra ist (d.h., die beiden Gleichungen ax = b und ya = blassen sich fur a 6= 0 eindeutig nach x bzw. y auflosen).

Satz 2.8 (Bott, Kervaire, Milnor (1958)). Jede endlich-dimensionale, null-teilerfreie Algebra uber IR hat Dimension 1, 2, 4 oder 8.

Beweis. ”Bis heute konnen Algebraiker nicht zeigen, daß jede Divisionsalgebradie Dimension 1, 2, 4 oder 8 haben muß. Mit topologischen Methoden laßt sichdiese erstaunliche Tatsache beweisen.” Dieses Zitat und die Schilderung einestopologischen Beweises findet sich in [Zahlen, Kapitel 11].

Beispiel 2.9 (Cayley–Zahlen (Oktaven)). Die Oktaven sind eine nullteil-erfreie Algebra der Dimension 8. Als “Assoziativgesetz-Ersatz” hat man dasAlternativgesetz:

(a2) b = a (ab).

Die Cayley–Zahlen O sind gegeben durch eine Basis 1, e1 := 1, . . . , e8 im IR8

und folgende Multiplikationstabelle:

· e2 e3 e4 e5 e6 e7 e8

e2 −e1 e4 −e3 e6 −e5 −e8 e7e3 −e4 −e1 e2 e7 e8 −e5 −e6e4 e3 −e2 −e1 e8 −e7 e6 −e5e5 −e6 −e7 −e8 −e1 e2 e3 e4e6 e5 −e8 e7 −e2 −e1 −e4 e3e7 e8 e5 −e6 −e3 e4 −e1 −e2e8 −e7 e6 e5 −e4 −e3 e2 −e1

(Aus [Zahlen, S. 215])(“Die Oktaven sind fur viele exotische Phanomenein der Differentialgeo-

metrie verantwortlich (exotische symmetrische Raume,. . . ).Mehrere endliche Serien sind mit IR, C und IH⇒ SO(n), SU(n) und Sp(n)

verknupft, und dann tauchen so sporadische Varianten auf, wie σ2, F4, E8 ...Fur viele sporadische Falle ist O verantwortlich.

Wozu es E8 eigentlich in der Welt gibt, ist mir auch nicht so klar. Dasgibt es eben.”)

Zwei Methoden, um aus Algebren A und B neue zu machen:

1. A⊕ B mit Multiplikation: (x⊕ y)(x⊕ y) := xx⊕ yy.

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2. n× n-Matrizen uber A (mit Matrixmultiplikation).

Beachte: In beiden Fallen entstehen Nullteiler!!

Satz 2.10 (Wedderburn). Jede endlich-dimensionale, assoziative Algebra uberIR ist isomorph zu einer direkten Summe von Matrixalgebren uber IR, C oder IH.

Beweis. vgl. [].

3 Funktionentheorie fur Differentialgeometer

Definition 3.1. Eine komplexe Struktur auf einem reellen Vektorraum V ist einelineare Abbildung J : V → V mit J2 = −Id.

Ein komplexer Vektorraum ist ein reeller Vektorraum mit einer komplexenStruktur.

Bemerkung 3.2. Diese Definition stimmt mit der aus der linearen Algebra be-kannten uberein.

Beweis.“⇒”: C× V → V : (α+ βJ) v := αv + β (Jv) ist eine Skalarmultiplikation.“⇐”: Ein C-Vektorraum ist auch ein IR-Vektorraum. Durch die Multiplika-

tion mit J wird eine komplexe Struktur erklart.

Bemerkung 3.3. Das i ∈ C wird jetzt mit J bezeichnet, um Verwechslungen mitdem i ∈ IH zu vermeiden.

Folgerung 3.4. Ein endlich dimensionaler, komplexer Vektorraum hat uber IRgerade Dimension.

Definition 3.5. Eine reell lineare Abbildung A : V → W zwischen zwei kom-plexen Vektorraumen heißt komplex lineare Abbildung, wenn AJ = JA ist. MitJ ist auch −J eine komplexe Struktur. Wir fuhren folgende Bezeichnungen ein:

Hom+(V,W ) := {A ∈ HomIR(V,W ) | AJ = JA }Hom−(V,W ) := {A ∈ HomIR(V,W ) | AJ = −JA }

Hom− ist die Menge der komplex linearen Abbildungen, wenn man auf V (oderW ) J durch−J ersetzt. Die Elemente von Hom− werden auch komplex antilineareAbbildungen genannt.

Satz 3.6. Der Vektorraum der reell linearen Homomorphismen zwischen zweikomplexen Vektorraumen zerfallt kononisch in zwei isomorphe Unterraume:

HomIR(V,W ) = Hom+(V,W )⊕ Hom−(V,W ).

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Beweis. Jedes A ∈ HomIR(V,W ) laßt sich folgendermaßen in zwei Teile zerlegen:

A =1

2(A− JAJ)

︸ ︷︷ ︸=:A+ ∈Hom+(V,W )

+1

2(A+ JAJ)

︸ ︷︷ ︸=:A− ∈Hom−(V,W )

.

Sei nun A ∈ Hom+(V,W ) und A ∈ Hom−(V,W ), dann gilt:

JA = AJ = −JA⇒ 0 = JA ⇒ 0 = J2A ⇒ A = 0.

Also ist die Summe der beiden Vektorraume eine direkte Summe.

Definition 3.7. Eine fast komplexe Struktur auf einer Mannigfaltigkeit M istein Tensorfeld J : TM → TM , so daß:

1. J2 = − Id

2. J ist glatt, d.h. X ∈ Γ(TM)⇒ JX ∈ Γ(TM)

Eine Mannigfaltigkeit M mit einer fast komplexen Struktur heißt fast kom-plexe Mannigfaltigkeit. Eine glatte Abbildung f : M → N zwischen fast kom-plexe Mannigfaltigkeiten heißt holomorph, wenn Jdf = dfJ , d.h. wenn alledpf : TpM → Tf(p)N komplex linear sind. Ein holomorpher Diffeomorphismusheißt biholomorph. Eine fast komplexe Mannigfaltigkeit M heißt komplex, wennM lokal biholomorph zu Cn ist. J heißt dann komplexe Struktur auf M .

Beispiele 3.8.

1. Cn bzw. ein endlich-dimensionaler komplexer Vektorraum

2. Sei (M, g) eine 2-dimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit. Fur einenVektor X ∈ TpM definiere JX ∈ TpM durch

(a) g(JX,X) = 0,

(b) |JX| = |X| und

(c) X 6= 0⇒ (X, JX) ist positiv orientiert.

J ist die Drehung um 90◦ im positiven Sinn. Allein mit J kann man denWinkel α zwischen zwei Vektoren X und Y ∈ TpM , X,Y 6= 0 durch:

Y

|Y | = cosαX

|X| + sinαJX

|X|

definieren. α andert sich nicht, wenn man die Metrik g durch ein positivesVielfaches g = e2ug, u ∈ C∞(M) ersetzt.

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Definition 3.9. Eine konforme Struktur auf einer n–dimensionalen Mannig-faltigkeit M ist eine Aquivalenzklasse von konform aquivalenten RiemannschenMetriken, wobei

gconf∼ g :⇐⇒ ∃u ∈ C∞(m) : g = e2ug.

Satz 3.10.

a) Ist M eine fast komplexe Mannigfaltigkeit, so gibt es eine RiemannscheMetrik auf M , so daß fur alle X, Y ∈ TpM gilt:

g(JX, JY ) = g(X,Y ).

Gilt diese Gleichung fur eine Metrik g, dann folgen immer die beiden Glei-chungen: g(JX, Y ) = −g(X, JY ) und damit g(JX,X) = 0.

b) Ist dimM = 2, so sind alle solche Metriken konform aquivalent.

Beweis.

a) Sei h irgendeine Riemannsche Metrik. Definiere mit h eine neue Metrik g:

g(X,Y ) := h(X,Y ) + h(JX, JY )

⇒ g(JX, JY ) = h(JX, JY ) + h(J2X, J2Y ) = g(X,Y )

⇒ g(JX, Y ) = −g(JX, J2Y ) = −g(X, JX)

b) Sei X ∈ TpM , X 6= 0 definiere:

g(X,X) =: > 0.

Dann istX, JX eine Basis von TpM mit g(X, JX) = 0 und g(JX, JX) = .Fur eine zweite Metrik g laßt sich also schreiben:

g(X,Y ) =

˜g(X,Y )

Auf zweidimensionalen Flachen bestimmt also eine fast komplexe Struktur,sowohl eine konforme Struktur, als auch eine Orientierung:

{fast komplexe Strukturen auf M2

}↔

{konforme Struktur

und Orientierungauf M2

}

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Definition 3.11. Seien M und N Mannigfaltigkeiten mit konformen Strukturen.Eine glatte Abbildung f : M → N heißt konform, wenn fur alle p ∈ M und alleX, Y ∈ TpM mit X, Y 6= 0 gilt:

|df(X)||X| =

|df(Y )||Y |

Bemerkung 3.12. In der obigen Definition ist die Norm durch eine beliebige Me-trik aus der konformen Klasse gegeben. Bei Metrikwechsel in der konformenKlasse bleibt die Konformitat der Abbildung erhalten.

Satz 3.13. Ist f konform, so ist dpf : TpM → Tf(p)N entweder die Nullabbildungoder bis auf einen Faktor eine Isometrie.

Beweis. Sei X ∈ TpM und dpf(X) 6= 0, dann gilt mit s := |X||dpf(X)| fur alle

Y ∈ TpM die Gleichung:

|s dpf(Y )| = s |Y | |dpf(X)||X| = |Y |.

Bemerkung 3.14.

(i) Eine glatte Abbildung f : M → N ist genau dann konform, wenn fur allep ∈M und jeweils zwei Vektoren X, Y ∈ TpM \{0} mit gM(X,Y ) = 0 und|X| = |Y | gilt: |dpf(X)| = |dpf(Y )| und gN(dpf(X), dpf(Y )) = 0.

Ist f namlich bis auf einen Faktor eine Isometrie oder die Nullabbildung,dann folgen die beiden Gleichungen sofort. Erfullt f die beiden Gleichung-en, dann folgt aus dem Satz von Pythagoras fur Z = aX + bY :

|dpf(Z)|2|Z|2 =

a2|dpf(X)|2 + b2|dpf(Y )|2a2|X|2 + b2|Y |2 =

(a2 + b2)|dpf(Y )|2(a2 + b2)|Y |2 =

|dpf(Y )|2|Y |2

(ii) Speziell im Fall f : Moffen⊂ IR2 ∼= C→ C ist die Bedingung der Konformitat

gerade gegeben durch

|fx| = |fy|, 〈fx, fy〉 = 0.

Wie sehen winkeltreue lineare Abbildungen in IR2 aus?

(i) Die winkel- und orientierungserhaltenden setzen sich aus Streckungen undDrehungen (Isometrien):

(cosα − sinαsinα cosα

), α ∈ IR

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zusammen. Die Drehstreckungen werden durch folgende Matrizen gegeben:

{a(

cosα − sinαsinα cosα

), α ∈ IR} = {

(a −bb a

), a, b ∈ IR}.

(ii) Die orientierungsumkehrenden, winkelerhaltenden, linearen Abbildungen inIR2 sind aus Streckungen und Spiegelungen (Isometrien) zusammengesetzt:

(cosα sinαsinα − cosα

), α ∈ IR.

Die Streckspiegelungen sind demnach durch:

{b(

cosα sinαsinα − cosα

), α ∈ IR} = {

(c dd −c

), c, d ∈ IR}

gegeben.

Definiert man J auf IR2 durch J =

(0 −11 0

), so entsprechen die Dreh-

streckungen gerade Hom+, die Streckspiegelungen Hom−. J ist die ubliche Mul-tiplikation mit i ∈ C ∼= IR.

Betrachte nun f : M → IR2 = C eine Funktion auf einem zusammenhang-enden Gebiet M ⊂ IR2. Nach dem Satz 3.6 konnen wir df = df+ + df− mit zweieindeutig definierten Abbildungen df+ und df− schreiben. Fur X ∈ TpM giltdann:

df+(X) =: fz(p)X fur ein fz(p) ∈ C,

df−(X) =: fz(p) X fur ein fz(p) ∈ C,

Definiere ferner die C–wertigen 1–Formen dz und dz auf C durch dz(X) = X,dz(X) = X. Dann gilt:

df = fzdz + fzdz.

Sei f = f1 + Jf2 die Zerlegung von f in Real- und Imaginarteil und seiendurch z = x + Jy reelle Koordinaten auf C gegeben, dann lassen sich fz und fzfolgendermaßen berechnen:

df+ =1

2

(df − JdfJ) =

1

2

((f1x f1y

f2x f2y

)−

(−f2y f2x

f1y −f1x

))

=1

2

(f1x + f2y f1y − f2x

f2x − f1y f2y + f1x

),

damit haben wir:

fz =1

2

(f1x + f2y + J(f2x − f1y)

)=

1

2

(fx − Jfy

),

und analog fz = 12

(fx + Jfy

).

Oft findet man auch die Notation: ∂f = df+, ∂f = df−.

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Bemerkung 3.15. Eine glatte Abbildung f : M ⊂ C→ C ist genau dann konform,wenn in jedem Punkt p ∈M : fz(p) = 0 oder fz(p) = 0 ist. Denn wir haben:

4 fz fz = (fx − Jfy)(fx − Jfy) = |fx|2 − |fy|2 − J(fxfy + fyfx)

= |fx|2 − |fy|2 − 2J Re(fxfy) = |fx|2 − |fy|2 − 2J〈fx, fy〉.

Also ist in jedem Punkt p einer der Faktoren genau dann Null, wenn f in pkonform ist.

Definition 3.16. Eine Abbildung f : M ⊂ C→ C heißt holomorph, falls fz = 0,bzw. antiholomorph, falls fz = 0.

Bemerkung 3.17. Offensichtlich gilt: f antiholomorph =⇒ f holomorph. DieseDefinition stimmt mit der Definition 3.7 von holomorphen Abbildungen zwischenkomplexen Mannigfaltigkeiten uberein.

Satz 3.18. Jede konforme Abbildung f : M → IR2 auf M ⊂ IR2 offen und zusam-menhangend, ist holomorph oder antiholomorph. Ist sie gleichzeitig holomorphund antiholomorph, so ist sie konstant.

(“Eine nicht konstante, konforme Abbildung auf einem Gebiet, ist alsoentweder auf ganz M holomorph oder auf ganz M antiholomorph.”)

Beweis. Betrachte die Mengen

M+ = { p ∈M | dpf 6= 0, fz(p) = 0 }M− = { p ∈M | dpf 6= 0, fz(p) = 0 }M0 = { p ∈M | dqf = 0, fur alle q in einer Umgebung von p }

Diese Mengen sind offen und es gilt M+ ∪M0 ∪M− = M . Die Funktionen fzz,fzz sind glatt und auf M+ ∪M0 ∪M− ist mindestens eine von beiden 0. Nun istfzz = fzz, weil:

fzz =1

2(fx − Jfy)z =

1

4(fxx − Jfyx + Jfxy + fyy) =

1

4(fxx + fyy) = analog. . . = fzz.

Da beide Funktionen auf M glatt sind, sind beide auf ganz M identisch 0. Damitfolgt, daß fz holomorph ist und damit eine holomorphe Stammfunktion g, d.h.gz = fz mit gz = 0, besitzt. Analog existiert eine antiholomorphe Funktion h mithz = fz und hz = 0.

Damit ist f − g− h konstant, da (f − g− h)z = (f − g− h)z = 0. Also habenwir f = h + g (ersetze etwa g durch g + Konstante). Angenommen M+ 6= ∅.Dann ist fz = hz = 0 auf M+. Also ist h auf M+ und daher als antiholomorpheFunktion auf ganz M konstant. Daraus folgt f = g (o.B.d.A h = 0). Also ist indiesem Fall f holomorph. Die beiden anderen Falle zeigt man analog.

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Bemerkung 3.19. Außerdem haben wir gezeigt, daß sich jede harmonische Funk-tion, d.h. ∆f = 4fzz = 0, als Summe

f = g + h

einer holomorphen Funktion g und einer antiholomorphen Funktion h schreibenlaßt.

(“Man kann sich dieselbe Frage auch fur f : C → IR3 stellen. Was dapassiert ist nicht so klar.”)

Satz 3.20. Sei M2 eine orientierte Mannigfaltigkeit. Dann gilt:

a) Jede fast komplexe Struktur auf M ist komplex

b) Jede Riemannsche Metrik g auf M ist lokal konform flach, d.h. zu jedemPunkt p ∈M existiert eine Umgebung U von p und ein u : U → IR glatt, sodaß g = e2ug eine flache Metrik auf U ist.

c) Zu jeder Riemannschen Metrik g und jedem Punkt p ∈ M existiert eineUmgebung U von p und ein konformer Diffeomorphismus ϕ : U → IR2.

d) Zu jeder Riemannschen Metrik g und jedem Punkt p ∈ M existiert eineoffene Teilmenge V ⊂ IR2, eine Umgebung U von p und ein konformerDiffeomorphismus ϕ : V → U mit |fx|2 = |fy|2, 〈fx, fy〉 = 0. ϕ heißtisotherme Parametrisierung von M in p.

Beweis. Zunachst sind a) – d) aquivalent; wir beweisen spater b).a) ⇒ c): Die Riemannsche Metrik g induziert auf der orientierten Mannig-

faltigkeit M eine fast komplexe Struktur. Diese ist nach a) komplex. Also ex-istiert fur jeden Punkt p ∈ M eine Umgebung U und eine biholomorphe Abbil-dung ϕ : U → C ∼= IR2. Nach Satz 3.18 ist ϕ oder ϕ ein konformer Diffeomor-phismus.

c)⇔ d): Die Umkehrabbildung ϕ−1 eines Diffeomorphismus ϕ ist genau dannkonformen, wenn ϕ konform ist. Die beiden Gleichungen in d) sind nach derBemerkung 3.14 aquivalent zur Konformitat von ϕ.

c) ⇒ b): Die durch die Abbildung ϕ auf U induzierte Metrik ist flach. Diebiholomorphe Abbildung ϕ bildet die komplexe Struktur von M auf die der Stan-dardmetrik von C ab. Daher stimmt die komplexe Struktur der induzierten mitder der Ausgangsmetrik uberein. Aus Satz 3.10 b) folgt daher, daß die durch ϕinduzierte Metrik zu g konform aquivalent ist. Also ist g auf U konform flach.

b) ⇒ a): Sei M eine fast komplexe Mannigfaltigkeit, dann gibt es nachSatz 3.10 a) eine Metrik g aufM , deren komplexe Struktur gerade die vorgegebeneist. Sei p ∈M ein beliebiger Punkt in M . Aus b) folgt, es existiert eine zu g kon-form aquivalente, flache Metrik g auf einer Umgebung U von p. Also gibt es eineIsometrie (bzgl. g) ϕ : U → C. Diese Isometrie, kann man durch Austauschenvon ϕ durch ϕ orientierungserhaltend wahlen. Dann ist aber ϕ ein holomorpherDiffeomorphismus.

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Um b) zu beweisen, mussen wir zunachst den Laplace–Operator einfuhrenund verstehen.

4 Vektoranalysis auf Riemannschen Mannigfal-

tigkeiten

Sei Mn eine Riemannsche Mannigfaltigkeit. Definiere zu einem Vektorfeld Y aufM die 1–Form ω und die n− 1–Form η durch

ω(X) := 〈Y,X〉,η(X2, . . . , Xn) := ωg(Y, X2, . . . , Xn), X, X2, . . . , Xn ∈ Γ(TM),

wobei ωg das Volumenelement von M bzgl. g = 〈 , 〉 bezeichne.

Proposition 4.1. Sind ω, η bzw. ω, η die zu Y und Y definierten Formen, danngilt:

ω ∧ η = 〈Y, Y 〉ωg.Beweis. Seien X1, . . ., Xn positiv orientierte, lokale orthonormale Vektorfelder.Definiere die dualen 1–Formen ωi, i = 1, . . . , n durch ωi(Xj) := δij.

Fur Y =∑n

i=1 yiXi, Y =∑n

i=1 yiXi haben wir dann:

ω =n∑

i=1

yiωi, η =n∑

i=1

(−1)i+1yiω1 ∧ . . . ∧ ωi ∧ . . . ∧ wn.

Damit gilt:

ω ∧ η =n∑

i,j=1

yiyj(−1)i+1ωi ∧ ω1 ∧ . . . ∧ ωj ∧ . . . ∧ ωn

=n∑

i=1

yiyiωg.

Noch einmal zur Erinnerung:

Definition 4.2. Der Gradient von f ∈ C∞ ist definiert durch:

df(X) = Xf =: 〈grad f,X〉 fur alle X ∈ TM.

Fur eine 1–Form ω ist

dω(X,Y ) = Xω(Y )− Y ω(X)− ω([X,Y ]).

Die Divergenz eines Vektorfeldes Y ist definiert durch

dη =: divY ωg, wobei η die wie oben definierte (n− 1)–Form sei.

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Satz 4.3. Seien X1, . . ., Xn eine ON Basis von TpM . Dann gilt in p ∈M :

divY =n∑

i=1

〈∇XiY,Xi〉 = tr(X 7→ ∇XY ) = tr(∇Y ).

Beweis. Setze die ONB X1, . . ., Xn in einer Umgebung U von p, auf der exppein Diffeomorphismus ist, durch Parallelverschibung entlang von geodatischenStrahlen, die in p starten, zu einem ONB Feld fort. Dann gilt:

∇ZXi|p = 0 fur alle Z ∈ TpM .

Betrachte zunachst den Fall Y = X1. Dann ist η = ω2 ∧ . . . ∧ ωn und wir haben:

dωi(Xj, Xk) = Xj ωi(Xk)−Xk ωi(Xj)− ωi([Xj, Xk])

= 〈∇XjXi, Xk〉+ 〈Xi,∇Xj

Xk〉 − 〈∇XkXi, Xj〉 − 〈Xi,∇Xk

Xj〉− 〈Xi,∇Xj

Xk −∇XkXj〉

⇒ dpωi = 0

Fur dη gilt dann:

dη =n∑

i=2

(−1)i ω2 ∧ . . . ∧ dωi ∧ . . . ∧ ωn

⇒ dpη = 0

⇒ divY (p) = 0 =n∑

i=1

〈∇XiX1, Xi〉p =

n∑

i=1

〈∇XiY,Xi〉p

Der Fall Y = Xl geht genauso. Sei nun Y = fY , mit f ∈ C∞(M). Dann folgtη = fη und daher:

dη = df ∧ η + fdη = (〈grad f, Y 〉+ fdivY )ωg

⇒ div Y = 〈grad f, Y 〉+ fdivY.

Sei nun allgemein Y =∑yiXi, die Koordinatendarstellung eines beliebigen

Vektorfeldes in U . Dann gilt:

divY (p) =∑

i

div (yiXi)(p) =∑

i

〈grad yi, Xi〉p + yi(p) divXi(p)︸ ︷︷ ︸= 0

=∑

i

Xi(yi)(p) =∑

i,j

〈(Xj(yi))Xi, Xj〉p

=∑

i,j

〈∇Xj(yiXi)− yi∇Xj

Xi︸ ︷︷ ︸= 0

, Xj〉p =∑

j

〈∇XjY,Xj〉p

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Bemerkung 4.4. Im Beweis haben wir eine Formel fur div (fX) hergeleitet, diewir spater noch brauchen. Deshalb sei sie hier nochmals angegeben:

div (fX) = 〈grad f,X〉+ fdivX.

Nach diesen Vorbereitungen laßt sich die Frage: ”Wie andert sich die Krum-mung bei konformer Anderung der Metrik?” mit handhabbaren Formeln beant-worten. Sei (M, g) eine Riemannsche Mannigfaltigkeit, g = e2ug eine zu g kon-forme Metrik. Wir schreiben dann 〈 , 〉 := g und G := gradg u, also insbesondere〈G,X〉 = Xu. Damit erhalten wir folgende Formel fur den Levi–Civita Zusam-menhang ∇ bezuglich g.

Proposition 4.5. Es gilt

∇XY = ∇XY + 〈X,G〉Y + 〈Y,G〉X − 〈X,Y 〉G.

Beweis. Der soeben definierte Zusammenhang ∇ ist torsionsfrei und erfullt

∇g = 0,

denn:

Xg(Y, Z) = 2(Xu)e2u〈Y, Z〉+ e2uX〈Y, Z〉= 2〈G,X〉e2u〈Y, Z〉+ e2u〈∇XY, Z〉+ e2u〈Y,∇XZ〉

g(∇XY, Z) = e2u〈∇XY + 〈X,G〉Y + 〈Y,G〉X − 〈X,Y 〉G,Z〉= e2u〈∇XY, Z〉+ e2u〈X,G〉〈Y, Z〉+ e2u〈Y,G〉〈X,Z〉

−e2u〈X,Y 〉〈G,Z〉g(Y, ∇XZ) = e2u〈Y,∇XZ + 〈X,G〉Z + 〈Z,G〉X − 〈X,Z〉G〉

= e2u〈∇XZ, Y 〉+ e2u〈X,G〉〈Y, Z〉+ e2u〈Z,G〉〈X,Y 〉−e2u〈X,Z〉〈G, Y 〉

Mit diesem Ergebnis erhalten wir fur die Schnittkrummungen die folgendeBeziehung.

Proposition 4.6. Sei σ = span(X,Y ) und X, Y ∈ TpM orthonormal. Danngilt fur die Schnittkrummung bezuglich g von σ:

K(σ) = e−2u(K − 〈∇X(gradg u), X〉 − 〈∇Y (gradg u), Y 〉 − | grad⊥g |2),

wobei K(σ) die Schnittkrummung von σ bezuglich g bezeichnet und grad⊥g den zu

σ senkrechten Teil von gradg u.

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Im Fall dimM = 2 ist σ = TpM die einzig mogliche Wahl und die Schnitt-krumung ist die Gaußsche Krummung der 2–dimensionalen Mannigfaltigkeit.Außerdem fallt der senkrechte Teil von gradg u weg. Damit erhalten wir mitder Formel fur die Divergenz (Satz 4.3) folgende Beziehung fur die GaußschenKrummungen der Metriken g und g.

Korollar 4.7. Ist dimM = 2, dann gilt:

K(σ) = e−2u(K(σ)− div g grad u).

Beweis der Proposition. Wir konnen X und Y in einer Umgebung von p ∈ Mzu orthonormalen Vektorfeldern fortsetzen, so daß ∇ZX = ∇ZY = 0 fur alleZ ∈ TpM ist.

Dann gilt an der Stelle p (beachte [X,Y ]p = 0):

R(X,Y )Y = ∇X∇Y Y − ∇Y ∇XY

= ∇X(∇Y Y + 2〈Y,G〉Y −G)

−∇Y (∇XY + 〈X,G〉Y + 〈Y,G〉X)

= ∇X(∇Y Y + 2〈Y,G〉Y −G)

+〈X,G〉(∇Y Y + 2〈Y,G〉Y −G)

+〈∇Y Y + 2〈Y,G〉Y −G,G〉X−〈X,∇Y Y + 2〈Y,G〉Y −G〉G−∇Y (∇XY + 〈X,G〉Y + 〈Y,G〉X)

−〈Y,G〉(∇XY + 〈X,G〉Y + 〈Y,G〉X)

−〈∇XY + 〈X,G〉Y + 〈Y,G〉X,G〉Y+〈Y,∇XY + 〈X,G〉Y + 〈Y,G〉X〉G

Fur die Schnittkrummung K(σ) haben wir dann:

〈R(X,Y )Y,X〉 = 〈R(X,Y )Y,X〉 − 〈∇XG,X〉 − 〈X,G〉2 + 2〈Y,G〉2−〈G,G〉+ 〈X,G〉2 − 〈Y,∇YG〉 − 〈Y,G〉2 + 〈X,G〉2

Definiere G⊥ := G − 〈G,X〉X − 〈G, Y 〉Y , die orthogonale Projektion von Gauf σ (insbesondere im Fall dimM = 2 erhalt man also G⊥ = 0). Dann habenwir folgende Formel bewiesen:

〈R(X,Y )Y,X〉 = 〈R(X,Y )Y,X〉 − 〈∇XG,X〉 − 〈∇YG, Y 〉 − |G⊥|2.Sei X = e−uX, Y = e−uY eine ONB von σ bzgl. g dann gilt fur die Schnitt-krummung:

K(σ) = g(R(X, Y )Y , X) = e−2u〈R(X,Y )Y,X〉= e−2u(K − 〈∇X(gradg u), X〉 − 〈∇Y (gradg u), Y 〉 − | grad⊥

g |2).

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Definition 4.8. Sei M eine Riemannsche Mannigfaltigkeit. Wir definieren denLaplace–Operator ∆: C∞(M)→ C∞(M), ∆f := −div grad f .

Beispiel 4.9. “Physikalische Bedeutung”:

∂2f

∂t2−∆f = 0,

ist die Wellengleichung fur f : IR × M → R. Periodische Losungen sind dieEigenschwingungen, gilt ∆f = λf mit λ Eigenfrequenz, so hat man die Problem-stellung: “Can you hear the shape of a drum?”

Fur den Satz 3.20 ist also folgendes Problem zu losen: Gibt es eine Funk-tion u : M → IR mit ∆u = −K? Die Losung ist dann eindeutig bis auf eineharmonische Funktion h, d.h. ∆h = 0.

Ansatz zur Losung des Problems:(“ Klebe U ⊂ M in einen Torus und mache ihn dann durch konforme

Anderung flach. Das wird funktionieren, weil beim Torus∫K = 0 ist.”)

Sei jetzt (M, g) immer eine kompakte Riemannsche Mannigfaltigkeit.

Zu f , g ∈ C∞(M) definiere

〈f, g〉 =

M

fg,

dann ist (C∞(M), 〈 , 〉) ein Prahilbertraum.

Satz 4.10. Der Laplace–Operator ist selbstadjungiert im folgenden Sinn:

〈∆f, g〉 = 〈f,∆g〉, f, g ∈ C∞(M).

(“Ein Graus fur Funktionalanalytiker. Wir haben namlich keinen Hilber-traum, also ist der Begriff selbstadjungiert ein wenig fraglich”)

Beweis. Mitdiv (fX) = 〈grad f,X〉+ fdivX

erhalten wirdiv (f grad g) = 〈grad f, grad g〉 − f∆g.

Ferner gilt fur beliebiges Vektorfeld Y∫

M

divY wg =

M

dη =

∂M

η = 0

und also ∫f∆g =

∫〈grad f, grad g〉 =

∫g∆f.

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Satz 4.11. Auf einer kompakten Riemannschen Mannigfaltigkeit gilt:

∆f = 0 ⇐⇒ f = const.

Beweis. Die nicht ganz triviale Richtung bekommt man mit:

∫f∆f =

∫| grad f |2 = 0

Satz 4.12. Ist ∆f = g, so gilt∫Mg = 0.

Beweis. ∫

M

∆f =

M

1∆f =

M

∆1f = 0.

Dieser Satz bedeutet, daß Im (∆) ⊂ Ker(∆)⊥.

Nun gilt im Allgemeinen fur selbstadjungierte Abbildungen A : V → V :

Im (A) ⊂ Ker(A)⊥,

da 〈Av,w〉 = 〈v, Aw〉 = 0 fur w ∈ KerA. Ist V endlichdimensional, dann giltIm (A) = Ker(A)⊥, im Allgemeinen ist dies jedoch nicht wahr. Wir wollen furden Laplace–Operator zeigen: Im (∆) = Ker(∆)⊥. Anders formuliert heißt das:

Satz 4.13 (von Hodge). Fur g ∈ C∞(M) ist die Gleichung ∆f = g genaudann fur ein f ∈ C∞(M) losbar, wenn

∫Mg = 0 ist.

Bemerkung 4.14. Mit diesem Satz ist dann ∆u = −K auf dem Torus losbar(∫MK = 0 mit Gauß–Bonnet).

Beweis. Einen Beweis findet man in dem Buch von Frank W. Warner [War].

(“Jetzt kleben wir alles zusammen...”)

Korollar 4.15. Sei M ein 2–dimensionaler Torus mit Riemannscher Metrik g.Dann gibt es u ∈ C∞(M), so daß g = e2ug konform flach ist.

Satz 4.16. Sei M 2–dimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit. Dann gibt eszu p ∈ M eine Umgebung V von p und ein u ∈ C∞(V ), so daß g = e2ug eineflache Metrik auf V ist.

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p

W

\tilde\varphi

\tilde W\varphi

D {1/2}

D \Rˆ2

Bild 1: Verkleben

Beweis. Nimm irgendeinen Torus M mit Riemannscher Metrik, W ⊂ M eineUmgebung von p ∈ M , die diffeomorph zu D = { q ∈ IR2 | |q|2 < 1 } vermoge ϕ,mit ϕ(p) = 0, ist. Wahle ebenso W ⊂ M diffeomorph zu D via ϕ.

Sei D1/2 = {q ∈ D||q| < 12} ⊂ D und definiere V = ϕ−1(D1/2). Dann ist

W , M\V eine offene Uberdeckung von M .Betrachte ρ1, ρ2 als untergeordnete Partition der Eins, also

ρj ∈ C∞(M), supp(ρ1) ⊂ W , supp(ρ2) ⊂ M\V , ρ1 + ρ2 = 1, ρj ≥ 0.

Wir haben jetzt zwei Metriken auf W . Die ursprungliche Metrik g2 := g|Wund g1 := (ϕ−1 ◦ ϕ)∗g, wobei g die Metrik von M ist. Definiere eine Metrik aufM durch

g3 = ρ1g1 + ρ2g2.

(“g2 ist eine symmetrische Bilinearform auf W , glatt fortsetzbar auf M ,

außerhalb von W also 0”)

Wahle nun u ∈ C∞(M), so daß g3 = e2ug3 flach ist. Auf der offenen MengeV gilt: g3 = g1 und (V , g1) ist isometrisch zu ϕ−1(D0

1/2) =: V . Damit erfullt

u := u ◦ ϕ−1 ◦ ϕ die Forderung.

5 Vektorbundel uber Mannigfaltigkeiten

Definition 5.1. Sei M eine Mannigfaltigkeit. Ein k–dimensionales Vektorbundeluber M ist gegeben durch:

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1. eine Mannigfaltigkeit E und eine Projektionsabbildung π : E →M ,

2. die Struktur eines k–dimensionalen Vektorraumes auf jeder Faser Ep :=π−1(p), p ∈ M , mit der Eigenschaft, daß es zu jedem p ∈ M eine Umge-bung U und einen Diffeomorphismus ϕ : π1(U) → U × IRk gibt, so daßϕ(π−1(q)) = { q } × IRk fur q ∈ U ist und ϕ|π−1(q) eine lineare Bijektion.

Beispiele 5.2.

• M × IRk

• Tangentialbundel TM

• Kotangentialbundel T ∗M mit Fasern T ∗pM = (TpM)∗.

• Λl(M) = {ω alternierende l–Linearform} ist ein

(nl

)–dimensionales Vek-

torbundel uber M.

Definition 5.3. Sei E ein Vektorbundel uber M . Eine Abbildung ψ : M → Eheißt Schnitt, falls π ◦ ψ = idM . Die Menge der Schnitte schreiben wir kurzΓ(M,E) oder Γ(E)

Beispiele 5.4.

• Ein Schnitt ψ von M × Rk ist (fast) dasselbe, wie eine C∞–Funktionf : M → IRk, ψ(p) = (p, f(p)).

• X ∈ Γ(TM) (Vektorfelder auf M)

• ω ∈ Γ(Λl(T ∗M)) l–Differentialform auf M .

• Sei f : M → M eine Immersion. Das Normalenbundel N f ist definiert durchN fp := {Y ∈ Tf(p)M | Y ⊥ dpf(TpM) }. Die Normalenvektorfelder sind die

Schnitte in diesem Bundel.

• Alle Operationen aus der Linearen Algebra, die aus vorhandenen Vek-torraumen neue machen, gehen auch fur Vektorbundel: E k–dimensionalesVektorbundel, F l–dimensional:

– E ⊕ F , ein k + l–dimensionales Vektorbundel,

– Hom(E,F ), ein kl–dimensionales Vektorbundel,

– E∗, ein k–dimensionales Vektorbundel.

Definition 5.5. Eine Untermannigfaltigkeit F eines Vektorbundels E uber Mheißt l–dimensionales Unterbundel, wenn fur alle p ∈ M Ep ∩ F ein l–dimensio-naler Unterraum von Ep ist.

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Proposition 5.6. Ist E ein Vektorbundel uber M , N eine Mannigfaltigkeit,f : N → M glatt, dann ist f ∗E := { (p, ψ) | p ∈ N,ψ ∈ Ef(p) } ein Vektorbundeluber N , das zuruckgeholte Bundel.

(“Fingerubungen”)

Beispiel 5.7. Sei f : M → M eine glatte Abbildung, dann ist das unter f vonTM zuruckgeholte Bundel f ∗(TM) = TM ⊕N f , wenn man den TangentialraumTM mit df(TM) identifiziert.

Definition 5.8. Seien E und F zwei Vektorbundel uber M . Ein Bundelhomo-morphismus von E nach F ist ein Schnitt von Hom(E,F ). Ein Bundelisomor-phismus ist ein Bundelhomomorphismus, der in jedem Punkt bijektiv ist.

6 Transversalitat

Sei M kompakt, N Untermannigfaltigkeit von N .

\tilde N

NM

Bild 2: “erste Version....”

Definition 6.1. f : M → N glatt. Eine Teilmenge A ⊂ C∞(M, N) heißt dichtim Sinne der C∞–Topologie, falls gilt:

Uberdeckt man f(M) fur ein f ∈ C∞(M, N) mit Karten (Uα, ϕα) und M mitKarten (Vα, ψα), dann gibt es zu jedem ǫ > 0 ein g ∈ A mit der Eigenschaft, daß

|Di1...ik(ϕα ◦ f ◦ ψ−1β − ϕα ◦ g ◦ ψ−1

β )| < ǫ, fur alle p ∈M, i1, . . . , ik ∈ IN, α, β.

Wir benutzen auch die Sprechweise: A ist generisch.

Ubungsaufgabe 6.2. Diese Definition ist unabhangig von der Kartenwahl.

Definition 6.3. In der obigen Situation heißt f transversal zu N , falls fur allep ∈ f−1(N):

dpf(TpM) + Tf(p)N = Tf(p)N .

Wir schreiben f ⋔ N .

Theorem 6.4 (Transversalitatssatz). In der obigen Situation ist die Mengeder zu N transversalen f ∈ C∞(M, N) dicht im Sinne der C∞–Topologie.

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Wir brauchen eine etwas allgemeinere Formulierung. Betrachte die trivialenBundel, die als Zuruckziehung der Tangentialbundel TM und TN mit den Ab-bildungen πM : M × N → M und πN : M × N → N entstehen. Dann istE := Hom(π∗

M(TM), π∗NTN) ein Vektorbundel uber M × N .

Theorem 6.5 (Spezialfall des Jet–Transversalitatssatzes). Sei N eineUntermannigfaltigkeit von E. Dann ist die Menge aller f ∈ C∞(M, N), fur diedie Abbildung

M ∋ p 7→ (p, f(p), dpf) ∈ Etransversal zu N ist, dicht im Sinne der C∞–Topologie,

Eine direkte Anwendung des Jet–Transversalitatssatzes ist

Korollar 6.6. Sei M eine kompakte Flache, γ : S1 → M eine geschlosseneKurve. Dann kann man γ so storen, daß γ eine Immersion wird.

Beweis. In diesem Fall ist dimE = dimS1×M+dim Hom(IR, IR2) = 1+2+2 = 5.Sei nun N der Nullschnitt von E, dann ist die Dimension von N gerade 3. Daaber dimS1 + dimN = 4 < dimE gilt also

df ⋔ N =⇒ f(S1) ∩N = ∅.

Eine andere Anwendung (Flachen in IR3): Ist M eine kompakte Flache undN = IR3, dann ist dimE = 2 + 3 + 6 = 11. Nun kann also fur jedes f durcheine kleine Storung erreicht werden, daß dpf 6= 0 fur alle p ∈ M , da wir furdas fragliche N (die Null–Abbildungen in jeder Fasser von E) haben: dimN =dim(M) + dim(IR3) = 5, dim(dpf(TpM)) + dimN = 2 + 5 < 11 = dimE,

Fur die Frage, ob man erreichen kann, daß rank dpf = 1 ist fur alle p, berrech-nen wir dimN = 2+3+2+2. Die vorletzte 2 ist dabei die Dimension der 1-dimUntervektorraume von IR3 (mogliche dpf(TpM)’s) und die letzte 2 die Dimensionder Abbildungen von TpM in einen solchen 1–dimensionalen Unterraum von IR3.Also haben wir dim(dpf(TpM)) + dimN = 2 + 9 = 11 = dimE.

(“Bei Gleichheit wendet man die folgende Tatsache an:”)

Proposition 6.7. Ist f ⋔ N so folgt, daß f−1(N) eine (dimM+dimN−dim N)–dimensionale Untermannigfaltigkeit von M ist.

Damit geht es oben weiter mit: rank dpf = 1 tritt generischerweise in isolier-ten Punkten auf, weil eine 0–dimensionalen kompakte Untermannigfaltigkeit vonM aus isolierten Punkten besteht.

Hier noch eine letzte, aber im Folgenden sehr wichtige Anwendung des Trans-versalitatssatzes.

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f

MN

\tilde N

Bild 3: “erste Version....”

Korollar 6.8. Seien γ und γ : S1 → M2 zwei Wege in einer kompakten Flache.Dann ist der Zustand, γ und γ sind Immersionen sowie γ′(p) und γ′(p) sindlinear unabhangig, wenn immer γ(p) = γ(p) ist, generisch.

Beweis. Wie in den anderen Anwendungen, genugt es einzusehen, daß:

10 < 14

ist.

7 Homologie und Kohomologie von Flachen

f

MN

\tilde N

Bild 4: “erste Version....”

Sei ω eine geschlossene 1–Form, d.h. dω = 0. Zu untersuchen: Wie hangt∫γw :=

∫S1 γ

∗w von γ und ω ab?

Definition 7.1. 1. Zwei geschlossene 1–Formen ω, ω heißen kohomolog, inZeichen: ω ∼ ω, wenn

ω = ω + df fur ein f ∈ C∞(M).

Die Menge der Kohomologieklassen bezeichnen wir mit H1(M).

Zur Erinnerung: Eine 1–Form ω heißt exakt, falls ein f ∈ C∞(M) existiertmit ω = df , also

ω ∼ ω ⇐⇒ ω − ω ist exakt (kohomolog zu Null).

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2. Seien γj : Rj → M glatt, j = 1, 2 und die Rj 1–dimensionale orientierbarekompakte Mannigfaltigkeiten, also Rj = S1 ∐ . . . ∐ S1 (disjunkte Vereini-gung). γ1 und γ2 heißen homolog, γ1 ∼ γ2, wenn

γ1

ω =

γ2

ω fur alle geschlossenen 1–Formen ω.

Die Menge der Homologieklassen bezeichnen wir mit H1(M).

Bemerkung 7.2. Naturlich folgt aus nullhomotop (d.h. stetig in eineinander de-formierbar) nullhomolog

Nachtrag zum Transversalitatssatz: f und g sind homotop wahlbar. Das gehtmit Tubenumgebungen.

Jede Homologieklasse [γ] ∈ H1(M) hat einen Reprasentanten γ, so daß γ ausendlichen vielen sich transversal schneidenden, regularen Kruven besteht.

Verfahren zur Eliminierung von Selbstschnitten ohne Anderung der Homolo-gieklasse:

1. (“Bremsen: Beim Durchgang durch Schnittpunkte C∞ Abbremsen aufGeschwindigkeit Null. (Parametriesierungsanderung, also bleibt die Ho-mologieklasse erhalten)”)

2. (“Verkleben: Aufscheiden, ankleben, bzw. nach dem stehenbleiben ein-fach den anderen Weg in der richtigen Richtung entlang gehen.”)

3. (“Auseinanderziehen”)

Definition 7.3. Die Menge der Kohomologieklassen bezeichnen wir mit

H1(M, IR) := {ω 1–Form auf M | dω = 0 } / { df | f ∈ C∞(M) }.

Proposition 7.4. Sei M2 kompakt (ohne Rand). Die Abbildung

[ω] ∧ [η] 7→∫

M

ω ∧ η

definiert eine schiefsymmetrische Bilinearform auf H1(M, IR).

(“Es geht um das Wort definiert!”)

Beweis. ∫

M

(ω + df) ∧ η =

M

ω ∧ η +

M

d(fη)

︸ ︷︷ ︸= 0 nach Stokes

.

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Definition 7.5. Sei γ : S1 ∐ . . . ∐ S1 → M . Fur zwei solche Kurven γ und γbetrachten wir die Aquivalenzrelation

γ ∼ γ ⇐⇒∫

γ

ω =

γ

ω fur alle ω mit dω = 0.

H1(M,Z) ist defniert als die Menge der Aquivalenzklassen bezuglich dieserAquivalenzrelation.

Fur zwei Kurven γ und γ definieren wir die Summe γ + γ uber die disjunkteVereinigung der Definitionsbereiche. Damit wird H1(M,Z) zu einer abelschenGruppe mit Nullelement γ : S1 → M , γ konstant. (“oder ein nullhomotoperkleiner Kreis”) Das zu γ inverse Element ist gegeben durch −γ(ϕ) := γ(−ϕ).(Dabei ist ϕ ein Multiwinkel in den S1 ∐ . . .∐ S1.)

(“Auf allen Kurven die Orientierung umdrehen”)Jedes [γ] definiert eine Linearform auf H1(M, IR) durch

[ω] 7→∫

γ

ω.

Diese Zuordnung H1(M,Z)→ H1(M, IR)∗ ist injektiv.

Bemerkung 7.6. Wir werden spater sehen, daß H1 in H1∗ sitzt wie Zn in IRn, alsoein ganzzahliges Gitter bildet.

Bereits bewiesen: Jede Homologieklasse ist reprasentierbar druch eine Ein-bettung γ : S1 ∐ . . .∐ S1 →M .

(“Wir wollen nun jeder Homologieklasse eine 1–Form (Kohomologieklas-se) zuordenen, dazu muß ich die Kurven etwas verdicken, eine Tubenumge-bung bilden.”)

Theorem 7.7. Sei γ : S1 → M eine Immersion. Dann gibt es eine Immersionf : S1 × [−1, 1]→M , so daß

f(x, 0) = γ(x), fur alle x ∈ S1.

Ist γ eine Einbettung, so kann man auch f als Einbettung wahlen.

Beweisidee. Wahle Riemannsche Metrik auf M und betrachte zugehorige Expo-nentialabbildung exp. Definiere

f(x, y) := exp(ǫ yJγ′(x)).

Fur kleine ǫ ist das eine Immersion. Dies ist lokal immer moglich, da aber S1 istkompakt ist, kann man ein Minimum der epsilon’s wahlen.

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Sei ϕ : [−1, 1]→ IR eine monoton wachsende, glatte Funktion mit

ϕ(y) = 0 fur y < −1 + ǫ

ϕ(y) = 1 fur y > 1− ǫϕ(y) =

1

2fur y = 0

ϕ : S1 × [−1, 1] → IR sei gegeben mit ϕ(x, y) = ϕ(y) fur alle x. Fur eineEinbettung γ : S1 →M definiere die 1–Form ηγ durch

ηγ :=

{ηγ := (f−1)∗dϕ auf f(S1 × [−1, 1])

0 sonst

Proposition 7.8. Sei γ : S1 →M eine Einbettung, ηγ wie oben, ω eine 1–Formmit dω = 0. Dann gilt ∫

γ

ω =

M

ω ∧ ηγ.

Beweis. O.B.d.A. sei M = S1 × [−1, 1], weil (“alles in f(S1 × [−1, 1]) stat-tfindet”).

Bild: Das Rechteck [0, 2π]× [−1, 1] mit Klebeanweisungen

Aus der Definition der γ–Verdickung f folgt, daß der Rand des Rechteckesim positiven Sinn integriert wird, diese Orientierung entspricht dann unter f dervon M . Nun ist

ηγ ∧ ω = dϕ ∧ ω = d(ϕω),

also ∫

M

ω ∧ ηγ = −∫ϕω

∂(S1×[−1,1])

=

γ

ω.

∂(S1 × [−1, 1]) = (S1 × {−1} ∪ ({2π} × [−1, 1]) ∪ (S1 × {1}) ∪ ({0} × [−1, 1]).

Auf dem 2. und 4. Stuck hebt sich das Integral gerade weg (Bild). Auf dem1. Stuck (Bild) ist ϕ = 0 und auf dem 3. Stuck ist ϕ = 1 und die Integra-tionsrichtung auf dem 3. Stuck ist entgegen der Orientierung der S1, so daß nurdas negative Integral uber die Kante S1 × {1} ubrig bleibt.

Theorem 7.9. Sei ω eine geschlossene 1–Form. Dann sind aquivalent:

a)∫γw = 0 fur alle γ : S1 →M ,

b) ω ∼ 0,

c)∫η ∧ ω = 0 fur alle geschlossenen 1–Formen.

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Bemerkung 7.10. a) ist die Nichtdegeneriertheit der dualen Paarung. c) ist dieNichtausgeartetheit der schiefsymmetrischen Bilinearform gegeben durch [ω]∧[η].

“Beweis”.a) ⇒ b): Wahle p ∈ M . Zu q ∈ M wahle γ : [0, 1] → M mit γ(0) = p,

γ(1) = q und setze

f(q) :=

γ

ω.

Die Abbildung f ist auf diese Art wohldefiniert: Ist γ eine ebensolche Kurve,o.B.d.A γ, γ konstant an den Enden. Dann ist γ : [0, 2]→M ,

ˆγ(t) =

{γ(t) fur t ∈ [0, 1]

γ(2− t) fur t ∈ [1, 2]

eine glatte, geschlossene Kurve mit∫γω = 0, also

γ

ω =

γ

ω.

Wie ublich: df = ω.b) ⇒ c): ∫

M

η ∧ df = −∫

M

d(fη) = 0.

c) ⇒ a): der letzte Satz, mit η = ηγ.

(“Wir wollen etwas Ahnliches fur die Homologie.”)

Definition 7.11. Zahle Schnittpunkte mit Orientierung (Bild). Das gibt einProdukt, das Schnittprodukt zwischen Elementen der Homologie α · β ∈ Z.

Proposition 7.12. Seien α, β Einbettungen, dann kann man α · β bilden. Be-hauptung:

α · β =

β

ηα =

ω

ηα ∧ ηβ.

Bemerkung 7.13. Diese Proposition besagt, daß das Schnittprodukt · zwischenZykeln, die Paarung zwischen H1(M,Z) und H1(M, IR) sowie das Dachprodukt ∧zwischen 1–Formen, unter der Identifizierung von γ mit ηγ ineinander ubergehen.

Beweis. Bild. (“Man kann die Tubenumgebung so klein wahlen, daß β soeinfach wie im Bild durch die Umgebung geht ”)

Auf so einem Stuck von β∫nα = 1 = ϕ(+1)− ϕ(−1) = 1.

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Als Anwendung obiger Proposition:

Korollar 7.14. [α] · [β] ist wohldefiniertes schiefsymmetrisches Produkt auf denHomologieklassen.

Theorem 7.15. Sei γ : S1 ∐ . . .∐ S1 eine Einbettung. Dann sind aquivalent:

a) γ ∼ 0

b) ηγ ∼ 0

c) γ · α = 0 fur alle α : S1 →M

Beweis.a) ⇒ b):

∫γω = 0 fur alle geschlossenen 1–Formen ω. Aus der letzten Propo-

sition folgt dann fur alle β:∫

β

ηγ =

M

ηγ ∧ ηβ = −∫

M

ηβ ∧ ηγ =

γ

ηβ = 0.

b) ⇒ c): γ · α =∫αηγ = 0

c) ⇒ a):∫αηγ = 0 fur alle α impliziert (mit Theorem 7.9): ηγ ∼ 0. Daher

gilt fur alle geschlossenen 1–Formen ω:∫

γ

ω =

M

ηγ ∧ ω = [ηγ ] ∧ [ω] = [0] ∧ [γ] = 0,

also γ ∼ 0.

Satz 7.16. Sei γ : S1 →M eine Einbettung. Dann sind aquivalent:

a) γ nullhomolog

b) Es gibt eine Flache M1 ⊂M mit Rand ∂M1 = γ

Beweis.a)⇒ b) ∫

γ

ωStokes=

M1

dω = 0.

b)⇒ a) Das Komplement M\γ(S1) zerfallt in zwei Wegzusammenhangskom-ponenten. Denn angenommen M\γ(S1) ist zusammenhangend, dann wahle eineKurve α : [0, 1] → M\γ(S1), so daß α(0) und α(1) in der Nahe von γ (“in derTubenumgebung von gestern”) auf verschiedenen Seiten von γ liegen. Genauer

f : S1 × [−1, 1]→M und α(0) = f(x,−1), α(1) = f(x, 1).

Erganze α zu α : S1 →M , so daß α · γ = 1. Das ist ein Widerspruch zu γ ∼ 0.Sei M1 die Zusammenhangskomponente von M\γ(S1), die α(0) enthalt, ver-

einigt mit γ(S1).

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(“Salopp: γ ∼ 0 ⇐⇒ γ zerschneidet M”)

Satz 7.17. Jede Homologieklasse in H1(M,Z) ist von der Form n · [γ] fur einn ∈ IN und eine Einbettung γ : S1 →M .

Bemerkung 7.18.

• Man kann sich n · [γ] entweder als γ : S11 ∐ . . . ∐ S1

n → M vorstellen mitγ(x) = γ(x), x ∈ Sk.oder als Bild: Ein Torus mit n ”parallelen” einfachen Wegen.

• Jedes Element vonH1(M,Z) laßt sich in einer Basis vonH1(M,Z) durch dieKoeffizienten (b1, . . . , b2g) ∈ Z2g darstellen, dann ist n = ggT (b1, . . . , b2g).

Beweis. Sei die Einbettung

α : S1 ∐ . . .∐ S1 →M,

ein Reprasentant einer Homologieklasse aus H1(M,Z). Dann zerfallt ihr Komple-ment M\α(S1∐. . .∐S1) in mehrere Zusammenhangskomponenten M1, . . . , Mr.Damit bilden wir einen gerichteten Graphen mit den Vertizes: {Mj} und denKanten: {α(S1

i ) }. Dabei verbinden zwei Vertices genau dann eine Kante, wenndie Gebiete in der Kurve aneindandergrenzen.

Beispiel: Bild: Ein Graph.

Die Richtung einer Kante wird dadurch festgelegt, daß sie bei der Zusammen-hangskomponente startet, fur die die entsprechende Kurve, den Rand in positiverRichtung durchlauft, also in der Komponente, die links von der Kurve liegt.

(“Ich reduziere das Ganze jetzt, indem ich Kurven verbinde.”)

Methode zur Reduzierung der Anzahl der KuvenBild: Eine Brezel und zwei Kurven, eine fur jedes Loch.

Wenn an einer Ecke des Graphen zwei Kannten einlaufen: —> • <— oderzwei Kanten auseinanderlaufen <— •—>, dann verbinde die entsprechendenKurven, so daß die Homologieklasse unverandert bleibt, sich aber die Anzahlder Kurven um 1 reduziert.

Bild:

Also kann man annehmen, daß solche Falle wie oben nicht vorkommen. Esbleiben nur noch 3 Falle:

Fall (1): •—>, Fall (2): —> •—> und Fall (3): —> •Im Fall (1) oder (3) kann die Kante weggelassen werden, weil die entsprech-

ende Kurve (oder ihr negatives) ein Gebiet berandet und somit nullhomolog ist.Wenn uberhaupt etwas ubrigbleibt, so besteht der Graph nur aus Zykeln.

Bild: Mehrere Zykeln, d.h. Graphen in denen die Vetizes alle nacheinander durch

Kanten verbunden sind.

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Da M zusammenhangend ist, gibt es in Wirklichkeit nur einen Zykel.Bild: Ein Zykel mit den Vetizes M1, . . . , M5 und den Kanten γ1, . . . , γ5.

Alle ubriggebliebenen Kurven sind zueinander homolog, lassen sich also druchein γ reprasentieren α ∼ nγ ⇐⇒ [α] = n [γ], wobei n die Zahl der Kanten bzw.Vertizes ist.

Satz 7.19. Fur eine Homologieklasse [α] 6= 0 sind aquivalent:

a) Es existiert eine Einbettung γ : S1 →M , so daß α ∼ γ.

b) Ist [α] = n [β] fur ein [β] ∈ H1(M,Z) und ein n ∈ Z, dann ist n = ±1.

Beweis.a) =⇒ b): Wie im Beweis von Satz 7.16 gezeigt, gibt es zu der nicht nullho-

mologen Einbettung γ : S1 →M ein Einbettung γ : S1 →M mit γ · α = 1.

1 = γ · γ = γ · α = n (γ · β)︸ ︷︷ ︸∈Z

=⇒ n = ±1.

b) =⇒ a): Zu α existiert eine Einbettung γ : S1 → M mit [α] = n[γ], dannist o.B.d.A. nach Voraussetzung n = 1. (Fur n = −1, verwende man −γ anstellevon γ). Damit ist [α] = [γ] bzw. α ∼ γ.

8 Grundbegriffe der Morse–Theorie

Definition 8.1. Sei M eine n–dimensionale Mannigfaltigkeit und f ∈ C∞(M).Ein Punkt p ∈M heißt kritischer Punkt von f , falls

dpf = 0.

Fur einen kritischen Punkt von F definieren wir auf TpM eine symmetrischeBilinearform Hess f durch

Hess f(X,Y ) = XY f,

wobei X, Y Vektorfelder sind mit Xp = X, Yp = Y . Zu zeigen: wohldefiniert,symmetrisch.

(“Zeige zuerst, daß der rechte Ausdruck in X, Y symmetrisch ist.”)

• 1. Schritt: (XY f − Y Xf)p = [X, Y ]fp = 0, da p kritischer Punkt von fist.

• 2. Schritt: (XY f)p = Xp(Y f) = X(Y f) ist also unabhangig von X, mitSymmetrie folgt die Behauptung.

Erinnerung an die Lineare Algebra:

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Definition 8.2. Die symmetrischen Bilinearformen B auf einem n–dimensiona-len Vektorraum werden durch ihre Nullitat und ihren Index klassifiziert. Es laßtsich immer eine Basis finden, so daß B in dieser Basis folgende Form annimmt:

B(x, x) = −x21 − . . .− x2

r + x2r+1 + . . . x2

r+k.

Dann ist die Nullitat gegeben durch n− (r + k), der Index durch r.B heißt nicht ausgeartet, wenn die Nullitat gleich Null ist.

Lemma 8.3. Sei f ∈ C∞(U) mit f(0) = 0 und U ⊂ IRn offen und sternformigum 0. Dann existieren g1, . . ., gn ∈ C∞(U) mit gi(0) = ∂

∂xi(0), so daß

f(x1, . . . , xn) =n∑

i=1

xigi(x1, . . . , xn).

Beweis.

f(x1, . . . , xn) =

∫ 1

0

∂tf(tx1, . . . , txn)dt =

∫ 1

0

n∑

i=1

xi∂f

∂x1

f(tx1, . . . , txn)dt

=n∑

i=1

xi

∫ 1

0

∂f

∂x1

f(tx1, . . . , txn)dt

︸ ︷︷ ︸=:gi(x)

=n∑

i=1

xigi(x1, . . . , xn)

(“... ein neuer Tag beginnt...”)

(“Was bedeutet das Lemma vom letzten Mal?”)

Bemerkung 8.4. Sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit, f ∈ C∞(M), danngibt es folgende lokale Normalform (modulo Diffeomorphismus) fur f nahe p ∈M .

1. Fall dpf 6= 0: Aus dem Submersionssatz folgt in diesem Fall, daß es nahep Koordinaten gibt, in denen f(x1, . . . , xn) = x1 ist. Bild: Die Nivaulinien von f

auf M sind in diesen Koordinaten parallele Strecken.

2. Fall dpf = 0 aber Hessp f ist nicht ausgeartet: Wir werden heute sehen,daß dann nahe p Koordinaten von M existieren, in denen f die folgende Formannimmt f(x1, . . . , xn) = x2

1 + · · ·+ x2k − x2

k+1 − · · · − x2n.

Dieses Spiel kann man fur beliebige Ableitungen weiter treiben—alle Ablei-tungen bis zur n–ten sind Null und die n–te ist nicht ausgeartet. (“Dies fuhrtauf Katastrophentheorie :-)”)

Aus dem Jet–Transversalitatssatz 6.5 folgt, daß die Funktionen f ∈ C∞(M),fur die df transversal zum Bild des Nullschnittes N = {0: TpM → TqIR} ist, inC∞(M) im Sinne der C∞–Topologie dicht liegen.

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Sei o.B.d.A M = U ⊂ IRn und E = U × IR × IRn nach Koordinatenwahl.Dann haben wir df : U → E mit:

df(x1, . . . , xn) =

x1...xn

f(x1, . . . , xn)D1f(x1, . . . , xn)

...Dnf(x1, . . . , xn)

.

Fur die Ableitung von df erhalten wir:

Dp(df) =

1 0 . . . 00 1 0...

. . ....

0 0 . . . 1D1f(x1, . . . , xn) . . . Dnf(x1, . . . , xn)D1D1f(x1, . . . , xn) . . . DnD1f(x1, . . . , xn)...

...D1Dnf(x1, . . . , xn) . . . DnDnf(x1, . . . , xn)

(*)

Wahlen wir nun eine Parametrisierung von N :

P (x1, . . . , xn, y) 7→ (x1, . . . , xn, y, 0, . . . , 0)t (**)

Aus diesen Formeln ergeben sich die folgenden Aquivalenzen:

df ⋔ N

⇔ In jedem kritischen Punkt p ∈M von f , d.h. dpf ∈ N gilt:

TdpfE = TdpfN + Dp(df)(TpU).

⇔ Hessp f ist nicht singular (vergl. (*) und (**)).

⇔ p ist nicht ausgearteter kritischer Punkt.

Also kann man auf kompakten Mannigfaltigkeiten durch kleine Storungenerreichen, daß f nur endlich viele kritische Punke besitzt, die alle nicht ausgeartetsind. Solche Funktionen heißen Morse–Funktionen.

Satz 8.5 (Morse–Lemma). Sei p ∈M ein nicht ausgearteter kritischer Punktvon f ∈ C∞(M). Dann existieren lokale Koordinaten y1, . . . , yn : M ⊇ U → IR,so daß in U gilt f |U = f(p)− y2

1 − · · · − y2k + y2

k+1 + · · ·+ y2n.

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Beweis. O.B.d.A. sei M = V ⊆ IRn, p = 0 und f(p) = 0. Dann folgt aus demLemma 8.3:

f(x1, . . . , xn) =n∑

j=1

xj gj(x1, . . . , xn).

Andererseits ist 0 kritischer Punkt von f ⇒ 0 = ∂f∂xj

(0) = gj(0, . . . , 0) und

wieder folgt mit dem Lemma:

gj(x1, . . . , xn) =n∑

i=1

xi hij(x1, . . . , xn),

⇒ f(x1, . . . , xn) =n∑

i,j=1

xi xj hij(x1, . . . , xn).

o.B.d.A. hij = hji (sonst definiere hij := 12(hij + hji)) also gilt:

∂2f

∂xi ∂xj(0, . . . , 0) = 2hij(0, . . . , 0).

Nimm an, daß f(u1, . . . , un) = ±u21 ± · · · ± u2

r−1 +∑

i,j≥r ui uj Hij(u1, . . . , un)und Hij = Hji. Koordinatendrehung liefert Hrr 6= 0 (weil 0 nicht ausgearteterkritischer Punkt von f ist). Also gibt es eine kleine Umgebung auf der Hrr nichtverschwindet und damit ist g(u1, . . . , un) :=

√|Hrr(u1, . . . , un)| glatt.

Definiere damit neue Koordinaten v1, . . . , vn mit vi := ui fur i 6= r und

vr(u1, . . . , un) := g(u1, . . . , ur)

[ur +

i>r

uiHir(u1, . . . , un)

Hrr(u1, . . . , un)

].

Dies sind nach dem Satz uber die Umkehrfunktion Koordinaten, denn

(∂vi∂vj

)

i,j 6=r= Id,

∂vr∂ur

(u1, . . . , un) = g(u1, . . . , un) ⇒∂vr∂ur

(0) = g(0) 6= 0.

Es bleibt zu zeigen, daß f die gewunschte Form

f(u1, . . . , un) = ±v1 ± · · · ± v2r +

i,j>r

ui uj Hij(u1, . . . , un)

annimmt. Wir wissen f =∑

i<r(±v2i ) + . . . und berechnen zuerst v2

r :

v2r = ±Hrr

[u2r + 2ur

i>r

uiHir

Hrr

+∑

i,j>r

ui ujHirHjr

H2rr

], (*)

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dann gilt fur f :

f =∑

i<r

±v2i + u2

rHrr + 2n∑

i=r+1

ui urHir +∑

i,j>r

ui uj Hij

(*)=

i<r

±v2i ± v2

r −∑

i,j>r

ui ujHirHjr

Hrr

+∑

i,j>r

ui uj Hij

︸ ︷︷ ︸P

i,j>r vi vj Hij

.

Beispiel 8.6. Sei p nicht ausgeartetes Maximum von f ∈ C∞(M2). Dann gibtes eine Parametrisierung einer Umgebung V von p, : V ⊃ IR2 →M , die konzen-trische Kreise um Null aus IR2 auf Niveaulinien von f abbildet. Bild: Ein Berg

mit Hohenkreisen um die Bergspitze, die durch einen Diffeomorphismus auf Kreise in

der (x,y)–Ebene abgebildet werden.

Definition 8.7. Eine Funktion f ∈ C∞(M) heißt Morse–Funktion, wenn allekritischen Punkte nicht ausgeartet sind.

Satz 8.8. Gibt es auf M2 eine Morse–Funktion mit nur 2 kritischen Punkten,so ist M diffeomorph zu S2.

Beweis. Aus dem Morse-Lemma folgt, in der Nahe des Minimums und des Maxi-mums der Morse-Funktion gibt es eine Umgebung, die diffeomorph zur offenenKreisscheibe D2 =

{x ∈ IR

∣∣ ‖x‖ < r}

ist. Bild: Eine geschlossene Flache

mit einer kleinen Kappe oben und einer unten. Ist y ∈ IR kein kritischer Punktder Funktion, so besteht (nach dem Submersionssatz) f−1(y) aus endlich vielengeschlossenen Kurven und es gibt eine Umgebung von f−1(y), die diffeomorph istzu endlich vielen Kopien von S1 × (y − ǫ, y + ǫ), so daß S1 × {y} der Niveaulinievon f zum Niveau y entspricht.

........... einen Tag spater.

(“Wir geben den Diffeomorphismus zwischen S1×{y} ↔ einer Umgebungvon f−1 besser an.”)

Wahle eine Riemannsche Metrik auf M \ { kritische Punkte von f }, so daß| grad(f)| = 1 gilt. Sei γ : IR → M eine 2π–periodische Funktion einer Kompo-nente eines nichtkritischen Niveaus f−1(y), dann ist das Einheitsnormalen VF Nder Kurve γ in TM durch N(t) = gradγ(t) f gegeben. Definiere fur u ∈ [−ǫ, ǫ]:

ϕ(t, u) := expγ(t)(uN(t)).

Dann ist leicht zu sehen, daß t 7→ ϕ(t, u) eine Einbetung von S1 nach M ist, sodaß f(ϕ(t, u)) = y + u, weil | grad(f)| = 1 ist und f(ϕ(t, 0)) = f(expγ(t)(0)) =

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f(γ(t)) = y gilt. Die Konstruktion von ϕ ist nur abhangig von der gewahltenParametrisierung γ von f−1(y).

(“An Uberlappungsstellen der Streifen zu verschiedenen y kann man dieParametrisierung des einen verwenden, um den anderen Streifen zu parame-trisieren.”)

Der Diffeomorphismus zwischen der Umgebung des Maximums bzw. Mini-mums und der D2 ist nicht eindeutig bestimmt. Man kann folgende Abbildungdahinter schalten:

r eiθ 7→ r ei g(r,θ),

wobei θ 7→ g(r, θ) fur alle r ein Diffeomorphismus von S1 und fur kleine rg(r, θ) = θ ist. Dadurch erreicht man, daß die Kreise außen auch durch orthogo-nale Trajektorien aufeinander bezogen sind und an beliebige Parametrisierungendes Randes (r = 1) angepaßt sind. Verklebt man nun die beiden Kreisscheibenmit einer endlichen Auswahl (M ist kompakt) von sich uberlappenden Zylindern,entsteht ein Diffeomorphismus zur S2.

Was passiert nun, wenn es nur Morse-Funktionen mit mehr als 2 kritischenPunkten gibt? Wie sehen Umgebungen von Sattelpunkte aus? Zu jedem Sat-telpunkt gibt es eine Umgebung U , so daß f−1[f(p)− ǫ, f(p)+ ǫ]∩U aussieht wiein der Zeichnung (Bild 5, |x2 − y2| < ǫ).

Bild 5: “Hohenlinienumgebung” eines Sattelpunktes

(“All’ das kommt aus dem Buch: A.Wallace: Differential Topology.”)Folgendes ist offensichtlich machbar: Wenn f−1(y) genau einen Sattelpunkt

enthalt, dann gibt es ein ǫ > 0, so daß f−1[y− ǫ, y+ ǫ] aus endlich vielen Kopienvon S1 × [−ǫ, ǫ] besteht und aus einer Komponente, die diffeomorph zu einerKreisscheibe in IR2 ist, aus der 2 disjunkte Kreisscheiben herausgeschnitten sind.Bild: Die Acht von oben ist topologisch aguivalent zu einer Kreisscheibe, aus der

2 Kreisscheiben herausgeschnitten sind, und das ist dasselbe wie eine S2 ohne 3 Kreis-

scheiben.

Wir werden im folgenden benutzen, daß man die Morsefunktion auf M sowahlen kann, daß f−1(y) fur alle y hochstens einen kritischen Punkt enthalt.

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Außerdem nehmen wir an, daß es keine Morse-Funktion auf M gibt, die wenigerkritische Punkte als f besitzt.

Wir bilden einen gerichteten Graphen mit:

{Ecken } = { kritische Punkte von f }{Kanten } = {Zusammenhangskomponenten von

y regular

f−1(y) }

siehe Bild 6.

5

6

4

3

2

1

12

3

4

5

6

Minima

Maxima

oder Sattelpunkte

Bild 6: Ein Beispiel fur einen Graphen.

Da die Anzahl der kritischen Punkte von f minimal ist, konnen Sattelpunkte,an denen 2 Maxima bzw. 2 Minima “hangen” nicht auftreten. Man konntesonst die Locher in dem Gebiet (s. Bild 5 rechts) schließen und die Funktionso verandern, daß sie außerhalb dieselbe bleibt und innerhalb nur noch ein Maxi-mum bzw. ein Minimum besitzt.

Also gibt es ein Maximum, von dem genau eine Kante zu einem Sattelpunktausgeht (M ist keine Sphare), und an dem kein weiteres Maximum bzw. Minimum“hangt”. Zu einem solchen Maximum gehort ein zylindrisches Stuck der Flache

der Form: , ein Henkel.Behauptung: M ohne den Henkel ist zusammenhangend. Ware M ohne den

Henkel nicht zusammenhangend, konnte man eine neue Morse-Funktion konstru-ieren, die auf der einen Komponente gleich und auf der anderen ungefahr dasnegative der alten Funktion ist. Bild: Zwei durch einen Henkel verbundene Flachen

; Eine Flache um 180◦ gedreht und beide mit einem echten Zylinder verbunden. Dasware dann eine Morse-Funktion mit zwei kritischen Punkten weniger. (“Alsokonnen wir jetzt Henkel abschneiden.”)⇒ Jede Flache, die keine Sphare ist, entsteht aus einer anderen Flache durch

ankleben eines Henkels.

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(“Was passiert nun beim Abschneiden eines Henkels?”) Bezeichne α eine

Randkurve von M1 = M− . Sei β eine Kurve mit α · β = 1 (s. Bild 8).

Behauptung. Eine Kurve γ ist genau dann homolog zu einem Kurvensystem,das ganz in M1 liegt, wenn α · γ = 0 ist.

Beweis. “⇒” ist klar.

“⇐” ⇒ γ ist homolog zu einem Kurvensystem, das αuberhaupt nicht schneidet. Ein Teil ist bereits in M1, der andere Teil istdeformierbar zu einer Kurve in M1.

(“Wir haben gesehen, daß man von einer Flache schrittweise Henkel ab-schneiden kann, bis am Ende eine Sphare rauskommt.”)

← Standardmetrikauf S1 × (−ǫ, ǫ)

M

Standardmetrik aufS1 × (−1, 1)→

M

Bild 7: Henkel ankleben.

Also laßt sich jede Flache aus einer Sphare durch Ankleben von Henkeln erzeu-gen. (“Was mit der Euler-Charakteristik passiert, kann man sich eigentlichganz gut vorstellen.”) Die beiden Disk’s, an deren Stelle man den Henkel ein-klebt, wolbt man zuerst zu 2 Halbspharen nach oben, so daß der Henkel glattangeklebt werden kann (s. Bild 7). Damit nimmt man χ(S1) = 2 weg und klebtχ(Zylinder) = 0 an. ⇒ Eine Sphare mit g Henkeln M hat Eulercharakteristik

χ(M) = 2− 2g

H1(M) ist ein reeller VR. H1(M) ⊂ H1(M)∗ mit folgender IdentifikationH1(M) ∋ γ ↔ (H1(M) ∋ [ω] 7→

∫γw) ∈ H1(M)∗, d.h., H1(M) ist eine Unter-

gruppe der additiven Gruppe des reellen VR H1(M)∗. Also ist H1(M) ein Z–Modul. (Es ist sogar frei, d.h., n [γ] = 0⇒ n = 0 oder [γ] = 0.)

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M1

M2

α

β

Bild 8: Die fundamentalen Zykeln α und β eines Henkels.

α · β = 1 (s. Bild 8). Definiere : H1(M) ∋ [γ]7→ [γ − (γ · β)α] ∈ H1(M),

dabei sei γ ein Reprasentant von [γ], der die beiden Kugelhalften nicht trifft unddaher als Kurve in M aufgefaßt werden kann (M und M wie in Bild 7). Es gilt:

β · (γ) = [β · γ − (γ · β) β · α︸︷︷︸=−1

] = 0.

Wir mussen noch zeigen, daß die Abbildung wohldefiniert ist, d.h.:

γ ∼ γ auf M ⇒ [γ − (γ · β)α] ∼ [γ − (γ · β)α].

Diese Bedingung ist aber genau dann fur alle γ und γ erfullt, wenn sie fur γ undγ = 0 erfullt ist. Deswegen genugt es, folgende Behauptung zu zeigen:

γ ∼ 0 auf M ⇒ γ − (γ · β)α ∼ 0.

Sei also γ ∼ 0 auf M , dann genugt es zu zeigen, (γ − (γ · β)α) η = 0 fur alleKurvensysteme η auf M . Sei η := η−m ·β mit m := α ·η, dann folgt η = η+m ·βund η · α = 0.

Weil η · α = 0 ist, ist die Kurve η homolog zu einer Kurve, die ganz in M1

liegt, und damit ist γ · η = 0, weil γ ∼ 0. Also haben wir:

(γ − (γ · β)α) η = m (γ · β)− (γ · β)α · η = 0,

d.h., ist wohldefiniert.

Behauptung. Bild () = U{ η ∈ H1(M) | α · η = β · η = 0 } ⊂ H1(M).

Bild () ⊂ U ist klar. Es bleibt also zu zeigen, daß : H1(M)→ U surjektivist. Wahle dazu ein [η] ∈ H1(M) mit α · η = β · η = 0, schneide η langs α aufund ”homotopiere” es zu einem Kurvensystem in M1. (“Wie oben.”)

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Behauptung. ist injektiv.

Sei (γ − (γ · β)α) ∼ 0 in M . Dann ist fur ein Kurvensystem η in M1:

γ · η = [γ − (γ · β)α] · η = 0,

also ist γ ∼ 0 in M .Insgesamt ergibt sich, ist eine Bijektion zwischen U und H1(M). U spannt

den linearen Unterraum der Codimension 2 von H1(M)∗ auf, der durch die Glei-chungen α · η = β · η = 0 beschrieben wird.

H1(S2) = { 0 }, H1(T

2) = Zα ⊕ Z β. Durch Ansetzen von g Henkeln an S2

erhalt man dimZH1(M2g ) = 2g.

Satz 8.9. Fur kompakte, zusammenhangende, orientierbare Flachen gilt:

χ(M) = 2− dimH1(M) = 2− 2g.

Beweis. ω ∼ 0 ⇔∫γω = 0 fur alle γ, d.h., spanIRH1(M) = H1(M)∗. Also ist

dimIRH1(M) = dimZH1(M).

Mit wenig mehr Aufwand laßt sich zeigen, daß aus χ(M) = χ(M) folgt,daß M und M diffeomorph sind. Die zu M und M gehorenden Graphen sinddann namlich ganz einfach: ein Maximum, ein Minimum und 2g = 2 − χ(M)Sattelpunkte. Bild: Der Graph zu einer Flache mit g = 2.

9 Harmonische 1–Formen

Von jetzt ab istM immer eine 2 dimensionale, kompakte, zusammenhangendeMannigfaltigkeit mit einer komplexen Struktur J .

(“Es gibt dann fur die Mannigfaltigkeit M immer holomorphe Karten, diedas J auf M in das J auf C (die Multiplikation mit i) uberfuhren.”)

Definition 9.1. Fur 1–Formen ω definiere den ∗–Operator

∗ω(X) := ω(J X)

Eine 1–Form ω heißt harmonische 1–Form, wenn dω = d∗ω = 0 gilt.

Bemerkung 9.2. Sei (lokal) ω = df , dann ist ω harmonisch ⇔ d∗df = 0 also fharmonisch ist. (“Global sind harmonische Funktionen nicht interessant—sie sind alle konstant—aber es kann verschiedene harmonische 1–Formengeben.”)

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Satz 9.3 (Hodge). In jeder Kohomologieklasse gibt es genau eine harmonische1–Form.

Lemma 9.4. Sei σ eine 2-Form auf M . Es gibt genau dann ein f ∈ C∞(M)mit d∗df = σ, wenn

∫Mσ = 0 ist.

Beweis des Lemmas. Wahle eine mit dem J auf M vertragliche Metrik g auf M; ∆f ωg = d∗df , σ = uωg. Mit dem alten Satz von Hodge 4.13 folgt dann, daß∆f = u losbar ist.

Beweis des Satzes. Sei ω eine geschlossene 1–Form. Gesucht ist ein η = ω + df ,so daß 0 = d∗η = d∗ω+d∗df . Nach dem Lemma gibt es so ein f , da

∫M

d∗ω = 0ist. Damit ist die Existenz einer harmonischen Form gezeigt.

Nimm nun an es gibt zwei geschlossene 1–Formen ω und η mit [ω] = [η] undd∗ω = d∗η = 0. Dann existiert ein f mit df = ω − η ⇒ d∗df = 0 ⇒ f istharmonisch ⇒ f ist konstant, also ist df = 0 und ω = η.

In Satz 8.9 hatten wir gesehen, daß H1(M) ein 2 g dimensionaler Vektorraumist.

Definition 9.5. Eine nicht ausgeartete, schiefsymmetrische Bilinearform σ aufeinem reellen Vektorraum heißt symplektische Form. Auf H1(M) haben wir diewohldefinierte (Proposition 7.4) symplektische Form:

σ([ω], [η]) := −∫

M

ω ∧ η

σ([ω], [η]) = −σ([ω], [η]), σ([ω], [η]) = 0 fur alle η ⇒ ω ∼ 0.

Definition 9.6. Ein Gitter Γ in einem n dimensionalen Vektorraum V ist eineMenge der Form Γ = {m1 a1 + · · · +mn an | mi ∈ Z }, wo a1, . . . , an eine Basisvon V ist. Man kann auch sagen, Γ ist das Bild von Zn unter einer linearenAbbildung IRn → V . H1(M) ist ein Gitter in H1(M)∗.

Ist Γ ein Gitter in V , dann definiere Γ∗ = {ω ∈ V ∗ | ω(v) ∈ Z ∀v ∈ Γ }. Γ∗

heißt duales Gitterzu Γ.

Beweis Γ∗ ist ein Gitter. Sei Γ ein Gitter wie oben, ω1, . . . , ωn die Dualbasis zua1, . . . , an, d.h., ωi(aj) = δij. Wir zeigen Γ∗ = { k1 ω1 + · · ·+ kn ωn | ki ∈ Z }.

”⊂” ist klar.”⊃” Sei ω = λ1 ω1 + · · ·+λn ωn ∈ Γ∗ mit λi ∈ IR beliebig. Dann ist ω(ai) = λi

und mit ω(ai) ∈ Z⇒ λi ∈ Z.

Wahle Homologieklassen a1, . . . , ag, b1, . . . , bg ∈ H1(M), die folgende Glei-chungen erfullen ai · aj = 0 = bi · bj, ai · bj = δij.

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Bild: Eine Flache mit g = 2 und den Kurven ai, bi, i = 1, 2 um die beiden Locher,

wie in Bild 8, aber hier um jedes Loch ein dem Paar (α, β) entsprechendes Paar (ai, bi).

Wahle dazu eine Dualbasis ω1, . . . , ωg, η1, . . . , ηg in H1(M), d.h.:∫

aj

ωi = δij,

bj

ωi = 0,

aj

ηi = 0,

bj

ηi = δij,

⇒∫

M

ωi ∧ ωj =

M

ηi ∧ ηj = 0,

M

ωi ∧ ηj = δij.

Die letzten beiden Gleichungen ergeben sich wie folgt. Wir hatten (s. Seite28–29) zu einer Immersion γ : S1 →M eine 1–Form ηγ definiert und gezeigt :

γ

ω =

M

ω ∧ ηγ fur jede geschlossene 1–Form ω und

α · β =

β

ηα =

M

ηα ∧ ηβ.

Damit haben wir:∫

aj

ηbi = bi · aj = −δij,∫

M

ηai∧ ηaj

=

aj

ηai= ai · aj = 0

bj

ηai= ai · bj = δij,

M

ηbi ∧ ηbj =

bj

ηbi = bi · bj = 0.

Also ist ωi ∼ −ηbi und ηi ∼ ηai. Die letzte Gleichung ist dann auch klar, weil∫

Mωi ∧ ηj =

∫ajωi = δij.

Diese Gleichungen geben die folgende Matrixdarstellung von σ in der Basisω1, . . . , ωg, η1, . . . , ηg von H1(M):

σ =

−1 0

0 . . .

0 −11 0

. . . 00 1

(“Wir konnen eine zusatzliche Struktur J auf M definieren und den Satzvon Hodge anwenden.”)

Sei (M,J) gegeben, dann gehort zu jeder Kohomologieklasse [ω] genau eineharmonische 1–Form (dω = d∗ω = 0). Durch die Gleichung

J [η] := [∗ω]

fur den harmonischen Reprasentanten ω von [η], wird eine komplexe Struktur aufH1(M) definiert, weil J2 = Id ist. Damit wirdH1(M) ein komplexer Vektorraum.

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(“ Dieses J ist etwas ganz anderes als das J in Jη. Letzteres ist einfachdas komplexe i.”)

(“ Wenn die beiden lineare–Algebra–Tiere J und σ (eine komplexe Struk-tur und eine symplektische Form) auf einem Vektorraum zusammentreffen,dann entsteht ein Hermitesches Produkt.”)

Sei V ein 2g dimensionaler Vektorraum mit einer komplexen Struktur J undeiner symplektischen Form σ, mit σ(J v, w) = −σ(v, J w). Dann definiere:

〈v, w〉 := σ(v, J w) + J σ(v, w).

(“Das ist reell linear, da brauchen wir nicht d’ruber zu reden.”)

〈v, J w〉 = −σ(v, w) + J σ(v, J w) = J 〈v, w〉〈J v, w〉 = σ(J v, J w) + J σ(J v, w) = −J 〈v, w〉

(“Also mussen wir noch die Eigenschaft σ(J v, w) = −σ(v, J w) fur unserJ und σ nachweisen.”) Seien ω und η die harmonischen Reprasentanten von vund w in H1(M), dann folgt:

σ(J [ω], [η]) = −∫

M

∗ω ∧ η =

M

ω ∧ ∗η = −σ([ω], J [η]).

Denn:

∗ω ∧ η(X, J X) = ∗ω(X) η(J X)− ∗ω(J X) η(X) = ω(J X) η(J X) + ω(X) η(X)

ω ∧ ∗η(X, J X) = −ω(X) η(X)− ω(J X) η(J X).

(“Damit haben wir eine Hermitesche Form 〈, 〉 definiert.”)Behauptung: 〈, 〉 ist positiv definit.

〈w,w〉 = −∫ω ∧ ∗ω + J

∫ω ∧ ω

︸ ︷︷ ︸=0

> 0,

weil ω ∧ ∗ω (X, J X) = −(ω2(X) + ω2(J X)).

Definition 9.7. Eine komplexe 1–Form auf M ist gegeben durch

ωp : TpM → C linear, mit ωp(J X) = Jωp(X), ∀p ∈Mund p 7→ ωp(X) ist glatt fur jedes glatte Vektorfeld X auf M . (Das J auf derrechten Seite der Gleichung ist das i ∈ C.)

Bemerkung 9.8. Sei ω eine komplexe 1–Form, dann laßt sich ω schreiben als:ω = ω1 + ω2J , wo ω1 und ω2 reelle 1–Formen sind. Aus ∗ω = J ω folgt

∗ω1 + ∗ω2J = ∗ω = Jω = −ω2 + ω1J

also ist ω2 = −∗ω1. Alle komplexen 1–Formen sind damit von der Form ω−J ∗ω,fur eine reelle 1–Form.

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Definition 9.9. Eine komplexe 1–Form ω heißt holomorph, falls dω = 0 .

Satz 9.10. Fur eine komplexe 1–Form ω sind die folgenden 3 Eigenschaftenaquivalent: ω ist holomorph ⇔ Re(ω) harmonisch ist ⇔ Im (ω) harmonisch ist.

Beweis. Sei ω eine holomorphe 1–Form ; lokal existiert eine holomorphe Funk-tion f : M ⊃ U → C mit ω = df .

D.h., alle holomorphen 1–Formen sind von der Form ω − J∗ω mit einer har-monischen 1–Form ω. (“Man sieht: Es gibt genauso viele harmonische 1–Formen wie holomorphe 1–Formen.”) Also bilden die holomorphen 1–Formeneinen g-dimensionalen komplexen Vektorraum. Es gibt zu gegebenen a und bZykeln in M eine Standardbasis von ω1, . . . , ωg mit

∫aiωj = δij.

(“Den Beweis der Existenz solcher ω ’s stelle ich erst mal zuruck.”)

10 Komplexe Linienbundel uber Riemannschen

Flachen

Definition 10.1. Ein 1–dimensionales komplexes Vektorbundel uber M2 heißtkomplexes Linienbundel. Zu p ∈ M ist Lp also ein 1–dimensionaler komplexerVektorraum.

Beispiele 10.2. 1. M × C, das triviale Bundel.

2. K, Kp = {ω : TpM → C | ω(J X) = J ω(X) }, das kanonische Bundel.

3. TM , wo TpM mit J ein 1–dimensionaler komplexer Vektorraum ist.

Erinnerung: Fur ein Vektorbundel E hatten wir E∗ durch (E∗)p = (Ep)∗

definiert. Fur ein Linienbundel schreibt man:

L−1 := L∗.

Die Bundel K−1 und TM sind mit dem kanonischen BundelisomorphismusX ↔ X = (ω 7→ ω(X)) gleich, denn:

JX 7→ (ω 7→ ω(JX) = Jω(X) = JX(ω) ) = JX

(“In der Funktionentheorie nimmt man oft das Linienbundel K und schreibtdann K−1 anstelle von TM .”) (“Wir konnen noch nicht sagen, was einholomorpher Schnitt ist.”)

Ziel: Klassifikation der komplexen Linienbundel modulo (glatter) Bundeliso-morphismen. (“Lokal sind die Bundel sowieso alle gleich, es kann also nurum globale Unterschiede gehen.”)

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Behauptung. Auf jedem komplexen Linienbundel L gibt es eine mit der kom-plexen Struktur vertragliche Norm, d.h., auf jeder Faser Lp existiert eine Norm| | : Lp → IR, so daß fur alle ϕ ∈ Γ(L) ⇒ |ϕ|2 ∈ C∞(M) und |f ϕ| = |f | |ϕ|, furalle f : M → C und ϕ ∈ Γ(L).

Beweis. Wahle lokal | |Uαauf L|Uα

, (Uα)α∈I eine Uberdeckung und (α)α∈I eineZerlegung der Eins (PDE) untergeordnet zu (Uα). Setze dann

|ϕ| =∑

α∈Iα|ϕ|Uα

,

was sich als glatte Funktion auf ganz M interpretieren laßt.

Bemerkung 10.3. Jede andere Norm von dieser Form ergibt sich durch Multip-likation mit e2 fur ein ∈ C∞(M).

Definition 10.4. E sei ein (reelles oder komplexes) Vektorbundel uber der Man-nigfaltigkeit M . Ein Zusammenhang ∇ auf E ist ein Operator:

∇ : Γ(TM)× Γ(E)→ Γ(E)

X , ψ 7→ ∇Xψ,

so daß ∇fXψ = f ∇Xψ, fur alle f ∈ C∞(M) und ∇X(f ψ) = Xf ψ + f ∇Xψ.

D.h.: ∇ψ ∈ Γ(Hom(TM,E)) und man kann schreiben:

∇(fX) = df ψ + f ∇ψ.

(“Wir mussen uns jetzt also einen Uberbllick uber die verschiedenen ∇’sverschaffen. Gibt es immer ein ∇? Was passiert wenn ich ein anderes ∇genommen hatte ...? Die einzige Chance, ein ∇ zu erzeugen, ist, es lokal zudefinieren und dann global durch PDE zusammenzukleben. Dazu:”)

Lemma 10.5. Seien 1, . . . , n ∈ C∞(M) eine Zerlegung der Eins,∑i = 1,

∇1,. . . ,∇n Zusamenhange, dann ist∑j∇j ein Zusammenhang

Beweis.

∇X(fψ) =∑

j∇jX(fψ) =

∑j((Xf)ψ + f ∇j

Xψ) = (Xf)ψ + f ∇Xψ

Satz 10.6. Sei E ein Vektorbundel uber der Mannigfaltigkeit M . Dann gibt eseinen Zusammenhang ∇ auf E und jeder andere Zusammenhang ∇ auf E ist vonder Form:

∇Xψ = ∇Xψ + ω(X)ψ,

mit ω ∈ Γ(Hom(TM,EndE)).

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(“Umgekehrt liefert jedes solches ω einen Zusammenhang.”)

Beweis.

∇X(fψ)−∇X(fψ) = (Xf)ψ + f ∇Xψ − (Xf)ψ − f ∇Xψ = f(∇Xψ −∇Xψ).

Also hangt (ωp(X))(ψ) := (∇Xψ − ∇Xψ)p bei festem X und p nur linear vonψ(p) ab, somit ist ω ∈ Γ(Hom(TM,EndE)).

Definition 10.7. Seien X,Y ∈ Γ(TM), ψ ∈ Γ(E) dann wird durch

R(X,Y )ψ = ∇X∇Y ψ −∇Y∇Xψ −∇[X,Y ]ψ

der Krummungstensor zum Zusammenhang ∇ definiert.

Man rechnet genauso wie beim Levi-Civita-Zusammenhang auf RiemannschenMannigfaltigkeiten nach, daß R ein Tensor ist. Es gilt: R(X,Y )p ∈ End(Ep)und R(Y,X) = −R(X,Y ). (“Das war jetzt ein bißchen allgemeine The-orie (Verdunnisierung das Zusammenhangs auf dem Tangentialbundel, dieBianchi und die Ricci–Identitat lassen sich uberhaupt nur im Fall E = TMformulieren) und das bringen wir jetzt mit unserer speziellen Situation, woE ein komplexes Linienbundel ist, zusammen.”)

Eine mit der komplexen Struktur vertragliche Norm | | auf einem komplexenLinienbundel L uber M2 definiert eine Hermitesche Form 〈, 〉p auf Lp durch:

〈λψ, µϕ〉 = λ 〈ψ, ϕ〉µ,〈ϕ, ϕ〉 = |ϕ|2.

Definition 10.8. Ein Zusammenhang ∇ heißt mit der Hermiteschen Form 〈, 〉vertraglich, wenn eine Leibniz–Regel gilt:

X 〈ψ, ϕ〉 = 〈∇Xψ, ϕ〉+ 〈ψ,∇Xϕ〉 .

Satz 10.9. Zu jeder Hermiteschen Form 〈, 〉p auf L gibt es einen vertraglichenZusammenhang ∇.

Beweis. Wahle eine Uberdeckung (Uα)α∈I , so daß es auf Uα einen nicht ver-schwindenden Schnitt ϕα gibt. O.B.d.A. |ϕα| = 1 auf Uα. Definiere ∇α aufUα durch ∇α(f ϕα) := df ϕα. (Jeder Schnitt in L laßt sich auf Uα als f ϕαschreiben.) Das liefert einen Zusammenhang. Dieser Zusammenhang erfullt dieLeibniz–Regel, denn

X 〈f ϕα, g ϕα〉 = X(f g),

〈∇αX(f ϕα), g ϕα〉+ 〈f ϕα, g∇α

X(ϕα)〉 = Xf g + f (Xg) = X(f g).

Schließlich addiert man mit PDE (α): ∇ =∑α∇α.

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Definition 10.10. Ein Zusammenhang ∇ auf einem komplexen Linienbundel Eheißt komplex , wenn ∇X(J ψ) = J ∇Xψ.

Bemerkung 10.11. Ein solcher Zusammenhang existiert immer. Man kann ihngleichzeitig komplex und mit der Hermiteschen Form vertraglich wahlen.

(“Der im obenstehenden Beweis definierte tut es.”)

Seien ∇ und ∇ komplexe Zusammenhange, dann wissen wir bereits, daß esein ω ∈ Γ(Hom(TM,EndE)) gibt, mit ∇ = ∇+ ω. Hier gilt außerdem:

ω(X)(J ψ) = J ω(X)(ψ),

d.h., ω ∈ Γ(Hom(TM,EndCE)). Also ist ωp(X) die Multiplikation mit einerkomplexen Zahl, falls E ein komplexes Linienbundel ist, mit der IdentifizierungEndC(C) = C, J 7→ i.

Seien ∇ und ∇ zwei mit 〈, 〉 vertragliche Zusammenhange, mit ∇ = ∇ + ω.Dann gilt:

X 〈ψ, ϕ〉 = 〈∇ψ + ω(X)ψ, ϕ〉+ 〈ψ,∇ϕ+ ω(X)ϕ〉⇒ (ω(X) + ω(X)) 〈ψ, ϕ〉 = 0, fur alle ψ, ϕ ∈ Γ(L).

Also ∇ = ∇+ ω J mit einer reellen 1–Form ω.(“Jetzt rechne ich den Krummungstensor fur einen komplexen Zusam-

menhang aus.”)Es existiere eine nicht verschwindenden Schnitt ϕ in L, dann gibt es zu einem

komplexen Zusammenhang ∇ eine komplexwertige 1–Form η, so daß ∇Xϕ =η(X)ϕ ist.

R(X,Y )ϕ = ∇X∇Y ϕ−∇Y∇Xϕ−∇[X,Y ]ϕ

= ∇X(η(Y )ϕ)−∇Y (η(X)ϕ)− η([X,Y ])ϕ

= [Xη(Y ) + η(Y ) η(X)− Y η(X)− η(X) η(Y )− η(X,Y )]ϕ

= dη(X,Y )ϕ.

(“Diese Rechnung war lokal, weil die Existenz eines nicht verschwindendenSchnittes in L vorausgesetzt war.”)

Zwischen den Krummungstensoren zweier beliebiger komplexer Zusammen-hange auf dem Linienbundel L, ∇ = ∇+ ω, besteht also die Gleichung:

R = R+ dω. (*)

Behauptung. Ist der Zusammenhang ∇ mit der Hermiteschen Form 〈, 〉 ver-traglich, so ist der zugehorige Krummungstensor R eine rein imaginare 2–Form.

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Beweis. Wahle lokal ϕ mit |ϕ| = 1.

⇒ 0 = X 〈ϕ, ϕ〉 = 〈∇Xϕ, ϕ〉+ 〈ϕ,∇Xϕ〉 = 2 Re 〈∇Xϕ︸ ︷︷ ︸η(X)ϕ

, ϕ〉 = 2 Re η(X).

⇒ η ist rein imaginar und damit auch dη.

⇒ R ist rein imaginar.

Definition 10.12. Sei L ein komplexes Linienbundel, 〈, 〉 eine Hermitesche Formauf L, ∇ ein mit 〈, 〉 vertaglicher, komplexer Zusammenhang und R der Krum-mungstensor zu ∇. Der Grad degL von L wird durch die Formel

2πJ degL :=

M

R,

definiert.

Behauptung. degL ist unabhangig von der Wahl des Hermiteschen Produkts 〈, 〉und dem mit ihm vertraglichen, komplexen Zusammenhang∇ auf dem komplexenLinienbundel L.

Beweis. Aus der Gleichung (*) folgt, daß deg unabhangig von der Wahl von ∇ist, weil

∫M

dω = 0 ist. Wahle nun ein anderes Hermitesches Produkt e2 〈, 〉,dann ist ∇ = ∇ + d vertraglich mit e2 〈, 〉. (“Wenn ich das gezeigt habe,

kommt R = R raus, weil da dη (η = η + d) eingeht und dd = 0 ist.”)

X(e2 〈ψ, ϕ〉) = 2 d(X) e2 〈ψ, ϕ〉+ e2 〈∇Xψ, ϕ〉+ e2 〈ψ,∇Xϕ〉e2〈∇Xψ, ϕ〉+ e2〈ψ, ∇Xϕ〉 = e2[〈∇Xψ, ϕ〉+ 〈ψ,∇Xϕ〉+ 2 d(X) 〈ψ, ϕ〉].

Wiederholung.

• L ist ein komplexes Linienbundel uber M . (“M ist bisher ohne J , aber2–dimensional.”)

• ∇ ist ein komplexer Zusammenhang auf L:

∇(f ψ) = df ψ + f ∇ψ, ∀f : M → C

• 〈, 〉 hermitesche Metrik auf L.

∇ ist vertraglich mit 〈, 〉 ⇔ X〈ψ, ϕ〉 = 〈∇Xψ, ϕ〉+ 〈ψ,∇Xϕ〉.

• Ist ϕ ein (moglicherweise nur lokal) nicht verschwindender Schnitt, dann ist∇ϕ = η ϕ (moglicherweise nur lokal), η eine komplexwertige 1–Form. ∇ istmit 〈, 〉 vertraglich ⇔ Re η = 0.

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• R(X,Y )ψ = dη(X,Y )ψ.

• Ist ∇ = ∇+ω ein weiterer komplexer Zusammenhang, dann ist R = R+ dωund

degL =1

2πJ

M

R,

ist unabhangig von der Wahl der Hermiteschen Metrik 〈, 〉 und des mit ihrvertraglichen, komplexen Zusammenhangs ∇.

Satz 10.13. degL ∈ Z.

Beweis. Wahle einen zum Nullschnitt transversalen Schnitt ψ, dann hat ψ nurisolierte Nullstellen. Isotropielemma: O.B.d.A. befinden sich alle diese Nullstellenin einer beliebig vorgegebenen offenen Teilmenge U ⊂ M . Wahle U so, daß aufU ein nicht verschwindender Schnitt ϕ existiert, und daß U diffeomorph zuroffenen Kreisscheibe {x ∈ IR | ‖x‖ < 1 } ist. Wahle eine Hermitesche Metrik 〈, 〉,o.B.d.A. |ψ| = 1 auf M \ U und |ϕ| = 1 auf U . Auf ∂U ∼ S1 gilt ψ = uϕ mitu : S1 → C, |u| = 1. Bild: u ist eine Abbildung von S1 nach S1.

Der Beweis ist fertig, wenn wir degL = Windungsgrad von u zeigen.

2πJ degL =

M\UR+

U

R

Es gibt reelle 1–Formen ω und η mit ∇ψ = ω J ψ auf M \U und ∇ϕ = η J ϕ aufU . Also gilt

2πJ degL = J

M\Udω + J

U

Auf ∂U haben wir: ω J uϕ = ∇ψ = ∇(uϕ) = duϕ+ u∇ϕ = (du+ u η J)ϕ.

⇒ ω − η =1

J

du

u

⇒ 2πJ degL = J

∂U

η − ω = −J∫

S1

1

J

du

u

Mit einer Winkelfunktion α : [0, 2π] → IR, α(0) ≡ α(2π) mod 2π und derParametrisierung p(ϕ) := (cos(ϕ), sin(ϕ)) von S1 laßt sich u(p(ϕ)) = eJα(ϕ)

schreiben. Daraus folgt du ◦ dp = J(u ◦ p) dα und mit n = α(2π) − α(0) ∈ Z

haben wir: ∫

S1

1

J

du

u=

∫ 2π

0

dα = 2πn.

Ubungsaufgabe 10.14. degL = 0⇔ L hat einen Schnitt ohne Nullstelle. (“uist homotop zu einer Konstanten z.B. 1 ⇒ ψ = ϕ auf einem Stuck ⇒ ψ ∪ϕist ein Schnitt in ganz L ohne Nullstellen.”)

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Von jetzt ab ist M eine Riemannsche Flache mit der komplexen StrukturJ : TM → TM .

Erinnerung: f : M → C ist holomorph, wenn ∗df = Jdf . Anders gesagt gilt furdie Zerlegung df = ∂f+ ∂f , daß ∂f = 1

2(df+J∗df) = 0 ist. Die Operatoren ∂f

und ∂f sind durch ∗∂ = J∂f und ∗∂ = −J∂f (nach Satz 3.6) eindeutig definiert.

Eigenschaften von ∂.

∂ : Γ(M × C)→ Γ(K), Kp = {ω : TpM → C | ∗ω(X) = −J ω(X) }∂(fg) = ∂f g + f∂g ⇐ d(fg) = df g + f dg.

Definition 10.15. Sei L ein komplexes Linienbundel uber einer 2–dimensionalenMannigfaltigkeit mit komplexer Struktur (M,J). Dann definiere:

(KL)p := {ω : TpM → Lp | ∗ω = −J ω }.

(KL) wird analog durch ∗ω = J ω definiert.

Definition 10.16. Eine holomorphe Struktur auf einem komplexen LinienbundelL uber (M,J) ist ein Operator ∂ : Γ(L)→ Γ(KL) mit ∂(fψ) = ∂f ψ + f ∂ψ, furalle ψ ∈ Γ(L), f : M → C.

Sei ∇ ein komplexer Zusammenhang auf L, ψ ∈ Γ(L). Dann kann man ∇zerlegen:

∇ψ = ∇′ψ +∇′′ψ mit∇′ψ =

1

2(∇ψ − J∗∇ψ)

∇′′ψ =1

2(∇ψ + J∗∇ψ).

Es ist leicht zu sehen, daß ∇′′ ein ∂–Operator ist.

Lemma 10.17. Jeder ∂–Operator laßt sich als ∇′′ fur einen komplexen Zusam-menhang ∇ schreiben.

Beweis. (“Das ∂ ist irgendwas uneindeutiges. Was muß man machen? Manmuß das in irgend einen Hilfsrahmen reinwerfen.”)

Wahle lokal ϕα ∈ Γ(L) ohne Nullstellen und definiere ∇αϕα := ∂ϕα. Dannwird durch ∇α(fϕα) := df ϕα + f ∂ϕα ein Zusammenhang definiert. Denn:

∇α(g(fϕα)) = d(gf)ϕα + gf ∂ϕα = dg(fϕα) + g(df ϕα + f∂ϕα︸ ︷︷ ︸∇α(fϕα)

)

und fur ∇α ′′ gilt wirklich:

∇α ′′(f ϕα) =1

2(df ϕα + f∂ϕα + J∗df ϕα + J f ∗∂ϕα︸ ︷︷ ︸

−J∂ϕα

)

= f∂ϕα + ∂f ϕα = ∂(fϕα).

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Also ist ∇α ′′ = ∂ auf allen Uα. Uberdecke nun M mit solchen Uα und wahle eineuntergeordnete Zerlegung der Eins (α)α, dann ist ∇ :=

∑α α∇α ein Zusam-

menhang mit ∇′′ = ∂. Dieser Zusammenhang ist komplex, weil nach Definitionfur jeden Schnitt ψ ∈ Γ(L), Jψ = iψ und damit ∇(Jψ) = 0 · ψ + J∇ψ gilt.

Definition 10.18. Seien ∇ und ∇ zwei komplexe Zusammenhange auf L undL. ∇ heißt aquivalent zu ∇, wenn es einen Bundelisomorphismus : L →L gibt (d.h., |Lp

: Lp → Lp ist ein Vektorraumisomorphismus und ist ein

Diffeomorphismus) mit ∇X( ◦ ψ) = ◦ ∇Xψ.

Falls L = L: ∇ ∼ ∇ genau dann, wenn ein : M → C \ {0} existiert mit

∇(ψ) = ∇ψ. ∂ ∼ ¯∂ genau dann, wenn ¯∂(ψ) = ∂ψ.

11 Klassifikation der Bundel vom Grad 0

L0 = M × C, ∇ = d, 〈ψ, ϕ〉 = ψ ϕ, R = 0.Sei ∂ ein beliebiger ∂–Operator auf L0. Dann gibt es nach dem folgenden

Lemma einen mit 〈, 〉 vertraglichen komplexen Zusammenhang mit ∇′′ = ∂.

Lemma 11.1. Sei 〈, 〉 eine hermitesche Metrik auf dem komplexen LinienbundelL, ∂ eine holomorphe Struktur. Dann gibt es genau einen mit 〈, 〉 vertraglichen,komplexen Zusammenhang ∇ mit ∇′′ = ∂.

Beweis. Nach dem vorangegangenen Lemma existiert ein komplexer Zusammen-hang ∇ mit ∇′′ = ∂. Suche nach einem vertraglichen, komplexen Zusammenhang∇ = ∇+ ω mit ∂ = ∇′′. Weil ∇′′ = ∇′′ + 1

2(ω + J∗ω) ist, muß ∗ω = J ω gelten.

Die Vertraglichkeit von ∇ mit der Metrik 〈, 〉 bedeutet:

0 =

(*)︷ ︸︸ ︷X〈ψ, ϕ〉 − 〈∇Xψ, ϕ〉 − 〈ψ, ∇Xϕ〉− (ω(X) + ω(X)) 〈ψ, ϕ〉

(*) ist zu gegebenem X eine Hermitesche Form in ψ und ϕ, also ein Tensor unddamit von der Form η(X) 〈ψ, ϕ〉, wo η eine reelle 1–Form auf M ist. Wir mussenalso Re(ω) := 1

2η definieren. Mit ∗ω = J ω folgt aus der Darstellung komplexer

1–Formen (Bemerkung 9.8) die Formel ω = 12(η − J∗η).

Sind umgekehrt ∇ und ∇ zwei vertragliche, komplexe Zusammenhange, mitder Eigenschaft ∇′′ = ∇′′ = ∂. Dann folgt ∇ = ∇+ ω, ∗ω = J ω und Re(ω) = 0.Also ist ω = 0 und ∇ = ∇.

Der Streik beginnt...

... und endet x Wochen spater

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Wegen des Streiks vollenden wir die Klassifikation komplexer Linienbundelhier nicht mehr.

(Eine Referenz ware ...???..) Wir gehen jetzt uber zu der quaternionischenTheorie:

12 Quaternionische Funktionentheorie

Noch ein paar Grundlagen zu den Quaternionen: Die Konjugation ist definiertdurch

x := a0 − a1i− a2j − a3k, textwobeix = a0 + a1i+ a2j + a3k ∈ IH.

Die Norm auf den Quaternionen ist definiert durch

|x|2 = xx.

Ubungsaufgabe 12.1. Rechne nach, daß das eine Norm ist und

xy = yx, |xy| = |x||y|, fur alle x, y ∈ IH.

Verifiziere ferner die “Skalarproduktformel”

xy = − < x, y >IR3 +x× y fur x, y ∈ Im IH.

Wir identifizieren

IR3 = Im IH = span{i, j, k} = {x ∈ IH | x = −x }.

(“Komplexe Zahlen: Herrliches Kuddelmuddel von Punkten, Vektoren,

Drehstreckungen, damit kann man sehr schon Elementargeometrie im IR2

betreiben. Ganz analog geht das im quaternionischen Fall, und weil der IR3

so schon in den Quaternionen liegt, kann man Geometrie im IR3 betreiben.”)

Erinnerung.

Definition 12.2. Eine Drehstreckung ist eine lineare Abbildung A : IRn → IRn

mit|Ax| = c|x|, fur alle x ∈ IRn,

wobei c ≥ 0 konstant. Ist c = 1, so heißt A orthogonale Abbildung

Ubungsaufgabe 12.3.

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IR4: Die Abbildung x 7→ axb, a, b ∈ IH, ist eine Drehstreckung in IR4 mitc = |a||b|. Damit haben wir eine 8–Parameterfamilie von Drehstreckungen,parametrisiert durch (a, b) ∈ IH2, aber (ρa, 1

ρb) ergibt dieselbe Drehstreckung

(ρ ∈ IR). Also nur 7 Parameter.

Umgekehrt wissen wir: dimO(4) = dimSO(4) = 4·32

= 6, mit Streckungenhaben wir also 7–dimensionalen Raum.

(“Nach dem Parameterzahlen besteht also eine reelle Chance, alle Dreh-streckungen zu bekommen.”)

Zeige: Jede Drehstreckung A von IR4 ist von der Form x 7→ axb, a, b ∈ IH.

Zwei Tupel (a, b) und (a, b) induzieren genau dann dieselbe Drehstreckung,wenn ein ρ ∈ IR existiert mit (a, b) = (ρa, 1

ρb).

Fur Drehungen gilt insbesondere: (a, b) und (a, b) induzieren genau danndieselbe Drehung, wenn (a, b) = ±(a, b).

IR3: Die Abbildung A : x 7→ axa mit a ∈ IH liefert nun eine Drehstreckung inIR3 = Im IH, denn aus

x = −x =⇒ Ax = axa = −axa = −Ax,

folgt A : IR3 → IR3.

(“Halte die 1–Achse fest.”)

Zeige: Jede Drehstreckung des IR3 ist von der Form:

x 7→ axa, a ∈ IH, und axa = ¯axa fur alle x ⇐⇒ a = ±a.

(Idee: Auf i, j, k anwenden)

SO(3) = S3/{1,−1} = IRP 3 liefert die Topologie der speziellen orthogonalenGruppe. Bild: Suppentellertrick

(“Beachte das allgemeine Prinzip: a =√A.”)

Erinnerung an die Funktionentheorie. Sei M eine Riemannsche Flache(2–dimensional mit einer komplexen Struktur J), f : M → C(oder (S2 = C)holomorph (meromorph), d.h. ∗df = Jdf . Methode zur Konstruktion von f ’s:Finde holomorphe Linienbundel uber M , ψ, ϕ holomorphe Schnitte, und definieref durch ψ = fϕ.

Literatur: Griffiths, Harris, Algebraic Geometry, Furkas, Kra: RiemannscheFlachen.

Gesucht ist eine Verallgemeinerung im folgenden Sinne: M ist weiterhin eineRiemannsche Flache, aber wir suchen ein

f : M → IR4, IHP 1 bzw. IR3

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konform. Bild:

Eine komplexe Struktur auf einer 2–dimensionalen Mannigfaltigkeit (M,J)liefert eine konforme Struktur und eine Orientierung. Sei N das Einheitsnor-malenvektorfeld einer Immersion f : M → IR3. Durch die Orientierung ist Neindeutig bestimmt. Ist die Immersion f zusatzlich konform, so ist df(JX) dasBild der 90◦–Drehung von df(X), also bilden die Vektoren:

(df(X), df(JX), N)

eine positiv orientierte Basis, d.h.

df(JX) = N × df(X).

Behauptung. N ∈ Im IH, |N | = 1 ⇐⇒ N2 = −1.

Beweis. Aus N ∈ Im IH folgt N = −N , und mit |N | = 1 haben wir die Gleichung1 = |N |2 = NN = −N2.

Umgekehrt: N2 = −1 =⇒ |N | = 1 =⇒ NN = 1 = −N2 =⇒ N = −N.

Damit ist df(JX) = N × df(X) = Ndf(X), also ∗df = Ndf .(“Jetzt sind wir endlich aus der Welt der Kreuz– und Skalarprodukte in

die Welt der Quaternionenmultiplikation gelangt.”)

Proposition 12.4. Sei f : M → IH eine Immersion mit

∗df = Ndf (*)

und N : M → IH eine glatte Funktion. Dann ist N ∈ Im IH und |N | = 1.

Beweis. Sei p ∈M . Fur alle X ∈ TpM gilt df(JX) = N(p)df(X). Damit habenwir

−df(X) = df(J(JX)) = N(p)df(JX) = N2df(X) =⇒ N2(p) = −1,

weil df(X) 6= 0 ist fur X 6= 0.

Ubungsaufgabe 12.5. Außerdem ist f konform und N das Einheitsnormalen-vektorfeld von f mit der durch die komplexe Struktur J auf M gegebenen Orien-trierung.

(“Wie kann man sich das vorstellen?”)Betrachte den Spezialfall: N = i. Das Bild der Abbildung f ist dann in einer

zur j, k–Ebene parallelen Ebene enthalten. Nehmen wir o.B.d.A. an, daß dasBild von f in der j, k–Ebene liegt.

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Wir konnen dann f = gj mit einer Funktion g : M → C ∼= span{1, i}schreiben, und erhalten:

∗dgj = ∗df = idf = idgj

=⇒ ∗dg = idg.

Also ist g : M → C eine holomorphe Funktion. In diesem Sinne bettet sich diekomplexe Theorie in den quaternionischen Fall ein.

(“Die Gleichung (*) ist in diesem Sinne eine Cauchy–Riemann–Gleichungmit variablem i”)

Theorem 12.6 (& Definiton). Sei M eine Riemannsche Flache, N : M → S2

(betrachte S2 als Teilmenge von Im IH) eine glatte Abbildung und η eine IH–wertige 1–Form. Dann ist η zerlegbar in einen konformen und antikonformenAnteil η = η+ + η− mit

∗η± = ±Nη±.Dabei sind der konforme, antikonforme Anteil gegeben durch

η± =1

2(η ∓N ∗ η).

Beweis. Die Eindeutigkeit folgt aus der Tatsache, daß ∗η = Nη = −Nη dieBedingung η = 0 impliziert. Der Rest ist mit der fur η± angegebenen Formelklar.

Sei nun also f : M → IR3 eine Immersion mit ∗df = Ndf . (“Wo konnenwir hier unser neugewonnenes Wissen anwenden? Na klar, auf dN !”)

O.B.d.A nehmen wir M ⊂ C, 0 ∈ M und ∂∂x

ist Krummungsrichtung von fan. Dann gilt

dN(∂

∂x) = κ1df(

∂x)

dN(∂

∂y) = κ2df(

∂y)

und daher

dN+((∂

∂x) =

1

2

(dN((

∂x)−NdN(

∂y)

)

=1

2

(κ1df((

∂x))−Nκ2df((

∂y))

)

=1

2(κ1 + κ2)df(

∂x)

= Hdf(∂

∂x)

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und

dN+(∂

∂y) = dN+(J

∂x) = NdN+(

∂x) = Hdf(

∂y).

Also folgt die sehr wichtige Gleichung:

dN+ = Hdf.

(“Damit haben wir den Anschluß an die normale Differentialgeometriegefunden.”)

Nun folgen die Ableitungsgleichungen

dN = Hdf + ω, ∗ω = −Nω.

(mit ω := dN−)In Zukunft werden wir immer 2–Formen mit quadratischen Formen mittels

2–Form σ ←→ σ(X) := σ(X, JX)

identifizieren.

Ubungsaufgabe 12.7. Das so definierte σ ist eine rotationssymetrische qua-dratische Funktion auf TpM .

Damit erhalten wir zum Beispiel die Dachproduktformel:

ω ∧ η = ω ∗ η − ∗ωη

Das Dachprodukt laßt sich also mit Hilfe punktweiser Multiplikation von Funk-tionen auf TM schreiben.

(“Wir hatten also fur konforme Flachen so eine Gleichung, daßNdf =∗df”)

Sei f : M → IH = IR4 eine konforme Immersion und 0 6= X ∈ TpM , dann sinddf(X), df(JX) 6= 0, senkrecht zueinader und haben dieselbe Lange. DefiniereL,R ∈ IH durch

df(JX) = Ldf(X) = −df(X)R.

(“Es gibt solche Quaternionen L,R”)Fur L und R gilt: |L| = |R| = 1.Fur a, b ∈ IH , a 6= 0 gilt ab ⊥ a ⇐⇒ Re(b) = 0, denn

< ab, a1 >= |a|Re(b).

Nun gilt Ldf(X) = df(JX) ⊥ df(X), also L ∈ Im IH (analog R ∈ Im IH),also insgesamt

L,R ∈ S2.

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Sei Y = aX + bJX. Dann gilt

df(Y ) = adf(X) + bdf(JX) = (a+ bL)df(X)

df(JY ) = adf(JX)− bdf(X) = (−b+ aL)df(X) = Ldf(Y )

Genauso zeigt man df(JY ) = −df(Y )R.Also fur f : M → IH konforme Im-mersion: Es existieren L,R : M → S2 glatt mit

∗df = Ldf = −dfR.

Definition 12.8. L und R heißen Links– und Rechtsnormalenvektoren von f .(“Obwohl das gar keine Normalenvektoren sind”)

Sei

G2(IRn) = {orientierte 2 dimensionale lineare Unterraume von IRn} ∼= S2 × S2

(naturlich diffeomorph, z. B.: df(TpM)→ Lp, Rp)Flachen in IR3 : f = −f , also

∗df = Ldf =⇒ − ∗ df = ∗df = Ldf = −df(−L) = dfL,

also L = R =: N .Umgekehrt, wenn R = L, dann gilt

∗df = −dfL, ∗df = −dfR = −dfL =⇒ ∗d(f + f)︸ ︷︷ ︸∈IR

= − d(f + f)︸ ︷︷ ︸∈IR

R︸︷︷︸∈Im IH

also d(f + f) = 0 und Ref = 12(f + f = const.

(“Also liegt die Flache bis auf Translation in IR3.”)

13 Komplex quaternionische Linienbundel

(“Jetzt muß ich die Theorie der Linienbudnel, die wir ja bereits komplexgemacht haben, ubertragen”)

Definition 13.1. Ein quaternionisches Linienbundel uberM ist ein 4–dimensionalesreelles Vektorbundel, so daß auf jeder Faser Lp eine quaternionische Skalarmulti-plikation gibt:· : Lp × IH → Lp, (ψ, a) 7→ ψ · a die im folgenden Sinn glatt sein soll: Ist

ψ ∈ Γ(KL) so soll ψa ∈ Γ(L) gelten.bild

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(“wobei die Striche eben 4–dimensionale Vektorraume sind”)

Beispiel 13.2. L = M × IH, das triviale Bundel

Definition 13.3. Zwei quaternionische Linienbundel L und L heißen isomorph,wenn es einen quaternionisch linearen Bundelisomorphismus ϕ : L → L gibt, sodaß das folgende Diagramm kommutiert:

Bild: .

Satz 13.4 (Klassifiktation quaternionischer Linienbundel). Jedes quater-nionische Linienbundel uber M ist isomorph zu M × IH.

Beweis. Der Totalraum von L ist reell 6 dimensional, der Nullschnitt ist zweidi-mensional.

Bild.Jeder beliebige andere Schnitt ist generisch transversal zum Nullschnitt; ein

transversaler Schnitt kann den Nullschnitt abernicht schneiden, weil 2+2 < 6 ist(Transversalitatssatz). Damit existiert ein nirgends verschwindender Schnitt ϕ¿Nun ist

α : M × IH→ L, (p, λ) 7→ ϕ(p)λ

ein Bundelisomorphismus.

(“Man konnte jetzt sagen, das gibt eine langweilige Theorie, man konntejetzt anstelle von Schnitten ϕ ∈ Γ(L) auch Funktionen f : M → IH betrachten,aber:”)

Intuition: Im Komplexen ist es eigentlich egal, ob Vektoren von rechts odervon links mit Skalaren multipliziert werden:

Ist V Linksvektorraum uber C, so erhalt man mittels v ·λ = λv auch auf V dieStruktur eines Rechtsvektorraumes. Sinnvolle quaternionische Verallgemeinerungeines komplexen Vektorraumes:

• Linksmultiplikation mit Skalaren aus C wie vorher (JC → J)

• Rechtsmultiplikation mit Skalaren aus C erweitern zu Rechtsmultiplikationmit Skalaren aus IH (JC → i ∈ IH)

Definition 13.5. Ein komplex quaternionisches Linienbundel uber M ist einquaternionisches Linienbundel mit einer komplexen Linksmultiplikation.

Fur α ∈ IR ist αψ = ψα muß das Gleiche sein wie ψα fur α ∈ Im IH, weil1ψ = ψ. Aber fur “i” gibt es keine Vorschrift; da i.a. fur α ∈ IH : αψ 6= ψα.

Definiere fur z = α+ Jβ ∈ C:

zψ = (α+ βJ)ψ.

(“Also nur Multiplikation mit J wichtig”)

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Definition 13.6. Sei L ein quaternionisches Bundel. Die Notation A ∈ End(L)pbedeutet, daß A : Lp → Lp quaternionisch linear ist,

A(ψλ) = (Aψ)λ =: Aψλ, fur λ ∈ IH, ψ ∈ Lp

Ubungsaufgabe 13.7. End(L) ist ein 4–dimensionales reelles Vektorbundel. Zuzeigen: Zu A ∈ End(L)p existiert a ∈ IH mit Aψ = aψ.

Alle Fasern sind Algebren mit 1 = Id. Sind alle isomorph zu IH, aber ebennicht kanonisch.

Definition 13.8. Sei L ein komplex quaternionisches Linienbundel uber M mitkomplexer Struktur J ∈ Γ(End(L)), J2 = −I. Definiere fur N ∈ S2:

LN := {ψ ∈ L|Jψ = ψN}.

Es gilt: Fur ψ ∈ LN ist auch Jψ ∈ LN , denn: J(Jψ) = −ψ.Andererseits ist LN 6= L: Sei 0 6= ϕ ∈ L, dann existiert genau ein N ∈ S2 mit

Jϕ = ϕN . Fur ψ = ϕλ gilt dann

Jψ = (Jϕ)λ = ϕNλ, aber ψN = ϕλN.

Die Abbildung B : ψ 7→ ψN ist eine komplex (links–)lineare Abbildung mitB2 = −Id. Sei ϕ Eigenvektor zum Eigenwert z ∈ C, dann ist z = ±J . SeiY ∈ S2, Y ⊥ N , also Y N = −NY . Dann gilt

B(ϕY ) = ϕY N = −ϕNY = −B(ϕ)Y = −zϕY,also ist auch −z Eigenwert. Insgesamt: J und −J sind Eigenwerte von B mit

komplex 1–dimensionalen Eigenraumen.Damit ist LN ein eindimensionales Unterbundel des zweidimensionalen kom-

plexen Vektorbundels L, d.h. LN ist ein komplexes Linienbundel.

Proposition 13.9. Fur N, N ∈ S2 sind LN und LN als komplexe Linienbundelisomorph.

Beweis. Definiere α : L → L, ψ 7→ ψλ, wobei λ gegeben ist durch N = λ−1Nλ.Dann gilt fur ψ ∈ LN , also Jψ = ψN :

Jα(ψ) = J(ψλ) = (Jψ)λ = ψNλ = (ψλ)λ−1Nλ = α(ψ)N ,

also ist α|LN: LN → LN ein komplex linearer Isomorphismus.

Definition 13.10. Fur ein komplex quaternionisches Linienbundel definieren wirden Grad

degL := degLN , wobei N ∈ S2 beliebig.

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Zu jedem n ∈ Z gibt es komplex quaternionische Linienbundel L mit degL =n: Wahle komplexes Linienbundel L mit degL = n. Als 2–dimensionales kom-plexes Bundel definieren wir L als

L⊕ L mit Jψ = J

(ψ1

ψ2

)=

(Jψ1

Jψ2

)

Definition einer quaternionischen Rechtsmultiplikation:

ψi :=

(Jψ1

−Jψ2

), ψj :=

(−ψ2

ψ1

)und alsoψk =

(Jψ2

Jψ1

)

Das gibt genau die Pauli–Matrizen.

Ubungsaufgabe 13.11. L wird so ein komplex quaternionisches Linienbundel.

Insbesondere: Li ∼ L, degL = n und

Li = {(ψ1

0

)|ψ1 ∈ L}, L−i = {

(0ψ2

)|ψ2 ∈ L}

Noch nachzuprufen: Jedes komplex quaternionische Linienbundel ist isomorphzu Li ⊕ L−1.

14 Holomorphe quaternionische Linienbundel

Wir haben gesehen: Bei der Klassifikation der komplex quaternionischen Lin-ienbundel erhalt man als einzige Invariante (modulo Isomorphie) den Grad degL ∈Z.

Die komplexen Linienbundel haben wir zusatzlich mit einer holomorphenStruktur versehen. Noch einmal zur Wiederholung die Definition:

Definition 14.1. Eine holomorphe Struktur auf einem komplexen LinienbundelL ist gegeben durch einen Operator ∂ : Γ(L)→ Γ(KL) mit

1.∂fψ = (∂f)ψ + f∂, fur alle f : M → IR

2. ∂ ist komplex linear, d.h. ∂(ψa) = (∂ψ)a fur alle a ∈ C.

Bemerkung 14.2. Das ist wirklich aquivalent zu der Definition in ??, da 2 im-pliziert, daß1 auch fur Funktionen von f : M → C gilt.

Wollen wir das jetzt fur komplex quaternionische Linienbundel ubertragen, sohaben wir zwei Strukturen, die wir respektieren konnten; zum einen die quater-nionische Rechtsmultiplikation und zum anderen die komplexe Linksmultiplika-tion. (“Die quaternionische Struktur ist wichtiger!”)

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Definition 14.3. Eine holomorphe Struktur (oder ein ∂–Operator) auf einemkomplex quaternionischen Linienbundel L ist gegeben durch einen Operator ∂ :Γ(L)→ Γ(KL) mit

1.Dfψ = (∂f)ψ + fD, fur alle f : M → IR

2. D ist quaternionisch linear, d.h. D(ψa) = (Dψ)a fur alle a ∈ IH.

Lemma 14.4. D : Γ(L)→ Γ(KL) ist genau dann ein ∂–Operator, wenn

D(ψλ) = (Dψ)λ+1

2(ψdλ+ Jψ ∗ dλ) (14.1)

Beweis. Sei λ =∑fiai, ai ∈ IH, fi : M → IR. Wegen Linearitat reicht es zu

zeigen:

D(ψfa) = D(fψ)a = Dψ(fa) +1

2(df + J ∗ df)

︸ ︷︷ ︸∂f

ψa.

Umgekehrt, folgt aus (14.1) die Linearitat, weil fur a ∈ Im IH:

D(ψa) = (Dψ)a+1

2(ψda+ Jψ ∗ da) = (Dψ)a

Fur f : M → IR hat man auch mit (14.1):

D(ψf) = (Dψ)f +1

2(ψdf + Jψ ∗ df) = Dψf + ∂fψ

Beispiel 14.5. Sei L = M × IH, f : M → IH mit ∗df = Ndf . Setze als komplexeStruktur auf L:

J(p, λ) := (p,Nλ) >

(“Einziges Quaternion, das kanonisch mitgeliefert wird...”)Definiere eine holomorphe Struktur D durch die Forderung D 1 = 0, damit

ist, da L ein Linienbundel ist, D eindeutig bestimmt. Dann gilt:

Dλ = (D 1)λ+1

2(1dλ+ J · 1︸︷︷︸

=N ·1=N∗dλ) =

1

2(dλ+N ∗ dλ).

(Beachte die Identifikation λ : M → IH⇐⇒ λ ∈ Γ(L))

Insbesondere gilt

λ ist holomorph ⇐⇒ Dλ = 0.

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Also: f ist bezuglich der eben definierten holomorphen Struktur ein holomor-pher Schnitt.

(“Das einzig Zweifelhafte: Die Definition von J”)

Proposition 14.6. Sei L ein quaternionisches Linienbundel, ϕ ∈ Γ(L), ϕ(p) 6= 0fur alle p ∈ M, f : M → IH konforme Immersion. Sei ψ = ϕf . Dann gibt esgenau ein J ∈ End(L), J2 = −I und genau eine holomorphe Struktur D, so daß

Dϕ = Dψ = 0.

Es gilt Jϕ = ϕN , wobei ∗df = Ndf .

Beweis. Eindeutigkeit: Seien J,D, so daßDϕ = Dψ = 0,also

(Dϕ)f +1

2(ϕdf + Jϕ ∗ df) =

1

2(ϕ+ JϕN)df = 0

alsoϕ− JϕN = 0 ⇐⇒ Jϕ = ϕN.

Also ist J eindeutig bestimmt. Weiter gilt

D(ϕλ) =1

2(ϕdλ+ Jϕ ∗ dλ) fur alle λ : M → IH,

also ist auch D eindeutig bestimmt.

Definition 14.7. Es gibt folgende Zerlegung

End(L) = End+(L)⊕ End−(L),

wobei

End+(L) = {A ∈ End(L)|AJ = JA} = span{1, H} ∼ C

End−(L) = {A ∈ End(L)|AJ = −JA}

Bemerke: Fur A ∈ End−(L) gilt auch JA ∈ End−(L), also liefert J eine kom-plexe Struktur, die End−(L) zu einem komplexen Linienbundel macht. (Fur denGrad dieses Bundels vergleiche zum Beispiel...)

Beachte: Im Allgemeinen gilt nicht D(Jϕ) = J(Dϕ). Das fuhrt zu folgenderZerlegung von D:

Proposition 14.8. Jeder ∂–Operator D : Γ(L) → Γ(KL) laßt sich eindeutigzerlegen in:

D = ∂ +Q mit ∂J = 0, Q ∈ Γ(KEnd−(L)),

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definiere namlich

∂ψ =1

2(Dψ − JDJψ), Qψ ==

1

2(Dψ + JDJψ).

Beachte: Auch ∂ ist eine holomorphe Struktur.

Beweis.

• ∂ ist eine holomorphe Struktur.

– ∂ : Γ(L)→ Γ(KL)

∂JXψ =1

2(DJXψ − JDJXJψ) =

1

2(−JDXψ + J2DXJψ)

= −J 1

2(DXψ − JDXJψ) = −J∂Xψ

– ∂(ψλ) = (∂ψ)λ+ 12(ψdλ+ Jψ ∗ dλ)

∂(ψλ) =1

2(D(ψλ)− JD(J(ψλ))

=1

2(D(ψ)λ) +

1

2(ψdλ+ Jψ ∗ dλ)− JD(J(ψλ)− J 1

2(Jψdλ− ψ ∗ dλ))

= ∂(ψ)λ+1

2(ψdλ+ Jψ ∗ dλ)

• ∂J = 0

∂Jψ =1

2(DJψ − JDJ2ψ) = J

1

2(−JDJψ +Dψ) = J∂ψ.

• Q ∈ Γ(End(KL):

– Q ist Tensor:

Q(ψλ) =1

2(D(ψλ) + JD(J(ψλ))

=1

2(D(ψ)λ) +

1

2(ψdλ+ Jψ ∗ dλ)

+JD(J(ψλ) + J1

2(Jψdλ− ψ ∗ dλ))

= Q(ψ)λ

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– Fur X ∈ TpM ist Q(X) ∈ End(Lp) mit ∗Q = −JQ, d.h. Q ∈Γ(KEnd(L)):

QJXψ =1

2(DJXψ + JDJXJψ) =

1

2(−JDXψ − JJDXJψ)

= −J 1

2(DXψ + JDXJψ) = −JQXψ

• Fur X ∈ TpM ist Q(X) ∈ End(Lp) mit Q(X)J = −JQ(X), d.h. Q ∈Γ(KEnd−(L)):

Q(X)(Jψ) =1

2(DX(Jψ) + JDXJ

2ψ) = J1

2(−JDJψ −Dψ) = −JQ(ψ).

Proposition 14.9. Betrachte ein komplex quaternionisches Linienbundel L =LN ⊕ L−N mit N ∈ S2 mit ∂–Operator D mit D = ∂, also Q ≡ 0. Danninduziert D eine holomorphe Struktur auf LN (als komplexes Linienbundel)

Beweis. Sei ψ ∈ Γ(LN). Zu zeigen: D : ψ 7→ Dψ ∈ Γ(KLN). Aber:

J(Dψ)(X) = J∂Xψ = ∂X(Jψ) = ∂X(ψN) = ∂X(ψ)N,

denn ∂J = J∂ und ∂ ist quaternionsich linear.

Beispiel 14.10. Sei L ein komplexes Linienbundel mit holomorpher Struktru∂. Konstruiere das komplex quaternionische Linienbundel L = L ⊕ L. Danndefiniert

(ψ1

ψ2

):=

(∂ψ1

∂ψ2

)

eine holomorphe Struktur auf L.

Proposition 14.11 (Konstruktion der allgemeinen holomorphen Struk-tur). Sei ∂ holomorphe Struktur auf L iund Q ∈ Γ(KE), wobei E das Bundelmit den Fasern

Ep := {ω : Lp → Lp|ω(Jψ) = −Jω(ψ)} = End−(L)

sei (komplexes Linienbundel). Definere D = ∂ +Q, wobei ∂ die von ∂ auf Linduzierte holomorphe Struktur sei und

QX

(ψ1

ψ2

):=

(QXψ1

QXψ2

)

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15 Nullstellen holomorpher Schnitte

(“Ich steuere jetzt auf ein Problem zu, was neu ist, was aber mit den bish-erigen MItteln zu losen sein sollte. Ich beweise dann am Ende einen Satz,der noch so’n paar Voraussetzunge — generisch — hat. Die dann nochwegzubekommen, ware ein vernunftiges Projekt”)

Sei L ein holomorphes quaternionisches Linienbundel uber M mit J und D.Wir benutzen folgende Proposition (“Eine offensichtlich wahre Tatsaceh,

dei aus irgendwelcher Theorie uber elliptische Differentialoperatoren folgt.Die man aber noch mal genauer — mit Zitat — nachgucken mußte.”)

Proposition 15.1. Lokal (d.h. auf L|U) existiert immer ein nicht verschwinden-der holomorpher Schnitt ϕ.

Beweisidee. D ist elliptischer Differential–Operator.

Also ist lokal jeder Schnitt mittels des nichtverschwindenden holomorphenSchnittes ϕ schreibbar als

ψ = ϕλ, λ : M → IH.

Ferner ist Jϕ = ϕN fur N : M → S2. Damit gilt

Dψ =1

2ϕ(dλ+N ∗ dλ)

also insbesondere ist ψ genau dann holomorph, wenn ∗dλ = Ndλ.

Satz 15.2. Sei U ⊂ IR2 offen, f : U → IR4 glatt. Falls ein c ≥ 0 existiert mir

|∆f | ≤ c(|fx|+ |fy|)und wenn fur ein p ∈ U alle hoheren Ableitungen von f verschwinden, dann

ist f ≡ 0.

Beweis. In einer Arbeit von Hartmann, Wintner., 1956.

Satz 15.3. Sei L holomorphes quaternionisches Linienbundel uber M , ψ ∈ O(L), ψ 6≡0. Dannhat ψ isolierte Nullstellen und zu jedem p ∈ M mit ψ(p) = 0 existiertein r ∈ IN, so daßfur jede holomorphe Karte

z : U → C mit p ∈ U, {p} = {q ∈ U |ψ(q) = 0}

gilt:

ψ = zrψ, wobei ψ : U → L ein nirgends verschwindender Schnitt ist.

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Beweis. Wie oben ψ = ϕλ mit ∗dλ = Ndλ. Ohne Einschrankung nehmen wirN(p) = i an.

Nun gilt d ∗ dλ = dN ∧ dλ, also sind die Voraussetzungen fur den obigen Satzerfullt: In holomorpher Karte laßt sich jetzt schreiben:

λ =r∑

k=0

zkzr−k +R(z, z),

R(z, z) = O(|X|r+1 Taylorrestglied.(“Weil die Taylorreihe irgendwo anfangen muß. Das ist wohl der Knack-

punkt im ganzen Beweis.”)Taylorentwicklung von λz:

λz =r−1∑

k=0

(r − k)zkzr−k−1ak

︸ ︷︷ ︸=O(|z|r−1)

+ Rz︸︷︷︸=O(|r|r)

.

Schreibe i = h−1Nh mit h : M → IH glatt. Da ∗dλ = Ndλ erhalten wir

λy = dλ(∂

∂y) = Ndλ(J

∂x) = Nλx.

Dann gilt fur λ = h · λ mit i = hNh−1 ⇐⇒ h = −ihN :

2λz = λx + iλy

= hλx + hxλ+ ihNλx + ihyλ

= hxλ+ ihyλ

= (hxh−1 + ihyh

−1)λ

Einsetzen in die Taylorreihe ergibt, daß λz = o(|z|r). Also ak = 0, k =0, . . . , r − 1, d.h.

λ = zrar +R.

Nun gilt mit λ = h−1λ:

λ = h−1zrar + h−1R = (x+Ny)rh−1ar + h−1R.

Eingesetzt fur ψ:

ψ = ϕλ = ϕ((x+Ny)rh−1ar + h−1R)

= (x+ JY )rϕh−1ar︸ ︷︷ ︸6=0

+ϕh−1R

= zrψ +O(|z|r+1)

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Was leider nicht wahr ist: f : C → C, f(z) = O(|z|r+1), dann existiert h :C→ C glatt mit f(z) = zrh(z)

(Dann konnte man obiges Resultat erweitern zu: es existiert nicht verschwinden-der Schnitt χ mit ψ = zrχ)

Beispiel 15.4. Sei f(z) = z2, dann gilt h(z) = z2

z, das ist nicht glatt in 0: Fur

Kurve γϕ(r) = reJϕ gilt:

(h ◦ γϕ)(r) = re−3Jϕ, also (h ◦ γϕ)′(0) = e−3Jϕ.

Wenn h differenzierbar ware, dann wurde gelten:

(h ◦ γϕ)′(0) = hz(0)γ′(0) + hz(0)γ(0) = aeJϕ + be−Jϕ.

Widerspruch.

Korollar 15.5. 1. Nullstellen holomorpher Schnitte sind isoliert

2. Die Zahl r ist unabhangig von der Wahl der Karte. Wir definieren dieNullstellenordnung von ψ in p als: ordp ψ := r.

3. ϕ hangt zunachst von der Wahl der Karte ab. Man kann zeigen, daßfur dieAussage nur der Wert von ϕ im Punkt p relevant ist.

16 Gradformel

Unser vorlaufiges Ziel ist der folgende

Satz 16.1. Sei (L, J) ein komplex quaternionisches Linienbundel mit holomor-pher Struktur D = ∂ +Q. Sei ψ ∈ O(L), ψ 6≡ 0. Dann gilt:

π degL+

M

|Q|2 ≥ π∑

p∈Mordp ψ.

Wir zeigen zunachst:

Korollar 16.2. Ist ψ ein nirgends verschwindender Schnitt, so gilt

π degL+

M

|Q|2 ≥ 0.

Insbesondere folgt aus diesem Korollar, falls Q = 0 (und man im komplexenFall ist), daß keine globalen holomorphen Schnitte existieren konnen. (“Imkomplex quaternionischen Fall muß man durch |Q|2 ausgleichen.”)

Vorarbeiten:Wir definieren zunachst einen quaternionischen Zusammenhang

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Definition 16.3. Sei L ein quaternionisches Linienbundel. Ein quaternionischerZusammenhang auf L ist ein Operator ∇ : Γ(L)→ Γ(T ∗M ⊗ L) (1–Formen mitWerten in L), ψ 7→ ∇ψ : TM → Γ(L), X 7→ ∇Xψ ∈ Γ(L) mit

1. ∇ ist quaternionisch linear

2. ∇X(fψ) = df∇Xψ + f∇Xψ fur X ∈ TM, f : M → IR, ψ ∈ Γ(L).

(“Lohnendes Ziel: Wieweit ist Linienbundeltheorie auf beliebige Vektorbundelubertragbar?”)

Ausnutzen der komplexen Struktur auf L:Definiere

∇ :=1

2(∇− J∇J), B :=

1

2(∇+ J∇J).

Dann ist ∇ ein Zusammenhang:

∇(ψa) =1

2(∇(ψa)− J∇(J(ψa)))

=1

2(∇(ψ)a− J∇((Jψ)a))

=1

2(∇(ψ)a− J∇((Jψ))a)

= ∇(ψ)a

und

∇(fψ) =1

2(∇(fψ)− J∇(J(fψ)))

=1

2(dfψ + f∇ψ − J(dfJψ + f∇(Jψ)))

=1

2(2dfψ + f∇ψ − fJ∇(Jψ)))

= dfψ + f∇ψ

Ahnlich zeigt man: B ist Tensor, also B ∈ Γ(T ∗M ⊗ End(L)), d.h. fur alleX ∈ TpM ist B(X) ∈ End(Lp).

Ferner gilt:

∇(Jψ) =1

2(∇(Jψ)− J∇(J2ψ))

=1

2J(−J∇(Jψ) +∇(ψ))

= J∇ψ

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also ist J ∇–parallel.(“Nun sind LN parallele Unterbundel, weil J parallel ist”)

Fur N ∈ S2, ψ ∈ Γ(LN) ist ∇Xψ ∈ Γ(LN) fur alle X ∈ Γ(TM). Also definiert∇ einen komplexen Zusammenhang auf jedem LN .

(“Die ∇’s kommen aus der komplexen Welt”)Wie sieht es umgekehrt aus?Behauptung: ∇ := ∇|Γ(LN ) bestimmen ∇ eindeutig.Beweis: Sei K ∈ S2 mit K ⊥ N .Dann gilt

J(ψK) = (Jψ)K = ψNK = −ψKN,

also ist ψK ∈ L−N , also LNK = L−N .Jedes ψ ∈ L ist eindeutig zerlegbar in ψ = ψ+ + ψ− mit ψ± ∈ L±N , d.h.

eindeutig schreibbar als

ψ = ψ1 + ψ2K,ψ1,2 ∈ LN .Damit folgt die Behauptung.Ist also ein komplexer Zusammenhang ∇ auf LN gegeben, so definiert

∇ψ = ∇ψ1 + (∇ψ2)K

einen quaternionischen Zusammenhang auf L mit ∇J = 0:Zeige, daß ∇ quaternionisch linear ist, durch Test von

∇(ψa) = (∇ψ)a fur a = N,K,NK.

∇(ψK) = ∇(−ψ2 + ψ1K)

= −∇ψ2 + (∇ψ1)K

= (∇ψ1 + (∇ψ2)K)K

= (∇ψ)K

∇(ψN) = ∇(ψ1N + ψ2KN)

= ∇(ψ1N − (ψ2N)K)

= ∇(ψ1N)− (∇(ψ2N))K

= ∇(Jψ1)− (∇(Jψ2))K

= J(∇ψ1)− J((∇ψ2)K)

= (∇ψ1 + (∇ψ2)K)N

= (∇ψ)N

In analoger Rechnung zu oben zeigt man, daß B(X)J = −JB(X), d.h. in(“exotischer Form”) B ∈ Γ(T ∗M ⊗ End−(L)).

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Als nachstes wollen wir die komplexe Struktur von M ausnutzen:Zerlege ∇ = ∇′ +∇′′ mit

∇′ =1

2(∇− J ∗ ∇), ∇′′ =

1

2(∇+ J ∗ ∇),

wobei (∗∇)(X,ψ) = ∇JXψ.Ist ∇ ein quaternionischer Zusammenhang, so ist D := ∇′′ eine holomorphe

Struktur bezuglich J und ∇′ eine holomorphe Struktur fur die komplexe Struktur−J , bzw ∇′ ist eine antiholomorphe Struktur bezuglich der komplexen StrukturJ .

Zu testen

D(ψλ) = (Dψ)λ+1

2(ψdλ+ Jψ ∗ dλ).

Es reicht, dies fur λ = fa, f : M → IR, a ∈ IH zu zeigen:

D(ψfa) =1

2(∇(ψfa) + J ∗ ∇(ψfa))

=1

2(∇(fψ)a+ J ∗ ∇(fψ)a)

=1

2(dfψa+ f∇(ψ)a+ J ∗ dfψa+ fJ ∗ ∇(ψ)a)

=1

2((ψdλ+ Jψ ∗ dλ) + (∇(ψ) + J ∗ ∇(ψ)λ)

= (Dψ)λ+1

2(ψdλ+ Jψ ∗ dλ)

Wenden wir jetzt die Zerlegungen bezuglich der komplexen Strukturen auf Mund L an, so erhalten wir:

∇ = ∂ + ∂ + A+Q,

mit ∇ = ∂ + ∂, ∇J = 0, ∂ = ∇, ∂ = ∇′′, ∂ + Q = D, ∂ + A ist holomorpheStruktur auf L mit komplexer Struktur −J .Sei ∇ quaternionischer Zusammenhang, B End(L)–wertige 1–Form, X ∈ TPM ,also B(X) ∈ End(Lp). Dann ist auch ∇ = ∇ + B ein quaternionischer Zusam-menhang. Umgekehrt gilt fur ∇, ∇ quaternionische Zusammenhange:

B := ∇ − ∇ ∈ Γ(T ∗M ⊗ End(L)).

Wie verhalten sich die Krummungstensoren von ∇ und ∇

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R(X,Y )ψ = ∇X∇Y ψ − ∇Y ∇Xψ − ∇[X,Y ]ψ

= ∇X(∇Y ψ +B(Y )ψ) +B(X)(∇Y ψ +B(Y )ψ

−∇Y (∇Xψ +B(X)ψ) +B(Y )(∇Xψ +B(X)ψ

−∇[X,Y ]ψ −B([X,Y ])ψ

= R(X,Y )ψ + [∇X(B(Y )ψ)−B(Y )∇Xψ]

−[∇Y (B(X)ψ)−B(X)∇Y ψ]

−B([X,Y ])ψ + [B(X), B(Y )]ψ

= {R(X,Y ) +∇X(B(Y ))−∇Y (B(X))−B([X,Y ])− [B(X), B(Y )]}ψwobei wir fur ein A ∈ Γ(End(L)) benutzt haben

∇A ∈ Γ(T ∗M ⊗ End(L)), (∇XA)ψ := ∇X(Aψ)− A(∇Xψ).

(“Das ∇X(B(Y )) sieht verdammt aus wie die Ableitung einer 1–Form...”)Wir definieren:

Definition 16.4. Sei ∇ ein Zusammenhang auf einem Vektorbundel E, ω ∈Γ(T ∗M ⊗ E).

d∇ω(X,Y ) := ∇Xω(Y )−∇Y ω(X)− ω([X,Y ])

ist eine 2–Form mit Werten in E.

Das ist Verallgemeinerung der außeren Ableitung auf dem Tangentialbundel,X,Y ∈ TM,ω ∈ Γ(T ∗M):

dω(X,Y ) = Xω(Y )− Y ω(X)− ω([X,Y ]).

Wie ublich kann man nachrechnen, daß d∇ ein Tensor und schiefsymmetrischist.

Damit haben wir in unserer Krummungstensorrechnung

R(X,Y )ψ = {R(X,Y )ψ + d∇B(X,Y ) + [B(X), B(Y )]}ψ.Schreibweise:

R = R + d∇B +1

2[B ∧B]

wobei [B ∧B](X,Y ) := [B,B](X,Y ) := [B(X), B(Y )].Zur Erinnerung: Den Satz wollten wir beweisen:

Satz 16.5. Sei (L, J,D) ein holomorphes quaternionisches Linienbundel, D =∂ +Q,ψ ∈ O(L), ψ 6≡ 0. Dann gilt:

π degL+

M

|Q|2 ≥ π∑

p∈Mordp ψ.

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(“Die folgende Rechnung dient nur dazu zu erklaren, was |Q|2 ist”)Zunachst ist Q(X) ∈ End−(L), d.h. Q(X)J = −JQ(X). Damit ist

Q2(X)J = JQ2(X), also Q2 ∈ End+(L).

Fur X ∈ TpM,X 6= 0, ψ ∈ Lp, ψ 6= 0 schreibe

Q(X)ψ = ψa mit a ∈ IH, a 6= 0.

Und daher Q(X)2ψ = ψa2.

Ferner gibt es N ∈ S2 mit Jψ = ψN und wir erhalten

−ψNa = −JQ(X)ψ = Q(X)Jψ = ψaN.

also Na = −aN und daher a ∈ Im IH. Damit ist −a2 ∈ IR+.

Definition 16.6. Wir definieren |Q|2 durch folgende Gleichung

Q(X)2ψ =: −|Q|2(X)ψ, bzw.− a2 = |Q|2(X).

|Q|2 ist eine quadratische Form, die invariant ist im Sinne von

|Q|2(X) = |Q|2(JX),

dennQ(X)2(ψλ) = −|Q|2(X)(ψλ), also

Q(X)2 = −|Q|2(X)Id.

Damit ist aber |Q|2 eine invariante Form. Solche quadratischen Formen lassensich identifizieren mit 2–Formen.

Wir bearbeiten zunachst einmal den Fall, daß ψ keine Nullstelle hat.(“Dann kann man ∇ so wahlen, daß ψ parallel ist, damit ist der Integrand

fur den Grad = 0”)Wir brauchen das folgende

Lemma 16.7. Sei (L, J) ein komplex quaternionisches Linienbundel, D = ∂ +Q eine holomorphe Struktur. Sei ψ ∈ O(L) nirgendwo verschwindend. Sei∂ : Γ(L) → Γ(KL) eine antiholomorphe Struktur auf L mit ∂J = 0. Danndefiniert ∂ψ =: −Aψ ein A ∈ Γ(KEnd(L)). Zerlege A = A+ + A− mit A± ∈Γ(KEnd±(L)). Sei R der Krummungstensor von ∇ := ∂ + ∂. Dann gilt:

R + dA+ + 2J(|A−|2 − |Q|2) = 0 (16.1)

Bemerkung 16.8.

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1. Die Existenz eines ∂–Operators folgt mit der Zerlegung L = Li ⊕ L−i.Wahle antiholomorphe Struktur auf Li und setze ∂(ψ + ϕj) = ∂ψ + (∂ϕ)jmit ψ, ϕ ∈ Li. Das solch ein ∂ auf den Li existiert ist mit PDE zu zeigen.

2. dA= macht Sinn: End=(L) ∼= C kanonisch: Id 7→ 1, J 7→ i.

Zunachst einmal beweisen wir mit dem Lemma das folgende

Korollar 16.9. Sei M kompakt. Hat (L, J,D) einen nie verschwindenden holo-morphen Schnitt ψ, so gilt

π degL+

M

|Q|2 ≥ 0.

Beweis des Korollars. Erinnerung: Fur komplexe Zusammenhange auf komplexenLinienbundeln L gilt:

∫MR = −2πJ deg L

(Neue Vorzeichenregelung!!!)∇ ist Zusammenhang auf L := Li, degL = degLi,−2πJ degL =

∫MR. Inte-

grieren von (16.1):

−2πJ degL+ 2J(

M

|A−|2 −∫

M

|Q|2) = 0,

womit folgt:

π degL+

M

|Q|2 =

M

|A−|2 ≥ 0.

(“Interessant ist, was ich aber jetzt hier nicht machen werde, ist die Gle-ichheitsdiskussion”)

Beweis des Lemmas. Definiere:

∇ = ∇+B,∇ = ∂ + ∂, B := A+ + A− +Q.

ann gilt

ψ = (∂ +Q)ψ︸ ︷︷ ︸Dψ=0,ψ∈O(L)

+ (∂ + A)ψ︸ ︷︷ ︸=0,per Definition

.

Damit ist R = 0, also

0 = R = R + d∇B +1

2[B ∧B].

(2–Form mit Werten in End(L))Der End+(L)–Anteil ist

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0 = R+ = R + (d∇B)+1

2([A− ∧ A−] + [A∧Q] + [Q ∧Q],

da End+(L) ∼= C kommutativ. Fur C ∈ Γ(T ∗M ⊗ End±(L)) gilt:

(d∇C(X,Y ))Jψ = (∇XC(Y )−∇YC(X)− C([X,Y ]))Jψ

= (∇X(C(Y )Jψ)−∇Y (C(X)Jψ)− C([X,Y ])(Jψ))

−C(Y )(∇XJψ) + C(X)(∇Y (Jψ))

= (∇X(±JC(Y )ψ)−∇Y (±JC(X)ψ)∓ JC([X,Y ])(ψ))

−C(Y )(J∇Xψ) + C(X)(J∇Y (ψ))

= ±J(∇X(C(Y )ψ)∓ J∇Y (C(X)ψ)∓ JC([X,Y ])(ψ))

∓JC(Y )(∇Xψ)± JC(X)(∇Y (ψ))

= ±J(∇XC(Y )−∇YC(X)− C([X,Y ]))(ψ))

= ±J(d∇C)(X,Y )ψ

also haben wir gezeigt: Der End+(L)–Anteil von d∇B ist gerade d∇(B+).Wir berechnen die zu [A− ∧Q] gehorende quadratische Form:

[A− ∧Q](X, JX) = A−(X)Q(JX)− A(JX)Q(X) = 0,

Genauso

1

2[Q∧Q](X, JX) =

1

2(Q(X)Q(JX)−Q(JX)Q(X)) = JQ(X)2 = −|Q|2(X, JX)J.

und

1

2[A−∧A−](X, JX) =

1

2(A−(X)A−(JX)−A−(JX)A−(X)) = −JA−(X)2 = |A−|2(X, JX)J.

Damit erhalten wir

0 = R + dA+ + J(|A|2 − |Q|2).

Wenden wir uns jetzt dem allgemeinen Fall zu. Bemerke: Im obigen Lemmabrauchten wir keine Kompaktheitsvoraussetzung an M .

Was wir getan haben: Wir haben zu ψ ∈ O(L) einen Zusammenhang ∇konstruiert, so daß ∇ψ = 0. Diese letzte Gleichung definiert ∇ eindeutig. Warumstarten wir dann mit beliebigen antiholomorphen ∂? Im Fall, wo ψ Nullstellenhat, ist der (“explodierende”) Teil gerade in ∇′. Mit unserem Ansatz ist dasProblem also in dA+ kodiert und “besser” handhabbar.

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Beweis des Satzes (??). Seien also p1, . . . , pn die Nullstellen von ψ ∈ O(L) (esgibt nur endlich viele: M ist kompakt, und die Nullstellen sind isoliert). WahleUmgebungen U1, . . . , Un, pi ∈ Ui, und Koordinaten zi : Ui → C, so daß zi(Ui) ={z ∈ C||z| < ǫ}.

Bild: .

Sei M0 = M\⋃Ui. Die Aussage des Lemmas gilt auch auf M0, damit haben

wir nach Integration:

J

M0

R + J

M0

dA+ + 2

M0

|Q|2 = 2

M0

|A−|2 ≥ 0.

Wenn nun der Grenzwert fur ǫ→ 0 voon∫M0dA+ existiert, dann gilt:

π degLJ

M

R +

M0

|Q|2 ≥ −1

2J limǫ→0

M0

dA+.

Also zu zeigen:

−1

2J limǫ→0

M0

dA+ =n∑

i=1

ordpiψ

Nun ist

−1

2J limǫ→0

M0

dA+ =1

2J limǫ→0

∂M0

dA+.

Auf jedem Uα haben wir ψ = (zm + B)ϕ,B ∈ Γ(End(L)), B = O(|z|m+1), ϕnicht verschwindend, glatt. (“Was Franz jetzt macht:”) (distanzieren wir unsvom Geschehen?!?!?!)

Definiere A ∈ End(L|Uα) durch ∂ϕ := −Aϕ. Dann gilt:

∂ψ = mzm−1dzϕ− zmAϕ+O(|Z|m)

und

−Aψ = −(A+ + A−)zmϕ− ABϕ.Wir betrachten fur beide Gleichungen den End+(L)–Anteil, dann gilt

mzm−1dz − zmA+O(|Z|m) = −zmA+ − A+B+ − A−B−,

bzw.

m

zdz − A+O(1) = −A+ − A+(O(|Z|))− A−(O(|z|)), (16.2)

Andrerseits, falls wir den End−(L)–Anteil betrachten:

−zmA− +O(|z|m) = −zmA− − A−B+ − A+B−

= (−zm + B+)A− − A+B−.

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Teilt man wieder durch zm, so erhalt man (A− glatt, beschrankt)

O(1) = A− + A+(O(|z|)).Wiederum eingesetzt in (16.2)

A= = −mzdz +O(1).

Nun haben wir also:

limǫ→0

∂M0

A+ = limǫ→0

(n∑

i=1

(− ordpi

∂Bǫ

dz

z+O(1)))

=n∑

i=1

ordpi2Jπ.

Wir diskutieren jetzt den komplexen Fall, alsoQ ≡ 0. Dann gilt fur ψ ∈ O(L),ψ = ψ1 + ψ2j, ψk ∈ Γ(Li):

ψk ∈ O(Li) und ψk ∈ O(L), womit A− = 0 folgt.:

AJψ = ψi...

Damit gilt, statt des ≥ in der Formel, weil∫|A−| = 0, also uberall die Gle-

ichheit. Also haben wir bewiesen:

degL = #Nullstellen.

Insbesondere falls degL = 0, dann existiert ein nirgends verschwindenderholomorpher Schnitt, und daher L = M × C.

Ziel: Diskussion der Ergebnisse im Zusammenhang mit der Flachentheorie:

1. ψ, ϕ ∈ O(L), dann ist ψ = ϕf mit f : M → IH konforme Flache. Wiehangt Q mit der Geometrie der Flache zusammen?

2. Mit M mitgeliefert kommen 22g (?) reelle Hilbertraume von LinienbundelnΣ mit deg Σ = g − 1, die Spinbundel. Auf diesen betrachte spezielle ∂–Operatoren, die sogenannten Diracoperatoren. Sind ψ, ϕ ∈ O(Σ), dann gibtes ein “Produkt” (, ), so daß (ψ, ϕ) eine geschlossene IH–wertige, geschlossene1–Form. Dies definiert f mit df = (ψ, ϕ), man erhalt die sogenannte Weier-straßdarstellung.

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17 Weierstraß–Darstellung

(“ Ich werde jetzt noch den Zugang von der Bundeltheorie zur Weierstraß–Darstellung machen.”)

Sei V ein quaternionischer Vektorraum, V ∗ der (quaternionische) Dualraum

V ∗ := {α : V → IH|α(vλ) = α(v)λ}.

(“Will man jetzt V ∗ als quaternionischen REchtsvektorraum definieren,so muß man setzen:”)

(αλ)(v) := λα(v).

denn

(α(λµ))(v) = µλα(v)

= µ(αλ)(v)

= ((αλ)µ)(v)

alsoα(λµ) = (αλ)µ.

Sei L ein quaternionisches Linienbundel uber M . Dann gibt es wie immereine Paarung <,>: V ∗ × V → IH definiert durch

< α,ψ >:= α(ψ).

Fur diese Paarung gilt: < αλ, ψµ >= λ < α, ψ > µ.(“In der quaternionischen Linearen Algebra gibt es nur hermitesche For-

men, Bilinearformen sind Null”)Damit erhalten wir ein neues Linienbundel L−1 mit (L−1)p = L∗

p. Ist J diekomplexe Struktur auf L, so ist eine komplexe Struktur auf L−1 gegeben durch

< Jα, ψ >:=< α, Jψ > .

Beachte: <,> ist quaternionisch hermitesch, aber J (“geht ohne Veranderungvon links nach rechts”).

Satz 17.1. degL−1 = − degL.

Beweis. Sei ∇ ein quaternionischer Zusammenhang auf L mit ∇J = 0. Definiereeinen Zusammenhang ∇ auf L−1 durch

d < α, ψ >=< ∇α, ψ > + < α,∇ψ > .

Zu zeigen: ∇ ist ein quaternionischer Zusammenhang.

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< ∇(αλ), ψ > = d < α, λ, ψ > − < αλ,∇ψ >= dλ < α, ψ > +λd < α, ψ > −λ < α,∇ψ >

< (∇α)λ+ αdλ, ψ > = λ < ∇α, ψ > +dλ < α, ψ >

= λd < α, ψ > −λ < α, ψ > −dλ < α, ψ >

Ubungsaufgabe 17.2. Rechne ∇fXα = f∇Xα etc. nach.

Ferner gilt: ∇J = 0.

< ∇Jα, ψ > = d < Jα, ψ > − < Jα,∇ψ >= d < α, Jψ > − < α, J∇ψ >= d < α, Jψ > − < α,∇(Jψ) >

= < ∇α, Jψ >= < J∇α, ψ >

Nun mussen wir noch den Krummungstensor von ∇ berechnen

< R(X,Y )α, ψ > = < ∇X∇Y α− ∇Y ∇Xα− ∇[X,Y ]α, ψ >

= X < ∇Y α, ψ > − < ∇Y α,∇Xψ >

+Y < ∇Xα, ψ > − < ∇Xα,∇Y ψ >

−[X,Y ] < α,ψ > + < α,∇[X,Y ]ψ >

= XY < α,ψ > −X < α,∇Y ψ > −Y < α,∇Xψ > + < α,∇Y∇Xψ >

Y X < α,ψ > −Y < α,∇Xψ > −X < α,∇Y ψ > + < α,∇X∇Y ψ >

−[X,Y ] < α,ψ > + < α,∇[X,Y ]ψ >

= = − < α,R(X,Y )ψ >

= − < R(X,Y )α, ψ >

wobei wir in der letzten Zeile die Identifikation von End+(L) mit C benutzthaben.

Also erhalten wir

2π degL−1 = −∫

M

R =

M

R = −2π degL,

also degL−1 = −degL.

(“Ein wesentlicher Unterschied zur komplexen Welt ist der, daß holomor-phe Strukturen nicht nach L−1 gehen.”)

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Geht nicht: d < α, ψ >=< Dα, ψ > + < α,Dψ >, und das ist irreparabel.Wenigstens geht: Fur ψ ∈ O(L) ohne Nullstellen existiert ein eindeutiges D

auf L−1 mit

Dψ−1 = 0.

Wobei wir ψ−1 durch < ψ−1, ψ >= 1 definieren.(“Ob das bei Schnitten mit Nullstellen geht, daruber sollte man nach-

denken. Man kann das auch positiv sehen: Da kriegt man dann eine ganzeFamilie, also mehr Informationen, was sehr interessant ist.”)

Das Manuskript wird von einem BGB–Lernenden entwendet...

(“Also gut, das ist dann eine gute Ubungsaufgabe fur mich”)Definiere

KL = {ω ∈ HomIR(TM,L)| ∗ ω = Jω}KL = {ω ∈ HomIR(TM,L)| ∗ ω = −Jω}

Satz 17.3. Sei L, J,D holomorphes, quaternionisches Linienbundel. Dann ex-istiert genau eine holomorphe Struktur auf KL−1, so daß fur alle ω ∈ Γ(KL−1), ψ ∈Γ(L):

d < ω, ψ >=< Dω,ψ > − < ω ∧Dψ > .

(“So eine richtige Erklarung fur das “-” habe ich nicht, aber auch HerrFerus und Herr Pedit haben das Minuszeichen nicht weggekriegt.”)

(“Wir mussen aber jetzt erst einmal verstehen, was die Dinge in derGleichung eigentlich sind. Ich fange mal systematisch an.”)

Zunachst ist fur eine L–wertige 1–Form η und eine L−1–wertige 1–Form ω:

< ω ∧ η > (X,Y ) :=< ω(X), η(Y ) > − < ω(Y ), η(X) > .

(“...wie man es im 1. Semester lernt...”)Damit wird ubrigens das “-” in der Definition klar: Ableiten von 1-Form mal

Funktion produziert beim zweiten Ausdruck ein “-”!

Wir identifizieren diese 2–Form mit der zugehorigen quadratischen Form,genauso fur d < ω, ψ > (Im IH–wertige 2–Form).

(“Ungefahr: ω = fdz, dω = fzdz ∧ dz, also nur die z–Ableitung benotigt,also geht bei der Definition wirklich nur D ein.”)

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Das heißt, wir mussen < Dω,ψ > als quadratische Form verstehen.Wir identifizieren KKL−1 mit Λ2(T ∗M)⊗L−1 (2–Formen mit Werten in L−1):Definiere fur η ∈ KKL−1:

η(X) = η(X, JX) := η(X)(JX)− η(JX)(X).

Dann gilt fur X ∈ TM,X 6= 0, η 6= 0:

η(X) = η(X)︸ ︷︷ ︸∈KL

(JX)− η︸︷︷︸∈KKL

(JX)(X)

= Jη(X)(X) + Jη(X)(X)

= 2Jη(X)(X) 6= 0,

also ist :KKL→ Λ(T ∗M)⊗ L ein Isomorphismus.

Beweis des Satzes 17.3. (“Da die Unabhanigkeit in der Tex-Variante, die unsjetzt gerade geklaut wurde, gezeigt ist, konnen wir ja mal zeigen, daß dieFormel in ψ tensoriell ist:”)

< Dω,ψλ > = d < ω, ψ > λ− < ω,ψ > ∧dλ+ < ω ∧D(ψλ) >

= d < ω, ψ > λ− < ω,ψ > ∧dλ+ < ω ∧D(ψ) > λ

+1

2< ω ∧ (ψdλ+ Jψ ∗ dλ) >

= < Dω,ψ > λ− < ω,ψ > ∧dλ+

1

2(< ω ∧ ψ > dλ+ Jψ ∗ dλ) >)

Bleibt: D ist holomorphe Struktur.Um das zu uberprufen, formen wir die zu zeigende Gleichung

D(ωλ) = (Dω)λ+1

2(ωdλ+ Jω ∗ dλ)

fur Dω um (“Diese Formel zweimal auf X anwenden und mit 2J multi-plizieren”):

D(ωλ)(X) = Dω)(X)λ+1

2(2Jω(x)dλ(X) + 2J2ω(X) ∗ dλ(X))

⇐⇒ D(ωλ) = D(ω)λ− ω ∧Dψ.

Damit

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< D(ωλ), ψ > = dλ∧ < ω,ψ > +λd < ω, ψ > +λ < ω ∧Dψ >= dλ∧ < ω,ψ > +λ < D(ω), ψ >

= < (Dω)λ, ψ > +dλ < ∗ω, ψ > − ∗ dλ < ω, ψ >

= < (Dω)λ, ψ > − < ω ∧ dλ, ψ >

KL−1 ist aus zwei Grunden interessant: (Hier einer...?)Aus der komplexen Theorie ist bekannt:

Theorem 17.4 (Satz von Riemann–Roch).

dimO(L)− dimO(KL−1) = degL− g + 1

Anwendungsbeispiele fur Riemann–Roch :

Damit, zum Beispiel:

degL < 0 =⇒ dimO(L) = 0,

degK = 2g − 2(Gauß−−Bonnet),degKL−1 = 2g − 2− degL

dimO(K)− dim(O(M × C)) = 2g − 2− g + 1 = g − 1

alsodimO(K) = g.

Bemerke ferner, daß mit Riemann–Roch auch gilt:

dimO(KL−1)− dimO(L) = degO(KL−1)− g + 1

da K(KL−1)−1 = L.

Beweisidee fur quaternionischen Riemann–Roch. Wir haben

D : Γ(L)→ Γ(KL).

Betrachte den dazugehorigen dualen Operator D∗ : Γ(KL)∗ = Γ(KL−1) →Γ(L)∗ = Γ(KKL−1). Zeige: D∗ = D

Wir betrachten die Paarung <<,>> zwischen Γ(L) und Γ(KKL):

<< σ, ψ >>=

M

< σ, ψ >

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und die Paarung <<,>> zwischen Γ(KL−1) und Γ(KL):

<< ω, η >>=

M

< ω ∧ η >

Nun gilt:

0 =

∫d < ω, ψ >=

∫< Dω,ψ > −

∫< ω ∧Dψ >

also gilt

<< Dω, ψ >>=<< ω,Dψ >> .

Fur Fredholm–Operatoren A : V → W , d.h. A linearer (beschrankter) Op-erator mit dim kerA < ∞, dim cokerA = dim(W/ kerA) < ∞ ist der IndexindexA = dimKerA − dim cokerA konstant bezuglich stetiger Deformation inder Menge der Fredholm–Operatoren. (Hirzebruch–Scharlau). Ferner ist mitdem Atiyah–Singer–Indexsatz (“vor den Leuten, die das konnen, habe ich diegroßte Hochachtung”) der Index eng verknupft mit topologischen Daten; ins-besondere, da D Fredholm–Operator ist, erhalt man mit dem Index von D auchden Grad des Bundels. Fur eine beliebe holomorphe Struktur D = ∂ + Q giltRiemann–Roch, wegen der komplexen Theorie, fur D. Durch stetige DeformationD = ∂ + tQ laßt sich dieser nach D transformieren, also bleibt der Index, unddamit der Grad, fest.

(“Was jetzt wirklich Zeit wird, ist das Zusteuern auf Flachentheorie”)

Sei f : M → IR4 = IH konform, in dem Sinne, daß df 6≡ 0 und ein glattesN : M → S2 existiert mit

∗df = Ndf.

Gesucht: Holomorphes quaternionisches Linienbundel Lmit ϕ, ψ ∈ O(L), ϕ(p) 6=0 fur alle p ∈M und f ist definiert durch

ψ = ϕf.

Behauptung: Bis auf Isomorphie existiert genau ein solches Linienbundel.

Beweis. Jedes solches Linienbundel ist kanonisch isomorph als quaternionischesLinienbundel zu M × IH, wenn gefordert wird, daß ϕ↔ 1.

Zu zeigen: Auf M × IH existiert genau ein J und ein D mit D1 = Df = 0.(ψ = 1f)

Wir klaren erst einmal die Eindeutigkeit: Definiere N durch J1 = 1N . Dannmußte fur D und J gelten:

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0 = D(1f) = (D1)f +1

2(1df + J1 ∗ df) =

1

2(df + NNdf).

An jeder Stelle p ∈M gilt also

{N(p)N(p) = −1

dpf = 0.

Ubungsaufgabe 17.5. df verschwindet nur an isolierten Punkten.

Damit ist N(p) = N(p) außerhalb von isolierten Punkten, also N = N .

Dλ = D(1λ) =1

2(dλ+N ∗ dλ).

Also ist das J und das D eindeutig bestimmt. Zur Definition einer holomor-phen Struktur auf quaternionischen Linienbundeln L gneugen zwei Schnitte (dieholomorph werden sollen), die sich durch eine konforme Funktion unterscheiden.

Sei L komplex quaternionisches Linienbundel, ϕ ∈ Γ(L) ohne Nullstellen.Behauptung: Es existiert genau eine holomorphe Struktur mit Dϕ = 0¿

Dϕ =1

2(ϕdλ+ Jϕ ∗ dλ.

Sei f : M → IR3 Immersion (“R3 weil wir sonst noch Diffgeo in IR4 hattenmachen mussen”), ∗df = Ndf .

Definiere ein Linienbundel Σ−1 durch die Forderung: Σ−1 hat holomorpheSchnitte α, β, β ohne Nullstellen, α = βf . Sei ψ = β−1, also < β, ψ >= 1. Dannhat auch |psi ∈ Γ(Σ) keine Nullstellen, d.h. es existiert eindeutig eine holomrpheStruktur D auf Σ mit Dψ = 0.

(“Wenn wir den Satz mit∫|Q|2 ≥ . . . anwenden wollen, stellen sich die”)

Fragen: Was ist deg Σ,∫M|Q|2 fur Σ?

Sei Jβ = βN , dann gilt

< β, ψ(−N) >= −N = −N < β, ψ >=< Jβ, ψ >< β, Jψ >

alsoJβ = βN =⇒ Jψ = −ψN.

Damit berechnen wir Q:

Qψ =1

2(Dψ + JDJψ) = −1

2JD(ψN)

= −1

4J(ψdN + Jψ ∗ dN)

=1

4ψ(∗dN +NdN)

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Es gilt dN = Hdf + ω (Ableitungsgleichung) mit ∗ω = −Nω, damit habenwir

Qψ =1

4(H ∗ df −Nω +HNdf +Nω) =

1

2ψHNdf,

also

|Q|2 =1

4H2|df |2.

Proposition 17.6. Es gilt W (M) ≥ 4π.

Beweisskizze. Definiere einen komplexen Zusammenhang ∇ auf Σ−1 durch

∇β = −1

2βNdN.

∇ ist komplex:

∇(Jβ) = ∇(βN) = −1

2(βNdNN + βdN) =

1

2βdN = J(∇β).

Ubungsaufgabe 17.7. Berechne den Krummungstensor zu

R = −N∗σJ,

wobei σ die Volumenform auf S2 ist.

Damit erhalten wir

2π degL =1

2

M

N∗σ = degN2π.

Da deg Σ = 1− g gilt fur ψ ∈ O(L), ψ 6= 0, also

0 ≤ π degL+

∫|Q|2 = π(g − 1) +

1

4

M

H2|df |2,

also ist das Willmore–Funktional

W (M) ≥ 4π(1− g).

Fur M = S2 gilt g = 0 und daher W (M) ≥ 4π.

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Aus der letzten Vorlesung wissen wir, daß jedes holomorphe LinienbundelL eine holomorphe Struktur auf KL−1 induziert, so daß

d < α, ψ >=< Dα,ψ > − < α,Dψ > .

(Eigentlich steht da ˆD, wir schreiben jetzt kurz D dafur.)In unserem Fall: KΣ−1 ist als holomorphes Bundel isomorph zu Σ. (“ψ hat

bereits keine Nullstellen, also reicht es fur den Isomorphismus, das Bild vonψ anzugeben”)

ψρ7→ βdf.

Das defniert eine quaternionisch lienaren Isomorphismus ρ : Σ→ KΣ−1.Noch mal sehen: βdf ∈ KΣ−1, aber

∗(βdf) = β ∗ df = βNdf = Jβdf.

Behauptung Jρ = ρJ :

Beweis.

Jρ(ψ) = Jβdf = βNdf

ρ(Jψ) = ρ(−ψN) = −ρ(ψ)N = βdfN = βNdf

ρ ist vertraglich mit den D’s:Zu zeigen: Dρ(ψ) = D(βdf) = 0.

< D(βdf), ψ > = < D(βdf), ψ > − < βdf,Dψ >

= d < βdf, ψ >= d(df < β, ψ >

= ddf = 0

(“Also ist Σ ein Spin–Bundel:”)

Definition 17.8. Ein holomorphes, quaternionisches Linienbundel Σ uber Mheißt Spin–Bundel, wenn Σ als holomorphes quaternionisches Linienbundel iso-morph zu KΣ−1 ist (hinsichtlich der auf KΣ−1 druch d < β, ψ >=< Dβ,ψ >− < β,Dψ > eindeutig definierten holomorphen Struktur).

Fur ein Spin–Bundel definiere

(, ) : Γ(Σ)× Γ(Σ)→ Γ(T ∗M ⊗ IH), (ψ, ϕ) :=< ρ(ψ), ϕ >

(, ) erfullt

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1. (ψλ, ϕµ) = λ(ψ, ϕ)µ

2.

∗(ψ, ϕ) = < ∗ρ(ψ), ϕ >=< Jρ(ψ), ϕ >=< ρ(Jψ), ϕ >

= (Jψ, ϕ)

= < ρ(ψ), Jϕ >= (ψ, Jϕ)

, also ist (, ) insbesondere hermitesch.

3. (ψ, ϕ)p = 0 impliziert ψp = 0 doer ϕp = 0.

Ist umgekehrt Σ Linienbundel mit (, ), das 1)–3) erfullt, so definiere ρ durch< ρ(ψ), ϕ >:= (ψ, ϕ). Damit wird ρ ein komplex linearer Isomorphismus mitBild KΣ−1. Fur D auf Σ muß man ferner fordern

d(ψ, ϕ) = d < ρ(ψ), ϕ > ....

geeignet formuliert.Damit haben wir die aquivalente Definition eines Spin–Bundels

Definition 17.9. Ein Spin–Bundel ist ein komplex quaternionisches LinienbundelΣ zusammen mit (, ) : Γ(L)→ Γ(T ∗M⊗IH) reell bilinear, uberall nicht ausgeartetmit

1. (ψλ, ϕµ) = λ(ψ, ϕ)µ

2. ∗(ψ, ϕ) = (Jϕ, ψ) = (ϕ, Jψ)

Korollar 17.10. (ψ, ϕ) = −(ϕ, ψ).

Beweis. OBdA sei ψ 6= 0, Jψ, ψN . Dann gilt

−N(ψ, ϕ) = (Jψ, ϕ) = (ψ, Jϕ) = (ψ, ψ)N,

also ist (ψ, ψ)(X) ∈ Im IH, d.h. (ψ, ψ) = −(ψ, ψ)Damit gilt aber

(ψ, ϕ) = (ψ, ψλ) = (ψ, ψ)λ = −λ(ψ, ψ) = −(ψλ, ψ) = −(ψ, ϕ)

Satz 17.11. Zu A ∈ KEnd−(Lp) gibt es genau ein A ∈ KEnd−(Lp) mit

(Aψ, ϕ) = (ψ,Aϕ).

(zu lesen als quadratische Formen, also Funktionen auf dem Tangentialbundel)

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Beweis. Sei 0 6= X ∈ TpM, 0 6= ψ, ϕ ∈ Σp. Dann gibt es genau ein B(X,ψ, ϕ) ∈Σp mit

(B(X,ψ, ϕ), ϕ)(X) = (ψ,A(ϕ))(X).

(“Ich ignoriere, daß es Nullstellen gibt, daß ich das darf, uberlasse ichIhnen”)

Dann gilt fur alle λ ∈ IH

(B(X,ψ, ϕλ), ϕ)(X)λ = (B(X,ψ, ϕλ), ϕλ)(X)

= (ψ,A(X)(ϕλ))(X)

= (ψ,A(X)ϕ)(X)λ

= (B(X,ψ, ϕ), ϕ)(X)λ

also hangt B nicht von ϕ ab: B(X,ψ) = B(X,ψ, ϕ). Wie hangt B von ψ ab?

(B(X,ψλ), ϕ)(X) = (ψλ,A(X)ϕ)(X) = λ(ψ,A(X)ϕ)(X)

= λ(B(X,ψ), ϕ)(X) = (B(X,ψ)λ, ϕ)(X)

damit ist B quaternionisch linear in ψ, also konnen wir schreiben

B(X,ψ) = B(X)ψ mit B(X) ∈ End(Σp).

Weiter gilt

(B(X)Jψ, ϕ)(X) = (Jψ,A(X)ϕ)(X) = (ψ, JA(X)ϕ)(X)

= −(ψ,A(X)Jϕ)(X) = −(B(X)ψ, Jϕ)(X)

= −(JB(X)ψ, ϕ)(X)

also ist B(X) ∈ End−(Σp). Bleibt nur noch zu prufen:

(B(JX)ψ, ϕ)(JX) = (ψ,A(JX)ϕ)(JX) = (ψ, JA(JX)ϕ)(X)

= (ψ,−J2A(X)ϕ)(X)

= (ψ,A(X)ϕ)(X)

(JB(X)ψ, ϕ)(JX) = −(B(X)ψ, ϕ)(X)

= (ψ,A(X)ϕ)(X)

also A := B ∈ KEnd−(Σp).

Lemma 17.12.(JA) = −JA, ¯A = A.

Beweis.

(JAψ, ϕ) = (ψ, JAϕ) = (Jψ,Aϕ) = (A(Jψ), ϕ) = −((JAψ, ϕ)

( ¯Aψ,ϕ) = (ψ, Aϕ) = −(Aϕ, ψ) = −(ϕ,Aψ) = (Aψ,ϕ)

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Damit haben wir eine “reelle Achse” ausgezeichnet. Wir wollen ferner eine“positive Achse” definieren. Bild:

Zu ψ ∈ Σp definiere |ψ|2 ∈ KEnd−(Σp) durch

J |ψ|2ϕ := ψ(ψ, ϕ).

Beweis. |ψ|2 ∈ T ∗M ⊗ End(Σp) sit klar. Ferner

|ψ|2(Jϕ) = −Jψ(ψ, Jϕ) = −Jψ(Jψ, ϕ) = −ψN(−N)(ψ, ϕ)

= −ψ(ψ, ϕ) = −J |ψ|2(ϕ)

|ψ|2(ϕ)(JX) = −Jψ(ψ, ϕ)(JX) = −Jψ(ψ, Jϕ)(X)

= −J |ψ|2(ϕ)

Weiter ist |ψ|2 reell:

(|ψ|2(ϕ), ϕ) = (ϕ, |ψ|2(ϕ))

= (ϕ,−Jψ(ψ, ϕ))

= (ϕ,−Jψ)(ψ, ϕ)

= (ψ(ϕ,−Jψ), ϕ)

= (ψ(Jψ, ϕ), ϕ)

= (ψ(ψ, Jϕ), ϕ)

= (−J |ψ|2(Jϕ), ϕ)

= (|ψ|2(ϕ), ϕ)

und “positiv”:

|ψλ|2ϕ = −Jψλ(ψλ, ϕ) = |λ|2|ψ|2ϕ.

Definition 17.13. Eine Halbdichte auf M ist eine Funktion u : TpM → IR vonder Form:

Xp 7→ f(p)|X|,wobei || bezuglich irgendeiner (festgewahlten) Riemannschen Metrik sei und

f : M → IR glatt.

Beispiel 17.14. |df | wenn f eine konforme Immersion ist.

May 23, 2005

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Literatur

[War] Warner, Frank W., Foundations of Differentiable Manifolds and LieGroups, Scott, Foresman and Company, Glenview, Illinois, 1971.

[Zahlen] Heinz–Dieter Ebbinghaus, Hans Hermes, Friedrich Hirzebruch, MaxKoecher, Klaus Lamotke, Klaus Mainzer, Jurgen Neukirch, AlexanderPrestel und Reinhold Remmert, Zahlen, Springer, Berlin, 1. Aufl., 1983(3., verbesserte Aufl. 1992), Springer–Lehrbuch.

[Wal] Wallace, A., Differential Topology.

[GrHa] Griffiths, Harris, Algebraic Geometry.

[FuKra] Furkas, Kra, Riemannsche Flachen.

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