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DiplomarbeitWahl der optimalen Wettbewerbs- und Vertragsform bei Groprojekten am Beispiel des Projektes 3do Verfasser Katharina Nicole Herich Dortmund, im Juli 2005

Lehrstuhl fr Bauorganisation Prof. Dr. Karl-Heinz Schiffers

Betreuung Dipl.-Ing. Thomas Kuhlmann IPM Ingenieurgesellschaft fr Projektmanagement GmbH

und Dipl.-Ing. Thomas Feuerabend Lehrstuhl fr Bauorganisation der Universitt Dortmund

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNISABBILDUNGSVERZEICHNIS MATRIZENVERZEICHNIS ABKRZUNGSVERZEICHNIS ANHANG VII IX XI

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Abbildungsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNISAbb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Projektstrukturplan des 3do..................................................5 Schematische Darstellung der Schnittstellen im Nord-Sd Schnitt des Dortmunder Bahnhofs........................................6 Gestaltungsmglichkeit der Projektorganisationsform..........7 Organigramm Vertrge, Frdermittel und Genehmigungsund berwachungskompetenzen zwischen den Projektbeteiligten beim 3do..................................................9 Schematische Darstellung des Einzelplanermodells...........14 Schematische Darstellung des Generalplanermodells........16 Unternehmereinsatzformen................................................17 Gliederung des Generalunternehmers im weiteren Sinn....18 Umsetzung der EU-Richtlinien in nationales Vergaberecht 24 Struktur des deutschen Vergaberechts...............................26 Modelle der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm ...........................................................................................37 Zeitpunkt der Ausschreibung bei den einzelnen Modellen der funktionalen Leistungsbeschreibung...................................38 Kostenfunktion, abhngig von der Beschreibungsqualitt, Risikoeintritt und Klrung des Optimierungsspielraums......40 Mindestdauer des Offenen Verfahrens...............................54 Mindestdauer des Offenen Verfahrens mit Vorabinformation ...........................................................................................55 Mindestdauer des Nichtoffenen Verfahrens bzw. des Verhandlungsverfahrens mit Bekanntmachung..................55 Mindestdauer des Nichtoffenen Verfahrens mit Vorabinformation bzw. des Verhandlungsverfahrens mit Bekanntmachung und Vorabinformation.............................56 Bauvertragstypen im berblick unter Bercksichtigung des GMP-Vertrags.....................................................................62 Gliederung der Vertragsformen nach Art der Leistungsbeschreibung und Vergtung..............................63 berblick ber die verschiedenen GMP-Varianten.............71 Projektphasen der unterschiedlichen GMP-Methoden im berblick............................................................................74 Kostenbeeinflussbarkeit in den verschiedenen Projektstadien nach Lunzer................................................75 Darstellung der Gesamtkostenoptimierung beim GMP.......79 Chronologie der Entscheidungsfindung..............................89

Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17:

Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24:

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Abbildungsverzeichnis Abb. 25: Entscheidungsalgorithmus zur Rechtsstellung des Auftraggebers und Verpflichtung zur Anwendung des jeweiligen Abschnitts der VOB/A........................................91 Legende zu Abb. 25...........................................................92 Ablaufdarstellung der Vorbereitung und Durchfhrung der Vergabe durch einen privaten Auftraggeber unter Bercksichtigung des Budgets...........................................94 Festlegung der Vergabeform als mehrstufiger Entscheidungsproze.........................................................95 Zielfeld des Bauherrn fr die Projektrealisierung................97 Zuordnung der Planungspflichten.....................................111 Vertraglich vereinbarte Baukosten bei Bro- und Verwaltungsgebuden bezogen auf den charakteristischen Terminablauf bei der Einzelvergabe.................................130 Vergleich der Kostensicherheit fr den AG bei der GUVergabe und Einzelvergabe.............................................131 Leistungs- und Gewhrleistungspflicht des AN.................137 Prinzipskizze zur Darstellung der Vergleichbarkeit von Angeboten bei der gewerkeweisen Vergabe mit Angeboten bei der Vergabe an einen GU...........................................143 Kosten alternativer Wettbewerbs- und Organisationsmodelle .........................................................................................145 bersicht aller Kosten und Risiken...................................146 Durchschnittliches Nachtragsvolumen nach Nachtragskategorien........................................................152 Nachtragsvolumen bei Brogebuden in Abhngigkeit vom Wettbewerbsverfahren......................................................153 Beauftragtes (A) und geltend gemachtes (B) Nachtragsvolumen privater und ffentlicher Bauherrn......154 Durchgesetztes Nachtragsvolumen getrennt nach Bausparten und Bauherrentyp..........................................154 Leistungen des Projektcontrollings bei Einsatz eines Generalunternehmers.......................................................158 Darstellung des Baubeginns bei der Gewerkeweisen Vergabe beim klassischen Planungs- und Vergabeablauf nach VOB/A......................................................................162 Darstellung des Baubeginns bei der Gewerkeweisen Vergabe mit starker berlappung der Vorgnge..............162 Darstellung des Baubeginns bei der Vergabe an einem GU i.e.S. mit starker berlappung der Vorgnge....................162 Darstellung des Baubeginns bei der Vergabe an einem GUA mit starken berlappungen der Vorgnge.....................163 Darstellung des Baubeginns bei der Vergabe an einem GUE mit starker berlappung der Vorgnge..........................1634

Abb. 26: Abb. 27:

Abb. 28: Abb. 29: Abb. 30: Abb. 31:

Abb. 32: Abb. 33: Abb. 34:

Abb. 35: Abb. 36: Abb. 37: Abb. 38: Abb. 39: Abb. 40: Abb. 41: Abb. 42:

Abb. 43: Abb. 44: Abb. 45: Abb. 46:

Abbildungsverzeichnis Abb. 47: Abb. 48: Abb. 49: Qualittsmngel in Anlehnung an den 2. Bauschadensbericht.........................................................167 Ranking fr Teilprojekt A am Beispiel 3do........................177 Ranking fr Teilprojekt B am Beispiel 3do........................177

Abb. 50: Ranking bei gleicher Gewichtung aller Attribute....................179 Abb. 50: Ranking bei gleicher Gewichtung aller Attribute

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Matrizenverzeichnis

MATRIZENVERZEICHNISMatrix 1: Matrix 2: Matrix 3: Matrix 4: Matrix 5: Matrix 6: Matrix 7: Matrix 8: Zuordnung der Vertragsarten zu den einzelnen Wettbewerbsmodellen...........................................................100 Handlungsalternativen fr ffentliche Auftraggeber................104 Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Planungsrisiko................113 Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Zeile (b) nderungsflexibilitt der Planung, Zeile (c) Einfluss auf Planung.......................115 Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Schnittstellenrisiko zwischen Planung und Bauausfhrung................................................117 Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Aufwand fr Leistungsbeschreibung........................................................119 Ausschnitt aus Zielgrenmatrize berwachung und Steuerung der Planung.........................................................................121 Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Zeile (g) Optimierungspotential der Planung durch Unternehmer-Knowhow, Zeile (h) Interesse der Durchfhrung der Planungsoptimierung...........................................................124 Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Koordinationsrisiko zwischen den Bauausfhrenden..........................................................128

Matrix 9:

Matrix 10: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Zeile (j) Zeitpunkt der Kostensicherheit, Zeile (k) Mengenrisiko, Zeile (l) Vollstndigkeitsrisiko...........................................................132 Matrix 11: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Zeile (m) Zeitpunkt der Termingarantie, Zeile (n) Wahrscheinlichkeit der Terminberschreitung..........................................................135 Matrix 12: Ausschnitt aus Ergebnismatrix Zeile (o) Mngelzuweisung, Gewhrleistungslcken, Zeile (p) Sicherung der Teilleistung 139 Matrix 13: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Zeile (q) Insolvenzwahrscheinlichkeit, Zeile (r) Insolvenzauswirkungen.......................................................141 Matrix 14 Teil 1: Ausschnitt aus Ergebnismatrix Zeile (s) Herstellkosten, Zeile (t) Bieterwettbewerb, Zeile (u) (aa) Zuschlge 149 Matrix 14 Teil 2: Ausschnitt aus Ergebnismatrix Zeile (s) Herstellkosten, Zeile (t) Bieterwettbewerb, Zeile (u) (aa) Zuschlge 149 Matrix 15: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Zeile (ab) Nachtrge aus genderten und zustzlichen Leistungen, Zeile (ac) Nachtrge aufgrund Mengenermittlungs- und Vollstndigkeitsrisiko, Zeile (ad) Interessensynchronisation...........................................155 Matrix 16: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Aufwand fr Steuerung und berwachung.......................................................................157 Matrix 17: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Brgschaftsabsicherung1596

Matrizenverzeichnis Matrix 18: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Zeile (ag) Steuerung und berwachung der Termine durch den BH, Zeile (ah) Projektdauer.......................................................................164 Matrix 19: Ausschnitt aus Zielgrenmatrize Aufwand der Qualittssicherung...............................................................168 Matrix 20: Gewichtung der Attribute durch den Entscheider am Beispiel 3do........................................................................................173 Matrix 21: Darstellung der bewussten Gewichtung durch Bewertung der Gleich- oder Nachrangigkeit von Attributen fr Teilprojekt A am Beispiel 3do..........................................................................174 Matrix 22: Darstellung der bewussten Gewichtung durch Bewertung der Gleich- oder Nachrangigkeit von Attributen fr Teilprojekt B am Beispiel 3do..........................................................................175 Matrix 23: Normierte Zielgrenmatrize mit normierter Gewichtung am Beispiel 3do..........................................................................176 Matrix 24: Einflussnahme der Schnittstelle bei getrennter Betrachtung von Teilprojekten mit verpflichtender Anwendung der VOB/A und Teilprojekten ohne verpflichtende Anwendung der VOB/A....181 Matrix 24: Einflussnahme der Schnittstelle bei getrennter Betrachtung von Teilprojekten mit verpflichtender Anwendung der VOB/A und Teilprojekten ohne verpflichtende Anwendung der VOB/A

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Abkrzungsverzeichnis

ABKRZUNGSVERZEICHNIS3do Abb. Abs. AEG AG AGK AHO AN a-Paragraphen ARGE BauO BGB BH BKR BU b-Paragraphen bzw. CM CM/ GC CM/ MC d.h. DB DBC DKR DMC EBA EKdT EP etc. EU evtl. Projektname fr die Modernisierung und Umbau des Dortmunder Bahnhofs Abbildung Absatz Allgemeines Eisenbahngesetz Auftraggeber Allgemeine Geschftskosten Ausschuss der Verbnde und Kammern der Ingenieure und Architekten fr die Honorarordnung e.V. Auftragnehmer Zustzliche Paragraphen in VOB/A Abschnitt 2 Arbeitsgemeinschaft Landesbauordnung Brgerliches Gesetzbuch Bauherr EG-Baukoordinierungsrichtlinie Bauunternehmen Zustzliche Paragraphen in VOB/A Abschnitt 3 Beziehungsweise Contruction Manager General Contractor Management Contractor das heit Deutsche Bahn Design & Build Contractor EG-Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie Design & Manage Contractor Eisenbahn-Bundesamt Einzelkosten der Teilleistung Einzelpreis Et cetera Europa eventuell

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Abkrzungsverzeichnis ff. FU ggf. GmbH GMP GP GU G i.e.S. i.w.S. GU-A G-A GU-E G-E GWB HOAI i.d.R. LB LKR LP LV m. E. Mio. Nr. NU OK Pos. QS Rdn. S. s. SekRL SekL folgende Fachunternehmer gegebenenfalls Gesellschaft mit beschrnkter Haftung Garantierter Maximalpreis oder [engl.] Guaranteed Maximum Price Gesamtpreis Generalunternehmer, allgemein Generalbernehmer, allgemein im engeren Sinn im weiteren Sinn Generalunternehmer im weiteren Sinn, komplette Bauausfhrung und Ausfhrungsplanung Generalbernehmer im weiteren Sinn, komplette Bauausfhrung und Ausfhrungsplanung Generalunternehmer im weiteren Sinn, komplette Bauausfhrung, Ausfhrungs- und Entwurfsplanung Generalbernehmer im weiteren Sinn, komplette Bauausfhrung, Ausfhrungs- und Entwurfsplanung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkung Honorarordnung fr Architekten und Ingenieure in der Regel Leistungsbeschreibung, Leistungsbereich EG-Lieferkoordinierungsrichtlinie Leistungsphase nach HOAI Leistungsverzeichnis mit Einschrnkung Millionen Nummer Nachunternehmer Oberkante Position Qualittssicherung Randnummer Seite siehe EG-Sektorenrichtlinie EG-Sektorenberwachungsrichtlinie9

Abkrzungsverzeichnis SF SKR Teilprojekt A Teilprojekt B TGA TU T usw. wRL vgl. VgV VHB VOB VOB/A VOB/B VOB/C VOF VOL VSt VSt i.e.S. VSt i.e.S. WuG z.B. Schlsselfertig Sektorenrichtlinien, = VOB/A Teil 4 Bauteile mit verpflichtenden Anwendung der VOB/A Bauteile mit freiwilliger Anwendung der VOB/A Technische Gebudeausrstung Totalunternehmer Totalbernehmer Und so weiter EG-berwachungsrichtlinie vergleiche Verordnung ber die Vergabe ffentlicher Auftrge Vergabehandbuch fr die Durchfhrung von Bauaufgaben des Bundes Vergabe- und Vertragsverordnung fr Bauleistungen Vergabe- und Vertragsverordnung fr Bauleistungen Teil A: Allgemeine Bestimmungen fr die Vergabe von Bauleistungen; ist in 4 Abschnitte unterteilt Vergabe- und Vertragsverordnung fr Bauleistungen Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen fr die Ausfhrung von Bauleistungen Vergabe- und Vertragsverordnung fr Bauleistungen Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen fr Bauleistungen (ATV) Verdingungsordnung fr freiberufliche Leistungen Verdingungsordnung fr Leistungen Verkehrsstation im 3do Verkehrsstation im eigentlichen Sinn = eigentliche Verkehrsstadion im 3do Verkehrsstation im weiteren Sinn im 3do Wagnis und Gewinn zum Beispiel

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Einleitung

Zielstellung

1 EINLEITUNG0.1 ZIELSTELLUNG

Bei der Entwicklung und Planung eines Investitionsobjekts stellt sich dem Bauherrn bereits zu einem relativ frhen Zeitpunkt die Frage, welche Wettbewerbsform zur Vergabe der weitergehenden Planungsleistungen und der Bauleistungen fr sein Projekt unter den gegebenen Randbedingungen und unter den definierten Zielen die gnstigste ist. Ziel dieser Diplomarbeit ist eine Entwicklung einer Systematik fr die Wahl der geeignetesten Wettbewerbs- und Vertragsform. Zunchst gilt es zu klren: Welche Wettbewerbs- und Vertragsformen gibt es? Welche Vorschriften gilt es zu beachten?

Ausgehend von diesen theoretischen Betrachtungen, werden Zusammenhnge zwischen den Wettbewerbs- und Vertragsformen dargestellt: Welche Wettbewerbsform kann mit welchem Bauvertrag kombiniert werden? Gibt es Einschrnkungen in der Wahl der Wettbewerbs- oder Vertragsform durch z.B. Gesetze? Dazu ist es notwendig, das fr die Vergabe geltende Rechtssystem zu beleuchten und genau darzustellen. Abschlieend werden Vor- und Nachteile der mglichen Kombinationen aus Wettbewerbs- und Vertragsform bersichtlich dargestellt und bewertet. Dem Bauherrn wird somit die Mglichkeit gegeben, sich zunchst eingehend ber die Einflussfaktoren fr die Wahl einer Wettbewerbs- und Vertragsform zu informieren, sich ein Bild ber seine Ausgangssituation zu verschaffen und anschlieend eine sinnvolle Entscheidung zu treffen. Diese Entscheidungshilfe wird auf das Projekt 3do angewendet. Beim Projekt 3do in Dortmund muss in naher Zukunft eine Entscheidung ber die Wettbewerbs- und Vertragsform getroffen werden. Das Projekt 3do selbst setzt sich aus mehreren Teilprojekten zusammen. Ein Teilprojekt bildet die Modernisierung und der Umbau der Verkehrsstation, gemeinhin der Bahnhof genannt, bei dem anderen Teilprojekt handelt es sich um das ber dem Bahnhof zu errichtende Shoppingcenter inklusive zugehriger Infrastruktur, wie z.B. Parkhuser und Erschlieungsstrae. Da fr die Verkehrsstation Frdermittel des Bundes und des Landes mit einflieen werden, besteht hier die Verpflichtung, das ffentliche Vergaberecht anzuwenden. Das Shoppingcenter hingegen ist eine rein privatwirtschaftliche Investition.

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0

Einleitung

Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird eine Empfehlung zur Vergabestrategie des 3do anhand der entwickelten Entscheidungshilfe erstellt. Auf Wunsch des Bauherrn bildet der GMP-Vertrag einen Schwerpunkt der Ausarbeitung.

0.1

VORGEHENSWEISE UND AUFBAU DER ARBEIT

In Kapitel 1 dieser Arbeit werden zunchst die Grundlagen zur Wahl der optimalen Wettbewerbs- und Vertragsform ausgearbeitet. Auf diesen aufbauend wird im zweiten Kapitel eine Entscheidungshilfe entwickelt. Zu Beginn der einzelnen Abschnitte der beiden Teile werden notwendige Grundlagen geschaffen, die im weiteren Verlauf dazu dienen, die optimale Vertragsform fr das Projekt 3do zu finden. Im Hinblick auf die Anwendung der Entscheidungshilfe wurde dem ffentlichen Vergaberecht besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil das Projekt 3do nicht nur durch private, sondern auch durch ffentliche Investitionen getragen wird. Das ffentliche Vergaberecht ist durch die Umsetzung des Europischen Rechts umfangreicher und komplexer geworden. Es war notwendig Licht ins Dunkle zu bringen und sich ausfhrlich darber Gedanken zu machen, wer unter das ffentliche Vergaberecht fllt, welche Bestimmungen fr wen greifen, welche Vor- und Nachteile sich aus der verpflichtenden Anwendung der einzelnen Teile der VOB/A ergeben, ob es Einschrnkungen durch das ffentliche Vergaberecht hinsichtlich einzelner Wettbewerbs- und Vertragsformen gibt und wie der Ablauf des Vergabeverfahrens aussieht. Im ersten Teil wird ein umfangreiches und strukturiertes Grundwissen ber die verschiedenen Wettbewerbs- und Vertragsformen unter der besonderen Betrachtung des GMP-Vertrags (Guaranteed Maximum Price [engl.] Garantierter Maximalpreis) sowie des ffentlichen Vergaberecht prsentiert. Basierend auf dieser Grundlage wird im zweiten Teil auf das Problem der Wahl der optimalen Wettbewerbs- und Vertragsform eingegangen. Den Kern hierbei bildet die Chronologie zur Entscheidungsfindung.

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Einleitung

Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

Sie stellt den Fahrplan zur Entscheidungsfindung dar. Sie strukturiert sich wie folgt: Klrung der Anwendung des Vergabe- und Vertragsrecht nach VOB/A Bestimmung der Handlungsalternativen getrennt nach Rechtstellung des AG Betrachtung des Ausschreibungszeitpunktes Betrachtung weiterer Ausschlusskriterien Ermittlung von Ranking-Werte in der in dieser Diplomarbeit hergeleiteten Zielgrenmatrize Betrachtung von Schnittstellen zwischen Teilprojekten mit verpflichtender Anwendung des Vergaberechts und anderen Teilprojekten Bewertung der Ergebnisse Eine Bewertung der Ergebnisse wird in dieser Diplomarbeit am Beispiel des 3do durchgefhrt.

3

I

Grundlagen

Projektstruktur

I

GRUNDLAGEN

I.1 PROJEKTSTRUKTURUm ein Projekt berschaubar zu machen, ist es notwendig das Gesamtprojekt in die nchst tiefere Planungsebene, in seine Teilbereiche bzw. objekte, zu zerlegen. Die Bei Projektsstruktur der kann zum einen objektorientiert wird das oder zum anderen in die funktionsorientiert erfolgen.1 In den meisten Fllen kommen Mischformen in Frage. funktionsorientierten Projektstruktur Gesamtprojekt entsprechenden zur Projektrealisierung erforderlichen Funktionen (z.B. Entwurf, Ausfhrungsplanung, Ausfhrung) aufgeteilt. Bei der objektorientierten Struktur werden alle zum Projekt gehrenden Untersysteme in Baugruppen oder Bauteile gegliedert.2 Der Umfang der Projektdaten steigt dabei mit der Komplexitt des Projekts und der Anzahl der Projektbeteiligten. An dieser Stelle wird die bauliche Konzeption des Projekts 3do dargestellt. Das Projekt 3do steht als Synonym fr einen Gebudekomplex aus Bahnhof, Shopping- und Entertainment-Center und der zugehrigen Infrastruktur mit Parkhuser. Das besondere Augenmerk gilt hier dem Komplex des Shoppingcenters und Bahnhofs. Es wird begrenzt durch die Kopfgebude im Norden und Sden in den Level -1 bis +2. Zwischen den beiden Kopfgebuden im Level +2 erstreckt sich das Commuter-Level (Commuter [engl.] Pendler) als Nord-Sd-Verbindung und Verteilerebenen der Reisenden und Einkaufskunden. Die Tragplatte berspannt die gesamten Bahnsteige und dient als Plattform fr die Shopping- und Entertainmentebenen. Auf der nachfolgenden Seite ist die Objektstruktur des 3do grafisch dargestellt.

1

2

Vgl. Ahrens/ Bastian/ Muchowski, Handbuch der Projektsteuerung Baumanagement, S. 170. Vgl. Ahrens/ Bastian/ Muchowski, Handbuch der Projektsteuerung Baumanagement, S. 170.

4

I

Grundlagen

Projektstruktur

Projekt 3do Dortmund

Verkehrsstation (VSt)

Shopping Center

Hochhaus

Parkhuser

Infrastruktur

Verkehrsstation im engeren Sinn (VSt i.e.S.)Gleise und Gleisbrcken Bahnsteige Informations system

Mall

Parkhaus Nord Parkhaus Sd

Nordplatz Sdplatz Nordtangente

Verkehrsstation im weiteren Sinn (VSt. i.w.S.)Kopfgebude Nord und Sd Commuter Level Tragplatte

Shops Restaurants Entertainment Service Technik

Abb. 1:

Projektstrukturplan des 3do

5

I

Grundlagen

Projektstruktur

Verkehrsstation im engeren Sinn (VSt i.e.S.) = eigentliche Verkehrsstation= Gleisbereich + Bahnsteige + smtliche baulichen zugehrigen Anlagen (sofern nicht Bestandteil VSt i.w.S.)

Bahnsteige +Gleisbereich

Verkehrsstation im weiteren Sinn (VSt i.w.S.) =Tragplatte + nrdliche und sdliche Gebudeteile bis OK Tragplatte+ Comuter-Level

Grndung Tragplatte

Decke Comuter -Level

Kopfgebude

3do-CenterShoppingCenter

Abb. 2:

Schematische Darstellung der Schnittstellen im Nord-Sd Schnitt des Dortmunder Bahnhofs

6

I

Grundlagen

Projektbeteiligte

I.2 PROJEKTBETEILIGTEBei jedem Bauvorhaben wird eine Vielzahl von natrlichen und juristischen Personen als Projektbeteiligte in einer Projektorganisationsform zusammengebracht. Die Gruppen der Projektbeteiligten und die von ihnen innerhalb der Projektorganisationsformen prinzipiell zu erbringenden Leistungen sind bei jedem Bauobjekt vergleichbar. Bei den Gruppen handelt es sich um den Bauherrn, die Planer, die Bauunternehmer und im Bedarfsfall die Berater (vgl. dazu Abb. 3: Gestaltungsmglichkeit der Projektorganisationsform).

Bauherr

im Bedarfsfall mit Dienstleistungs vertrag

Berater:z.B Projektsteuerer

Werkvertrag

Werkvertrag

Bauunternehmen

Planer

bei konventionellen Bauabwicklung : kein Vertragsverhltnis , sondern Lieferung von Planunterlagen

Abb. 3:

Gestaltungsmglichkeit der Projektorganisationsform

Eine klare Regelung der Zustndigkeiten in Verbindung mit einer zielorientierten und arbeitsteiligen Zusammenarbeit der einzelnen Partner gewhrleistet eine reibungslose Leistungsbertragung an den Schnittstellen der einzelnen Aufgabenbereiche und hilft bei der Frherkennung von Schwachstellen.3 Die Projektorganisation von 3do ist durch die direkte Beteiligung der DB AG und der Stadt Dortmund komplexer als andere Groprojekte. Aus dem Umstand, dass fr den Umbau der Verkehrsstation ber die DB AG Frdermittel von Bund und Land NRW dem Projekt zuflieen, ergibt sich eine Verpflichtung zur Anwendung der VOB/A zumindest fr den gefrderten Teil des Projekts.

3

Vgl. Kocherndrfer/Liebchen, Bau-Projekt-Management, S. 159.

7

I

Grundlagen

Projektbeteiligte

Durch die Zusammenarbeit von ffentlichen Stellen mit der Privatwirtschaft entsteht ein Projekt einer ffentlich-privaten Partnerschaft, auch unter dem Begriff Public-PrivatePartnership (PPP) bekannt.

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Projektbeteiligte Bauherr - Auftraggeber

Projektbeteiligte

Eisenbahn bundesamt (EBA)

Deutsche Bahn AG (DB AG)

Frdermittelvertrge

Planungsgenehmigung und Baufreigabe der Verkehrsstation

Grundstcks vertrge

Rahmenvereinbarung mit Bauverpflichtung

Frdermittel

Frdermittel

Stadt Dortmund

Bau- und Nutzungsgenehmigung Shoppingcenter Grundstcksvertrge Stdtebaulicher Vertrag Erschlieungsvertrag

Objektgesellschaft

Bundesrepublik Deutschland und Land NRW

Werkvertrge

Dienstleistungs vertrag

Werkvertrge

Planer

Planungsberwachung hinsichtlich Qualitt , Zeit und Kosten

Projektmanagement

Ausfhrungsberwachung hinsichtlich Qualitt , Zeit und Kosten

Bauunternehmen

Vertragsbeziehungen

Frdermittelfluss

berwachung und Genehmigungsaufgaben

Abb. 4:

Organigramm Vertrge, Frdermittel und Genehmigungs- und berwachungskompetenzen zwischen den Projektbeteiligten beim 3do

I.2.19

Projektbeteiligte Bauherr - Auftraggeber

Projektbeteiligte

I.2.2

BAUHERR - AUFTRAGGEBER

In der Baupraxis werden die Begriffe Bauherr und Auftraggeber hufig als Synonym freinander verwendet. Jedoch kann es bei ein und demselben Bauvorhaben mehrere Auftraggeber aber nur einen Bauherrn geben. Dieser wiederum kann aus mehreren Personen bestehen (z.B. Bauherrengemeinschaft)4 Auftraggeber der heute allgemein verwendete Begriff im privaten Baurecht ist derjenige, in dessen Auftrag Bauleistungen, Architektenleistungen, Ingenieurleistungen usw. erbracht werden. Der Begriff Auftraggeber wird deshalb durchgngig in der VOB und HOAI verwendet. Aus dieser vertragsrechtlichen Definition des Auftraggebers ergibt sich, dass mehrere Auftraggeber nachgeschaltet auftreten knnen. Beispielsweise kann ein Generalunternehmer einen Auftrag ber die gesamte Bauleistung vom Bauherrn bekommen und Teilleistungen an Nachunternehmer vergeben. Somit ist zum einen der Bauherr Auftraggeber, nmlich der Auftraggeber des Generalunternehmers, und der Generalunternehmer ist Auftraggeber gegenber seinen Nachunternehmern.5 Bei einem Bauvorhaben gibt es folglich nicht den Auftraggeber, sondern einen Auftraggeber, nmlich den Vertragspartner des Auftragnehmers aus einem bestimmten Bau- oder Planungsvertrag. Der Begriff Bauherr entstammt dem ffentlichen Baurecht. Er wird in den Landesbauordnungen definiert. Gem 57 BauO NRW handelt es sich dabei um denjenigen, der rechtlich oder tatschlich auf eigene Verantwortung ein Vorhaben nach 1 Abs. 1 vorbereitet oder ausfhrt oder vorbereiten oder ausfhren lsst oder als verantwortlich gegenber der Bauaufsichtsbehrde auftritt.6 Da in rechtlicher Verantwortung und auf Kosten des Bauherrn ein Bauvorhaben realisiert wird, ergibt sich daraus zwingend, dass der Bauherr gleichzeitig Auftraggeber irgendeines Vertragspartners sein muss, es sei denn, er fhrt das Bauvorhaben ohne fremde Hilfe aus.7

4 5 6 7

Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 175. Vgl. den gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 176. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 178. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 178.

10

Projektbeteiligte Bauherr - Auftraggeber

Projektbeteiligte

I.2.1.1 Rechtliche Stellung des BauherrnGrundstzlich ist zwischen dem privaten und dem ffentlichen Auftraggeber zu unterscheiden. Die Differenzierung ist notwendig, da der ffentliche AG bei der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen sowie bei der Festlegung der Projektorganisationsform gebunden ist. durch Gesetze und an bestimmte Vorgehensweisen

I.2.1.1.1 ffentlicher AuftraggeberDer ffentliche Auftraggeber definiert sich durch den institutionellen und den vergaberechtlichen Auftraggeberbegriff.8 Nach dem klassischen institutionellen Auftraggeberbegriff sind ffentliche Auftraggeber der Bund (einschlielich der Sondervermgen des Bundes), die Bundeslnder, die Gemeinden (einschlielich deren Zweckverbnde) sowie sonstige bundes- und landesunmittelbare juristische Personen des ffentlichen Rechts.9 Vergaberechtlich ist der und ffentliche durch den Auftraggeberbegriff 4. Teil10

durch

57 gegen

Haushaltsgrundstzegesetz

des

Gesetzes

Wettbewerbsbeschrnkung (GWB), 98 GWB, bestimmt.

Neben den institutionellen ffentlichen Auftraggeber sind gem 98 Nr. 4 GWB unter Umstnden auch privatrechtlich organisierte Auftraggeber bestimmter Sektoren als ffentliche Auftraggeber anzusehen. Des Weitern wird der Begriff des ffentlichen Auftraggebers durch 98 Nr. 5 GWB um Auftraggeber bestimmter Bauvorhaben erweitert. Dies kommt zur Geltung, wenn diese Vorhaben zu mehr als 50 % ffentlich finanziert werden. Der ffentliche Auftraggeber hat von wenigen Ausnahmen abgesehen bei gleichen vertraglichen Regelungen die gleichen Rechte und Pflichten wie ein privater Auftraggeber.11 Der Begriff ffentlicher Auftraggeber spielt ausschlielich im Vergaberecht eine magebliche12

Rolle

(alles

weitere

dazu

in

Grundlagen Grundlagen).

8 9 10 11 12

Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 181 f. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 181. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 182. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 183. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 183.

11

Projektbeteiligte Bauherr - Auftraggeber

Projektbeteiligte

I.2.1.1.2 Private AuftraggeberPrivate Auftraggeber sind im Allgemeinen an kein Vergaberecht gebunden, sofern keine ffentlichen Gelder flieen.13 Jedoch kann, wie bei der Konstellation beim 3do durch Finanzierung mit ffentlichen Geldern das Vergaberecht zur Geltung kommen (vgl. Abb. 4: Organigramm Vertrge, Frdermittel und Genehmigungs- und berwachungskompetenzen zwischen den Projektbeteiligten beim 3do). Die Bauteile des Bahnhofs, Gebudeteile wie auch Bahnsteige, sind durch das Land und den Bund gefrdert. Diese Frderung ist vertraglich verankert in den Frdermittelvertrgen zwischen der Deutschen Bahn und dem Land NRW bzw. der Bundesrepublik Deutschland. In diesen Schriftstcken ist die Anwendung der VOB/A Abschnitt 4 und des Einkaufskodexes der DB AG bei der Durchfhrung von Verhandlungsverfahren vertraglich festgehalten. Jedoch sind bis auf weiteres die vergaberechtlichen Kartellvorschriften des GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkung) und VgV (Verordnung ber die Vergabe ffentlicher Auftrge) nicht anzuwenden. Die, durch die gesetzlich vorgeschriebene Anwendung der zuvor genannten Vorschriften, resultierenden Risiken, wie z.B. dem Nachprfungsverfahren, sind nicht gegeben.

I.2.1.2 BauherrnaufgabenDer Bauherr hat Rechte, aber auch Pflichten. Aus der Funktion des Bauherrn als denjenigen, der die Gesamtverantwortung fr die Durchfhrung des Bauvorhabens trgt, ergeben sich folgende Aufgaben:14 Erstellung der Planung, meistens durch Erteilung eines oder mehrere Planungsauftrge sowie Prfung und Freigabe der Planung, Erlangung der Baugenehmigung, i.d.R. durch Beauftragung eines autorisierten Objektplaners (Architekten) sowie Bereitstellung der Baugenehmigung an die ausfhrenden Firmen, Veranlassung der Bauerstellung, meistens durch Erteilung von einem oder mehreren Bauauftrgen sowie Kontrolle der ordnungsgemen Baudurchfhrung,

13 Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 205. 14 Alle nachfolgenden Aufzhlungen aus Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, S. 70.

12

Projektbeteiligte Bauherr - Auftraggeber

Projektbeteiligte

Benennung von Unternehmen fr bestimmte Arbeiten gegenber dem Bauamt, z.B. Baubeginn- und Fertigstellungsanzeige, Finanzierung des Bauvorhabens aus eigenen oder fremden Mitteln und rechtzeitige Bereitstellung der Liquiditt, Nutzung des Gebudes nach dessen Fertigstellung, z.B. durch den Abschluss von Mietvertrgen oder Betreibervertrgen bzw. anstelle eigener Nutzung ggf. termingerechte bergabe an einen oder mehrere Kufer,

Versicherungspflicht whrend der Bauzeit, Unterhaltungspflicht des Bauvorhabens nach Fertigstellung, um Schden von Dritten abzuwenden.

Gem 3 Nr. 1 VOB/B ist der Auftraggeber verpflichtet, dem Auftragnehmer zur Ausfhrung ntige Unterlagen unentgeltlich und rechtzeitig zur Verfgung zu stellen. Des Weiteren ist er nach 4 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B verpflichtet, die erforderlichen ffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse herbeizufhren oder herbeifhren zu lassen (z.B. die Baugenehmigung).

I.2.1

13

Projektbeteiligte Planer

Projektbeteiligte

I.2.2

PLANER

Im Folgenden sind die beiden Extremata der Planerorganisation von Bauprojekten dargestellt. Zum einen das Organisationsmodell der Einzelplaner und zum anderen das Modell des Generalplaners. Daneben gibt es noch viele Varianten der beiden Modelle, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen wird. Die Darstellung der Planermodelle ist hier der Vollstndigkeit halber beschrieben Sie ist jedoch fr die Entscheidungsfindung der optimalen Wettbewerbsform nicht relevant.

I.2.2.1 EinzelplanerBei diesem Modell schliet der Bauherr mit einzelnen Architektur- und Ingenieurbros Einzelvertrge ab, mit dem Ziel der technischen und gestalterischen Bauwerksplanung. Der Bauherr vergibt die Planungsleistungen entsprechend der Komplexitt und der Grenordnung des vorgesehenen Projekts. Im Regelfall wird ein verantwortlicher Planer, beim Hochbau meistens der Architekt, fr die Oberleitung der Projektabwicklung und als Vertreter des Bauherrn beauftragt. Fr spezielle Planungsleistungen, wie z.B. TGA und Tragwerksplanung, werden zustzliche Sonderfachleute (Fachplaner) beauftragt. Diese Form der Organisation von Planungsleistungen ist in der deutschen Bauwirtschaft vorherrschend.

Bauherr

Architekt

Fachplaner 1

Fachplaner 2

Abstimmung / Vertrag/ Weisungsbefugnis Abstimmung / eingeschrnkte Weisungsbefugnis Abstimmung

Abb. 5:

Schematische Darstellung des Einzelplanermodells15

15 Vgl. Schriek, Entwicklung einer Entscheidungshilfe fr die Wahl der optimalen Organisationsform von Bauobjekten, S. 38.

14

Projektbeteiligte Planer

Projektbeteiligte

I.2.2.2 GeneralplanerBei diesem Modell umgeht der Bauherr die Notwendigkeit der Beauftragung jedes einzelnen Fachplaners. Er bekommt die gesamte Planung aus einer Hand und hat einen einzigen Ansprechpartner fr die Planung, Haftung und Gewhrleistung der Planung. Die Organisation eines Generalplaners kann in Form eines Generalauftragnehmers, eines Planerzusammenschlusses als ARGE und einer Generalplanungs-GmbH als Projektgesellschaft strukturiert sein.16 Der geschuldete Erfolg ist bei allen drei Organisationsmodellen der gleiche - eine ordnungsgeme Gesamtplanung. Sie bieten dem Bauherrn den Vorteil der bertragung der Schnittstellenplanung und des Schnittstellenmanagements auf den Generalplaner. Der Generalplaner kann dabei bei guter Eigenorganisation den Planungsaufwand erheblich reduzieren, da sich die Koordination, Schnittstellenberwachung und Kommunikation zwischen den einzelnen Fachplanern und dem Architekten auf firmeninterne informelle Informationen reduzieren.17 Der Generalauftragnehmer produziert die Gesamtplanung oder Teile dieser im eigenen Unternehmen und vergibt die Restplanung an betriebsfremde Fachplaner. Die beauftragten Fachplaner stehen nur im vertraglichen Verhltnis mit dem Generalauftragnehmer und nicht mit dem Bauherrn. Der Generalauftragnehmer ist fr die ordnungsgeme Gesamtplanung inkl. der weiter vergebenen Teilplanungen gegenber dem Bauherrn haftbar.18

16 Vgl. Schriek, Entwicklung einer Entscheidungshilfe fr die Wahl der optimalen Organisationsform von Bauobjekten, S. 40 f. 17 Aus Schriek, Entwicklung einer Entscheidungshilfe fr die Wahl der optimalen Organisationsform von Bauobjekten, S. 41. 18 Vgl. Schriek, Entwicklung einer Entscheidungshilfe fr die Wahl der optimalen Organisationsform von Bauobjekten, S. 40.

15

Projektbeteiligte Bauunternehmer

Projektbeteiligte

Bauherr

Architekt

Fachplaner 1

Fachplaner 2

Generalplaner Abstimmung / Vertrag/ Weisungsbefugnis Abstimmung

Abb. 6:

Schematische Darstellung des Generalplanermodells19

I.2.1

BAUUNTERNEHMER

Die Unternehmereinsatzformen sind laut einschlgiger Literatur in zwei Kategorien einzuteilen. Zum einen in die konventionelle Baudurchfhrung und zum anderen in die schlsselfertige Baudurchfhrung. Die Differenzierung in die eine oder andere Kategorie wird nicht durch die Unternehmereinsatzform sondern durch den Planungseinsatz beurteilt. Eine konventionelle Baudurchfhrung liegt dann vor, wenn der Bauausfhrende die Planung durch den Auftraggeber gestellt bekommt. Ein planendes, und sei es nur in Teilen, bauausfhrendes Unternehmen wird als Schlsselfertig-Unternehmen klassifiziert (siehe auch dazu Abb. 7).20 Man spricht von einem (General-/ Total-) Unternehmer, wenn das bauausfhrende Unternehmen die Leistung zum grten Teil im oder durch den eigenem Betrieb erbringt. Ein (General-/ Total-) bernehmer vergibt die gesamten Leistungen an Nachunternehmer, der sich dadurch auszeichnet, dass er in keinem direkten vertraglichen Verhltnis mit dem Bauherrn steht.

19 Aus Schriek, Entwicklung einer Entscheidungshilfe fr die Wahl der optimalen Organisationsform von Bauobjekten, S. 41. 20 Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 129.

16

Projektbeteiligte Bauunternehmer

Projektbeteiligte

Planung durch den Auftraggeber oder dessen Erfllungsgehilfe ... komplett Konventionelle BaudurchfhrungFachunternehmer 1 Fachunternehmer 2 Fachunternehmer 3 Fachunternehmer ... Fachunternehmer... Teil- Generalunternehmer Teil- Generalunternehmer Teil- Generalunternehmer

zum Teil

garnicht

Schlsselfertige Baudurchfhrung

Generalunternehmer im engeren Sinn GU i.e.S.

Generalbernehmer im engeren Sinn G i.e.S.

Generalunter- Generalbernehmer im nehmer im weiteren Sinn weiteren Sinn GU i.w.S. G i.w.S.

Totalunternehmer TU

Totalbernehmer T

gewerkeweise Baudurchfhrung

Teil- Baudurchfhrung

komplette Baudurchfhrung Schlsselfertigunternehmer

Baut z.T.selbst Lt alles von Nachunternehmer erstellen (nach Langen, Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung 2005, S. 116 , Weniger als ein Drittel der Bauleistung im eigenen Betrieb(nach OLG Frankfurt, NZBau 2001, 101)

Abb. 7:

Unternehmereinsatzformen21

I.2.3.1 FachunternehmerDie deutsche Bauwirtschaft ist aufgrund der strengen Bestimmungen in der Handwerksordnung in den Novellen vor 2004 stark durch den Einsatz von Fachunternehmern geprgt. Demnach ist der selbststndige Betrieb eines Handwerks nur einer natrlichen und juristischen Person oder Personengesellschaft gestattet, die in der Handwerksrolle eingetragen ist. Eine Eintragung in die Handwerksrolle kann nur mittels einer bestandenen Meisterprfung in dem zu betreibenden Handwerk oder in einem hnlichen Handwerk oder mittels einer mindestens der Meisterprfung gleichwertigen bestandenen Prfung erlangt werden.22 Somit kommt es, dass kleinere Unternehmen, vorgegeben durch den Meisterbrief des Inhabers, meistens nur in einem einzelnen Leistungsbereich ttig sind. Die Bauabwicklung ist damit stark durch die nebeneinander und nacheinander verlaufenden Ttigkeiten der Fachunternehmer geprgt. 23 Der Einsatz der konventionellen Bauabwicklung mit Fachunternehmern der einzelnen Leistungsbereiche kommt eher bei einfachen Bauvorhaben ohne technische Risiken zum Tragen.24 Die Vergabe der Bauleistungen an Fachunternehmer ist in der Literatur als gewerkeweise Vergabe oder Fachlosvergabe definiert (siehe dazu auch Vergabe von Leistungspaketen Vergabe von Leistungspaketen).

21 22 23 24

Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 310. Vgl. gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 310. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 312. Vgl Weeber/ Bosch, Vergabeverfahren und Baukosten, S. 76.

17

Projektbeteiligte Bauunternehmer

Projektbeteiligte

I.2.3.2 Hauptunternehmer/ Teil-GeneralunternehmerDer Hauptunternehmer wird vom Bauherrn nur fr einen Teil der Bauleistungen aus zumeist verwandten Leistungsbereichen beauftragt, die er teilweise selbst ausfhrt und teilweise vergibt. Beauftragt der Bauherr einen Unternehmer mit Leistungen aus mehreren Leistungsbereichen, z.B. Rohbauarbeiten, Ausbauarbeiten, Haustechnik etc, und ergibt sich daraus das schlsselfertige Bauobjekt, wird der Unternehmer als TeilGeneralunternehmer bezeichnet.25 Die Baudurchfhrung erfolgt durch den Betrieb des Teil-Generalunternehmers, seinen verbundenen Unternehmen und seinen Nachunternehmern. Der Teil-Generalunternehmer kann auch in der inneren Struktur als Arbeitsgemeinschaft aus mehreren Fachunternehmern gebildet werden (Nheres hierzu im Abs. Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Arbeitsgemeinschaft (ARGE)).

I.2.3.3 Generalunter-/ -bernehmer

Abb. 8:

Gliederung des Generalunternehmers im weiteren Sinn

Der Generalunter-/ bernehmer wird vom Bauherrn mit der Ausfhrung der gesamten Bauleistung eines Objekts beauftragt. Der Generalber- oder -unternehmer tritt in der Bauwirtschaft in zwei Formen auf. Einerseits findet man in der Literatur die begriffliche Bestimmung des Generalunter-/-bernehmers im engeren Sinn (GU i.e.S./ G i.e.S.) und zum anderen des Generalunter-/ -bernehmers im weiteren Sinn (GU i.w.S./ G i.w.S.).2625 Vgl. den gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 322. 26 Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 321.

18

Projektbeteiligte Bauunternehmer

Projektbeteiligte

Die Differenzierung zwischen dem Generalunternehmer im engeren Sinn und dem Generalunternehmer im weiteren Sinn bestimmt sich allein aus der Tatsache der planenden und ausfhrenden oder nur ausfhrenden Organisationsstruktur des jeweiligen Unternehmens. Die auftragnehmerseitige Planung des GU i.w.S. kann bereits ab der Entwurfsphase (LP3 HOAI) beginnen. Es wird in dieser Diplomarbeit zwischen einem GU-E und einen GU-A unterschieden. Der GU-E bernimmt neben der gesamten Bauleistung auch die Planung ab der Entwurfsphase, wohingegen der GU-A die Planung ab der Ausfhrungsphase neben der Durchfhrung der gesamten Bauleistungen erbringt. Bei der Unterscheidung zwischen Generalunternehmer und Generalbernehmer findet man in der Literatur unterschiedliche Definitionen, jedoch sind sich alle darin einig, dass der Unternehmer die Leistung berwiegend im eigenen Betrieb erbringt. Die Organisationsform des bernehmers fngt aus vergaberechtlicher Sicht dort an, wo der Generalunternehmer aufhrt und zwar dann, wenn weniger als ein Drittel der Bauleistung im eigenen Betrieb ausgefhrt wird.27 Umfragen unter Wohnungsunternehmen ergaben, dass eine Gesamtleistung gerne bei komplizierten wird.28 Der Generalunternehmer im weiteren und im engeren Sinn kann ebenfalls wie der TeilGU intern als Arbeitsgemeinschaft aus mehreren Fachunternehmern und evtl. Planungsbros In den organisiert sein (siehe wird hierzu wiederholt Arbeitsgemeinschaft der Begriff des (ARGE) Arbeitsgemeinschaft (ARGE)). nachfolgenden Ausarbeitung Generalunternehmers oder die Abkrzung GU als Synonym fr den Generalunter- und -bernehmer verwendet, da eine Unterscheidung der beiden Wettbewerbsformen hufig nicht notwendig ist. Wenn eine Unterscheidung der Organisationsformen erforderlich ist, wird ausdrcklich im Text darauf hingewiesen. Projekten und fr Baumngel anflligen Bauvorhaben an Generalunternehmer auf Grundlage von funktionalen Ausschreibungen vergeben

I.2.3.4 Arbeitsgemeinschaft (ARGE)Eine Arbeitsgemeinschaft besteht aus mehreren Fachunternehmern, die vertikal (Unternehmen verschiedene Fachrichtungen) oder horizontal (Unternehmen gleicher Fachrichtung) organisiert sind. 29 Die VOB/A frdert den Gedanken der Arbeitsgemeinschaften im 25 Nr. 6 VOB/A, indem sie die Bietergemeinschaften den Einzelbietern gleichsetzt, wenn sie die27 Vgl. OLG Frankfurt NZBau 2001, 101. 28 Vgl. Weeber/ Bosch, Vergabeverfahren und Baukosten, S. 81 f. 29 Vgl. Blecken/ Boenert, Baukostensenkung durch Anwendung innovativer Wettbewerbsmodelle, S. 123.

19

Projektbeteiligte Bauunternehmer

Projektbeteiligte

Arbeiten im eigenen Betrieb oder in den Betrieben der Mitglieder ausfhrt. In diesem Absatz der VOB/A ist der Gedanke zur Frderung des Mittelstands ganz klar erkennbar. Damit wird auch kleineren Unternehmen die Mglichkeit gegeben, nicht nur eingeschrnkt auf kleinere Auftragsvolumen anbieten zu knnen. Bietergemeinschaften sind gegenber den Generalunternehmern durchaus konkurrenzfhig.30 Die Arbeitsgemeinschaft ist je nach Organisation mit der Wettbewerbsform eines Generalunternehmers oder Teil-Generalunternehmers vergleichbar. Durch Ergnzung der bauausfhrenden Arbeitsgemeinschaft mit einem oder mehreren Planungsbros kann diese Arbeitsgemeinschaft dem Generalunternehmer im weiteren Sinn gleichgesetzt werden. Der Einsatz einer oder mehrerer Arbeitsgemeinschaften kann bei Groprojekten durchaus sinnvoll sein, da die Risiken auf mehrere Schultern verteilt werden. Des Weiteren kann der Bauherr durch Eigeninitiative Arbeitsgemeinschaften aus ihm bekannten und zuverlssigen Firmen und evtl. Planungsbros initiieren. Das Unternehmerrisiko wird somit verteilt, dem Bauherrn sind die Unternehmen bekannt und dadurch kann aus den einzelnen Fachunternehmen das Spezialwissen aus ihrem Aufgabenbereich gebndelt werden.31

I.2.3.5 Totalunter-/ -bernehmerDer Totalunternehmer wird hier der Vollstndigkeit halber kurz erwhnt, jedoch in der Entscheidungshilfe nicht weiter betrachtet, da das Anwendungsgebiet des Totalunternehmers stark eingeschrnkt ist. Die Wettbewerbsform des Totalunternehmers findet man hufig in Form eines Bautrgers wieder oder bei Typenbauten wie Parkhusern und Garagen, da er bereits Planungsleistungen ab der Leistungsphase 2 der HOAI erbringt und fr solche Bauobjekte prdestiniert ist.

I.2.3.6

30 Vgl. Weeber/ Bosch, Vergabeverfahren und Baukosten, S. 86. 31 Vgl. gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 343.

20

Projektbeteiligte Kontrollinstanzen

Projektbeteiligte

I.2.3.7 NachunternehmerAls Nachunternehmer wird derjenige bezeichnet, der keinen Bauauftrag direkt mit dem Bauherrn hat, sondern dessen Auftraggeber beispielsweise ein Generalunternehmer oder ein Hauptunternehmer ist. Der ebenfalls noch verwendete Begriff des Subunternehmers ist identisch mit dem des Nachunternehmers.32

I.2.1

KONTROLLINSTANZEN

I.2.4.1 ProjektsteuerungProjektsteuerung ist die Wahrnehmung delegierbarer Auftraggeberfunktionen in organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht.33 Das Leistungsbild des Projektsteureres ist in 31 HOAI geregelt. Des Weiteren ergnzen die Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft der AHO-Fachkommission Projektsteuerung/ Projektmanagement die HOAI hinsichtlich der fehlenden Honorarregelungen, jedoch ohne derzeit gltigen Rechtscharakter. Mit steigendem Bauvolumen wachsen die Anforderungen an den Auftraggeber, seine Vorstellungen von der Bauaufgabe in die Praxis umzusetzen, wobei er die Geschehensablufe in technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu koordinieren, zu steuern und zu berwachen hat.34 Bauherren, die immer wieder Bauwerke planen und errichten lassen, besitzen meistens ausreichend Fachkunde bzw. eigenes Fachpersonal, um ihre Bauherrenrechte wahrzunehmen und ihren Bauherrenpflichten nachzukommen. Solche professionellen Bauherrn sind zumeist in der Lage, selbst zu entscheiden, wann welcher Planer bzw. Fachingenieur hinzugezogen werden muss, diese auszuwhlen und zu beauftragen, ihnen Anweisungen zu geben und ihren Planungsfortschritt und die Planungsergebnisse zu beurteilen.

32 Vgl. den gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 321. 33 Vgl. Kalusche, Projektmanagement fr Bauherren und Planer, S.40. 34 Aus dem Vorwort zur ersten Auflage der AHO-Fachkommission, Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Nr.9.

21

Projektbeteiligte Kontrollinstanzen

Projektbeteiligte

Ebenso kann er Vergabevorbereitungen und -entscheidungen fr die Bauabwicklung treffen und den Baufortschritt hinsichtlich Zeit, Qualitt und Kosten kontrollieren. Jedoch kann es auch Baumanahmen bei professionellen Bauherren geben, die aufgrund ihrer Komplexitt die vorhandenen Ressourcen bersteigen und eine Inanspruchnahme von externer Hilfe notwendig machen. Des Weiteren gibt es die fachunkundigen Bauherren, die Hilfe hinsichtlich der notwenigen Koordination-, Informations- und Kontrollleistungen bentigen.35 Zur bernahme der delegierbaren Bauherrenaufgaben hat sich das Berufsbild des Projektsteueres herausgebildet.

I.2.4.2 Behrden I.2.4.2.1 BaumterWenn ein Bauvorhaben realisiert werden soll, muss dessen planungs- und bauordnungsrechtliche Zulssigkeit im Vorfeld geklrt werden. Bei Gebuden, Ingenieurbauwerken usw. erfolgt diese Prfung in der Regel durch die zustndigen Baumter auf kommunaler bzw. Kreisebene. Diese berprfen die planungsrechtliche Zulssigkeit des Bauvorhabens einerseits, andererseits aber auch die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zum Brandschutz, zum Schallschutz, zu den Abstandsflchen usw. Um eine professionelle Abwicklung zu gewhrleisten und die Einhaltung von bestimmten Standards zu sichern, ist der Bauantragssteller regelmig nicht selbst befugt, einen solchen Bauantrag bei der zustndigen Behrde einzureichen. Vielmehr bedarf es hierzu der so genannten Bauvorlageberechtigung, die Architekten und bestimmten Ingenieuren vorbehalten ist.36 Bei Verkehrsanlagen wird die behrdliche Baugenehmigung ersetzt durch einen so genannten Planfeststellungsbeschluss, in dem einerseits die planungsrechtliche Zulssigkeit eines Verkehrsinfrastrukturprojekts geprft wird, andererseits die beteiligten Belange des Umweltschutzes usw. einbezogen werden. Die Erteilung einer Baugenehmigung ist nicht vom Wollen oder der Willkr der zustndigen Genehmigungsstelle abhngig, sondern ausschlielich davon, ob die Planung die rechtlichen Vorgaben einhlt oder nicht.37 Der Auftraggeber trgt das Genehmigungsrisiko nicht um jeden Preis selber. Reicht der AG den Bauantrag rechtzeitig, vollstndig und genehmigungsfhig beim Bauaufsichtsamt ein, so fhrt die vom Bauamt versptet erteilte oder gar rechtswidrig35 Vgl. gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 252 f. 36 Vgl. den gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 267. 37 Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 267.

22

Projektbeteiligte Kontrollinstanzen

Projektbeteiligte

verweigerte Baugenehmigung nicht zum Schadensersatz gegenber den Auftragnehmer wegen einer Terminverschiebung gem 6 Nr. 2 Abs. 1a VOB/B.38

I.2.4.2.2 Eisenbahn-Bundesamt (EBA)Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) ist die selbstndige Bundesoberbehrde fr die Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung. Das EBA unterliegt der Aufsicht und den Weisungen des Bundesministeriums fr Verkehr Bau- und Wohnungswesen. Das EBA ist Aufsichts- und Genehmigungsbehrde fr inlndische, mehrheitlich im Besitz des Bundes befindliche Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie fr in Deutschland operierende auslndische Eisenbahnverkehrsunternehmen. Nicht im Eigentum des Bundes stehende Bahnen unterliegen der Aufsicht der Bundeslnder. Diese haben jedoch die Mglichkeit die Aufsicht an das EBA zu bertragen ( 5 Nr. 2 AEG). Bisher haben 13 Bundeslnder die Aufsicht an das EBA bertragen. Das EBA wird in diesen Fllen auf Weisung und Rechnung der Lnder ttig.39

I.2.4.2.3 PrfingenieureDie Genehmigungsbehrden Hilfe knnen sich zur Erfllung So kann ihrer Aufgaben der die sachverstndigen Dritter bedienen. beispielsweise

Bauaufsichtsbehrde in NRW gem 61 Abs. 3 BauO zur Erfllung ihrer Aufgaben Sachverstndige und sachverstndige Stellen heranziehen. Der in der Praxis wichtigste Fall besteht in der Hinzuziehung eines Prfingenieurs fr Baustatik seitens der Bauaufsichtsbehrde. Dieser Prfingenieur steht folglich in einem ffentlich-rechtlichen Vertragsverhltnis zu der ihn beauftragten Baugenehmigungsbehrde, im Regelfall jedoch nicht in einem privatrechtlichen Vertragsverhltnis zum Bauherren bzw. Auftraggeber.40

38 Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 270. 39 Gesamter Absatz aus http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/EBA.html. 40 Vgl. den gesamten Absatz mit Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn 273.

23

Ausschreibung und Vergabe von

Ausschreibung und Vergabe Grundlagen des Vergaberechts

I.1 AUSSCHREIBUNG UND VERGABE VON BAULEISTUNGENI.3.1 GRUNDLAGEN DES VERGABERECHTS

In den nachfolgenden Abstzen wird das deutsche Vergaberecht fr ffentliche Auftraggeber genauer beleuchtet. Das Vergaberecht gilt fr ffentliche Auftraggeber nach 98 GWB. Privatrechtlich organisierte Auftraggeber sind in der Regel nicht zur Anwendung des Vergaberechts verpflichtet (Nheres hierzu in Abb. 25: Entscheidungsalgorithmus zur Rechtsstellung des Auftraggebers und Verpflichtung zur Anwendung des jeweiligen Abschnitts der VOB/A166).

I.3.1.1 Nationale Umsetzung von EU-Richtlinien

BKRAbb. 9: Umsetzung der EU-Richtlinien in nationales Vergaberecht41

Da das europische Vergaberecht an die deutsche Rechtssystematik angepasst werden musste, erfolgte eine Umsetzung in nationales bundesdeutsches Recht. Mit dem 4. Teil ( 97 ff.) des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrnkung (GWB) schuf der Gesetzgeber den Rahmen fr die Umsetzung des europischen Rechts in nationales Recht und erfllte damit die Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinien. Aufgrund der Ermchtigung in 97 Nr. 5 und 127 GWB erlie die Bundesregierung dann die Verordnung ber die Vergabe ffentlicher Auftrge (VgV), die weitere, im Gesetz nicht41 Vgl. http://www.baubetrieb.tu-berlin.de/pub/skripte/skript_baubetrieb_32_kap7.doc.

EGBaukoordinierungsrichtlinie

24

Ausschreibung und Vergabe von

Ausschreibung und Vergabe Grundlagen des Vergaberechts

ausformulierte Einzelheiten, regelt und durch ihre Bezugnahmen auf die VOB, VOL und VOF diesen Geltung verschafft.42 In Abb. 9 ist das gesamte nationale Vergaberecht dargestellt, jedoch wird in dieser Diplomarbeit nur das Vergaberecht fr Bauleistungen untersucht.

I.3.1.2 Struktur des nationalen VergaberechtsDer aus der Praxis stammende Begriff Vergaberecht beschreibt die Gesamtheit aller Rechtsnormen, die fr die Vergabe von ffentlichen Auftrgen magebend ist. Die VOB/A stellt dabei nur einen, jedoch wesentlichen, Ausschnitt fr das Beschaffungswesen im Bausektor dar. Erst durch die Umsetzung der europischen Beschaffungsrichtlinien durch den 4. Teil des GWB mit seiner zentralen Vorschrift des 97 GWB und der hierauf erlassenen Vergabeverordnung kommt den Vorschriften der VOB/A eine Bedeutung zu.43 Die VOB/A hat dadurch fr die europaweiten Vergaben Rechtsnormcharakter, mit der Folge, dass die betroffenen Bieter einen Versto gegen Vergabevorschriften, die sie beungnstigen, rgen und gerichtlich berprfen lassen knnen.44 Unterhalb der Schwellenwerte der VgV ist die VOB aber weder Gesetz noch Rechtsverordnung.45 Die Nhe des Vergaberechts zum Kartellrecht ist auffallend, denn wie dieses dient auch das GWB zum Schutz vor Wettbewerbsbeschrnkungen.46 Nachfolgen werden die wichtigsten Bestandteile des nationalen Vergaberechts im Hinblick auf Bauleistungen erlutert. Das deutsche Vergaberecht gliedert sich in das formelle und das materielle Vergaberecht.47 Das formelle Vergaberecht regelt die Bestimmungen zur Anwendung des Vergaberechts und ist niedergelegt im Haushaltsrecht des Bundes, der Lnder und Gemeinden einerseits sowie den Bestimmungen des 4. Teils des Gesetztes gegen Wettbewerbsbeschrnkung Entscheidungsgrundlage (GWB) sowie der nach 127 GWB ber als die erlassene Verordnung

Vergabe ffentlicher Auftrge (VgV) andererseits. Das materielle Vergaberecht ist in der Vergabe und Vertragsverordnung (ehemals Verdingungsordnung) fr Bauleistungen VOB Teil A Allgemeine Bestimmungen fr die Vergabe von Bauleistungen geregelt.4842 43 44 45 46 47 48 Vgl. den gesamten Absatz mit Hansen-Reifenstein/ Dieblich, Vergabe- und Vertragsrecht 2003, Vorwort, S. III. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 4. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 4. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 4. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 6. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 184. Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 184.

25

Ausschreibung und Vergabe von

Ausschreibung und Vergabe Grundlagen des Vergaberechts

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkung Teil 4 GWB

98 GWB Definition der ffentlichen Auftraggeber im Sinne des GWB

2 VgV Schwellenwerte

6 VgV Vergabe von Bauleistungen Verordnung ber die Vergabe ffentlicher Auftrge VgV 7 VgV Auftrge im Sektorenbereich

8 VgV Ttigkeit im Sektorenbereich

1. Abschnitt VOB /A Basisparagraphen

Vergabe - und Vertragsverordnung fr Bauleistungen Teil A VOB/A

2. Abschnitt VOB /A a-Paragraphen

3. Abschnitt VOB /A b-Paragraphen

4. Abschnitt VOB /A Sektorenrichtlinie (VOB/A-SKR)

Abb. 10: Struktur des deutschen Vergaberechts

26

Ausschreibung und Vergabe von

Ausschreibung und Vergabe Grundlagen des Vergaberechts

I.3.1.2.1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkung Teil 4 (GWB) 97 GWB stellt das Herzstck der Reform des ffentlichen Auftragwesens dar.49 Dieser Paragraph strukturiert die elementaren Prinzipien des europischen und deutschen Vergaberechts, das Wettbewerbsprinzip, das Transparenzprinzip, den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Mittelstandsfrderung.

Die grundlegende Neuerung, die 97 GWB fr das Vergabeverfahren schafft, ist Abs. 7 98 GWB. Dieser gewhrt den Bietern einen subjektiven Anspruch auf die Einhaltung Auftraggeber der im Vergaberegeln.50 Sinne des Der 97 GWB zur verpflichtet Einhaltung die der ffentlichen fr alle 98 GWB

Verdingungsordnungen verbindlichen Vergabegrundstze. Absatz 7 98 GWB stellt klar, dass der Bieter sich auf die Einhaltung dieser Vergabegrundstze im Vergabeverfahren berufen kann. Hieraus folgt zunchst ein Leistungsanspruch der (mglichen) Bieter auf Einhaltung der Bekanntmachungsvorschriften, oder z.B. auf Durchfhrung eines offenen Verfahrens anstatt eines Nichtoffenen Verfahrens oder Verhandlungsverfahrens. Er hat Anspruch auf die Beachtung der vorgesehenen Fristen und/oder der Anforderungen an den Inhalt der Verdingungsunterlagen, insbesondere z.B. die 9, 9a, 10a, 11 bis 14 VOB/A. berprft51

Verste (siehe

knnen

im dazu

Nachprfungsverfahren

werden

Nachprfungsverfahren Nachprfungsverfahren).

Der 4. Teil des GWB, und damit 97, findet nur Anwendung auf europaweite Vergabe bei Erreichen der Schwellenwerte, also Vergabe nach den Abschnitten 2 bis 4 der VOB/A.52 98 GWB definiert den persnlichen Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB. Es werden diejenigen Unternehmen und Personen zur Anwendung des 4. Teils des GWB verpflichtet, die in 98 GWB abschlieend benannt sind. Die Norm regelt also die Frage wer das Vergaberecht zu beachten hat. Neben dem klassischen institutionellen ffentlichen Auftraggeber werden hier auch privatrechtlich organisierte Auftraggeber bestimmter Sektoren gem 98 Nr. 4 GWB als ffentliche Auftraggeber angesehen. Schlielich werden in 98 Nr. 5 GWB ebenfalls die Auftraggeber bestimmter Bauvorhaben, wenn diese Bauvorhaben zu mehr als 50 % ffentlich finanziert werden, zur Anwendung des 4. Teils des Gesetztes49 50 51 52 Vgl. Hansen-Reifenstein/ Dieblich, Vergabe- und Vertragsrecht 2003, S. 553. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 34. Vgl. gesamten Absatz mit Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 34. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 34.

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Ausschreibung und Vergabe von gegen Wettbewerbsbeschrnkung sind die verpflichtet. ffentlichen

Ausschreibung und Vergabe Grundlagen des Vergaberechts In Anhang I auer der den

Baukoordinierungsrichtlinie

Auftraggeber,

Gebietskrperschaften, explizit genannt. Wer als ffentlicher Auftraggeber anzusehen ist, ist Gegenstand zahlreicher Entscheidungen. Das Bemhen ffentlicher Auftraggeber, durch die Flucht in die Privatisierung den Regelungen des Vergaberechts zu entgehen, steht dem politischen Ziel, mglichst viele ffentliche Auftraggeber zu erfassen, und damit einen Vergabemarkt mit Milliardenumstzen transparenter und wettbewerbsfreundlicher zu gestalten, entgegen. Die Rechtssprechungen zu der Frage, wann eine juristische Person des Privatrechts zu dem besonderen Zweck gegrndet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art wahrzunehmen, oder die Rechtssprechung zu dem Problem, wann eine juristische Person des Privatrechts durch ffentliche Auftraggeber berwiegend finanziert oder beherrscht wird, zeigt, dass man den geschilderten Konflikt erkannt hat. Umgehungsprivatisierungen der ffentlichen Auftraggeber wird, auch durch weitere Bemhungen der Europischen Kommission, entgegengetreten. ffentliche Auftraggeber sollten daher nicht vorschnell glauben, die Grndung einer GmbH befreie von den Vorgaben des Vergaberechts.53 ffentliche Auftraggeber im Sinne des 98 GWB sind: Nr. 1: Gebietskrperschaften und deren Sondervermgen, Nr. 2: Andere juristische Personen des ffentlichen und privaten Rechts, die im Allgemeininteresse liegende Auftraggeber nicht gewerblicher Art erfllen sollen, wenn sie in ihrem Gesellschafterkreis aus Gebietskrperschaften und deren Verbnden bestehen oder von Ihnen berwiegend finanziert werden oder wenn sie ber sonstige Steuerungsmechanismen von diesen beaufsichtigt oder sonst wie bestimmt werden, Nr. 3: Verbnde, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder anderen Abstzen fallen Nr. 4: Private Sektorenauftraggeber Nr. 5: sonstige ffentliche Auftraggeber wegen berwiegend ffentlicher Finanzierung Nr. 6: sonstige ffentliche Auftraggeber durch Baukonzession Der sachliche Bereich des Vergaberechts ergibt sich aus den Vorschriften der 99 und 100 GWB. 100 GWB klrt, auf welche Beschaffung das Vergaberecht Anwendung findet. 99 GWB definiert den Begriff ffentliche Auftrge: ffentliche Auftrge sind Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrge, die auf Basis entgeltlicher53 Vgl. Hansen-Reifenstein/ Dieblich, Vergabe- und Vertragsrecht 2003, S. 555.

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Ausschreibung und Vergabe von

Ausschreibung und Vergabe Grundlagen des Vergaberechts

Vertrge zwischen ffentlichen Auftraggebern und Unternehmen erfolgen.54 Auftrge, die zwischen ffentlichen Auftraggeber intern geschlossen werden, fallen somit nicht unter den Anwendungsbereich des 99 GWB.55

I.3.1.1.1 Verordnung ber die Vergabe ffentlicher Auftrge (VgV)Die Vergabeverordnung wurde aufgrund des 97 Abs. 6 und des 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrnkung durch die Bundesregierung verfgt. Der Zweck der Verordnung wird in 1 beschrieben. Der Wortlaut heit: Die Verordnung trifft nhere Bestimmungen ber das bei der Vergabe ffentlicher Auftrge einzuhaltende Verfahren sowie ber die Zustndigkeit und das Verfahren bei der Durchfhrung von Nachprfungsverfahren fr ffentliche Auftrge, deren geschtzte Auftragswerte die in 2 geregelten Betrge ohne Umsatzsteuer erreichen oder bersteigen (Schwellenwerte).56 In 2 und 3 VgV werden die Schwellenwerte und die Schtzung der Auftragswerte genau definiert. Die Schwellenwerte fr Bauauftrge betragen 5 Mio. . Bei losweiser Vergabe von Bauauftrgen liegt der Schwellenwert jedoch bei 1 Mio. bzw. bei Auftrgen unterhalb der Millionengrenzen ist der Schwellenwert erreicht, wenn die Addition aller Lose kleiner 1 Mio. 20 % des Gesamtauftragwerts erreichen.57 Bei der Schtzung des Auftragswertes weit der 3 VgV explizit darauf hin, dass Schtzungen nicht mit dem Ziel der Umgehung des Europischen Vergaberechts vorgenommen werden drfen. Mageblich ist allein der geschtzte Gesamtauftragswert. Magebend fr den Zeitpunkt der Schtzung ist gem 3 Nr. 10 VgV der Auftragswert, der am Tag der Absendung der Bekanntmachung ermittelt wurde, oder bei sonstiger Einleitung des Vergabeverfahrens nach 1a Nr. 3 VOB/A, 1b Nr. 5 VOB/A, 1 Nr. 6 VOB/A SKR. Sofern die Schtzung vom tatschlichen Auftragswert um nicht mehr als 10 % abweicht, bleibt dies ohne Folgen, wenn der ffentliche Auftraggeber nachweisen kann, dass die Schtzung auf seriser und objektiver Grundlage durchgefhrt wurde.58 Die Regelungen der 6, 7 und 8 VgV in Verbindung mit den Regelungen des 98 GWB bestimmen die Anwendung des entsprechenden Abschnitts der VOB/A.

54 55 56 57 58

Aus. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 56. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 56. Vgl. Hansen-Reifenstein/ Dieblich, Vergabe- und Vertragsrecht 2003, S. 532. Vgl. 2 Nr. 4, Nr. 7 und Nr. 8 VgV. Vgl. Hansen-Reifenstein/ Dieblich, Vergabe- und Vertragsrecht 2003, S. 534 f.

29

Ausschreibung und Vergabe von

Ausschreibung und Vergabe Grundlagen des Vergaberechts

I.3.1.1.2 Vergabe und Vertragsverordnung fr Bauleistungen Teil A (VOB/A)Die VOB/A gilt fr Bauleistungen und ist somit fr Liefer- und Dienstleistungsauftrge nicht relevant. Bauleistungen sind nach 1 VOB/A Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, gendert oder beseitigt wird. Planungsleistungen fallen unter die VOB/A, wenn sie Teil eines Gesamtauftrags mit im wesentlichen Ausfhrungsleistungen sind, also z.B. Bautrger- oder Generalunternehmervertrge.59 Die VOB/A ist aufgrund europischer Richtlinien und deren Umsetzung in nationales Recht in vier Abschnitte gegliedert worden. 1. Abschnitt: 2. Abschnitt: 3. Abschnitt: 4. Abschnitt: Basis-Paragraphen a- Paragraphen b- Paragraphen EG-Sektorenrichtlinie (VOB/A-SKR)

Die a- Paragraphen und b- Paragraphen des 2. und 3. Abschnitts der VOB/A gelten zustzlich zu den Basis-Paragraphen des ersten Abschnitts. Jeder ffentliche Auftragnehmer im Sinne des 98 GWB ist zur Anwendung des 1. Abschnitts der VOB/A, und je nach Hhe des Auftragswertes (Erreichen bzw. berschreiten der Schwellenwerte) zur Anwendung der a- oder b-Paragraphen, verpflichtet. Die Verpflichtung zur Anwendung des Abschnitts 1 der VOB/A ergibt sich aus der Bundeshaushaltsordnung,60

der

Landeshaushalts-

und

Gemeindehaushaltsordnung.

Die Anwendung des 2. bis 4. Abschnitts der VOB/A wird nur bei Auftrgen mit Auftragswerten berhalb der Schwellwerte des 2 VgV verpflichtend. Der zweite Abschnitt der VOB/A richtet sich an alle ffentlichen Auftraggeber nach 98 GWB, die nicht zur Anwendung des dritten Abschnitts verpflichtet sind. Der dritte Abschnitt der Vergabe- und Vertragsverordnung Teil A verpflichtet wiederum die ffentlich-rechtlichen und Sektorenauftraggeber Verkehrsbereich zu im deren Ttigkeitsbereich Anwendung. Die Trinkwasserversorgung Sektorenauftraggeber. Der zweite Abschnitt der VOB/A, die so genannten a- Paragraphen, gelten zustzlich zu den Basis-Paragraphen, 1. Abschnitt VOB/A, fr Bauauftrge, deren geschtzte Auftragswerte die Schwellenwerte bersteigen. Die a-Paragraphen setzten die aus den EU-Richtlinien vorgegebenen Besonderheiten der europaweiten Auftragsvergabe um. So gelten beispielsweise etwas andere Voraussetzungen fr die Vergabeverfahren59 Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 19. 60 vgl. Hansen-Reifenstein/ Dieblich, Vergabe- und Vertragsrecht 2003, S. 3.

Sektorenrichtlinie, der 4. Abschnitt der VOB/A, wendet sich an die privaten

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( 3a VOB/A), andere Verfahrenseinleitungsschritte und Fristen ( 17a, 18a VOB/A) und insbesondere strengere Wertungsvorgaben ( 10a, 25a VOB/A).61 Deshalb ist oberhalb der Schwellenwerte der Auftraggeberkreis durch 98 GWB erweitert.62 Der Flucht aus der verpflichtenden Anwendung der a-Paragraphen durch Bildung von Einzellosen zur Unterschreitung der Schwellenwerte wird durch 2 Nr. 7 VgV und Nr. 8 VgV ein Riegel vorgeschoben. Die Los-Schwellenwertbestimmung ist so zu handhaben, dass jeweils der geschtzte Auftragswert aller Lose des gesamten Bauvorhabens zu ermitteln ist. Es fallen dann diejenigen Lose aus der Anwendung des zweiten Abschnitts der VOB/A, also der europaweiten Vergabenotwendigkeit, heraus, die addiert noch keine 20 % des geschtzten Gesamtauftragswerts erreichen. Sinnvollerweise werden hier die kleinsten Lose angesetzt, um mglichst wenig Lose europaweit ausschreiben zu mssen.63 Der 3. Abschnitt VOB/A nach betrifft ffentliche AG von in Auftrgen aus den mit Sektorenbereichen 7 Abs. 1 VgV Verbindung

8 Nr. 1, Nr. 4b, oder c VgV. Im dritten Abschnitt der VOB/A sind die BasisParagraphen hnlich wie beim zweiten Abschnitt der VOB/A durch b-Paragraphen ergnzt. Der vierte Abschnitt, auch SKR-Vorschrift genannt, wendet sich an die privaten Sektorenauftraggeber im Sinn des 98 Nr. 4 GWB sowie die ffentlichen Sektorenauftraggeber in den Bereichen Elektrizitt-, Gas- und Wrmeversorgung sowie Luftverkehr nach 7 Abs. 2, 8 Nr. 2, 3, 4a VgV. Die Einordnung als Sektorenauftraggeber nach Abschnitt 3 oder Abschnitt 4 VOB/A ist mitunter schwierig und umstritten. Ein Paradebeispiel ist die umstrittene Diskussion um die Deutsche Bahn AG, die vor ihrer Aufsplittung in die verschiedenen Bereiche DBNetz AG etc. vom Vergabeberwachungsausschuss Bund (VA) zutreffend dem Abschnitt 3 VOB/A zugeordnet werden konnte. Auch nach der Aufsplittung drfte sich jedenfalls fr die den Schienenwegeausbau betreibende DB-Netz AG daran nichts gendert haben.64

61 62 63 64

Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 28. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 30. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 27. Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 32.

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Vorteil des 4. Abschnitts der Vergabe- und Vertragsverordnung Teil A ist die freie Wahl nach 101 Abs. 5 GWB unter den verschiedenen Vergabearten (Offenes, Nichtoffenes oder Verhandlungsverfahren).

I.3.1

AUSSCHREIBUNG

Die meisten Bauvorhaben stehen unter einem erheblichen Termindruck. Im Regelfall sollte nach Entscheidung fr die Erstellung eines Bauwerks kurzfristig mit den Bauarbeiten begonnen werden. Hufig stehen dann keine ausreichenden Vorlaufzeiten fr die Herstellung von ausfhrungsreifen Ausschreibungsunterlagen zur Verfgung. Es stellt sich die Frage, in welcher Form die Leistung beschrieben werden kann. Hier stellt sich die Frage, ob funktional ausgeschrieben werden soll, mit Leistungsverzeichnis oder eine Mischform aus beiden. Dazu muss man wissen, ob funktional ausgeschrieben werden darf. Des Weiteren zieht die Art und Weise wie ausgeschrieben wird auch die Festlegung bestimmter Vertrge nach sich, die wiederum Einfluss auf die Wettbewerbsform haben, mit welcher die Vor- und Nachteile der einzelnen spter erluterten Kriterien einhergehen.

I.3.2.1Der Sie

Leistungsbeschreibungist alle das Kernstck der inhaltlichen65

9 VOB/A gilt fr

Anforderungen dazu

an

die

Vergabeunterlagen und den spteren Vertragsinhalt. ffentlichen Auftraggeber ffentlicher Auftraggeber).

Auftraggeber

(vgl.

ffentlicher

9 Nr. 1 VOB/A bestimmt, dass die Leistung eindeutig und so erschpfend zu beschreiben ist, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen knnen. Dem Auftragnehmer soll nach 9 Nr. 2 VOB/A kein ungewhnliches Wagnis fr Umstnde und Ereignisse aufgebrdet werden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schtzen kann. Die VOB/A unterscheidet zwischen der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm.

65 Vgl. Niebuhr/ Kus, Einfhrung in die VOB/ A, Basiswissen fr die Praxis, Rdn. 101

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I.3.2.1.1 Leistungsbeschreibung mit LeistungsverzeichnisDie Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis ist die nach der VOB/A geforderte Standardform der Leistungsbeschreibung. So heit es in 9 Nr. 6 VOB/A, dass die Leistung i.d.R. durch eine allgemeine Darstellung der Bauaufgabe (Baubeschreibung) und ein in Teilleistungen gegliedertes Leistungsverzeichnis beschrieben werden soll. Zur Erstellung der LV wird der Leistungsumfang in Teilleistungen kategorisiert und detailliert beschrieben. Jeder Teilleistung wird eine Ordnungszahl (Positionsnummer) zugeordnet und idealer Weise auch eine Leistungsmenge. Nach dem Idealfall der HOAI erfolgt die Erstellung der Leistungsverzeichnisse in der Leistungsphase 6 auf Grundlage der in Leistungsphase 5 erstellten Ausfhrungsplanung. Die in der Ausfhrungsplanung festgelegten Ausfhrungsdetails knnen dann dem Idealbild der HOAI folgend von der zeichnerischen Darstellung in die textliche Form berfhrt werden. In der Baupraxis mit privaten Auftraggebern werden jedoch hufig die Leistungsverzeichnisse auf Grundlage der Entwurfsplanung (LP 3) erstellt, so dass diese zumeist nur Prognosen der auszufhrenden Leistungen darstellen. Die Aufgabe von Leistungsverzeichnissen ist es nicht Ausfhrungsvorgabe, sondern Grundlage der Vergtung zu sein. Die Leistungsverzeichnisse legen das Bausoll des Auftragnehmers fest, unabhngig davon, ob sie auf Basis des Bauentwurfs oder der Ausfhrungsplanung erstellt wurden.66 Die Erstellung von Leistungsverzeichnissen ist sehr zeitaufwendig. Mit einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm kann die Vorlaufzeit stark verkrzt werden. 67

I.3.2.1.2 Leistungsbeschreibung mit LeistungsprogrammDie Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm ist nach 9 Nr. 10 VOB/A durch den ffentlichen Auftraggeber nur dann anzuwenden, wenn es nach Abwgen aller Umstnde zweckmig ist, abweichend von Nummer 6 zusammen mit der Bauausfhrung auch den Entwurf fr die Leistung dem Wettbewerb zu unterstellen, um die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechte Lsung der Bauaufgabe zu ermitteln.

66 Vgl. gesamten Absatz mit Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rdn. 138. 67 Vgl. Sommer, Projektmanagement im Hochbau, S.47.

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Anwendungsgrnde des Leistungsprogramms ergeben sich nach Nr. 7.1.3 der VHBRegelung wenn: die Notwendigkeit einer fertigungsgerechten Planung, bei Bauvorhaben, bei denen es beispielsweise bei Fertigteilbauten wegen der Verschiedenartigkeit von Systemen den Bietern freigestellt sein muss, die Gesamtleistung so aufzugliedern und anzubieten, wie es ihrem System entspricht, mehrere technische Lsungen mglich sind, die nicht im Einzelnen neutral beschrieben werden knnen, und der Auftraggeber seine Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Funktionsgerechtigkeit erst aufgrund der Angebote treffen will. Dabei ist sorgfltig zu prfen, ob die durch die bertragung von Planungsaufgaben auf die Bieter anstehende Kosten in angemessenem Verhltnis zum Nutzen stehen, und ob fr die Ausarbeitung der Plne und Angebote leistungsfhige Unternehmer in so groer Zahl vorhanden sind, dass ein wirksamer Wettbewerb gewhrleistet ist. Eilbedrftigkeit allein ist kein Grund fr die Wahl dieser Beschreibungsart.68 Eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm stellt besonders hohe Anforderungen an die Sorgfalt der Bearbeitung. Die Beschreibung muss eine einwandfreie Angebotsbearbeitung durch die Bieter ermglichen und gewhrleisten, dass die zu erwartenden Angebote vergleichbar sind. Bevor das Leistungsprogramm aufgestellt werden darf, mssen ein vollstndiges Raumprogramm, das nachtrglich nicht mehr gendert werden darf, und eine genehmigte Haushaltsunterlage Bau vorliegen. Auerdem mssen smtliche fr das Bauvorhaben bedeutsamen ffentlich-rechtlichen Forderungen (stdtebaulicher und bauaufsichtlicher Art) geklrt sein.69 Die Leistungsbeschreibungen mit splitten sich in die beiden und Extremata, die die Leistungsbeschreibung Leistungsprogramm). Die funktionale Leistungsbeschreibung ist die frhstmgliche Leistungsbeschreibung und eine Unterkategorie der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm. Hufig wird der Begriff funktionale Leistungsbeschreibung in der Literatur falsch, als Synonym fr die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm, verwendet. Zwischen der funktionalen Leistungsbeschreibung auf der einen Seite und der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnissen auf der anderen gibt es mehrere68 Vgl. Bundesministerium fr Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen, Vergabehandbuch fr die Durchfhrung von Bauaufgabe des Bundes im Zustndigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen, Nr. 7.1.3. 69 Vgl. Prsidentin des Bundesrechnungshofs, Hochbau des Bundes Wirtschaftlichkeit bei Baumanahmen, S. 76 f.

Leistungsverzeichnissen

funktionale

Leistungsbeschreibung (vgl. hierzu Abb. 11: Modelle der Leistungsbeschreibung mit

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Abstufungen. Die verschiedenen Modelle, die sich durch die Menge der detailliert bzw. global beschriebenen Leistungen bestimmen, sind in Abb. 11 dargestellt. Die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm verlangt in jedem der nachfolgend dargestellten Modelle vom Auftragnehmer Planungskompetenzen ab, jedoch kann dadurch der Unternehmer sein Know-how optimaler einsetzen und deswegen eventuell gnstiger anbieten als wenn jede Leistung in Form von Leistungsverzeichnissen festgelegt ist. In der Praxis werden gerne komplizierte Projekte, schwierige und fr Baumngel anfllige Bauvorhaben, an Generalunternehmen auf Grundlage einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm vergeben. Bei der Detaillierung der Beschreibung herrscht ein gewisser Zwiespalt, zum einen soll die Leistungsbeschreibung so genau wie mglich sein, jedoch zu anderen ist bei einer zu detaillierten Beschreibung, wie bei der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnissen, die Leistung so stark festgelegt, dass der Unternehmer sein praxisorientiertes Wissen nicht mehr zur Optimierung einsetzten kann (vgl. hiezu Standardisierung der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm). Durch eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm werden vor allem groe Firmen angesprochen. Kleinere Firmen fhlen sich aufgrund der teilweise gleichfalls zu erbringenden Planungsleistungen berfordert,70 deshalb sieht die VOB/A diese Ausschreibungsart nur als Ausnahme an. Im Rahmen der ffentlichen Vergabe warnt der Bundesrechnungshof vor besonderen Risiken durch die Form der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm. Der Wettbewerb kann beeintrchtigt werden, da nur bestimmte Unternehmen die Leistungsfhigkeit besitzen, sowohl Plne auszuarbeiten als auch Bauleistungen zu erbringen, die einzelnen Angebote sind schwer zu vergleichen und die ungenaue Leistungsbeschreibung trgt ein hohes Potential an Vertragsstreitigkeiten in sich. 71 Die Wettbewerbsverfahren der ffentlichen Hand verharren seit geraumer Zeit im Status quo, wobei sich die Bauindustrie und die privaten Bauherrn in Richtung Wettbewerb auf Grundlage einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm weiterentwickelt haben.72 Die Dissertation von Hany Ali Funktionsorientierte Beschreibung und Planung von Bausystemen und Bauteilen versucht das Leistungsprogramm zu standardisieren und damit das Leistungsprogramm zu systematisieren.

70 Vgl. Weeber/ Bosch, Vergabeverfahren und Baukosten, S. 72. 71 Vgl. Rosenheinrich, Entscheidungshilfe zur Vergabestrategie von Hochbauprojekten, S. 45. 72 Vgl. Blecken/Ali, Standardisierung der Funktionalen Leistungsbeschreibung, Bautechnik Nr.3 2001, S. 1.

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I.3.2.1.1.a Modelle der Leistungsbeschreibungen mit Leistungsprogramm Die nachfolgend beschriebenen Modelle verdeutlichen die Mglichkeiten des Bauherrn der Ausschreibung der Bauleistungen nach jeder Leistungsphase der Planung. Modell A (funktionale Leistungsbeschreibung) Bei Modell A erbringt der Bauherr keine Planungsleistungen. Er gibt lediglich seine Ziele, Wnsche und Bedrfnisse vor und beschreibt seine Vorstellung und Anforderungen an die stdtebauliche, architektonische und technische Gestaltung des Bauwerkes. Darber hinaus definiert er die Rahmenbedingungen, unter denen das Bauvorhaben realisiert werden soll. Die Ausschreibungsunterlagen bestehen aus Lageplnen des Baugrundstckes sowie einem Bau- und einem Raumprogramm.73 Diese extremste Form der Leistungsbeschreibung stellt die, hufig in der Literatur im falschen Zusammenhang verwendete, funktionale Leistungsbeschreibung dar.74 Dieses Modell der Leistungsbeschreibung impliziert, dass der Unternehmer sowohl die Vorentwurfs-, Entwurfs-, Ausfhrungsplanung und die Bauausfhrung bernimmt, um ein aussagefhiges Angebot machen zu knnen. Darunter leidet die Vergleichbarkeit der Angebote und es ist fr die Bieter sehr aufwendig. Die Ausschreibung der Leistung erfolgt in einer sehr frhen Projektphase, d.h. direkt nach der LP 1 der HOAI, diese Art der Leistungsbeschreibung impliziert die Vergabe an einen Totalunter-/ -bernehmer. Der Bauherr hat sehr frh eine Kostensicherheit zum Preis einer eingeschrnkten Entscheidungs- und nderungsfreiheit.

73 Vgl. Blecken, Ergnzung zum Skript BB1 Funktionale Ausschreibungen, S. 9 f. 74 Vgl. Langen/ Schiffers, Bauplanung und Bauausfhrung, Rnd. 1259 f.

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Abb. 11: Modelle der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm75

Modell B

Im Modell B erstellt der Auftraggeber einen Vorentwurf als Grundlage fr seine Ausschreibung, dies jedoch ohne Material- und Konstruktionsfestlegungen. Ergnzt wird dieser Vorentwurf um die funktionale Leistungsbeschreibung. Sie enthlt die Rahmenbedingungen des Bauvorhabens und die Anforderungen des Bauherrn an das Bauobjekt und die Nutzaspekte des Objekts in ausfhrlicher, genau definierten Weise, getrennt nach Teilsystemen und detaillierter als im Modell A. Die Ausschreibungsunterlagen bestehen in diesem Fall aus Lageplan, Bau- und Raumprogramm und insbesondere den Vorentwurfsplnen und Raumbchern. Das Modell B impliziert, dass der Auftragnehmer die Entwurfsund Ausfhrungsplanung und die Bauausfhrung bernimmt, was in Abs. Generalunter-/

75 Vgl. Blecken, Ergnzung zum Skript BB1 Funktionale Ausschreibungen, S. 9.

inzelleistungen

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-bernehmer als ein Generalunternehmer (GU-E) oder Generalbernehmer (G-E) definiert ist.76 Der Aufwand fr die Bieter ist nach wie vor enorm, jedoch ist die Vergleichbarkeit und Bewertung der Angebote fr den Bauherrn einfacher. Modell C Bei einer Ausschreibung nach diesem Modell liegt bereits die genehmigte Entwurfsplanung des Bauherrn vor, die um eine genaue Baubeschreibung ergnzt wird, in welcher der Bauherr die Anforderungen an das Bauwerk und die Detaillsung formuliert. Die Ausschreibungsunterlagen beinhalten zustzlich zu den aus Modell A und B genannten Unterlagen weitere detaillierte Planungsunterlagen. Der Auftragnehmer bernimmt bei einer Leistungsbeschreibung nach Modell C nur noch die Ausfhrungsplanung und die komplette Bauausfhrung, folglich die Ausfhrung des Bauobjekts mit der Wettbewerbsform GU-A oder G-A (Definition in Abs. Generalunter-/ -bernehmer Generalunter-/ -bernehmer).

Abb. 12: Zeitpunkt der Ausschreibung bei den einzelnen Modellen der Ausschreibung mit Leistungsprogramm77

76 Vgl. Blecken, Ergnzung zum Skript BB1 Funktionale Ausschreibungen, S. 10 f. 77 Vgl. Blecken, Ergnzung zum Skript BB1 Funktionale Ausschreibungen, S. 12.

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I.3.2.1.1.b Standardisierung der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm Wnschenswert sind Ausschreibungsverfahren, die zum einen eine ausreichend genaue Beschreibung und Definition der geforderten Leistungen beinhalten und zum anderen einen optimalen Spielraum offen lassen, um effektive Leistungswettbewerbe zu installieren. Auch neue Wettbewerbsformen und ihre innovativen Vertragsarten, wie der GMP-Vertrag, bentigen geeignete Instrumente, um vermehrt Optimierungen durch Leistungswettbewerbe zu schpfen. Die notwendigen Eigenschaften dafr knnen Leistungsprogramme offerieren. Die derzeitigen Baubeschreibungsverfahren mit Leistungsprogramm sind nach Ali unbefriedigend. Ali leitet in seiner Dissertation eine Systematik zur Vollstndigkeitsprfung, dem Anspruch der eindeutigen und erschpfenden Beschreibung, des Leistungsprogramms her. Er verwendet den Begriff der standardisierten funktionalen Leistungsbeschreibung. Die funktionale Leistungsbeschreibung ist jedoch nur ein Teilmodell der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm, und das von Ali hergeleitete System ist auf alle Modelle der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm anwendbar, daher wird in dieser Diplomarbeit stattdessen immer der Begriff des standardisierten Leistungsprogramms verwendet. Das standardisierte Leistungsprogramm besteht aus zwei groen Teilbereichen, der Standardisierung von technischen Teilsystemen des Bauwerkes und der ergnzenden Individualbeschreibung.78 Die Bausteine der Standardisierung des Leistungsprogramms gliedern sich wie folgt: Baustein 3: Baustein 1: Gebudetyp Baustein 2: Gebudegliederung (Anforderungstrger) Ausgangssituation (Voraussetzungen und Bedingungen) Baustein 4: Anforderungsarten Baustein 5: Anforderungsquelle Baustein 6: Nachweise.79

Fr alle Bausteine hat Ali Checklisten aufgestellt.

78 Vgl. Blecken/Ali, Standardisierung der Funktionalen Leistungsbeschreibung, Bautechnik Nr.3 2001, S. 194 f. 79 Vgl. Ali, Funktionsorientierte Beschreibung und Planung von Bausystemen und Bauteilen, S. 115.

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Die optimale Leistungsbeschreibung ist ein Balanceakt aus einer ausreichend genauen Beschreibung der Leistung mit Optimierungsspielrumen und der Hhe der Aufwandskosten fr die Leistungsbeschreibung. Hier muss ein gesundes Mittelmass gefunden werden.

KostenAbb. 13: Kostenfunktion, abhngig von der Beschreibungsqualitt, Risikoeintritt und Klrung des Optimierungsspielraums80

I.3.2.1Fr

VergabeunterlagenAuftraggeber regelt der 10 VOB/A die Bestandteile der

ffentliche

Vergabeunterlagen. Nach 10 Nr. 1 VOB/A bestehen die Vergabeunterlagen aus: der Aufforderung zur Angebotsabgabe (ggf. Bewerbungsbedingungen) und den Verdingungsunterlagen.

Die Anwendung der VOB/B und VOB/C ist nach 10 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A fr Vertrge mit ffentlichen Auftraggeber verpflichtend, bei privaten Auftraggeber gelten beim BGB-Vertrag die Teile B und C nur bei expliziter Vereinbarung und der Teil C beim VOB-Vertrag nach 1 Nr. 1 VOB/B automatisch.

80 187.

Vgl. Blecken/Ali, Standardisierung der Funktionalen Leistungsbeschreibung, Bautechnik Nr.3 2001, S.

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I.3.2

VERGABE

Die Vergabeverfahren unterliegen den allgemeingltigen Wettbewerbsregeln, die durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Die Auslober knnen dabei prinzipiell bestimmen, wer am Wettbewerb teilnehmen darf. Ausnahmen gelten fr ffentliche Auftraggeber gem 98 GWB, die verpflichtet sind, ab einer nach 2 VgV bestimmten Auftragssumme eine europaweite Ausschreibung durchzufhren. Nachfolgend sind die Grundzge der ffentlichen Vergabe dargestellt. Die Darstellung ist ein Abriss des Vergabeverfahrens und soll dem Bauherrn als berblick dienen und Handlungsmglichkeiten aufweisen.

I.3.3.1

Arten der Vergabe

Bei der nationalen Bauvergabe durch ffentliche Auftraggeber mit Auftragswerten unterhalb der Schwellenwerte der VgV gelten die Basis-Paragraphen. Hier wird im 3 VOB/A nach den Arten der Vergabe wie folgt unterschieden: ffentliche Ausschreibung, Beschrnkte Ausschreibung, Freihndige Vergabe.

Bei europaweiten Vergaben, Schwellenwert der VgV ist erreicht oder berschritten, mssen ffentliche Auftraggeber die Abschnitte 2, 3 oder 4 der VOB/A anwenden. In den zuvor genannten Abschnitten unterscheidet man die Arten der Vergabe wie folgt: Offenes Verfahren, Nichtoffenes Verfahren, Verwandlungsverfahren.

Bei den verschiedenen Ausschreibungsverfahren des nationalen Rechts und den Verfahren des Europarechts gelten verschiedene Voraussetzungen, jedoch gilt einheitlich das Regel-Ausnahme-Prinzip bzw. der Vorrang der ffentlichen Ausschreibung bzw. des Offenen Verfahrens vor der Beschrnkten Ausschreibung/ dem Nichtoffenen Verfahren, welches wiederum Vorrang vor der Freihndigen Vergabe/ dem Verh