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Diplomarbeit Titel der Diplomarbeit Gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit bei erwachsenen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und der Einfluss einer Unterstützungsperson Verfasserin Katharina Schossleitner BA angestrebter akademischer Grad Magistra der Philosophie (Mag. phil.) Wien, 2014 Studienkennzahl: 298 Studienrichtung: Psychologie Betreuer: Ao. Univ.-Prof. Dr. Germain Weber

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Diplomarbeit

Titel der Diplomarbeit

Gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit bei

erwachsenen Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung und der Einfluss einer

Unterstützungsperson

Verfasserin

Katharina Schossleitner BA

angestrebter akademischer Grad

Magistra der Philosophie (Mag. phil.)

Wien, 2014

Studienkennzahl: 298

Studienrichtung: Psychologie

Betreuer: Ao. Univ.-Prof. Dr. Germain Weber

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Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie tut, was sie selbst tun

können.

Abraham Lincoln

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Danksagung

In diesem Kapitel meiner Diplomarbeit möchte ich all jenen Personen danken, welche

mein Leben bereichert und mich auf meinem bisherigen Lebensweg begleitet und inspiriert

haben.

Allen voran möchte ich mich bei meinen Eltern Ingrid und Helmut Schossleitner

bedanken, welche mich während meiner gesamten Schul- und Studienzeit immer

unterstützt und liebevoll aufgefangen haben. Vielen Dank für eure Liebe, eure Geduld,

eure Motivation und euren Rückhalt. Ohne eure finanzielle und mentale Hilfe und euer

Vertrauen wäre ich nun nicht an diesem Punkt in meinem Leben angekommen. Auch

meinen Großeltern Rosa und Franz Humer und meinem Bruder Sebastian Schossleitner

sowie seiner Frau Sandra ein herzliches „Danke“ für eure Motivation und Unterstützung.

Weiters möchte ich mich bei „meiner besseren Hälfte“ David Pichler bedanken, der mich

seit acht Jahren jeden Tag aufs Neue mit seiner liebevollen Art begeistert und mir

Beständigkeit und Halt gibt. Vielen Dank für die unzähligen Stunden, in denen du dir

meine Sorgen und Wünsche angehört hast und mir mit deinem offenen Ohr und deinen

guten Ratschlägen viel Angst und Druck genommen hast. Danke, dass du mein Leben so

wundervoll bereicherst.

Danken möchte ich auch ganz besonders allen Institutionen in Österreich, welche Interesse

an meiner Studie gezeigt haben und mir die Durchführung der zahlreichen Befragungen

ermöglicht haben. Vielen Dank auch an alle Interviewpartner und Interviewpartnerinnen

und deren Unterstützungspersonen für die großartigen und interessanten Gespräche. Ich

hoffe sehr, dass ich durch diese Studie etwas bewirken kann.

Mein besonderer Dank gilt auch Herrn ao. Univ.-Prof. Dr. Germain Weber, den ich nicht

nur als meinen Betreuer dieser Diplomarbeit sehe, sondern auch als ein sehr großes

Vorbild. Ich möchte ihm an dieser Stelle für seine unglaublich intensive und umfangreiche

Betreuung im letzten Jahr danken und hervorheben, dass ich durch seine enormen

Fachkenntnisse im Bereich „intellektueller Beeinträchtigung“ und seiner hingebungsvollen

Art, für diese Personengruppe etwas zu bewirken, fasziniert und inspiriert bin. Vielen

Dank für die Begeisterung und die Initiative, die du in mir geweckt hast. Ganz besonders

möchte ich mich zuletzt bei Judith Michlits, Susanne Stickel und Andreas Kocman

bedanken, dir mir mit Rat und Tat bei dieser Diplomarbeit zur Seite standen. Vielen Dank!

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung .....................................................................................................................................11

THEORETISCHER TEIL

2. Intellektuelle Beeinträchtigung ..................................................................................................13

2.1 Definition, Klassifikation und Terminologie von intellektueller Beeinträchtigung ....................13

2.2 Prävalenz von intellektueller Beeinträchtigung ..........................................................................19

2.3 Ätiologie von intellektueller Beeinträchtigung ..........................................................................20

2.4 Zusammenfassung .......................................................................................................................21

3. Exekutive Funktionen .................................................................................................................23

3.1 Definitionen .................................................................................................................................23

3.2 Theoretische Ansätze exekutiver Funktionen .............................................................................24

3.3 Neuroanatomische Grundlagen ...................................................................................................26

3.4 Methodische Besonderheiten und Probleme bei der Diagnostik von exekutiven Funktionen ....27

3.5 Forschungsergebnisse hinsichtlich der exekutiven Funktionen bei Menschen mit IB ................28

3.5.1 Bisherige Studien zur Thematik der exekutiven Funktionen bei Menschen mit IB mit Bezug

auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit. ..............................................................29

3.6 Zusammenfassung .......................................................................................................................30

4. Treffen von Entscheidungen bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung ................31

4.1 Begriffserläuterungen ..................................................................................................................31

4.1.1 Selbstbestimmung, Einwilligungsfähigkeit und „Informed Consent“ .....................................33

4.2 Kriterien für Einwilligungs(un)fähigkeit .....................................................................................36

4.3 Historische Betrachtung der Einwilligung bzw. des „Informed Consent“ ..................................37

4.4 Messinstrumente zur Erfassung der Einwilligungs(un)fähigkeit ................................................39

4.4.1 “MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment” (MacCAT-T) ...................................40

4.4.1.1 Kritik am “MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment” (MacCAT-T) ..........41

4.5 Bisherige Forschungsergebnisse in Bezug auf die Diplomarbeitsstudie .....................................42

4.5.1 Gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit bei Menschen mit IB. .............................42

4.5.2 Wissen über medizinische Maßnahmen bei Menschen mit IB ................................................44

4.6 Faktoren, welche das Treffen von Entscheidungen bei Menschen mit IB beeinflussen .............45

4.7 Zusammenfassung .......................................................................................................................46

5. Sachwalterschaft..........................................................................................................................49

5.1 Zahlen und Fakten der Sachwalterschaft .....................................................................................49

5.1.1 Blick auf die Situation in der EU .............................................................................................49

5.2 Beschreibung der Sachwalterschaft in Österreich .......................................................................51

5.2.1 Aufgaben des/der Sachwalters/in .............................................................................................53

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5.2.3 Beendigung der Sachwalterschaft ............................................................................................55

5.3 Kritische Anmerkungen zur Sachwalterschaft ............................................................................55

5.4 Bisherige Alternativen zur Sachwalterschaft ..............................................................................57

5.5 Zusammenfassung .......................................................................................................................58

6. UN-Behindertenrechtskonvention .............................................................................................59

6.1 Zusammenfassung .......................................................................................................................61

7. Zukünftige Alternativen zur Sachwalterschaft ........................................................................63

7.1 Definition und Abgrenzung der unterstützten Entscheidungsfindung ........................................63

7.2 Beispielprojekte zur unterstützten Entscheidungsfindung ..........................................................66

7.2.1 Weitere Ansätze der unterstützten Entscheidungsfindung .......................................................68

7.2.1.1 Personenzentrierte Planung ...................................................................................................68

7.2.1.2 Unterstützerkreise ..................................................................................................................69

7.2.1.3 Unterstützte Kommunikation ................................................................................................69

7.2.1.4 Training in Bezug auf den Entscheidungsprozess .................................................................70

7.3 Zukunftsperspektiven ..................................................................................................................71

8. Resümee des theoretischen Hintergrundes ...............................................................................73

EMPIRISCHER TEIL

9. Zielsetzung der Studie .................................................................................................................75

10. Fragestellungen und dazugehörige Hypothesen .....................................................................77

10.1 Fragestellung 1 ..........................................................................................................................77

10.2 Fragestellung 2 ..........................................................................................................................77

10.3 Fragestellung 3 ..........................................................................................................................78

10.4 Fragestellung 4 ..........................................................................................................................78

10.5 Fragestellung 5 ..........................................................................................................................79

11. Methoden ...................................................................................................................................81

11.1 Studiendesign und Erhebungsablauf .........................................................................................81

11.2 Zielgruppe der wissenschaftlichen Studie .................................................................................83

11.3 Ethische Kriterien der Durchführung ........................................................................................84

11.4 Beschreibung der Erhebungsinstrumente ..................................................................................86

11.4.1 Soziodemographischer Fragebogen .......................................................................................86

11.4.2 „MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment” (MacCAT-T) .................................87

11.4.3 Hypothetische Behandlungsvignetten ....................................................................................89

11.4.4 „Frontal Assessment Battery“ (deutsche Version; FAB-D) ...................................................92

11.5 Statistische Verfahren zur Datenverarbeitung und -auswertung ...............................................97

11.5.1 Deskriptivstatistische Methoden ............................................................................................97

11.5.2 Inferenzstatistische Methoden ................................................................................................97

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11.5.2.1 Voraussetzungen für die verwendeten statistischen Verfahren .....................................97

11.5.2.2 Statistische Verfahren für die Berechnung der Unterschiedshypothesen ......................99

11.5.2.3 Statistische Verfahren zur Berechnung der Einflusshypothesen .................................100

12. Ergebnisse ................................................................................................................................101

12.1 Beschreibung der Stichprobe ..................................................................................................101

12.1.1 Aufteilung der Untersuchungsgruppen ................................................................................101

12.1.2 Geschlecht ............................................................................................................................101

12.1.3 Alter ......................................................................................................................................102

12.1.4 Herkunftsland .......................................................................................................................103

12.1.5 Höchste abgeschlossene Ausbildung ....................................................................................103

12.1.6 Erwerbstätigkeit ...................................................................................................................103

12.1.7 Familienstand .......................................................................................................................104

12.1.8 Wohnsituation ......................................................................................................................104

12.1.9 Psychische Erkrankung ........................................................................................................105

12.1.10 Sachwalterschaft .................................................................................................................105

12.1.10.1 Zufriedenheit mit Sachwalter/in ..............................................................................107

12.1.10.2 Subjektives Gefühl des Miteinbezogenwerdens bei Entscheidungen .....................107

12.2 Ergebnisse zu den Fragestellungen und Hypothesen ..............................................................107

12.2.1 Fragestellung 1 und 2 ...........................................................................................................108

12.2.2 Fragestellung 3 .....................................................................................................................116

12.2.3 Fragestellung 4 .....................................................................................................................119

12.2.4 Fragestellung 5 .....................................................................................................................121

13. Diskussion und Interpretation der Ergebnisse unter Berücksichtigung der Erkenntnisse

aus dem Theorieteil .......................................................................................................................127

13.1 Soziodemographische Daten ...................................................................................................127

13.2 Gruppenunterschiede in Bezug auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit ..129

13.3 Einfluss der Unterstützungsperson auf die Leistungen der Gruppen in Bezug auf die

gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit .........................................................................133

13.4 Gruppenunterschiede in Bezug auf die sechs exekutiven Funktionen und den Gesamtwert aus

der FAB-D .......................................................................................................................................134

13.5 Gruppenunterschiede in Bezug auf die drei Bereiche der FAB-D (Kognition, Kontrolle und

motorische Programme) ..................................................................................................................136

13.6 Einfluss der exekutiven Funktionen auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit

(4 Subtests des MacCAT-T) ............................................................................................................137

14. Resümee und weiterführende Überlegungen ........................................................................139

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1. Einleitung

Die Fähigkeit Entscheidungen treffen zu können ist zentral für die meisten Bereiche des

Lebens einer Person mit oder ohne intellektuelle Beeinträchtigung (IB) (Wong, Clare,

Gunn, & Holland, 1999). Zudem ist die Selbstbestimmungsfähigkeit nicht nur wesentlich

für die Lebensqualität, sondern beispielsweise im Gesundheitskontext auch relevant für die

Qualität der erfahrenen Gesundheitsversorgung (Wehmeyer & Schwartz, 1998). Viele

Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung können nicht als aktive Bürger und

Bürgerinnen in der Gesellschaft teilnehmen und handeln (Sobekova, 2014), da ihnen die

Fähigkeit, selbstständig in verschiedenen Bereichen des Lebens eigene Entscheidungen

treffen zu können, per gerichtlichen Beschluss abgesprochen wurde. Wenn Personen nicht

die rechtliche Kompetenz besitzen, Entscheidungen selbstständig zu treffen und in

medizinische Behandlungen einzuwilligen, besteht ein ethisches Dilemma zwischen

Respekt und Autonomie einerseits und der individuellen Notwendigkeit für Unterstützung

andererseits, um diese Menschen vor Nachteilen zu schützen (Wong et al., 1999). Diese

Angelegenheiten gewinnen besonders im Gesundheitsbereich zunehmend an Bedeutung,

nicht nur aufgrund ethischer und gesetzlicher Gründe, sondern auch wegen

demographischer und sozialer Veränderungen der Gesellschaft (Wong et al., 1999). Viele

Länder sind davon betroffen, dass die Gesellschaftsstruktur immer weniger junge

Menschen aufweist, dafür die Anzahl an älteren und besonders der sehr alten Personen

ansteigt. Laut Prognosen wird in den kommenden Jahrzehnten das Altern der Bevölkerung

zu einem globalen Phänomen (Walla, Eggen, & Lipinski, 2006). Da das Risiko an Demenz

zu erkranken mit zunehmendem Alter ansteigt (Kay, 1991), ist zu erwarten, dass die immer

älter werdende Bevölkerung auch hinsichtlich der Prävalenzzahlen von Demenz einen

Anstieg erleben wird (Wong et al., 1999). Sowohl alte Menschen, vor allem jene mit

kognitivem Abbau, als auch Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sind davon

betroffen, besonders im medizinischen Bereich oftmals keine Entscheidungen bzw. keine

Einwilligung ohne eine/n gesetzliche/n Vertreter/in treffen bzw. geben zu dürfen. In

Österreich wird hierfür das Sachwalterschaftsmodell angewandt, in dem konkrete

Wirkungsbereiche des/der Sachwalters/in festgehalten werden, in welchen die Geschäfts-

bzw. Einwilligungsfähigkeit der betroffenen Person mit IB eingeschränkt wird. Diese

Vertretungsmodelle geraten aufgrund rechtlicher Ansprüche von Menschen mit

intellektueller Beeinträchtigung und vor allem wegen der UN-

Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2008, die die vorherrschenden Systeme als

letztlich immer noch entmündigend und gegen die Autonomie der hilfebedürftigen

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Personen ansieht, in heftige Kritik. Zudem stellt sich wegen der immer größer werdenden

Nachfragen nach Sachwalterschaften die Frage deren zukünftigen Finanzierbarkeit.

Besonders die Betrachtung der Selbstbestimmungsfähigkeit im Gesundheitsbereich hat

enorme Relevanz, da Forschungen zeigen, dass viele Menschen mit IB mit einer

Bandbreite an gesundheitlichen Problemen (beispielsweise Gewichtsproblemen,

Problemen bezogen auf die Mundgesundheit, aber auch mit psychischen Problemen und

Verhaltensauffälligkeiten) zu kämpfen haben (Brehmer-Rinderer, Zigrovic, Naue, &

Weber, 2013; Department of Health, 2001; zitiert nach Ferguson & Murphy, 2013;

McGuire, Daly, & Smyth, 2007; O`Hara, McCarthy, & Bouras, 2010; Owens, Kerker,

Zigler, & Horwitz, 2006). Sehr häufig wird für diese Personengruppe eine Vielfalt und eine

hohe Anzahl an Medikamenten verschrieben, welche sowohl für die bisher genannten

gesundheitlichen Probleme, aber auch gegen Verhaltensauffälligkeiten wie beispielsweise

aggressives Verhalten eingenommen werden sollen (Arscott, Stenfert Kroese, & Dagnan,

2000). Um jedoch die gegen die Selbstbestimmung von Menschen mit IB sprechenden

Vertretungsmodelle, wie die Sachwalterschaft, abzuschaffen, bzw. durch alternative

Modelle einer unterstützenden Entscheidungsfindung zu ergänzen, ist es notwendig, solche

alternativen Möglichkeiten zu entwickeln und anschließend zu evaluieren.

Im Rahmen dieser Diplomarbeit soll dem Leser bzw. der Leserin zu Beginn ein Einblick in

das große und vielseitige Themengebiet der intellektuellen Beeinträchtigung gegeben

werden. Daran anschließend folgt die Bearbeitung der Frage, welche Rolle die exekutiven

Funktionen im Vergleich zum bisherigen oftmals herangezogenen IQ-Wert bei Personen

(mit IB) hinsichtlich der Entscheidungskompetenz haben. Weiters soll im Theorieteil

dieser Arbeit der Fokus besonders stark auf das Treffen von Entscheidungen gelegt

werden. Hierfür ist es notwendig, dass verschiedene Begriffe, wie beispielsweise

Selbstbestimmung und Einwilligungsfähigkeit sowie „Informed Consent“, erläutert

werden, als auch aktuelle Erkenntnisse, bezogen auf die Erhebung von

Entscheidungskompetenzen bei Menschen mit IB zusammengetragen werden. Im nächsten

Kapitel soll auf das Sachwaltergesetz in Österreich sowie auf die Situation in der EU

Bezug genommen werden und mit Hilfe des daran anschließenden Abschnittes zur UN-

Behindertenrechtskonvention gravierende Diskrepanzen aufgezeigt werden. Im Kapitel 7

dieser Arbeit soll dem Leser bzw. der Leserin noch ein kurzer Überblick über alternative

Modelle zur Sachwalterschaft gegeben werden, wobei zwei hervorstechende Pilotprojekte

besondere Beachtung erfahren. Im zweiten Teil der Arbeit wird der leitenden

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Forschungsfrage nachgegangen, ob sich Menschen mit und ohne intellektuelle

Beeinträchtigung (unterteilt in drei Gruppen: Vollbetreuung, Teilbetreuung und keine

Betreuung) hinsichtlich der Selbstbestimmungsfähigkeit in den Standards (1)

Informationsverständnis (2) Krankheits- und Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen und

(4) eine Wahl zu treffen, unterscheiden und welchen Einfluss Unterstützungspersonen auf

die Entscheidungskompetenzen der Interviewteilnehmer/innen haben. Zudem soll erforscht

werden, inwieweit sich die exekutiven Funktionen in den drei zuvor erwähnten Gruppen

unterscheiden und welche Vorhersagekraft diese auf die Selbstbestimmungsfähigkeit

haben. Für die Untersuchung werden im Methodenteil auf das Untersuchungsdesign sowie

auf die Rekrutierung der Stichprobe und auf ethische Fragen näher eingegangen. Daran

anschließend folgt in Kapitel 12 die Darstellung der Ergebnisse der zwei Schwerpunkte

dieser Diplomarbeitsstudie - gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit (mit und

ohne Unterstützungsperson) sowie der Einfluss der exekutiven Funktionen auf diese.

Abschließend wird die Diskussion genutzt, um die gewonnenen Erkenntnisse mit den

bisherigen Forschungsergebnissen aus der Literatur zu vergleichen und kritisch zu

überdenken. Zuletzt sollen ein Resümee und ein Forschungsausblick, in welchen

zukünftige Forschungsideen und offene Fragen diskutiert werden, die Arbeit abrunden.

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THEORETISCHER TEIL

2. Intellektuelle Beeinträchtigung

Im folgenden Kapitel wird auf das Konstrukt der intellektuellen Beeinträchtigung näher

eingegangen, damit die dieser Untersuchung zugrundeliegende Population klar beschrieben

werden kann. Zudem soll im weiteren Verlauf die Prävalenz und Ätiologie von

intellektueller Beeinträchtigung erläutert werden.

2.1 Definition, Klassifikation und Terminologie von intellektueller Beeinträchtigung

Laut Brown (2007) gibt es weder eine einheitliche Definition für intellektuelle

Beeinträchtigung noch eine allgemein gültige und flächendeckend anerkannte

Terminologie.

Die Definition und Klassifikation von IB bereitet aufgrund unterschiedlicher

Beeinträchtigungsarten sowie der historischen und gegenwärtigen Vorurteile und

Stigmatisierungen dieser Personengruppe in der Gesellschaft besondere Schwierigkeiten

(Speck, 2012). Die negative Sonderstellung von Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung wird deutlich, wenn man sich die verschiedenen Bezeichnungen, wie

Blödsinnige, Schwachsinnige, Retardierte, Idioten etc., welche für diese Menschengruppe

über die Zeit verwendet wurden, und welche vorwiegend die Exklusion und in einer

Epoche auch die vollständige Eliminierung aus der Gesellschaft zur Folge hatten, ansieht

(Speck, 2012). Intellektuelle Beeinträchtigung zu definieren hat jedoch den Vorteil bzw. ist

notwendig, um eine halbwegs praktikable Verständigung im Bereich der Forschung und in

der Praxis zu ermöglichen, um jedoch den Begriff lückenlos zu erklären, wäre ein

unendlicher Regress notwendig (Speck, 2012).

Heutzutage wird intellektuelle Beeinträchtigung von Land zu Land aber auch innerhalb

einer Region unterschiedlich definiert (Weber & Rojahn, 2009). Es wird dabei „von einem

Mangel an kognitiven Fähigkeiten sowie von verringerten sozial-adaptiven

Handlungsvermögen“ ausgegangen und der Beginn setzt vor dem 18. Lebensjahr ein

(Weber & Rojahn, 2009, S. 352). Payk (2010) erläutert, dass intellektuelle

Beeinträchtigung gekennzeichnet ist „durch Intelligenz- und Entwicklungsrückstände, die

meist von Geburt an bestehen und/oder während der frühen Kindheit in Erscheinung

treten“ (S. 273). Speck (2012) ist hingegen der Ansicht, dass es sich bei IB um ein

komplexeres Phänomen handelt und unterschiedliche Aspekte, nicht nur die Intelligenz-

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und Entwicklungsrückstände, bei der Begriffsbildung miteinfließen. Beispielsweise

können medizinisch-genetische Aspekte, welche eine große Anzahl der zugrundeliegenden

pathologischen Faktoren versuchen miteinzubeziehen, als auch psychologische Aspekte,

welche in der Vergangenheit häufig die Intelligenzleistungen und adaptiven Kompetenzen

der Betroffenen im Fokus hatten, oder auch soziologische Aspekte, welche vor allem die

soziale Umwelt und die soziale Teilhabe der Menschen genauer beleuchten, und zuletzt die

pädagogischen Aspekte, die die Lernmöglichkeiten und die Gestaltung der Lernumwelten

umfassen, differenziert werden.

In den vergangenen Jahren zeigte sich nach langjährigen Diskussionen bezüglich der

Definition von intellektueller Beeinträchtigung ein Paradigmenwechsel, der sich dadurch

gekennzeichnet hat, dass man nicht mehr vornehmlich die begrenzten kognitiven

Fähigkeiten und Handlungsdefizite dieser Personengruppe sieht, sondern man sich eher

nach einer bedürfnisorientierten Erfassung sowie Einteilung richtet (Weber & Rojahn,

2009).

Angelehnt an die Lebenshilfe Österreich soll in dieser Arbeit nicht von „geistiger

Behinderung“ gesprochen werden, da dieser Begriff in der Vergangenheit von

Selbstvertreter/innen-Gruppen heftig kritisiert wurde und sich zahlreiche Personen mit

Beeinträchtigungen durch diese Bezeichnung diskriminiert und verletzt gefühlt haben.

Aufgrund dessen soll von „Menschen mit (intellektueller) Beeinträchtigung“ gesprochen

werden, „weil dieser Ausdruck in der derzeitigen Situation den größtmöglichen Respekt

gegenüber Menschen mit Beeinträchtigungen verschiedener Kulturen und Sprachgruppen

entgegenbringt“ (Lebenshilfe Österreich, 2014, o.S.).

Heutzutage existieren verschiedenste Klassifikationssysteme, welche versuchen, das

Konstrukt der intellektuellen Beeinträchtigung mittels operationalisierter Definitionen zu

erfassen und zudem nosologisch einzuteilen.

Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebene „International

Classification of Functioning, Disability and Health“ (kurz ICF) (deutsch: „Internationale

Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“), welche die

Nachfolgerin der ICIDH (International Classification of Impairments, Disabilities and

Handicaps) darstellt, bettet intellektuelle Beeinträchtigung in ein sehr breites Konzept ein

und dient „als einheitliche und standardisierte Sprache zur Beschreibung des funktionalen

Gesundheitszustandes, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung und der relevanten

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Umgebungsfaktoren eines Menschen“, wobei vor allem bio-psycho-soziale Aspekte von

Krankheitsfolgen unter Berücksichtigung der Kontextfaktoren systematisch erfasst werden

sollen“ (DIMDI, 2014, o.S.). Zudem ist die ICF primär ressourcen- und nicht

defizitorientiert und kann auf alle Menschen, nicht nur jene mit Beeinträchtigungen,

bezogen werden. Folgende Abbildung 1 zeigt die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen

den einzelnen Komponenten, welche im Konzept der ICF erläutert werden.

Sowohl die ICD-10, welche später noch genauer vorgestellt wird, als auch die ICF gehören

den internationalen Klassifikationen der WHO an und ergänzen sich. Beide unterscheiden

sich dahingehend, dass die ICD Krankheiten bzw. Störungen klassifiziert, während die ICF

die Folgen der Krankheiten hinsichtlich der Körperfunktionen, Aktivitäten und der

Teilhabe unterscheidet (DIMDI, 2014).

Ausgehend vom Konzept der ICF definiert die „American Association on Intellectual and

Developmental Disabilities“ (kurz AAIDD; früher: „American Association on Mental

Retardation – AAMR“) intellektuelle Beeinträchtigung (englisch: „intellectual disability“)

anhand dreier Punkte. Erstens muss für eine Diagnose eine signifikante Limitation der

intellektuellen Fähigkeiten bei der Person vorliegen, zudem eine signifikante Verringerung

des adaptiven Funktionsniveaus und drittens müssen diese Einschränkungen vor dem 18.

Lebensjahr auftreten (American Association on Intellectual and Developmental

Disabilities, 2010).

Einschränkungen intellektueller Fähigkeiten liegen bei IQ-Werten unter 70 (zwei

Standardabweichungen unter dem Mittelwert). Weiters sind die sozial-adaptiven

Fähigkeiten in ein multidimensionales Konzept einzubetten, welches sowohl praktische,

als auch soziale sowie konzeptionelle Fähigkeiten umfasst, und welche von den

Abbildung 1. Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Komponenten von Gesundheit

(DIMDI, 2014, o.S.)

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betroffenen Personen erlernt und im Alltag angewendet werden können (Schalock &

Luckasson, 2004).

Neben den bisher genannten Klassifikationssystemen gibt es noch zwei sehr gängige und

bedeutsame Systeme: das ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (kurz WHO; 1992)

sowie das 2013 erschienene DSM-5 der American Psychiatric Association (kurz APA;

2013).

Im „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (kurz DSM-5) wird

intellektuelle Beeinträchtigung als „intellectual disability“ bzw. auch angelehnt an die

ICD-10 (Dilling, Mombour, & Schmidt, 1992), welche voraussichtlich 2015 in der 11.

Revision veröffentlicht werden soll, als „intellectual developmental disorder“ bezeichnet

und als „a disorder with onset during the developmental period that includes both

intellectual and adaptive functioning deficits in conceptual, social, and practical domains“

beschrieben (American Psychiatric Association, 2013, S. 33).

Folgende drei Kriterien müssen für eine Diagnose im DSM-5 erfüllt sein (American

Psychiatric Association, 2013, S. 33):

A. “Deficits in intellectual functions, such as reasoning, problem solving, planning,

abstract thinking, judgment, academic learning, and learning from experience, confirmed

by both clinical assessment and individualized, standardized intelligence testing.”

B. “Deficits in adaptive functioning that result in failure to meet developmental and

sociocultural standards of personal independence and social responsibility. Without

ongoing support, the adaptive deficits limit functioning in one or more activities of daily

life, such as communication, social participation, and independent living, across multiple

environments, such as home, school, work, and community.”

C. “Onset of intellectual and adaptive deficits during the developmental period.”

Zudem werden Personen mit IB im DSM-5 in Schweregrade „mild“, „moderate“, „severe“

und „profound“ eingeteilt. Diese Einteilung wird jedoch nicht mehr aufgrund von IQ-

Werten wie bisher in der Vorgängerversion namens DSM-IV-TR (American Psychiatric

Association, 2011) getroffen, sondern anhand der adaptiven Funktionen einer Person und

des Grades an Unterstützung, welcher individuell benötigt wird. Aufgrund dessen werden

die Schweregrade von IB anhand der Bereiche „conceptual domain“, „social domain“ und

„practical domain“ im DSM-5 genauer erläutert (American Psychiatric Association, 2013).

In der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen in der 10. Revision (kurz ICD-

10) im Kapitel F der Weltgesundheitsorganisation wird intellektuelle Beeinträchtigung im

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Kapitel F7 „Intelligenzminderung“ näher betrachtet und ist „eine sich in der Entwicklung

manifestierende, stehen gebliebene oder unvollständige Entwicklung der geistigen

Fähigkeiten, mit besonderer Beeinträchtigung von Fertigkeiten, die zum Intelligenzniveau

beitragen, wie z.B. Kognition, Sprache, motorische und soziale Fähigkeiten“ (Dilling,

Mombour, & Schmidt, 2010, S. 276). Unterschieden wird dabei zwischen vier

verschiedenen Schweregraden, welche sich je nach IQ-Wert einteilen lassen (siehe Tabelle

1) (Dilling et al., 2010)

Tabelle 1

Kategorien der Intelligenzminderung im ICD-10 (Dilling et al., 2010, S. 277ff.)

Kategorie Intelligenzminderung IQ- Bereich

F70 leicht 50-69

F71 mittelgradig 35-49

F72 schwer 20-34

F73 schwerst unter 20

Für die Überarbeitung der ICD-10 wurde eine eigene Arbeitsgruppe namens „Working

Group on the Classification of Intellectual Disabilities“ gegründet, welche durch intensive

Literatur-Reviews und Experten/innen- Diskussionen einen auf Konsens basierenden und

geeigneten Begriff für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung im ICD-11 finden

soll (Harris, 2013). Vorwiegend beschäftigte die Arbeitsgruppe die Frage, ob intellektuelle

Beeinträchtigung als ein gesundheitlicher Zustand oder als eine Behinderung definiert

werden soll. IB wird bisher in der englischsprachigen Version der ICD-10 (WHO, 1992)

als „mental retardation“ bezeichnet, wobei im internationalen Vergleich dieser Terminus

vorwiegend durch den der „intellectual disability“ ersetzt wurde (Harris, 2013). Aufgrund

dessen wurde beschlossen im ICD-11 mental retardation durch den Begriff der

„intellectual developmental disorders“ (kurz IDDs) zu ersetzen und dieser Terminus

beschreibt „a group of developmental conditions characterized by significant impairments

of cognitive functions, which are associated with limitations of learning, adaptive behavior

and skills“ (Salvador-Carulla et al., 2011, S. 175).

2.2 Prävalenz von intellektueller Beeinträchtigung

Laut Schanze (2007) erweist es sich als äußerst schwierig für die Personengruppe mit IB

exakte Prävalenzzahlen anzugeben, da eine große Bandbreite an Definitionen und

unterschiedlichen Erfassungskriterien (siehe Kapitel 2.1) von IB vorliegen und viele

Zahlen auf Schätzungen von Versorgungsstatistiken beruhen. Die Prävalenzraten

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20

differieren von 1 bis 4% in internationalen Studien (Schanze, 2007). Weber und Rojahn

(2009) gehen davon aus, dass ca. 1 bis 2,5% der Bevölkerung die Kriterien von

intellektueller Beeinträchtigung erfüllen und Steinhausen (2005) ist der Ansicht, dass die

Häufigkeit von IB bei einem Erwartungswert von 2 bis 3% liegt, welche jedoch mit

zunehmenden Schweregrad abnimmt. Sarimski (2001) berichtet, dass in englischen,

skandinavischen sowie deutschen Studien eine Prävalenzrate von 0,4% für schwere

Formen von IB und 2,5 bis 2,9% für leichte Formen von IB angegeben wird (Roeleveld &

Zielhuis, 1997; Thimm, 1999, zitiert nach Sarimski, 2001). Besonders der Anteil der

Menschen mit leichter intellektueller Beeinträchtigung variiert sehr stark und dieser ist eng

mit einer niedrigen Sozialschicht verknüpft (Steinhausen, 2005). Männer sind dabei

häufiger von IB betroffen als Frauen, da sie eine höhere biologische Vulnerabilität

aufweisen (Steinhausen, 2005). Auch größere Studien zu diesem Personenkreis zeigen,

dass das männliche Geschlecht bezüglich der Betroffenheit von IB deutlich

überrepräsentiert ist (Liepmann, 1979; Thimm, von Ferber, Schilling, & Wedekind, 1985;

McLaren & Bryson, 1987; Roeleveld, Zielhuis, & Gabreels, 1997; zitiert nach Neuhäuser

& Steinhausen, 2003). Neuhäuser und Steinhausen (2003) merken zudem an, dass sowohl

biologische Gründe als auch geschlechtsspezifische Rollenforderungen und andere

soziokulturelle Einflüsse für diesen Geschlechterunterschied verantwortlich sind.

Laut Neuhäuser und Steinhausen (2003) gibt es in Deutschland keine zuverlässigen

Angaben über die Gesamtzahl der Menschen mit IB. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe

für Menschen mit IB in Deutschland geht jedoch von ca. 420000 Menschen (0.6% der

Bevölkerung) aus, mit einer Aufteilung von ca. 185000 Kindern und Jugendlichen und

etwa 235000 Erwachsenen (Neuhäuser & Steinhausen, 2003). Für Österreich können aus

Gründen des Bürgerschutzes keine genauen statistischen Angaben bezüglich der

Prävalenzzahlen gemacht werden (Weber & Rojahn, 2009). Badelt und Österle (1993)

geben aber an, dass in Österreich im Jahr 1993 ca. 0.6% der Bevölkerung von IB betroffen

waren, was in etwa eine Anzahl von 48000 Personen ausmacht und auch die Lebenshilfe

Österreich (2014) geht davon aus, dass in etwa 50000 Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung im Land Österreich leben.

2.3 Ätiologie von intellektueller Beeinträchtigung

Bis heute ist die Ätiologie, bzw. besser gesagt, sind die Ätiologien von intellektueller

Beeinträchtigung nicht eindeutig und allumfassend geklärt. Als Ursachen für intellektuelle

Beeinträchtigung werden sowohl biologische als auch psychosoziale Faktoren gesehen,

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wobei je nach Zustandsbild der relative Beitrag der genannten Faktoren variieren kann und

beide Risikofaktoren nicht isoliert voneinander betrachtet werden dürfen, sondern immer

nur in Kombination (Weber & Rojahn, 2009).

Auch Neuhäuser und Steinhausen (2003) sind der Ansicht, dass sowohl biologische

Faktoren (vor allem bei schwerer IB) als auch soziokulturelle Einflüsse (besonders bei

leichteren Formen der IB) eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Ätiologie spielen,

wobei das komplexe Wechselspiel der verschiedenen Ursachen gesehen werden muss. Zu

unterscheiden gilt es zwischen prä- (vor der Geburt), peri- (während der Geburt) und

postnatalen (nach der Geburt) Ursachen. Zu den pränatalen Faktoren zählen laut Neuhäuser

und Steinhausen (2003) genetische Bedingungen (wie Genmutationen und

Chromosomenstörungen), sowie Schwangerschaftsbelastungen und Umweltgifte. Vor

allem chromosomale sowie nicht-chromosomale Dysmorphiesyndrome treten bei dieser

Personengruppe am häufigsten auf, wobei das Down-Syndrom mit ca. 30% und das

Fragile-X-Syndrom mit ca. 5% sehr häufig vorkommen (Gillberg, 1997; zitiert nach

Sarimski, 2001). Perinatale Faktoren sind beispielsweise Geburtstraumatas, neonatale

Infektionen, und Frühgeburten und postnatale Ursachen sind unter anderem

Hirnschädigungen, Mangelernährung oder entzündliche Erkrankungen des

Zentralnervensystems.

Hagberg und Kyllerman (1983; zitiert nach Neuhäuser & Steinhausen, 2003) gehen auf die

Verteilung der Ursachen bei Kindern mit schwerer und leichter IB näher ein. Laut den

Autoren überwiegen bei schwerer IB pränatale Ursachen (55%), gefolgt von unbekannten

Ursachen (18%), perinatalen Ursachen (15%), postnatalen Faktoren (11%) und zuletzt die

Psychosen (1%). Bei Kindern mit leichter IB sind vor allem unbekannte Ursachen (55%)

bei der Verteilung derzeit noch vorwiegend. Daran anschließend folgen pränatale Ursachen

mit 23%, perinatale Ursachen sind 18% und postnatale Ursachen mit 2%. Psychosen

machen in dieser Verteilung nur 2% aus (Hagberg & Kyllerman, 1983; zitiert nach

Neuhäuser & Steinhausen, 2003).

2.4 Zusammenfassung

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bisher weder eine einheitliche Definition für

intellektuelle Beeinträchtigung, noch genaue Prävalenzzahlen oder Erkenntnisse über die

genauen Ursachen vorliegen. Zudem ist es aufgrund historischer Vorkommnisse und

wegen der enormen Heterogenität dieser Personengruppe schwierig, einen passenden

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allumfassenden Begriff zu finden, welcher den größtmöglichen Respekt diesen Menschen

entgegenbringt und in keiner Weise diskriminiert. Da in unserer Gesellschaft bisher noch

keine Inklusion1 von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung stattgefunden hat, ist

es für eine praktikable Verständigung in der Forschung und Praxis notwendig, einen

Begriff für das Konstrukt IB zu finden und Klassifikationssysteme zu entwickeln, welche

einen Wissensaustausch ermöglichen.

1 Der Begriff der Inklusion bedeutet, dass es keine Gruppe von Personen mit und ohne Beeinträchtigungen

mehr gibt, sondern alle Menschen gleich sind, gemeinsame und individuelle Bedürfnisse ihren Platz haben und die Vielfalt Normalität wird (Stiftung Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik, 2011). Zudem geht der Inklusionsgedanke davon aus, dass alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Beeinträchtigung, ihrem Lebensalter etc. ein anerkannter und wertgeschätzter Part der Gesellschaft sind (Lebenshilfe Österreich, 2014).

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3. Exekutive Funktionen

In der kognitiven Psychologie sind exekutive Funktionen (EF) ein wichtiges Konzept, das

jedoch vor allem bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und im

Zusammenhang mit dem Treffen von Entscheidungen bisher nur wenig untersucht wurde

(Willner, Bailey, Parry, & Dymond, 2010a). Im folgenden Abschnitt soll daher zu Beginn

der Begriff der exekutiven Funktionen erläutert sowie verschiedene theoretische Ansätze

und neuroanatomische Grundlagen dargestellt werden. Daran anschließend liegt der Fokus

auf der Diagnostik von EF. In diesem Zusammenhang werden aktuelle Studien, welche

sich mit dem Einfluss der exekutiven Funktionen auf Entscheidungskompetenzen vor

allem bei Menschen mit IB konzentrieren, präsentiert.

3.1 Definitionen

Exekutive Funktionen sind laut Schellig, Drechsler, Heinemann, und Sturm (2009)

Regulations- und Kontrollmechanismen, welche sowohl zielorientierte als auch

situationsangepasste Handlungen von Menschen ermöglichen. Zudem regulieren sie

sogenannte „top-down“ domänenspezifische Fähigkeiten, die in neuen Situationen ein

Abweichen von bereits gelernten Handlungsroutinen erfordern. Weiters werden EF

besonders in der neuropsychologischen Literatur als psychologisches Konstrukt aufgefasst,

da sie vorwiegend kognitive Fähigkeiten bezeichnen (Schellig et al., 2009). Ein Großteil

der Autoren und Autorinnen versteht unter den exekutiven Funktionen verschiedene und

unabhängige Prozesse, welche selektiv gestört sein können und bei verschiedenen

Störungsbildern von Patienten/innen zu unterschiedlichen Verhaltensproblemen führen

können (Schellig et al., 2009).

Laut Jäncke (2013) sind EF „Kontrollprozesse, die es einem Individuum erlauben, sein

Verhalten situationsgerecht zu optimieren, indem die grundlegenden psychischen

Funktionen zielführend eingesetzt werden“ (S. 388). Folgende psychische Funktionen

können dem Begriff der exekutiven Funktionen subsumiert werden: Setzen von Zielen,

Planen, Entscheiden, Setzen von Prioritäten, Starten und Sequenzieren von Handlungen,

Kontrolle und Beobachtung von Handlungsergebnissen, Korrektur eigener Handlungen,

Erkennen von Fehlern, Umgang mit neuen Informationen, Regellernen, Aufrechterhalten

von Handlungsplänen, Selbstkontrolle, abstraktes Denken und motorische Kontrolle

(Jäncke, 2013). Karnath und Thier (2012) zählen zu den exekutiven Funktionen ähnlich

wie Jäncke (2013) kognitive Prozesse wie „Problemlösen, Planen, Entscheiden, sowie

Initiation und Inhibition von Handlungen“ (S. 598). Als dysexekutives Syndrom wird

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vorwiegend eine umfassende Störung der zuvor genannten Funktionen bezeichnet (Karnath

& Thier, 2012).

Aufgrund zahlreicher Subkomponenten, welche den EF untergeordnet werden, wie aus

dem letzten Abschnitt ersichtlich wird, ist es laut Jäncke (2013) schwierig, das

Gemeinsame zu erkennen. Zudem werden viele Verhaltensbereiche nicht bzw. nur mäßig

operationalisiert und die verwendeten Datenquellen unterscheiden sich oder sind nicht

miteinander kompatibel (Jäncke, 2013).

3.2 Theoretische Ansätze exekutiver Funktionen

Derzeit gibt es insgesamt vier einflussreiche theoretische Ansätze zu den exekutiven

Funktionen, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. Erstens das

Arbeitsgedächtnismodell, zweitens das System der überwachenden Aufmerksamkeit

(supervisory attentional system, SAS), drittens das handlungstheoretische Modell und

viertens die Theorie der somatischen Marker (Jäncke, 2013).

Im ersten Modell, dem Arbeitsgedächtnismodell, geht man davon aus, dass exekutive

Funktionen weitestgehend identisch mit dem Arbeitsgedächtnis sind, wobei die exekutive

Kontrolle (oder auch als Zentrale Exekutive bekannt) als ein wichtiger Bestandteil

aufgefasst wird, der als ein Supervisor fungiert, welcher in die Auswahl, Aufrechterhaltung

sowie in die Manipulation von Informationen eingreifen kann (Jäncke, 2013) und

Kontrolle über den visuellen und phonologischen Arbeitsspeicher sowie über den

episodischen Speicher ausübt (Schellig et al., 2009). Zu den wichtigsten Funktionen der

Zentralen Exekutive gehören vor allem die Kompetenz der Aufmerksamkeitsausrichtung,

der Verlagerung des Aufmerksamkeitsfokus und der Regulation der Verteilung der

Aufmerksamkeit bei zwei gleichzeitig auszuführenden Aufgaben (Schellig et al., 2009).

Auch Schellig und Kollegen (2009) betonen, dass viele Autoren/innen die exekutiven

Funktionen mit dem Arbeitsgedächtnis gleichsetzen. Zudem konnte in Arbeiten gezeigt

werden, dass Störungen des Arbeitsgedächtnisses auch Verhaltensauffälligkeiten ähnlich

der dysexekutiven Störungen nach sich ziehen (Kimberg & Farrah, 1993; zitiert nach

Jäncke, 2013).

Im System der überwachenden Aufmerksamkeit nach Norman und Shallice (SAS; 1980;

1986) spielt die Aufmerksamkeitskontrolle für die Planung und Überwachung von

menschlichen Handlungen eine wichtige Rolle (Jäncke, 2013). Relevant scheint in diesem

Modell die Vorstellung, dass manche Handlungen automatische Prozesse sind und andere

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wiederum eine bewusste Kontrolle benötigen. Hierfür werden zwei unterschiedliche

Subsysteme für die Kontrolle benötigt – das supervirsory attentional system (SAS) und das

contention scheduling system (CS). Während das CS automatisch arbeitet und durch

Umweltreize ausgelöst wird (ein Beispiel hierfür wäre das Einlegen eines Ganges im

Auto), greift das SAS bei Unterbrechungen der Routinetätigkeiten bzw. dort wo eine

flexible Anpassung erforderlich wird, ein (Schellig et al., 2009) und verstärkt die

Aufmerksamkeit der Person auf die gewünschte Aktivität (Jäncke, 2013).

Das dritte Modell, dem handlungstheoretischen Modell, ursprünglich von Miller und

Kollegen (1969) unter dem Namen TOTE bekannt geworden, geht davon aus, dass der

Frontalkortex besonders bei der Planung, Strukturierung und Überwachung von

komplexeren Handlungsabläufen eine Rolle spielt (genauere Informationen hinsichtlich

des Zusammenhangs zwischen Frontalkortex und exekutiven Funktionen folgt im Kapitel

3.3). Handlungen werden nach diesem Modell so gesehen, dass eine Diskrepanz zwischen

einem Soll- und einem Ist-Wert besteht, welche die handelnde Person überwinden möchte.

Dabei ist das vorrangige Ziel, dass Regelabweichungen reduziert bzw. eliminiert werden

(Jäncke, 2013).

In der letzten Theorie – der Theorie der somatischen Marker von Damasio, geht man

davon aus, dass Gefühle einen bedeutenden Einfluss auf Entscheidungen haben und

Emotionen, Entscheidungen und Denken eng miteinander in Verbindung stehen.

Somatische Marker werden als emotionale Reaktionen verstanden, „die über das vegetative

Nervensystem, oder im Sinne einer Simulation im Kortex generiert werden“ und als

Richtungsweiser für die Verhaltenskontrolle und –planung in Entscheidungssituationen

dienen (Jäncke, 2013, S. 392). Vor allem frontale Strukturen sind laut dieser Theorie

zuständig, dass eine Verknüpfung zwischen Erfahrungen und positiven oder negativen

Körpersensationen stattfindet (Schellig et al., 2009). Im Falle einer Schädigung dieser

Verbindungen aufgrund von Läsionen, wird die Fähigkeit, sich beim Handeln von

Gefühlen sowie Bewertungen leiten zu lassen, vom Patienten bzw. der Patientin verloren

(Schellig et al., 2009). Wichtig ist, dass beim Fehlen des modulierenden Einflusses von

Emotionen, Entscheidungen impulsiv und willkürlich getroffen werden (Jäncke, 2013).

Auch Schellig und Kollegen (2009) betonen, dass exekutive Prozesse nicht rein auf

kognitive Faktoren beschränkt werden dürfen, sondern auch emotionale

Regulationsprozesse eine wesentliche Rolle haben und EF stark von Gefühlen, der

Motivation und des Antriebs abhängen. Heutzutage unterscheidet man aufgrund dessen

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sogenannte „cold“ und „hot executive functions“, welche die kognitiven und

motivationalen exekutiven Funktionen darstellen (Kerr & Zelazo, 2004; zitiert nach

Schellig et al., 2009).

Drechsler (2007; zitiert nach Jäncke, 2013) versucht mit ihrer Taxonomie verschiedene

theoretische Strömungen hinsichtlich der EF zusammenzubringen und einen gemeinsamen

Rahmen zu generieren. Sie unterscheidet dabei vier verschiedene Regulationsebenen:

kognitive Regulation, Aktivitätsregulation, Emotionsregulation und zuletzt die Regulation

von Sozialverhalten, sowie zwei Komplexitätsebenen: die basale und die komplexe

(Jäncke, 2013). Dabei spielen vier basale Prozesse eine wichtige Rolle: Hemmen,

Initiieren, Wechseln und das Erneuern von Informationen im Arbeitsspeicher (Jäncke,

2013).

3.3 Neuroanatomische Grundlagen

Eine sehr bedeutsame Hirnstruktur im menschlichen Körper für die EF ist der

Frontalkortex und dieser nimmt ca. ein Drittel des gesamten Kortexvolumens in Anspruch

(Jäncke, 2013). Einige weitere Hirnbereiche sind jedoch an der Kontrolle der exekutiven

Funktionen maßgeblich beteiligt: einerseits der dorsolaterale Präfrontalkortex (kurz

DLPFC), der ventromediale Präfrontalkortex (kurz VMPFC), der posteriore Parietallappen

(kurz PPC) sowie die Basalganglien (kurz BG). Schellig und Kollegen (2009) erläutern,

dass in älteren Werken EF vorwiegend in präfrontalen Strukturen lokalisiert wurden

(Luria, 1966; Baddeley, 1986, zitiert nach Schellig et al., 2009). Heutzutage weiß man

jedoch, dass die Frontallappen im menschlichen Gehirn komplexe Verbindungen sowohl

mit posterioren, als auch mit subkortikalen oder cerebellären Strukturen aufweisen

(Petrides & Pandya, 2002; Heyder et al., 2004; zitiert nach Schellig et al., 2009).

Beeinträchtigungen der EF können sowohl bei Läsionen frontaler Strukturen als auch

nicht-frontalen Teile des Gehirns auftreten (Schellig et al., 2009). Häufig sind für

neuropsychologische Störungen drei wichtige fronto-striale Kreisläufe verantwortlich: der

dorsolaterale präfrontale Kreislauf, der orbitofrontale Kreislauf und ein weiterer Kreislauf,

der beim anterioren Cingulum beginnt (Schellig et al., 2009). Genauere Ausführungen, wie

die einzelnen Gehirnareale in Bezug auf die EF zusammenwirken, finden sich bei Schellig

et al. (2009). Karnath und Thier (2012) erläutern, dass Störungen der EF vor allem nach

Läsionen der medialen und dorsolateralen Abschnitte, sowie nach Schädigungen anderer

kortikaler Areale und subkortikaler Strukturen (beispielsweise des medialen Thalamus,

Nucleus caudatus oder Globus pallidus) auftreten. Zudem lässt sich aufgrund der engen

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Assoziationen des Arbeitsgedächtnisses zu den EF die Vermutung anstellen, dass auch

kortikosubkortikale Strukturen beteiligt sind (Karnath & Thier, 2012).

3.4 Methodische Besonderheiten und Probleme bei der Diagnostik von exekutiven

Funktionen

Vor allem die ökologische Validität bereitet heutzutage bei der Diagnostik von exekutiven

Funktionen noch gravierende Probleme (Cripe, 1996; zitiert nach Schellig et al., 2009). Es

besteht einerseits die Schwierigkeit, dass bei strukturierten Testsituationen mit klaren

Aufgabenstellungen Versuchsleiter/innen die exekutiven Funktionen für die Testperson

übernehmen und andererseits das Problem, das realistischere neuropsychologische

Testbatterien, welche Alltagsanforderungen abbilden, derzeit noch die Ausnahme

darstellen (Schellig et al., 2009).

Häufig können Personen mit Beeinträchtigungen der EF gut beschreiben, was sie in

bestimmten Situationen tun würden, dies jedoch in der Realität nur schwer umsetzen, daher

können in der Praxis nur beschränkte Prognosen zum Umgang mit Problemsituationen im

Alltag der Betroffenen gegeben werden (Schellig et al., 2009). Zudem stellt sich die Frage,

ob die in abstrakten Leistungen, welche in solchen Tests gemessen werden, nicht eher

typisch für domänenspezifische Subsysteme sind, also aufgabenspezifisch, oder ob diese

tatsächlich übergreifende Fähigkeiten erfassen, welche für den Alltag der Betroffenen

wichtig sind (Schellig et al., 2009).

Hinsichtlich der Konstruktvalidität gibt es keine „reinen“ exekutiven Tests, welche

entwickelt werden konnten, und die nicht auch andere domänenspezifische Fähigkeiten

(wie beispielsweise sprachliche Leistungen und/oder das Gedächtnis) erfassen, und dass in

vielen Testverfahren mehrere unterschiedliche exekutive Funktionen gleichzeitig gemessen

werden (Schellig et al., 2009). Zudem sind exekutive Funktionen in vielen älteren

Standard-Testverfahren erst nachträglich als „exekutiv“ erkannt worden und nicht bereits

in der neuropsychologischen Theorie vorab als solche beschrieben worden (Schellig et al.,

2009). Bisher gibt es auch noch keine einheitliche Theorie zu den EF und die theoretischen

Konzepte werden oft unzureichend definiert bzw. wenig aufeinander bezogen und

voneinander abgegrenzt. Häufig bleibt gänzlich unklar, welches Konstrukt mit diesem Test

gemessen wird (Schellig et al., 2009).

Bezüglich des Gütekriteriums der Retestreliabilität ist bei exekutiven Funktionstests eine

Wiederholung wie beispielsweise mittels einer Paralleltestform nicht möglich ist, da das

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Finden neuer Lösungswege nicht gefordert werden kann (Rabbitt, 1997; zitiert nach

Schellig et al., 2009). Zudem kann eine split-half Reliabilität schnell zu falschen

Schlussfolgerungen führen und daher dürfte vor allem die Interrater-Reliabilität die

zuverlässigste Variante darstellen.

Schellig und Kollegen (2009) geben in ihrem Werk einen umfangreichen Überblick über

rezensierte Tests und Verfahren für die Erhebung von exekutiven Funktionen. Daher soll

an dieser Stelle für eine genauere Auseinandersetzung mit dieser Thematik darauf

verwiesen werden. Die „Frontal Assessment Battery“ (FAB; Dubois, Slachevsky, Litvan,

& Pillon, 2000), welche in der deutschen Version (FAB-D; Benke, Karner, & Delazer,

2013) im Rahmen dieser Diplomarbeitsstudie verwendet wurde, wird im Kapitel 11.4.4

dieser Arbeit genauer erläutert.

3.5 Forschungsergebnisse hinsichtlich der exekutiven Funktionen bei Menschen mit

IB

Eine wichtige Studie, an welche sich die hier vorliegende Diplomarbeitsuntersuchung

anlehnt, ist jene von Sgaramella, Carrieri, und Barone (2012), welche erstmals die „Frontal

Assessment Battery“ (Dubois et al., 2000) für die Beurteilung der exekutiven Funktionen

bei jungen und alten Menschen mit IB herangezogen hat. Insgesamt wurden 122 Menschen

mit geringer bis schwerer IB untersucht. Das Alter reichte dabei von 18 bis 50 Jahren. Die

Studienteilnehmer/innen wurden hierfür, basierend auf den Werten, welche bei den

„Raven`s Coloured Progressive Matrices“ (RCPM) zuvor erreicht wurden, in drei Gruppen

eingeteilt: geringe IB (Raven Wert größer 17), mittelgradige IB (Wert zwischen 11 und 17)

und schwere IB (Wert unter 11 im RCPM).

Insgesamt konnte gezeigt werden, dass es signifikante Gruppenunterscheide hinsichtlich

der exekutiven Funktionen gibt. Hierbei konnte ein progressiver Abfall der Leistungen mit

zunehmendem Schweregrad der Beeinträchtigung festgestellt werden (Sgaramella et al.,

2012). Signifikante Gruppeneffekte konnten dabei für alle Subtests gezeigt werden, außer

für den der Umweltautonomie, jedoch nur für zwei von drei Bereichen (Kognition und

motorische Programme). Die Kontrolle zeigte nur einen signifikanten Effekt, wenn man

die Gruppen mit geringer und schwerer Beeinträchtigung sowie die Gruppen mit

mittelgradiger und schwerer IB miteinander verglich, aber nicht wenn man die Gruppen

mit geringer und mittelgradiger IB betrachtete (Sgaramella et al., 2012). Es konnten keine

Geschlechtseffekte gezeigt werden, weder bei der Betrachtung der einzelnen Subtests noch

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bei den drei exekutiven Bereichen. Alterseffekte konnten, nachdem insgesamt drei

Altersgruppen gebildet wurden, nur bei den Subtests der Gemeinsamkeiten und den für

motorische Programme gefunden werden. Post-Hoc-Tests zeigten, dass es bei den

motorischen Programmen signifikante Unterschiede zwischen den jungen (18-25 Jahre)

und den Personen im mittleren Alter (26-35 Jahre) gab, wobei die junge Gruppe hier

höhere Werte erzielte. Keine Altersgruppenunterschiede wurden zwischen den mittelalten

und den alten Personen (36-45 Jahre) gefunden. Wenn man die Gruppe der jungen und der

alten Teilnehmer/innen miteinander verglich, so konnten zudem signifikante Unterschiede

im Bereich der Gemeinsamkeiten und der motorischen Programme erneut festgestellt

werden. (Sgaramella et al., 2012)

3.5.1 Bisherige Studien zur Thematik der exekutiven Funktionen bei Menschen mit

IB) mit Bezug auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit.

„Informed Consent“ für eine Behandlung zu geben ist eine komplexe Fähigkeit im

Entscheidungsprozess und abhängig von einer hohen Anzahl an neurokognitiven

Kompetenzen, welche je nach Typ bzw. Grad an Beeinträchtigung und je nach

fokussiertem Einwilligungsstandard abhängen (Okonkwo, Wadley, Griffith, Ball, &

Marson, 2008). Einige der kognitiven Fähigkeiten konnten bereits in verschiedenen

Studien identifiziert werden, wie beispielsweise verbales logisches Schlussfolgern,

verbales Gedächtnis, semantisches Wissen. Vor allem die exekutiven Funktionen konnten

als Schlüsselvariablen im Zusammenhang mit der Selbstbestimmungsfähigkeit von

Personen aufgedeckt werden (Dymek, Atchison, Harrell, & Marson, 1999; Marson,

Chatterjee, Ingram, & Harrell, 1996; Moye, Karel, Edelstein, Hicken, Armesto, & Gurrera,

2007). Hierfür sind in der Vergangenheit vor allem alte Menschen mit dementiellem

Abbau in den Forschungsfokus gerückt, in den letzten Jahren zeigen sich jedoch

Bestrebungen, auch die Zielgruppe der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

verstärkt zu erforschen. Fasst man diese Publikationen bezüglich der Personengruppe mit

Demenz zusammen, so scheint es, als ob die exekutiven Funktionen eine gute

Vorhersagekraft für die Einwilligungskompetenz besitzen (Dymek et al., 1999; Marson et

al., 1996; Moye et al., 2007).

Willner, Bailey, Parry, und Dymond (2010a; 2010b; 2010c) haben sich in drei

verschiedenen Studien die exekutiven Funktionen bei Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung angesehen, in welchen gezeigt werden konnte, dass es zwar signifikante

Zusammenhänge zwischen dem IQ-Wert und den exekutiven Funktionen gibt, diese jedoch

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sehr gering sind. Zudem wurde herausgefunden, dass sowohl die konsistente Durchführung

der „Temporal Discounting Tasks“ als auch das positive Training bei Personen mit IB

besser durch die exekutiven Funktionen der Teilnehmer/innen vorhergesagt werden

konnten als durch einen IQ-Wert (Willner et al., 2010b). Die Autoren sind daher der

Ansicht, dass exekutive Funktionen bessere Prädiktoren für die Fähigkeit, Entscheidungen

zu treffen, sind als ein IQ-Wert. Zudem konnte in der dritten Studie von der Autorenschaft

(2010c) gezeigt werden, dass die Fähigkeiten in einem „Financial Decision-Making Task“,

Informationen abzuwägen, bei dieser Personengruppe eher gering ausgeprägt sind und

Menschen mit IB sich vor allem auf den Aussagengehalt eines Items stützen, anstatt die

Informationen beider Items miteinander abzuwägen. Nur ein Drittel der untersuchten

Personen zeigte konsistente, jedoch meist impulsive Leistungen in diesem Test.

Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass die exekutiven Funktionen einen wichtigen

Beitrag für die Vorhersage der Einwilligungsfähigkeit leisten können, bisher jedoch noch

enormer Mangel an Forschungsarbeiten besteht, welche vor allem bei der Personengruppe

der Menschen mit IB das genaue Zusammenwirken dieser Fähigkeitsbereiche betrachtet.

3.6 Zusammenfassung

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass exekutive Funktionen vor allem in der

kognitiven Psychologie ein immer wichtiger werdendes Konzept, vor allem was die

Fähigkeit betrifft, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen, sind. Die letzten Jahre waren

dadurch gekennzeichnet, dass Forscher und Forscherinnen versucht haben, herauszufinden,

welche Subkomponenten dem Bereich der exekutiven Funktionen untergeordnet werden

können, wo EF im menschlichen Gehirn verortete sind, wie diese diagnostisch erfassbar

gemacht werden können und ob bzw. wenn ja, welche Verbindungen zwischen den EFs

und dem IQ-Wert bestehen. Dies konnte jedoch bis heute nicht ausreichend geklärt werden

und bedarf noch weiterer zukünftiger Forschungsarbeit. Weiters konnte demonstriert

werden, dass davon ausgegangen werden kann, dass die exekutiven Funktionen eine gute

Vorhersagekraft für die Einwilligungskompetenz besitzen, vor allem im deutschsprachigen

Raum aber noch ein erheblicher Forschungsbedarf in Bezug auf das Zusammenwirken

zwischen kognitiven Fähigkeiten, vor allem im Bereich der exekutiven Funktionen, und

der Einwilligungsfähigkeit bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung besteht.

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4. Treffen von Entscheidungen bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

Das Recht zu entscheiden, wo man wohnen möchte, für was man Geld ausgeben möchte,

ob man heirateten will, ob man in eine medizinischen Behandlung einwilligen möchte usw.

ist etwas, das für viele Menschen normal und alltäglich erscheint. Für zahlreiche tausende

Europäer/innen, welche eine Vormundschaft bzw. eine Sachwalterschaft haben, ist dies

jedoch nicht Realität (Council of Europe, 2008). Denn in etlichen Mitgliedsstaaten wird

erwachsenen Menschen ihre gesetzliche Kompetenz, Entscheidungen zu treffen, aufgrund

eines ärztlichen bzw. gerichtlichen Urteils entzogen. Dies bedeutet, dass diese Personen

nicht länger Entscheidungen mit gesetzlichen Auswirkungen ohne die Zustimmung eines

gesetzlichen Vertreters oder einer gesetzlichen Vertreterin treffen können (Council of

Europe, 2008). Obwohl in den letzten Jahren viel dafür getan wurde, dass Menschen mit

IB bei einer hohen Anzahl an Alltagsentscheidungen miteinbezogen werden, ist die

Partizipation dieser Personengruppe bei Entscheidungen im medizinischen Bereich noch

immer eingeschränkt (Ferguson, Jarrett, & Terras, 2010).

4.1 Begriffserläuterungen

In der Literatur werden das Treffen von Entscheidungen bzw. Wahlentscheidungen bei

Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung je nach Kontext bzw. Blickrichtung mit

folgenden Termini in Verbindung gebracht: Selbstbestimmung, Entscheidungsfähigkeit,

Einwilligungsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Autonomie und etwas weiter gefasst auch die

Inklusion, das Empowerment2, die Lebensqualität und das Wohlbefinden.

Zu Beginn dieses Kapitels soll daher versucht werden, die genannten Begriffe näher zu

erläutern und wenn möglich eine geeignete Verbindung bzw. Abgrenzung zu finden.

In der Entscheidungsforschung werden als Gegenstand Situationen betrachtet, in welchen

sich eine Person zwischen mindestens zwei verschiedenen Optionen präferentiell

entscheiden muss, was bedeutet, dass man eine Option gegenüber einer anderen vorziehen

muss. Als Optionen können sowohl Objekte wie Medikamente, Computer, Wohnorte etc.

dienen oder auch Handlungen wie beispielsweise die Anweisungen einer Person. Dabei

können sich die Entscheidungssituationen in vielfältiger Weise voneinander unterscheiden

(Jungermann, Pfister, & Fischer, 2010). Der Begriff der Entscheidung bedeutet laut

2 Der Begriff des Empowerments bezieht sich auf die Selbstbefähigung und die Selbstbemächtigung eines

Menschen sowie auf die Stärkung von Eigenmacht, Autonomie und der Selbstverfügung (Theunissen, 2007).

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Jungermann et al. (2010, S. 3) ein generell „mehr oder weniger überlegtes,

konfliktbewußtes [sic.], abwägendes und zielorientiertes Handeln“.

Neben dem Begriff der Entscheidung wird auch häufig jener der Wahl sowohl in der

Literatur als auch in der Praxis im Bereich von intellektueller Beeinträchtigung verwendet,

vor allem dann, wenn er auf Lebensqualität, Selbstbestimmung, Rechte oder Integration

bezogen wird (Brown & Brown, 2009). Manchmal wird der Begriff aber auch synonym

mit dem Terminus der (persönlichen) Kontrolle bzw. mit dem Treffen von Entscheidungen

verwendet (Brown & Brown, 2009). Neely-Barnes, Marcenko, Weber, und Lakin (2008)

sind der Ansicht, dass das Treffen von Entscheidungen bezüglich Dienstleistungen und des

täglichen Lebens als zentrales Element von Selbstbestimmung und Empowerment für

Menschen (mit Beeinträchtigungen) betrachtet werden kann. Menschen treffen Wahlen

über etwas, dass es ihrer Ansicht nach wert ist darüber nachzudenken (Brown & Brown,

2009). Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Personen das individuelle Recht bzw. den

Rechtsanspruch haben, eine Wahl zu treffen (Brown & Brown, 2009). Wenn man überlegt,

wie man eine Wahl durchführen kann, so ist es wichtig zu verstehen, dass diese

Möglichkeit ein fundamentaler Aspekt von Lebensqualität ist, soweit es sich als

persönlicher Wunsch des Individuums manifestiert und als Lebensweg aufgezeigt werden

kann, den der/die Betroffene gehen möchte (Brown & Brown, 2009). Eine Wahl zu treffen

bedeutet, dass der Mensch selbst die Kontrolle bekommt, was wiederum die Entwicklung

eines positiven und verantwortungsbewussten Selbstverständnisses auslösen kann (Brown

& Brown, 2009). Bis heute lässt die Literatur keinen Zweifel daran, dass es für Menschen

mit IB wichtig ist, die Möglichkeit zu haben, Wahlentscheidungen durchführen zu können

(Brown & Brown, 2009). Die Notwendigkeit, dass Menschen mit IB relevante Fähigkeiten

für das Treffen einer Wahl entwickeln müssen, wird von vielen Autoren/innen

hervorgehoben (Wehmeyer, 2007).

Laut Shirli (2012) ist das Treffen von Entscheidungen von Menschen mit IB ein zentrales

Element für Selbstbestimmung, Empowerment und soziale Inklusion. Der Autor ist zudem

der Ansicht, dass unter dem Begriff der Autonomie die individuelle Kompetenz über sich

selbst zu bestimmen verstanden werden kann. Für die Ausübung von informierten

Entscheidungen ist es relevant, dass Individuen alle wichtigen Informationen erhalten, sie

fähig sind über Nutzen, Wünsche und Ziele zu reflektieren und diese zu bekräftigen oder

nicht intentionale Urteile und Entscheidungen aufgrund dessen abzugeben und die

getroffene Auswahl anderen Personen zu kommunizieren (Shirli, 2012). Autonomie im

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Zusammenhang mit Selbstbestimmung und Unabhängigkeit kann nach Wehmeyer et al.

(1996, S. 632) gesehen werden als: „A behaviour is considered to be autonomous if the

person acts (a) according to own preferences, interests, and/or abilities and (b)

independently, free from undue external influence or interference”. Wolfensberger und

Glen (1975; zitiert nach Wullink, Widdershoven, van Schrojenstein Lantman- de Valk,

Metsemakers, & Dinant, 2009) sehen Autonomie eher als Kontrolle, wo Menschen mit

Beeinträchtigungen dieselbe Menge an Macht über die Handlungen, Entscheidungen,

Wünsche und Anliegen wie jede andere Person im vergleichbaren Alter haben soll.

Wullink et al. (2009) gehen daher in ihrem Modell von insgesamt vier Elementen für

Autonomie aus: Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Selbstregulation und

Selbstrealisation.

4.1.1 Selbstbestimmung, Einwilligungsfähigkeit und „Informed Consent“.

Wenn es um das Treffen von Entscheidungen im medizinischen Bereich geht, sind vor

allem die Begriffe der Selbstbestimmung und der Einwilligungsfähigkeit bzw. des

„Informed Consent“ von großer Bedeutung. Auf diese Begriffe soll daher im Folgenden

näher eingegangen werden.

Das Wort der Selbstbestimmung wurde erstmals im Feld der intellektuellen

Beeinträchtigung verwendet, als die Normalisierungsbewegung in Nordamerika eingeführt

wurde (Shogren, Wehmeyer, Reese, & O`Hara, 2006). Heutzutage wird Selbstbestimmung

auf Bemühungen bezogen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen die Fähigkeiten, die

Möglichkeiten und die notwendige Unterstützung erhalten, um als ursächlich

Bevollmächtigte in ihrem Leben handeln zu können (Shogren et al., 2006).

Selbstbestimmung kann einerseits als Ermächtigung von Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung identifiziert werden, um wichtige Lebensergebnisse zu erreichen

(beispielsweise die Gleichberechtigung bezüglich verschiedener Möglichkeiten, die volle

Partizipation, ein unabhängiges Leben und ökonomische bzw. wirtschaftliche

Unabhängigkeit) und andererseits als ein wichtiges Lebensergebnis selbst (Shogren et al.,

2006). Selbstbestimmung im Zusammenhang mit gesundheitlichen Angelegenheiten (wie

dem körperlichen und emotionalen Wohlbefinden) wurde zudem als Kerndimension für

Lebensqualität bei dieser Personengruppe definiert (Shogren et al., 2006). In der Literatur

werden acht Hauptdimensionen für Lebensqualität genannt, welche in bisherigen

Forschungsarbeiten identifiziert werden konnten: emotionales Wohlbefinden,

interpersonale Beziehungen, materielles Wohlbefinden, persönliche Entwicklung,

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körperliches Wohlbefinden, Selbstbestimmung, soziale Inklusion und individuelle Rechte

(Schalock et al., 2002). Diese acht Dimensionen interagieren miteinander und beeinflussen

sich gegenseitig und fließen auch in die individuelle Auffassung über die eigene

Lebensqualität mit ein (Shogren et al., 2006). Obwohl bei jedem Individuum die

Zusammensetzung dieser Dimensionen unterschiedlich aussieht und sowohl persönliche

Präferenzen als auch kulturelle Ansichten miteinfließen können, konnte dennoch gezeigt

werden, dass ein Zusammenhang zwischen dem Grad an Selbstbestimmung und der

Lebensqualität vorherrschend ist (Shogren et al., 2006). Wehmeyer und Schwartz (1998)

konnten in ihrer Studie zeigen, dass Menschen mit IB, welche einen höheren

Selbstbestimmungswert in ihrem Leben angaben, auch über eine höhere Lebensqualität

berichteten.

Laut Vollmann und Kollegen (2008) benötigt man eine Selbstbestimmungsfähigkeit

(oftmals als Einwilligungsfähigkeit bezeichnet), um autonome Patienten/innen-

Entscheidungen treffen zu können. Vor allem in der juristischen Literatur wird eher der

Begriff der Einwilligungsfähigkeit verwendet, im medizin-ethischen Bereich jener der

Selbstbestimmungsfähigkeit (Vollmann et al., 2008). Beide können jedoch auch synonym

verwendet werden, daher sind auch in dieser Arbeit beide Begriffe gleichzusetzen. Im Titel

der vorliegenden Arbeit wurde der Begriff der Selbstbestimmungsfähigkeit gewählt, da

dieser nach Auffassung der Autorin als breiter angesehen werden kann und den Begriff der

Einwilligungsfähigkeit, der sich vorwiegend auf die Durchführung des Einwilligungsakts

im medizinischen Bereich bezieht, miteinschließt.

Schwierigkeiten ergeben sich, wenn man den Begriff der Einwilligungsfähigkeit definieren

möchte. Vor allem in der englischsprachigen Literatur findet man variierende

Bezeichnungen, wie beispielsweise die Termini „mental competence“ oder „mental

capacity“ (Vollmann et al., 2008), oder aber „capacity to consent“ (Moye et al., 2007),

wobei die Begriffe teilweise gleichbedeutend und an anderen Stellen unterschiedlich

verwendet werden. Das Wort „competency“ wird dabei häufig bei juristischen, „capacity“

bei medizinischen Urteilen gebraucht (Appelbaum, 2007; Karlawish, 2008; Moye, Gurrera,

Karel, Edelstein, & O´Connell, 2005). Unabhängig davon, wie nun Einwilligungsfähigkeit

definiert wird, kommt die Frage auf, wann man von einer einwilligungsfähigen und wann

von einer einwilligungsunfähigen Person sprechen kann, und wo die Grenze für das

Vorliegen oder Nicht-Vorliegen dieser Fähigkeit zu ziehen ist.

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In der Literatur werden dafür sowohl kategoriale als auch dimensionale Modelle der

Einwilligungsfähigkeit dargestellt. Als kategoriales Merkmal wird die Fähigkeit der

Einwilligung vor allem in der Praxis beschrieben (Helmchen & Lauter, 1995). Dabei wird

davon ausgegangen, dass ein Mensch entweder einwilligungsfähig oder

einwilligungsunfähig ist und es wichtig ist, dass ein Grenzwert oder Cut-Off-Wert ermittelt

wird, um ein adäquates Kompetenzurteil abgeben zu können (Welie & Welie, 2001b).

Diesem Modell gegenüber steht das Konzept der dimensionalen Ansätze, bei denen

Einwilligungsfähigkeit als relationales Merkmal betrachtet wird, das nur hinsichtlich einer

bestimmten Maßnahme festgelegt werden kann (Helmchen & Lauter, 1995). Bei diesem

Modell ist es möglich, dass betroffene Personen einfache, leicht überschaubare

Entscheidungen alleine treffen können, schwierigere bzw. komplexere Entscheidungen

nicht, bei denen die Einwilligungsfähigkeit abgesprochen werden muss (Helmchen &

Lauter, 1995; Welie & Welie, 2001a). Laut Helmchen (2008) ist die

Einwilligungsfähigkeit kein stabiles, sondern ein über die Zeit veränderndes Merkmal

einer Person und muss immer aktuell betrachtet werden. Nach diesem Modell ist es

relevant, Einwilligungsfähigkeit bzw. –unfähigkeit immer in einem dynamischen Prozess

zu betrachten (Vollmann, 2000).

Laut Kopetzki (2002) ist die Einwilligung des Patienten/der Patientin sowohl Legitimation

als auch eine Schranke ärztlichen Handelns. Dabei muss Einwilligung nicht nur auf einer

hinreichenden Aufklärung beruhen (sogenannter „Informed Consent“), sondern auch die

notwendigen Fähigkeiten für selbstbestimmte Entscheidungen von den betroffenen

Personen vorausgesetzt werden können, um rechtlich wirksam zu werden. Unter dem

Begriff des „Informed Consent“, zu Deutsch Einwilligung nach Aufklärung, versteht man,

dass der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Ärztin vor jeder medizinischen

Maßnahme den Patienten bzw. die Patientin über den Inhalt, das Ziel, die Vor- und

Nachteile der Behandlung als auch über mögliche Alternativen verständlich aufklären

muss. Anschließend muss der/die Patient/in in die Behandlung einwilligen, außer es

handelt sich um einen Notfall. Zudem muss die betroffene Person die Art der Behandlung,

mögliche Gefahren und Nebenwirkungen verstehen und ohne Druck, sondern freiwillig,

die Einwilligung geben (O´Sullivan, 1999). „Informed Consent“ wird dabei als ein Prozess

des „shared decison-making“ (deutsch partizipative bzw. gemeinsame

Entscheidungsfindung) zwischen Patienten/innen und im Gesundheitsbereich arbeitenden

Personen gesehen (Des Noyers Hurley & O´Sullivan, 1999). Es wird ersichtlich, dass die

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Einwilligungsfähigkeit nicht nur ein grundlegender Aspekt von „Informed Consent“ ist,

sondern auch maßgeblich – durch das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein –

bestimmt, ob es Gültigkeit hat.

4.2 Kriterien für Einwilligungs(un)fähigkeit

Was zu den Kriterien für eine Einwilligungs(un)fähigkeit gehört und was nicht, wird in der

Literatur zwar wortreich, aber nur sehr ungenau und uneinheitlich beschrieben (Kopetzki,

2002). Unter der konkreten „Einsichts- und Urteilsfähigkeit“ wird einerseits ein

Relationsbegriff verstanden, welcher besagt, dass es sich dabei nicht um bestimmte

Eigenschaften eines Menschen handelt, „sondern um die Fähigkeit zu autonomer

Entscheidung bezogen auf eine konkrete Maßnahme“ und andererseits wird dadurch

erläutert, dass „weder eine bestimmte Altersgrenze noch das Vorliegen einer psychischen

Krankheit für sich genommen über die Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen Auskunft

gibt“ (Kopetzki, 2002, S. 2). Zur Unterscheidung zwischen der Einsichts- und

Urteilsfähigkeit sowie der Geschäftsfähigkeit ist zu sagen, dass ein zentraler Punkt darin

besteht, dass „die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit meist an abstrakte Merkmale (Alter)

oder an konstitutive Rechtsakte (Sachwalterbestellung) anknüpft und somit vom Inhalt der

einzelnen (rechtsgeschäftlichen) Willenserklärungen unabhängig ist“ und es auf keine

konkrete Einsichtsfähigkeitsprüfung ankommt, hingegen bei der Einsichts- und

Urteilsfähigkeit sehr wohl eine spezifische Beurteilung im Einzelfall notwendig ist

(Kopetzki, 2002, S. 2). Zudem kann an dieser Stelle das Unterscheidungsmerkmal

zwischen Einwilligungs- und Geschäftsfähigkeit angemerkt werden, dass zweitgenannter

Begriff nicht relativiert werden kann, erstgenannter jedoch schon (Nedopil & Müller,

2012). Beide Fähigkeiten werden in unterschiedlichen Gesetzestexten verschieden

aufgefasst und auch hinsichtlich der Rechtsprechung uneinheitlich betrachtet. Die

Einwilligungsfähigkeit ist im Gegensatz zur Geschäftsfähigkeit widerrufbar, was bedeutet,

dass man diese jederzeit zurückziehen kann. Bei Rechtsgeschäften können jedoch diverse

Vereinbarungen lediglich innerhalb einer vereinbarten Frist rückgängig gemacht werden

(Nedopil & Müller, 2012). Im Falle einer nicht einwilligungsfähigen Person hinsichtlich

medizinischer Behandlungsentscheidungen, sieht die Rechtsordnung normalerweise „eine

Entscheidungssubstitution durch Dritte vor“, welche vorwiegend sorgeberechtigte

Personen oder gesetzliche Vertreter/innen (beispielsweise Eltern oder Sachwalter/innen)

sind (Kopetzki, 2002, S. 3) (diese Vertretungsmodelle werden im Kapitel 5 dieser Arbeit

genauer betrachtet). Wenn jedoch Gefahr in Verzug ist oder im Falle einer

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missbräuchlichen Ausübung des Sorgerechts kann der Arzt bzw. die Ärztin unmittelbar die

Entscheidungsbefugnis übernehmen, unabhängig von der Einwilligung der betroffenen

Person. Dies demonstriert in sehr eindrucksvoller Weise die Schranke zwischen einer

privatautonomen Selbstbestimmung (höchstpersönliche Behandlungsentscheidung durch

die betroffene Person) und einer fürsorglichen Fremdbestimmung (substituierende

Behandlungsentscheidungen durch Dritte) (Kopetzki, 2002).

4.3 Historische Betrachtung der Einwilligung bzw. des „Informed Consent“

Historisch gesehen standen „die medizinethischen Prinzipien des ärztlichen Handelns zum

gesundheitlichen Wohl des Kranken (»salus aegroti suprema lex«) und das Prinzip der

Schadenvermeidung (»nihil nocere«) (…) im Mittelpunkt ärztlicher Ethik“ und vor allem

dem Respekt vor der Selbstbestimmung eines bzw. einer Patienten/in wurde bis zur

zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wenig Bedeutung beigemessen (Vollmann et al., 2008,

S. 13f.). Problematisch war in der Vergangenheit, dass kranke Menschen häufig nicht über

ihre gesundheitliche Situation vom Arzt bzw. der Ärztin informiert, sondern allenfalls die

Angehörigen über eine schlechte Prognose aufgeklärt wurden. Dabei nahmen die

Ärzte/innen sehr wenig Rücksicht auf die Selbstbestimmungsrechte der Betroffenen,

sondern sahen lediglich die Notwendigkeit, selbst alle medizinischen Entscheidungen zum

Wohl der kranken Person zu treffen (Vollmann et al., 2008).

Als Geburtsstunde des „Informed Consent“ wird in der amerikanischen bioethischen

Literatur häufig das Jahr 1947 (Nürnberger Kodex) oder das Jahr 1957, in dem in den USA

erstmals die höchstrichterliche Entscheidung getroffen wurde, dass die „Informed-

Consent-Doktrin“ im „Case Law“ (dem amerikanischen Fallrecht) anerkannt wird,

angegeben (Vollmann et al., 2008). Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die

Diskussion über die Begriffe Wahrheit, Information, Einwilligung und Zusammenarbeit

zwischen Ärzten/innen und Patienten/innen bereits früher, seit Ende des 19. Jahrhunderts,

nachweisbar ist (Vollmann et al., 2008).

Mit dem amerikanischen „Case Law“ aus dem Jahr 1957 wurden erstmalig drei wichtige

Voraussetzungen für den „Informed Consent“, welcher nun rechtsgültig ist, festgelegt.

Darunter fallen die Informationsvermittlung, die Freiwilligkeit hinsichtlich einer

Entscheidung sowie die Einwilligungsfähigkeit (Appelbaum & Grisso, 1995). Dieser

Auffassung der rechtlichen Kriterien für einen „Informed Consent“ lehnt man sich noch

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heute im deutschsprachigen Raum an, ergänzt aber das Informationsverständnis seitens der

Patienten/innen für eine gültige Einwilligung (Vollmann et al., 2008).

Die Aufklärung und die Einwilligung von Patienten/innen hat heutzutage mit den

zunehmenden Therapiemöglichkeiten und den immer riskanter werdenden

Behandlungseingriffen durch den technischen Fortschritt im medizinischen Bereich vor

allem praktisch, rechtlich und ethisch an Bedeutung gewonnen (Vollmann et al., 2008).

Eine deutsche Studie aus dem Jahr 1983 zeigte, dass von 400 befragten Personen, über

80% angaben, „ein hohes, inhaltlich bestimmtes und subjektiv begründetes

Informationsbedürfnis“ in Bezug auf eine ärztliche Aufklärung zu haben (Raspe, 1983;

zitiert nach Vollmann et al., 2008, S. 18). Auch Singer, Choudhry, und Armstrong (1993;

zitiert nach Vollmann et al., 2008) konnten in einer Feldstudie mit 10000 Teilnehmer/innen

zeigen, dass die Probanden über ein ausgeprägtes Aufklärungsbedürfnis und einen hohen

Mitbestimmungswunsch in gesundheitlichen Angelegenheiten verfügen.

Jeder Patient bzw. jede Patientin muss vor einem medizinischen Eingriff ausdrücklich

seine/ ihre Einwilligung geben (Vollmann et al., 2008). In der sogenannten

Informationsvermittlung muss der zuständige Arzt bzw. die zuständige Ärztin die

Patienten/innen über das Ziel, den Nutzen und über die Risiken und eventuellen

Alternativen aufklären. Dabei ist es wichtig, dass die betroffene Person diese Aufklärung

versteht, er bzw. sie einwilligungsfähig ist und ohne äußeren Druck, Zwang oder

Manipulation die Entscheidung treffen kann.

Laut Faden und Beauchamp (1986) sowie Vollmann (1996) setzt eine gültige Einwilligung

nach Aufklärung (dem sogenannten „Informed Consent“) folgende Punkte voraus:

- die Informationsvermittlung

- das Informationsverständnis

- die Einwilligungsfähigkeit und

- die freie Entscheidung (zitiert nach Vollmann et al., 2008).

Schwierig wird das Konzept der Aufklärung bzw. der Einwilligung, wenn trotz einer

optimalen Informationsvermittlung durch den Arzt bzw. die Ärztin die betroffene Person

die notwendigen Informationen nicht ausreichend versteht oder diese für eine autonome

Entscheidung nicht adäquat nutzen kann (Vollmann et al., 2008). Diese Situation tritt vor

allem bei Kindern oder Menschen mit schweren psychischen oder kognitiven

Beeinträchtigungen auf (Helmchen & Lauter, 1995; Vollmann, 1996; zitiert nach

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Vollmann et al., 2008). „Ein einwilligungsfähiger Patient muss eine Wahlmöglichkeit

nutzen können, die Natur und wahrscheinlichen Konsequenzen der eigenen Situation

erkennen und die gegebenen Informationen selbstständig und rational verarbeiten können“

(Appelbaum & Grisso, 1995; zitiert nach Vollmann et al., 2008, S. 47).

4.4 Messinstrumente zur Erfassung der Einwilligungs(un)fähigkeit

Die letzten Jahrzehnte waren dadurch gekennzeichnet, dass man versucht hat, die

Erfassung vom Konstrukt der Einwilligungsfähigkeit zu erleichtern und zu

vereinheitlichen. Forscher/innen sowie Praktiker/innen waren daher bestrebt,

Testinstrumente zur Erhebung zu entwickeln (Moye et al., 2005), welche jedoch eine

starke Heterogenität aufweisen (Bauer & Vollmann, 2002).

Vor allem in der Art und der Anzahl der als wichtig erachteten Fähigkeiten, welche eine

Person für eine Einwilligungsfähigkeit haben muss, unterscheiden sich die vorliegenden

Verfahren enorm und die meisten orientieren sich an einem oder an mehreren Standards,

welche von Appelbaum und Grisso (1988) formuliert wurden: (1) „choice“ (2)

„understanding“ (3) „rational manipulation of the information“ und (4) „appreciation“ oder

an den fünf Standards, welche bereits 1977 von Roth, Meisel, und Lidz formuliert wurden

und lauten:

- Treffen einer Wahlentscheidung (»evidencing a choice«)

- Nachvollziehbarkeit der Entscheidung (»reasonable outcome of choice«)

- Rationale Begründung der Entscheidung (»choice based on rational reason«)

- Verständlichkeit (»ability to understand«) und

- Tatsächliches Verstehen (»actual understanding«) (zitiert nach Vollmann et al., 2008,

S. 73).

In einer Analyse von Bauer und Vollmann (2002), in der verschiedene Testverfahren

analysiert wurden, konnte gezeigt werden, dass manche Verfahren für die Eruierung der

Einwilligungsfähigkeit nur das Informationsverständnis heranzogen, bei anderen wiederum

auch das Treffen einer Entscheidung als Voraussetzung miteinbezogen wurde. Zudem

konnten auch andere Testinstrumente gefunden werden, in welchen alle vier Standards

nach Appelbaum und Grisso (1998) für das Vorliegen einer Einwilligungsfähigkeit

verlangt werden. Joffe, Cook, Cleary, Jeffrey, und Weeks (2011) sowie auch bei Palmer et

al. (2005) und Resnick et al. (2007) verwenden für die Erhebung der

Einwilligungsfähigkeit ein Screening, welches vorwiegend den Standard „understanding“

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beurteilt. Im „Capacity to Consent to Treatment Instrument“ (kurz CCTI) von Marson,

Ingram, Cody, und Harrell (1995) orientiert man sich sowohl an den von Roth und

Kollegen (1977) entworfenen Standards als auch an Appelbaum und Grissos (1982)

definierten Fähigkeiten für „Informed Consent“.

Bei den hier erwähnten Erhebungsinstrumenten besteht keinesfalls Anspruch auf

Vollständigkeit, es soll lediglich aufgezeigt werden, welche Pluralität und Diversität

heutzutage bei den Verfahren zur Erhebung der Einwilligungsfähigkeit vorherrschen.

Zudem unterscheiden sich die verwendeten Behandlungsvignetten in den jeweiligen

Studien enorm. Fallvignetten können dabei entweder reale Einwilligungssituationen

darstellen (Bauer & Vollmann, 2002) oder aber auch hypothetischen Charakter aufweisen

(Cea & Fisher, 2003; Marson et al., 1995).

Im folgenden Kapitel soll nun ein Erhebungsinstrument genauer dargestellt werden,

welches besonders im angloamerikanischen Raum zum goldenen Standard der klinischen

Psychiatrie geworden ist (Vollmann et al., 2008) und sich großer Popularität erfreut.

Mittlerweile gibt es dieses Instrument auch in deutscher Sprache und findet sowohl in der

Kinder- und Jugendpsychiatrie (Kölch & Fegert, 2001) als auch in der

Erwachsenenpsychiatrie bzw. bei demenzkranken Patienten/innen (Vollmann et al., 2008)

Anwendung. Dieses übersetzte Verfahren wurde auch im Rahmen der hier durchgeführten

Studie verwendet und in angepasster Form erstmals Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung vorgegeben.

4.4.1 “MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment” (MacCAT-T).

Das „MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment“ (MacCAT-T), welches von

Grisso und Appelbaum (1998) entwickelt wurde, ist ein formalisiertes Testinstrument,

welches aus einer Forschungsstudie mit dem Titel „MacArthur Competence Study“

(Appelbaum & Grisso, 1995; Grisso & Appelbaum, 1995) resultierte. Das Verfahren

besticht laut Vollmann und Kollegen (2008) vor allem durch die gute Anwendbarkeit und

es überzeugt durch das klare Konzept, die genau bestimmten Kriterien, welche sowohl

ethische als auch rechtliche Standards miteinbeziehen und durch das hohe Maß an

Objektivität, Validität und Reliabilität. Zudem betonen die Autoren, dass der MacCAT-T

bis heute eines der ausgereiftesten Untersuchungsinstrumente zur Überprüfung der

Einwilligungsfähigkeit ist.

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Dieses Instrument ist ein semistrukturiertes Interview, welches für die Beurteilung der

Selbstbestimmungsfähigkeit von Patienten/innen anhand von vier Standards, die sich auf

die Normen im Kontext des amerikanischen Rechtssystems beziehen, verwendet wird

(Vollmann et al., 2008). Diese vier Standards lauten:

1. Die Fähigkeit, relevante Information in Bezug auf eine konkrete

Behandlungsentscheidung zu verstehen (Informationsverständnis)

2. Relevante Informationen rational zu verarbeiten, um Vergleiche anzustellen und

Alternativen abzuwägen (Urteilsvermögen)

3. Die vermittelten Informationen über die Krankheit und die mögliche Behandlung in

ihrer Bedeutung für die eigene Person zu ermessen (Krankheits- und Behandlungseinsicht)

4. Eine Wahl treffen und kommunizieren zu können (Grisso & Appelbaum, 1995, zitiert

nach Vollmann et al., 2008, S. 74).

In einer ca. 30 minütige Untersuchung werden die Fähigkeiten des bzw. der Patienten/in,

selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können, beurteilt (Vollmann et al., 2008). „Zu

diesen Kompetenzen gehört es, die Krankheit und Behandlung zu verstehen, ihre

Tragweite anzuerkennen, darüber nachzudenken und eine Wahl zu treffen und zu

kommunizieren“ (Vollmann et al., 2008, S. 74).

4.4.1.1 Kritik am “MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment” (MacCAT-T).

Obwohl der MacCAT-T zahlreiche Stärken in der Ermittlung der Einwilligungsfähigkeit

aufweist, sollen doch in diesem Abschnitt auch einige Schwächen und Kritikpunkte

angemerkt werden. Einerseits kann die zu lange Durchführungsdauer kritisiert werden

(Resnick et al., 2007), andererseits auch der intensive Fokus auf ausschließlich kognitive

Aspekte und gleichzeitig der Vernachlässigung der emotionalen Merkmale in Bezug auf

die Einwilligung einer Person (Breden & Vollmann, 2004; Charland, 2009; Vollmann,

2000). An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass Entscheidungsprozesse selten auf

rein rationalen Vorstellungen beruhen, sondern auch Emotionen, Intuitionen und

dergleichen eine große Rolle spielen (Thomae, 1974). Auch Breden und Vollmann (2004)

sind der Ansicht, dass kognitive Fähigkeiten eine notwendige aber keinesfalls hinreichende

Bedingung für Selbstbestimmung sind. Zudem konnte in der Studie von Vollmann, Kühl,

Tilmann, Hartung, und Helmchen aus dem Jahr 2004 keine signifikanten Korrelationen

zwischen der Selbstbestimmungsfähigkeit und den kognitiven Funktionen von

Demenzpatienten/innen gezeigt werden. Sehr wohl gibt es jedoch Untersuchungen wie

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beispielsweise von Marson et al. (1995), welche einzelne kognitive Fähigkeiten als

Einflussfaktoren auf die Einwilligungsfähigkeit bei Personen mit Demenz zeigen konnten,

hierfür bedarf es jedoch noch weiterer Studien mit größerem Stichprobenumfang, um

bessere Aussagen machen zu können. Breden und Vollmann (2004) fordern daher die

Einbeziehung von Emotionen und Werten, welche bisher bei der Operationalisierung des

MacCAT-T noch keine Berücksichtigung fanden. Zudem wird kritisiert, Cut-Off-Werte in

den Subskalen des MacCAT-T anhand der Mittelwerte einer gesunden Kontrollgruppe

abzüglich zweier Standardabweichungen zu bilden, da sich dadurch mehr Personen ohne

Einwilligungsfähigkeit ergeben, als durch ein klinisches Urteil eines erfahrenen Arztes

bzw. einer erfahrenen Ärztin (Breden & Vollmann, 2004). Weitere relevante

Informationen zum Interviewverfahren findet man im Kapitel 11.4.2 in dieser Arbeit.

4.5 Bisherige Forschungsergebnisse in Bezug auf die Diplomarbeitsstudie

Dieses Kapitel soll dazu dienen, dem Leser bzw. der Leserin einen Überblick über

derzeitige Forschungsbestrebungen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen

Selbstbestimmungsfähigkeit bei Personen mit intellektueller Beeinträchtigung zu geben

sowie bisherige Untersuchungsergebnisse hinsichtlich des Wissens von Menschen mit IB

über eigene medizinische Maßnahmen zu präsentieren.

4.5.1 Gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit bei Menschen mit IB.

Angelehnt an die Studie von Cea und Fisher (2003) wurde die vorliegende

Diplomarbeitsstudie entworfen. Daher soll bereits zu Beginn des Abschnitts kurz darauf

eingegangen werden. Die Autorinnen untersuchten die Fähigkeiten von 90 Personen mit

leichter, mittelgradiger und keiner intellektuellen Beeinträchtigung hinsichtlich des

Verständnisses von drei hypothetischen Behandlungs-Vignetten. Zwei der drei Vignetten

wurden auch für die hier vorliegende Untersuchung herangezogen. Genauere

Informationen zu den Vignetten findet man im Kapitel 11.4.3. In dieser Studie fand das

„Assessment of Consent Capacity- Treatment“ Verwendung, welches speziell für diese

Untersuchung entworfen wurde und sich an den vier Entscheidungsstandards nach

Appelbaum und Roth (1982) orientiert. Zusammengefasst fanden Cea und Fisher (2003)

heraus, dass sich die Gruppen (a) Teilnehmer/innen ohne IB und mit mittelgradiger IB und

(b) Personen mit mittelgradiger und geringer IB signifikant bezüglich des Standards eine

Wahl zu kommunizieren unterscheiden. Zudem wurden signifikante Unterschiede

zwischen allen Gruppen gezeigt, wenn es darum ging, sachliche Informationen zu

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verstehen und die Situation als auch die Konsequenzen zu beurteilen. Keine signifikanten

Unterschiede konnten zwischen Personen ohne IB und mit geringer IB bezüglich der

Kommunikation einer Wahl gefunden werden und keine signifikanten Unterschiede

zwischen der Gruppe mit geringer IB und mittelgradiger IB hinsichtlich des Standards

Behandlungsinformationen rational zu manipulieren. Ein Vergleich der Prozentangaben

der gegebenen Antworten der drei Gruppen zeigt, dass sich die Leistungen in allen

Gruppen mit zunehmender Komplexität der Entscheidungsfindung verringerten. Die

meisten Erwachsenen mit geringer und keiner IB und fast die Hälfte der Personen mit

mittelgradiger IB waren fähig, Behandlungsentscheidungen zu treffen und zu begründen

und haben vollständig oder teilweise die Behandlungsinformationen verstanden. Weiters

konnten fast alle Personen ohne IB, 50% mit geringer IB und 18% mit mittelgradiger IB

teilweise die Relevanz der Behandlungswahl bezüglich der Situation des/der fiktiven

Patienten/in einschätzen und die Nutzen der Behandlung mit den Risiken abwägen. Die

Studie zeigt, dass viele Personen mit geringer IB und einige mit mittelgradiger IB fähig

waren, Behandlungsentscheidungen zu treffen und zu begründen sowie die

Entscheidungen, welche in den hypothetischen Vignetten dargestellt wurden, zu verstehen.

Weiters konnte demonstriert werden, dass Personen mit IB sich für oder gegen eine

Behandlungsteilnahme entscheiden können. Fast alle Personen mit geringer IB und die

Hälfte der Personen mit mittelgradiger IB war es möglich, adäquate oder zumindest

teilweise nachvollziehbare Antworten bezüglich sachlicher Informationen über die

Behandlungen zu geben. Laut Tepper und Elwork (1984) sollten daher Ärzte und

Ärztinnen darauf achten, den betroffenen Personen vernünftige Auskunft bezüglich der

Behandlungsmöglichkeiten zu geben und alle relevanten Informationen für „Informed

Consent“ zur Verfügung zu stellen. Im dritten Standard, der das Urteilsvermögen über die

Situation und die Konsequenzen betrifft, zeigten alle drei Gruppen in der Studie von Cea

und Fisher (2003) eine geringere Kompetenz als bei den Standards „eine Wahl zu

kommuniziere“ und „Informationen zu verstehen“. Dennoch demonstrierte die Mehrheit

der Personen mit IB zumindest ein teilweises Verständnis. Alle Gruppen zeigten bei der

rationalen Manipulation von Informationen, der strengsten der vier Standards, die

schlechtesten Ergebnisse.

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4.5.2 Wissen über medizinische Maßnahmen bei Menschen mit IB.

Um jedoch gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit ausüben zu können, ist es

erforderlich, alle notwendigen Informationen für einen „Informed Consent“ durch den/die

behandelnde/n Arzt/Ärztin zu erhalten und zu verstehen.

Jeder Patient bzw. jede Patientin, egal ob mit oder ohne Beeinträchtigung, sollte

Informationen bezüglich der Wirkungsweise der Medikamente, der Gründe für eine

Verschreibung, der Nebeneffekte, der Risiken und Nutzen und der Alternativen bekommen

(Fergueson & Murphy, 2013). Huneke, Gupta, Halder, und Chaudhry (2012) fanden jedoch

in ihrer Studie mit insgesamt 45 Teilnehmer/innen mit intellektueller Beeinträchtigung

heraus, dass das Wissen über die eigene Medikation in dieser Personengruppe, besonders

was die vorgeschlagene Dauer der Einnahme aber auch die Nachteile und den Namen des

Medikaments betrifft, sehr gering ist. Für die Untersuchung wurde ein Fragebogen an

insgesamt 70 Personen mit IB im Einzugsgebiet Salford (Greater Manchester, UK)

gesendet, wobei folgende acht Items abgefragt wurden: Name und Ziel der Medikation,

Dauer der Behandlung, Nutzen der Medikation, mögliche nachteilige Effekte,

Konsequenzen, wenn das Medikament nicht eingenommen wird, und Nahrungsmittel bzw.

Getränke, welche kontraindiziert sind. Diese Items bezogen sich auf das jeweilige

Medikament, welches der/die Patient/in tatsächlich zum Zeitpunkt der Befragung einnahm.

Zudem wurde erhoben, ob der/die Untersuchungsteilnehmer/in in die Behandlung zuvor

eingewilligt hat, wer diese Medikation verschrieben hat, ob die Medikation ohne die

Erlaubnis des/der Patientin/en bereits einmal verändert wurde und ob jemand dem/der

Patienten/in bei Entscheidungen bezüglich der eigenen Medikation hilft (Huneke et al.,

2012). Die Ergebnisse zeigen, dass nur acht der 45 Personen von den zuständigen

Betreuungspersonen als einwilligungsfähig angegeben wurden. Diese acht Personen gaben

an, selbstständig der eigenen medizinischen Behandlung zugestimmt zu haben und ihre

Medikamente ohne Hilfe einzunehmen. Zwei der acht Personen vermerkten jedoch, dass es

bereits vorkam, dass ihre Medikation auch ohne ihre Zustimmung geändert wurde (Huneke

et al., 2012). Bezüglich der anderen 37 Teilnehmer/innen, bei denen die

Betreuungspersonen beurteilten, dass diese nicht über die notwendige

Entscheidungskompetenz verfügen, wurden 19 Personen bei Diskussionen über ihre eigene

Medikation nicht miteinbezogen oder waren unsicher, wer ihnen bei Entscheidungen

bezogen auf die Medikation hilft. Neun Studienteilnehmer/innen gaben an, dass ihnen der

zuständige Arzt bzw. die zuständige Ärztin bei Entscheidungen hinsichtlich ihrer

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Medikation hilft, weitere neun vermerkten, dass dies Betreuungspersonen oder Angehörige

für sie tun (Huneke et al., 2012). Die Autorenschaft fordert daher, dass die

Informationsweitergabe zwischen Arzt/Ärztin und Patient/in mit IB verbessert werden

muss, als auch das Verständnis der betroffenen Personen über die medikamentösen

Behandlungen sorgfältiger überprüft werden soll (Huneke et al., 2012). Arscott und

Kollegen (2000) fanden in ihrer Studie heraus, dass fast alle Teilnehmer/innen mit IB den

Verschreibungszeitpunkt ihres Medikaments, die Konsequenzen, wenn sie das

Medikament nicht einnehmen würden, die Gründe für das Einnehmen als auch die

Wirkung des Medikaments wussten. Wenig Wissen war jedoch in den Bereichen

Nebenwirkungen und alternative Behandlungsmöglichkeiten vorhanden. Heslop, Folkes,

und Rodgers (2005) fanden heraus, dass allgemein sehr wenige Informationen an

betroffene Personen mit IB oder an ihre Betreuungspersonen hinsichtlich der

medizinischen Behandlung gegeben und Entscheidungen eher vom Arzt bzw. der Ärztin

selbst getroffen werden. Diese vorliegenden Ergebnisse wirken sehr erschütternd, wenn

man die Resultate von Beisecker und Beisecker (1990) gegenüberstellt, wo gezeigt werden

konnte, dass die Mehrheit der erwachsenen Menschen sowohl gute als auch schlechte

Informationen über ihren Gesundheitszustand haben möchte und auch über die

vorhandenen Möglichkeiten von medizinischen Eingriffen in Kenntnis gesetzt werden

möchte. Die Informationsarten und die -dichten variieren jedoch je nach Zeitpunkt und je

nach Art der Interaktion mit Ärzten/innen (Cassileth, Zupkis, Sutton-Smith, & March,

1980).

4.6 Faktoren, welche das Treffen von Entscheidungen bei Menschen mit IB

beeinflussen

Laut Goldsmith, Skirton, und Webb (2008) gibt es etliche Berichte, dass die professionelle

Haltung gegenüber Menschen mit IB jene ist, dass diese unfähig sind, eine medizinische

Einwilligung zu geben, obwohl dies gegen ihre Rechte spricht und es bereits einige Belege

dafür gibt, dass dies bei vielen nicht der Fall ist. Äquivalent zu den zuvor erwähnten

Berichten, stellen West und Parent (1992) fest, dass Menschen mit IB häufig beim Treffen

von Entscheidungen in Bezug auf ihre Gesundheit oder ihre Gesundheitsversorgung von

Ärzten/innen und Betreuungspersonen ausgeschlossen werden. Dies ist ihrer Ansicht nach

als ein Resultat organisatorischer Barrieren aber auch aufgrund von negativen Haltungen

gegenüber dieser Personengruppe und weniger aufgrund von Limitationen, ausgelöst durch

die Beeinträchtigung der Personen mit IB, zu sehen. Auch Ferguson et al. (2010) schließen

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sich dieser Ansicht an, indem sie betonen, dass die Exklusion des Individuums mit IB

häufig entsteht, da die im Gesundheitsbereich arbeitenden Personen eher die

Betreuungspersonen befragen, anstatt direkt mit der betroffenen Patienten/innen zu

sprechen. Zudem fanden Keywood, Fovargue, und Flynn (1999) heraus, dass vor allem

Eltern und Betreuungspersonen sich subjektiv eher als die Entscheidungsträger/innen im

Leben der Person mit IB sehen, und dass vielen Personen mit IB gesagt wird, dass sie

keine Wahl hinsichtlich einer bevorstehenden medizinischen Behandlung hätten (Morris,

Niederbuhl, & Mahr (1993).

Weiters werden Informationen häufig nicht adäquat vermittelt, daher kann sich eine Person

mit IB trotz möglicher angestrebter Integration dennoch wenig einbringen, da das

notwendige Verständnis nicht vorhanden ist oder die relevante Information nicht in einer

verständlichen Art und Form vermittelt wird (Ferguson et al., 2010). Generell begegnen

Menschen mit IB in der Gesundheitsversorgung häufig Barrieren, wobei vor allem die

Kommunikation eine wesentliche Schranke darstellt und sowohl den Zugang zu als auch

die Erfahrung mit Einrichtungen beeinflussen kann. Kommunikationsprobleme machen es

Menschen mit IB schwer, ihre gesundheitlichen Bedürfnisse ausreichend zu äußern

(Ferguson et al., 2010). Falls Informationen nicht in umfangreichem Maße und in

adäquater Weiser vermittelt werden, kann es nicht nur dazu beitragen, dass eine Person mit

IB keine Einwilligungsfähigkeit aufbringt, sondern auch, dass sie schlechte Erfahrungen

mit dem Gesundheitssystem macht und dies zu Angst führen kann (Keywood et al., 1999,

zitiert nach Ferguson et al., 2010) oder darüber hinaus sogar zu einer generellen

Vermeidung des Aufsuchens von Gesundheitseinrichtungen (Ferguson et al., 2010). Dye,

Hare, und Hendy (2007) betonen, dass limitierte Möglichkeiten für das Treffen von

Entscheidungen im alltäglichen Leben von Menschen mit IB auch die Kompetenz

verringern, eine Einwilligung in eine medizinische Behandlung geben zu können.

4.7 Zusammenfassung

Das Recht auf Selbstbestimmung und die Möglichkeit des Treffens von Entscheidungen

spielen im Leben von Menschen mit und ohne intellektuelle Beeinträchtigung eine

beachtliche Rolle. Vielen Individuen mit IB ist es heutzutage noch nicht möglich, eigene

Wahlentscheidungen in bestimmten Bereichen ihres Lebens (wie beispielsweise für oder

gegen medizinische Behandlungen) ohne gesetzliche Vertreter/innen zu treffen. In der

Literatur können bis dato viele unterschiedliche Begriffe für die Entscheidungsfähigkeit

wie beispielsweise Selbstbestimmungs- oder Einwilligungsfähigkeit gefunden werden, die

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jedoch schwierig sind, zu definieren und gegeneinander abzugrenzen. Hinzu kommt, dass

es bis heute keine allgemein gültigen Kriterien für Einwilligungsfähigkeit gibt, welche

darüber bestimmen, ob eine Person als einwilligungsfähig oder –unfähig beurteilt wird.

Zudem existieren sehr unterschiedliche Messinstrumente zur Erfassung dieser Kompetenz,

welche sich vorwiegend an einem Standard oder mehreren Standards von Appelbaum und

Grisso (1998) orientieren: (1) „choice“ (2) „understanding“ (3) „rational manipulation of

the information“ und (4) „appreciation“. Bezugnehmend auf die Personengruppe mit

intellektueller Beeinträchtigung konnte in bisherigen Studien gezeigt werden, dass viele

Menschen mit IB fähig sind, medizinische Entscheidungen zu treffen und zu begründen.

Im Gegensatz dazu konnte jedoch berichtet werden, dass sehr häufig

behandlungsspezifische Informationen nicht an die Zielgruppe mit IB weitergegeben

werden, sondern generell noch die Haltung gegenüber dieser Personengruppe in der Praxis

aufrecht ist, dass sie unfähig ist, Entscheidungen selbstständig zu treffen und daher die

notwendigen Infos lediglich an Betreuungspersonen ausgehändigt werden müssen.

Besonders die rechtliche Lage in den verschiedenen Ländern erschwert es Individuen mit

IB, selbstbestimmt und mit größtmöglicher Autonomie Entscheidungen treffen zu können.

Im nächsten Kapitel soll daher auf die Situation in Österreich und in der EU eingegangen

werden, um die positiven und vor allem negativen Aspekte von sogenannten

Vertretungsmodellen aufzuzeigen.

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5. Sachwalterschaft

5.1 Zahlen und Fakten der Sachwalterschaft

In Österreich betrug im Jahr 2009 die Zahl der aufrechten Sachwalterschaften ca. 50.000,

eine Zahl, die sich jedoch seit 2000 um fast 50% erhöht hat (Pilgram, Hanak, Kreiss, &

Neumann, 2009). Betrachtet man die Periode seit dem Inkrafttreten des Sachwalterrechts-

Änderungsgesetzes (kurz SWRÄG) im Jahr 2006 so ist der Anstieg zwischen 2003 und

2007, mit fast 12.000 neu dazugekommenen Sachwalterschaften, besonders hoch (Pilgram

et al., 2009). Wenn man die Bundesländer in Österreich einzeln betrachtet, so ist zu

erkennen, dass in Wien die meisten aufrechten Sachwalterschaften vorherrschend sind,

gefolgt von der Steiermark und Niederösterreich. Oberösterreich, Tirol und Salzburg liegen

dabei am unteren Ende der Skala (Pilgram et al., 2009). Prognosen zufolge soll sich der

Bestand der Sachwalterschaften zwischen den Jahren 2009 und 2020 von ca. 52.000 Ende

2009 auf mindestens 79.000 Personen Ende 2020 erhöhen (Pilgram et al., 2009). Diese

Vorausschau auf die zukünftige Situation in Österreich legt die Frage nahe, wie das Modell

der Sachwalterschaft aufgrund des enormen Anstieges bis 2020 finanziert werden kann

bzw. welche Alternativmodelle eine Sachwalterschaft ersetzen könnten.

5.1.1 Blick auf die Situation in der EU.

Einige EU Mitgliedstaaten haben anerkannt, dass sie ihre Gesetzgebung hinsichtlich der

Rechtslage von Menschen mit IB mit den gegenwärtigen internationalen und europäischen

Standards in Einklang bringen müssen und manche von ihnen haben kürzlich ihr nationales

Gesetzgebungsrahmenmodell für Rechtsfähigkeit, wie beispielsweise England und Wales

(2005), Frankreich (2007) und Deutschland (2009) geändert (European Union Agency for

Fundamental Rights, 2013). Schweden schaffte bereits im Jahr 1989 die totale

Vormundschaft ab. Obwohl die UN-Konvention den Schritt weg vom Vormundschafts-

und Sachwalterschafts-Modell zeigt, weichen in vielen EU Mitgliedsstaaten die

Gesetzestexte, welche die Rechtsfähigkeit von Menschen mit IB bestimmen, bisher noch

deutlich davon ab (European Union Agency for Fundamental Rights, 2013). Eine „Analyse

der European Union Agency for Fundamental Rights“ (2013) weist darauf hin, dass es

zwei typische Modelle für den Entzug der Rechtsfähigkeit bei Menschen mit IB gibt,

welche sich entweder auf die völlige bzw. uneingeschränkte Vormundschaft oder auf die

partielle Vormundschaft beziehen. Beim völligen Entzug der Rechtsfähigkeit der Personen

mit IB wird von einer völligen Vormundschaft gesprochen und ein Stellvertreter bzw. eine

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Stellvertreterin wird für die betroffene Person berufen. Im Fall des teilweisen Verlustes der

Rechtsfähigkeit wird diese nur für spezielle Bereiche bestimmt, in welchen die

Rechtsfähigkeit der Person mit Beeinträchtigung eingeschränkt ist (European Union

Agency for Fundamental Rights, 2013). Die Analysen zeigen weiters, dass die Mehrheit

der EU Mitgliedstaaten unterschiedliche Grade bezüglich des Entzuges der Rechtsfähigkeit

vornehmen, angepasst an die individuelle Situation der Betroffenen. Andere Länder wie

beispielsweise Deutschland und Schweden stellen wiederum Alternativen zur völligen oder

teilweisen Vormundschaft bereit, da andere Unterstützungsmechanismen geschaffen

wurden (European Union Agency for Fundamental Rights, 2013). Deutschland ersetzte die

Vormundschaft durch die sogenannte rechtliche Betreuung im Jahr 1992, wobei die

Besonderheit daran ist, dass die Person, welche eine solche Betreuung erhält, das Recht auf

Selbstbestimmung im größten Ausmaß behält. Die Berufung eines Betreuers bzw. einer

Betreuerin bedeutet nicht gleichzeitig die Restriktion der Rechtsfähigkeit der Person.

Schweden ersetzte die Vormundschaft durch zwei alternative Maßnahmen der

Unterstützung im Jahr 1989. Entweder kann das Gericht einen „god man“ oder einen

„förvaltare“ beauftragen. Der sogenannte „god man“ kann Unterstützung anbieten ohne die

Rechtsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken. Ein „förvaltare“ hingegen wird

bestimmt, wenn ein Individuum nicht fähig ist, auf sich selbst und sein/ihr Eigentum

aufzupassen. Beim zweitgenannten Modell benötigt der „förvaltare“ nicht die Einwilligung

der Person mit Beeinträchtigung um gesetzlich bindende Entscheidungen für diese zu

treffen (European Union Agency for Fundamental Rights, 2013).

Als weiteres Alternativmodell zur Vormundschaft kann das Vereinigte Königreich

angeführt werden, in welchem es „independent mental health advocates“ (IHMAs) gibt,

die unterstützen sollen, dass die Person mit Beeinträchtigung befähigt wird, die

gesetzlichen Rechte zu verstehen und ausüben zu können. Zudem gibt es die „independent

mental capacity advocates“ (IMCAs), welche die betroffene Person repräsentierten und in

Zeiten, in denen kritische Entscheidungen bezüglich der Gesundheit oder der sozialen

Versorgung anfallen, unterstützen sollen. Diese „Vertreter/innen“ werden involviert, wenn

es Menschen an notwendiger Kompetenz mangelt, Entscheidungen selbst zu treffen und

keine Familie oder Freunde eingesetzt werden können, um sie zu repräsentieren. (European

Union Agency for Fundamental Rights, 2013)

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5.2 Beschreibung der Sachwalterschaft in Österreich

Laut Barth und Ganner (2010) ist nach § 268 Abs. 1 im ABGB ein Sachwalter bzw. eine

Sachwalterin für Personen zu bestellen, welche volljährig sind und entweder an einer

psychischen Krankheit leiden oder eine „geistige Behinderung“ haben und aufgrund dessen

einzelne oder alle Angelegenheiten im Leben nicht ohne Gefahr des Nachteils für sich

selber verrichten können. Als wesentliche Merkmale der „geistigen Behinderung“ werden

dabei folgende gesehen (Barth & Ganner, 2010, S. 41):

- vor dem 18. Lebensjahr beginnend

- deutlich unterdurchschnittliche allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit

- bei gleichzeitig gestörter oder eingeschränkter sozialen Anpassungsfähigkeit

Dass eine Person eine intellektuelle Beeinträchtigung hat, genügt aber nicht alleine, dass

ihr ein Sachwalter bzw. eine Sachwalterin bestellt wird (Barth & Ganner, 2010) und die

Bestellung eines Sachwalters bzw. eine Sachwalterin „ist unzulässig, soweit

Angelegenheiten der behinderten Person durch einen anderen gesetzlichen Vertreter oder

im Rahmen einer anderen Hilfe, besonders in der Familie, in Pflegeeinrichtungen, in

Einrichtungen der Behindertenhilfe oder im Rahmen sozialer oder psychosozialer Dienste,

im erforderlichen Ausmaß besorgt werden“ (ABGB, § 268, Abs. 2). Zudem muss eine

Notwendigkeit für eine Sachwalterschaft begründet sein (Müller & Prinz, 2010) und die

betroffene Person darf nicht in der Lage sein, die eigenen Angelegenheiten selbst zu

erledigen, ohne jeglichen Nachteil für sich selbst zu haben (Kolba & Resetarits, 2007).

Am 1. Juli 2007 wurde das bislang gültige Sachwaltergesetz in Österreich durch das

Sachwalterrechts-Änderungsgesetz (kurz SWRÄG) abgelöst (Barth & Ganner, 2010).

Müller und Prinz (2010) führen einige wichtige Änderungen an, welche durch das neue

Gesetz aufgekommen sind. Besonders relevant erscheint, dass Sachwalterschaften durch

das neue Gesetz nun nur mehr für volljährige Personen gelten. Zudem muss ein

persönlicher Kontakt zwischen dem/der beauftragten Sachwalter/in und der betroffenen

Person bestehen (Müller & Prinz, 2010). Als weitere Änderung muss genannt werden, dass

mit dem neuen Gesetz vermehrt die Selbstbestimmung von Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung sowie die Familienautonomie gefördert werden sollen (Zierl, 2007).

Zudem gilt als weitere Erneuerung, dass es ab 2006 eine Beschränkung der

Sachwalterschaften gibt: private Personen nur mehr höchstens fünf Personen, Notare und

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Rechtsanwälte maximal 25 Personen vertreten dürfen (Zierl, 2007). Weiters sind die

sogenannte Vorsorgevollmacht sowie die Vertretungsbefugnis durch den nächsten

Angehörigen zwei Neuerungen bzw. Alternativen zum Sachwaltermodell (Kolba &

Resetarits, 2007) und auch bei einer vorliegenden Patienten/innenverfügung darf ein

Sachwalter bzw. eine Sachwalterin nicht bestellt werden (ABGB, § 268, Abs. 2).

Die Aufgabe der Sachwalterschaft können in Österreich nur bestimmte Personen

übernehmen (Barth & Ganner, 2010), wobei dafür ein Antrag auf eine Bestellung des/der

Sachwalters/in entweder durch die betroffene Person selbst, durch das Pflegeheim, das

Krankenhaus oder über andere Personen, wie beispielsweise nahe Angehörige beim

Gericht gestellt werden muss (Müller & Prinz, 2010). Ein zuständiges Gericht erhebt

anschließend die Lebensumstände der Person mit Beeinträchtigung und alle Bereiche,

welche der betroffene Mensch nicht selbstständig ohne Hilfestellung durchführen kann

(Glanzer, 2009). Falls daran anschließend die Meinung vom Richter bzw. der Richterin

beibehalten wird, dass eine Sachwalterschaft in diesem Fall notwendig ist, wird ein

entsprechendes Verfahren eingeleitet (Kolba & Resetarits, 2007). Wichtig ist an dieser

Stelle jedoch noch einmal zu erwähnen, dass sowohl die Vertretungsbefugnis nächster

Angehöriger als auch eine Vorsorgevollmacht dem Modell der Sachwalterschaft

vorgezogen werden muss (Kolba & Resetarits, 2007).

Für die Bestellung einer bzw. eines Sachwalters/in ist es notwendig, dass ein Gutachten

über die zu besachwalterte Person entweder von einem Facharzt/einer Fachärztin für

Psychiatrie oder Neurologie, einem Internisten/einer Internistin oder einem

Sachverständiger/einer Sachverständigerin angefertigt wird, um die Notwendigkeit für die

Bestellung einer Sachwalterschaft zu bestätigen (Müller & Prinz, 2010).

Zuletzt wird vom Gericht ein schriftlicher Beschluss verfasst, in dem alle wichtigen

Informationen über die Sachwalterschaft (z.B. der Name des/der Sachwalters/in und die zu

erledigenden Angelegenheiten) dokumentiert werden (Kolba & Resetarits, 2007). Dabei

entscheidet ausdrücklich das Gericht, welchen Wirkungskreis der Sachwalter bzw. die

Sachwalterin hat und in welchen Bereichen die Geschäftsfähigkeit der betroffenen Person

eingeschränkt wird (Zierl, 2007). Wichtig ist, dass alle Bereiche schriftlich festgehalten

werden, die der/die Betroffene nun an den Sachwalter bzw. die Sachwalterin abgeben

muss. Die Person mit Beeinträchtigung darf „innerhalb des Wirkungskreises des

Sachwalters ohne dessen ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung

rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten“ (ABGB, § 280, Abs. 1). Falls

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dennoch ohne die Zustimmung des/der beauftragten Sachwalters/in Geschäfte von der

betroffenen Person getätigt werden, so sind diese nicht gültig, wenn die Vertretungsperson

diese im Nachhinein nicht genehmigt (Kolba & Resetarits, 2007).

5.2.1 Aufgaben des/der Sachwalters/in.

Die Aufgabe des Sachwalters bzw. der Sachwalterin können in Österreich einerseits

Angehörige bzw. nahestehende Personen, aber auch Rechtsanwälte, Notare, ehrenamtliche

bzw. hauptberufliche Vereinssachwalter/innen (diese sind in der Regel über Vereine

organisiert, wie beispielsweise der „Verein VertretungsNetz“) und andere geeignete

Personen wie Sozialarbeiter/innen übernehmen (Albert, 2010; Bundesministerium für

Justiz, 2011). Dabei entscheidet das Gericht, wer diese Aufgabe innehaben soll und vor

allem welche der Aufgaben übernommen werden sollen (Bundesministerium für Justiz,

2011). Um die Tätigkeit des/der Sachwalter/in zu übernehmen, gibt es bisher keine

speziellen Ausbildungserfordernisse bzw. Schulungen.

Zu den Pflichten der Personen, welche eine Sachwalterschaft übernommen haben, gehört

es, dass diese dem Menschen mit Beeinträchtigung Hilfestellungen geben und ihn dabei

unterstützen, dass er sein eigenes Leben bewältigen kann (Müller & Prinz, 2010).

Insgesamt können drei zu besorgende Aufgabengebiete unterschieden werden: Persönliche

Angelegenheiten, Vermögenssorge und die Vertretung im privat rechtlichen und öffentlich

rechtlichen Bereich (Zierl, 2007). Welche konkreten Aufgaben vom Richter bzw. der

Richterin an die Vertretungsperson übertragen werden, muss jedoch individuell festgelegt

werden (Bundesministerium für Justiz, 2011). Es gibt die Möglichkeit, dass ein Sachwalter

bzw. eine Sachwalterin entweder nur für eine einzelne Angelegenheiten beauftragt wird,

aber auch für alle Bereiche (Bundesministerium für Justiz, 2011). Das Bundesministerium

für Justiz (2011) erläutert, dass beispielsweise zu den Aufgaben eines Sachwalters bzw.

einer Sachwalterin gehören kann, die betroffenen Personen vor Ämtern, Behörden und

gegenüber privaten Vertragspartnern/innen zu vertreten, oder bei der Verwaltung von

diversen Vermögensangelegenheiten sowie bei der Geltendmachung von finanziellen

Ansprüchen und auch bei der Zustimmung hinsichtlich medizinischer Behandlungen zu

vertreten.

Eine wesentliche Aufgabe betrifft die sogenannte Personensorge, welche zu den

persönlichen Angelegenheiten zählt und sich einerseits auf den persönlichen Kontakt mit

der besachwalterten Person als auch auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung und

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der sozialen bzw. pflegerischen Betreuung bezieht (Barth & Ganner, 2010). Dafür ist es

notwendig, dass der Sachwalter bzw. die Sachwalterin mit der Person mit Beeinträchtigung

persönlichen Kontakt in dem Ausmaß halten muss, wie es je nach Umstand erforderlich ist.

Der Kontakt sollte, wenn nicht bloß einzelne Angelegenheiten besorgt werden müssen,

mindestens einmal im Monat erfolgen (ABGB, § 282). Der Sachwalter bzw. die

Sachwalterin muss dazu immer das Wohl der/des Pflegebefohlenen im Blick haben und

dieses bestmöglich fördern (ABGB, § 275, Abs. 1). Zudem steht ausdrücklich, dass die

Wünsche der betroffenen Person zu berücksichtigen sind, sofern sie dem Wohl des

Individuums entsprechen und es darauf zu achten gilt, dass die betroffene Person ihre

eigenen Lebensverhältnisse nach individuellen Wünschen und Vorstellungen gestalten

kann (ABGB, § 281, Abs. 1). Allgemein versteht man unter Personensorge einerseits die

Entscheidungen bei medizinischen Angelegenheiten, aber auch die Bestimmung des

Wohnorts der betroffenen Person (Zierl, 2007). Wichtig ist, dass der/die Sachwalter/in sich

darum kümmern muss, dass eine angemessene Versorgung unter medizinischer, aber auch

pflegerischer und sozialer bzw. pädagogischer Sicht gewährleistet wird (Müller & Prinz,

2010). Da besonders der Bereich der medizinischen Entscheidungen für diese

Diplomarbeit relevant ist, soll der Fokus im Folgenden darauf gelegt werden. Im

Sachwalterrechts-Änderungsgesetz aus dem Jahr 2006 steht ausdrücklich, dass bei

medizinischen Behandlungen nur die Person selber, ausgenommen sie ist einsichts- und

urteilsunfähig, einwilligen kann. Falls keine Einsichts- und Urteilsunfähigkeit vorliegt, ist

die Zustimmung über den/die Sachwalter/in erforderlich (wenn dies vom Gericht so

festgelegt wurde) (ABGB, § 283, Abs. 1). „Einer medizinischen Behandlung, die

gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen

Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, kann der Sachwalter nur zustimmen,

wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt ein einem ärztlichen Zeugnis

bestätigt, dass die behinderte Person nicht über die erforderliche Einsichts- und

Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung ihres Wohles

erforderlich ist“ (ABGB, § 281, Abs. 2). Im Falle des Nicht-Vorliegens solch eines

Zeugnisses, oder wenn die betroffene Person mit Beeinträchtigung die Behandlung

ablehnt, muss ein Gericht beauftragt werden, welches diesen Sachverhalt prüft und ggf.

eine Zustimmung oder Ablehnung erteilt (ABGB, § 281, Abs. 2).

Diese Einwilligung ist nur in einem Ausnahmefall nicht notwendig, wenn eine Behandlung

solch ein dringendes Ausmaß annimmt, dass das Leben der betroffenen Person gefährdet

werden würde oder eine Gefahr für schwere Schädigungen der Gesundheit bei der Person

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mit Beeinträchtigung bestünde (ABGB, § 281, Abs. 3). Einer Sterilisation des betroffenen

Menschen darf der zuständige bzw. die zuständige Sachwalter/in grundsätzlich nicht

zustimmen, außer „wenn aufgrund eines körperlichen Leidens ohne diesen Eingriff das

Leben oder die Gesundheit der betroffenen Person gefährdet wäre“ (Bundesministerium

für Justiz, 2011, S. 15)

Das zweite Aufgabengebiet im Rahmen einer Sachwalterschaft unter dem Namen der

Vermögenssorge bedeutet, dass der Sachwalter bzw. die Sachwalterin sich um die

finanziellen Angelegenheiten annimmt und sich um die Sicherung des Lebensbedarfs der

Person mit Beeinträchtigung kümmert. Beispielsweise muss der Sachwalter bzw. die

Sachwalterin sich um laufende Kosten kümmern, wie die Bezahlung der Miete, der

Pflegekosten aber auch die Aushändigung des Taschengeldes (Müller & Prinz, 2010).

Als letzter Bereich soll noch der privat rechtliche und öffentlich rechtliche angeführt

werden. Hierzu zählt vor allem der Abschluss von Rechtsgeschäften, wo die beauftragte

Person im Namen des besachwalterten Menschen und zu dessen Vorteil Verträge

abschließen soll (Müller & Prinz, 2010).

5.2.2 Beendigung der Sachwalterschaft.

Grundsätzlich endet eine Sachwalterschaft mit dem Tod der besachwalterten Person

(Bundesministerium für Justiz, 2011). Das Gericht muss jedoch eine/n neuen Sachwalter/in

beauftragen, wenn die derzeit zuständige Person ihre Aufgaben nicht angemessen erfüllt

(Kolba & Resetarits, 2007). Sowohl die betroffene Person selbst, als auch der/die

Sachwalter/in und das Gericht können einen Antrag stellen, um eine laufende

Sachwalterschaft vorzeitig zu beenden (Kolba & Resetarits, 2007). Zudem ist es die Pflicht

des Gerichts, Sachwalter und Sachwalterinnen regelmäßig hinsichtlich ihrer Tätigkeit zu

überprüfen und den Sachverhalt zu klären, ob eine bestehende Sachwalterschaft überhaupt

noch notwendig ist (Kolba & Resetarits, 2007).

5.3 Kritische Anmerkungen zur Sachwalterschaft

In diesem Abschnitt soll ein kurzer, jedoch keinesfalls vollständiger Einblick in mögliche

Problemfelder hinsichtlich einer Sachwalterschaft gegeben werden. Neben dem Problem,

dass Sachwalter und Sachwalterinnen von Menschen (mit intellektueller Beeinträchtigung)

Entscheidungen in verschiedenen Bereichen des Lebens übernehmen und somit die

individuelle Selbstbestimmungsfähigkeit bei den Betroffenen drastisch eingeschränkt wird,

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ist zudem kritisch anzumerken, dass Sachwalter/innen für die Übernahme einer

Sachwalterschaft keinerlei Ausbildung oder Schulung (z.B. hinsichtlich der

Kommunikation mit Menschen mit IB) aufweisen müssen. Weiters muss der Sachverhalt

beleuchtet werden, dass vorwiegend nahestehende Personen die Aufgaben einer

Sachwalterschaft übernehmen. Dies ist zum einen positiv, da man die zu besachwalternde

Person mit IB am besten kennt, kann jedoch auch dazu führen, dass beispielsweise die

volljährige Tochter oder der volljährige Sohn mit IB von den Eltern (welche in dem Fall

Sachwalter sind) immer als schutzbedürftiges Kind gesehen wird und nie als erwachsener

Mensch mit eigenen Bedürfnissen und Rechten.

Zudem zeigt die unklare Formulierung im Gesetz, dass der Kontakt zwischen

Sachwalter/innen und betroffenen Personen, wenn nicht bloß einzelne Angelegenheiten

besorgt werden müssen, mindestens einmal im Monat erfolgen soll (ABGB, § 282), in der

Praxis recht deutlich, dass Sachwalter/innen diese Passage sehr unterschiedlich auffassen

bzw. auslegen und von sehr intensivem Austausch einmal pro Woche bis hin zu fast

keinem Austausch (beispielsweise einmal im Jahr) alle Facetten der Intensität einer

Kontaktaufnahme gegeben sind. Häufig müssen hier Betreuungspersonen als Vermittler

fungieren um überhaupt einen Kontakt zwischen den Beteiligten aufrecht zu erhalten, um

Bedürfnisse der Klienten/innen mit IB zu erfüllen.

Zuletzt soll noch auf die Problematik eingegangen werden, dass das Gericht eine/n neuen

Sachwalter/in beauftragen muss, wenn die derzeit zuständige Person ihre Aufgaben nicht

angemessen erfüllt (Kolba & Resetarits, 2007). Hier ist es die Pflicht des Gerichts,

Sachwalter und Sachwalterinnen regelmäßig hinsichtlich ihrer Tätigkeit zu überprüfen und

den Sachverhalt zu klären, ob eine bestehende Sachwalterschaft überhaupt noch notwendig

ist (Kolba & Resetarits, 2007). Dies wird in der derzeitigen Praxis nur unzureichend und

lediglich auf Basis der schriftlichen Dokumentation der Sachwalter/innen gemacht. Hier

wäre es jedoch erforderlich, dass verstärkt Kontrollen durchgeführt werden und die

Zufriedenheit der Betroffenen mit ihren Sachwalter/innen in regelmäßigen Abständen

erfragt wird. Zudem sollten immer wiederkehrende Überprüfungen stattfinden, in denen

die Notwendigkeit einer Sachwalterschaft kontrolliert wird und die Möglichkeit von

Alternativen den betroffenen Personen mit IB aufgezeigt sowie deren Umsetzbarkeit

durchdacht wird.

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5.4 Bisherige Alternativen zur Sachwalterschaft

Wie bereits zuvor erwähnt gibt es gesetzlich zwei Möglichkeiten um einer

Sachwalterschaft zu entgehen. Einerseits können Menschen mit Beeinträchtigungen beim

Fehlen der erforderlichen Einsichts- und Urteilsfähigkeit auch von nächsten Angehörigen

wie beispielsweise den Eltern, volljährigen Kindern, im gleichen Haushalt lebenden

Ehegatten oder Ehegattinnen usw. (ABGB, § 284c, Abs. 1) bei Rechtsgeschäften des

täglichen Lebens oder zur Deckung des Pflegebedarfs sowie bezüglich der

Geltendmachung von Ansprüchen vertreten werden (ABGB, § 284b, Abs. 1). In folgenden

Bereichen können Menschen mit IB durch nächste Angehörige vertreten werden

(Bundesministerium für Justiz, 2011, S. 6):

- Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens (z.B. Einkauf von Lebensmitteln und Kleidung,

Bezahlung der Miete)

- Rechtsgeschäfte zur Deckung des Pflegebedarfs (z.B. Kauf von Pflegeutensilien,

Organisation einer Pflegekraft)

- Geltendmachung von Ansprüchen, die sich durch Alter, Krankheit oder Behinderung

ergeben (z.B. Pflegegeldantrag, Sozialhilfeantrag, Antrag auf

Rundfunkgebührenbefreiung).

Zu dieser Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen zählt „auch die Zustimmung zu

einer medizinischen Behandlung, sofern diese nicht gewöhnlich mit einer schweren oder

nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit

verbunden ist“ (ABGB, § 284b, Abs. 3).

Als zweite Alternative ist die Vorsorgevollmacht anzuführen. Unter dieser versteht man

eine Vollmacht, „die nach ihrem Inhalt dann wirksam werden soll, wenn der

Vollmachtgeber die zur Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderliche

Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder seine Äußerungsfähigkeit

verliert“ (ABGB, § 284f, Abs. 1) und sie soll als Absicherung dienen, wenn man selbst die

Angelegenheiten nicht mehr besorgen kann (Glanzer, 2009).

Laut Barth (2006) wird bei der Vorsorgevollmacht vom Verlust der Geschäftsfähigkeit

ausgegangen und es wird eine Person des Vertrauens bestimmt, wobei die Bestellung eines

Sachwalters bzw. einer Sachwalterin nicht mehr erforderlich ist. Diese bestimmte Person

soll in Zukunft für die Person mit Beeinträchtigung bestimmte Angelegenheiten erledigen.

Bei schwerwiegenden Vertretungshandlungen, wie beispielsweise bei der Einwilligung in

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kritische medizinische Behandlungen oder bei verwaltungsintensiven

Vermögensangelegenheiten, muss diese Vorsorgevollmacht bei einem/einer Notar/in bzw.

bei einem/einer Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder bei Gericht beantragt werden

(Bundesministerium für Justiz, 2011).

5.5 Zusammenfassung

Die Anzahl erwachsener Menschen, die eine dauerhafte rechtliche Stellvertretung

benötigen, steigt in vielen westlichen Ländern rasant an. Als Konsequenz dieses enormen

Anstiegs geraten die Länder, welche auf Vertretungsmodelle (wie die Sachwalterschaft)

setzen, nun aber in Schwierigkeiten, was die zukünftige Finanzierbarkeit anlangt in heftige

Kritik. Vor allem die UN-Behindertenrechtskonvention, welche die vorherrschenden

Modelle als letztlich immer noch entmündigend und gegen die Autonomie der

hilfebedürftigen Personen ansieht, fordert Unterstützungsmodelle, welche anstelle einer

Sachwalterschaft eingesetzt werden können. Im folgenden Kapitel soll daher auf diese

Konvention näher eingegangen werden, damit die Diskrepanz zwischen den derzeit

vorherrschenden Vertretungsmodellen, wie die der Sachwalterschaft in Österreich, und den

Rechten von Menschen mit Beeinträchtigungen aufgezeigt wird.

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6. UN-Behindertenrechtskonvention

„Die UN-Konvention ist ein internationaler Vertrag, in dem sich die Unterzeichnerstaaten

verpflichten, die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu

schützen und zu gewährleisten“ (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und

Konsumentenschutz, 2014, o.S.). Im Jahr 2008 ist das Land Österreich diesem

Übereinkommen beigetreten und hat diesen Vertrag als auch das Zusatzprotokoll

ratifiziert. „Österreich verpflichtet sich damit völkerrechtlich, die in der UN-Konvention

festgelegten Standards durch österreichische Gesetze umzusetzen und zu gewährleisten“

(Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2014, o.S.). Bis Februar

2014 haben bereits 158 Länder die UN-Konvention unterschrieben (United Nations Treaty

Collection, 2014). In der Konvention werden jedoch keine neuen Menschenrechte für eine

spezielle Gruppen formuliert, sondern man versucht für Menschen mit einer

Beeinträchtigung eine volle sowie gleichberechtigte Inanspruchnahme aller internationalen

Menschenrechte zu ermöglichen, da dies bisher nicht gewährleistet wurde (Aichele, 2008).

Laut Osterkorn (2011) stellt die UN-Konvention ein bedeutendes Rechtsinstrument dar,

welches für die Durchsetzung der Rechte von Personen mit Beeinträchtigung spricht und

damit in Richtung Gleichheit aller Menschen arbeitet. Zur Umsetzung der Konvention

wurde ein Kontrollinstrument, der unabhängige Monitoringausschuss, eingeführt, welcher

Stellungnahmen sowie Empfehlungen für den Bundesbehindertenbeirat hinsichtlich der

Umsetzung der Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der

UN-Konvention formuliert und Überprüfungen der Umsetzung in den jeweiligen Ländern

anstellt (Osterkorn, 2011).

Vor allem der Artikel 12 der UN-Konvention ist für diese Diplomarbeitsstudie von

Bedeutung, daher soll der Fokus im Folgenden darauf gelegt werden. Dieser Artikel mit

dem Titel „Gleiche Anerkennung vor dem Recht“ besagt, dass „die Vertragsstaaten

bekräftigen, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, überall als Rechtssubjekt

anerkannt zu werden“ (Bundeskanzleramt Rechtsinformationssystem, 2008, S. 14). Zudem

müssen alle Staaten, welche den Vertrag unterzeichnet haben, anerkennen, dass

„Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen

Rechts- und Handlungsfähigkeit genießen“ und sie geeignete Maßnahmen treffen, „um

Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der

Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen“

(Bundeskanzleramt Rechtsinformationssystem, 2008, S. 14). Weiters muss sichergestellt

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werden, „dass zu allen die Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit betreffenden

Maßnahmen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen geeignete und

wirksame Sicherungen vorgesehen werden, um Missbräuche zu verhindern“

(Bundeskanzleramt Rechtsinformationssystem, 2008, S. 14f.). Dabei müssen diese

Sicherungen gewährleistet sein „dass bei den Maßnahmen betreffend die Ausübung der

Rechts- und Handlungsfähigkeit die Rechte, der Wille und die Präferenzen der

betreffenden Person geachtet werden“, „es nicht zu Interessenkonflikten und

missbräuchlicher Einflussnahme kommt“, „die Maßnahmen verhältnismäßig und auf die

Umstände der Person zugeschnitten sind“, „sie von möglichst kurzer Dauer sind und dass

sie einer regelmäßigen Überprüfung durch eine zuständige, unabhängige und unparteiische

Behörde oder gerichtliche Stelle unterliegen“ (Bundeskanzleramt

Rechtsinformationssystem, 2008, S. 15). Auch Shirli (2012) betont laut Artikel 12 der UN-

Konvention: „all individuals should have the right to legal capacity“ (S. 2). Um jedoch das

Menschenrecht der Autonomie ausüben zu können, muss es Individuen erlaubt sein, eigene

Entscheidungen treffen und diese kommunizieren zu können (Shirli, 2012). Anhand des

letzten dargestellten Abschnitts wird deutlich, wie sehr das derzeit vorherrschende

Sachwalterschaftsmodell in Österreich gegen die Rechte von Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung spricht, da viele Menschen mit IB bisher weder das Recht besitzen,

überall als Rechtssubjekte anerkannt zu werden, noch die relevante Unterstützung gegeben

wird, um ihnen in allen Lebensbereichen Gleichberechtigung und die Möglichkeit der

Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.

Persönliche Autonomie meint jedoch nicht, dass jemand fähig ist, alles alleine zu tun,

sondern dass alle Menschen die Kontrolle über ihr Leben bekommen sollen und die

Möglichkeit erhalten, Entscheidungen selbstständig zu treffen, welche von anderen

Personen respektiert werden (Council of Europe, 2008). Für die Realisierung dieses Ziels

ist es notwendig, dass Institutionen unterstützte Entscheidungsfindung anstreben, was

wiederum eine große Veränderung in der Wahrnehmung von Menschen mit IB als auch im

Umgang mit dieser Personengruppe sowohl in Familien, bei Experten/innen, bei

Dienstleistungsanbietern und in der allgemeinen Bevölkerung bewirken würde (Shirli,

2012). Ein Blick auf zukünftige alternative Modelle zur Sachwalterschaft folgt im Kapitel

7 in dieser Diplomarbeit.

Seit September 2013 existiert nun auch ein Kommentar des UN-Komitees für die Rechte

der Menschen mit Beeinträchtigungen bezogen auf Artikel 12 der UN-Konvention mit dem

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Titel „Draft General Comment on Article 12 of the Convention - Equal Recognition before

the Law“ (United Nations Human Rights, 2014). Dieser neue UN-Kommentar zeigt laut

Brandstätter (2013) sehr deutlich, dass das Modell der Sachwalterschaft in Österreich

radikal verändert bzw. sogar aufgehoben werden muss und ein neues Modell der

unterstützten Entscheidungsfindung anstelle dessen eingeführt werden soll. Grund für den

UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen diesen neue Kommentar

zu verfassen war, dass bisherige Staatenprüfungen zeigen, dass der Artikel 12 der UN-

Behindertenrechtskonvention nicht richtig verstanden wird. Das Dokument soll nun dazu

dienen, dass die Bedeutung des Artikels hervorgehoben wird und die daraus abgeleiteten

Konsequenzen klargestellt werden (Brandstätter, 2013). Brandstätter (2013) erläutert, dass

Artikel 12 nicht zum Entzug bzw. der Einschränkung der Rechts- und Handlungsfähigkeit

aufgrund intellektueller oder psychosozialer Beeinträchtigung ermächtigt, sondern dazu

verpflichtet, entsprechende Unterstützung für die Ausübung der Rechts- und

Handlungsfähigkeit den Betroffenen zu garantieren. „Die Unterstützung bei der Ausübung

der Rechts- und Handlungsfähigkeit muss die Rechte, den Willen und die Vorlieben der

Person berücksichtigen und darf niemals dazu führen, dass an Stelle der Person

entschieden wird, das heißt sie darf nicht auf eine Vertretung hinauslaufen“ (Brandstätter,

2013, o.S.).

6.1 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurde sehr umfangreich beschrieben, welche Rechte für Menschen mit

(intellektueller) Beeinträchtigung durch die UN-Behindertenrechtskonvention gefordert

werden und wie das derzeit etablierte Modell der Sachwalterschaft in Österreich gegen

diese Rechte spricht. Im nachfolgenden Abschnitt soll nun versucht werden einen

Überblick zu geben, welche Möglichkeiten es bisher anstelle der entmündigenden

Vertretungsmodelle durch Dritte gibt und welche zukünftigen Chancen in der Literatur

angeführt werden. Zudem sollen zwei aktuelle Pilotmodelle vorgestellt werden, welche die

derzeitigen Praxisvorschläge zur unterstützten Entscheidungsfindung sehr gut abbilden.

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7. Zukünftige Alternativen zur Sachwalterschaft

Hinsichtlich der Unterstützung bei Entscheidungen von Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung gibt es heutzutage unterschiedliche Formen (sowohl formell als auch

informell) und diese kennzeichnen sich durch differierende Intensität aus. Unterstützung

kann dabei entweder durch eine oder mehrere Personen (beispielsweise Peers) erfolgen

und diverse Kommunikationshilfsmittel inkludieren (Brandstätter, 2013). Weiters gehört

auch ein universelles Design sowie Barrierefreiheit und die zur Verfügungstellung von

leicht verständlicher Information, beispielsweise bei Behörden oder Banken, dazu

(Brandstätter, 2013). Im Folgenden Kapitel soll zunächst die unterstützte

Entscheidungsfindung dem Leser bzw. der Leserin nähergebracht werden. Daran

anschließend sollen Projekte und Ansätze vorgestellt werden, welche derzeit entwickelt

und erprobt werden, um Alternativen zur Vormund- bzw. Sachwalterschaft in Europa zu

schaffen. Das Kapitel schließt mit möglichen Zukunftsperspektiven und offenen Fragen

auf dem Gebiet der unterstützten Entscheidungsfindung.

7.1 Definition und Abgrenzung der unterstützten Entscheidungsfindung

Unterstützung kann als eine Ressource und als eine Strategie gesehen werden, welche die

menschliche Funktionsfähigkeit steigert (Luckasson et al., 2002, zitiert nach Thompson et

al., 2009). Wir leben in einer ineinandergreifenden Welt, in der jeder Mensch eine

unterschiedliche Vielfalt und Intensität an Unterstützung benötigt, so auch Personen mit

intellektueller Beeinträchtigung (Thompson et al., 2009). Kein Individuum wird jedoch

alle Arten von Unterstützung benötigen, welche derzeit verfügbar sind, sondern der

notwendige Unterstützungsbedarf variiert sowohl quantitativ hinsichtlich der Anzahl an

Unterstützungsarten als auch qualitativ in der Beschaffenheit der Unterstützungsangebote

(Thompson et al., 2009).

Unter dem Begriff des „supported decision-making“, zu Deutsch die unterstützte

Entscheidungsfindung, versteht man, dass eine Unterstützungsperson einen Menschen mit

Beeinträchtigung dazu ermächtigt, eigene Entscheidungen zu treffen und diese zu

kommunizieren (European Union Agency for Fundamental Rights, 2013). Bei diesem

Modell liegt der Fokus immer auf der Person mit Beeinträchtigung und jene wird als die

relevante Entscheidungsperson im gesamten Prozess gesehen. Die Unterstützungsperson

ist dazu da, die Angelegenheit bzw. das vorliegende Problem bei Bedarf zu erläutern und

die Zeichen und Präferenzen der Entscheidungsperson angemessen zu interpretieren. Sogar

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dann, wenn eine Person völlige Unterstützung benötigt, sollte die Unterstützungsperson

den Menschen mit Beeinträchtigung so weit ermächtigen, dass dieser seine Rechtsfähigkeit

in höchstem Maße ausüben kann (European Union Agency for Fundamental Rights, 2013).

Im Gegensatz zum Modell der unterstützten Entscheidungsfindung gibt es auch das

„substituted decision-making- Modell“ (deutsch: stellvertretendes Treffen von

Entscheidungen), welches im Rahmen des Kapitels zur Sachwalterschaft bereits erläutert

wurde. Dieses meint, dass gesetzliche Stellvertreter/innen, Sachwalter/innen oder

Betreuer/innen vom Gericht beauftragt werden, um Entscheidungen im Namen einer

Person mit Beeinträchtigung zu treffen (European Union Agency for Fundamental Rights,

2013). Bei diesem Modell verlieren die betroffenen Personen (fast) alle Bürgerrechte und

der/die Sachwalter/in trifft in einem oder in mehreren bis hin zu allen Bereich/en

gesetzliche Entscheidungen für die Person mit IB. Dies macht es für den betroffenen

Menschen fast unmöglich, eigene Entscheidungen im Leben treffen zu können (European

Union Agency for Fundamental Rights, 2013).

Für eine weitere Begriffsabgrenzung ist es zudem erforderlich den Terminus des „shared

decision-making“ anzuführen, welcher hauptsächlich im medizinischen Bereich verwendet

wird. Dieser bezieht sich, seit seiner Etablierung in den siebziger Jahren (Cassileth et al.,

1980), auf den Versuch, „ein Verhalten zu definieren, das auf einer gleichberechtigten

Partnerschaft zwischen Arzt und Patient beruht, in welcher beide Seiten die Verantwortung

für Entscheidungen und die Durchführung der Therapie tragen“ (Charles, Gafni, &

Whelan, 1997, zitiert nach Scheibler, 2004, S. 9). „Shared decision-making“ kann dabei als

Mittelweg zwischen zwei Modellen verstanden werden. Einerseits dem „informed

decision-making“, wo Ärzte/innen die zu behandelnden Patienten/innen mit ausreichend

relevanten Informationen versorgen und anschließend die (autonome) Entscheidung der

betreffenden Person abwarten müssen, um eine gewünschte medizinische Maßnahme zu

planen. Andererseits das „professional-as-agent Modell“, wo es zwar die Aufgabe vom

Arzt bzw. der Ärztin ist, die Präferenzen von Patienten/innen zu erfragen, Entscheidungen

bezüglich medizinischer Maßnahmen jedoch stellvertretend für die Person getroffen

werden (Scheibler, 2004).

Wie bereits aus dem Kapitel der UN-Konvention abgeleitet werden kann, fordert diese

einen Wechsel vom „substituted decision-making“ hin zu individuell zugeschnittenen

Systemen von Unterstützung im Rahmen unterstützter Entscheidungsfindung (European

Union Agency for Fundamental Rights, 2013).

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Wichtig für eine unterstützte Entscheidungsfindung ist, dass die betroffene Person mit

Unterstützungsbedarf im Fokus steht und es um die Maximierung der individuellen

Selbstbestimmung geht. Zudem richtet sich der Bedarf an Unterstützung ausschließlich

nach den Bedürfnissen der Person mit IB. Darüber hinaus müssen alle

Unterstützungsformen auf den Vorlieben und dem Willen des Individuums mit IB basieren

und die Entscheidung darf nicht über dritte Personen erfolgen (Brandstätter, 2013).

Relevant ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine freie Wahl durch die zu

unterstützende Person erfolgen muss, welche passende Unterstützungsform von ihr

gewählt werden möchte (Brandstätter, 2013). Hierfür ist es notwendig, dass alle Menschen

Zugang zu diesen unterstützenden Entscheidungsangeboten haben und unterschiedliche

bzw. einander ergänzende Möglichkeiten der Hilfe entwickelt und angeboten werden. Bei

der Entwicklung der Unterstützungsmodelle sollte vor allem die Zielgruppe – Menschen

mit IB, Personen mit psychischen Erkrankungen, ältere Menschen und die Gruppe der

Angehörigen – umfangreich miteinbezogen werden (Brandstätter, 2013).

Besonders bei Personen mit IB muss darauf geachtet werden, dass es eventuell notwendig

ist, ähnlich wie beim „Informed Consent“, dass es zu abgewandelten und umfangreichen

Modifikationen hinsichtlich der typischen Vermittlung von Informationen kommen kann,

wie beispielsweis durch die Hinzuziehung von umfangreichen

Kommunikationshilfsmitteln. Jegliche verbale Kommunikation sollte an die kognitiven

Fähigkeiten der betroffenen Person angepasst werden. Beispielsweise muss das verwendete

Vokabular einfach und konkret sein. Zudem sollte der Satzbau einfach sein und

Informationen sollten langsam vermittelt werden, um diese adäquat aufnehmen zu können.

Weiters sollte ausreichend Zeit gegeben werden, um Fragen stellen zu können.

Unterstützungspersonen sollten ähnlich wie Ärzte/innen während des Gesprächs durch die

gegebenen Antworten herausfinden, ob das Verständnis bei der betroffenen Person

vorhanden ist, oder ob es weiterer Klärung des vorliegenden Sachverhaltes bedarf. Zudem

sollte jegliches geschriebene Material in einfacher Sprache präsentiert und verbal übersetzt

werden, um das Verständnis der Personen mit IB zu garantieren. (Des Noyers Hurley &

O´Sullivan, 1999).

Lotan und Ells (2010) erläutern, dass sich viele Menschen vor allem bei bedeutsamen und

komplexen Entscheidungen gerne auf eine Möglichkeit der Unterstützung verlassen und

nur manche Personen in solchen Situationen bevorzugen, alleine zu entscheiden.

Möglicherweise lädt man in einer solchen Phase andere Menschen ein, in diesem

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Entscheidungsprozess mitzuwirken, indem man sie bittet, Informationen bereitzustellen,

emotionale Hilfe zu geben, einen Resonanzboden zu bilden, oder aber individuelle

Empfehlungen auszusprechen (Lotan & Ells, 2010). Manchmal möchte man auch

Entscheidungen an andere Personen abgeben, welchen man vertraut, dass diese im besten

Interesse für die eigene Person handeln. Dieselbe Achtsamkeit und Flexibilität sollte man

laut Lotan und Ells (201) auch Menschen mit IB zukommen lassen, welche vor einer

folgenschweren Entscheidung stehen. Denn Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

haben genauso wie Menschen ohne IB kritische Augenblicke in ihrem Leben, wo sie mit

Entscheidungen konfrontiert werden, welche weitreichende Folgen haben können oder

möglicherweise nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können.

7.2 Beispielprojekte zur unterstützten Entscheidungsfindung

Inclusion Europe veröffentlichte in einem ihrer letzten elektronischen Artikel, verfasst von

Sobekova (2014), Trainingsmöglichkeiten für Peer-Unterstützer/innen mit intellektueller

Beeinträchtigung. Das 2-jährige Projekt namens TOPSIDE, welches von Inclusion Europe

und sechs europäischen Partnerländern seit 2011 entwickelt wurde, hat das Ziel, die

Möglichkeiten von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, eigene Entscheidungen

zu treffen und unabhängig leben zu können, zu erweitern. Hauptaufgabe des Projekts war

bzw. ist es, ein neues Konzept non-formaler Ausbildung mit dem Namen Peer-

Unterstützung zu schaffen (Sobekova, 2014). Mit Hilfe dieses neuen Trainings sollen

Erwachsene mit intellektueller Beeinträchtigung neue Fähigkeiten erlernen, um ihre Peers

bestmöglich im Entscheidungsprozess unterstützen zu können und dazu sollen

professionelle Trainer/innen und Menschen mit IB zusammenarbeiten, um das Training in

allen Phasen konkret vorzubereiten und ein geeignetes Curriculum zu entwerfen

(Sobekova, 2014).

Peer-Unterstützer/in kann jede motivierte Person mit intellektueller Beeinträchtigung

werden, jedoch sollten soziale und kommunikative Fähigkeiten gegeben sein. Im

Mittelpunkt des Projektes steht die Entwicklung eines fähigkeitsbezogenen Curriculums

und dieses soll die Basis für das Lernen darstellen (Sobekova, 2014). Das Training soll

Menschen mit IB helfen, neue Fähigkeiten zu erlernen, um adäquate Peer-Unterstützung

geben zu können und den Entscheidungsprozess besser verstehen zu können. Dies

inkludiert Kommunikationsfähigkeiten (wie beispielsweise Meinungen auszudrücken oder

mit anderen zu interagieren und neue Beziehungen zu knüpfen), soziale Fähigkeiten (wie

beispielsweise Problemlösefähigkeiten und Informationen höflich zu erbeten) und

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bürgerliche Fähigkeiten (wie Höflichkeit und formelle Sprache). Schwerpunkt des

Curriculums ist es, Empathie aufzubauen, die Situation von jemand anderem zu verstehen

und den Fokus auf die Peer-Unterstützung zu lenken (Sobekova, 2014). Das

Trainingsprogramm wurde bis dato in folgenden Ländern getestet: Finnland, Rumänien,

Vereinigtes Königreich, Spanien, Tschechische Republik und in den Niederlanden. Bisher

haben 45 Teilnehmer/innen den Pilotkurs absolviert und mehr als 210 Trainingsstunden

erhalten (Sobekova, 2014). Einer der größten Erfolge ist bis jetzt die Förderung des

Verständnisses von Peer-Unterstützung bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung.

Die Teilnehmer/innen haben verstanden, dass TOPSIDE kein Projekt ist, welches speziell

für sie, sondern eines, das mit ihnen entworfen wurde. Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung als Auszubildende und Peer-Unterstützer/innen sind der Motor des

Projektes. Das Training ermöglicht es aktiv als erwachsener Mensch mit IB mitzuwirken.

Das Ziel der Projektpartnerländer ist es nun, Anerkennung für das TOPSIDE Curriculum

zu bekommen, um schlussendlich einen neuen europäischen Zugang zu Peer-Unterstützung

zu schaffen. Hierfür ist es jedoch notwendig, umfangreiche Forschung zu betreiben, um

Möglichkeiten betreffend des Trainings in anderen Ländern der EU zu identifizieren und

Peer-Unterstützung sowohl lokal als auch national zu etablieren (Sobekova, 2014).

Als zweite alternative Möglichkeit soll an dieser Stelle ein Modellprojekt aus Österreich

namens „Clearing Plus – Unterstützung zur Selbstbestimmung“ vorgestellt werden

(VertretungsNetz, o.J.). Dieses Projekt wurde 2013 vom Bundesministerium für Justiz den

Sachwaltervereinen übergeben und soll bis Ende 2015 laufen. Bereits seit 2006 versuchen

Sachwaltervereine in Österreich mittels Clearing gegen die hohen Sachwalter/innen-Zahlen

anzukämpfen (VertretungsNetz, 2014). Das bisherige Clearing hatte zum Ziel, die

Notwendigkeit von Sachwalterschafter und die damit einhergehenden Beschränkungen der

rechtlichen Handlungsmöglichkeiten von Personen (mit IB) zu prüfen und Alternativen

aufzudecken (VertretungsNetz, 2014). Ziel von Clearing Plus – Unterstützung zur

Selbstbestimmung ist es nun, das bisherige Modell von Clearing auszubauen und zu

erweitern (VertretungsNetz, 2014) und Menschen mit Beeinträchtigungen durch die

Vermittlung von Alternativen zur Sachwalterschaft zu stärken und ihnen größtmögliche

Selbstbestimmung zukommen zu lassen (VertretungsNetz, o.J.). Ein Sachwalter bzw. eine

Sachwalterin sollte nur dann bestellt werden, wenn keine funktionierenden alternativen

Unterstützungssysteme vorherrschend sind. Das Modellprojekt soll dabei als Drehscheibe

fungieren, um den Betroffenen Angebote der unterstützten Entscheidungsfindung

zukommen lassen zu können (VertretungsNetz, o.J.). Vereinssachwalter/innen können in

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diesem Projekt betroffenen Personen bei der Exploration der Situation helfen, sie

informieren und beraten, Motivation durch Hilfe und Selbstbestimmung aufbauen, bei der

Suche nach geeigneten Alternativen zur Sachwalterschaft behilflich sein, Kontakt mit

Institutionen aufnehmen um mögliche Ressourcen abzuklären, Unterstützungsprozesse

koordinieren, den Betroffenen zu selbstständigem Handeln anregen, sowie direkte

Unterstützungsleistungen bieten (Schlaffer, 2013). Bisher wurden an insgesamt 10

Standorten vom VertretungsNetz zusätzliche Ressourcen für dieses Projekt geschaffen und

19 Bezirksgerichten wurde bis dato das Angebot zur Verfügung gestellt (VertretungsNetz,

o.J.).

7.2.1 Weitere Ansätze der unterstützten Entscheidungsfindung.

Neben den bisher genannten Modellen und Projekten gibt es noch weitere Ansätze, welche

zum Themengebiet der unterstützten Entscheidungsfindung gezählt werden können und im

folgenden Kapitel ansatzweise beschrieben werden sollen.

7.2.1.1 Personenzentrierte Planung.

Unter dem Oberbegriff des „Person-Centered-Planing“, zu Deutsch Personenzentrierte

(Zukunfts-) Planung, werden diverse Strategien zusammengefasst, welche Alternativen zu

den bisherigen institutionsorientierten Planungen darstellen (Boban & Hinz, 2009). Doose

(2011) ergänzt, dass der Ansatz eine Vielzahl an methodischen Planungsmöglichkeiten für

Menschen mit und ohne Beeinträchtigung beinhaltet und für Personen gedacht ist, welche

sich mit ihrer eigenen Zukunft auseinandersetzen möchten und Ziele haben, die sie mit

Hilfe eines Unterstützerkreises, welcher nachfolgend noch näher erläutert werden soll,

umsetzen möchten. Dieser Ansatz wurde vorwiegend entwickelt, um Personen mit IB zu

helfen, ihr Leben zu planen. Die betroffenen Menschen werden dabei unterstützt, indem

man sie fragt, was sie möchten, welche Unterstützung dafür benötigt wird und wie sie

diese erhalten können. Der Fokus ist dabei auf den positiven Aspekten des individuellen

Lebens (beispielsweise auf die Talente und Fähigkeiten) gerichtet und nicht darauf, was

diese Personen nicht tun können (European Union Agency for Fundamental Rights, 2013).

Personenzentrierte Planung beginnt bei der Realität der jeweiligen Person, wobei die

Bedeutung des Selbst miteinbezogen, und immer auf den jeweiligen Kontext des

Individuums geachtet wird (Lotan & Ells, 2010). Besonders in den letzten Jahren zeigten

sich durch Seminare, Vorträge und Projekte zum Thema der Personenzentrierten Planung

intensive Bestrebungen um ein bundesweites Netzwerk aufzubauen (Doose, 2011). Um

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jedoch den Ansatz der Personenzentrierten Planung erfolgreich umsetzen zu können, ist es

relevant, dass entsprechende gesellschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen für

Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung geschaffen werden, welche es zulassen,

größtmögliche individuelle Gestaltungsspielräume zu schaffen, um so vermehrt

Wahlmöglichkeiten in den einzelnen Lebensbereichen der Betroffenen zu ermöglichen

(Doose, 2011).

7.2.1.2 Unterstützerkreise.

Der zuvor genannte Unterstützerkreis, oder im Englischen „Circle of Support“, welcher

sich aus einer Gruppe von Familienmitgliedern, Freunden/innen und anderen Menschen

aus der Gemeinschaft zusammensetzt, welche unbezahlt zusammenkommen, um einer

bestimmten Person mit IB zu helfen, ihre persönlichen Ziele im Leben zu planen und in

kleinen Schritten umzusetzen. Für das Gelingen des Unterstützerkreises ist es wichtig, dass

die eingeladenen Personen den Menschen mit IB gut kennen und von der betroffenen

Person selbst ausgewählt wurden. Die Person im Fokus der Aufmerksamkeit darf zudem

entscheiden, wie die Diskussion stattfinden soll. (European Union Agency for

Fundamental Rights, 2013).

7.2.1.3 Unterstützte Kommunikation.

Neben der Unterstützung durch die Miteinbeziehung von wichtigen nahestehenden

Personen, gibt es auch die Möglichkeit der unterstützten Kommunikation, auch als

„augmentative communication“ bzw. alternative Kommunikation bekannt, welche

verschiedene Modi und Zeichensysteme bietet, und sich bei der Auswahl der Systeme nach

den aktuellen und potenziellen Möglichkeiten der Kommunikation der Nutzer/innen richtet

(Ziemen, 2009). Unterschieden werden kann zwischen dynamischen (beispielsweise

Gesten, Mimik, Gebärdensprache usw.) und statischen (beispielsweise reale Objekte,

Fotos, Bilder, Grafiken) Symbolen (Franzkowiak, 1994; zitiert nach Ziemen, 2009).

Besonders bei Symbolsammlungen bzw. -systemen existiert bereits ein sehr umfangreiches

Vokabular, welches den Personen mit IB für eine gute Kommunikation zur Verfügung

gestellt werden kann. Vorteile von Bild- bzw. Symbolsystemen sind, dass sie sich auf die

gesprochene Sprache positiv auswirken können, Frustrationen verhindern können, eine

gute Ergänzung zur gesprochenen Sprache sein können und als Kommunikationshilfe im

Notfall einsetzbar sind (Adam, 1993; zitiert nach Ziemen, 2009). Laut Boenisch (2009)

gibt es drei verschiedene Bereiche der unterstützten Kommunikationen. Erstens gibt es

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körpereigene Kommunikationsmöglichkeiten, wie bereits bei Ziemen (2009) unter dem

Begriff der dynamischen Symbole erläutert wurde. Zweitens gibt es auch

nichtelektronische Kommunikationsmöglichkeiten, wie beispielsweise

Kommunikationstafeln, Zeichen, Schriften oder Kommunikationsbücher. Als dritten

Bereich führt Boenisch (2009) die elektronische Kommunikationshilfe an, welche

sogenannte Talker oder Computer mit Sprachausgabe sind. Solches Unterstützungsmaterial

kann es Personen mit intellektueller Beeinträchtigung ermöglichen, vor allem dann, wenn

verbale Fähigkeiten eingeschränkt sind, eigene Wünsche und Entscheidungen an das

Umfeld mitzuteilen. Zu beachten gilt jedoch, dass dabei die

Kommunikationsmöglichkeiten nicht begrenzt sind, sondern die Kreativität der

Unterstützungspersonen gefordert wird, um immer wieder neue Möglichkeiten der

Kommunikation zu schaffen (Ziemen, 2009). Zudem ist es erforderlich, dass

Unterstützungspersonen hinsichtlich der Verwendung von solchem Hilfsmaterial

ausreichend geschult werden, um den bestmöglichen Umgang mit der betroffenen Person

zu schaffen, als auch mögliche Fehlinterpretationen in der Kommunikation zu reduzieren.

Bisherige Studien haben gezeigt, dass Menschen mit geringer IB vor allem

Schwierigkeiten dabei haben, Behandlungsinformationen adäquat abzuwägen. Fisher,

Bailey, und Willner (2012) sind nun der Ansicht, dass dieses Problem mit Hilfe von

visuellem Unterstützungsmaterial bei der Entscheidungsfindung überwunden werden

könnte. In einer Studie aus dem Jahr 2012 konnten die Autoren zeigen, dass mit Hilfe von

visuellem Hilfsmaterial, einem „visuellen Taschenrechner“, die Leistungen in zwei

„Temporal Discounting Tasks“ gesteigert werden konnten.

7.2.1.4 Training in Bezug auf den Entscheidungsprozess.

Neben den bisher genannten Ansätzen ist es zudem erforderlich, dass sowohl Menschen

mit IB als auch ihre Unterstützungspersonen für den Prozess der Entscheidungsfindung

ausreichend trainiert werden. Bezogen auf die Gruppe der Menschen mit IB konnten

Ferguson und Murphy (2013) in einer Untersuchung mit 28 Personen mit geringer und

mittelgradiger IB zeigen, dass drei Trainingseinheiten, bei denen das

Informationsverständnis für bestimmte Medikationen trainiert wurde, zu einer deutlichen

Verbesserung des „Informed Consent“ bezüglich der jeweiligen Medikamenteneinnahme

beitrugen.

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7.3 Zukunftsperspektiven

Shirli (2012) zeigte in einem systematischen Review von bibliographischen Datenbanken

auf, dass derzeit noch viele offene Fragen auf dem Gebiet der unterstützten

Entscheidungsfindung eine Hürde darstellen, beispielsweise ob dieser Ansatz bei Personen

mit IB immer möglich ist. Bisher wird dieses Modell nur in einigen speziellen Bereichen

bekräftigt, wie beispielsweise im Wohnsetting und am Arbeitsplatz, im Gesundheitsbereich

jedoch noch sehr wenig. Vor allem komplexere oder schwerwiegendere Entscheidungen

werden lieber Betreuungspersonen überlassen. Obwohl Artikel 12 der UN-Konvention sehr

deutlich die unterstützte Entscheidungsfindung propagiert und Betreuungspersonen,

Dienstleitungsanbieter/innen, Entscheidungsträger/innen und Forscher/innen auffordert,

einen Weg zu finden, um unterstützte Entscheidungsfindung allen Individuen zu

ermöglichen, gibt es bis dato noch keine spezifischen Leitfäden um dieses Ziel zu

erreichen oder für Situationen zu bekommen, in welchen Individuen möglicherweise nicht

fähig sind, autonome Entscheidungen zu treffen (Shirli, 2012). Zusammengefasst zeigte

Shirli (2012), dass es bei der Umsetzung der unterstützten Entscheidungsfindung noch

viele Probleme in unterschiedlichen Entscheidungsbereichen gibt und derzeit noch ein

Mangel am Eingebundensein von Personen mit IB besteht, jedoch die Notwendigkeit

besteht, unterstützte Entscheidungsfindung für Menschen mit IB in unterschiedlichen

Bereichen zu fördern.

Bisher gibt es nur wenig Theorie und Forschung darüber, welche Fähigkeiten bzw.

Fertigkeiten sich Individuen mit IB aneignen müssen, um Entscheidungen bestmöglich

treffen zu können (Hickson & Khemka, 1999). Wichtig ist in diesem Zusammenhang ist

auch das Training und die Ausbildung von Personen mit IB, um bessere

Entscheidungskompetenzen erwerben zu können. Dieser Prozess inkludiert, dass den

Betroffenen Elemente der (persönlichen) Ziel-Planung und der Selbstregulation sowie die

Förderung von Selbstbestimmung beigebracht werden (Shirli, 2012). Hierfür soll auf das

Modellprojekt TOPSIDE in dieser Arbeit verwiesen werden, welches erstmalig die

Schulung wichtiger Entscheidungskompetenzen für Menschen mit IB im Fokus hat.

Zudem muss die Betreuung und Hilfe für Menschen mit IB so zugeschnitten werden, dass

sie wirkliche Wahlentscheidungen und Selbstbestimmung erlauben, dies benötigt jedoch

flexibleren Umgang in der täglichen Routine, um den individuellen

Entscheidungsmöglichkeiten gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang ist auch die

Personenzentrierte Planung von großer Bedeutung, welche es ermöglicht, individuelle

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Träume und Hoffnungen der Personen mit IB zu verstehen und die Bedingungen zu

schaffen um diese bestmöglich umzusetzen (Shirli, 2012).

Weiters sollten Betreuungspersonen (sowohl Familienmitglieder als auch das Personal in

Institutionen) das notwendige Wissen und die relevanten Fähigkeiten in einer Schulung

erhalten, um mit Menschen mit IB bestmöglich kommunizieren zu können und darüber

hinaus die notwendige Unterstützung geben zu können. Vor allem visuelles Material kann

dabei helfen, das Verstehen von Informationen hinsichtlich einer Entscheidung zu fördern.

Ein wichtiger Punkt wird zudem von Shirli (2012) angeführt, welcher fordert, dass es

Menschen mit IB in Zukunft erlaubt sein soll, Fehler zu machen, um daraus wichtige

Lernmöglichkeiten für sich selber zu schaffen. Hierfür werden jedoch die notwendigen

gesetzlichen Änderungen benötigt sowie die Entwicklung und Etablierung von geeigneten

unterstützenden Maßnahmen um dieses Ziel erreichen zu können.

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8. Resümee des theoretischen Hintergrundes

Einerseits ist die Untersuchung der Fähigkeit, um „Informed Consent“ für medizinische

Behandlungen zu geben, sehr komplex, andererseits besteht die Notwendigkeit, dass

Personen mit intellektueller Beeinträchtigung ihr individuelles Recht erhalten, eigene

Entscheidungen in allen Bereichen des Lebens treffen zu können, aber auch, dass diese vor

jeglichem Nachteil für sich selber geschützt werden müssen (Wong et al., 1999). Im

theoretischen Hintergrund dieser Arbeit konnte zusammenfassend gezeigt werden, dass

bisherige Studien betonen, dass viele Menschen mit geringer IB und einige mit

mittelgradiger IB fähig sind, eigene Behandlungsentscheidungen zu treffen, zu begründen

und zu verstehen. Im Gegensatz dazu konnte jedoch auch demonstriert werden, dass vielen

Personen zum Beispiel im medizinischen Bereich das Wissen über die eigene Medikation

fehlt, besonders was die vorgeschlagene Dauer der Einnahme aber auch die Nachteile der

Behandlung betrifft und dies daraus resultiert, weil viele Menschen mit IB nicht in den

medizinischen Entscheidungsprozess miteinbezogen werden und in der Praxis häufig noch

die Ansicht vertreten wird, dass diese Personengruppe nicht entscheidungsfähig ist.

Bisher gibt es noch keine deutschsprachige Studie, welche die Gruppenunterschiede

zwischen Menschen ohne und mit IB in verschiedenen Betreuungssettings hinsichtlich der

gesundheitsbezogenen Selbstbestimmungsfähigkeit ergründet, dies soll daher mithilfe der

vorliegenden Untersuchung geändert werden.

Weiters konnte im Theorieteil dieser Arbeit veranschaulicht werden, dass die Fähigkeit,

Entscheidungen zu treffen, besser mit den exekutiven Funktionen von Menschen mit IB

vorhergesagt werden kann, als mit Hilfe von IQ-Werten und sich ein progressiver Abfall

der exekutiven Leistungen mit zunehmendem Schweregrad der Beeinträchtigung

feststellen lässt. Darüber hinaus wird in der Literatur berichtet, dass exekutive Funktionen

für einige Fähigkeitsbereiche hinsichtlich der Einwilligungskompetenz signifikante

Prädiktoren darstellen. Mithilfe der hier beschriebenen Studie soll dieser Frage zudem

nachgegangen werden, in wie weit exekutiven Funktionen eine Prädiktorrolle für die

gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit zugesprochen werden kann.

Laut der UN-Behindertenrechtskonvention sollen Menschen mit IB das Recht erhalten,

vielseitige Unterstützungsmöglichkeiten in Bezug auf das Treffen von Entscheidungen

unter besonderer Berücksichtigung des medizinischen Bereichs zu erhalten. Bisherige

Vertretungsmodelle, wie beispielsweise jenes der Sachwalterschaft in Österreich, werden

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vor allem von der UN-Konvention noch immer als entmündigend angesehen und sprechen

deutlich gegen die Rechte von Individuen mit IB. Diese Konvention fordert daher für

Menschen mit IB Alternativen, wie die der unterstützten Entscheidungsfindung,

anzubieten, welche dieser Personengruppe ermöglichen, ihr Recht zu entscheiden in allen

Belangen des Lebens ausüben zu können. Im Rahmen der vorliegenden

Diplomarbeitsstudie soll daher versucht werden, den Einfluss einer Unterstützungsperson

auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit von Menschen mit IB in teil-

und vollbetreuten Wohnsettings zu ermitteln, um hinsichtlich der Fragestellung, ob

zukünftige Modelle der unterstützten Entscheidungsfindung sinnvoll sind und zu erhöhter

Selbstbestimmung bei den Betroffenen hinsichtlich medizinischer Entscheidungsfragen

beitragen können, beantworten und mögliche Umsetzungsstrategien diskutieren zu können.

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EMPIRISCHER TEIL

9. Zielsetzung der Studie

Im Rahmen dieser Diplomarbeitsstudie soll vor allem die gesundheitsbezogene

Selbstbestimmungsfähigkeit (anhand der vier Standards aus dem MacCAT-T:

Informationsverständnis, Krankheits- und Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und eine

Wahl treffen) und die exekutiven Funktionen bei Menschen mit und ohne intellektuelle

Beeinträchtigung in unterschiedlichen Betreuungsverhältnissen (keine Betreuung= KG,

Teilbetreuung= VG2 und Vollbetreuung= VG1) sowie der Einfluss einer

Unterstützungsperson (UP) auf die Entscheidungsfähigkeit der Personen mit IB betrachtet

werden. Bisher hat sich im deutschsprachigen Raum noch keine Studie mit dieser

Thematik beschäftigt, daher kann die vorliegende Untersuchung als eine Pilotstudie

betrachtet werden.

In Anlehnung an die im Jahr 2003 publizierte Studie von Cea und Fisher, welche die

Einwilligungsfähigkeit bei Menschen mit leichter, mittelgradiger und keiner intellektuellen

Beeinträchtigung mittels dreier hypothetischer Behandlungs-Vignetten in New York

untersucht haben, wurden zwei der drei verwendeten Falldarstellungen auch in dieser hier

vorliegenden Studie genutzt. Hierfür war es notwendig, die zwei Vignetten in die deutsche

Sprache zu übersetzen und an das „MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment“

(kurz MacCAT-T), welches ein häufig verwendetes, strukturiertes Interviewverfahren zur

Erfassung der Einwilligungsfähigkeit darstellt, geringfügig anzupassen. Dieses Inventar

ermöglicht es, die Fähigkeiten von Personen hinsichtlich des Treffens von Entscheidungen

zu erheben, um zu überprüfen, ob die Testperson die Kompetenz aufweist, um in eine

Behandlung einzuwilligen (Grisso & Appelbaum, 1998). Mit Hilfe des MacCAT-T werden

insgesamt vier Kompetenzen erhoben; Informationsverständnis, Krankheits- und

Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und eine Wahl treffen zu können (Grisso &

Appelbaum, 1998). Für die vorliegende Untersuchung konnte die deutsche Übersetzung

des MacCAT-T von Vollmann (1996; 1998) verwendet werden.

Den zweiten Fokus dieser Arbeit stellt die Betrachtung der exekutiven Funktionen bei

Menschen mit und ohne intellektuelle Beeinträchtigung sowie die mögliche

Vorhersagekraft von diesen auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit dar.

Hierfür wurde angelehnt an die Studie von Sgaramella et al. (2012) die „Frontal

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Assessment Battery“ (FAB; Dubois et al., 2000), jedoch in der deutschen Form der FAB-D

von Benke und Kollegen (2013) den Interviewpersonen vorgegeben.

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10. Fragestellungen und dazugehörige Hypothesen

Unter Berücksichtigung der bisherigen Forschungsergebnisse, welche im theoretischen

Teil dieser Arbeit intensiv beleuchtet wurden, werden im folgenden Kapitel die daraus

abgeleiteten Fragestellungen und Hypothesen formuliert. In dieser Diplomarbeit werden

ungerichtete Hypothesen bevorzugt, da sich bis dato im deutschsprachigen Raum noch

kein/e Forscher/in mit dieser Thematik beschäftigt hat und daher die Untersuchung als

Pilotstudie anzusehen ist.

10.1 Fragestellung 1

Gibt es einen signifikanten Unterschied in der Selbstbestimmungsfähigkeit bei

gesundheitsbezogenen Entscheidungen zwischen den drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut

und keine Betreuung) in den Standards (1) Informationsverständnis (2) Krankheits- und

Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen und (4) eine Wahl zu treffen?

H0: Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Selbstbestimmungsfähigkeit bei

gesundheitsbezogenen Entscheidungen zwischen den drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut

und keine Betreuung) in den Standards (1) Informationsverständnis (2) Krankheits- und

Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen und (4) eine Wahl zu treffen.

H1: Es gibt einen signifikanten Unterschied in der Selbstbestimmungsfähigkeit bei

gesundheitsbezogenen Entscheidungen zwischen den drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut

und keine Betreuung) in den Standards (1) Informationsverständnis (2) Krankheits- und

Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen und (4) eine Wahl zu treffen.

10.2 Fragestellung 2

Gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen der Bedingung mit einer

Unterstützungsperson und der Bedingung ohne eine Unterstützungsperson bei den zwei

Gruppen (vollbetreut und teilbetreut) in Bezug auf die Selbstbestimmungsfähigkeit bei

gesundheitsbezogenen Entscheidungen in den Standards (1) Informationsverständnis (2)

Krankheits- und Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen und (4) eine Wahl zu treffen?

H0: Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen der Bedingung mit einer

Unterstützungsperson und der Bedingung ohne eine Unterstützungsperson bei den zwei

Gruppen (vollbetreut und teilbetreut) in Bezug auf die Selbstbestimmungsfähigkeit bei

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gesundheitsbezogenen Entscheidungen in den Standards (1) Informationsverständnis (2)

Krankheits- und Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen und (4) eine Wahl zu treffen.

H1: Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen der Bedingung mit einer

Unterstützungsperson und der Bedingung ohne eine Unterstützungsperson bei den zwei

Gruppen (vollbetreut und teilbetreut) in Bezug auf die Selbstbestimmungsfähigkeit bei

gesundheitsbezogenen Entscheidungen in den Standards (1) Informationsverständnis (2)

Krankheits- und Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen und (4) eine Wahl zu treffen.

10.3 Fragestellung 3

Gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut

und keine Betreuung) hinsichtlich den sechs exekutiven Funktionen sowie hinsichtlich des

Gesamtwerts aus der FAB-D?

H0: Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (vollbetreut,

teilbetreut und keine Betreuung) hinsichtlich den sechs exekutiven Funktionen und des

Gesamtwerts aus der FAB-D.

H1: Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (vollbetreut,

teilbetreut und keine Betreuung) hinsichtlich den sechs exekutiven Funktionen und des

Gesamtwerts aus der FAB-D.

10.4 Fragestellung 4

Gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut

und keine Betreuung) hinsichtlich der drei Bereiche der exekutiven Funktionen (Kognition,

Kontrolle und motorische Programme) aus der FAB-D?

H0: Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (vollbetreut,

teilbetreut und keine Betreuung) hinsichtlich der drei Bereiche der exekutiven Funktionen

(Kognition, Kontrolle und motorische Programme) aus der FAB-D.

H1: Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (vollbetreut,

teilbetreut und keine Betreuung) hinsichtlich der drei Bereiche der exekutiven Funktionen

(Kognition, Kontrolle und motorische Programme) aus der FAB-D.

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10.5 Fragestellung 5

Gibt es einen signifikanten Einfluss der exekutiven Funktionen auf die

Selbstbestimmungsfähigkeit bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen in den Standards

(1) Informationsverständnis (2) Krankheits- und Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen

und (4) eine Wahl zu treffen?

H0: Es gibt keinen signifikanten Einfluss der exekutiven Funktionen auf die

Selbstbestimmungsfähigkeit bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen in den Standards

(1) Informationsverständnis (2) Krankheits- und Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen

und (4) eine Wahl zu treffen.

H1: Es gibt einen signifikanten Einfluss der exekutiven Funktionen auf die

Selbstbestimmungsfähigkeit bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen in den Standards

(1) Informationsverständnis (2) Krankheits- und Behandlungseinsicht (3) Urteilsvermögen

und (4) eine Wahl zu treffen.

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11. Methoden

11.1 Studiendesign und Erhebungsablauf

Für die vorliegende empirische Untersuchung wurden insgesamt zwei

Untersuchungsbedingungen (einmal mit der Anwesenheit einer Unterstützungsperson und

einmal ohne) bei der Versuchsgruppe mit IB gewählt, wodurch sich für das

Untersuchungsdesign zwei Messzeitpunkte ergaben. Bei der Kontrollgruppe (Menschen

ohne intellektuelle Beeinträchtigung) wurden beide Interviews ohne Unterstützungsperson

durchgeführt, jedoch auch beide Behandlungsvignetten vorgegeben, was wiederum zu

zwei Messzeitpunkten führt. Die Phase der Datenerhebung erstreckte sich von Mitte

November 2013 bis Ende Jänner 2014. Die Erhebung startete mit einer kleinen Pilotphase,

in der insgesamt drei Personen mit intellektueller Beeinträchtigung und vier Personen ohne

IB erstmals das Interview vorgegeben bekommen haben und von der Studienleiterin vor

allem auf die Verständlichkeit der Fallvignetten und der Fragen im Interview geachtet

wurde. Aufgrund der problematischen Erkenntnisse (auf welche in Kapitel 11.4.3 näher

eingegangen wird) wurde daran anschließend ein spezielles geschlechteradaptives visuelles

Material zur Unterstützung vor allem für die Zielgruppe der Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung entworfen. Die erste Vorgabe des neu entworfenen Interviews fand Ende

November statt.

Jeder Person wurden an einem Testzeitpunkt insgesamt zwei hypothetische Fallvignetten

aus dem „Assessment of Consent Capacity-Treatment“ (Cea & Fisher, 1999) in zufälliger

Reihenfolge vorgegeben. Nach jeder Vorgabe wurden die Fragen aus dem MacCAT-T

gestellt und die Interviewperson wurde gebeten, mithilfe des visuellen

Unterstützungsmaterials Antworten zu geben. Bei der Vorgabe der zwei hypothetischen

Vignetten wurde besonders darauf geachtet, dass das Geschlecht der geschilderten

Patienten/innen an das Geschlecht der Interviewpersonen angepasst wurde, damit sich die

Teilnehmer und Teilnehmerinnen besser mit der jeweiligen fiktiven Person, welcher eine

medizinische Behandlung vorgeschlagen wird, identifizieren konnten. Zudem wurden

beide Vignetten zufällig zu den beiden Interviewbedingungen (einmal mit und einmal ohne

Unterstützungsperson) zugeteilt und es wurde darauf geachtet, dass die

Unterstützungsbedingungen auch in zufälliger Reihenfolge stattgefunden haben. Weiters

wurde jeder Person mit und ohne IB die FAB-D (Benke et al., 2013) entweder zu Beginn

oder am Ende der Testung vorgelegt. Hierbei wurde darauf geachtet, dass die

Teilnehmer/innen keine Ermüdungseffekte zeigten. Gegebenenfalls wurde vor der Vorgabe

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der FAB-D eine kurze Pause gemacht. Zudem war es den Interviewpersonen möglich, auch

während der beiden Interviewbedingungen eine Pause einzulegen.

Für ein besseres Verständnis soll folgende Tabelle das Studiendesign noch einmal präzise

veranschaulichen.

Tabelle 2

Studiendesign im Überblick

Gruppen

1. Messzeitpunkt

(1. MZP)

2. Messzeitpunkt

(2. MZP)

Kontrollgruppe

(KG)

Vorgabe 1.

Fallvignette

(ohne UP )

Vorgabe 2.

Fallvignette

(ohne UP) Vorgabe

der FAB-

D bei

allen

Gruppen

ohne UP

(entweder

vor MZP

1 oder

nach

MZP2)

Interview

(MacCAT-T)

Interview

(MacCAT-T)

Teilbetreuung

(VG1)

Vorgabe 1.

Fallvignette

(ohne UP)

Vorgabe 2.

Fallvignette

(mit UP)

Interview

(MacCAT-T)

Interview

(MacCAT-T)

Vollbetreuung

(VG2)

Vorgabe 1.

Fallvignette

(ohne UP)

Vorgabe 2.

Fallvignette

(mit UP)

Interview

(MacCAT-T)

Interview

(MacCAT-T)

Zufällige Zuteilung der hypothetischen Fallvignetten

bei allen 3 Gruppen sowie der 2

Unterstützungsbedingungen bei VG1 und VG2

ohne Unterstützungsperson (ohne UP) und mit Unterstützungsperson (mit UP)

Zufällige Zuteilung

Zufällige Zuteilung

Zufällige Zuteilung

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Bereits bei der Studienvorstellung über die Bereichsleiter/innen und Betreuer/innen wurde

das „Informed Consent“ der Interviewteilnehmer/innen eingeholt, jedoch auch zu Beginn

der Testung noch einmal ausdrücklich auf alle wesentlichen Punkte bezüglich einer

korrekten Einwilligung, welche auch im Kapitel 12.3 angesprochen werden, hingewiesen.

Der Ort der Erhebung war meist das Zimmer der jeweiligen Interviewperson, eine ruhigere

Ecke in einem Gemeinschaftsraum oder ein Extrazimmer in der Einrichtung, welches für

die Zeitspanne der Befragung zur Verfügung gestellt wurde.

11.2 Zielgruppe der wissenschaftlichen Studie

Für diese wissenschaftliche Untersuchung wurden Personen mit und ohne intellektuelle

Beeinträchtigung in vier Bundesländern (Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und

Salzburg) in Österreich rekrutiert. Vorab wurden verschiedene größere und kleinere

Institutionen, welche Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in Österreich

betreuen, per Email angeschrieben und die Studie wurde den Leiterinnen und Leitern in

einem kurzen Schreiben vorgestellt. Zusammengefasst zeigten sich sechs Institutionen

bzw. Vereine (Lebenshilfe Wien, Oberösterreich und Salzburg, Verein für

Gemeinwesenintegration und Normalisierung, Jugend am Werk und der

Oberösterreichische Zivil-Invalidenverband) an dieser Diplomarbeitsstudie interessiert und

gaben Informationen an die Wohnhäuser weiter bzw. konnten bereits eruieren, welche

Personen in den Einrichtungen an einem Interview Interesse zeigen. Die genaue

Beschreibung der Stichprobe folgt im Kapitel 12.1.

Als Ausschlusskriterium für diese Studie wurde vorab festgelegt, dass keine

Demenzdiagnose bzw. auch kein Verdacht auf einen dementiellen Abbau sowohl in der

Versuchs- als auch in der Kontrollgruppe vorliegen darf. Für die Altersbeschränkung in der

Gruppe der Menschen mit IB lehnte man sich an eine der größten repräsentativen Studien

in der Population der Menschen mit Down Syndrom aus den Niederlanden an, welche

insgesamt 506 Personen mit Down Syndrom untersuchte und herausfand, dass die

Prävalenzraten bis zu einem Alter von 49 Jahren bei den betreffenden Personen bei ca. 9%

liegen, zwischen den Jahren 50 und 54 jedoch bereits auf 17.7% ansteigen und zwischen

55 und 59 bei 32.1% liegen (Coppus et al., 2006). Bezüglich der Prävalenzzahlen in der

allgemeinen Bevölkerung ist zu sagen, dass 5 bis 8% der Menschen über 65 Jahren von

Demenz betroffen sind, 15 bis 20% der Individuen über 75 Jahren und bis zu 50% der

Menschen über 85 Jahren (Duthey, 2013). Aufgrund dieser Werte wurde vorab

beschlossen, dass Personen in der Gruppe der Menschen mit IB ab 55 Jahren und

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Interviewpartner/innen ohne IB ab einem Alter von 65 Jahren nicht in die Stichprobe

einzubeziehen.

Weiters wurde zuvor entschieden, dass es für die Durchführung der Interviews essentiell

ist, dass sich alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen ausreichend verbal äußern können (als

Kriterium hierfür wurde auf die Einschätzungen der zuständigen Betreuungspersonen in

den jeweiligen Einrichtungen zurückgegriffen) und keine diagnostizierten psychischen

Störungen vorliegen, welche ein Interview unzumutbar machen würden. Falls einer der

beiden zuvor genannten Punkte bei einer Interviewperson zugetroffen hat, so wurde diese

aus der Stichprobe ausgeschlossen. Von insgesamt 69 Interviewpersonen mussten aufgrund

der zuvor gesetzten Altersgrenzen neun Personen für die statistische Auswertung

ausgeschlossen werden und es konnten somit von insgesamt 60 Personen die Daten für die

Auswertung verwendet werden.

11.3 Ethische Kriterien der Durchführung

Heutzutage werden Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung immer häufiger in den

Forschungsprozess miteinbezogen, daher ist es bei empirischen Studien, ähnlich wie in

dieser Diplomarbeitsstudie, umso wichtiger, dass ethische Fragen, welche, wie im

vorliegenden Fall, das Interviewen von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

betreffen, bereits bei der Planung der Studie bedacht werden (Perry, 2004). Es sollte

reflektiert werden, dass man die Zeit der betroffenen Personen in Anspruch nimmt und

persönliche Informationen bzw. Meinungen miteinbezieht. Unethisch wäre es, eine

Teilnahme von Personen mit IB zu erbitten, wenn das letztendliche Ziel der Studie nicht

auch das Ziel verfolgt, die generelle Situation von Menschen mit IB zu verbessern (Perry,

2004). Da im Falle der hier dargestellten Studie vor allem die Verbesserung der Situation

von Menschen mit IB im Blickfeld ist, kann davon ausgegangen werden, dass unter diesem

Gesichtspunkt die Studie als ethisch akzeptabel zu betrachten ist. Auch Bortz und Döring

(2006) reflektieren verschiedene Aspekte, welche für eine ethisch unbedenkliche

Untersuchung wichtig sind. Vor allem sollte bei der Planung und Durchführung der Studie

darauf geachtet werden, dass es zu keiner Verletzung der Privatsphäre der befragten

Personen kommt sowie zu keinerlei psychischen Belastung durch die Inhalte, welche

erfragt werden (Bortz & Döring, 2006). Bereits bei der Planung der vorliegenden Studie

wurde dabei auf die Vermeidung beider Aspekte großen Wert gelegt. Auch Perry (2004)

und Bortz und Döring (2006) sind der Ansicht, dass die betroffene Interviewperson vorab

informiert werden muss, dass alle Daten vertraulich behandelt werden und die Anonymität

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gewährleistet wird. Dieser Anspruch wurde auch in der hier beschriebenen Diplomarbeit

stets beachtet. Um die Anonymität und den Datenschutz zu gewährleisten, wurden keine

vollständigen Namen der Klienten/innen eingeholt, sondern ausschließlich Codes

(bestehend aus zwei Nummern und zwei Ziffern) notiert, sowie im Anschluss an die

Untersuchung keine Rückmeldung zu den Ergebnissen einzelner Teilnehmer und

Teilnehmerinnen gegeben.

Zudem ist es sehr wichtig, dass bevor die Einwilligung der Person eingeholt wird, das Ziel

der Studie in einfacher und klarer Sprache erläutert wird, und welche Bedeutung eine

Teilnahme bzw. Nicht-Teilnahme an der Studie haben könnte. Teilnehmer/innen sollten

jedoch keinesfalls überredet werden und es dürfen keine nachteiligen Folgen bei einem

Ausstieg aus der Studie auftreten. Zudem sollen alle Informationen für eine Einwilligung

auch verbal präsentiert werden, wenn die Person nicht lesen oder schreiben kann und alle

Personen sollen die Möglichkeit erhalten Fragen zu stellen (Perry, 2004). Bezüglich der

Einwilligung der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung wurden vorab alle

wichtigen Informationen zur Studie allen Wohnbereichsleitern und –leiterinnen präsentiert

sowie ein Schreiben in einfacher Sprache und mit Bildmaterial für die Bewohner und

Bewohnerinnen ausgehändigt. Bei Interesse an einer Studienteilnahme wurden die

relevanten Informationen von den Bereichsleitern/innen an die Bezugsbetreuer und –

betreuerinnen in den einzelnen Einrichtungen weitergeleitet und gebeten, dass der Wunsch

für eine Teilnahme von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in der jeweiligen

Einrichtung erhoben wird. Dazu wurde das vorgefertigte Schreiben in einfacher Sprache

mit visuellem Bildmaterial ausgehändigt sowie in klarer Sprache durch die

Bezugsbetreuer/innen die Einwilligung der Klienten/innen eingeholt. Am Tag der

Interviews wurde zudem durch die Studienleiterin die Einwilligung von jeder bzw. jedem

Interviewpartner/in erneut verbal eingeholt. Hierzu war es notwendig, die Studie noch

einmal in einfacher und klarer Sprache zu erläutern sowie verständlich auszudrücken, dass

ein Abbruch des Interviews jederzeit möglich ist und keine negativen Konsequenzen

folgen würden. Alle Informationen wurden verbal präsentiert, da viele Personen aus der

Versuchsgruppe nicht lesen und/oder schreiben konnten. Es wurde hier besonders darauf

geachtet, dass die Interviewpartner und –partnerinnen genug Zeit bekommen haben, um

Fragen zu stellen und die Studienleiterin besser kennenzulernen. Auch Perry (2004) führt

an, dass es bei Menschen mit und ohne intellektuelle Beeinträchtigung generell eine

gewisse Ängstlichkeit am Beginn eines Interviews gibt und es wichtig ist, dass man nicht

sofort mit den eigentlichen Fragen beginnt, sondern sich ein paar Minuten Zeit nimmt, um

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eine entspannte Gesprächssituation zu schaffen. Zudem sollte man sich selbst kurz

vorstellen und die wichtigsten Eckdaten der Untersuchung noch einmal erläutern (Perry,

2004).

Um psychische und körperliche Beeinträchtigungen durch das Interview zu vermeiden

(Bortz & Döring, 2006), wurde besonders darauf geachtet, dass die Datenerhebung in einer

ungestörten Atmosphäre (wie beispielsweise dem Zimmer der/des Klienten/in oder in

einem separaten Raum) stattfinden konnte und die Befragungszeit maximal eine Stunde

betrug, mit der Option auf benötigte Pausen.

11.4 Beschreibung der Erhebungsinstrumente

Inhalt des folgenden Kapitels ist die Beschreibung aller verwendeten

Erhebungsinstrumente, welche im Rahmen der Datensammlung genützt wurden. Alle

Unterlagen können auch im Anhang dieser Arbeit eingesehen werden.

11.4.1 Soziodemographischer Fragebogen.

Ein eigens erstellter Fragebogen wurde allen Studienteilnehmern und

Studienteilnehmerinnen zur Feststellung der soziodemographischen Daten vorgelegt.

Dieser Fragebogen wurde gemeinsam mit allen partizipierenden Personen ausgefüllt,

zudem wurde darauf geachtet, dass bei der Gruppe mit intellektueller Beeinträchtigung

beim Ausfüllen auch eine Unterstützungsperson anwesend war. Zu Beginn des

Fragebogens wurde sowohl schriftlich als auch mündlich noch einmal ausdrücklich

erläutert, dass sämtliche Angaben selbstverständlich vertraulich behandelt werden und

ausschließlich statistischen Zwecken dienen, um die Gesamtheit aller Teilnehmer/innen

besser beschreiben zu können. Anschließend wurden folgende Daten erfragt: Alter,

Geschlecht, Herkunftsland, aktueller Familienstand, aktuelle Wohnsituation, höchste

abgeschlossene Ausbildung, Erwerbstätigkeit, diagnostizierte psychische Erkrankungen,

sowie Angaben zu einer möglichen Sachwalterschaft. Bei Bejahung der letzten Frage

wurde zudem nach den Vertretungsbereichen und der Person des/der zuständigen

Sachwalters/in gefragt und zuletzt noch gebeten, Auskunft über die Zufriedenheit mit

dem/der Sachwalters/in auf einer 5-stufigen Skala (mit den Antwortalternativen: „sehr

unzufrieden“, „unzufrieden“, „weder noch“, „zufrieden“ und „sehr zufrieden“) zu geben

und das subjektive Gefühl des Miteinbezogenwerdens bei anstehenden Entscheidungen

ebenso auf einer 5-stufigen Skala (von „gar nicht“ bis „sehr“) einzuschätzen. Bei den

letzten beiden Fragen wurde eine Ratingskala mit einer verbalen Charakterisierung von

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numerischen Abstufungen vorgenommen (Bortz & Döring, 2006). Zudem wurde darauf

geachtet, dass die Interviewteilnehmer/innen die Möglichkeit durch eine ungeradzahlige

Ratingskala mit einer neutralen Mittelkategorie erhalten, bei unsicheren Urteilen

ausweichen zu können (Bortz & Döring, 2006). Rohrmann (1978) erläutert, dass 5-stufige

Skalen in der Feldforschung am häufigsten präferiert werden (zitiert nach Bortz & Döring,

2006). In den verwendeten soziodemographischen Fragebogen kann im Anhang der

vorliegenden Arbeit Einsicht genommen werden.

11.4.2 “MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment” (MacCAT-T).

Wie bereits im Kapitel 4.4.1 erläutert, ist das „MacArthur Competence Assessment Tool

for Treatment“ (kurz MacCAT-T) ein strukturiertes Interviewverfahren, welches die

Fähigkeiten von Patienten/innen für das Treffen von Entscheidungen zu erheben

ermöglicht, um zu überprüfen, ob die betreffende Person die Kompetenz hat in eine

Behandlung einzuwilligen (Grisso & Appelbaum, 1998).

Der MacCAT-T ist das finale Produkt, welches aus dem „MacArthur Civil Competence

Project“, einem Forschungsprogramm zum „Informed Consent“ und zu

Entscheidungskompetenzen von Patienten/innen zwischen 1989 bis 1997, entstanden ist

(Grisso & Appelbaum, 1998). Laut Grisso und Appelbaum (1998) gibt dieses

Interviewinstrument Ärzten/innen und anderen im Gesundheitsbereich arbeitenden

Berufsgruppen praktikable Richtlinien, um die Kompetenzen für das Treffen von

Entscheidungen im Kontext des „Informed Consent“ für eine Behandlung zu erheben. Die

Fähigkeiten der Patienten/innen sollen in insgesamt vier Bereichen erhoben werden (Grisso

& Appelbaum, 1998, S. 1f.):

1) “Understanding of treatment-related information, focusing on categories of

information that must be disclosed as required by the law of informed consent

2) Appreciation of the significance of the information for the patient`s situation, focusing

on the nature of the disorder and the possibility that treatment could be beneficial.

3) Reasoning in the process of deciding upon treatment, focusing on the ability to

compare alternatives in light of their consequences, including the ability to draw inferences

about the impact of the alternatives on the patient`s everyday life.

4) Expressing a choice about treatment.”

Das Informationsverständnis der befragten Person wird überprüft, indem dem Patienten

bzw. der Patientin alle notwendigen Fachinformationen unter der Benennung des Wesens,

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der Nutzen, der Risiken und der Alternativen vermittelt werden. Anschließend wird die

Person vom Untersucher bzw. der Untersucherin gebeten, alle erhaltenen Informationen

mit eigenen Worten wiederzugegeben und dabei werden die gegebenen Antworten

entsprechend der Kriterien, die aus der Anleitung des Instruments entnommen werden

können, mit Punkten bewertet (Vollmann et al., 2008).

Anschließend wird das Urteilsvermögen überprüft. Dies besteht aus einer Aussprache

zwischen Arzt/Ärztin und Patient/in, wobei vor allem das Vorhandensein oder das Fehlen

der Fähigkeit bewertet wird, spezifische Konsequenzen aus den möglichen

Behandlungsalternativen zu ziehen (Vollmann et al., 2008). Dabei stehen verschiedene

Aspekte der Entscheidungsfindung im Fokus der Untersuchung, wie beispielsweise das

Bedenken der Folgen oder der Vergleich zwischen verschiedenen Möglichkeiten usw.

(Vollmann et al., 2008).

Die Prüfung der Krankheits- und Behandlungseinsicht, welche aus zwei Teilen besteht,

dient zur Feststellung, ob der Patient bzw. die Patientin die erhaltene Diagnose bzw. deren

Symptome anerkennt und er bzw. sie glaubt, dass diese Befunde auch tatsächlich auf die

Situation adäquat zutreffen. Anschließend wird gefragt, ob die betroffene Person

anerkennt, dass eine entsprechende Therapie bzw. eine medikamentöse Behandlung auch

tatsächlich einen Nutzen bringen kann (die sogenannte Behandlungseinsicht). Dabei wird

nur eine Beeinträchtigung festgestellt, wenn unlogische, bizarre oder wahnhafte Annahmen

von der befragten Person geäußert werden. Zuletzt wird dem Patienten bzw. der Patientin

noch die Frage gestellt, ob sich diese/r für oder gegen eine Behandlung entscheidet.

Wichtig beim MacCAT-T ist, dass alle Antworten in allen Abschnitten in Protokollform

wortgetreu dokumentiert werden und folgendermaßen ausgewertet werden: Zwei Punkte

werden vergeben, wenn adäquate Antworten gegeben werden, ein Punkt, wenn die

Antworten nur teilweise ausreichend sind und null Punkte für unzureichende Antworten

Es stehen jedoch keine Cut-Off- Werte zur Verfügung, welche über eine mögliche

Kompetenz oder Inkompetenz hinsichtlich der vier Fähigkeiten Aufschluss geben und

zudem gibt es keinen Total-Score, bei dem alle vier Werte der vier Standards

zusammengezählt werden (Grisso & Appelbaum, 1998). Dies ist wichtig, da die vier

erhaltenen Werte der vier Entscheidungsbereiche des MacCAT-T immer im

Zusammenhang mit anderen wichtigen klinischen Informationen bzw. Hintergrund- Daten

gesehen werden dürfen und nicht direkt in die Beurteilung der rechtlichen

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Einwilligungs(un)fähigkeit übertragen werden können (Grisso & Appelbaum, 1998).

Vollmann übersetzte 1996 bzw. 1998 die MacCAT-T Record Form ins Deutsche

(Vollmann et al., 2008) und diese wurde auch für die hier präsentierte Studie verwendet.

11.4.3 Hypothetische Behandlungsvignetten.

Für die hier beschriebene Studie wurden zwei hypothetische und standardisierte

Fallvignetten aus dem „Assessment of Consent Capacity-Treatment“ (Cea & Fisher, 1999)

ausgewählt, ins Deutsche übersetzt, geringfügig ergänzt und anschließend verwendet.

Diese hypothetischen Fallvignetten wurden für die Studie mit dem Titel „Health care

decision-making by adults with mental retardation“ (Cea & Fisher, 2003) speziell für die

Gruppe der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und anhand der

Einwilligungsstandards nach Appelbaum und Roth entworfen. Alle

Behandlungssituationen repräsentieren risikoarme Wahlentscheidungen (Cea & Fisher,

2003). Die erste übernommene Vignette behandelt eine psychopharmakologische

Behandlung gegen aggressives Verhalten und die zweite eine medizinische Behandlung bei

einer Allergie. Die Auswahl für diese zwei Vignetten erfolgte aufgrund dessen, dass die

dritte mögliche Fallbeschreibung (eine zahnärztliche Behandlung für eine Zahlspange),

welche von Cea und Fisher (1999) entwickelt wurde, nach Ansicht der Autorin dieser

Diplomarbeit nicht für alle Personen heutzutage eine wirklich notwendige medizinische

Behandlung darstellt und bei einigen Personen zu einem Leidensdruck führen kann, jedoch

nicht bei allen. Die Entscheidung fiel daher auf die zwei anderen zuvor beschriebenen

Fallvignetten, welche wirkliche medizinische Probleme beinhalten, die im Alltag der

fiktiven Personen gravierende Folgen verursachen.

Beide Fallgeschichten wurden von der Autorin der Diplomarbeitsstudie als auch von einer

zweiten unabhängigen Person ins Deutsche übersetzt. Anschließend wurden beide

vorläufigen Übersetzungen Satz für Satz miteinander und nochmals mit der englischen

Originalversion verglichen. Nach einem intensiven Austausch der beiden

Übersetzungspersonen, in welchem sowohl Kritik als auch Anmerkungen und

Verbesserungsvorschläge als Kommentare vermerkt wurden, konnte man sich auf eine

gemeinsame Version einigen (siehe Anhang 6).

Aufgrund zeitlicher Ressourcen war es für diese Arbeit jedoch nicht möglich, beide

Vignetten erneut von zwei unabhängigen Personen ins Englische rück zu übersetzen.

Anhand dieses Schrittes könnte man ggf. Unklarheiten, welche im Zuge des

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Übersetzungsprozesses aufgetreten wären, aufzeigen und anschließend mit der

Originalversion abgleichen. Als vorletzten Schritt im Übersetzungsprozess wäre es

sinnvoll eine Experten/innen-Kommission zu organisieren, welche sich aus

Spezialisten/innen aus verschiedenen Fachbereichen zusammensetzen und zu einzelnen

Übersetzungsteams zusammenzuführen. Aus dieser Kommission sollte die finale Version

der Übersetzung hervorgehen, welche in ersten Pilotstudien geprüft werden sollte. In der

letzten Phase wäre es die Aufgabe des Entwicklers bzw. der Entwicklerin zu überprüfen,

ob die letztgültige Übersetzung und der Prozess akzeptable waren bzw. sind.

Für die zwei Fallbeschreibungen, welche im Rahmen dieser Diplomarbeitsstudie

verwendet wurden, war es in Hinblick auf die spätere Vorgabe des MacCAT-T notwendig,

bei jeder Vignette kleine Ergänzungen vorzunehmen, um für das spätere Interview mehr

fiktive Krankheitsmerkmale zur Auswahl zu haben. Bei der Allergievignette wurden

folgende Sätze zusätzlich eingefügt: „Anna/Paul geht daher im Frühling und Sommer nur

selten aus dem Haus und möchte nicht mir ihren/seinen Freunden im Garten sein“. „Sie/er

ist auch sehr müde in der Arbeit“ und „Zudem kann der Arm nach jeder Spritze jucken

oder eine rote Farbe haben“. In der Aggressives-Verhalten-Vignette wurden folgende

Ergänzungen vorgenommen: „… und er/sie verliert viele Freunde“ und „Man weiß jedoch

jetzt noch nicht, wie gut dieses Medikament bei Georg/Laura wirkt“.

In einer kurzen Pilotphase vorab der eigentlichen Studie, in welcher besonders auf das

Verständnis der übersetzten Fallvignetten und auf die Fragen aus dem MacCAT-T geachtet

wurde, und bei der drei Personen mit intellektueller Beeinträchtigung sowie vier Personen

ohne IB rekrutiert werden konnten, wurde festgestellt, dass die Durchführung der

Interviews in dieser vorläufigen Form nur sehr schwer für Menschen mit IB möglich war.

Einerseits war es vor allem für die drei Personen mit IB problematisch, sich die

vielseitigen Informationen aus den Behandlungsvignetten über einen gewissen Zeitraum zu

merken, als auch das notwendige Einfühlungsvermögen für die Situation der fiktiven

Menschen aufzubringen und sich über eine längere Zeitspanne mit den dargebotenen

Behandlungssituationen zu beschäftigen. Personen der Kontrollgruppe ohne IB zeigten

hierbei keinerlei Probleme und konnten die präsentierten Informationen nach individueller

Rückmeldung gut verstehen und nach Einschätzung der Studienleiterin adäquat

wiedergeben. Aufgrund dieser Schwierigkeiten in der Gruppe der Menschen mit

intellektueller Beeinträchtigung sowie aufgrund von diversen Studienergebnissen (siehe

Fisher et al., 2012), welche herausfanden, dass visuelles Hilfsmaterial die Leistungen

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hinsichtlich des Treffens von Entscheidungen bedeutend beeinflussen kann, wurde auch

für diese Diplomarbeitsuntersuchung ein umfangreiches visuelles Material angefertigt. Der

gesamte Inhalt der insgesamt vier Behandlungsvignetten (zwei Falldarstellungen für jedes

Geschlecht) wurde mithilfe von fotografischem Bildmaterial sowie mit einfachen und

konkreten Begriffen, besonders für die Zielgruppe, welche auch eine Lesekompetenz

aufweist, versucht darzustellen. Diese Hilfsunterlagen wurden jedoch nur ergänzend zur

verbalen Präsentation der Behandlungsvignetten herangezogen. Das bedeutet, dass alle

Informationen sowohl verbal als auch visuell bzw. mithilfe von einfachen geschriebenen

Begriffen, den Personen mit und ohne IB im Rahmen der hier beschriebenen

Diplomarbeitsstudie präsentiert wurden. Insgesamt vier Personen ohne IB wurde dieses

Unterstützungsmaterial vorab gezeigt und es wurde anschließend bewertet und diskutiert,

wie gut die verschiedenen Bilder die einzelnen verbalen Informationen wiederspiegeln und

ergänzen. Zusammenfassend wurde das visuelle Hilfsmaterial als sehr unterstützend und

positiv beschrieben, dennoch zeigten sich im Rahmen der Evaluation einige

Verbesserungsvorschläge, welche bei zukünftigen Untersuchungen bedacht werden sollten.

Vor allem das Bildmaterial zu den beiden Behandlungsvignetten, welche medizinische

Maßnahmen für eine Allergie betrachten, wurde von den vier Personen ohne IB als

deutlich besser und nachvollziehbarer beschrieben, als das visuelle Material für eine

Behandlung bei aggressivem Verhalten. Bereits bei der Entwicklung des Bildmaterials fiel

der Untersuchungsleiterin auf, dass sich die zwei zur Verfügung gestellten Personen,

welche den Inhalt der Vignetten wiederzugeben versuchten, deutlich leichter bei der

Darstellung der Allergie-Problematik taten, als der Akteur und die Akteurin, welche das

aggressive Verhalten zeigen sollten. Von den vier Personen wurde zudem kritisch

angemerkt, dass manche Inhalte, wie beispielsweise die Dauer einer Behandlung bzw. der

vorgeschlagene Einnahmezeitpunkt des Medikaments, nicht auch visuell, sondern nur

anhand von Begriffen dargestellt wurden. Als Verbesserungsmaßnahme wäre es hier

sinnvoll, beispielsweise ein Kalenderblatt bzw. den Sonnenstand (Sonnenaufgang und –

untergang) bildlich darzustellen, anhand dessen der Interviewperson ersichtlich wird, wie

lange die vorgeschlagene Behandlung andauert bzw. wann das Medikament (entweder in

Tabletten- oder Spritzenform) eingenommen bzw. verabreicht werden muss. Zudem wurde

betont, dass noch mehr auf den Gesichtsausdruck der Akteure/innen bei der Erstellung des

Materials geachtet werden sollte, besonders was die Darstellung des aggressiven

Verhaltens betrifft. Weiters sollten mehrere Personen für die Präsentation verschiedener

Inhalte miteinbezogen werden, wie beispielsweise bei der Darstellung der Problematik,

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dass die fiktive Person mit Arbeitskollegen/innen streitet. Insgesamt wurde jedoch der

Großteil der Bilder als verständlich und unterstützend empfunden, was die ergänzende

Vorgabe beim Interview im Rahmen dieser Diplomarbeitsstudie gerechtfertigt hat.

11.4.4 “Frontal Assessment Battery” (deutsche Version; FAB-D).

Die „Frontal Assessment Battery“ (FAB; Dubois et al., 2000) ist eine kurz durchführbare

kognitive und Verhaltens-Batterie, welche wichtige Bereiche der exekutiven Funktionen

untersuchen soll und insgesamt aus sechs Untertests besteht, welche die folgenden Aspekte

abdecken: Konzeptualisierung, mentale Flexibilität, motorische Programme, Sensitivität

für Beeinflussungen, Hemmkontrolle und Umweltautonomie. Für die Durchführung

benötigt man ungefähr 10 Minuten (Dubois et al., 2000).

Laut den Autoren gehen derzeitige Theorien davon aus, dass die Frontallappen im

menschlichen Gehirn folgende Bereiche beeinflussen: Konzeptualisierung, abstraktes

Denken, mentale Flexibilität, motorische Programme, exekutive Kontrolle über

Handlungen, Resistenz für Beeinflussbarkeit, Selbstregulation, Hemmkontrolle und die

Umweltautonomie (Grafman, 1994; Lhermitte, Derouesné, & Signoret, 1972; Luria, 1966;

Milner, & Petrides, 1984; Stuss & Benson, 1986; Stuss, Eskes, & Foster, 1994; zitiert nach

Dubois et al., 2000). Jeder dieser Prozesse ist notwendig, um angemessenes zielgerichtetes

Verhalten durchführen zu können und für die Anpassung des subjektiven Verhaltens in

neuen oder schwierigen Situationen, welche mit dem präfrontalen Kortex verbunden sind.

Aus diesem Grund wurden von den Testautoren sechs Untertests entwickelt, jeder

verbunden mit den zuvor genannten Funktionen hinsichtlich der Frontallappen (Dubois et

al., 2000).

Laut Sgaramella et al. (2012) ist die Beurteilung der exekutiven Funktionen nicht nur für

die Diagnose von Gehirnbeeinträchtigungen hilfreich, sondern auch für deren Veränderung

über die Zeit sowie darüber hinaus auch für die Beschreibung der Fähigkeiten von

Individuen, adaptive Antwortreaktionen auf die Umwelt zu entwickeln und zu

koordinieren. Die verringerte Entwicklung der EF wurde auch bei Menschen mit IB in

unterschiedlichem Alter und aufgrund unterschiedlicher Ätiologie bereits nachgewiesen

(Sgaramella et al., 2012). Die Rolle der exekutiven Dysfunktionen bei

Entwicklungsstörungen wie Autismus oder bei ADHS konnte in bisherigen Studien die

Wichtigkeit der angemessenen Entwicklung von exekutiven Funktionen auch bei jungen

Kindern demonstrieren (Happé, Booth, Charlton, & Hughes, 2006; Ozonoff et al., 2004).

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Jüngste Studien konnten bei Menschen mit Down Syndrom eine Bandbreite an exekutiven

Defiziten nachweisen (Lanfranchi, Jerman, Dal Pont, Alberti, & Vianello, 2010; Rowe,

Lavender, & Turk, 2006), hingegen bei Untersuchungen zum Williams Syndrom eher

unbeeinträchtigte Komponenten gezeigt werden (Menghini, Addona, Costanzo, & Vicari,

2010). Willner und Kollegen (2010a) konnten in einer kürzlich präsentierten

Validationsstudie zweier Batterien zu den exekutiven Funktionen zeigen, dass die Struktur

der EF bei Personen mit IB ähnlich jener der allgemeinen Bevölkerung ist.

Im Folgenden sollen nun die sechs Untertests der FAB genauer beschrieben werden

(Dubois et al., 2000).

1) Konzeptualisierung

Das abstrakte Denken eines Menschen ist vor allem bei Frontallappenläsionen

beeinträchtigt (Lhermitte et al., 1972; zitiert nach Dubois et al., 2000). Diese Funktion wird

heutzutage mit Hilfe von Kartensortier-Aufgaben (wie dem Wisconsin Card Sorting Test),

Sprichwortinterpretationen oder der Aufgabe, Ähnlichkeiten zu finden, erhoben (Lezak,

1995; Dubois et al., 2000). In der FAB müssen Teilnehmer/innen die Verbindungen

zwischen zwei Objekten derselben Kategorie finden (beispielsweise bei einem Apfel und

einer Banane). Besonders Personen mit Frontallappendysfunktionen können hier keinen

abstrakten Link zwischen den Items (z.B. Früchte oder Obst) herstellen, sondern bleiben

bei konkreten Aspekten der zwei Objekte hängen (wie beispielsweise, dass beide gelb

sind) oder können möglicherweise gar keine Verbindung der Begriffe finden (Dubois et al.,

2000).

2) Mentale Flexibilität

Diese geht davon aus, dass Menschen mit Frontallappenläsionen vor allem in Situationen,

welche keine Routine aufweisen, beeinträchtigt sind, in welchen selbstorganisierte

kognitive Strategien gebildet werden müssen (Shallice, 1988; Vérin et al., 1993; zitiert

nach Dubois et al., 2000). Wortflüssigkeitstests sind ungewohnt, erfordern

selbstorganisiertes Abrufen vom semantischen Gedächtnis und sind zudem für den/die

Untersucher/in leicht zu berechnen. In diesem Aufgabenbereich müssen die

Teilnehmer/innen so viele Wörter wie möglich innerhalb einer Minute nennen, welche mit

einem bestimmten Buchstaben beginnen (Dubois et al., 2000).

3) Motorische Programme

Patienten/innen mit Frontallappenläsionen sind bei Aufgaben, welche die zeitliche

Organisation, Aufrechterhaltung und Ausführung von erfolgreichen Handlungen betrifft,

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beeinträchtigt (Jason, 1986; zitiert nach Dubois et al., 2000; Luria, 1966; Milner &

Petrides, 1984). In Lurias motorischen Serien (der Wiedergabe von drei Vorgaben mit der

Hand: Faust, Handkante und Handfläche), können weniger ernst beeinträchtigte

Patienten/innen die korrekte Abfolge der Serie nicht zeigen, wobei Menschen mit

schweren Beeinträchtigungen bereits im Lernstadium scheitern. In diesem Subtest wird die

motorische Serie von Luria durch den Untersucher bzw. die Untersucherin zuerst

vorgezeigt und anschließend wird die betroffene Person gebeten, alleine die korrekte

Abfolge vorzuzeigen (Dubois et al., 2000).

4) Sensitivität für Beeinflussungen

Defizite in der Verhaltensregulation können bei Aufgaben mit verbalen Anordnungen,

welche mit sensorischer Information in Konflikt stehen, untersucht werden. Dies trifft vor

allem beim Stroop Test zu, wo Personen die Farben von Begriffen nennen müssen,

während sie die Tendenz, diese Wörter zu lesen, unterdrücken müssen. Dies passiert auch

bei konflikthaften Instruktionen, in welchen der/die Teilnehmer/in konträre

Antwortreaktionen zu den gezeigten Signalen des/der Untersuchers/in zeigen muss-

beispielsweise, wenn der/ die Untersucher/in zweimal auf den Tisch klopft, darf der/die

Betroffene nur einmal klopfen. Menschen mit Frontallappenläsionen scheitern bei solchen

Aufgaben und zeigen häufig dieselben Bewegungen bzw. imitieren den/die Untersucher/in

anstatt konträre Verhaltensweisen zu zeigen (Stuss & Benson, 1986, zitiert nach Dubois et

al., 2000).

5) Hemmkontrolle

Die Zurückbehaltung von Antwortreaktionen ist meist für Patienten/innen mit

Beeinträchtigungen des ventralen Teils der Frontallappen schwierig (Rolls, Hornak, Wade,

& McGrath, 1994; zitiert nach Dubois et al., 2000). Dieses Problem, impulsives Verhalten

zu kontrollieren, kann mit Aufgaben, welche dem Go- No Go Prinzip folgen und

Teilnehmer/innen ihre Antwortreaktionen hemmen müssen, erklärt werden (Drewe, 1975;

zitiert nach Dubois et al., 2000). Als Beispiel kann an dieser Stelle angeführt werden, dass

wenn der/die Untersucher/in zwei Mal auf den Tisch klopft, die zu untersuchende Person

nicht klopfen darf.

6) Umweltautonomie

Patienten/innen mit Frontallappenläsionen sind häufig von Hinweisreizen aus der Umwelt

enorm abhängig (Lhermitte, Pillon, & Serdaru, 1986; zitiert nach Dubois et al., 2000).

Sensorische Stimuli können Antwortmuster hervorrufen, welche normalerweise gehemmt

werden. Im Falle der FAB legt der/die Untersucher/in beide Hände auf die Handflächen

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des/der Patienten/in. Dies könnte bei der Untersuchungsperson nun das Verhalten auslösen,

die Hände der/des Untersuchers/in zu nehmen. Manchmal zeigt der/die Patient/in dieses

Verhalten, obwohl man ihr bzw. ihm ausdrücklich mitgeteilt hat, dies nicht zu tun. Dieses

abnormale Verhalten der spontanen Tendenz, die eigene Umwelt festzuhalten, zeigt den

Mangel an Hemmung, welche normalerweise vom präfrontal Kortex durch sensorische

Stimulation ausgelöst wird, in dem Verhaltensmuster aktiviert werden (Dubois et al.,

2000).

Für jeden Subtest können zwischen null und drei Punkten vergeben werden, wobei null

geratet wird, wenn der/die Teilnehmer/in keine korrekte Antwort(reaktion) gibt. Der FAB

Summenscore variiert von null bis 18 Punkten (Sgaramella et al., 2012). Der globale

Summenscore über alle Subtests gibt daher einen zusammengesetzten Wert an, welcher

Aussagen über die Schwere der dysexekutiven Syndrome macht, die einzelnen

individuellen Werte der Untertests zeigen aber ein deskriptives Bild der exekutiven

Dysfunktion (Sgaramella et al., 2012). Zudem können die Untertests in folgende Bereiche

gruppiert werden: kognitive (Konzeptualisierung und mentale Flexibilität), kontrollierte

(Go- No Go Aufgaben und Umweltautonomie) sowie motorische Programme (motorische

Programme und Sensitivität für Beeinflussbarkeit) (Sgaramella et al., 2012). Die FAB hat

laut Angaben der Autoren Sgaramella und Kollegen (2012) nicht nur das Potenzial, um

exekutive Funktionen herauszufiltern, sondern auch um ein dysexekutives Profil

festzustellen.

Um die Unterscheidungskraft der FAB zu untersuchen, wurden 121 Personen mit geringer,

moderater oder schwere Frontallappendysfunktionen untersucht. Die

Übereinstimmungsvalidität der FAB, welche zeigt, wie gut die Batterie die Existenz eines

Frontallappensyndromes evaluiert, wurde analysiert indem der FAB Totalscore mit den

Leistungen (1) im „Wisconsin Card Sorting Test“ (CST; Nelson, 1976), einem Test der

sensitiv gegenüber exekutiven Dysfunktionen zu sein scheint und der (2) „Mattis Dementia

Rating Scale“ (DRS; Mattis, 1988), einer globalen Skala, welche beschrieben wird, als ein

zu einem hohen Grad mit exekutiven Dysfunktionen bei neurodegenerativen Erkrankungen

korrelierendes Verfahren (Dubois et al., 2000). Die Untersuchungen zeigen, dass der FAB

Wert stark verbunden mit den Leistungen der Patienten in der Mattis DRS (rho= 0,82) und

dem Wisconsin CST (rho= 0,77 für die Anzahl der Kriterien) ist, welche beide

unterschiedliche kognitive Funktionen unter Frontallappenkontrolle untersuchen. Diese

Funktionen inkludieren Aktivierung, Konzeptualisierung und Aufmerksamkeit in der

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Mattis DRS und Konzeptualisierung und kognitive Flexibilität im Wisconsin CST. Viele

Studien haben gezeigt, dass die Leistungen im Wisconsin CST mit funktionaler Aktivität

im präfrontalen Kortex zusammenhängen. Der FAB Wert zeigt jedoch weder

Korrelationen mit dem Mini-Mental-State Examination Wert (MMSE; Folstein, Folstein,

& McHugh, 1975), eine Messung für allgemeine kognitive Funktionen, noch mit dem

Alter. (Dubois et al., 2000)

Die Diskriminanzvalidität wurde untersucht, indem die Fähigkeit der FAB zwischen einer

Kontrollgruppe ohne Beeinträchtigungen und Menschen mit kognitiven

Beeinträchtigungen zu unterscheiden, verglichen wurde. Hier konnten gute Ergebnisse

erzielt werden, da die Leistungen der FAB in 89,1% der Fälle richtig identifiziert werden

konnten. Der FAB Globalwert erlaubt es jedoch nicht, zwischen Patienten/innen mit

vorwiegend subkortikalen oder kortikalen Dysfunktionen zu unterscheiden. (Dubois et al.,

2000)

Die Interraterreliabilität wurde untersucht, indem die Werte zweier unabhängiger

Untersucher/innen miteinander verglichen wurden. Hierbei zeigte sich ein Cronbach´s

Alpha mit 0,78, was für eine gute internale Konsistenz spricht und einer optimalen

Interrater Reliabilität mit κ= 0,87 (Dubois et al., 2000).

Kritik gibt es an der FAB, da keine Test-Retest-Reliabilität erfasst wurde. Zudem muss

darauf hingewiesen werden, dass es sehr hohe Korrelationen zwischen der FAB und Tests,

welche für Frontallappenfunktionen sensitiv erscheinen, gezeigt werden konnten aber nicht

zwischen der FAB und der MMSE. Es wäre daher notwendig zu zeigen, dass Menschen

ohne Frontallappenbeeinträchtigungen bessere Leistungen erzielen als Patienten/innen mit

Frontallappenbeeinträchtigungen, um definitiv zeigen zu können, dass die FAB ein

Messinstrument für Frontallappendysfunktionen ist. (Dubois et al., 2000)

Benke und Kollegen haben 2013 die FAB erstmals ins Deutsche übersetzt (FAB-D) und

einer deutschsprachigen Stichprobe von 401 kognitiv gesunden Personen in Tirol sowie in

angrenzenden Gebieten vorgegeben. Varianzanalysen zeigen, dass die Leistung in der

FAB-D stark vom Alter und der Schulbildung, jedoch nicht vom Geschlecht abhängt

(Benke et al., 2013). Zudem konnte gezeigt werden, dass die Interne Konsistenz in Bezug

auf die sechs Subtests mäßig ausgefallen ist (Cronbach`s Alpha mit 0,458) und keine

nennenswerten Korrelationen zwischen den Subtests gefunden werden konnten. Bezüglich

kognitiver Variablen ist zu sagen, dass der generelle kognitive Status, erhoben mit dem

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MMSE-Wert (Folstein et al., 1975), nur schwach mit der FAB-D korreliert. Der FAB-D

Wert jedoch signifikant durch die neuropsychologischen Tests, welche die kognitive

Flexibilität und die Fähigkeit des Bereichswechsel erheben („Trail Making Test B“; TMT-

B) als auch durch das Planen und die Kontrolle („Clock Drawing Test“; CDT) sowie die

Rechenfähigkeiten und das episodisches Gedächtnis vorhergesagt werden kann. Im

Rahmen dieser Diplomarbeit wurde die deutsche Version der FAB für die Untersuchung

der exekutiven Funktionen herangezogen, welche im Anhang dieser Arbeit aufscheint.

11.5 Statistische Verfahren zur Datenverarbeitung und –auswertung

Nachfolgend werden alle statistischen Verfahren beschrieben, welche bei der Auswertung

der Ergebnisse zum Einsatz kamen. Mithilfe des Statistikprogramms SPSS („Statistical

Package for Social Science) in der Version 17.0 für Windows erfolgte die statistische

Auswertung der erhobenen Daten. Einerseits wurden sowohl deskriptivstatistische

Methoden zur Beschreibung der vorliegenden Stichprobe herangezogen, andererseits auch

inferenzstatistische Methoden für die Hypothesenprüfung und Beantwortung der zuvor

gestellten Fragestellungen verwendet. Beide Möglichkeiten sollen nun im folgenden

Abschnitt dem Leser bzw. der Leserin vorgestellt werden.

11.5.1 Deskriptivstatistische Methoden.

Mittels deskriptiver Statistik erfolgte die Beschreibung der erhobenen

Stichprobencharakteristika und besonders der Aspekte: Alter, Geschlecht, Herkunftsland,

aktueller Familienstand, aktuelle Wohnsituation, höchste abgeschlossene Ausbildung,

Erwerbstätigkeit, diagnostizierte psychische Erkrankungen, sowie Angaben und

Informationen zu einer möglichen Sachwalterschaft. Alle relevanten Informationen sollen

mittels statistischer Kennwerte (ᵡ²-Verteilung) veranschaulicht werden.

11.5.2 Inferenzstatistische Methoden.

11.5.2.1 Voraussetzungen für die verwendeten statistischen Verfahren.

Für die Anwendung multivariater Mehrfachmessungen sowie für die Verwendung

multivariater Varianzanalysen (MANOVA) müssen folgende Voraussetzungen gegeben

sein: Intervallskalenniveau der Daten, Homogenität der Varianzen und Kovarianzen, die

Normalverteilung der Daten pro Gruppe und Zeitpunkt, sowie die Sphärizität (Field, 2009).

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Für die MANOVA ist zudem relevant, dass die beobachteten Daten unabhängig

voneinander sind und eine multivariate Normalverteilung, welche jedoch im SPSS-

Programm nicht überprüft werden kann, vorliegt (Field, 2009).

Zudem müssen für die multiple lineare Regression folgende Voraussetzungen betrachtet

werden: Einerseits muss die Linearität zwischen den abhängigen und den unabhängigen

Variablen gegeben sein und es muss ausgeschlossen werden, dass die Variablen perfekt

miteinander korrelieren. Zudem muss die Varianzhomogenität der Residuen (die

sogenannte Homoskedastizität) erfüllt sein. Der Durbin-Watson-Test kann dafür berechnet

werden, um Auskunft über mögliche Autokorrelationen zwischen den Residuen zu geben.

Dabei ist bei einem Wert von 2 anzunehmen, dass keine Autokorrelationen gegeben sind

(Field, 2009).

Die vorliegenden Daten können als intervallskaliert angenommen werden, da es sich bei

den vier erhobenen Leistungen des MacCAT-T sowie bei dem Wert für die exekutiven

Funktionen in der FAB-D um Daten handelt, welche mittels Punktesystem erfasst wurden

und somit einer stetigen Verteilung unterliegen.

Mit Hilfe des Kolmogorov-Smirnov-Tests (kurz KS-Test genannt) wurde die

Normalverteilung der Daten geprüft, dabei spricht ein nicht signifikantes Ergebnis (p >

0,05) für eine Normalverteilung pro Gruppe. Neben diesem Anpassungstest lässt sich die

Normalverteilung der Daten zudem auch optisch überprüfen, indem man sich die

erhobenen Daten auch in einem Histogramm anschaut (Field, 2006). Vor allem bei

kleineren Stichproben ist dieser Test jedoch wenig trennscharf, daher sollte man die

Ergebnisse nur mit Vorsicht interpretieren.

Um die Homogenität bzw. Gleichheit der Varianzen in einem intervallskalierten Merkmal

zu berechnen, wurden der Levene-Test und die Box-Tests im SPSS-Programm verwendet,

wobei auch hier die Voraussetzung als erfüllt gilt, wenn ein nicht signifikantes Ergebnis

vorliegt (p > 0,05) (Field, 2009).

Um zu überprüfen, ob die Differenzen zwischen den zwei Messbedingungen dieselbe

Varianz aufweisen, wurde die Sphärizität berechnet. Hierbei sollte wiederum ein nicht

signifikantes Ergebnis (p > 0,05) vorliegen.

Die vorgesehenen Verfahren wurden bei Verletzung der eben genannten Voraussetzungen

dennoch durchgeführt, da laut Field (2009) und Bortz und Döring (2006) multivariate

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Analysen (mit Messwiederholung) sehr robust gegenüber diesen sind, besonders dann,

wenn die Stichproben ähnlich groß sind, und darüber hinaus keine geeigneten

parameterfreien Verfahren für die Berechnung und Beantwortung der zuvor gestellten

Fragestellungen zur Verfügung stehen. Die Voraussetzungsergebnissen werden jeweils bei

der Hypothesenprüfung beschrieben.

11.5.2.2 Statistische Verfahren für die Berechnung der Unterschiedshypothesen.

In dieser Studie wurde für die Berechnung von Unterschiedshypothesen, mit welchen die

Fragestellungen 1 und 2 beantwortet werden sollen, Mixed-Design ANOVAs

herangezogen. Diese ANOVA oder auch Varianzanalyse genannt, dient dem statistischen

Vergleich von mehreren Gruppenmittelwerten, dabei handelt es sich bei der Mixed-

ANOVA um eine Kombination aus Varianzanalysen mit mehreren unabhängigen

Variablen (UVs) und einer ANOVA mit Messwiederholung. Im Fall der vorliegenden

Untersuchung wurde dieses Design gewählt, obwohl keine zwei Messzeitpunkte vorlagen,

dennoch dasselbe Interview mit zwei unterschiedlichen Vignetten und unter zwei

unterschiedlichen Bedingungen (einmal mit und einmal ohne Unterstützungsperson) der

gleichen Gruppe von Personen vorgegeben wurde. Es handelt sich daher um abhängige

Daten, ähnlich einer Messwiederholung.

Bei allen Berechnungen, welche für diese Studie durchgeführt wurden, wurde das

Signifikanzniveau (p) auf 0,05 festgelegt. Der für die Varianzanalyse wichtige statistische

Kennwert (F-Wert) kann als signifikant angenommen werden, bei einem p-Wert kleiner als

0,05. Zudem ist das partielle Eta-Quadrat η² (bzw. auch als Effektstärke bekannt) ein

wichtiger Wert, welcher den prozentuellen Anteil der erklärten Varianz an der

Gesamtvarianz angibt, was bedeutet, dass die Effektstärke der Ergebnisse angezeigt

werden kann. Laut Cohen (1988) kann ein η² von 0,01 als schwacher, ein η² von 0,06 als

mittlerer und ein η² von 0,14 als starker Effekt interpretiert werden.

Vor allem Post-Hoc-Tests sind bei signifikanten Ergebnissen der zuvor durchgeführten

Varianzanalysen sinnvoll, um anschließend ermitteln zu können, welche Mittelwerte sich

konkret signifikant voneinander unterscheiden.

Für die Berechnung der Fragestellungen 3 und 4 wurde eine multivariate Varianzanalyse

(MANOVA) verwendet. Bei diesem Verfahren werden die Auswirkungen einer UV auf

mehrere AVs berechnet. Hierzu wurden ebenso anschließende Post-Hoc-Tests berechnet,

um signifikante Gruppenmittelwertsunterschiede genauer betrachten zu können.

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11.5.2.3 Statistische Verfahren zur Berechnung der Einflusshypothesen.

Mit Hilfe von multiplen linearen Regressionen ist es möglich, eine Beziehung zwischen

einer abhängigen Variable (kurz AV) und mehreren unabhängigen Variablen (kurz UVs)

zu eruieren. Dabei gibt der berechnete Varianzanteil der unabhängigen Variablen an den

abhängigen Variablen Auskunft über die Einflussgüte der UVs. Für die Berechnung der

fünften Fragestellung kam dieses statistische Verfahren zum Einsatz. Im Rahmen dieser

Diplomarbeit wurde die Methode der schrittweisen Regressionsanalyse verwendet, da hier

die Möglichkeit besteht, Variablen nacheinander in das Modell aufzunehmen bis keine

Korrelationen mehr signifikant sind.

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12. Ergebnisse

Im Folgenden sollen die relevanten Ergebnisse der vorliegenden wissenschaftlichen Studie,

welche in Österreich durchgeführt wurde, dargestellt werden. Zu Beginn soll ein Überblick

über die soziodemographischen Daten der Stichprobe gegeben werden, sowie daran

anschließend die inferenzstatistischen Ergebnisse, welche die zuvor gestellten

Fragestellungen beantworten sollen, präsentiert werden.

12.1 Beschreibung der Stichprobe

Die Datenerhebung fand von November 2013 bis Jänner 2014 statt. Dabei konnten

insgesamt 70 Personen aus den Bundesländern Wien, Oberösterreich, Niederösterreich und

Salzburg rekrutiert werden. Insgesamt neun Personen mussten jedoch aus der Gruppe der

Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung für die Datenauswertung ausgeschlossen

werden, da diese eine sehr wichtige Voraussetzung für die Studienteilnahme nicht

erfüllten, da sie zum Zeitpunkt des Interviews über 55 Jahre alt waren. Es mussten keine

Datensätze aufgrund unvollständiger oder zweifelhafter Angaben aussortierte werden und

lediglich eine Person hat das Interview auf eigenen Wunsch abgebrochen. Bei allen,

insgesamt 60 resultierenden, befragten Personen konnten beide Interviewbedingungen an

einem Tag durchgeführt werden. Zwischen den Interviewbedingungen wurde es den

partizipierenden Personen freigestellt, eine kurze Pause zu machen.

12.1.1 Aufteilung der Untersuchungsgruppen.

Von den insgesamt 60 teilnehmenden Personen, welche beide hypothetischen Vignetten

vorgegeben bekommen haben, konnten 20 Personen (33%) der Kontrollgruppe (KG),

welche sich aus Menschen ohne intellektuelle Beeinträchtigung und ohne jegliche

Inanspruchnahme einer Betreuungsform zusammensetzen, insgesamt 18 Personen (30%)

der Versuchsgruppe 1 (VG1), welche Personen mit intellektueller Beeinträchtigung in

einem teilbetreuten Wohnsetting miteinschließt, und 22 Personen (37%) der

Versuchsgruppe 2 (VG2), die Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in einem

vollbetreuten Wohnarrangement umfasst, zugeordnet werden.

12.1.2 Geschlecht.

Die Gesamtstichprobe der vorliegenden Arbeit bestand aus 28 männlichen (47%) und 32

weiblichen (53%) Personen. Bezüglich der Geschlechteraufteilung der Stichprobe

gesplittet in drei Gruppen (VG1, VG2 und KG) lässt sich feststellen, dass in der KG

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(Gruppe ohne IB und ohne Betreuung) neun männliche (45%) und 11 weibliche (55%)

Personen waren, in der VG1 (Menschen mit IB mit Teilbetreuung) sieben Männer (39%)

und 11 Frauen (61%) und in der VG2 (Menschen mit IB mit Vollbetreuung) 12 Männer

(55%) und 10 Frauen (45%). Bezüglich der Verteilung der Geschlechter unterschieden sich

die drei Gruppen nicht signifikant voneinander, (ᵡ² (2, N = 60) = 1,01, p > 0,05).

12.1.3 Alter.

In der Stichprobe der Menschen mit IB, welche in einer teilbetreuten Einrichtung leben

(VG1), lag das durchschnittliche Alter bei 42,44 (SD= 8,69). Die jüngste Person in dieser

Gruppe war 28 Jahre, die älteste 55 Jahre alt. Bei Menschen mit IB in einer vollbetreuten

Einrichtung (VG2) lag der Mittelwert des Alters bei 42,32 (SD= 10,64). 20 Jahre alt war in

dieser Gruppe die jüngste Person und wiederum 55 Jahre die älteste. Bei Personen in der

Kontrollgruppe lag der Durchschnittswert bei 33,15 (SD= 13,38). In der letzten Gruppe

war der/die jüngste Teilnehmer/in 18 Jahre und die älteste Interviewperson 59 Jahre. Für

eine bessere Veranschaulichung der Daten siehe Abbildung 2.

Abbildung 2. Gesamtstichprobe bezogen auf das Alter

Der Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest mit einem N= 60 (MW= 39,30, SD= 11,785)

und einem p = 0,337 > 0,05 zeigt, dass von einer Normalverteilung des Alters über die

gesamte Stichprobe ausgegangen werden kann. Aufgeteilt auf die Gruppen (KG, VG1 und

VG2) kann zudem die Normalverteilung in jeder Gruppe angenommen werden.

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12.1.4 Herkunftsland.

Alle befragten Personen (100%) der Gesamtstichprobe gaben Österreich als ihr

Herkunftsland an.

12.1.5 Höchste abgeschlossene Ausbildung.

In der Kontrollgruppe gab die Mehrheit der Teilnehmer/innen (n= 8, 40%) die

Antwortmöglichkeit „Matura“ als höchste abgeschlossen Ausbildung an, dicht gefolgt von

sieben Personen (35%), welche die Kategorie „Universität/Fachhochschule“ ausgewählt

haben, vier Personen (20%) mit „Lehre/Berufsschule“ als höchst beendete

Ausbildungsform und zuletzt eine Person (5%) welche berichtet, die „Pflichtschule“

abgeschlossen zu haben.

In der Versuchsgruppe 1 (Menschen mit IB mit Teilbetreuung) gaben von insgesamt 18

Personen, 10 (56%) an, dass sie die Sonderschule beendet haben. Sieben

Interviewteilnehmer/innen (39%) haben die Kategorie der „Pflichtschule“ als

Antwortmöglichkeit gewählt und zuletzt eine Person (6%), welche die

„Lehre/Berufsschule“ besucht hat.

In der Gruppe der Menschen mit IB in einem vollbetreuten Setting haben insgesamt 17 der

22 Personen (77%) die Möglichkeit der „Sonderschule“ als höchste abgeschlossene

Ausbildung angegeben. Drei Personen (13%) haben die Pflichtschule absolviert, eine (5%)

die Volksschule und eine weitere Person (5%) hat keine abgeschlossene Ausbildung.

Bezugsnehmend auf den höchsten Schulabschluss in der Verteilung der drei untersuchten

Gruppen zeigt sich ein signifikanter Unterschied, (ᵡ² (12, N = 60) = 56,61, p < 0,05).

12.1.6 Erwerbstätigkeit.

22 von 22 Personen (100%) arbeiten in der Gruppe der Menschen mit IB und mit

Vollbetreuung in einer Werkstätte.

Insgesamt 17 von 18 Menschen (94%) arbeiten auch in der VG1 in einer Werkstätte. Nur

eine Person (6%) hat angegeben, berufstätig zu sein.

In der Kontrollgruppen (Menschen ohne IB) gab die Hälfte der befragten Personen (n = 10,

50%) an, berufstätig zu sein. Acht Menschen (40%) befinden sich noch in Ausbildung und

zwei Personen (10%) sind zum Zeitpunkt der Erhebung in Karenz. Ein ᵡ²- Test zeigt, dass

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sich die drei Gruppen bezüglich der Verteilung hinsichtlich der Erwerbstätigkeit

signifikant voneinander unterscheiden, (ᵡ² (6, N = 60) = 56,12, p < 0,05).

12.1.7 Familienstand.

Bei der Frage zum derzeitigen Familienstand, haben in der Kontrollgruppe insgesamt neun

Personen (45%) die Kategorie „verheiratet“ gewählt, gefolgt von sechs Teilnehmer/innen

(30%), welche sich derzeit in einer Beziehung befinden, vier (20%) alleinstehenden

Personen und einer (5%) geschiedenen Person.

In der VG1 waren insgesamt 10 Partizipierenden (56%) in einer Beziehung, sechs

Personen (33%) alleinstehend und zwei Personen (11%) haben die Kategorie „verheiratet“

beim Familienstand angegeben.

Der Großteil der Menschen in der VG2 mit 16 Personen (73%) wählte die

Antwortmöglichkeit „alleinstehend“ aus, gefolgt von fünf Interviewteilnehmer/innen

(23%) mit dem Beziehungsstatus „in einer Beziehung“ und einer Person (4%), welche

verheiratet ist.

Bei der Überprüfung der Verteilung konnte herausgefunden werden, dass sich die KG, die

VG1 und die VG2 hinsichtlich des Familienstandes signifikant voneinander unterscheiden,

(ᵡ² (6, N = 60) = 22,17, p < 0,05).

12.1.8 Wohnsituation.

Bezugnehmend auf die Wohnsituation der Gesamtstichprobe gaben alle Personen der VG1

(100%) und alle Personen der VG2 (100%) an, derzeit in einer teilbetreuten (18 Personen)

oder in einer vollbetreuten (22 Personen) Einrichtung von einer Institution oder einem

Verein in Österreich zu leben.

In der Kontrollgruppe lebten zum Zeitpunkt der Erhebung 14 Personen (70%) mit dem

Partner bzw. der Partnerin zusammen. Drei Menschen (15%) leben in einer

Wohngemeinschaft, zwei Teilnehmer/innen (10%) bei den Eltern und eine Person (5%)

alleine. In Bezug auf die Wohnsituation von KG, VG1 und VG2 zeigen sich hinsichtlich

der Verteilung signifikante Unterschiede, (ᵡ² (8, N = 60) = 60,00, p < 0,05).

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12.1.9 Psychische Erkrankung.

Keine Person der Kontrollgruppe (100%) hat angegeben, an einer psychischen Erkrankung

zu leiden. Eine Person der VG1 (6%) und zwei Personen der VG2 (9%) haben beim

Interview erläutert, dass sie an einer psychischen Erkrankung leiden. Diese

Beeinträchtigungen wären jedoch nach Auskunft der betroffenen Personen sowie auch

nach Angaben der anwesenden Unterstützungspersonen zum Zeitpunkt der Testung

keinesfalls beeinträchtigend und würden die Ergebnisse der Untersuchung nicht verzerren.

Hierbei zeigen sich zwischen den Gruppen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich

der Verteilung, (ᵡ² (2, N = 60) = 1,84, p < 0,05).

12.1.10 Sachwalterschaft.

12 von insgesamt 18 Personen (67%) der Versuchsgruppe 1 haben zum Zeitpunkt der

Erhebung angegeben, von einem Sachwalter bzw. einer Sachwalterin vertreten zu werden.

In der VG2 haben von insgesamt 22 Personen, 18 (82%) eine Sachwalterschaft in

Anspruch genommen. Keine Person (100%) der Kontrollgruppe wird von einem

Sachwalter bzw. einer Sachwalterin vertreten (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3. Anzahl an aufrechten Sachwalterschaften in den Gruppen mit IB (VG1=

Teilbetreuung; VG2= Vollbetreuung)

In der Gruppe der Menschen mit IB und mit einer Teilbetreuung nützen von 18 Personen,

acht (44%) den/die Sachwalter/in bei der Vertretung vor Behörden, Ämtern und privaten

Vertragspartner/innen, 12 Personen (67%) werden auch bei finanziellen Angelegenheiten

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vertreten, neun (50%) im medizinischen Bereich, sieben (39%) im sozialen Bereich und

weitere sieben (39%) bei der Bestimmung des Wohnorts (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4. Aufgabenbereiche der Sachwalter/innen in der Gruppe der Menschen mit IB

und Teilbetreuung

In der VG2 wird der/die Sachwalter/in von der Mehrheit (n=18, 82%) bei finanziellen

Fragen miteinbezogen, gefolgt von 16 Personen (73%), wo die Sachwalterschaft bei

medizinischen Angelegenheiten beantragt wurde. Weitere 16 Menschen (73%) mit IB und

Vollbetreuung werden von einem/einer Sachwalterin bei Behördengängen etc. unterstützt.

Im Bereich des Sozialen und bei der Bestimmung des Wohnorts werden insgesamt 13 von

22 Personen (60%) vertreten (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5. Aufgabenbereiche der Sachwalter/innen in der Gruppe der Menschen mit IB

und Vollbetreuung

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Die Aufgabe der Sachwalterschaft haben in der VG2 mit 14 Personen (78%) vorwiegend

nahestehende Personen aus der Familie inne und nur vier Personen (22%) werden durch

eine Person aus einem Sachwalterverein vertreten.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass 35% aller befragten

Personen mit IB nicht genau wussten, welche Aufgaben ihr/e Sachwalter/in hat. Die

dargelegten Informationen stammen daher weitestgehend von den anwesenden

Unterstützungspersonen.

In der VG1 werden sechs Personen (50%) von einer nahestehenden Person, zwei

Interviewteilnehmer/innen (17%) von einem Sachwalterverein, drei (25%) von einem/r

Rechtanwalt/Rechtsanwältin und eine weitere Person (8%) von einem ehemaligen

Zivildiener vertreten.

12.1.10.1 Zufriedenheit mit Sachwalter/in.

Insgesamt 24 von 30 Personen (80%), welche von einem Sachwalter bzw. einer

Sachwalterin vertreten werden, geben an, sehr zufrieden mit der Tätigkeit dieser bzw.

dieses zu sein. Drei Teilnehmer/innen (10%) haben bei dieser Frage die Antwortalternative

„zufrieden“ gewählt und weitere drei Personen (10%) geben „weder noch“ an.

12.1.10.2 Subjektives Gefühl des Miteinbezogenwerdens bei Entscheidungen.

Bezüglich des subjektiven Gefühls bei anstehenden Entscheidungen vom/von der/dem

Sachwalter/in miteinbezogen zu werden, antworten 20 Personen (67%) mit „sehr“, drei

Personen (10%) mit „ziemlich“, weitere drei Personen (10%) mit „mittelmäßig“ und

nochmals drei Personen (10%) mit „ein wenig“. Eine Person (3%) gibt bei dieser Frage an,

dass sie sich „gar nicht“ miteinbezogen fühlt.

12.2 Ergebnisse zu den Fragestellungen und Hypothesen

Im folgenden Abschnitt wird sowohl auf die Ergebnisdarstellung als auch auf die

Beantwortung der zuvor gestellten Fragestellungen näher eingegangen. Zudem sollen die

Voraussetzungen für die jeweils verwendeten statistischen Verfahren geprüft und auch

deren Ergebnisse präsentiert werden.

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108

12.2.1 Fragestellung 1 und 2.

Zur Überprüfung der Fragestellung 1, ob es einen signifikanten Unterschied zwischen den

drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut und keine Betreuung) in Bezug auf die

Selbstbestimmungsfähigkeit bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen (vier Standards des

MacCAT-T) gibt und der Fragestellung 2, welche betrachtet, ob es einen signifikanten

Unterschied zwischen der Bedingung mit einer Unterstützungsperson und der Bedingung

ohne eine Unterstützungsperson bei den drei Gruppen in Bezug auf die

Selbstbestimmungsfähigkeit bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen gibt, konnten

dieselben unabhängigen sowie abhängigen Variablen für die Berechnung einer Mixed-

Design ANOVA herangezogen werden.

Die Voraussetzungen für die Berechnung dieses Verfahrens waren nur teilweise gegeben,

dennoch wurde diese statistische Methode für die Berechnung verwendet, da laut den

Autoren Field (2009) und Bortz und Döring (2006) multivariate Analysen mit

Messwiederholung gegenüber Voraussetzungsverletzungen sehr robust sind und zudem

keine geeigneten parameterfreien Verfahren der Autorin zur Verfügung standen.

Zu den Voraussetzungen ist im Detail zu sagen, dass das Intervallskalenniveau der

abhängigen Variablen, welche sich aus den vier Standards sowie dem Gesamtwert des

MacCAT-T einmal mit und einmal ohne die Anwesenheit einer Unterstützungsperson

zusammensetzen, als gegeben angenommen werden kann. Der durchgeführte KS-Test, der

die Normalverteilung der Daten für die erste als auch für die zweite Interviewbedingung

der prüft, zeigt jedoch bei einigen Skalen signifikante Ergebnisse, was bedeutet, dass diese

Voraussetzung nur teilweise erfüllt ist (siehe Tabelle 3).

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Tabelle 3

KS-Testergebnisse für die vier Standards und den Gesamtwert aus dem MacCAT-T

Betreuungsform

MW

(ohne UP d

/ mit UP)

SD ᵇ

(ohne UP

/ mit UP)

Signifikanz

(p)

(ohne UP /

mit UP)

Informations-

verständnis ᶜ

Kontrollgruppe 5,95 / 6,00 0,22 / 0,00 0,00 / -

Teilbetreuung 4,84 / 5,49 1,26 / 0,73 0,309 /

0,064

Vollbetreuung 4,32 / 4,80 0,99 / 0,69 0,683 /

0,862

Krankheits- &

Behandlungs-

einsicht

Kontrollgruppe 3,95 / 4,00 0,22 / 0,00 0,00 / -

Teilbetreuung 3,17 / 3,44 0,99 / 0,70 0,156 /

0,031

Vollbetreuung 2,27 / 2,77 0,88 / 0,92 0,043 /

0,181

Urteils-

vermögen

Kontrollgruppe 8,00 / 8,00 0,00 / 0,00 - / -

Teilbetreuung 5,22 / 6,06 2,05 / 2,01 0,444 /

0,269

Vollbetreuung 3,00 / 4,05 1,69 / 1,39 0,808 /

0,459

Treffen einer

Wahl

Kontrollgruppe 2,00 / 2,00 0,00 / 0,00 - / -

Teilbetreuung 2,00 / 2,00 0,00 / 0,00 - / -

Vollbetreuung 1,86 / 1,95 0,35 / 0,21 0,00 / 0,00

Gesamt

Kontrollgruppe

19,90 /

20,00 0,31 / 0,00 0,00 / -

Teilbetreuung

15,28 /

16,94 3,86 / 3,14

0,691 /

0,365

Vollbetreuung

11,45 /

13,48 3,21 / 2,18

0,992 /

0,890

a Mittelwert (MW) b Standardabweichung (SD) c Range (Informationsverständnis: 0-6; Krankheits- und Behandlungseinsicht: 0-4; Urteilsvermögen: 0-8; Eine Wahl

treffen: 0-2, Gesamtpunkteanzahl: 0-20) d ohne Unterstützungsperson (ohne UP) und mit Unterstützungsperson (mit UP); für die Kontrollgruppe werden

nur die Werte ohne UP jedoch für beide Fallvignetten angegeben

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Der Test von Mauchly zeigt, dass die Voraussetzung der Sphärizität für den Haupteffekt

der vier Standards, (ᵡ²(5)= 79,693, p < 0,05), sowie für die Wechselwirkung zwischen

Selbstbestimmungsfähigkeit und der Anwesenheit der Unterstützungsperson, (ᵡ²(5)=

51,613, p < 0,05), zudem gebrochen ist. Daher wurden die Freiheitsgrade mit Hilfe der

Greenhouse- Geisser Schätzung korrigiert (ε= 0,525 und ε= 0,658). Weiters ist der Levene-

Test, der die Homogenität der Varianzen überprüft, ebenso bei allen Standards des

MacCAT-T mit p < 0,05 signifikant. Das bedeutet, dass diese Voraussetzung nicht

gegeben ist. Der Box-M-Test demonstriert jedoch für alle vier Standards in allen

Vergleichsgruppen kein signifikantes Ergebnis (p > 0,05), was bedeutet, dass die

Homogenität der Kovarianzen als gegeben angenommen werden kann.

Für die Mixed-Design ANOVA werden als Innersubjektvariablen einerseits die vier

Standards aus dem MacCAT-T (Informationsverständnis, Krankheits- und

Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und das Treffen einer Wahl) und andererseits die

Anwesenheit der Unterstützungsperson (ja, nein) angegeben. Als Zwischensubjektfaktor

wird die Betreuungsform (keine, Teilbetreuung, Vollbetreuung) verwendet.

Folgende Variablen wurden dabei zuvor definiert:

UV1: Betreuungsform (keine Betreuung, Vollbetreuung, Teilbetreuung)

UV2: Anwesenheit der Unterstützungsperson (ja, nein)

AV: Gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit (Informationsverständnis,

Krankheits- und Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und das Treffen einer Wahl)

Die Ergebnisse der Mixed-Design ANOVA (korrigiert durch die Greenhouse-Geisser

Schätzung) in Bezug auf die Leistungen im MacCAT-T zeigen (siehe Tabelle 4), dass es

einen signifikanten Haupteffekt für die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit

gibt (F (1.574, 89,731)= 439,943, p < 0,05, η²= 0,885). Das bedeutet, wenn man die

Variable der Anwesenheit der Unterstützungsperson ignoriert, sich die Leistungen

(Informationsverständnis, Krankheits- und Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und eine

Wahl treffen) im MaCAT-T signifikant voneinander unterscheiden. Zudem ist auch die

Anwesenheit der Unterstützungsperson ein signifikanter Haupteffekt (F (1, 57)= 43,919, p

< 0,05, η²= 0,435). Dies weist darauf hin, dass sich die zwei Unterstützungsbedingungen

signifikant voneinander unterscheiden. Mit diesem Ergebnis kann die Nullhypothese der

Fragestellung 2 verworfen und die Alternativhypothese angenommen werden, welche

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besagt, dass es einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden

Unterstützungsbedingungen in den zwei Gruppen (Teilbetreuung, Vollbetreuung) in Bezug

auf die vier Leistungen im MacCAT-T gibt. Dies bedeutet, dass sich beide

Unterstützungsbedingungen in den Gruppen mit Teilbetreuung und Vollbetreuung

signifikant voneinander unterscheiden. Bei Betrachtung der deskriptiv statistischen

Ergebnisse in Tabelle 5 ist zu erkennen, dass sich alle vier Leistungen des MacCAT-T

sowohl in der Gruppe der Menschen mit IB und in einer Teilbetreuung als auch bei

Personen mit IB und Vollbetreuung in der zweiten Bedingung mit der Anwesenheit einer

Unterstützungsperson signifikant gesteigert haben.

Zudem ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen den vier Leistungen im

MacCAT-T und der Betreuungsform (F (3,148)= 43,862, p < 0,05, η² = 0,606), sowie

zwischen den vier Leistungen im MacCAT-T und der Anwesenheit der

Unterstützungsperson, (F (1,973, 112,469)= 6,518, p < 0,05, η²= 0,103). Diese

signifikanten Interaktionseffekte der beiden Variablen bedeuten, dass „beide Faktoren

nicht einfach additiv, sondern in anderer Weise zusammenwirken“ (Bortz & Döring,

2006). Die dreifache Wechselwirkung zwischen den vier Leistungen im MacCAT-T, der

Anwesenheit der Unterstützungsperson und der Betreuungsform ist jedoch nicht

signifikant, (F (3,946)= 1,964, p > 0,05, η²= 0,064).

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Tabelle 4

Statistische Ergebnisse der Mixed-Design ANOVA

F Effekt-df /

Fehler-df

Signifikanz

(p) η²

Tests der

Innersubjekteffekte

4 439,943 1,574 /

89,731

0,000 0,885

4 Skalen *

Betreuungsform

43,862 3,148 0,000 0,606

Unterstützungsperson 43,919 1 / 57 0,000 0,435

4 Skalen * Anwesenheit

der UP

6,518 1,973/

112,469

0,002 0,103

4 *Anwesenheit

der UP ᵇ *

Betreuungsform

1,964 3,946 0,106 0,064

Test der

Zwischensubjekteffekte

Betreuungsform 49,850 2 / 57 0,000 0,636

4 Skalen des MacCAT-T (Informationsverständnis, Krankheits- & Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und das

Treffen einer Wahl)

ᵇ Anwesenheit der Unterstützungsperson (UP)

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Für die bessere Darstellung und für das genauere Verständnis der signifikanten

Interaktionseffekte werden im Folgenden die Interaktionsdiagramme dargestellt (siehe

Abbildung 6).

Laut Bortz und Döring (2006) kann angenommen werden, dass aufgrund der zuvor

gezeigten Interaktionsdiagramme (siehe Abbildung 6) hier eine ordinale Interaktion

vorliegt. Diese ist gekennzeichnet dadurch, „dass die Grafen beider Interaktionsdiagramme

zwar nicht parallel, aber doch gleichsinnig verlaufen (z.B. beide aufsteigend, beide

abfallend)“ (Bortz & Döring, 2006, S. 534). Die Identifizierung des Interaktionstyps ist

deswegen von Bedeutung, um signifikante Haupteffekte interpretieren zu können. Im Falle

einer ordinalen Interaktion kann man signifikante Haupteffekte global interpretieren sowie

dabei über die Stufen des zweiten Faktors hinweg Aussagen generalisieren (Bortz &

Döring, 2006). Im Fall der vorliegenden Haupteffekte würde dies bedeuten, dass die

Anwesenheit der Unterstützungsperson in den zwei Gruppen mit IB (Teilbetreuung und

Vollbetreuung) zu einer besseren Leistung im MacCAT-T führt sowie alle vier Leistungen

des MacCAT-T in der Kontrollgruppe deutlich besser sind, als in der Gruppe der

teilbetreuten Personen und die Leistungen in der teilbetreuten Gruppe besser sind als in der

Gruppe der vollbetreuten Personen mit IB.

Betrachtet man dazu die deskriptiven Statistiken (siehe Tabelle 5) so ist ersichtlich, dass in

der Kontrollgruppe alle vier Kompetenzen des MacCAT-T um eine gesundheitsbezogene

Entscheidung treffen zu können in beiden Interviewbedingungen fast komplett gegeben

Abbildung 6. Interaktionsdiagramme für die Faktoren Betreuungsform und Anwesenheit der

Unterstützungsperson

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waren. Lediglich beim Informationsverständnis sowie bei der Krankheits- und

Behandlungseinsicht kam es zu einem geringen Anstieg bei der Vorgabe der zweiten

Fallvignette. In der Gruppe der teilbetreuten Personen mit IB kam es bei den Standards

Informationsverständnis, Krankheits- und Behandlungseinsicht sowie beim

Urteilsvermögen zu einem Anstieg des Mittelwerts zwischen den zwei Bedingungen „ohne

Unterstützungsperson“ und „mit Unterstützungsperson“. Personen aus dieser Gruppe

erreichten bei drei von vier Kompetenzen höhere Werte mit einer Unterstützungsperson.

Lediglich bei der vierten Leistung „eine Wahl zu treffen“, wurde von allen Personen in

beiden Bedingungen die volle Punkteanzahl im Interview erreicht. Bei der dritten Gruppe

(VG2- Vollbetreuung) kam es bei allen vier Standards des MacCAT-T zu einer

Leistungssteigerung in der Bedingung „mit Unterstützungsperson“. In dieser Gruppe

wurde bei keiner der vier Einwilligungskompetenzen die volle Punkteanzahl erreicht.

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Tabelle 5

Deskriptiv statistische Ergebnisse des MacCAT-T

MW

a

ohne UP d / mit UP

SD b

ohne UP / mit UP

Informationsverständnis c

Kontrollgruppe 5,9500 / 6,000 0,22361 / 0,000

Teilbetreuung 4,8389 / 5,4994 1,26358 / 0,72983

Vollbetreuung 4,3159 / 4,8023 0,98505 / 0,68565

Krankheits- und

Behandlungseinsicht

Kontrollgruppe 3,9500 / 4,000 0,22361 / 0,000

Teilbetreuung 3,1667 / 3,444 0,98518 / 0,70479

Vollbetreuung 2,2727 / 2,7727 0,88273 / 0,92231

Urteilsvermögen

Kontrollgruppe 8,000 / 8,000 0,000 / 0,000

Teilbetreuung 5,222 / 6,0556 2,04524 / 2,01384

Vollbetreuung 3,000 / 4,0455 1,69031 / 1,39650

Eine Wahl treffen

Kontrollgruppe 2,000 / 2,000 0,000 / 0,000

Teilbetreuung 2,000 / 2,000 0,000 / 0,000

Vollbetreuung 1,8636 / 1,9545 0,35125 / 0,21320

Gesamt e

Kontrollgruppe 19,900 / 20,000 0,30779 / 0,000

Teilbetreuung 15,2833 / 16,9444 3,85979 / 3,14647

Vollbetreuung 11,4523 /13,4841 3,21212 / 2,17756

a Mittelwert (MW) b Standardabweichung (SD) c Range (Informationsverständnis: 0-6; Krankheits- und Behandlungseinsicht: 0-4; Urteilsvermögen: 0-8; Eine

Wahl treffen: 0-2, Gesamtpunkteanzahl: 0-20) d ohne Unterstützungsperson (ohne UP) und mit Unterstützungsperson (mit UP); für die Kontrollgruppe werden

nur die Werte ohne UP jedoch für beide Fallvignetten angegeben e Gesamtwert: Summe der MacCAT-T Skalen

Der Test auf Zwischensubjekteffekte zeigt, dass es einen signifikanten Haupteffekt für die

Betreuungsform gibt, was bedeutet, dass sich die drei Betreuungsformen (keine,

Teilbetreuung und Vollbetreuung) signifikant voneinander unterscheiden, (F (2, 57)=

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49,850, p < 0,05, η²= 0,636). Dieses Ergebnis zeigt, dass die Nullhypothese, welche besagt,

dass es keinen signifikanten Unterschied in der Selbstbestimmungsfähigkeit bei

gesundheitsbezogenen Entscheidungen zwischen den drei Gruppen (Kontrollgruppe,

Teilbetreuung und Vollbetreuung) in den vier Standards des MacCAT-T gibt, verworfen

werden kann und die Alternativhypothese angenommen werden darf. Das bedeutet, dass

sich die drei Gruppen hinsichtlich der vier Leistungen des MacCAT-T signifikant

voneinander unterscheiden.

Der Games-Howell Post-Hoc-Test, welcher anschließend verwendet wurde, da keine

Varianz- Gleichheit angenommen werden konnte, demonstriert, dass sich die

Kontrollgruppe von der Gruppe der „Teilbetreuung“ in Bezug auf das

Informationsverständnis (p < 0,05) sowie auch von der Gruppe der „Vollbetreuung“

signifikant unterscheidet (p < 0,05). Die Gruppe der „Teilbetreuung“ sich jedoch nicht

signifikant von der Gruppe der Menschen mit Vollbetreuung in Bezug auf das

Informationsverständnis unterscheidet (p = 0,072). Zudem konnte gezeigt werden, dass

sich die Kontrollgruppe in Bezug auf die Krankheits- und Behandlungseinsicht von der

Gruppe der Menschen mit IB und Teilbetreuung (p < 0,05) als auch von der Gruppe der

Menschen mit IB und Vollbetreuung (p < 0,05) signifikant unterscheidet. Zudem gibt es

einen signifikante Unterschied zwischen der Gruppe der „Teilbetreuung“ und der Gruppe

der „Vollbetreuung“ bei diesem Standard (p = 0,007). Hinsichtlich des Urteilsvermögens

unterscheiden sich alle drei Gruppen signifikant voneinander. Die Kontrollgruppe mit der

Gruppe der teilbetreuten Personen mit IB (p < 0,05), die Kontrollgruppe mit vollbetreuten

Personen mit IB (p < 0,05) und die Gruppe der Menschen mit IB in Teilbetreuung mit den

Personen in Vollbetreuung (p = 0,001). In Bezug auf die vierte Kompetenz (eine Wahl zu

treffen) unterscheiden sich alle drei Gruppen nicht signifikant voneinander (p = 0,228).

12.2.2 Fragestellung 3.

Für die Beantwortung der Fragstellung 3, ob es einen signifikanten Unterschied zwischen

den drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut und Kontrollgruppe) hinsichtlich der sechs

exekutiven Funktionen sowie des Gesamtwerts aus der FAB-D gibt, wird eine multivariate

Varianzanalyse berechnet, wobei die Variable der Betreuungsform (keine Betreuung,

Teilbetreuung und Vollbetreuung) den Zwischensubjektfaktor dargestellt. Als abhängige

Variablen fungieren hier die sechs exekutiven Funktionen als auch der Gesamtwert der

FAB-D. Zudem werden sowohl das Geschlecht, als auch das Alter und die höchste

abgeschlossene Ausbildung als Kovariaten in die Berechnung miteinbezogen.

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Um eine multivariate Varianzanalyse durchführen zu können, müssen die beobachteten

Daten unabhängig sein und Intervallskalenniveau aufweisen, zudem müssen eine

multivariate Normalverteilung sowie die Homogenität der Varianzen gegeben sein.

Aus Tabelle 6 kann entnommen werden, dass aufgrund der signifikanten Ergebnisse im

Kolmogorov-Smirnov-Test von keiner Normalverteilung der Daten ausgegangen werden

kann. Um die Homogenität der Kovarianzmatritzen zu überprüfen, wurden sowohl der

Levene-Test als auch der Box-Test durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen mit einer

Fehlerwahrscheinlichkeit von α = 0,05, dass aufgrund der signifikanten Ergebnisse für

keine der Variablen die Homogenität der Varianzen angenommen werden kann. Die

MANOVA wurde dennoch durchgeführt, da laut Field (2009) und Bortz und Döring

(2006) multivariate Analysen eine starke Robustheit gegenüber solchen Verletzungen

aufweisen.

Tabelle 6

KS-Testergebnisse für die sechs Skalen und den Gesamtwert der FAB-D und für die drei

Bereiche (Kognition, Kontrolle und motorische Programme)

MW SD ᵇ Signifikanz (p)

Konzeptualisierung 1,97 0,956 0,004

Formallexikalische

Wortflüssigkeit 1,80 1,054 0,005

Motorische Serien 2,28 0,885 0,000

Sensitivität für

Beeinflussungen 1,53 1,241 0,008

Hemmungskontrolle 1,33 1,271 0,002

Umweltautonomie 2,95 0,220 0,000

Gesamtscore 11,87 4,862 0,029

Bereich Kognition 3,7667 1,90776 0,009

Bereich Kontrolle 4,2833 1,32884 0,003

Bereich Motorische

Programme 3,8167 1,98718 0,019

a Mittelwert (MW) b Standardabweichung (SD)

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Die statistischen Ergebnisse der MANOVA zeigen, dass sich die drei Betreuungsformen

hinsichtlich der exekutiven Funktionen signifikant voneinander unterscheiden (F (12,

100)= 4,696, p < 0,05, η²= 0,360). Das Alter (F (6, 49)= 0,469, p > 0,05) und das

Geschlecht (F (6, 49)= 0,701, p > 0,05) konnten nicht als Kovariaten identifiziert werden,

aber die höchste abgeschlossene Ausbildung schon F (6, 49)= 0,289, p < 0,05, η²= 0,289).

Dies bedeutet, dass die H1 angenommen werden kann, welche besagt, dass es einen

signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (keine Betreuung, Teilbetreuung und

Vollbetreuung) bezogen auf die sechs Leistungen und den Gesamtwert der FAB-D gibt.

Der Games-Howell Post-Hoc-Test, welcher anschließend verwendet wurde, da keine

Varianz- Gleichheit angenommen werden konnte, zeigt, dass sich alle drei Gruppen

(Kontrollgruppe, Vollbetreuung und Teilbetreuung) hinsichtlich der Fähigkeit der

Konzeptualisierung signifikant voneinander unterscheiden (p = 0,00 für den Unterschied

zwischen der Kontrollgruppe und der mit Teilbetreuung sowie zwischen der

Personengruppe der Kontrollgruppe und jener mit Vollbetreuung und p = 0,001 für den

Unterschied zwischen der teil- und der vollbetreuten Gruppe). Zudem unterscheiden sich

die drei Gruppen auch in der Leistung der formallexikalischen Wortflüssigkeit signifikant

voneinander (mit p < 0,05 für den Unterschied zwischen der Kontrollgruppe und der

Gruppe mit Teilbetreuung sowie zwischen der Kontrollgruppe und jener mit Vollbetreuung

und p = 0,004 für den Unterschied zwischen der Gruppe der Teilbetreuten und der

vollbetreuten Personen). Hinsichtlich der motorischen Serien unterscheidet sich die

Kontrollgruppe von der Gruppe mit Teilbetreuung (p = 0,004) als auch von der Gruppe mit

Vollbetreuung (p < 0,05) signifikant voneinander, nicht jedoch die Gruppe der

Teilbetreuten von der Gruppe der Vollbetreuten (p = 0,133). Alle drei Gruppen

(Kontrollgruppe, Teilbetreuung und Vollbetreuung) unterscheiden sich hinsichtlich der

Sensitivität für Beeinflussungen signifikant voneinander (p < 0,05). Die drei Gruppen

unterscheiden sich zudem signifikant hinsichtlich der Fähigkeit der Hemmungskontrolle

voneinander (p < 0,05). Es konnte kein signifikanter Unterschied bei den drei Gruppe in

Bezug auf den Subtest der Umweltautonomie gefunden werden (p = 0,187). Zuletzt

unterscheiden sich alle drei Gruppen auch hinsichtlich des Gesamtscores der FAB-D

signifikant voneinander (p < 0,05).

Bei der Betrachtung der deskriptiven Statistiken (siehe Tabelle 7) wird ersichtlich, dass

alle Leistungen bezüglich der exekutiven Funktionen in der Kontrollgruppe am höchsten

ausgefallen sind, außer beim Untertest der Umweltautonomie, wo auch die Gruppe mit IB

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und Teilbetreuung die maximale Punkteanzahl erreicht hat. Menschen mit IB und

Teilbetreuung erzielen in allen Bereichen (außer dem Subtest der Umweltautonomie)

schlechtere Ergebnisse als Menschen ohne IB und Personen mit Vollbetreuung erbringen

insgesamt die schlechtesten Leistungen in allen Subtests der FAB-D als auch beim

Gesamtscore.

In nachfolgender Tabelle 7 sollen die deskriptiv statistischen Ergebnisse präsentiert

werden.

Tabelle 7

Deskriptiv statistische Ergebnisse der FAB-D

Keine

Betreuung

MW (SD ᵇ)

Teilbetreuung

MW (SD ᵇ)

Vollbetreuung

MW (SD ᵇ)

Konzeptualisierung 3 (0,000) 1,89 (0,471) 1,09 (0,750)

Formallexikalische

Wortflüssigkeit 3 (0,000) 1,61 (0,698) 0,86 (0,640)

Motorische Serien 3 (0,000) 2,22 (0,878) 1,68 (0,839)

Sensitivität für

Beeinflussungen 2,95 (0,224) 1,22 (0,878) 0,50 (0,740)

Hemmungskontrolle 2,90 (0,308) 0,94 (0,802) 0,23 (0,429)

Umweltautonomie 3 (0,000) 3 (0,000) 2,86 (0,351)

Gesamtscore 17,85 (0,366) 10,89 (2,720) 7,23 (1,688)

a Mittelwert (MW) b Standardabweichung (SD)

12.2.3 Fragestellung 4.

Für die Beantwortung der Fragestellung, ob es einen signifikanten Unterschied zwischen

den drei Gruppen (vollbetreut, teilbetreut und Kontrollgruppe) hinsichtlich der drei

Bereiche der exekutiven Funktionen (Kognition, Kontrolle und motorische Programme)

gibt, wird wiederum eine multivariate Varianzanalyse berechnet, wobei erneut die Variable

der Betreuungsform (keine, Teilbetreuung und Vollbetreuung) den Zwischensubjektfaktor

darstellt. Als abhängige Variablen dienen hier die drei Bereiche (Kontrolle, Kognition und

motorische Programme) der exekutiven Funktionen der FAB-D. Zur Kontrolle werden

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dabei folgende Subtests gezählt: Hemmungskontrolle und Umweltautonomie. Zur

Kognition die Untertests: Konzeptualisierung und formallexikalische Wortflüssigkeit, und

zu den motorischen Programmen: motorische Serien und die Sensitivität für

Beeinflussungen. Zudem werden erneut sowohl das Geschlecht, als auch das Alter und die

höchste abgeschlossene Ausbildung als Kovariaten in die Berechnung miteinbezogen.

Für die MANOVA wurden wiederum diverse Voraussetzungsprüfungen durchgeführt,

wobei auch hier aufgrund der signifikanten Ergebnisse im Kolmogorov-Smirnov-Test

(siehe Tabelle 6) von keiner Normalverteilung der Daten ausgegangen werden kann. Um

die Homogenität der Kovarianzmatritzen zu überprüfen, wurden wiederum der Levene-

Test als auch der Box-Test berechnet. Erneut fiel der Levene-Test, welcher die

Homogenität der Varianzen prüft, bei allen drei Variablen signifikant aus. Der Box-Test

zeigte jedoch kein signifikantes Ergebnis, was für die Homogenität der Kovarianzmatritzen

spricht (p = 0,213).

Die MANOVA wurde, obwohl Voraussetzungsverletzungen vorliegen, dennoch aufgrund

der guten Robustheit des Verfahrens durchgeführt.

Die statistischen Ergebnisse zeigen, dass sich die drei Betreuungsformen hinsichtlich der

Bereiche Kontrolle, Kognition und motorische Programme signifikant voneinander

unterscheiden, (F (6, 106)= 8,433, p < 0,05, η²= 0,323). Wiederum kann die höchste

abgeschlossene Ausbildung als signifikante Kovariate festgestellt werden F (3, 52)= 3,388,

p < 0,05, η²= 0,164), nicht jedoch das Geschlecht und das Alter. Somit kann hier erneut die

Alternativhypothese angenommen werden, welche besagt, dass es einen signifikanten

Unterschied zwischen den drei Gruppen (keine Betreuung, Teilbetreuung und

Vollbetreuung) bezogen auf die drei Bereiche Kontrolle, Kognition und motorische

Programme der FAB-D gibt.

Erneut wird der Games-Howell Post-Hoc-Test angewandt, da auch für diese Berechnung

keine Varianz-Gleichheit angenommen werden konnte, und dieser zeigt, dass sich alle drei

Gruppen (keine, Vollbetreuung und Teilbetreuung) hinsichtlich aller drei Bereiche

(Kognition, Kontrolle und motorische Programme) signifikant voneinander unterscheiden.

Die Signifikanzwerte liegen dabei zwischen p = 0,00 bis p = 0,030.

In der nachfolgenden Tabelle 8 sollen die deskriptiv statistischen Werte demonstriert

werden. Die besten Leistungen wurden in allen drei Bereichen von der Kontrollgruppe

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erbracht, gefolgt von der Gruppe mit IB, welche in einem teilbetreuten Setting lebt, und

zuletzt von den Personen mit IB und Vollbetreuung.

Tabelle 8

Deskriptiv statistische Ergebnisse der FAB-D bezogen auf die 3 Bereiche

Kontrollgruppe

MW (SD ᵇ)

Teilbetreuung

MW (SD ᵇ)

Vollbetreuung

MW (SD ᵇ)

Kognition 6 (0,000) 3,500 (0,98518) 1,9545 (1,09010)

Motorische

Programme 5,95 (0,22361) 3,444 (1,61690) 2,1818 (1,29601)

Kontrolle 5,90 (0,30779) 3,9444 (0,80237) 3,0909 (0,52636)

a Mittelwert (MW) b Standardabweichung (SD)

12.2.4 Fragestellung 5.

Fragestellung 5 betrachtet den möglichen Einfluss der exekutiven Funktionen auf die

Selbstbestimmungsfähigkeit bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen (4 Standards). Um

diese Hypothese zu prüfen wurde zu Beginn eine schrittweise lineare Regression

durchgeführt, um geeignete Prädiktoren für die allgemeine gesundheitsbezogene

Selbstbestimmungsfähigkeit (MacCAT-T Gesamtwert) zu finden. Daran anschließend

wurden Interkorrelationen der Prädiktoren, welche für die Vorhersage der

Selbstbestimmungsfähigkeit ermittelt wurden und den vier Skalen des MacCAT-T

(Informationsverständnis, Krankheits- und Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und eine

Wahl zu treffen) sowie des MacCAT-T Gesamtwertes gebildet, um tendenzielle Werte für

die Vorhersage der bereits genannten Skalen zu ermitteln. Die Modellprüfung wurde

mittels multipler linearer Regression durchgeführt, bei der die einzelnen Prädiktoren

(Konzeptualisierung, formallexikalische Wortflüssigkeit, motorische Serien, Sensitivität

für Beeinflussungen, Hemmungskontrolle und Umweltautonomie) miteinbezogen wurden

(siehe Tabelle 9).

Dabei konnte die Normalverteilung der standardisierten Residuen, ermittelt durch den

Durbin- Watson Test mit einem Wert von DW=1,196, angenommen werden, da kein

Hinweis auf eine mögliche Autokorrelation bestand und somit die akzeptable

Unabhängigkeit der Residuen als gegeben betrachtet werden kann. Hinsichtlich der

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Modellprüfung, welche mit F (4, 55)= 48,304, p < 0,05) signifikant ausgefallen ist, konnten

insgesamt vier Prädiktoren mit Erklärungswert eruiert werden (siehe Tabelle 9). Zudem

wurden die Toleranzwerte der Prädiktoren ermittelt und diese lagen im Modell 4 bei einem

T-Wert von maximal 0,92. Da diese Werte jeweils unter 1 sind und damit noch im

unauffälligen Bereich liegen, kann von keiner Multikollinearität ausgegangen werden. Die

vier Prädiktoren (formallexikalische Wortflüssigkeit, Sensitivität für Beeinflussungen,

Konzeptualisierung und die Umweltautonomie) weisen eine erklärte Varianz von R²=

77,8% (korrigiertes R²= 76,2%) hinsichtlich der gesundheitsbezogenen

Selbstbestimmungsfähigkeit auf. Die Variablen motorische Serien und

Hemmungskontrolle wurden als mögliche Prädiktoren aus dem Modell ausgeschlossen, da

sie keinen signifikanten Wert aufwiesen.

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Tabelle 9

Modellprüfung mittels multipler linearer Regression

Modellᵃ R R² B SEᵇ B T

Signifi

kanz

(p)

Tᶜ

¹(Kons-

tante) 9,15 0,69 13,2 0,00

FL WF 0,81 0,65 3,48 0,33 0,81 10,4 0,00 1,00

²(Kons-

tante)

9,26

8 0,61 15,283 0,00

FL WF 1,99

5 0,45 0,46 4,485 0,00 0,43

SFB 0,86 0,74 1,67 0,38 0,46 4,42 0,00 0,43

³ (Kons-

tante) 8,48 0,69 12,26 0,00

FL WF 1,35 0,52 0,31 2,58 0,013 0,29

SFB 1,44 0,38 0,39 3,77 0,00 0,39

KZ 0,87 0,76 1,17 0,54 0,25 2,17 0,034 0,33

4 (Kons-

tante) 0,22 3,98 0,05 0,957

FL WF 1,31 0,51 0,31 2,59 0,012 0,29

SFB 1,32 0,37 0,36 3,54 0,001 0,39

KZ 1,15 0,52 0,24 2,20 0,032 0,33

UA 0,88 0,78 2,89 1,37 0,14 2,12 0,040 0,92

ᵃ AV: allgemeine gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit (Gesamtwert MacCAT-T)

ᵇ Standardfehler (SE)

ᶜ Toleranz (T): Einschätzung der Multikollinearität

KZ = Konzeptualisierung, FL WF= Formallexikalische Wortflüssigkeit, MS= Motorische Serien, SFB=

Sensitivität für Beeinflussungen, HK= Hemmungskontrolle, UA= Umweltautonomie

ɑ = 0,05

Da nun im letzten Schritt die Prädiktoren für die allgemeine gesundheitsbezogene

Selbstbestimmungsfähigkeit ermittelt wurden, können nun Korrelationsanalysen berechnet

werden, in denen annähernde Vorhersagewerte für die vier Skalen des MacCAT-T

(Informationsverständnis, Krankheits- und Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und eine

Wahl zu treffen) sowie für den MacCAT-T Gesamtwert ermittelt werden. In Tabelle10 soll

ein Überblick über die Ergebnisse der Korrelationsanalysen gegeben werden. Da jedoch

mehrere statistische Signifikanztestungen mit denselben Daten durchgeführt wurden,

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musste vorab eine Bonferroni-Korrektur (Alpha-Fehler-Kummulierung) angewandt

werden, um es den einzelnen Tests zu erschweren, statistische Signifikanz aufzuweisen.

Hierfür wurde das Alpha-Niveau von 0,05 durch die Anzahl der durchgeführten Tests

dividiert.

Für die bessere Veranschaulichung wurden pro Zeile bzw. Skala jeweils die höchsten

Werte fett hervorgehoben.

Tabelle 10

Ergebnisse der Korrelationsanalysen in Bezug auf die FAB-D und den MacCAT-T

FAB-D Subtests

KZ FL WF MS SFB HK UA

Informations

-verständnis 0,692 0, 4 0,570 0,645 0,641 0,064

Krankheits-

und

Behandlungs

-einsicht

0,602 0,654 0,615 0, 0, 0,394

Urteils-

vermögen 0,801 0,809 0,626 0, 0,807 0,448

Eine Wahl

treffen 0,234 0,322ᵇ 0,248 0,286ᵇ 0,243 0,298ᵇ

Gesamtwertᵃ 0,778 0, 0,650 0,805 0,792 0,367

ᵃGesamtwert: Summe der MacCAT-T Skalen

ᵇnach Alpha-Fehler-Adjustierung nicht mehr signifikant

KZ = Konzeptualisierung, FL WF= Formallexikalische Wortflüssigkeit, MS= Motorische Serien, SFB= Sensitivität

für Beeinflussungen, HK= Hemmungskontrolle, UA= Umweltautonomie

bei ɑ= 0,01 (2-seitig) signifikante Korrelationen

Wie aus Tabelle 10 hervorgeht, zeigen die Leistungen in der FAB-D einen überaus hohen

Zusammenhang mit drei von vier Skalen des MacCAT-T. Dies bedeutet, dass die H0

hinsichtlich drei von vier Entscheidungskompetenzen aus dem MacCAT-T verworfen

werden kann, da sie davon ausgeht, dass es keinen signifikanten Einfluss der exekutiven

Funktionen auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit gibt. Für eine Skala

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(eine Wahl treffen) muss die H0 jedoch beibehalten werden, da hier keine signifikanten

Zusammenhänge berichtet werden können. Den geringsten Zusammenhang weisen die

exekutiven Funktionen mit dem Treffen einer Wahl auf. Dies legt die Vermutung nahe,

dass exekutive Funktionen für die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit eine

hohe Vorhersagekraft besitzen, ausgenommen für die Fähigkeit, eine Wahl zu treffen. Vor

allem bezogen auf das Urteilsvermögen zeigt die Sensitivität für Beeinflussungen die

potenziell höchste Vorhersagekraft (r= 0,832) für die Skala. Einen weiteren sehr hohen

Zusammenhang zeigt die Fähigkeit der Formallexikalischen Wortflüssigkeit mit der Skala

des Informationsverständnisses im MacCAT-T (r= 0,724). Diese Fähigkeit der exekutiven

Funktionen zeigt zudem den höchsten Zusammenhang mit dem Gesamtwert des MacCAT-

T (r= 0,807). Weitere sehr hohe Zusammenhänge mit dem Standard der Krankheits- und

Behandlungseinsicht weisen sowohl die Sensitivität für Beeinflussungen als auch die

Hemmungskontrolle mit jeweils einem r= 0,695 auf. Vor allem die Umweltautonomie

zeigt in Bezug auf die vier Skalen des MacCAT-T die niedrigsten Zusammenhänge.

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13. Diskussion und Interpretation der Ergebnisse unter Berücksichtigung der

Erkenntnisse aus dem Theorieteil

Im folgenden Kapitel sollen die gewonnenen Ergebnisse dieser Arbeit mit den

Erkenntnissen aus der bisherigen Forschung verglichen und diskutiert werden. Hierfür ist

es notwendig, sowohl auf die Ergebnisse bezüglich des soziodemographischen

Fragebogens näher einzugehen, als auch auf die Resultate, welche mittels

inferenzstatistischer Methoden gewonnen wurden und welche sich auf die Leistungen der

Teilnehmer/innen im MacCAT-T und in der FAB-D beziehen.

13.1 Soziodemographische Daten

Von insgesamt 60 Personen mit und ohne intellektuelle Beeinträchtigung konnten Daten

für diese Diplomarbeitsstudie gewonnen und in die Auswertung miteinbezogen werden. 20

Personen (33%) ohne IB wurden der Kontrollgruppe zugeteilt, 18 Personen (30%) mit IB

der Gruppe, welche in einem teilbetreuten Setting lebt und 22 Menschen (37%) mit IB der

Gruppe mit Vollbetreuung. Es konnten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der

Verteilung beim Geschlecht und bei der Betroffenheit von psychischen Erkrankungen

festgestellt werden. Die Altersspanne der Teilnehmer/innen der Gesamtstichprobe

erstreckte sich von 18 bis 59 Jahren. Alle Personen gaben Österreich als Herkunftsland an.

Signifikante Gruppenunterschiede konnten für die höchste abgeschlossene Ausbildung

sowie für die derzeitige Erwerbstätigkeit gefunden werden. Die Mehrheit der Personen aus

der Kontrollgruppe (40%) gab an, die Matura als höchste abgeschlossene Ausbildung

absolviert zu haben sowie zum Zeitpunkt der Befragung einer Erwerbstätigkeit

nachzugehen (50%). In der Gruppe der Menschen mit IB (lebend in teil- bzw.

vollbetreuten Einrichtungen in Österreich) gaben die meisten Personen an, die

Sonderschule absolviert zu haben und derzeit in einer Werkstätte beschäftigt zu sein. Dies

deckt sich auch mit den Ergebnissen aus der Studie von Koenig (2010), der in einer

großangelegten Untersuchung ermitteln konnte, dass im Jahr 2008 ca. 19.000 Menschen

mit Beeinträchtigungen in Werkstätten in Österreich tätig waren. Darüber hinaus zeigten

sich signifikante Gruppenunterschiede bezüglich des Familienstandes. Die Mehrheit der

Personen der Kontrollgruppe ohne IB gab an, verheiratet zu sein oder sich in einer

Beziehung zu befinden. Die meisten Menschen, welche in teilbetreuten Settings wohnen,

vermerkten, sich derzeit in einer Beziehung zu befinden, wobei auch in dieser Gruppe

sechs Personen angaben, zum Zeitpunkt des Interviews alleinstehend zu sein. In der

Gruppe mit IB und Vollbetreuung gab die Mehrheit „alleinstehend“ als aktuellen

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Beziehungsstatus an. Dass sich Personen mit IB in einem vollbetreuten Wohnsetting

vorwiegend und Personen mit IB und Teilbetreuung teilweise in keiner Partnerschaft

befinden, kann mithilfe von Treiber (2004) so erklärt werden, dass sich in

„Sondereinrichtungen“ für Menschen mit intellektuelle Beeinträchtigung immer noch

restriktive Momente bezüglich der Lebenswelt und der eigenen Sexualität aufdecken

lassen. Vor allem die fehlende Intimsphäre, die Verwaltung des Taschengeldes bis hin zu

keiner Gelegenheit Besuche ohne Erlaubnis zu empfangen sowie keiner Möglichkeit, die

eigene Sexualität ausleben zu dürfen (Treiber, 2004), erschweren es den Betroffenen

enorm vor allem im vollbetreuten Setting eine Partnerschaft eingehen zu können.

Bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung gaben 12 von 18 Personen (67%) in der

teilbetreuten Gruppe und 18 von 22 Personen (82%) der vollbetreuten Gruppe an, zum

Zeitpunkt der Erhebung von einem Sachwalter bzw. einer Sachwalterin vertreten zu

werden. Diese hohe Anzahl an Sachwalterschaften deckt sich auch mit

Untersuchungsergebnissen, welche zeigen konnten, dass im Jahr 2009 insgesamt 50000

Sachwalterschaften in Österreich aufrecht waren und sich dieser Stand bis 2020

voraussichtlich verdoppeln wird (Pilgram et al., 2009).

Bei der Mehrheit der Personen mit IB wurde ein/e Sachwalter/in vor allem für finanzielle

Angelegenheiten beantragt, gefolgt vom Einsatz bei medizinischen Entscheidung und für

die Vertretung vor Behörden, Ämtern und privaten Vertragspartner/innen. Weniger oft

wurden Sachwalterschaften für die Bestimmung des Wohnortes oder bei sozialen

Angelegenheiten beantragt. Zudem konnte ermittelt werden, dass vorwiegend

nahestehende Personen in beiden Gruppen mit IB (mit Teilbetreuung und Vollbetreuung)

die Aufgabe des/der Sachwalters/in inne hatten, gefolgt von Sachwaltervereinen. 35% aller

befragten Personen mit IB wussten jedoch nicht genau, ob und, wer die Sachwalterschaft

für sie übernommen hat bzw. was eine Sachwalterschaft überhaupt ist. Dies ist vor allem

bezogen auf die Frage der Zufriedenheit bedenklich, da hier 24 Personen von insgesamt 30

angaben, sehr zufrieden mit der Tätigkeit ihres/ihrer Sachwalters/in zu sein. Auch bei der

Frage bezüglich des subjektiven Gefühls, bei anstehenden Entscheidungen miteinbezogen

zu werden, antworteten wiederum 20 Personen mit „sehr“. Nur eine Person äußerte sich,

dass sie sich bei Entscheidungen nicht miteinbezogen fühlt. Diese merkte jedoch bei der

vorherigen Frage keinerlei Unzufriedenheit an. In Bezug auf die hier getätigten Antworten

gilt es kritisch zu reflektieren, inwieweit diese die wirkliche Realität der Betroffenen

abbilden. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit können die Antworten auf Probleme, wie die

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sogenannte „Ja-Sage-Tendenz“ oder die „soziale Erwünschtheit“ zurückgeführt werden,

welche eintreten, wenn Fragen zu allgemein gestellt werden oder unverständlich für

den/die Gesprächspartner/in sind. Oder aber wenn der/die Interviewteilnehmer/in der

Ansicht ist, dass durch die eigene Antwort positive oder negative Sanktionierungen

erhalten werden können. Aufgrund dessen versucht die Person so zu antworten, wie sie

annimmt, dass es korrekt bzw. adäquat und im Sinne der Befragungsperson erscheint

(Sonnenberg, 2007). Da vor allem die Mehrheit der befragten Personen mit intellektueller

Beeinträchtigung im Interview angab, dass nahestehende Personen die Aufgabe der

Sachwalterschaft für sie übernommen haben, könnten die sehr positiven

Zufriedenheitswerte mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Problematik der sozialen

Erwünschtheit zurückgeführt werden. Für zukünftige Untersuchungen wäre es essentiell

einen geeigneten Fragemodus zu finden, wo Menschen mit IB daran gehindert werden,

eine Ja-Sage-Tendenz bei den gegebenen Antworten zu entwickeln bzw. vorab noch

einmal konkret darauf hingewiesen werden, dass keine positiven oder negativen

Konsequenzen für die Interviewpersonen durch die gegebenen Antworten entstehen,

sondern dass wahre Aussagen wichtig sind, um ein adäquates Bild zu erhalten. Dies wurde

im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeitsstudie zwar versucht, in dem zu Beginn der

Testung noch einmal darauf hingewiesen wurde, dass keine richtigen oder falschen

Antworten diesbezüglich gegeben werden können, sondern die subjektive Meinung der

Betroffenen zählt. Dennoch weisen die vorliegenden Ergebnisse auf eine Antworttendenz

in Richtung sozialer Erwünschtheit hin. Darüber hinaus sollte in zukünftigen Studien

vermehrt der Blick darauf gerichtet werden, welches Wissen Menschen mit IB über die

Aufgaben und Pflichten von Sachwalter/innen haben und wie eine Wissenssteigerung auf

diesem Gebiet erzielt werden kann.

13.2 Gruppenunterschiede in Bezug auf die gesundheitsbezogene

Selbstbestimmungsfähigkeit

Statistische Signifikanztests konnten zeigen, dass sich die drei Gruppen (keine Betreuung,

Teilbetreuung und Vollbetreuung) in Bezug auf die Selbstbestimmungsfähigkeit bei

gesundheitsbezogenen Entscheidungen (Informationsverständnis, Krankheits- und

Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen und eine Wahl treffen) signifikant voneinander

unterscheiden. Menschen ohne IB und ohne Betreuung unterschieden sich bezüglich des

Informationsverständnisses signifikant von der Gruppe der teilbetreuten und der Gruppe

der vollbetreuten Menschen mit IB, jedoch nicht die Gruppe mit Teilbetreuung von der

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Gruppe mit Vollbetreuung. Hinsichtlich der Krankheits- und Behandlungseinsicht und des

Urteilsvermögens unterschieden sich alle drei Gruppen signifikant voneinander und,

bezogen auf die Kompetenz eine Entscheidung zu treffen, konnten keine signifikanten

Gruppendifferenzen gezeigt werden.

Diese Ergebnisse können unter Vorbehalt mit den Ergebnissen aus der Studie von Cea und

Fisher (2003) verglichen werden. Es muss jedoch angemerkt werden, dass die Einteilung

der Gruppen in der Untersuchung von Cea und Fisher (2003) nach den

Beeinträchtigungsgraden (gemessen am IQ) vorgenommen wurde, in der vorliegenden

Diplomarbeit wurde die Gruppierung nach genützten Betreuungsformen gemacht, da nach

Ansicht der Studienleiterin eine Gliederung basierend auf einem IQ-Wert aktuell nicht

mehr angemessen ist und zu Fehlinterpretationen führen kann. Zudem wurde in der Studie

von Cea und Fisher (2003) nicht der MacCAT-T zur Erhebung der

Einwilligungskompetenzen herangezogen, sondern das selbst entworfene „Assessment of

Consent Capacity-Treatment“ (Cea & Fisher, 1999). Nach Ansicht der Autorin dieser

Arbeit können die Ergebnisse aus den zwei Studien dennoch unter Vorbehalt miteinander

verglichen werden, da man davon ausgehen kann, dass Personen, welche in teilbetreuten

Einrichtungen leben, eher leichtere Formen der intellektuellen Beeinträchtigung und

höhere Selbstständigkeit aufweisen und somit eher mit den Personen mit geringer IB aus

der Stichprobe von Cea und Fisher (2003) verglichen werden können und Menschen in

vollbetreuten Einrichtungen, welche meist einen höheren Unterstützungsbedarf aufzeigen,

eher mittelgradige bis schwere Formen von IB haben und somit ansatzweise mit der

Gruppe der Menschen mit mittelgradiger IB aus der Vergleichsstudie gegenüber gestellt

werden können.

Cea und Fisher (2003) konnten in ihrer Studie herausfinden, dass sich die Gruppen (a)

Teilnehmer/innen ohne IB und mit mittelgradiger IB und (b) Personen mit mittelgradiger

und geringer IB signifikant bezüglich des Standards eine Wahl zu kommunizieren

unterscheiden, jedoch nicht die Gruppen ohne IB und mit geringer IB. In der vorliegenden

Diplomarbeitsstudie konnten keine signifikanten Gruppenunterschiede bezüglich des

Treffens einer Wahl gezeigt werden. Das bedeutet, dass teilweise ähnlich gute

Kompetenzen zum Treffen von Entscheidungen in den untersuchten Kontexten und

Themen festgestellt werden konnten.

Zudem fanden Cea und Fisher (2003) signifikante Unterschiede hinsichtlich aller drei

Gruppen, wenn es darum ging, sachliche Informationen zu verstehen. In der vorliegenden

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Arbeit konnte dieser Gruppenunterschied nur zwischen Menschen ohne IB und Personen

mit IB und Teilbetreuung sowie zwischen Individuen ohne IB und Menschen mit IB und

Vollbetreuung gezeigt werden, nicht jedoch zwischen der Gruppe mit IB und

Teilbetreuung und der Gruppe mit IB lebend in einem vollbetreuten Setting.

Weiters konnten die Autorinnen signifikante Gruppenunterschiede hinsichtlich der

Beurteilung von Situationen und Konsequenzen herausfinden (Cea & Fisher, 2003). Dieses

Ergebnis konnte auch im Rahmen der vorliegenden Studie ermittelt werden.

In der Vergleichsstudie war es den meisten Erwachsenen mit geringer und keiner IB und

fast der Hälfte der Personen mit mittelgradiger IB möglich, Behandlungsentscheidungen zu

treffen und begründen zu können und diese haben vollständig oder teilweise die

Behandlungsinformationen verstanden (Cea & Fisher, 2003). Dieses Ergebnis deckt sich

weitgehend mit den Resultaten der hier beschriebenen Studie, in der alle Personen ohne IB

und alle Personen mit IB und Teilbetreuung sowie mehr als die Hälfte der Personen mit IB

und Vollbetreuung eine Wahl treffen und begründen konnten. Zudem wurden sehr hohe

Werte in der Skala des Informationsverständnisses der Behandlung in allen drei Gruppen

erzielt.

Weiters konnten in der Untersuchung von Cea und Fisher (2003) fast alle Personen ohne

IB, 50% mit geringer IB und 18% mit mittelgradiger IB teilweise die Relevanz der

Behandlungswahl bezüglich der Situation des/der Patienten/in einschätzen und die Nutzen

der Behandlung mit den Risiken abwägen. Diese Ergebnisse können annähernd auch in der

vorliegenden Studie gezeigt werden, wobei die Gruppe der Menschen mit IB und

Vollbetreuung hier deutlich bessere Ergebnisse als in der Vergleichsuntersuchung aus dem

Jahr 2003 erzielt hat. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass nach Einschätzung der

Autorin dieser Diplomarbeitsstudie, beruhend auf den Beobachtungen zu den verbalen

Fähigkeiten der Personen mit intellektueller Beeinträchtigung, die Teilnehmer und

Teilnehmerinnen, welche der Gruppe mit IB und Vollbetreuung zugeteilt wurden, eher

leichtere bis maximal mittelschwere intellektuelle Beeinträchtigungen aufgewiesen haben

und wenige Interviewpersonen eine mittelgradige bis schwere intellektuelle

Beeinträchtigung beim Interview zeigten.

Cea und Fisher (2003) konnten veranschaulichen, dass alle drei Gruppen im Subtest des

Urteilsvermögens über die Situation und die Konsequenzen geringere Kompetenzen, als

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bei den Standards eine Wahl zu kommunizieren und Informationen zu verstehen, zeigten.

Diese Erkenntnis konnte auch in der vorliegenden Diplomarbeitsstudie gewonnen werden.

Zusammengefasst zeigte sich, dass sich die drei Gruppen mit Menschen mit und ohne IB

(Kontrollgruppe, Teilbetreuung und Vollbetreuung) in Bezug auf die

Selbstbestimmungsfähigkeit bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen (gemessen anhand

der vier Standards des MacCAT-T) signifikant voneinander unterscheiden. Menschen der

Kontrollgruppe unterschieden sich bezüglich des Standards des Informationsverständnisses

signifikant von der Gruppe der teilbetreuten und der Gruppe der vollbetreuten Menschen

mit IB. Es konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede bezüglich dieses Standards

zwischen der Gruppe mit Teilbetreuung von der Gruppe mit Vollbetreuung dargelegt

werden. Bezüglich der Krankheits- und Behandlungseinsicht und des Urteilsvermögens

unterschieden sich alle drei Gruppen signifikant voneinander, hinsichtlich der Kompetenz

eine Entscheidung zu treffen, konnten keine signifikanten Gruppenunterschiede offenbart

werden.

Das vorliegende Resultat legt nahe, dass von dimensionalen Modellen der

Selbstbestimmungsfähigkeit anstatt von kategorialen ausgegangen werden sollte. Dabei

wird angenommen, dass Einwilligungsfähigkeit kein stabiles Merkmal ist, sondern eines,

das sich über die Zeit verändern kann und immer aktuell und je nach Kontext betrachtet

werden muss (Helmchen, 2008), sowie keine Grenzwerte oder Cut-Off Werte gebildet

werden sollen, um nur zwischen dem Vorliegen oder Nicht-Vorliegen einer

Einwilligungsfähigkeit zu unterscheiden (Welie & Welie, 2001b).

Zudem deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin, dass sich das Fachpersonal der

Gesundheitsversorgung noch stärker darum bemühen muss, verständliche und

umfangreiche Informationen hinsichtlich einer möglichen medizinischen Behandlung und

deren Alternativen an die betroffenen Menschen mit IB weiterzugeben und dabei alle

relevanten Auskünfte für einen „Informed Consent“ zu bieten (Tepper & Elwork, 1984).

Bisher wurden Menschen mit IB häufig bei medizinischen Entscheidungen hinsichtlich

ihrer eigenen Gesundheit und Gesundheitsversorgung ausgeschlossen (West & Parent,

1992) und vor allem an Betreuungspersonen der jeweiligen Individuen mit IB alle

relevanten Infos vermittelt, anstatt diese an die eigentlich wichtigen Personen mit IB zu

geben (Ferguson et al., 2010). Zudem wurde in bisherigen Studien berichtet, dass nur

wenig Wissen in der Population mit IB über ihre eigene verschriebene Medikation besteht,

vor allem was die vorgeschlagene Dauer der Einnahme, aber auch die Nebenwirkungen

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und den Namen des Medikaments (Huneke et al., 2012) und die alternativen

Behandlungsmöglichkeiten betrifft (Arscott et al., 2000). Dies ist bedenklich, da generell

das Informationsverständnis (besonders in jener Gruppe mit IB und Teilbetreuung) in

dieser Studie sowie in der Studie von Cea und Fisher (2003) sehr hoch ausgefallen ist.

Huneke und Kollegen (2012) fordern daher, dass vor allem die Informationsweitergabe an

Personen mit IB im medizinischen Bereich verbessert werden muss und das Verständnis

über medizinische Maßnahmen anschließend sorgfältiger überprüft werden muss bzw.

gegebenenfalls Kommunikationshilfsmittel angewendet werden sollen, um die Weitergabe

von Informationen zu erleichtern bzw. das Verständnis bei den betroffenen Personen zu

fördern. Zudem sollten Schulungen für im Gesundheitsbereich arbeitende Personen

angeboten werden, um Kommunikationstechniken zu erlernen, welche zu einem besseren

Informationsverständnis bei der Zielgruppe führen können. Zuletzt soll noch angemerkt

werden, dass in bisherigen Studien herausgefunden wurde, dass auch Trainings spezieller

Einwilligungsfähigkeiten zu einer deutlichen Verbesserung des „Informed Consent“ führen

(Ferguson & Murphy, 2013). Es sollte daher verstärkt der Fokus auf Möglichkeiten solcher

Maßnahmen für die spezielle Personengruppe mit IB gelegt werden und diesbezügliche

Angebote geschaffen werden.

13.3 Einfluss der Unterstützungsperson auf die Leistungen der Gruppen in Bezug auf

die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit

In dieser Arbeit konnte in Bezug auf die zweite Fragestellung demonstriert werden, dass es

einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Unterstützungsbedingungen (einmal

mit und einmal ohne eine Unterstützungsperson) bei den zwei Gruppen mit intellektueller

Beeinträchtigung in Bezug auf die vier Leistungen im MacCAT-T gab. Bei Betrachtung

der deskriptiven Daten ist es ersichtlich, dass sich alle Leistungen der vier Subskalen

deutlich in der Bedingung mit einer Unterstützungsperson erhöht haben.

Nach Einschätzung der Studienleiterin können diese Ergebnisse vorwiegend auf die reine

Anwesenheit der jeweiligen Unterstützungspersonen, welche die Studienteilnehmer/innen

mit IB gut kennen und welche möglicherweise ein sicheres und positives Gefühl geben,

zurückgeführt werden, da 75% der anwesenden Unterstützungspersonen während der

Interviewbedingung keine themenspezifischen Äußerungen von sich gegeben haben.

Insgesamt konnten nur drei Personen mit IB eruiert werden, welche in der Bedingung mit

Unterstützungsperson schlechtere Ergebnisse in den vier Subtests des MacCAT-T erbracht

haben. Nach Einschätzung der Autorin kann dieses Ergebnis bei den Dreien darauf

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zurückgeführt werden, dass diese hinsichtlich ihrer Konzentrationsfähigkeit sehr

eingeschränkt und Probleme dabei zeigten, ihre Aufmerksamkeit auf zwei Personen

gleichzeitig zu richten. In einem nachfolgenden Gespräch mit den jeweiligen anwesenden

Unterstützungspersonen wurde deren Meinung eingeholt und es konnte das Bild, welches

sich während des Interviews und in der anschließenden Auswertung gezeigt hat, bestätigt

werden. Alle drei Unterstützungspersonen haben angegeben, dass es den drei

Interviewteilnehmer/innen ihrer Ansicht nach auch generell im Alltag schwer fällt, sich auf

mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren und sie auch das Gefühl hatten, dass die drei

Individuen beim Interview abgelenkt gewirkt hätten bzw. schlechtere Leistungen erbracht

hätten, als sie im Alltag bei Entscheidungssituationen normalerweise zeigen.

Bisher gibt es noch keine vergleichbaren Studien, welche sich den Einfluss einer

Unterstützungsperson auf die Selbstbestimmungsfähigkeit von Menschen mit

intellektueller Beeinträchtigung bei medizinischen Entscheidungen gewidmet haben. Falls

jedoch das Modell der unterstützten Entscheidungsfindung zum Einsatz kommt, sollte

vorwiegend darauf geachtet werden, dass wirklich die Person mit Unterstützungsbedarf im

Fokus steht, und dass die Maximierung ihrer individuellen Selbstbestimmung im

Mittelpunkt steht (Brandstätter, 2013). Zudem muss sich der Bedarf an Unterstützung

unbedingt nach den Bedürfnissen der Personen mit IB richten und passende

Unterstützungsformen je nach Vorliebe und Wunsch des Individuums mit IB gefunden

werden (Brandstätter, 2013). Hierfür ist es erforderlich, dass es allen Personen möglich ist,

diese Unterstützungsangebote nutzen oder ablehnen zu können (Brandstätter, 2013).

Menschen, welche diese Möglichkeiten der Unterstützung nicht nützen möchten, soll es

gewährt werden, diese abzulehnen oder, falls von der Person mit IB gewünscht, soll es

auch gestattet werden, Entscheidungen an andere Menschen, welche man für

vertrauenswürdig hält, abzugeben (Lotan & Ells, 2010).

13.4 Gruppenunterschiede in Bezug auf die sechs exekutiven Funktionen und den

Gesamtwert aus der FAB-D

Die statistischen Ergebnisse zeigten signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen

(keine Betreuung, Vollbetreuung und Teilbetreuung) in Bezug auf die sechs exekutiven

Funktionen, ermittelt durch die Vorgabe der FAB-D. Das Alter und das Geschlecht

konnten als Kovariaten ausgeschlossen werden, lediglich die höchste abgeschlossene

Ausbildung konnte als solche identifiziert werden. Dies konnten auch Benke und Kollegen

(2013) mittels ihrer deutschsprachigen Stichprobe von 401 kognitiv gesunden Personen in

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Tirol demonstrieren, da ihre Varianzanalysen zeigten, dass die Leistung in der FAB-D

stark von der Schulbildung, jedoch nicht vom Geschlecht abhängt. Zudem wurde in dieser

Untersuchung auch das Alter als signifikante Kovariate ermittelt (Benke et al., 2013).

Insgesamt wurde herausgefunden, dass sich alle drei Gruppen hinsichtlich der Fähigkeit

der Konzeptualisierung, der formallexikalischen Wortflüssigkeit, der Sensitivität für

Beeinflussungen und der Hemmungskontrolle signifikant voneinander unterscheiden. Bei

den motorischen Serien konnten nur zwischen der Gruppe ohne IB und keiner Betreuung

und der Gruppe mit IB und Teilbetreuung, sowie der Gruppe ohne IB und der Gruppe mit

Vollbetreuung signifikante Unterschiede gezeigt werden, nicht aber zwischen der Gruppe

mit Teilbetreuung und der Gruppe mit Vollbetreuung. Keine signifikanten

Gruppendifferenzen wurden im Untertest der Umweltautonomie der FAB-D ermittelt.

Bei Betrachtung der deskriptiven Ergebnisse konnte festgestellt werden, dass alle

Leistungen in der Gruppe ohne intellektuelle Beeinträchtigung (keine Betreuung) am

besten ausgefallen sind, gefolgt von der Gruppe mit IB und in Teilbetreuung und zuletzt

der Gruppe mit IB und in einem vollbetreuten Setting lebend. Einzige Ausnahme stellt der

Untertest zur Umweltautonomie dar, bei dem auch die Gruppe der Personen mit IB und

Teilbetreuung gleich gute Ergebnisse wie die Gruppe ohne IB erzielen konnte.

Diese präsentierten Ergebnisse können mit den Daten aus der Studie von Sgaramella und

Kollegen (2012) unter Vorbehalt verglichen werden, da diese keine Einteilung nach der

genützten Betreuungsform der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sondern nach

dem Abschneiden im „Raven`s Coloured Progressive Matrices- Test“ vorgenommen

haben. In der Studie von der Autorenschaft wurde die Stichprobe nach Menschen mit

geringer, mittelgradiger und schwerer IB gruppiert. Bezugnehmend auf die Erklärung,

warum ein Vergleich der Studien dennoch mit Vorbehalt durchgeführt werden kann, findet

sich im Kapitel 13.2. In der Untersuchung von Sgaramella et al. (2012) wurden ähnlich wie

in dieser Diplomarbeitsstudie Gruppenunterschiede für alle Subtests der FAB außer für den

der Umweltautonomie ermittelt. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Auswertungsdaten der

vorliegenden Untersuchung. Zudem konnte ein progressiver Abfall der Leistungen mit

zunehmendem Schweregrad der Beeinträchtigung gezeigt werden (Sgaramella et al.,

2012), was mit den Ergebnissen dieser Diplomarbeitsstudie belegt werden kann, wenn man

davon ausgeht, dass der Grad der Beeinträchtigung mit dem genützten Betreuungsformat

zusammenhängt, was bedeutet, dass Menschen mit geringer IB eher in teilbetreuten und

Personen mit mittelgradiger bzw. schwerer IB eher in vollbetreuten Einrichtungen leben.

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In beiden Untersuchungen konnten keine Geschlechtseffekte gezeigt werden. Alterseffekte

konnten in der vorliegenden Arbeit nicht demonstriert werden, in der Studie von

Sgaramella und Kollegen (2012) erst dann, wenn drei Altersgruppen gebildet wurden.

Diese Altersunterschiede wurden jedoch nur für die Untertests Gemeinsamkeiten und für

die motorische Programmen bekundet, wobei Post-Hoc Tests gezeigt haben, dass sich

junge Menschen mit IB (18-25 Jahre) von Menschen im mittleren Alter (26-35 Jahre) bei

den motorischen Programmen signifikant voneinander unterschieden haben und es

signifikante Differenzen zwischen der jungen Gruppe mit IB und der alten Gruppe mit IB

(36-45 Jahre) sowohl im Untertest der Gemeinsamkeiten als auch bei den motorischen

Programmen gegeben hat.

13.5 Gruppenunterschiede in Bezug auf die drei Bereiche der FAB-D (Kognition,

Kontrolle und motorische Programme)

Für die Fragestellung, ob es signifikante Unterschiede zwischen den drei Gruppen

(vollbetreut, teilbetreut und keine Betreuung) hinsichtlich der drei gebildeten Bereiche der

exekutiven Funktionen (Kognition, Kontrolle und motorische Programme) gibt, ermittelt

durch die Vorgabe der FAB-D, konnte gezeigt werden, dass sich alle drei Gruppen in allen

Bereichen signifikant voneinander unterscheiden. Zum Bereich der Kontrolle wurden

hierzu folgende Subtests gezählt: Hemmungskotrolle und Umweltautonomie, zur

Kognition: Konzeptualisierung und formallexikalische Wortflüssigkeit, und zum Bereich

der motorischen Programme: motorische Serien und die Sensitivität für Beeinflussungen.

Dieses Ergebnis konnte in der Untersuchung von Sgaramella und Kollegen (2012) nur

teilweise gezeigt werden, da sich die Gruppen ausschließlich in zwei der drei Bereiche

(Kognition und motorische Programme, aber nicht hinsichtlich der Kontrolle) signifikant

voneinander unterschieden haben. In der vorliegenden Untersuchung konnten sowohl das

Alter als auch das Geschlecht nicht als signifikante Kovariaten ermittelt werden, die

höchste abgeschlossene Ausbildung jedoch schon. Auch in den Studien von Sgaramella et

al. (2012) konnten keine Geschlechtseffekte, dafür aber Alterseffekte nachgewiesen

werden.

Menschen ohne IB und keiner Betreuung zeigte in allen drei Bereichen in der vorliegenden

Diplomarbeitsstudie die besten Ergebnisse, gefolgt von Individuen mit IB in Teilbetreuung

und zuletzt die Gruppe der Personen mit IB in einem vollbetreuten Wohnsetting. Dieser

progressive Abfall der Fähigkeiten mit zunehmendem Beeinträchtigungsgrad (bzw.

Betreuungsbedarf) konnte auch in der Vergleichsuntersuchung gefunden werden.

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13.6 Einfluss der exekutiven Funktionen auf die gesundheitsbezogene

Selbstbestimmungsfähigkeit (4 Subtests des MacCAT-T)

Insgesamt vier signifikante Prädiktoren aus der FAB-D (formallexikalische

Wortflüssigkeit, Sensitivität für Beeinflussungen, Konzeptualisierung und die

Umweltautonomie) konnten in Bezug auf die gesundheitsbezogene

Selbstbestimmungsfähigkeit (gemessen mit dem MacCAT-T Gesamtwert) gefunden

werden. Zwei Variablen (motorische Serien und Hemmungskontrolle) wurden jedoch als

mögliche Prädiktoren aus dem Modell ausgeschlossen, da sie keinen signifikanten Wert

aufwiesen. In den anschließenden Korrelationsanalysen, bei denen Zusammenhänge

zwischen den Leistungen in der FAB-D und den vier Subtests sowie dem Gesamtwert des

MacCAT-T betrachtet wurden, konnte demonstriert werden, dass die exekutiven

Fähigkeiten überaus hohe signifikante Zusammenhänge mit drei von vier Skalen des

MacCAT-T zeigen. Nur für die Kompetenz eine Wahl zu treffen konnten keine

signifikanten Zusammenhänge mit den exekutiven Funktionen ermittelt werden.

Vor allem in der Skala bezogen auf das Urteilsvermögen zeigt die Sensitivität für

Beeinflussungen die potenziell höchste Vorhersagekraft.

Zudem wurde ein sehr hoher Zusammenhang zwischen der Fähigkeit der

formallexikalischen Wortflüssigkeit und der Skala des Informationsverständnisses im

MacCAT-T ermittelt und diese Fähigkeit der exekutiven Funktionen zeigt zudem den

höchsten Zusammenhang mit dem Gesamtwert des MacCAT-T. Weitere sehr hohe

Zusammenhänge mit dem Standard der Krankheits- und Behandlungseinsicht weisen

sowohl die Sensitivität für Beeinflussungen als auch die Hemmungskontrolle auf. Vor

allem die Umweltautonomie weist in Bezug auf die vier Skalen des MacCAT-T die

niedrigsten Zusammenhänge auf.

Insgesamt kann daher darauf geschlossen werden, dass die exekutiven Funktionen eine

hohe Vorhersagekraft für die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit (gemessen

anhand der vier Standards des MacCAT-T) besitzen, ausgenommen für die Fähigkeit, eine

Wahl zu treffen. Diese exekutiven Funktionen scheinen in Bezug auf bisherige Studien

eine bessere Vorhersagekraft für eine Entscheidungsfähigkeit zu haben als ein IQ-Wert

(Willner et al., 2010b). Auch weitere Studien, welche sich mit dem Einfluss der exekutiven

Funktionen auf die Einwilligungsfähigkeit von Personen ohne IB sondern mit Demenz

beschäftigt haben, konnten demonstrieren, dass exekutive Funktionen als signifikante

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Prädiktoren für die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit ermittelt werden

konnten (Dymek et al., 1999; Marson et al., 1996; Moye et al., 2007).

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14. Resümee und weiterführende Überlegungen

Diese Untersuchung zeigte zusammengefasst, dass es für viele Menschen mit

intellektueller Beeinträchtigung (vor allem für jene in einem teilbetreuen Wohnsetting)

möglich ist, in risikoarme Behandlungen einzuwilligen und vor allem die notwendigen

Fähigkeiten für das behandlungsspezifische Informationsverständnis aufzubringen. Zudem

konnte veranschaulicht werden, dass sich die Kompetenzen der betroffenen Personen mit

IB durch die Anwesenheit einer Unterstützungsperson deutlich erhöht haben, und dass,

schlussfolgernd daraus, die unterstützte Entscheidungsfindung eine gute Möglichkeit

darstellen kann, um die (gesundheitsbezogene) Selbstbestimmungsfähigkeit von

Individuen mit intellektueller Beeinträchtigung zu verbessern. Weiters konnten deutliche

Unterschiede zwischen Personen mit IB und ohne IB in verschiedenen

Betreuungssituationen hinsichtlich der exekutiven Funktionen demonstriert werden und es

lässt den Schluss zu, dass die EF eine hohe Vorhersagekraft für die gesundheitsbezogene

Selbstbestimmungsfähigkeit (gemessen anhand der vier Standards des MacCAT-T)

besitzen, ausgenommen für die Fähigkeit eine Wahl zu treffen.

Ein Diskussions- bzw. Kritikpunkt an der vorliegenden Untersuchung ist sicherlich, dass

die Ergebnisse eventuell nicht verallgemeinert werden können, da den Interviewpersonen

die Informationen über hypothetische Vignetten präsentiert wurden und keine realen

Behandlungssituationen stattgefunden haben. Die Fähigkeit in medizinische Maßnahmen

einzuwilligen könnte größer sein, wenn diese persönliche Relevanz aufweist und die

behandelnden Ärzte und Ärztinnen zusätzlich die Möglichkeit bekommen, die geplanten

medizinischen Eingriffe konkreter zu demonstrieren. Zudem waren die dargestellten

Behandlungsszenarien risikoarm und von großem Gewinn für die dargestellten fiktiven

Patienten/innen.

Für zukünftige Forschung ist es daher notwendig, dass keine hypothetischen Vignetten

sondern reale Situationen bezüglich des „Informed Consent“ zum Einsatz kommen

(Goldsmith et al., 2008). Weiters sind größere Stichprobenanzahlen relevant, um bessere

und vor allem allgemein gültigere Aussagen über die Personengruppe mit IB im Vergleich

zur allgemeinen Bevölkerung treffen zu können (Goldsmith et al., 2008). Die Ergebnisse

der Diplomarbeitsuntersuchung unterstreichen jedoch die menschenrechtsethischen

Anforderungen, die sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben, nämlich dass

die Berufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich die grundlegenden Rechte von Personen

mit IB respektieren sollen und nicht annehmen dürfen, dass die intellektuelle

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Beeinträchtigung automatisch dazu führt, dass diese Personen bezüglich einer

Entscheidung inkompetent sind (Ellis, 1992). Es müssen mögliche

Unterstützungsmaßnahmen im Gegensatz zu den entmündigen Vertretungsmodellen

geschaffen werden, um eine größtmögliche Entscheidungskompetenz bei den betroffenen

Personen hervorzurufen. Wenn Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung die

Möglichkeit gegeben wird, eigene Wahlen zu treffen, ist es wichtig, dass

Familienmitglieder und Betreuungspersonen zu verstehen lernen, dass eine Wahl

verschiedene Formen annehmen kann (Brown & Brown, 2009). Die Gefahr in Familien

und institutionellen Einrichtung besteht jedoch, dass persönliche Wünsche und

Entscheidungen der Betroffenen ignoriert werden und dies zu Frustration und negativem

Verhalten bei der betroffenen Person führen kann (Brown & Brown, 2009). Wenn

Entscheidungen bzw. Wahlen der Menschen mit IB zugelassen werden, kann es auch sein,

dass diese einen Misserfolg nach sich ziehen und die betroffenen Individuen die

Verantwortung tragen müssen, dies ist jedoch für Angehörige und zuständige

Betreuungspersonen nicht immer einfach zu akzeptieren (Brown & Brown, 2009). Vor

allem bei solchen Angelegenheiten ist es wichtig, dass es klar formulierte Gesetze gibt,

welche die größtmögliche Entscheidungskompetenz erlauben und notwendige

Unterstützungsmaßnahmen regeln, jedoch beachtet, dass kein Nachteil für die

Personengruppe mit IB entsteht.

Um Entscheidungen bzw. Wahlen von Menschen mit IB zu fördern erscheint es sehr

wichtig, dass die eingesetzten Strategien individuell sind und sorgfältig geplant sowie

umgesetzt werden (Mithaug, Mithaug, Agran, Martin, & Wehmeyer, 2003; zitiert nach

Brown & Brown, 2009) sowie regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden und in

systematischer Weise evaluiert werden. Zudem sollten relevante Hilfsmittel (v.a.

hinsichtlich der Kommunikation) und gut evaluierte Trainingsmaßnahmen für Menschen

mit IB und deren Unterstützungspersonen in Zukunft entwickelt werden.

Vor allem im deutschsprachigen Raum wurden bisher noch viel zu wenige Studien

bezogen auf die Selbstbestimmungsfähigkeit von Menschen mit IB im Gesundheitsbereich

und den Einfluss von unterstützenden Maßnahmen sowie die Rolle der exekutiven

Funktionen durchgeführt, sodass die vorliegende Diplomarbeit als Pilotuntersuchung

betrachtet werden kann und zukünftig vermehrt der Fokus auf Forschungsarbeiten

bezüglich dieser Themengebiete gerichtet werden sollte. Bisher wurde durch die UN-

Konvention vor allem erkannt, dass Menschen mit IB größtmögliche Selbstbestimmung im

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eigenen Leben ermöglicht werden soll, da die bisherigen Vertretungsmodelle bei

anstehenden Entscheidungen in den einzelnen Ländern gegen die Rechte dieser

Personengruppe sprechen und es für eine Verbesserung der Lebens- und

Entscheidungssituation von Individuen mit IB gravierender Änderungen vor allem auf

politisch- gesetzlicher Ebene bedarf.

Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass in naher Zukunft verschiedene Modelle der

unterstützten Entscheidungsfindung entwickelt und anschließend evaluiert werden müssen,

welche die Vertretungsmodelle in den einzelnen Ländern ersetzen können. Vor allem in

der Übergangszeit zu einem unterstützten Entscheidungsfindungsmodell soll das

Sachwalterrecht novelliert werden und das Ziel verfolgen, die Selbstbestimmung von

Menschen mit IB zu stärken. Derzeit gibt es jedoch noch viele offene Fragen, mit denen

man sich noch intensiv auseinandersetzen muss, wie beispielsweise die Modelle der

unterstützten Entscheidungsfindung in den einzelnen Ländern finanziert werden können

und wie die Möglichkeiten der Realisierung hinsichtlich des personellen Aufwandes

aussehen können, aber auch welche Ausbildungen und Trainings für

Unterstützungspersonen und Personen mit intellektueller Beeinträchtigung für den Prozess

der Entscheidungsfindung hilfreich wären.

Mit dem Zitat von Benjamin Franklin: „Die Menschen sind in drei Kategorien unterteilt:

Diejenigen, die sich nicht bewegen, die sich bewegen können und diejenigen, die

bewegen.“ soll die vorliegende Diplomarbeit beendet werden, denn mithilfe dieser

Untersuchung wurde von der Autorin angestrebt, die problematische Situation bezüglich

des Treffens von Entscheidungen bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und

den Einfluss einer Unterstützungsperson aufzudecken und rechtliche sowie praxisbezogene

Veränderungen für diese Personengruppe ins Auge zu fassen. Somit kann diese Arbeit der

dritten Kategorie zugeordnet werden, welche etwas zu bewegen versucht.

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157

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Kategorien der Intelligenzminderung im ICD-10 (Dilling et al., 2010, S. 277ff.) ........... 19

Tabelle 2 Studiendesign im Überblick.............................................................................................. 82

Tabelle 3 KS-Testergebnisse für die vier Standards und den Gesamtwert aus dem MacCAT-T ... 109

Tabelle 4 Statistische Ergebnisse der Mixed-Design ANOVA ....................................................... 112

Tabelle 5 Deskriptiv statistische Ergebnisse des MacCAT-T ......................................................... 115

Tabelle 6 KS-Testergebnisse für die sechs Skalen und den Gesamtwert der FAB-D und für die drei

Bereiche (Kognition, Kontrolle und motorische Programme) ....................................................... 117

Tabelle 7 Deskriptiv statistische Ergebnisse der FAB-D ............................................................... 119

Tabelle 8 Deskriptiv statistische Ergebnisse der FAB-D bezogen auf die 3 Bereiche ................... 121

Tabelle 9 Modellprüfung mittels multipler linearer Regression .................................................... 123

Tabelle 10 Ergebnisse der Korrelationsanalysen in Bezug auf die FAB-D und den MacCAT-T .. 124

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159

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Komponenten von Gesundheit

(DIMDI, 2014, o.S.) ......................................................................................................................... 17

Abbildung 2. Gesamtstichprobe bezogen auf das Alter ................................................................. 102

Abbildung 3. Anzahl an aufrechten Sachwalterschaften in den Gruppen mit IB (VG1=

Teilbetreuung; VG2= Vollbetreuung) ............................................................................................ 105

Abbildung 4. Aufgabenbereiche der Sachwalter/innen in der Gruppe der Menschen mit IB und

Teilbetreuung ................................................................................................................................. 106

Abbildung 5. Aufgabenbereiche der Sachwalter/innen in der Gruppe der Menschen mit IB und

Vollbetreuung ................................................................................................................................. 106

Abbildung 6. Interaktionsdiagramme für die Faktoren Betreuungsform und Anwesenheit der

Unterstützungsperson ..................................................................................................................... 113

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161

Anhang

Anhang 1: Zusammenfassung / Abstract

Zusammenfassung

Ziele: Das Ziel dieser Studie war es Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne

intellektuelle Beeinträchtigung hinsichtlich der gesundheitsbezogenen

Selbstbestimmungsfähigkeit sowie den Effekt einer Unterstützungsperson zu zeigen.

Darüber hinaus wurde der Einfluss der exekutiven Funktionen auf die

Einwilligungsfähigkeit beleuchtet.

Methode: Es wurden hierfür die Fähigkeiten von erwachsenen Menschen mit

intellektueller Beeinträchtigung, welche in a) vollbetreuten b) teilbetreuten und c) keinen

Betreuungseinrichtungen in Österreich leben, hinsichtlich des Verständnisses von

hypothetischen Behandlungsvignetten und der Auseinandersetzung mit relevanten

Informationen in Bezug auf eine Behandlungseinwilligung erhoben. Verwendet wurde

hierfür die deutsche Version des MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment

(MacCAT-T). Zwei standardisierte und übersetzte Behandlungsvignetten wurden in zwei

unterschiedlichen Bedingungen präsentiert, einmal mit einer Unterstützungsperson und

einmal ohne. Darüber hinaus wurden die exekutiven Funktionen von allen

Studienteilnehmer/innen mittels der deutschen Version der Frontal Assessment Battery

(FAB-D) ermittelt, um mögliche Gruppenunterschiede und den Einfluss dieser Fähigkeiten

auf die gesundheitsbezogene Selbstbestimmungsfähigkeit aufzudecken.

Ergebnisse: Die statistischen Analysen zeigen signifikante Unterschiede zwischen den

Gruppen hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Selbstbestimmungsfähigkeit und die

Kompetenzen erhöhten sich deutlich in der Unterstützungsbedingung. Zudem konnten

signifikante Gruppenunterscheide hinsichtlich der exekutiven Funktionen aufgedeckt

werden und diese Funktionen weisen wiederum einen signifikanten Einfluss auf die

Entscheidungskompetenzen auf.

Konklusionen: Auswirkungen dieser Ergebnisse für Menschen mit intellektueller

Beeinträchtigung werden beleuchtet und Möglichkeiten der Umsetzung der unterstützten

Entscheidungsfindung werden diskutiert.

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162

Abstract

Aims: The aim of this study was to demonstrate differences between people with ID and

without ID concerning the legal capacity to take health-care decisions within a supported

decision-making relation. Furthermore the influence of the executive functions on the

ability to consent to treatment was investigated.

Method: The abilities of all participants living in environments a) fully-supported b)

partially-supported and c) independently were investigated to understand hypothetical

medical treatments and to reason about the treatment-related information with the German

version of the MacArthur Competence Assessment Tool-Treatment (MacCAT-T). Two

standardized and translated treatment vignettes were presented in two conditions, a

supported-decision condition and the other without that support. Moreover the executive

functions of all persons were assessed using the German version of the Frontal Assessment

Battery (FAB-D) to detect differences between the groups and influences on the ability to

consent to treatment.

Results: Statistical Analysis show significant differences between the three groups

concerning the legal capacity to make informed consent to treatment and the abilities of all

persons with ID increased significantly with the presence of a support person. Furthermore

significant differences between the three groups are found concerning the executive

functions and these functions show significant influence on the capability to give informed

consent.

Conclusions: Implications of findings for persons with ID are mentioned and possibilities

to implement supported decision-making are discussed.

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163

Anhang 2: Soziodemografischer Fragebogen

Klienten/innencode:___________

In diesem Fragebogen werden Sie zu verschiedenen persönlichen Daten

befragt. Sämtliche Ihrer Angaben werden selbstverständlich vertraulich

behandelt und dienen ausschließlich statistischen Zwecken, um die Gesamtheit

aller Teilnehmer/innen besser beschreiben zu können.

1) Bitte geben Sie Ihr Alter in Jahren an:

2) Bitte geben Sie Ihr Geschlecht an:

männlich □ weiblich □

3) Bitte machen Sie Angaben zu Ihrem Herkunftsland:

Österreich

Anderes Land:

4) Bitte wählen Sie Zutreffendes zu Ihrem aktuellen Familienstand aus:

verheiratet

geschieden

verwitwet

in einer Beziehung

alleinstehend

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164

5) Bitte wählen Sie Zutreffendes zu Ihrer aktuellen Wohnsituation aus:

bei den Eltern/bei einem Elternteil

alleine

mit Partner/in

in einer Wohngemeinschaft

in Einrichtung einer Institution/ eines Vereins

6) Bitte geben Sie Ihre höchste abgeschlossene Ausbildung an:

Volksschule

Pflichtschule

Fachschule ohne Matura

Lehre/Berufsschule

Matura

Universität/ Fachhochschule

Keine abgeschlossene Ausbildung

Sonderschule □

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165

7) Bitte machen Sie eine Angabe bezüglich Ihrer Erwerbstätigkeit:

(auch Mehrfachnennungen möglich)

berufstätig

arbeitssuchend

in Ausbildung

in Karenz

Hausfrau/ -mann

in einer Werkstätte

in Pension

8) Wurde bei Ihnen schon einmal eine psychische Erkrankung festgestellt?

Ja □ Nein □

Wenn ja, welche:

9) Werden Sie derzeit durch eine/n Sachwalter/in vertreten?

Ja □ Nein □

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166

Folgende Fragen sind nur auszufüllen, wenn Frage 10 mit „Ja“ beantwortet wurde:

10) In welchen Bereichen werden Sie durch eine/n Sachwalter/in vertreten:

(auch Mehrfachnennungen möglich)

Vertretung gegenüber Behörden, Ämtern oder privaten

Vertragspartnern/innen

Vertretung bei finanziellen Angelegenheiten

Vertretung bei medizinischen Angelegenheiten

Vertretung bei sozialen Angelegenheiten

Vertretung bei Änderung des Wohnortes

11) Wer erfüllt bei Ihnen die Aufgabe des/der Sachwalters/in:

eine nahestehende Person

ein Sachwalterverein

ein Rechtsanwalt/ eine Rechtsanwältin

ein Notar/ eine Notarin

eine andere geeignete Person:

12) Bitte geben Sie an, wie zufrieden Sie mit der Tätigkeit Ihres Sachwalters/Ihrer

Sachwalterin sind:

sehr unzufrieden unzufrieden weder noch zufrieden sehr zufrieden

□ □ □ □ □

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167

13) Bitte schätzen Sie ein, wie intensiv Sie bei anstehenden Entscheidungen von Ihrem/r

Sachwalter/in bisher miteinbezogen wurden?

Gar nicht ein wenig mittelmäßig ziemlich sehr

□ □ □ □ □

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

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168

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169

Anhang 4: MacCAT-T Record Form (Allergie)

Deutsche Bearbeitung und Übersetzung von Jochen Vollmann 2/96

Adaptierte Version für die Diplomarbeitsstudie

MacCAT-T Record Form

KlientenInnencode:

InterviewerInnencode:

Datum: Uhrzeit: Ort:

Untersuchung des Verstehens- Informationsmitteilung

Frage: »Bitte erklären Sie mit eigenen Worten, was ich Ihnen über die gesundheitlichen

Probleme von der Person XY (Name der Person einsetzen) gesagt habe!«

(Wiederholen Sie notfalls die hypothetische Vignette!)

Frage Antwort des/der Klienten/in

# 1 Diagnose

Allergie gegen Staub, Blumen und Bäume

Rating (0-2 Pkt.):

# 2 Krankheitsmerkmal

- Niesen

- Juckende Augen

Rating (0-2 Pkt.):

# 3 Krankheitsmerkmal

- Laufende Nase

- Kopfschmerzen

Rating (0-2 Pkt.):

# 4 Krankheitsmerkmal

- Probleme beim Schlafen

Rating (0-2 Pkt.):

# 5 Krankheitsverlauf

- Soziale Isolation

- Starke Müdigkeit

- Vermeidung von Spaziergängen im

Freien

Rating (0-2 Pkt.):

A

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170

Verstehensstörungen

(Gesamtpunktzahl 0-10 Pkt.):

Sonstiges:

Untersuchung der Einschätzung

Frage: »Nun, so beurteilen wir das Problem der Person XY (Name der Person einsetzen).

Stimmen Sie dem zu, oder haben Sie Zweifel an der Einschätzung«

Zustimmung … Ablehnung … Zweifel … (bitte ankreuzen)

Untersuchung bei KlientenInnenwiderspruch oder bei KlientenInnenambivalenz:

Erklärung des/der Klienten/in

(bei Ablehnung: »Was denken Sie, was die Ursache des Problems bei Person XY ist?«

Rating (0-2 Pkt.):

Verstehen der vorgeschlagenen Behandlung:

Frage: »Bitte wiederholen Sie mit ihren eigenen Worten, welche Behandlung bei Person XY

(Name der Person eintragen) vorgeschlagen wurden!«

(Wiederholen Sie die hypothetische Vignette, falls es notwendig ist!)

Frage Antwort des/der Klienten/in

# Name der Behandlung

Gabe von Allergiespritzen

Rating (0-2 Pkt.):

# 2 Merkmal der Behandlung

Allergiespritze: ist eine Nadel gefüllt mit

Medizin, welche in den Arm gegeben wird

Rating (0-2 Pkt.):

# 3 Merkmal der Behandlung

Verabreichung von 6 Spritzen

Rating (0-2 Pkt.):

# 4 Merkmal der Behandlung

Dauer: 6 Wochen lang

Rating (0-2 Pkt.):

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171

Verstehen der vorgeschlagenen

Behandlung (Gesamtpunktzahl: 0- 8 Pkt.):

Sonstiges:

Verstehen von Nutzen und Risiken der Behandlung

Frage: »Bitte wiederholen Sie mit eigenen Worten, was ich Ihnen zu Nutzen und Risiken der

Behandlung von der Person XY (Name der Person eintragen) erklärt habe.«

# 1 Nutzen

- Kein Niesen

- Keine juckenden Augen

Rating (0-2 Pkt.):

# 2 Nutzen

- Keine laufende Nase

- Keine Kopfschmerzen

- Keine Probleme beim Schlafen

Rating (0-2 Pkt.):

# 3 Risiko

- Kurzfristige Schmerzen im Arm

(Zwicken)

- Längerfristige Schmerzen im Arm

Rating (0-2 Pkt.):

# 4 Risiko

- Juckreiz nach jeder Spritze

- Rötung der Stelle am Arm

Rating (0-2 Pkt.):

Verstehen von Nutzen und Risiken der

Behandlung (Gesamtpunktzahl: 0-8 Pkt.):

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172

Sonstiges:

Anerkennung der Behandlungsmöglichkeit

Frage: »Sie können später entscheiden, ob die Person XY (Name der Person eintragen) an der

Behandlung teilnehmen soll oder nicht. Wir werden darauf zurückkommen. Unabhängig

davon, denken Sie, dass die Person XY (Name der Person eintragen) durch die Behandlung

einen Nutzen haben könnte?«

Zustimmung … Ablehnung … Zweifel … (bitte

ankreuzen)

Interviewer/in: »So, Sie meinen also, dass die Person XY (Name der Person eintragen) durch

die Behandlung…

Warum meinen Sie das? Können Sie mir das erklären?«

Einschätzung der Behandlung (0-2 Pkt.):

Erste Wahl und Begründung

Wahl: »Lassen Sie uns über die Wahlmöglichkeiten der Person XY (Name der Person

eintragen) sprechen. Was meinen Sie, was das Beste für Person XY (Name der Person

eintragen) ist: an der Behandlung teilzunehmen oder diese sein zu lassen?«

Teilnahme … Keine Teilnahme … (bitte ankreuzen)

Interviewer/in: »Sie denken also, dass … Sagen Sie mir, warum die Person XY (Name der

Person eintragen) lieber an der Behandlung teilnehmen als nicht teilnehmen soll (oder

umgekehrt!)«

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173

Erklärung des/der Klienten/in

Schlussfolgern (0-2 Pkt.)

Vergleichen (0-2 Pkt.)

Folgen erkennen können

Frage 1: »Ich habe Ihnen mögliche Vorteile und Risiken der Behandlung genannt. In welcher

Weise kann die Behandlung und die Ergebnisse das alltägliche Leben der Person XY (Name

der Person eintragen) zu Hause oder am Arbeitsplatz beeinflussen?«

Konsequenzen 1:

- Kann wieder aus dem Haus gehen um ihre/seine Freunde zu treffen

- Nicht müde bei der Arbeit

Konsequenzen-1 Rating (0-1 Pkt.)

Frage 2: »Lassen Sie uns nun annehmen, dass Person XY (Name der Person eintragen) an der

Behandlung nicht teilnimmt. Wie würde dadurch das Leben der Person XY (Name der Person

eintragen) (zu Hause/Arbeitsplatz) beeinflusst werden?«

Konsequenzen 2:

- Trifft nur mehr selten ihre/seine Freunde

- Starke Müdigkeit bei der Arbeit

Konsequenzen-2 Rating (0-1 Pkt.)

Folgen erkennen können

(Gesamtpunktzahl: 0-2 Pkt.)

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174

Endgültige Entscheidung:

Frage: »Am Anfang unseres Gesprächs haben Sie für Person XY (Name der Person eintragen)

bevorzugt…

Wie entscheiden Sie jetzt, nachdem wir alles besprochen haben?«

Wahl

Ausdrücken der Wahl (0-2 Pkt.):

Logische Konsistenz der Entscheidung

Frage: »Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?«

Erklärung des/der Klienten/in

Logische Konsistenz (0-2 Pkt.)

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175

Identifikation:

MacCAT-T Rating Summary

Summe der

Einschätzungs-

punkte

%

Anzahl der

Einzelpunkte

=

Punkte

insgesamt

1. Verstehen

1.1 Krankheit :5 =

1.2 Behandlung :4 =

1.3 Vorteile/Risiken :4 =

Verstehens-

einschätzung

(Gesamtpunktzahl):

(0-6 Pkt.)

2. Einschätzung

2.1 Krankheit

2.2 Behandlung

Einschätzung der

Krankheits- und

Behandlungseinsicht

(Gesamtpunktzahl):

(0-4 Pkt.)

3. Urteilsvermögen

3.1 Schlussfolgern

3.2 Vergleichen

3.3 Konsequenzen

erkennen

3.4 Logische Konsistenz

Einschätzung des

Urteilsvermögens

(Gesamtpunktzahl):

(0-8 Pkt.)

4. Eine Wahl treffen

Einschätzung der

Fähigkeit eine Wahl

zu treffen

(Gesamtpunktzahl):

(0-2 Pkt.)

Gesamtpunktzahl:

(0-20 Pkt.)

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176

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177

Anhang 5: MacCAT-T Record Form (Aggressives Verhalten)

Deutsche Bearbeitung und Übersetzung von Jochen Vollmann 2/96

Adaptierte Version für die Diplomarbeitsstudie

MacCAT-T Record Form

KlientenInnencode:

InterviewerInnencode:

Datum: Uhrzeit: Ort:

Untersuchung der Verstehens- Informationsmitteilung

Frage: »Bitte erklären Sie mit eigenen Worten, was ich Ihnen über die gesundheitlichen

Probleme von der Person XY (Name der Person einsetzen) gesagt habe!«

(Wiederholen Sie notfalls die hypothetische Vignette!)

Frage Antwort des/der Klienten/in

# 1 Diagnose

Aggressives Verhalten

Rating (0-2 Pkt.):

# 2 Krankheitsmerkmal

- Ist wütend

Rating (0-2 Pkt.):

# 3 Krankheitsmerkmal

- Schreit

Rating (0-2 Pkt.):

# 4 Krankheitsmerkmal

- Beginnt zu streiten

Rating (0-2 Pkt.):

# 5 Krankheitsverlauf

- Arbeitsverlust

- Verlust von Freunden

Rating (0-2 Pkt.):

aV

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178

Verstehensstörungen

(Gesamtpunktzahl 0-10 Pkt.):

Sonstiges:

Untersuchung der Einschätzung

Frage: »Nun, so beurteilen wir das Problem der Person XY (Name der Person einsetzen).

Stimmen Sie dem zu, oder haben Sie Zweifel an der Einschätzung«

Zustimmung … Ablehnung … Zweifel … (bitte ankreuzen)

Untersuchung bei KlientenInnenwiderspruch oder bei KlientenInnenambivalenz:

Erklärung des/der Klienten/in

(bei Ablehnung: »Was denken Sie, was die Ursache des Problems bei Person XY ist?«

Rating (0-2 Pkt.):

Verstehen der vorgeschlagenen Behandlung:

Frage: »Bitte wiederholen Sie mit ihren eigenen Worten, welche Behandlung bei Person XY

(Name der Person eintragen) vorgeschlagen wurden!«

(Wiederholen Sie die hypothetische Vignette, falls es notwendig ist!)

Frage Antwort des/der Klienten/in

# Name der Behandlung

Gabe eines Medikaments (Sentaril)

Rating (0-2 Pkt.):

# 2 Merkmal der Behandlung

2 Mal tägliche Medikamenteneinnahme

(morgens und abends)

Rating (0-2 Pkt.):

# 3 Merkmal der Behandlung

Dauer: mehrere Wochen lang

Rating (0-2 Pkt.):

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179

# 4 Merkmal der Behandlung

Unsichere Wirkung

Rating (0-2 Pkt.):

Verstehen der vorgeschlagenen

Behandlung (Gesamtpunktzahl: 0- 8 Pkt.):

Sonstiges:

Verstehen von Nutzen und Risiken der Behandlung

Frage: »Bitte wiederholen Sie mit eigenen Worten, was ich Ihnen zu Nutzen und Risiken der

Behandlung von der Person XY (Name der Person eintragen) erklärt habe.«

# 1 Nutzen

- Bleibt ruhig

- Kein Schreien

Rating (0-2 Pkt.):

# 2 Nutzen

- Keine Streits

- Erlaubnis zur Arbeit zu kommen

Rating (0-2 Pkt.):

# 3 Risiko

- Gefühl des Krankseins

- Schwindelgefühl

Rating (0-2 Pkt.):

# 4 Risiko

- Müdigkeit

- Trockener Mund

Rating (0-2 Pkt.):

Verstehen von Nutzen und Risiken der

Behandlung (Gesamtpunktzahl: 0-8 Pkt.):

Sonstiges:

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180

Anerkennung der Behandlungsmöglichkeit

Frage: »Sie können später entscheiden, ob die Person XY (Name der Person eintragen) an der

Behandlung teilnehmen soll oder nicht. Wir werden darauf zurückkommen. Unabhängig

davon, denken Sie, dass die Person XY (Name der Person eintragen) durch die Behandlung

einen Nutzen haben könnte?«

Zustimmung … Ablehnung … Zweifel … (bitte

ankreuzen)

Interviewer/in: »So, Sie meinen also, dass die Person XY (Name der Person eintragen) durch

die Behandlung…

Warum meinen Sie das? Können Sie mir das erklären?«

Einschätzung der Behandlung (0-2 Pkt.):

Erste Wahl und Begründung

Wahl: »Lassen Sie uns über die Wahlmöglichkeiten der Person XY (Name der Person

eintragen) sprechen. Was meinen Sie, was das Beste für Person XY (Name der Person

eintragen) ist: an der Behandlung teilzunehmen oder diese sein zu lassen?«

Teilnahme … Keine Teilnahme … (bitte ankreuzen)

Interviewer/in: »Sie denken also, dass … Sagen Sie mir, warum die Person XY (Name der

Person eintragen) lieber an der Behandlung teilnehmen als nicht teilnehmen soll (oder

umgekehrt!)«

Page 181: Diplomarbeit - univie.ac.atothes.univie.ac.at/32333/1/2014-03-18_0804666.pdf2014/03/18  · (mit IB) hinsichtlich der Entscheidungskompetenz haben. Weiters soll im Theorieteil dieser

181

Erklärung des/der Klienten/in

Schlussfolgern (0-2 Pkt.)

Vergleichen (0-2 Pkt.)

Folgen erkennen können

Frage 1: »Ich habe Ihnen mögliche Vorteile und Risiken der Behandlung genannt. In welcher

Weise kann die Behandlung und die Ergebnisse das alltägliche Leben der Person XY (Name

der Person eintragen) zu Hause oder am Arbeitsplatz beeinflussen?«

Konsequenzen 1:

- Erlaubnis zur Arbeit zu kommen

- Kein Verlust von Freunden

Konsequenzen-1 Rating (0-1 Pkt.)

Frage 2: »Lassen Sie uns nun annehmen, dass Person XY (Name der Person eintragen) an der

Behandlung nicht teilnimmt. Wie würde dadurch das Leben der Person XY (Name der Person

eintragen) (zu Hause/Arbeitsplatz) beeinflusst werden?«

Konsequenzen 2:

- Verlust des Arbeitsplatzes

- Verlust von Freunden

Konsequenzen-2 Rating (0-1 Pkt.)

Folgen erkennen können

(Gesamtpunktzahl: 0-2 Pkt.)

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182

Endgültige Entscheidung:

Frage: »Am Anfang unseres Gesprächs haben Sie für Person XY (Name der Person eintragen)

bevorzugt…

Wie entscheiden Sie jetzt, nachdem wir alles besprochen haben?«

Wahl

Ausdrücken der Wahl (0-2 Pkt.):

Logische Konsistenz der Entscheidung

Frage: »Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?«

Erklärung des/der Klienten/in

Logische Konsistenz (0-2 Pkt.)

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Identifikation:

MacCAT-T Rating Summary

Summe der

Einschätzungs-

punkte

%

Anzahl der

Einzelpunkte

=

Punkte

insgesamt

1. Verstehen

1.1 Krankheit :5 =

1.2 Behandlung :4 =

1.3 Vorteile/Risiken :4 =

Verstehens-

einschätzung

(Gesamtpunktzahl):

(0-6 Pkt.)

2. Einschätzung

2.1 Krankheit

2.2 Behandlung

Einschätzung der

Krankheits- und

Behandlungseinsicht

(Gesamtpunktzahl):

(0-4 Pkt.)

3. Urteilsvermögen

3.1 Schlussfolgern

3.2 Vergleichen

3.3 Konsequenzen

erkennen

3.4 Logische Konsistenz

Einschätzung des

Urteilsvermögens

(Gesamtpunktzahl):

(0-8 Pkt.)

4. Eine Wahl treffen

Einschätzung der

Fähigkeit eine Wahl

zu treffen

(Gesamtpunktzahl):

(0-2 Pkt.)

Gesamtpunktzahl:

(0-20 Pkt.)

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Anhang 6: Hypothetische Behandlungsvignetten

Allergievignette

Anna/Paul fühlt sich nicht gut. Sie/Er hat eine Allergie gegen Staub, Blumen und Bäume.

Sie/Er nießt und ihre/seine Augen jucken. Sie/Er hat auch eine laufende Nase und

Kopfschmerzen. Manchmal niest Anna/Paul so viel, dass sie/er in der Nacht nicht schlafen

kann. Anna/Paul geht daher im Frühling und Sommer nur selten aus dem Haus und möchte

nicht mit ihren/seinen Freunden im Garten sein. Er/sie ist auch sehr müde in der Arbeit.

Anna/Paul geht zu einem Allergiespezialisten. Ein Allergiespezialist ist ein Arzt, der

Menschen mit Allergien hilft um sich besser zu fühlen. Der Arzt sagt Anna/Paul, dass er

ihr/ihm Allergiespritzen geben möchte. Eine Spritze ist eine Nadel gefüllt mit Medizin, die

der Arzt Anna/Paul in den Arm geben möchte. Anna/Paul muss 6 Wochen lang jeweils

einmal pro Woche zum Arzt gehen, um 6 Spritzen zu bekommen. Der Arzt sagt, dass das

Gute daran ist, die Spritzen zu bekommen, dass Anna/Paul keine Allergien mehr haben

wird. Sie/Er wird nicht niesen, wird keine juckenden Augen haben, keine laufende Nase,

keine Kopfschmerzen und es wird für sie/ihn möglich sein zu schlafen. Noch dazu kann

Anna/Paul wieder aus dem Haus gehen um ihre/seine Freunde zu treffen. Der Arzt sagt

Anna/Paul, dass das Schlechte daran ist, die Spritzen zu bekommen, dass sie weh tun

könnten, wie ein Zwicken in ihrem/seinem Arm und er könnte nach jeder Spritze für ein

paar Tage Schmerzen im Arm haben. Zudem kann der Arm nach jeder Spritze jucken oder

eine rote Farbe haben. Der Arzt sagt Anna/Paul, dass wenn sie/er keine Spritzen bekommt,

sie/er auch kein Zwicken in ihrem/seinem Arm spüren wird und dass ihr/sein Arm auch

nicht für ein paar Tage weh tun wird. Der Arzt sagt auch, dass das Schlechte daran ist,

wenn sie/er keine Spritze bekommt, dass Anna/Paul niesen wird, dass ihre/seine Augen

jucken werden, dass ihre/seine Nase laufen wird, dass ihr/sein Kopf schmerzen wird und

sie/er nicht fähig sein wird zu schlafen.

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Aggressives Verhalten- Vignette

Laura/Georg hat ein Problem. Er/sie zeigt aggressives Verhalten. Er/sie wird wütend,

schreit und er/sie beginnt zu streiten an ihrem/seinem Arbeitsplatz. Laura/Georg hat

versucht sein/ihr Verhalten zu kontrollieren und Personen bei der Arbeit um Hilfe gefragt,

aber sie/er kann dieses Verhalten nicht stoppen. Wenn sie/er das Verhalten nicht stoppt,

darf sie/er nicht mehr zur Arbeit kommen und er/sie verliert viele Freunde. Georg/Laura

geht zu einem Psychiater. Ein Psychiater ist ein Arzt, der Personen mit ihrem Verhalten

helfen kann. Der Psychiater sagt Georg/Laura, dass er/sie ein Medikament nehmen könnte,

dass ihm/ihr helfen könnte, dieses Verhalten zu stoppen. Das Medikament heißt Sentaril.

Georg/Laura würde 2 Tabletten nehmen, eine am Morgen und eine am Abend für viele

Wochen. Man weiß jedoch jetzt noch nicht, wie gut dieses Medikament bei Georg/Laura

wirkt. Der Psychiater sagt, dass das Gute daran ist, das Medikament zu nehmen, dass es

Georg/Laura helfen kann, dass er/sie ruhig bleibt. Er/sie würde weniger das Bedürfnis

haben zu schreien oder zu streiten beginnen als jetzt und es würde ihm/ihr erlaubt sein zur

Arbeit zu kommen. Der Psychiater sagt Georg/Laura, dass das Schlechte daran ist, das

Medikament zu nehmen, dass sich Georg/Laura ein wenig krank fühlen wird. Er/sie würde

sich schwindelig oder müde fühlen und sein/ihr Mund würde sich sehr trocken anfühlen.

Der Psychiater sagt Georg/Laura, dass wenn er/sie das Medikament nicht nehmen würde,

dass er/sie sich nicht krank fühlen würde, er/sie würde sich nicht schwindelig oder müde

fühlen und er/sie würde keinen trockenen Mund haben. Der Psychiater sagt auch, dass das

Schlechte daran ist nicht das Medikament zu nehmen, dass Georg/Laura immer noch

wütend werden würde, er/sie schreien und streiten würde, dass er/sie noch härter an der

Kontrolle seines/ihres Verhaltens arbeiten müsste und es ihm/ihr eventuell nicht mehr

erlaubt sein würde, zur Arbeit zu kommen.

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Ad Personam

Katharina Schossleitner

Geburtsdatum

08.03.1990

Geburtsort Linz

Nationalität

Österreich

Kontakt [email protected]

Ausbildung:

seit 2008

Diplomstudium Psychologie an der Universität Wien

2008- 2012

BA Bildungswissenschaft an der Universität Wien

2008

Matura am BG/BRG Gmunden/OÖ

Berufserfahrung:

2012- 2014

Fakultät für Psychologie, Universität Wien

Studienassistentin bei Prof. Dr. Germain Weber

Zusätzliche Qualifikationen:

Sprachkenntnisse Deutsch

Englisch

Spanisch

Latein

Österreichische Gebärdensprache

IT-Kenntnisse MS Office

SPSS Statistics

Sonstiges Führerschein Klasse B

Vorstandsmitglied & Schriftführerin der

Landjugend Rüstorf