DIVSI magazin – Ausgabe 1/2015

28
18.-19. JUNI HAMBURG Your Net – DIVSI Convention 2015 Kongress zur Zukunft der digitalen Welt. 500 Teilnehmer zwischen 16 und 24 Jahren treffen sich in Hamburg. Ministerin Manuela Schwesig ist Schirmherrin Eine Lanze für unsere Jugend Neue Studie vorgelegt Die digitale Dimension der Grundrechte: Es gibt Anpassungsbedarf Hochkarätiges Treffen in Berlin Der „Digitale Kodex“ und das Recht auf Vergessenwerden APRIL 2015

description

zum Inhalt: Your Net – DIVSI Convention 2015. Eine Lanze für unsere Jugend. Und weitere Themen…Herausgeber: DIVSIMittelweg 110 B, 20149 Hamburg

Transcript of DIVSI magazin – Ausgabe 1/2015

  • 18.-19. JUNI HAMBURG

    Your Net DIVSI Convention 2015

    Kongress zur Zukunft der digitalen Welt. 500 Teilnehmer zwischen 16 und 24 Jahren treffen sich in Hamburg. Ministerin Manuela Schwesig ist Schirmherrin

    Eine Lanze fr unsere Jugend

    Neue Studie vorgelegtDie digitale Dimensionder Grundrechte: Es gibt Anpassungsbedarf

    Hochkartiges Treffen in BerlinDer Digitale Kodexund das Recht aufVergessenwerden

    APRIL 2015

  • 18.-19. JUNI HAMBURG

    Haben Sie Fragen oder wnschen weitere Informationen?

    Web: www.divsi.deE-Mail: [email protected]

    Anfragen DIVSI magazin: Michael Schneider, Leitung Kommunikation Tel.: + 49 40 226 369 895 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected]

    Wissenschaftliche Leitung: Joanna Schmlz Tel.: + 49 40 226 369 896 E-Mail: [email protected]

    Herausgeber:Deutsches Institut fr Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) Matthias Kammer, Direktor Mittelweg 110B 20149 Hamburg

    Chefredaktion: Jrgen Selonke (V.i.S.d.P.)

    Autoren: Matthias Kammer, Dr. Till Kreutzer, Verena Mummert, Carsten J. Pinnow, Dr. Snke E. Schulz, Dr. Gttrik Wewer

    Realisierung: Lohrengel Mediendesign Schulterblatt 58 20357 Hamburg

    Verbreitete Auflage: ca. 7.500 Exemplare, Abgabe kostenlos

    Impressum

    3 Editorial Die digitale Welt und der letzte Hort des Analogen

    5

    16

    SCHWERPUNKT INSIDE DIVSI

    4 Eine Lanze fr unsere Jugend Aufrumen mit Vor- urteilen, Ideen sammeln, Anregungen geben

    5 Anmeldungen jetzt mglich: Your Net DIVSI Convention 2015 Bundesministerin Manuela Schwesig ist Schirmherrin

    11 Brauchen wir einen Lsch-Kodex? Verlieren kleinere An- bieter nach dem Urteil des EuGH ihre wirt-schaftliche Grundlage?

    14 Ein Pflock, Vollpfosten und der richtige Weg Info-Veranstaltung im Rahmen des DIVSI-Pro-jekts Digitaler Kodex

    16 Vertrauen ist gut (wann) ist Kontrolle besser? Meeting des Zukunfts- forums ffentliche Sicherheit

    19 Schwchstes Glied ist oft der Mensch Das IKT-Nutzerverhalten hat grundlegenden Ein-fluss auf Datensicherheit

    22 Es gibt Anpassungs- bedarf Die digitale Dimension der Grundrechte Existenz, Funktion und Grenzen

    24 Umparken im Kopf? Vom blinden Vertrauen zu etwas, dem man eigent-lich nicht traut

    27 Aktuelle Bcher22

    Titel: BigLike Images Shutterstock

    4

    2

    Inhalt

  • Die digitale Welt und der

    letzte Hort des Analogen

    Lassen Sie mich ausnahmsweise monothematisch sein. Immerhin drehen sich sieben Seiten dieses Magazins um eine Veranstaltung, die DIVSI seit Monaten in Atem hlt. Noch roundabout 60 Tage, dann wird Matthias Kammer die Your Net DIVSI Conventi-on 2015 erffnen. Dabei treffen sich jun-ge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren zu einem Kongress, bei dem sich alles um Themen der digitalen Welt dreht. Der DIVSI-Direktor bricht denn auch Eine Lanze fr die Jugend (ab S. 4). Anlass und Ziel fr das Meeting lsst sich prob-lemlos mit Aussagen umreien, die mehr oder weniger prominente Menschen ir-gendwann von sich gegeben haben sollen.

    Johann Wolfgang von Goethe jeden-falls hat schon damals gewusst, warum DIVSI die nachwachsende Generation am Herzen liegt: Das Schicksal jedes Volkes und jeder Zeit hngt von den Menschen unter 25 Jahren ab. Willy Brandt htte ihm zugestimmt: Wir brauchen die He-rausforderung der jungen Generation, sonst wrden uns die Fe einschlafen.

    Gleichzeitig sollte die ltere Genera-tion sich manchmal etwas zurckneh-men und Jngeren mehr zutrauen. Das erkannte Luc de Clapiers Vauvenargues, ein franzsischer Philosoph, bereits im 18. Jahrhundert messerscharf: Die jun-gen Leute leiden weniger unter ihren Feh-lern als unter der Weisheit der Alten.

    Wobei sich gelegentlich die Frage stellen lsst: Welche Weisheit? Dies mag ein Zitat belegen, das einer frheren Bun-desministerin zugeschrieben wird. Die wurde von ARD-Kinderreportern gebeten,

    doch mal ein paar verschiedene Browser, die es gibt, zu nennen. Antwort: Brow-ser. Was sindn jetzt noch mal Browser?

    Zugegeben niemand muss alles wissen. Deshalb gilt auch fr sie in Sa-chen Nichtdurchblick, was der deut-sche Maler und Bildhauer Ernst Barlach

    eigentlich auf junge Menschen gemnzt hat: Es ist das Vorrecht der Jugend, Feh-ler zu begehen, denn sie hat genug Zeit, zu korrigieren.

    Damit jungen Menschen weniger Fehler auch im Umgang mit den unend-lichen Mglichkeiten der digitalen Welt unterlaufen, sollte man vielleicht eine Aussage von Gesche Joost, der Inter-netbeauftragten unserer Bundesregie-rung, im Gedchtnis behalten: Andere europische Lnder investieren viel mehr in digitale Kenntnisse und inte-grieren das Thema in die Schule. Eng-land hat gerade ein neues Fach Com-puting eingefhrt in Deutschland herrscht Handyverbot im Klassenraum. Es ist doch absurd, wenn ausgerechnet die Schule der letzte Hort des Analogen und die letzte handyfreie Zone ist! In Deutschland tun viele so, als wre In-ternet nur Rumdaddeln. Diese kultur-pessimistische Haltung ist fatal.

    Auch ber Hinweise dieser Art werden die jungen Teilnehmer mit den Experten verschiedener Fachrichtungen beim Kongress sicherlich reden. Auf die Resul-tate der Diskussionen und Workshops bin ich gespannt. Und neugierig bin ich auf das, was Manuela Schwesig, die Bundes-ministerin fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend, ansprechen wird. Sie hat die Schirmherrschaft fr Your Net DIVSI Convention 2015 bernommen, was die Bedeutung dieser Veranstaltung deutlich unterstreicht.

    Jrgen SelonkeChefredakteur, DIVSI magazin

    3April 2014

  • und verachtet die Autoritt. Die jungen Leute widersprechen ihren Eltern, legen die Beine bereinander und tyrannisie-ren ihre Lehrer.

    Heute wrde dieser groe Denker des Altertums die heftige Kritik wenn er denn der Urheber ist vielleicht noch so ergnzen: Auerdem spielen sie permanent mit ihren Smartphones rum und hngen pausenlos im Internet ab! (s. auch Editorial, S. 3). Ist das so? Die Erfindung von mobilen, internetfhigen Gerten hat dazu gefhrt, dass das On-line-Sein besonders fr die nachwach-sende Generation vollkommen in den Alltag integriert ist. Gemeinsam mit dem SINUS-Institut haben wir in der U25-Studie das Verhalten von Kin-dern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der digitalen

    DIVSI plant auch 2015 eine Reihe von Veranstaltungen und Verf-fentlichungen, die mit Sicherheit bundesweit fr Aufmerksamkeit sorgen drften. Den Auftakt bildete ge-rade das vierte ffentliche Info-Meeting im Zusammenhang mit dem Digitalen Kodex (s. ab Seite 11). Dabei ist das Ge-samtbild unserer diversen Aktivitten in diesem Jahr noch umfassender gewor-den. Erstmals stellen wir ein Forum spe-ziell fr junge Menschen zur Verfgung.

    Der bundesweite Kongress zur Zu-kunft der digitalen Welt wird in Hamburg 500 Teilnehmer zwischen 16 und 24 Jah-ren versammeln. Die Vorbereitungen lau-fen bereits seit Monaten.

    Warum ffnet sich DIVSI so nach-haltig fr die junge Generation? Ich bin berzeugt, dass eine gedeihliche Weiter-

    ZUKUNFT DER DIGITALEN WELT

    Eine Lanze fr unsere JugendAufrumen mit Vorurteilen, Ideen sammeln, Anregungen geben.Matthias Kammer

    entwicklung unserer digitalen Zeit zum Nutzen aller generationsbergreifende Initiativen erfordert. Dabei knnen die Jngeren durchaus auch von den lteren lernen etwa was den sinnvollen Um-gang mit dem Internet angeht. Und die reiferen Semester sollten sich von eini-gen ihrer sorgsam gepflegten Vorurteile befreien.

    Uralt-Kritik. Dieser Konflikt ist keine Erfindung unserer Gegenwart. Junge Menschen mussten sich immer fr man-che ihrer Attitden Kritik von der Eltern-generation anhren. Daran hat sich im Laufe der Jahrtausende nichts gendert. Dem griechischen Philosophen Sokrates, der 399 v. Chr. starb, wird diese Aussage zugeschrieben: Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren

    18.-19. JUNI HAMBURG

    Max Schrems (europe-v-facebook.org), sterreichischer Jurist und Bestsellerautor (Kmpf um deine Daten). Er mischt mit bei der Podiumsdiskussion Privacy wie ffentlich mchtest du sein?

    Privatheit ist fr fast alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ein heies Thema insbesondere im On-line-Kontext, in dem die meisten einen Groteil ihres Alltags verbringen. Dabei ist ein gewisses Ma an Offenheit bezg-lich persnlicher Angaben vor allem in Online-Communitys ein Muss. Risiken werden zwar wahrgenommen, Vertrau-ensdefizite aber offenbar von der zentralen Bedeutung der Online-Community im Alltag der jungen Menschen und der gewohnheitsmigen intensiven Nutzung berlagert.

    18.-19. JUNI HAMBURG

    ExperteAlways on.

    Offline sein zu mssen, ist

    fr viele junge Menschen

    lngst eine Notsituation.

    MaxSchrems

    Anmeldung. Wer dabei sein mchte, der klickt auf www.yournet2015.de

    4

  • Hohe Anerkennung fr Your Net DIVSI Convention 2015 bereits im Vorfeld: Manuela Schwesig, die Bundesministerin fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hat die Schirmherrschaft fr die Veranstaltung bernommen. DIVSI-Direktor Matthias Kammer: ber das Engagement und die Untersttzung von Frau Ministerin Schwesig freuen wir uns sehr. Es ist von allgemeinem gesellschaftspolitischem Interesse, zu erkennen, wo der Trend bei jungen Menschen hingeht und welche Erwartungen, welche Ideen sie im Zusammenhang mit dem digitalen Zeitalter haben.

    Manuela Schwesig wird die 500 Teilnehmer im Ham-burger BeachCenter nicht nur willkommen heien. Von

    groem Interesse drfte fr sie auch der Gedanken-austausch im Rahmen der Workshops sein. So, wie

    die Ministerin bei der Abschlussveranstaltung des YouTube-Wettbewerbs 361 Grad Respekt unter dem Motto Was macht dich stark gegen Cybermobbing? das direkte Gesprch mit den jungen Akteuren gesucht hat.

    Dabei wrdigte Manuela Schwesig deren Einsatz: Ich freue mich, mit wie viel Engage-ment und Kreativitt die Jugendlichen mit ihren Videos gegen Cybermobbing Farbe be-kennen. Im Internet gibt es viel Ausgrenzung und Beleidigungen, auch Diskriminierung und Hass. Gerade weil sich viele hinter dem Schutz der Anonymitt verstecken. Die Jugendlichen setzten ein klares Zeichen: Nein zu Cybermobbing!

    Das Thema Cybermobbing wird auch bei der Your Net DIVSI Convention 2015 von Bedeutung sein. Im Workshop Privat war gestern?! sollen alle dazu relevanten Fragen angesprochen werden. Manuela Schwesig hat mehrfach darauf hingewie-

    sen, wie wichtig Angebote der Beratung und Aufklrung im Internet sind: In unserem Zentrum fr Kinderschutz im Internet, dem I-KiZ, arbeiten wir daran, den Zugang zu Rat-

    und Hilfeangeboten zu verbessern. Besonders gut funktioniert Aufklrung aber dann, wenn junge

    Menschen sie selbst in die Hand nehmen. Denn die Jugendlichen wissen oft am besten, wie sie Gleich-altrige ansprechen knnen.

    18.-19. JUNI HAMBURG

    Schirmherrin

    Manuela Schwesig

    Bundesministerin fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    Foto

    s: B

    igLi

    ke Im

    ages

    S

    hutt

    erst

    ock,

    Bun

    desr

    egie

    rung

    /Den

    zel,

    editi

    on-a

    5April 2015

  • Welt untersucht. Demnach sind die jungen Leute nicht nur mehr oder weni-ger den ganzen Tag online noch hrter: Sie empfinden den Zustand, mal offline sein zu mssen, als Notsituation.

    Falsche Tendenz. Dennoch eine pau-schale Verdammnis zu ihrem Umgang mit dem Internet wird der jungen Gene-ration keinesfalls gerecht. Auch das be-legt die Untersuchung. Ich jedenfalls bin berzeugt, dass die Jugend besser ist als ihr Ruf, auch was das Internet angeht. Und selbst wenn die jungen Menschen in dieser Hinsicht vielleicht manchmal ber das Ziel hinausschieen so what ? Rumen wir also mit Vorurteilen auf.

    Bestes Beispiel ist vielleicht der Um-gang der jungen Internet-Generation mit dem Begriff Freund. Denn dazu hlt sich bei uns lteren beharrlich eine Mei-nung mit falscher inhaltlicher Tendenz.

    MarinaWeisband

    Marina Weisband, frhere Politische Geschftsfhrerin der Piratenpartei. Sie nimmt teil an der Podiumsdiskussion Il-legal oder legal Law & Order im Netz.

    Online Musik zu hren, Filme zu schauen und das Hoch- und Herunterla-den von Inhalten ist blich. Dass es sich dabei hufig um rechtliche Grauzonen handelt, ist einem Groteil der 9- bis 24-Jhrigen durchaus bewusst. Wo genau liegt die Grenze zwischen Legalitt und Illegalitt? Wie verndert das Internet die Bedeutung von geistigem Eigentum? Widerspricht das Urheberrecht der Inter-net-Freiheit oder umgekehrt, in welche Richtung sollte vielleicht eine Anglei-chung stattfinden? Mit Marina Weisband diskutieren: Prof. Dr. Tobias Keber (siehe Seite 8) und Dr. Florian Drcke (Jurist, Geschftsfhrer des Bundesverbandes Musikindustrie e. V.).

    18.-19. JUNI HAMBURG

    Expertin

    18. 19. Juni

    Hamburg

    Weitersagen!

    6

  • Sicherlich wird das Wort Freund in Zeiten der sog. sozialen Netzwerke in-flationr genutzt. Viele ltere schtteln darber den Kopf. Ein Ergebnis der DIV-SI-Studie zeigt jedoch: Niemand braucht Bedenken zu haben, dass die jungen Leute leichtfertig damit umgehen, wen sie als echten Freund empfinden und nah an sich heranlassen.

    Fr die Befragten unter 25-jhrigen ist es ein wesentlicher Unterschied, ei-nen Freund nur zu adden oder eine persnliche Freundschaft zu schlieen. Populre Mythen rund um die Unfhig-keit junger Menschen, den Wert von wirk-licher Freundschaft zu erkennen, werden dieser Generation nicht gerecht.

    Vielmehr differenzieren sie gerade in dieser Hinsicht sehr genau: Face-book-Freunde, Bekannte, echte Freunde. Die Jugendlichen (14 bis 17 Jahre) ver-fgen im Durchschnitt ber 163 Online-

    Gaming. Da kommt

    Freude auf. Doch junge Menschen nutzen die Mg-lichkeiten des Internets weit differenzierter.

    Florian Thalmann

    Florian Thalmann, Journalist, der im Mai 2014 einen Selbstversuch unternommen hat: vier Wochen offline! Er ist beim Workshop Always on wie mchtest du leben? dabei.

    Mehr als zwei Drittel der Jugend-lichen und jungen Erwachsenen sind tglich online. Gleichzeitig ist eine Zu-kunft ohne Internet fr einzelne Milieus durchaus im Bereich des Mglichen, wie die DIVSI U25-Studie gezeigt hat. Dass die Frage, wie ein Leben ohne Internet eigentlich aussehen knnte, fr jun-ge Menschen eine Rolle spielt, zeigen zahlreiche Selbstversuche. Frage: Macht das Internet den Einzelnen unabhngiger, oder zwingt es ihn in einen stndigen Be-reitschaftsmodus? Wie sieht der gesun-de Mittelweg aus zwischen Verzicht und Dauerbetrieb?

    18.-19. JUNI HAMBURG

    Experte

    Foto

    s: B

    astia

    n B

    ring

    enbe

    rgm

    arin

    aslie

    d.de

    CC

    BY

    3.0,

    wav

    ebre

    akm

    edia

    S

    hutt

    erst

    ock,

    pri

    vat

    7April 2015

  • Freundschaften, bezeichnen aber nur elf davon als wirkliche Freunde. Die jun-gen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre) sind durchschnittlich 175 Online-Freundschaf-ten eingegangen, aber nur neun davon sind enge wie die ltere Generation for-mulieren wrde echte Freunde.

    Die Bezeichnung Freund ist also zu einem mehrdimensionalen Begriff ge-worden, mit dessen unterschiedlichen Bedeutungen man sehr sicher und diffe-renziert umgeht. Unverndert macht ech-te Freundschaft mehr aus als gegenseitig gezeigte Profile in Online-Communitys. Wie seit Urzeiten bedeutet Freundschaft auch fr junge Menschen geteilte Inte-ressen, gleiche Werte und verbindende, gemeinsame Erlebnisse im realen Leben.

    Verndert hat sich bestenfalls die kommunikative Infrastruktur von Freundschaften, was sich vor allem in

    Tobias Schrdel

    Tobias Keber

    Tobias Schrdel, Fachinformatiker, Buchautor (Ich glaube, es hackt!) und vor allem auch Live-Hacker.

    Nur 40 Prozent der 14- bis 24-Jh-rigen sehen die persnlichen Daten im Internet als sicher an. Dennoch glauben 60 Prozent von ihnen, dass ihre persn-lichen Daten noch nicht missbraucht wurden. Wie schnell das mglich ist, wird ihnen Schrdel beim Live-Hacking ber-zeugend demonstrieren. Auf unterhalt-same Weise bringt der IT-Comedian den Zuhrern den wichtigen Bereich Daten-sicherheit nher. Er erklrt technische Systemlcken und Zusammenhnge fr jeden verstndlich und lsst dabei auch den Spa nicht zu kurz kommen.

    Prof. Dr. Tobias Keber lehrt an der Stutt-garter Hochschule der Medien (HdM) Medienrecht und Medienpolitik in der digitalen Gesellschaft.

    Er leitet den Workshop Law & Or-der. Musik und Filme sind massenhaft online zu finden und zu konsumieren auch ohne notwendigerweise dafr zahlen zu mssen. Die Rechtslage zur Nutzung online verfgbarer Inhalte ist je-doch sehr komplex. Es ist nicht abschlie-end geklrt, was legal oder illegal und damit potenziell strafbar ist. Fragen also: (Warum) Darf ich streamen, aber nicht downloaden? Welche Strafen drohen fr die illegale Nutzung von Online-Gtern?

    18.-19. JUNI HAMBURG

    Experten

    Bert te Wildt

    GabrieleFarke

    Dr. med. Bert te Wildt. Er leitet als Oberarzt die Ambulanz der Klinik fr

    Psychosomatik und Psychotherapie des LWL-Universittsklinikums Bochum.

    Gabriele Farke, Autorin (Gefangen im Netz) und Website-Betreiberin www.

    onlinesucht.de). Sie war Bundesvorsit-zende des HSO e.V. (Hilfe zur Selbsthilfe

    fr Online-Schtige). Sie sind beim Workshop Wie viel on

    ist normal? dabei. Wo hren Spa und Entertainment auf, wo fangen Online-

    und Spielsucht an? (Wie) Muss man die eigene Internet-Nutzung steuern und

    kontrollieren? Was kann man selbst tun, um sich oder Freunden zu helfen?

    8

  • gehrt fr die meisten nicht in die On-line-Welt, sondern nach wie vor in ein Vieraugengesprch. Ein gewisses Ma an Offenheit in sozialen Netzwerken wird al-lerdings als Muss angesehen, wenn man mitspielen will. Fr 51 % der Jugendli-chen ist der bei Facebook fehl am Platz, der nichts von sich preisgibt. Informati-onsmanagement also wem wann zu welchen Inhalten Zugang gewhrt wird

    ist eine Kernkompetenz, die viele junge Menschen sicher handhaben.

    Milieu-Betrachtung. Zeit wird es auch, mit einem fehlerhaften Begriff aufzuru-men. Die Internet-Jugend gibt es nicht. Zwar sind die 14- bis 24-Jhrigen bis auf 2 % smtlich online. Dieser Status sagt jedoch kaum etwas ber ihre Haltung zum und den Umgang mit dem Internet aus.

    neuen Kommunikationsformen uert. Online-Communitys sind eine selbstver-stndlich genutzte Austauschform ge-worden.

    Netzwerker. Was den lteren frher der Beatschuppen war, wird heute ergnzt durch gegenseitige Statusmeldungen und Posts bei Facebook und Co. 74 % der jungen Erwachsenen (1824 Jahre), 68 % der Jugendlichen (1417 Jahre) sind min-destens dreimal pro Woche auf Facebook aktiv. Bei den Kindern (913 Jahre) sind es bereits 26 %.

    Weg also mit dem Vorurteil! Lasst uns als ein Ergebnis der U25-Studie akzeptie-ren: Facebook-Freunde haben wenig mit dem zu tun, was im Alltag einen Freund ausmacht. Online-Communitys sind Meeting Points fr potenzielle Bekannt-schaften, aus denen die professionellen

    Netzwerker das sind junge Menschen heute bei Bedarf schpfen knnen.

    Auch in puncto Privatsphre ist lngst nicht alles so, wie manche ltere es sich vorstellen. Keinesfalls legt die U25-Gene-ration ihr Intimleben permanent und so freizgig wie nur mglich im Netz offen, so wie dies medial bekannt gewordene spektakulre Ausnahmen zu signalisie-ren scheinen. Die Jngeren assoziieren mit Privatsphre lediglich anderes als frhere Generationen. Sie halten klassi-sche personenbezogene Daten nicht un-bedingt fr schtzenswert. Dafr jedoch das gilt jedenfalls fr die klare Mehrheit unbedingt solche Informationen, die ihrer sozialen Reputation schaden knnten.

    Privatsphre bedeutet fr Jugendli-che und junge Erwachsene vor allem Pri-vatsphre-Einstellungen in Online-Com-munitys. Sehr Persnliches oder Intimes

    Hilfestellung. Die Mglich keiten der digitalen Zeit

    erleichtern in Schule und Job

    vieles.

    18. 19. Juni

    Hamburg

    Weitersagen!

    Foto

    s: J

    ack

    Frog

    S

    hutt

    erst

    ock,

    Ale

    xand

    ra K

    rom

    bhol

    z, M

    arc-

    Stef

    fen

    Ung

    er, p

    riva

    t

    9April 2015

  • leicht Unverstndnis darber herrscht, was Kinder, Jugendliche und junge Er-wachsene den ganzen Tag ber so im Netz machen. Die US-amerikanische Sozialforscherin Danah Boyd sieht die Kritik an der angeblich internethrigen Jugend brigens ebenfalls als berzogen an. Sie beurteilt die Diskussion als von einer Kultur der Angst geprgt und ist frustriert von dem Denken ber die Ju-gend, dass die Technologie fr sie alles viel schlimmer machen msse.

    Ich stimme dem voll zu. Die U25-Ge-neration und wir lteren sollten versu-chen, einen gemeinsamen Konsens zu finden. Die einen sollten vielleicht gele-gentlich das Smartphone aus der Hand le-gen und sich auch mit den lteren ein-fach nur unterhalten. Und die wiederum sollten nicht allergisch reagieren, wenn die Jngeren fast permanent ein mobiles Internet-Gert in der Hand halten.

    Solche unterschiedlichen Sichtweisen werden im Rahmen des DIVSI-Jugendkon-gresses sicher ein Diskussionsthema sein. Ich bin gespannt, wie die Your Net-Teilneh-mer diesen Punkt sehen. Und ich bin auch gespannt, welche Anregungen die jungen Menschen uns lteren insgesamt geben knnen. Vor allem jedoch bin ich ber-zeugt, dass nach dem Jugendkongress eine Reihe von Vorurteilen Schnee von gestern sein werden. Und das ist gut so.

    Eine konsequente Betrachtung der unterschiedlichen Netzkulturen ist daher notwendig. Die sieben DIVSI U25-Inter-net-Milieus, gemeinsam mit SINUS ent-wickelt, machen deutlich, dass die junge Generation in vielen Detailpunkten ver-antwortungsbewusster handelt, als ihr allgemein unterstellt wird.

    Bei aller Unterschiedlichkeit der Mili-eu-Gruppierungen gibt es ein verbinden-des Element der allermeisten U-25-Jh-rigen dies ist die generelle Einstellung, wenn man sich einer Grauzone im Netz nhert. Die wesentliche Studienerkennt-nis zu diesem Punkt: Erlaubt ist, was alle machen. Vorgenommen werden Risiko-abstufungen mit der zentralen Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass ich straf-rechtlich belangt werde?

    Die meisten jungen Leute sind ge-genber Fragen von Legalitt und Illega-litt so eingestellt, wie es eine junge Frau im Interview fr die Studie unbekm-mert formulierte: Selbst wenn man mal gegen ein Gesetz verstoen sollte so schlimm kann das kaum sein, schlielich tun es ja alle.

    Kultur der Angst. Hier knnte ein An-satzpunkt fr die ltere Generation gege-ben sein: Wir sollten den Jngeren schon vermitteln, dass eine solche Haltung Risiken birgt. Denn die Logik, was alle machen, wird schon richtig sein, ist ge-fhrlich und falsch.

    Grundstzlich sollten die lteren je-doch nicht in den Fehler verfallen, das In-ternet als bse darzustellen, weil viel-

    Matthias Kammer ist Direktor des Deutschen Instituts fr Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI).

    NicoLumma

    Nico Lumma, Co-Vorsitzender von D64, dem Zentrum fr digitalen Fortschritt. Er hat sich einen Namen durch Netz- kolumnen gemacht und ist beim Work-shop Wem gehrt das Internet? dabei.

    Auf das Internet gibt es kein Patent, jeder darf es mitgestalten und sich an seiner Weiterentwicklung beteiligen so der Grundgedanke. Doch was ist davon geblieben? Funktionieren Konzepte wie Open Source oder auch Wikipedia? Wie sieht das aktuelle Krfteverhltnis von gemeinschaftlichen bzw. zivilgesellschaft-lichen Bestrebungen auf der einen Seite und staatlichen sowie kommerziellen Interessen auf der anderen Seite aus?

    18.-19. JUNI HAMBURG

    Experte

    Tatort. Das Beach- Center Hamburg ist die Location fr Your Net DIVSI Convention 2015.

    10

  • Mit seinem Urteil vom 13. Mai 2014 hat der Europische Ge-richtshof (EuGH) entschieden, dass Google dazu verpflichtet ist, auf Antrag Verweise auf Internet-Sei-ten aus dem Suchindex zu lschen, auf denen sich persnliche Informationen ber den Antragsteller finden. In Re-aktion auf das Urteil hat der Suchma-schinenbetreiber ein Formular ins Netz gestellt, das es jedem ermglicht, einen solchen Lschantrag zu stellen.

    Seitdem sind ber 230.000 Lsch- anfragen eingegangen, die mehr als 830.000 Einzelverweise betreffen. Etwa 40 % der beanstandeten URLs wurden aus den Ergebnislisten entfernt. Die L-schungen fhren dazu, dass ber Na-menssuchen bei Google Verbindungen zwischen Personen und Ereignissen nicht mehr hergestellt werden knnen. Angesichts der erheblichen Bedeutung, die solche Internet-Recherchen heute fr die Informationserlangung haben, kann man sagen, dass gewisse Informationen quasi unsichtbar werden, wenn der Ver-weis hierauf bei Google entfernt wird.

    Grundrechtstradition. Das Urteil wur-de im Anschluss kontrovers diskutiert. Manch ein Kommentator vor allem aus politischen Kreisen sah hierin einen Sieg europischer Grundrechtstraditi-onen ber einen Internet-Giganten aus den USA. Andere uerten Bedenken gegen die Entscheidung und ihre Auswir-kungen.

    In der Tat wirft die Entscheidung viele Fragen auf. Einerseits ist es zu begren, dass Personen eine Mglichkeit gegeben

    RECHT AUF VERGESSENWERDEN

    wird, mit einfachen Mitteln persnliche Informationen im Netz mehr oder weniger unauffindbar zu machen. Andererseits knnen die Lschungen auch erheblich in ffentliche Interessen und Grundrech-te eingreifen. Knnen etwa Politiker ohne Weiteres Verweise auf Skandale tilgen lassen, wird die Wahrnehmung der Ge-schichte ver-flscht.

    Pflichten-Druck. Auch ist zu be-denken, dass es wirtschaftliche Aus-wirkungen auf Verla-ge oder Blogger haben kann, wenn Links auf werbefinanzierte Inhalte nicht mehr angezeigt wer-den. Schlielich ist es be-denklich, Suchmaschinenan-bietern Pflichten aufzuerlegen, die nur mit erheblichem Aufwand erfllt werden knnen. Was fr einen Giganten wie Google rger-lich sein mag, entzieht kleineren Anbietern schnell die wirtschaftliche Grundlage. Unangemessene Prf- und Lschpflichten drngen kleinere Wettbe-werber aus dem Markt und laufen somit dem Ziel zuwider, mehr Wettbewerb bei Suchmaschinen und Aggregatoren zu schaffen.

    Im Lichte dieses Spannungsverhlt-nisses muss nun die Frage beantwortet werden, wie das Urteil des EuGH umzu-setzen ist. Das Gericht hat fr die Verfah-ren kaum Regeln aufgestellt. Im Projekt

    Braucht Deutschland einen Digitalen

    Brauchen wir einen Lsch-Kodex?Nach dem Urteil des EuGH: Bislang mehr als 830.000 Einzelverweise getroffen; 40 Prozent wurden aus den Ergebnislisten entfernt. Aber: Verlieren kleinere Anbieter so ihre wirtschaftliche Grundlage?Dr. Till Kreutzer

    Foto

    s: B

    each

    Ham

    burg

    , Hay

    ati K

    ayha

    n

    Shut

    ters

    tock

    , pri

    vat

    Ausradiert. Frher war das Lschen einfach. Heute ist es kompliziert.

    11April 2015

  • Kodex wird daher der Frage nachge-gangen, ob es solche Regeln geben soll-te, wie sie entstehen, welchen Inhalt sie haben sollten, wie sie wirkmchtig wer-den und wer an ihrer Entstehung beteiligt werden sollte.

    Angesichts der, jedenfalls in man-chen Fllen, erheblichen Bedeutung der Lschentscheidungen fr ffentliche Interessen sind sich die meisten Kom-mentatoren einig, dass diese nicht im rechtsfreien Raum ergehen drfen. Der Umstand, dass Suchmaschinenanbieter wie Google bei grundrechtsrelevanten Fragen als eine Art Privatgericht fun-gieren, ist problematisch genug. Ohne weitere Vorgaben in intransparenten Ver-fahren getroffene Entscheidungen sind rechtsstaatlich umso fragwrdiger, vor allem, wenn sie nur begrenzt angefoch-ten werden knnen.

    Mindeststandard. Dem knnten Ver-fahrensregeln entgegenwirken, mit de-nen rechtsstaatliche Prinzipien sicherge-stellt werden. Solche knnten einerseits durch Gesetze, andererseits aber auch durch einen Kodex entstehen, der den Suchmaschinenanbietern gewisse Min-deststandards auferlegen wrde. Gesetz-liche Regeln sind hufig statisch, ihre Einfhrung dauert lange, und sie sind generell an eine einzige Rechtsordnung gebunden.

    Wrde nicht die EU solche Regeln aufstellen, sondern die Mitgliedsstaaten, knnten in der Union 28 verschiedene Ge-setze entstehen, die jeder Suchmaschi-nenanbieter einhalten msste. Google oder Microsoft knnten dies mglicher-weise leisten, nicht aber kleinere Anbie-ter wie Start-ups. Mit anderen Worten: berkomplexe, territoriale Verfahrensge-setze wrden die Marktmacht der groen Anbieter nachhaltig strken und Wettbe-werb verhindern. Eine einheitliche Rege-lung, die in ganz Europa gilt, wre daher vorzugswrdig. Eine dementsprechende EU-Verordnung ist jedoch nicht in Sicht, und ihre Verabschiedung wrde im Zwei-fel Jahre dauern.

    Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, in einem offenen Diskurs einen Verhaltenskodex zum Umgang mit den Lschanfragen auszuhandeln und um-zusetzen. Man knnte diesbezglich von einem Lsch-Kodex sprechen.

    Der Lsch-Kodex msste Standards fr die Lschverfahren setzen, um die Interessen der Betroffenen zu wahren. Werden solche Regeln im Diskurs ausge-handelt und allgemein anerkannt, wre zu erwarten, dass die hierauf basieren-den Entscheidungen grere Akzeptanz genieen. Allerdings drfen die Regeln nicht zu groen Aufwand verursachen, und sie mssen flexibel sein. Dies ist notwendig, um unternehmerische Frei-heiten zu erhalten und den Effekt zu ver-

    meiden, dass sie von kleinen Anbietern nicht erfllt werden knnen.

    Verzgerung. In diesem Spannungs-verhltnis stellen sich verschiedene Fragen in Bezug auf den Inhalt eines Lsch-Kodex. Beispielsweise in Bezug auf die Beteiligung der potenziell von den Lschverfahren Betroffenen. Da z. B. die Interessen der Publizierenden beein-trchtigt werden, wenn Links nicht mehr gefunden und nicht mehr geklickt wer-

    Ergebnislos. Viele Fragen, knftig weniger Antworten.

    12

  • Um den Interessen der Antragstel-ler, der ffentlichkeit, der Suchmaschi-nenanbieter und der Publizierenden gerecht zu werden, knnte ein zweiglei-siger Ansatz verfolgt werden. Zum einen knnten gewisse Mindeststandards und zwingende Abwgungskriterien fr die Lschentscheidungen des Suchmaschi-nenbetreibers ausgehandelt und in ei-nem Lsch-Kodex festgelegt werden. Um diese Verfahren nicht mit rechtsstaat-lichen Anhrungs-, Transparenz- und Verffentlichungspflichten zu berlasten, knnte man eine neue Streitbeilegungs-instanz schaffen, in der die Entscheidun-gen des Suchmaschinenbetreibers ber-prft werden knnten. Zu diesem Zweck knnte eine staatliche Schiedsstelle ge-schaffen werden, an die sich der Antrag-steller wenn die Lschung abgelehnt wird oder der Publizierende wenn sie vorgenommen wird wenden knnten.

    Da eine staatliche Stelle gesetzlichen Regelungen unterworfen wre, wren rechtsstaatliche Vorgaben auf dieser zweiten Ebene gewhrleistet. So knnte man den demokratischen Druck auf

    die Entscheidungen der Suchmaschinen-betreiber verringern und den Betroffenen dennoch die Mglichkeit erffnen, ihre Interessen durchzusetzen. Ein Schieds-verfahren htte gegenber etwaigen Gerichtsverfahren den Vorteil, dass es schneller geht, potenziell gnstiger ist und die Schiedsstelle mit Personen von besonderer Sachkenntnis besetzt wer-den knnte. Die Verfahren in zweiter In-stanz wren im Zweifel wesentlich effi-zienter, als wenn immer der Rechtsweg beschritten werden muss. Der Weg zu den Gerichten wre so zwar nicht aus-geschlossen, wrde aber seltener in An-spruch genommen. Hieran htten alle Beteiligten ein Interesse.

    Projektziel. Im weiteren Verlauf des Projekts Braucht Deutschland einen Di-gitalen Kodex werden diese Fragen mit Experten und Akteuren diskutiert. Am Ende sollte ein Ansatz stehen, der einen sinnvollen Umgang mit dem Recht auf Vergessenwerden gewhrleistet und der allen Beteiligten gerecht wird.

    den, knnte man erwgen, sie in jedem Fall vor der Entscheidung anzuhren. Ein solcher Prozess wre indes hchst auf-wendig und wrde die Verfahren massiv verzgern. Alternativ wre zu erwgen, den Publizierenden zumindest zu in-formieren, wenn ein Verweis gelscht wird. Eine solche Information wrde ihm zumindest ermglichen, gegen die L-schung vorzugehen, vorausgesetzt, er htte hierfr eine rechtliche Grundlage.

    Zweigleisig. Auch diesbezglich beste-hen derzeit jedoch erhebliche Unsicher-heiten. Kann ein Verlag sich rechtlich gegen die Entscheidung des Suchma-schinenanbieters wehren, Verweise auf seine Inhalte aus den Suchergebnissen zu entfernen? Google selbst sieht ein solches Verfahren momentan nicht vor. Die Publizierenden werden ber die L-schung offenbar nicht einmal informiert. Ob eine Mglichkeit besteht, vor Gericht zu gehen, ist ebenfalls fraglich. Dafr msste es einen Anspruch geben, in ei-ner Suchmaschine auf bestimmte Weise gelistet zu werden bzw. aus bestimmten Ergebnislisten nicht entfernt zu werden. Ein solcher Anspruch ist nach gelten-dem Recht ebenso wenig ersichtlich wie

    umso weniger ein Recht von Vertre-tern des ffentlichen Interesses, etwa zivilgesellschaftlicher Organisationen, Lschentscheidungen anzufechten.

    Dr. Till Kreutzer ist Partner beim iRights.Lab sowie Redaktionsleiter von iRights.info.Fo

    tos:

    Dav

    id J

    acob

    , clo

    wnb

    usin

    ess/

    Julia

    n R

    ovag

    nati/

    wel

    lpho

    to

    Shu

    tter

    stoc

    k

    Lschnutzen. Privat-Peinliches weg okay. Doch wie ist das mit Verfehlungen etwa von Politikern auch weg?

    13April 2015

  • Beim 4. ffentlichen Diskussions-abend im Rahmen des DIVSI-Pro-jekts Braucht Deutschland einen Digitalen Kodex? prallten unter-schiedliche Meinungen zum Google-Urteil des EuGH aufeinander. Direktor Matthias Kammer stellte im Berliner Meistersaal eingangs fest: Die Grundfrage ist positiv beantwortet wir brauchen einen solchen Kodex. Unsere Lebensrealitt ist lngst digital. Wir beschftigen uns jetzt mit konkreten Fragen wie dem Recht auf Ver-gessenwerden und versuchen Vorschlge dafr zu entwickeln, wie alle Beteiligten unter Bercksichtigung des Urteils knf-tig miteinander umgehen sollten.

    Kammer weiter: Der EuGH hat mit dem Urteil einen Pflock eingeschlagen. Anfangs waren alle begeistert. Doch bringt uns das Urteil tatschlich weiter, was bedeutet es in der Praxis?

    Richtungsweisend. Konstantin Klein, Redaktionsleiter Deutsche Welle, nahm das Bild auf: Ich habe bei der Lekt-re des Urteils allerdings nicht an einen Pflock gedacht. Mir ist eher ein Pfosten eingefallen. In der Ausfhrung, dass die Richter des EuGH einen Vollpfosten ha-ben!

    Klein wies darauf hin, dass trotz der Entscheidung negative Informationen nicht zu unterdrcken seien: Sie sind jetzt nur schwerer aufzufinden. Wer ver-sucht, unliebsame Erinnerungen ver-gessen zu machen, sorgt oft unfreiwillig eher dafr. dass sie erinnert werden. So gesehen kann man sich ber das Urteil aufregen, gleichwohl ist es aber nur ein Schritt auf einem ganz langen Weg.

    RECHT AUF VERGESSENWERDEN II

    sie zutreffend sind, einen begrenzt wir-kenden Riegel vorgeschoben. Angesichts der engen Voraussetzungen fr einen er-folgreichen Anspruch auf Lschung von Links ist die Einschrnkung des Zugangs zu Artikeln und Publikationen angemes-sen. Sie geraten nicht in Vergessenheit, sie bleiben weiter bestehen, aber das Auffinden verlangt etwas mehr Aufwand. Auch das Erinnern will gebt sein.

    Auffindung. Weniger positiv bewertete Dr. Ole Schrder (CDU), Parlamentari-scher Staatssekretr im Bundesinnen-

    Ein Pflock, Vollpfosten und der richtige WegInfo-Veranstaltung im Rahmen des DIVSI-Projekts Digitaler Kodex. Spannende Diskussionen im Berliner Meistersaal.Jrgen Selonke

    Pflock einge- schlagen. DIVSI- Direktor Matthias Kammer zum Urteil des EuGH.

    Annherung. Katharina Borchert (Spiegel Online) und Dr. Ole Schrder (CDU) bewerteten das Urteil.

    Die frhere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger unter-strich in ihrer Keynote, dass man Verges-sen weder erlernen oder erzeugen noch verordnen kann. Vergessen sei keine dem individuellen oder kollektiven Willen un-terliegende Eigenschaft des Menschen. Eine Tugend des Vergessens gibt es nicht. Deshalb gehe nach ihrer Ansicht das Urteil einen deutlichen Schritt in die richtige Richtung.

    Sabine Leutheusser-Schnarrenber-ger: Es hat der millionenfachen Verbrei-tung privater Informationen, auch wenn

    Keynote. Sabine Leutheusser- Schnarrenberger ber das Vergessen.

    14

  • ministerium, die Entscheidung: Ich fin-de das Urteil schwach. Da wird ein sehr komplexes Problem unterkomplex gelst. Drittbetroffene wie Verlage oder Blogger werden nicht bercksichtigt. Wir mssen viel strker die Frage diskutieren, wie weit es auch ein Recht gibt, aufgefunden zu werden.

    Abwgung. Auch Katharina Borchert, Geschftsfhrerin Spiegel Online, kriti-sierte: Das Medienprivileg der Presse wird vllig ausgehebelt. Es geht nur noch um die Ansprche der Betroffenen, aber nicht um die Ansprche der Publizieren-den und auch nicht um die Informations-ansprche der ffentlichkeit. So kann das nicht der letzte Stand sein.

    Jan Kottmann, Leiter Medienpolitik bei Google, hielt sich bei der Bewertung der Entscheidung bedeckt: Wir konzent-rieren uns darauf, das Urteil umzusetzen, und weniger darauf, zu bewerten, ob uns die Diskussion darber gefllt.

    Jan Philipp Albrecht, Stellvertretender Vorsitzender des Innen- und Justizaus-schusses des Europischen Parlaments:

    Es wurde sehr viel in das Urteil reininter-pretiert, was berhaupt nicht drinsteht. Die Suchmaschinenanbieter forderte er auf, eine verantwortliche Abwgung bei Lschantrgen vorzunehmen. Albrecht betonte, dass er die Aufregung darber nachvollziehen knne, wenn solche An-trge etwa von Menschen mit rechtsradi-kaler Vergangenheit gestellt wrden, die ihr Vorleben tilgen wollten. Hier knne ein massiver Eingriff in die Presse- und Informationsfreiheit vorliegen, wenn sol-chen Antrgen entsprochen werde.

    Der Grnen-Politiker wies ergnzend darauf hin, dass sich der EuGH wie auch in diesem Urteil durchaus mit Datenschutzfragen beschftigen knne. Dies sei ein auf europischer Ebene ge-staltbares Rechtsgebiet. Albrecht: Nicht zustndig ist der Gerichtshof jedoch fr Presse- und Meinungsfreiheit. Deshalb sei eine solche Abwgung auch nicht vor-genommen worden.

    Michaela Schrder, Datenschutzex-pertin beim Bundesverband der Verbrau-cherzentrale, bemngelte eine fehlende Aufklrung ber das Urteil: Wir muss-ten viel Arbeit in dieser Hinsicht leisten. Viele Verbraucher dachten anfangs, sie knnen jetzt einfach alles mal lschen lassen, was ihnen nicht gefllt.

    Schiedsstelle. Dr. Till Kreutzer, Part-ner iRights.Lab, stellte im Rahmen sei-ner Ausfhrungen Das EuGH-Urteil in a Nutshell fest: Die Frage ist nicht, ob das Urteil gut oder schlecht ist, sondern wie sich damit umgehen lsst, ohne die Suchmaschinenbetreiber zu berfor-dern. Gleichzeitig brachte er auch den unterschiedlich diskutierten Gedanken einer Schiedsstelle ins Gesprch (s. sei-nen Beitrag ab S. 11).

    Die Idee einer solchen Schiedsstel-le, die beim Streit um Lschantrge vermittelnd zwischen den Suchmaschi-nenbetreibern, den Antragstellern und Publizierenden eingreifen knnte, ist umstritten. Grundstzlich wird ber ei-nen Vorschlag diskutiert, eine solche Stelle in die EU-Datenschutzverordnung aufzunehmen, die noch in diesem Jahr kommen soll. In den Regularien knne

    verankert werden, dass auch die Publi-zierenden in einem Lschverfahren an-gehrt werden. Derzeit spielt sich das Verfahren ausschlielich zwischen den Suchmaschinenanbietern und jenen Per-sonen ab, von denen die Lschung eines Links beantragt wird.

    Vorab-Info. Katharina Borchert unter-sttzte entsprechende Vorstellungen:

    Die Informationsfreiheit der Internet-nutzer wird derzeit nicht bercksichtigt. Parlamentarischer Staatssekretr Ul-rich Kelber (SPD) sprach sich dafr aus, Schiedsgerichte auf europischer Ebene zu verankern, und: Publizierende, deren Link gelscht werden soll, sollten defini-tiv vorher informiert werden.

    Jan Kottmann (Google) dagegen: Fr die Einrichtung einer Schiedsstelle muss ich noch den Mehrwert erkennen. Ver-braucherschtzerin Michaela Schrder:

    Haben wir dann in jedem EU-Land eine Schiedsstelle? Es wre besser, die Da-tenschutzbehrden aufzustocken, als Geld in Schiedsstellen zu investieren. Jan Philipp Albrecht (Grne): Schieds-stellen sorgen fr zustzliche Brokratie, die an dieser Stelle nicht notwendig ist.

    Das Projekt Braucht Deutschland ei-nen Digitalen Kodex? startete DIVSI 2013 in Zusammenarbeit mit dem unabhngi-gen Berliner Think Tank iRights.Lab. Seit Herbst 2014 luft die zweite Phase. Dabei wird anhand der Themenbereiche Recht auf Vergessenwerden sowie Big Data das Konzept eines Digitalen Kodex in der Praxis ausgelotet. Die nchste ffentli-che Veranstaltung zu Big Data ist fr den 25. Juni in Stuttgart geplant.Fo

    tos:

    Ste

    fan

    Zeitz

    Diskussionsrunde. Moderator Prof. Dr. Frank berall (Mitte) mit Jan Philipp Albrecht (MdEP), Jan Kottmann (Google), Michaela Schrder (Verbraucherzentrale) und Konstantin Klein (Deutsche Welle, v.l.) im Berliner Meistersaal.

    15April 2015

  • Whrend eine Flle an priva-ten Daten kommerziellen Unternehmen freiwillig zur Verfgung gestellt wird, wr-den Integritt und Intentionen staatlicher Institutionen gern infrage gestellt. Dabei bruchten gerade die Nachrichtendienste Vertrauen, Akzeptanz und auch Kontrol-le, wenn sie ihre Aufgaben angemessen erfllen sollen, sagte Dr. Hans-Georg Maaen, der Prsident des Bundesamtes fr Verfassungsschutz, bei einer Veran-staltung des Zukunftsforums ffentliche Sicherheit e.V. im Deutschen Bundestag.

    STANDORTBESTIMMUNG

    zutage treten knnen, wo Menschen arbeiten, unter dem Strich gute Arbeit leisteten.

    Vertrauenswerte. Zwar vertraut (nach einer Umfrage aus dem Jahre 2013) eine Mehrheit der Deutschen, nmlich jeweils 58 %, dem Bundesnachrichtendienst und auch dem Verfassungsschutz, aber die Polizei (87 %) und die Bundeswehr (82 %) genieen deutlich hhere Werte als die Nachrichtendienste, auch das Bundes-kriminalamt (79 %). Das liege sicher nicht nur daran, dass die einen im Geheimen

    Vertrauen ist gut (wann) ist Kontrolle

    besser?Hochkartig besetzte

    Veranstaltung des Zukunftsforums

    ffentliche Sicherheit.Verena Mummert

    Eine Kultur des Misstrauens zeige sich schon im Vokabular, mit dem die Arbeit der Dienste bedacht werde: etwa

    aussphen oder spionieren. Sicher-heit sei aber kein Selbstzweck, sondern diene der Freiheit. Und das Sammeln von Informationen durch die Dienste diene nicht kommerziellen Interessen, sondern der Allgemeinheit. Um die f-fentliche Sicherheit gewhrleisten zu knnen, msse manches vertraulich bleiben. Die Dienste bruchten und verdienten das Vertrauen, da sie trotz mglicher Unzulnglichkeiten, die dort Fo

    tos:

    Zuk

    unfts

    foru

    m

    ffent

    liche

    Sic

    herh

    eit e

    .V.

    16

  • arbeiten mssten, whrend die anderen meist offen auftrten, sagte BKA-Pr-sident Holger Mnch. Kommunikation und Deeskalation stnden bei der Polizei lngst im Vordergrund und wrden syste-matisch trainiert.

    Wenn die Polizei nicht an Vertrau-en verlieren wolle, dann msse sie ihre Kompetenz auch in der digitalen Welt beweisen. Das sei leichter gesagt als getan. Einer Studie zufolge wrden nur 9 % aller Flle von Cyberkrimina-litt berhaupt angezeigt und davon wiederum nur 30 % aufgeklrt. Zum einen erforderten die Flchtigkeit und die Masse der Daten einen enormen Aufwand bei der Auswertung, zum an-deren erschwerten die Mglichkeiten, im Netz Identitten zu verschleiern und Kommunikation zu verschlsseln, die Strafverfolgung von Ttern. Nur mit den geeigneten Methoden, entsprechend ausgebildetem Personal und einer in-tensiven Vernetzung all jener, die fr die ffentliche Sicherheit zustndig sind, knne es gelingen, das Vertrauen in die Polizei zu erhalten.

    Die Veranstaltung des Zukunftsfo-rums, in der es um die Frage ging, wie es um das Vertrauen in Politik, Sicherheits-

    organe und Wirtschaft in Deutschland bestellt ist, war hochkartig besetzt. Ne-ben dem Prsidenten des Bundesamtes fr Verfassungsschutz, dem Prsiden-ten des Bundeskriminalamtes und dem Kommandeur des Zentrums Informati-onsarbeit der Bundeswehr schilderten auch zwei Abgeordnete des Deutschen Bundestages ihre ganz persnlichen Er-fahrungen im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle, Freiheit und Si-cherheit.

    Transparente Politik. Auerdem er-luterte ein Vertreter des Unternehmens, was Google alles unternimmt, um das Vertrauen seiner Nutzer zu erhalten, und ein Kuratoriumsmitglied des Wit-tenberg-Zentrums fr Globale Ethik, auf welches Leitbild fr verantwortliches Handeln man sich in der Wirtschaft ver-stndigt hat. Vertrauen sei der wichtigs-te Vermgenswert eines Unternehmens. Dieser Wert werde mageblich durch das Handeln und die Haltung der Fhrungs-persnlichkeiten bestimmt.

    Die Politik war in der deutschen Ge-schichte noch nie so transparent wie heute, auch noch nie so kontrolliert wie heute, stellte Wolfgang Hellmich (SPD)

    fest, und dennoch wachse das Misstrau-en. Das sei nicht immer leicht zu verste-hen. Man msse zwar intensiv kommu-nizieren, was man im Parlament mache, und das auch begrnden, knne aber nicht immer alles sagen, was man wisse, erklrte das Mitglied des Verteidigungs-ausschusses. Es gebe sensible Themen, die der Geheimhaltung bedrften, wenn die ffentliche Sicherheit nicht gefhrdet werden solle. Das deutlich zu benennen, verspreche durchaus Akzeptanz.

    Die Mitglieder des Parlamentari-schen Kontrollgremiums, das die Nach-richtendienste kontrolliere, seien alle

    Vertrauen ist der wichtigste Vermgenswert eines Unter-nehmens.

    Dietmar KokottWittenberg-Zentrum

    fr Globale Ethik

    Standpunkte. MdB Wolfgang Hellmich und MdB Clemens Binninger (rechts).

    Expertenrunde. Um Vertrauen in Politik, Sicherheit und Wirt-schaft ging es im Bundestag.

    Pldoyer. Dr. Hans-Georg Maaen, Prsident des Bundesamtes fr Verfassungsschutz, bat um Vertrauen fr die Nachrichtendienste.

    17April 2015

  • mit Kanzlermehrheit gewhlt, gens-sen also im Parlament ein sehr groes Vertrauen, betonte Clemens Binninger (CDU). Aber in den Medien werde immer wieder suggeriert, man werde diesem Vertrauen nicht gerecht, sondern von den Diensten an der Nase herumgefhrt. Da man nicht alles sagen knne, was man wisse, sei dem schwer zu begegnen. Die Kontrolle durch das Parlament knne der Exekutive bisweilen lstig sein, bte aber auch die Chance, durch eine unabhngi-ge Bewertung der jeweiligen Vorgnge verloren gegangenes Vertrauen wieder-herzustellen.

    misstrauisch gegenber der Politik. Die Unterschiede zwischen West- und Ost-deutschland seien zwar geringer gewor-den, aber nach wie vor erkennbar. Poli-tisches Vertrauen basiere entweder auf einer Art Tauschgeschft, wo die Brger zufrieden mit dem sind, was die Politik liefert, oder aber auf gemeinsamen Wer-ten und Normen und einer gemeinsamen Identitt. In dem einen Fall seien es eher strategische berlegungen bzw. positive Erfahrungen, aus denen Vertrauen resul-tiert, in dem anderen Fall der Eindruck, derselben moralischen Gemeinschaft anzugehren.

    Lohnende Hinweise. Die Veranstal-tung hat gezeigt, dass es sich lohnt, in-tensiver darber nachzudenken, wie das Vertrauen in Politik, Staat und Wirtschaft gestrkt werden kann. Mehr Transparenz und mehr Kontrolle haben nicht zu mehr Vertrauen gefhrt, jedenfalls Misstrau-en nicht abbauen knnen. Die Vortrge, die in Berlin gehalten wurden, enthalten Hinweise, wie das besser gelingen knn-te. Es knnte hilfreich sein, diesen Hin-weisen bei passender Gelegenheit noch etwas genauer nachzugehen.

    Das Vertrauen in politische Institu-tionen wie Parteien, Parlamente und Regierungen sei schon immer geringer gewesen als das Vertrauen in rechts-staatliche Institutionen wie Polizei, Gerichte oder die Verwaltung, stellte Dr. Sonja Zmerli (Goethe-Universitt Frankfurt) fest. Das gelte nicht nur fr Deutschland, sondern generell. Man knne vermuten, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat gewissermaen die Grundlage sei fr ein darauf aufbauen-des Vertrauen in die Demokratie.

    Wo die Menschen Polizei und Justiz nicht vertrauen wrden, blieben sie auch

    Die Zukunft des InternetrechtsBerlin Breit gefcherte Sommerkonferenz 2015 von Telemedicus.

    Um die Zukunft des Internetrechts geht es bei der Sommerkonferenz 2015 von Telemedicus, einem juristischen Inter-netprojekt zu Rechtsfragen der Informa-tionsgesellschaft. DIVSI untersttzt diese Veranstaltung, die fr den 29./30. August in Berlin vorgesehen ist. Tagungsort ist die Hertie School of Governance.

    Zum Motto Zwei Schritte vorwrts: Die Zukunft des Internetrechts sagen die Macher: Wir merken, dass wir in einer Zeit leben, in der sich unsere Le-benswelt zunehmend und rasend schnell

    technologisiert. Selbst erfahrene Tele-medicus-Blogger, die seit Jahren ber rechtliche Zukunftsthemen schreiben, sind verblfft, wie krass diese Entwick-

    lungen sich auswirken knnen und wie nahe Rechtsfragen mittlerweile an Fra-gen heranreichen, die bisher als Scien-ce-Fiction galten. Selbst fahrende Autos, Virtual Reality, Roboterrecht: All dies beschftigt nicht mehr nur Schriftsteller, sondern auch Rechtsanwlte, Rechts-politiker und bald auch Richter. Wir denken, dass es in dieser Situation Sinn macht, nicht nur einen, sondern zwei Schritte vorauszudenken.

    Die Diskussionspalette ist gro. Sie umfasst Themen wie Robotik und Recht,

    Sachenrecht trifft Internetrecht, Regu-lierung von und ber Standards, Netz-neutralitt oder Tendenzfreiheit oder

    Die Zukunft des Urheberrechts.

    Internetrecht. Neues Auf- gabenfeld

    fr Justitia.

    NEWS

    Verena Mummert ist seit 2013 Geschftsfh-rerin des Zukunftsforums ffentliche Sicherheit e.V.

    Ausblick. BKA-Prsident Holger Mnch und die polizeiliche Kompetenz in der digitalen Welt.

    Politikvertrauen. Dr. Sonja Zmerli machte generelle Zusammenhnge deutlich.

    18

  • Unsere Gesellschaft befindet sich derzeit in einer fol-genreichen Umbruch-phase nahezu kein Lebensbereich wird sich der Digitalisierung und Ver-netzung entziehen kn-nen. Das Internet ist zur Lebensader moderner Gesellschaften gewor-den, denn beinahe alle Bereiche hngen von dessen einwandfreier Funktion ab.

    Hier sind ins-besondere die kriti-schen Infrastrukturen zu nennen, also solche Organisationen und Ein-richtungen mit besonderer Bedeutung fr das staatliche Gemeinwesen. Ihr Ausfall oder auch nur ihre Beeintrchtigung wrden existenzgefhrdende Versor-gungsengpsse, erhebliche Strungen der ffentlichen Sicherheit oder sonstige negative Auswirkungen greren Aus-maes hervorrufen.

    Neun Sektoren. Die zunehmende Ver-netzung und gegenseitige Abhngigkeit dieser kritischen Infrastrukturen birgt zustzliche Gefahren und lsst Kaska-deneffekte befrchten. Das Bundes-ministerium des Innern (BMI) gliedert diese kritischen Infrastrukturen in neun Sektoren (Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernhrung, Finanz- und Versicherungswesen, Staat und Verwaltung, Medien und Kultur).

    REGELNUTZUNG

    Aber auch fr private Nutzer, fr Un-ternehmen oder andere Institutionen knnen Ausfall oder Strung des Inter-nets ebenfalls erhebliche schdliche Auswirkungen haben.

    Fr Verbraucher ergeben sich aus der Nutzung von Internet-Angeboten eine Reihe von Annehmlichkeiten im Alltag: schnelle Informationsrecherche, Pflege sozialer Kontakte ber soziale Netzwer-ke, Beteiligung an Diskussionen, On-

    line-Banking oder Einkaufen auch au-erhalb von Ladenffnungszeiten.

    Die steigende Vernetzung birgt indes Chancen und Ri-

    siken gleichermaen. Dies gilt gerade auch fr das

    sogenannte Internet der Dinge, also die zuneh-mende Vernetzung von Gerten, die nicht im klassischen Sinne Per-sonal Computers sind. Dazu gehren solche eingebetteten Gerte, die Menschen unmerk-lich im Alltag unterstt-

    zen (Wearables etc.).Zunehmend sind In-

    formations- und Kom-munikationssysteme wie

    Computer und mobile Gerte (Smartphones, Tablets) einer

    Vielzahl von Gefahren ausgesetzt. Dazu zhlen Sicherheitslcken in Be-

    triebssystemen und Anwendungen oder Schadprogramme wie Viren, Wrmer und Trojaner. Allerdings darf auch und gerade das Fehlverhalten der Nutzer nicht ver-gessen werden. Die Gesamtsicherheit ei-nes IKT-Systems ist immer nur so stark wie das schwchste Glied der Sicher-heitskette in den meisten Fllen ist der Mensch dieses schwchste Glied!

    Restrisiko. Mit den Regeln fr Daten-sicherheit verhlt es sich wie mit den Regeln im Straenverkehr. Sie sind nur dann ntzlich, wenn sie auch konse-quent beachtet werden. Das Wissen und die Einhaltung sind der eigenen Sicher-heit, aber auch der Sicherheit anderer

    Schwchstes Glied ist oft der Mensch

    Das IKT-Nutzerverhalten hat grundlegenden Einfluss auf Datensicherheit.

    Carsten J. Pinnow

    Sensible Daten. Einloggen ohne Gefahr der Fingerabdruck als

    Schutzinstrument.

    Foto

    s: A

    lexe

    y B

    oldi

    n/Jo

    rg H

    acke

    man

    n

    Shut

    ters

    tock

    .com

    , Zuk

    unfts

    foru

    m

    ffent

    liche

    Sic

    herh

    eit e

    .V.

    19April 2015

  • PASSWORTEINGABE

    1 2 3 4 5 6

    80 bis 90 Prozent der Angriffe auf IT-Systeme sind mit vorhandenen Abwehrmanahmen abzuwehren wenn diese konsequent zum Einsatz kommen.

    Michael Hange, BSI-Prsident

    dienlich. In beiden Fllen bleibt aber wie so oft im Leben ein Restrisiko. Wh-rend fr den Straenverkehr grundlegen-de Kenntnisse in Kindergrten, Schulen und Fahrschulen vermittelt werden, ist beim Wissen um die Datensicherheit meist Eigeninitiative gefragt.

    Lngst sind Auswirkungen der eige-nen Versumnisse nicht mehr nur auf einen selbst beschrnkt. Digitale Sorg-losigkeit bedroht mitunter auch andere, z.B. durch Bot-Netze und Schden durch den Diebstahl digitaler Identitten.

    Diskrepanz. Sptestens seit der soge-nannten Snowden-Affre ist das The-menfeld Datensicherheit/Datenschutz fr alle Internet-Nutzer in den Fokus gerckt. Umfragen in der Folge dieser Affre zeigen die Diskrepanz zwischen subjektiver Wahrnehmung von Sicherheit und den eigenen Kenntnissen sowie dem objektiven Risiko, z.B. Opfer einer digita-len Straftat zu werden, bzw. den Fhig-keiten, diese zu verhindern.

    Einer gemeinsamen Studie der Mes-se INTERNET WORLD und Fittkau & Maa Consulting zufolge bezeichnet sich gut jeder zweite Internet-Nutzer als sicherheitsbewusst. Fast ein Drittel bewertet den eigenen Kenntnisstand als gut oder sehr gut, nur 3 % stufen ihren Kenntnisstand als gering ein.

    Sicherheit ist Brgern wichtig, jedoch ist kaum jemand bereit, dafr zu zahlen. Hier ist also ein Kulturwandel dringend

    notwendig! BSI-Prsident Michael Han-ge betonte im Rahmen der it-sa 2014, dass 80 bis 90 % der Angriffe auf IT-Sy-teme mit den vorhandenen Abwehrma-nahmen abzuwehren seien diese mss-ten jedoch auch konsequent zum Einsatz kommen.

    Vom BSI wird fr Brger ein Basis-schutz empfohlen. Dazu gehren regel-mige Updates, der Einsatz von Anti-viren-/Antischadsoftware, die Nutzung einer Personal Firewall, regelmige Back-ups der eigenen Daten, die Ab-schaltung unntiger Dienste, mglichst die Verwendung verschlsselter Inter-net-Verbindungen (https://), die Nutzung nicht privilegierter Nutzerkonten, die

    Google gegen StartPage und Duck Duck GoHamburg/Erfurt Suchmaschinen als studentisches Forschungsprojekt.

    Mit einer gezielten Projektuntersttzung durch DIVSI arbeiten Studenten der Uni Erfurt in der Forschungsgruppe Zufalls- treffer daran, Erkenntnisse darber zu gewinnen, welchen Einfluss die personali-sierten und stark auf Relevanz ausgerich-teten Suchergebnisse bei Google auf den Wissenshorizont der Suchmaschinen-nutzer haben. Rund 83 % der deutschen Bevlkerung nutzen mindestens einmal wchentlich eine Suchmaschine.

    Die Studie soll darber hinaus kl-ren, ob die voranschreitende Optimie-rung der Effizienz von Suchmaschinen normativ sinnvoll fr den Nutzer ist oder ob nicht offenere Algorithmen, die mehr Vielfalt und auch Zufallstreffer zulassen, eine umfassendere Perspektive ber ge-sellschaftlich relevante Themen bieten knnen. Hierfr wollen die Studenten die personalisierende Suchmaschine Google mit den nicht personalisierenden Suchmaschinen StartPage und Duck Duck Go vergleichen. Das Forschungs-vorhaben luft im Rahmen einer Bache-lorarbeit.

    NEWS

    Deinstallation nicht genutzter Program-me sowie auch sichere Passwrter.

    Browser-Plugin. Ferner sollten Stan-dardkonfigurationen von Betriebssystem und Gerten unbedingt einem Sicher-heitscheck unterzogen werden. Viel zu hufig sind Standardkonten mit Stan-dardpasswrtern vorhanden. Hufig ist sogar ein Zugang ohne Passwort mg-lich. Fr die tgliche Arbeit sollten dem Nutzer grundstzlich so wenig Rechte wie mglich und so viel wie ntig einge-rumt werden!

    Browser-Plugins (Erweiterungen) fr Multimedia-Inhalte (Adobe Flash etc.) sollten aus Sicherheitsgrnden nicht

    Teamarbeit. Untersttzung von DIVSI fr das Projekt der Erfurter Studenten.

    20

  • PASSWORTEINGABE

    1 2 3 4 5 6

    Bereich hat sich bereits seit Lngerem eine regelrechte Schattenwirtschaft eta-bliert, in der Bot-Netze gekauft, aber auch verkauft werden knnen.

    Solche Attacken sollen Experten zufol-ge fr unter 50 US-Dollar pro Tag zu kau-fen sein. Betroffenen, z.B. Online-Hndlern, die auf diesen Vertriebsweg angewiesen sind, entstehen nach einer Schtzung der Kaspersky Labs Schden von 50.000 US-Dollar je Stunde. Haupteinfallswege fr Schadsoftware, die den eigenen Rechner zum Teil eines Bot-Netzes werden lassen, sind verseuchte E-Mails und USB-Sticks. Ein gesundes Misstrauen ist ein guter Wegbegleiter fr die eigene Sicherheit und damit auch fr die Sicherheit anderer!

    Schlsselfaktor. Der Befall durch Mal-ware geschieht bei E-Mails hauptsch-lich durch das Klicken auf eingebettete Links oder das ffnen von Dateianhn-gen und bei USB-Sticks dadurch, dass Programme automatisch nach Einste-cken des Speichersticks zur Ausfhrung gebracht werden.

    E-Mails, die eine Kontenberprfung verlangen, groe Erbschaften verspre-chen oder angeblich noch nie gesehene Bilder von Stars zeigen, sollten gelscht und keinesfalls geffnet werden. Bei USB-Sticks aus unbekannter Quelle ist ohnehin Vorsicht geboten!

    Das Nutzerverhalten ist ein Schls-selfaktor fr ein akzeptables Datensi-cherheitsniveau insgesamt; daher ist eine ausreichende Sensibilisierung der Anwender dringend notwendig. Sicher-heitsfunktionalitten von IKT-Systemen mssen so bereitgestellt werden, dass Nutzer sie anwenden knnen und wollen.

    Verantwortung in der Digitalen Welt ist von Nutzern, Unternehmen und dem Staat gleichermaen zu bernehmen!

    automatisch aktiviert werden. Moderne Internet-Browser gestatten es, diese von Fall zu Fall einzuschalten. In letzter Zeit sind immer wieder Sicherheitslcken in diesen Erweiterungen aufgetaucht, die zum Schaden des Anwenders genutzt wurden, bevor vom Hersteller ein Patch (Zero-Day-Exploit) zur Schlieung der Lcke zur Verfgung gestellt wurde.

    Riesenschaden. Entscheidend ist es, zu verhindern, dass Gerte (PCs, Router, mobile Gerte) zu fremdgesteuerten Be-standteilen eines sogenannten Bot-Net-zes werden, das z.B. zu DDoS-Angriffen (Lahmlegen von IKT-Systemen) miss-braucht werden kann. Gerade in diesem

    Macht, Verantwortung und die digitale WeltHamburg Symposium in der Bucerius Law School.

    Um Neue Macht und Verantwortungs-strukturen in der digitalen Welt geht es bei einem zweitgigen Symposium, zu dem DIVSI gemeinsam mit der Ham-burger Bucerius Law School und dem Lorenz-von-Stein-Institut) einldt. Ter-min ist der 7./8. Mai in Hamburg (Jun-giusstrae 6). Nach der Erffnung des Symposiums (Beginn 15.00 Uhr) durch Hamburgs Ersten Brgermeister Olaf Scholz wird der EU-Abgeordnete und

    Datenschutzexperte Jan Philipp Albrecht den Stand der Diskussion um die EU-Da-tenschutzverordnung aufzeigen.

    Am Freitag (8.5.) sollen nach der Be-grung durch DIVSI-Direktor Matthias Kammer (9.00 Uhr) verschiedene Aspek-te von Macht und Regulierung, Verant-wortung und Teilhabe im digitalen Kon-text aus rechtswissenschaftlicher Sicht beleuchtet werden.

    Interessenten an dem Symposium knnen sich ab sofort unter http://bit.do/Bucerius anmelden. Sie erhalten dann von dort das vollstndige Programm und den Anmeldelink zugemailt.

    Ehrengast. Olaf Scholz erffnet das Symposium.

    NEWS

    Carsten J. Pinnow studierte Elektrotechnik. Er leitet eine Firma fr Techno-logieberatung und ist stellv. Leiter des Arbeitskreises Sicherheit im VDI Bezirks-verein Berlin-Brandenburg.

    Foto

    : BSI

    , Liq

    uidL

    ayou

    t S

    hutt

    erst

    ock,

    SPD

    , Uni

    vers

    itt E

    rfur

    t

    So nicht. 123456 war 2013 das be-liebteste Passwort.

    21April 2015

  • Eine am Lorenz-von-Stein-Institut durchgefhrte Analyse im Rah-men eines vom DIVSI gefrderten Projektes konnte die Existenz ei-ner digitalen Dimension der Grundrech-te zeigen. Die Etablierung einer (neuen) Kategorie der digitalen Dimension fgt sich in die Grundrechtsdogmatik ein. Sie ist nicht dem Vorwurf ausgesetzt, man habe dies in der Vergangenheit fr ver-gleichbare Entwicklungen nicht getan. Mit dem Internet steht nmlich erstmals eine gesellschaftliche Errungenschaft bereit, die in der Lage ist, nahezu das ge-samte menschliche und grundrechtlich erfasste Verhalten abzubilden.

    Infrastrukturschutz. Neben aktiven Handlungsweisen, von denen exemp- larisch nur Online-Predigt und On-line-Seelsorge im Rahmen von Art. 4 Abs.1 GG, reine Online-Versammlungen und -Vereinigungen sowie die Nutzung des Internets im Kontext klassischer Demonstrationen oder Vereine und ihr Schutz ber Art.8 und Art.9 GG genannt werden sollen, bietet der Grundrechts-katalog den ergnzend notwendigen In-frastrukturschutz. Digitale Grundrechte sind auf digitale Infrastrukturen ange-wiesen das Fernmeldegeheimnis sowie das Grundrecht auf Integritt und Ver-traulichkeit informationstechnischer Sys- teme stellen Vertraulichkeit und Sicher-heit her. Die Verfgbarkeit fr jedermann ist im Rahmen einer E-Daseinsvorsorge ebenfalls staatliche Aufgabe.

    Digitale Infrastrukturen bernehmen zunehmend die Rolle klassischer Infra-strukturen, sodass die Erweiterung des Grundrechtsschutzes konsequent ist. So wie in der Vergangenheit Art. 13 GG (Schutz der Wohnung) eine rumliche Rckzugsmglichkeit sicherte, bedarf

    FORSCHUNGSPROJEKT

    Das Grundgesetz ist als Antwort auf eine bestimmte historische Situation konzi-piert worden. Daher steht die klassische Abwehrdimension im Vordergrund. Diese ist es aber nicht, die Antworten auf die Fehlentwicklungen im Internet geben kann. Es sind vielmehr staatliche Schutz-pflichten und die (mittelbare) Drittwir-kung der Grundrechte, die es zu akti-vieren gilt. Die Beeintrchtigung durch private Dritte (oder andere Staaten) wird bei den digitalen Grundrechten zur Regel.

    Welchen Mehrwert bietet vor diesem Hintergrund die Rckfhrung digitaler Handlungsweisen auf die grundrechtli-chen Schutzbereiche? Es drfte weniger die unmittelbare Wirkung sein, die gegen-ber staatlichen Manahmen geltend ge-macht werden kann und einen rechtferti-genden Grund verlangt. Stattdessen kann die Vergewisserung darber, dass digi-tale Handlungs-weisen grund-re c h t l i c h e n Schutz genie-en, aktuellen Debatten neue Impulse geben.

    Herausforderung. Technische wie gesell-schaftliche Innovationen stellen sich immer auch als Herausforderung fr eine Rechtsordnung dar. Vor allem Ge-setzgebung und Verwaltung sind zur Bewltigung berufen auch wenn die Rechtsprechung mangels konkreter ge-setzlicher Vorgaben derzeit eine Vorrei-terrolle einnimmt und durch zur Entschei-dung gebrachte Sachverhalte gezwungen ist, sachgerechte Lsungen unter Rck-griff auf eine Auslegung eines nicht fr

    Es gibt Anpassungsbedarf Die digitale Dimension der Grundrechte Existenz, Funktion und Grenzen.Dr. Snke E. Schulz

    es digitaler Rckzugsrume. Viele ana-loge wie auch digitale Grundrechte wei-sen eine rumliche Dimension auf. Fr analoge Handlungsweisen steht trotz Privatisierungstendenzen offensicht-lich hinreichend ffentlicher Raum zur Verfgung. Im Internet bewegen sich die Grundrechtstrger aber immer auf pri-vatem Grund. Nur solange ausreichend (nichtkommerzialisierte) Ausweichmg-lichkeiten existieren, drften staatliche Manahmen nicht gefordert sein.

    Persnlichkeitsrecht. Komplettiert wird der Grundrechtsschutz durch die Ab-sicherung passiver Komponenten, nm-lich ein Online-Persnlichkeitsrecht. Je mehr sich persnlichkeitsrelevantes Han-deln im Internet manifestiert, desto mehr entsteht eine Kategorie der Online-Per-snlichkeit, die eng mit der analogen Persnlichkeit verbunden ist, aufgrund der anderweitigen Entstehungsvoraus-setzungen und Bedrohungen aber eines eigenstndigen Grundrechtsschutzes bedarf. Die Entwicklung steht hier erst am Anfang: Die Bewertung der Rolle von Suchmaschinen, die digitale Persnlich-keiten fr Dritte sichtbar werden lassen, ist Gegenstand der Rechtsprechung.

    Gibt es eine digitale Dimension der Grundrechte, und ist das tauglich fr das digitale Zeitalter?

    Die Analyse konnte zeigen, dass sich nicht nur zahlreiche (persnlichkeitsre-levante) Handlungsweisen ins Internet verlagern und unter Rckgriff auf infor-mationstechnische Systeme vollziehen, sondern auch, dass diese Aktivitten den gleichen Schutz beanspruchen wie ana-loge Verhaltensweisen wie der klassi-sche Grundrechtsgebrauch. Gleichwohl ist der zweite Teil der Frage nicht zwin-gend ebenfalls positiv zu beantworten.

    Neue Zeiten. Passt unser

    Grundgesetz in die digitale Gegenwart?

    Foto

    : r.n

    agy

    Sh

    utte

    rsto

    ck

    22

  • das Internet gemachten Rechts zu entwi-ckeln. Ein solcher Zwang besteht fr die Gesetzgebung nicht gleichwohl drfte es kaum mehr mglich sein, sich dieser gesellschaftlichen Herausforderung nicht anzunehmen. Gerade weil die unmittel-bare abwehrrechtliche Komponente der Grundrechte keine zeitgeme Antwort auf die drohende Beeintrchtigung auch elementarer Grundrechte im digitalen Raum gibt, ist es die Verpflichtung der Gesetzgebung, eine grundrechtsadquate Ordnung unter Privaten herzustellen.

    Leitplanken. Hier setzt die digitale Di-mension der Grundrechte an. Sie kann

    Leitplanken definieren. Der Gesetzgeber ist berufen, durch Recht einen schonen-den Ausgleich zwischen kollidierenden Rechtspositionen zu formulieren. Auch die (mittelbare) Drittwirkung, konstruiert ber Einbruchstellen im einfachen Recht, stellt eine Form des Ausgleichs dar. In

    einem tripolaren Verhltnis kommt dem Staat die Rolle eines Moderators zu, der allen Rechten zu optimaler Durch-setzung verhelfen muss.

    Selbstbestimmung. Der Blick auf die grundrechtlichen Schutzbereiche und konkrete Konfliktflle sowie deren Be-wltigung durch die Rechtsprechung

    hilft dabei, tatschlich einen solchen Ausgleich anzustreben, whrend in der ffentlichen Debatte oder auf Grundlage geltenden Rechts ohne Rckbesinnung auf die grundrechtlichen Positionen oft die berbetonung der einen oder anderen Position droht. Dies zeigen die Debatten zum Datenschutz, wo zum Teil vernach-lssigt wird, dass neben dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch Unternehmen (selbst amerikanische Grokonzerne) Trger von Grundrechten sind. Die Einrumung eines grundstzli-chen Vorrangs durch Gesetzgebung oder

    Rechtsprechung ist im Verhltnis von Grundrechtstrgern und ihren Rechts-positionen untereinander kritisch zu be-werten. Bei aller Zuversicht, dass der Gesetzgeber den Schutz der Grundrechte vor privaten Beeintrchtigungen sichert, bleibt gleichwohl die begrenzte Steue-rungskraft eines Nationalstaats im Hin-blick auf globale Sachverhalte das wohl dringlichste Problem in diesem Zusam-menhang.

    Anpassungsbedarf. Abschlieend sei darauf hingewiesen, dass unter der grundrechtlichen Perspektive trotz ei-nes fast lckenlosen Schutzes digitaler Handlungsweisen Anpassungsbedarf auszumachen ist. Exemplarisch ist inso-fern die Einordnung der verschiedenen Kommunikationsvorgnge im Internet.

    Die Erfassung sowohl der Individu-al- als auch der Massenkommunikation

    lediglich ber die Auffanggrundrechte der Rundfunkfreiheit und des Fernmel-degeheimnisses erscheint der Bedeu-tung des Internets nicht angemessen.

    und dogmatisch fragwrdig. Grund-rechtlicher Schutz soll allgemein ver-stndlich sein warum die reine On-

    line-Zeitung nicht Presse, sondern Rundfunk ist und wieso eine E-Mail oder ein Online-Speicher dem Fern-meldegeheimnis unterlie-gen sollen, ist nicht auf den ersten Blick berzeugend. Klrungsbedrftig erscheint zudem die Abgrenzung von laufender Kommunikation und

    abgeschlossenen Kommunika-tionsvorgngen sowie zwischen dem

    Schutz des Gegenstands der Kommuni-kation (bspw. personenbezogenen Daten) und dem Schutz des Kommunikations-vorgangs und von Kommunikationsinfra-strukturen.

    Dr. Snke E. Schulz ist Berater bei der PP Deutschland AG, Berlin, und freier Mitarbeiter am Lorenz-von-Stein-Institut

    23April 2015

  • Vertrauen, so heit es allenthal-ben, ist der Schlssel fr die digitale Wirtschaft. Wenn die Menschen sich im Internet nicht sicher fhlen und den Angeboten nicht trauen, die ihnen dort gemacht werden, dann werden sie diese nicht nutzen, so schn das technisch auch alles funktio-nieren mag. Und dann werden weder die Potenziale von E-Commerce noch die von E-Government richtig ausgeschpft.

    Inzwischen lsst sich bezweifeln, ob diese These stimmt. Seit den Enthl-lungen von Edward Snowden ahnen wir, in welchem Ausma Geheimdienste die elektronische Kommunikation rund um den Globus aussphen. 2014 gab es zudem wiederum etliche Beispiele, dass selbst groe Unternehmen ihre Daten nicht vor Hackern scht-zen konnten. Wenn Unbekannte Nacktbilder von Prominenten verffentlichen, die sie sich aus der Cloud besorgt haben, mag man darber vielleicht noch lcheln, aber bei Wirt-schaftsspionage und Mas-senberwachung hrt der Spa schnell auf.

    Milliardenschaden. Bei der Organisierten Krimi-nalitt wirke das Internet wie ein Brandbeschleuni-ger, sagte Innenminister Thomas de Maizire bei der Herbsttagung des Bundes- kriminalamtes. Mussten Kriminelle frher Men-schen, Huser oder Banken berfallen, um sich deren Ei-gentum anzueignen mit allen Risiken, gestrt oder erkannt zu werden , so lassen sich Diebstahl, Bedrohung und Erpressung heute auch vom heimischen Computer aus bewerkstelligen. Schtzungen zufolge beluft sich der Schaden, den Hacker in der Wirtschaft anrichten, weltweit auf 300 Milliarden Euro.

    BESTANDSAUFNAHME

    Umparken im Kopf?Vom blinden Vertrauen zu etwas, dem man eigentlich nicht traut.Dr. Gttrik Wewer

    Sicherheit? Nur in die Kpfe lsst sich noch nicht sehen. Bei unseren Daten im Netz ist das anders. Da bleibt nichts verborgen.

    24

  • Sicher ist nichts. Ob die Datenbestnde von Sony Pictures, das den Film The In-terview produziert hatte, von Nordkorea aus angegriffen, geknackt und teilweise ins Netz gestellt worden sind oder ob sich Mitarbeiter, die entlassen worden waren, an ihrem alten Arbeitgeber ge-rcht haben, ist unklar, kann dem ge-whnlichen Nutzer aber auch egal sein. Die Botschaft, die von allen diesen Vorfl-len ausgeht, lautet: Nichts ist im Internet wirklich sicher. Wenn selbst Unterneh-men wie Sony oder Microsoft ihre Daten letztlich nicht schtzen knnen, wie soll

    das dem Einzelnen an seinem Laptop gelingen? Wenn selbst Mitglieder

    von Anonymus, die ihre Identi-tt sorgfltig abzuschirmen

    versuchen, von Sicherheits-diensten aufgesprt wer-

    den konnten, wie kann da der normale User

    glauben, er knne sich ernsthaft ver-bergen? Gngige Verschlsselun-gen sollen lngst geknackt worden sein.

    Fhrt das al-les dazu, dass die

    Menschen vorsichtiger werden? Dass sie das Internet weniger nutzen und genau berlegen, wozu sie es wirklich brau-chen? Dass sie ihre Daten, wenn sie denn ins Netz gehen, regelmig verschls-seln, um wenigstens einen gewissen Schutz zu haben, auch wenn es keine ab-solute Sicherheit gibt? ndern also der-artige Vorflle irgendetwas am Verhalten der Menschen? Mitnichten!

    Always on. Die Deutschen gehen nicht weniger ins Internet als vor den Enthl-lungen von Snowden, sondern immer mehr sind always on. Und obwohl das besonders unsicher ist, gehen immer mehr heute mobil ins Internet, also von ihrem Smartphone, Tablet oder Laptop aus. Nach Erhebungen der Initiative D 21 haben 2014 ber die Hlfte der Deut-schen (54 Prozent) das Internet unter-wegs genutzt, ein Anstieg von 14 Prozent gegenber dem Vorjahr. Zugleich waren aber 70 Prozent der Nutzer der Ansicht, dass das mobile Internet das Risiko birgt, dass sich jemand illegal Zugriff auf per-snliche Daten verschafft.

    Weder die Risiken, die sie sehen, noch das, was wir von Edward Snowden wissen, noch die Datenverluste bekann-ter Unternehmen haben dazu gefhrt, dass die Menschen das Internet weniger nutzen oder ihr Verhalten ndern. All das

    hat sie auch nicht dazu bewogen, ihre Daten wenigstens ein bisschen besser zu schtzen, auch wenn klar ist, dass es keinen absoluten Schutz geben kann. Aber man knnte es Angreifern immer-hin etwas schwerer machen. Technische Lsungen gibt es durchaus, aber nur we-nige sind bereit, fr eine hhere Sicher-heit ein paar Euro monatlich auszugeben. Dann lieber fr eine schne neue App, mit der man Musik hren kann.

    Misstrauen. Das wirft die Frage auf, ob Vertrauen wirklich der entscheiden-de Schlssel fr die digitale Wirtschaft ist. Schon vor einigen Jahren hat eine BITKOM-Studie gezeigt, dass es um das Vertrauen in die Sicherheit sozialer Netz-werke insgesamt eher schlecht bestellt ist: Bei allen abgefragten Netzwerken gab jeweils mindestens die Hlfte der Nutzer an, der Plattform eher nicht oder gar nicht zu vertrauen. Dem Marktfhrer Facebook misstrauten 62 Prozent, Goog-le plus 64 Prozent und Twitter sogar 70 Prozent. Noch weniger vertrauten der Online-Community Netlog (85 Prozent) (siehe DIVSI-Magazin 1/2012, S. 20).

    Facebook macht tglich rund 1.000 Tests, ohne dass die Nutzer wissen, was da getestet wird, wozu es getestet wird und welche Ergebnisse dabei heraus-kommen. Dabei nutzt die Firma nicht

    Schne neue Welt? Geld fr Spiele-Apps wird ausgegeben, fr mehr Sicherheit nicht.

    Foto

    : cifo

    tart

    /Syd

    a Pr

    oduc

    tions

    S

    hutt

    erst

    ock

    25April 2015

  • nur die Datenbestnde, die ihre Nut-zer aufgebaut haben, sondern sie mani-puliert auch Daten, um herauszufinden, wie die Nutzer darauf reagieren. Wir sei-en lngst, ohne das zu wollen und ohne dem zugestimmt zu haben, zu Labor-ratten von Facebook geworden, schreibt Harald Staun.

    Sttigung. Frher htte man vermu-tet, dass solche Versuche, unser Ver-halten zu beeinflussen, zu Misstrauen und womglich dazu fhren wrden, das Labor schleunigst zu verlassen. Das ist nicht der Fall: Obwohl viele der Plattform misstrauen, nutzen sie Face-book. Das Netzwerk wchst zwar nicht mehr so schnell wie in den ersten zehn Jahren, aber das scheint eher auf Stti-gungseffekte zurckzufhren zu sein. Es wchst zwar nicht mehr rasant, aber es schrumpft auch nicht. Und der Grund fr das verlangsamte Wachstum ist auch nicht mangelndes Vertrauen. Das fehlte

    wie gesagt schon immer.Wer Vertrauen als den Schlssel fr

    die digitale Wirtschaft ansieht, der muss darber nachdenken, wie er Vertrau-en strken kann. Strategisch geht es um eine entsprechende Reputation, die sich Firmen erarbeiten und tglich ver-teidigen und erneuern mssen. Zu den Werkzeugen, die man dafr einsetzen kann, zhlen nicht nur IT-Sicherheit und Transparenz, Sicherheitsplanung und Reaktionsfhigkeit, sondern auch Penet-rationstests, Hack Days, Zertifikate durch unabhngige Dritte und hnliches mehr. Vertrauen stellt sich nicht von allein ein, Vertrauen will gemanagt werden.

    Wenn aber die meisten das Internet nutzen, obwohl sie nicht glauben, dass ihre Daten dort sicher sind, sie den Ange-boten hufig misstrauen, mssen wir wo-mglich umdenken. Dann ist es vielleicht aufschlussreicher, besser zu verstehen, warum das so ist, als nach Strategien und Instrumenten zu suchen, das Ver-

    trauen zu steigern. Das eine schliet das andere im brigen nicht aus.

    In den USA oder in Grobritannien ist die Aufregung darber, dass die kommer-ziellen Datensammler Profile anlegen, um uns mageschneiderte Werbung zu-kommen zu lassen, und dass die Geheim-dienste alles sammeln, was sie im Netz kriegen knnen, weitaus geringer als in Deutschland. Dass Daten im Internet nicht wirklich geschtzt werden knnen, sieht man dort (und anderswo) viel gelas-sener. 51 Prozent der Amerikaner finden auch die verschrften Methoden ge-rechtfertigt, mit denen die CIA Gefange-ne traktiert hat, um an Informationen zu kommen, und nur 29 Prozent sehen das anders, wie eine Umfrage des Pew Re- search Center krzlich erbracht hat. 20 Prozent hatten dazu keine Meinung. Zwei-fel daran, dass das die richtige Entschei-dung war, hatten 43 Prozent der Ameri-kaner nicht etwa daran, solche Methoden einzusetzen, sondern daran, den Bericht des Senats darber zu verffentlichen. 42 Prozent fanden das allerdings richtig.

    Zielrichtung. Die diversen DIVSI Studien haben gezeigt, dass es den einen Nutzer, der fr alle anderen steht, nicht gibt. Das mahnt zur Vorsicht, wenn man Antwor-ten auf die Frage sucht, warum viele das Internet und bestimmte Angebote darin nutzen, obwohl sie ihnen nicht vertrauen. Stichworte dazu lauten: Abstraktheit der Gefhrdungslage:

    Was technisch alles mglich ist, durchschauen nur die wenigsten.

    Geringschtzung des Risikos: Was soll mir schon passieren?

    Bequemlichkeit der Nutzung: Auf die einfachen, mobilen Mglichkeiten der Kommunikation mchte kaum noch jemand verzichten.

    Kostenloskultur des Internets: Wenn man etwas unentgeltlich nutzen kann, dann muss man manches halt in Kauf nehmen.

    Gruppendruck in Beruf und Freizeit: Wer nicht online ist, ist auen vor!

    Betroffenheit als Ausnahmefall: Echte Schden an Leib, Leben oder Portemonnaie haben bisher nur wenige erlitten.

    Fatalismus als Ausrede: Wirklich schtzen kann man sich sowieso nicht!

    Diese Liste ist sicherlich nicht vollstn-dig. Aber sie deutet doch die Richtung an, in der man suchen muss, um Antworten auf die Frage zu finden, warum Vertrauen in der virtuellen Welt vielen offenbar we-niger wichtig erscheint als in der realen Welt. Dass Daten, die auf Plattformen im Internet mit anderen geteilt werden, Rckwirkungen haben auf das richtige Leben, scheint nicht allen bewusst zu sein. Wenn wir besser verstehen, warum viele dem Internet nahezu blind vertrau-en, obwohl sie ihm doch eigentlich nicht vertrauen, finden wir vielleicht auch den geeigneten Schlssel, um Wirtschaft, Staat und Demokratie im 21. Jahrhun-dert zu strken.

    Dr. Gttrik Wewer ist Vice President E-Govern-ment bei der Deutsche Post Consult GmbH. Fo

    to: c

    ifota

    rt/F

    er G

    rego

    ry

    Shu

    tter

    stoc

    k

    Laborratte. Ist der Internet-Nutzer

    mittlerweile zum Ver-suchstier der groen Player abgesunken?

    26

  • aktualisieren!!

    Aktuelle BcherEs ist kompliziertDas Leben der Teenager in sozialen NetzwerkenDanah Boyd

    Welche Auswirkungen haben Online-Plattformen wie Facebook auf Jugendliche? Danah Boyd hat ber Jahre hinweg Jugendliche mit unterschiedlichstem sozialem und ethnischem Background zu ihren Online-Ttigkeiten befragt und diese untersucht. Dabei deckt sie einige der typischen Vorurteile und Mythen ber den Gebrauch sozialer Netzwerke bei jungen Leuten auf und macht deutlich, dass der Versuch von Eltern und Gesellschaft, Jugend-liche vor den Gefahren des Internets schtzen zu wollen, nicht immer sinnvoll ist.

    Redline, ISBN: 978-3-86881-555-9; 24,99

    Think New!22 Erfolgsstrategien im digitalen BusinessChristian Hoffmeister, Yorck von Borcke

    Nur wenigen gelingt es, den Erfolg von Apple, Google und Co. nachzubilden. Was machen die Groen richtig? Die Autoren haben Erfolgs-prinzipien ermittelt, die vor allem unter den vernderten Rahmenbedingungen durch die Digitalisierung und das Internet groe Bedeutung haben.

    Finger weg von unseren Daten!Wie wir entmndigt und ausgenommen werdenJan Philipp Albrecht

    Durch die nahezu unbe-grenzten Mglichkeiten der Datenverarbeitung werden wir zum glsernen Men-schen, ausgebeutet und entmndigt. EU-Datenschutz-experte Jan Philipp Albrecht klrt auf ber die Miss stnde beim Datenschutz, was die Politik tun muss und wie wir uns schtzen knnen.

    Open Government, Staat und DemokratieAufstze zu Transpa-renz, Partizipation und Kollaboration Gttrik Wewer

    Der Autor untersucht alle Bauteile von Open Govern-ment kritisch: das Paradigma der Offenheit, dem sich alles unterordnen soll, die Sulen Transparenz, Partizipation und Kollaboration, aber auch die technischen und ideo-logischen Fundamente, auf denen das Modell ruht.

    Die digitale Dimension der GrundrechteDas Grundgesetz im digitalen ZeitalterDr. Christian Hoffmann, Dr. Anika D. Luch, Dr. Snke E. Schulz, Kim Corinna Borcher

    Ist das Grundgesetz ins digitale Zeitalter bertragbar (s. auch

    Es gibt Anpassungsbedarf, S. 22)? Die Analyse konnte u.a. zeigen, dass die zahlreichen ins Internet verlagerten Hand-lungsweisen den gleichen Schutz beanspruchen wie analoge Verhaltensweisen.

    Hanser Verlag, ISBN: 978-3-446-44228-3; 39,99

    Knaur TB, ISBN: 978-3-426-78687-1; 7,00

    Edition Sigma, ISBN: 978-3-8360-3600-9; 24,90

    Nomos Verlag, ISBN: 978-3-8487-2027-9; 57

    27April 2015

  • DIVSI Verffentlichungen

    StudienMilieu-Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet, 2012 Meinungsfhrer-Studie: Wer gestaltet das Internet?, 2012 Entscheider-Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet, 2013 Freiheit versus Regulierung im Internet, 2013U25-Studie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in der digitalen Welt, 2014DIVSI Studie zu Bereichen und Formen der Beteiligung im Internet, 2014Braucht Deutschland einen Digitalen Kodex? Verantwortung, Plattformen und soziale Normen im Internet, 2014 DIVSI Studie Wissenswertes ber den Umgang mit Smartphones, 2014DIVSI Studie Daten: Ware und Whrung, 2014

    RedenRoman Herzog: Internet und Menschenwrde, 2013 Olaf Scholz: Braucht das Internet Vertrauen?, 2013

    DiskussionsbeitrgeDominic Vlz, Timm Christian Janda: Thesen zur Netzpolitik Ein berblick, 2013 Christina Heckersbruch, Ayten ksz, Nicolai Walter, Jrg Becker, Guido Hertel: Vertrauen und Risiko in einer digitalen Welt, 2013Gttrik Wewer: Digitale Agenda 2013 2017 Netzpolitik im neuen Deutschen Bundestag, 2013 Miriam Meckel, Christian Fieseler, Jan Gerlach: Der Diskurs zur Netzneutralitt, 2013 Timm Christian Janda, Dominic Vlz: Netzpolitik in Deutschland Wahlprogramme, Koalitionsvereinbarung, Regierungserklrung, 2014Manuel Schubert: Vertrauensmessung in der digitalen Welt berblick und Aussicht, 2014

    TitelInhaltEditorialEine Lanze fr unsere JugendBrauchen wir einen Lsch-Kodex?Ein Pflock, Vollpfosten und der richtige WegVertrauen ist gut (wann) ist Kontrolle besser?Schwchstes Glied ist oft der MenschEs gibt Anpassungsbedarf Umparken im Kopf?Aktuelle Bucher