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G 20011 Nachrichtenmagazin des Bundes der Vertriebenen OSTDIENST EUTSCHER DO D 57. Jahrgang / Nr. 01/2015 Verband: BdV im neuen Gewand Politik: Ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert Frischer Wind bei den Westpreußen Westpreußisches Landesmuseum eröffnet

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Verbandszeitschrift des Bundes der Vertriebenen 1/2015

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G 20011

Nachrichtenmagazin des Bundes der VertriebenenOSTDIENSTEUTSCHERDOD57. Jahrgang / Nr. 01/2015

Verband:BdV im neuen Gewand

Politik:Ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert

Frischer Wind bei den WestpreußenWestpreußisches Landesmuseum eröffnet

AngekommenDie Integration der Vertriebenen in Deutschland

Erzwungene WegeFlucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts

Die GerufenenDeutsches Leben in Mittel- und Osteuropa

Altes Schloss, Bayreuth23. Februar bis 30. März 2015Maximilianstr. 6, 95444 BayreuthÖffnungszeiten:Montag bis Sonntag 10.00 Uhr bis 18. 00 Uhr

Landratsamt Oberallgäu, Sonthofen17. Mai bis 26. Juni 2015Oberallgäuer Platz 2, 87527 SonthofenÖffnungszeiten:Montag und Mittwoch 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.30 bis 17.00 UhrDienstag 08.00 Uhr bis 13.00 UhrDonnerstag und Freitag 08.00 bis 12.00 Uhr

Oberschlesisches Landesmuseum9. November 2014 bis 6. April 2015Bahnhofstr. 62, 40883 RatingenÖffnungszeiten:Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr

Im Oberschlesischen Landesmuseum werden alle drei Ausstellungen als Trilogie Heimatweh gezeigt!

Bodenseekreis Landratsamt 23. März bis 29. April 2015 Albrechtstr. 75, 88045 Friedrichshafen Öffnungszeiten:Montag bis Freitag 08.00 bis 12.00 UhrDonnerstag zusätzlich 14.00 bis 17.00 Uhr

Donauschwäbisches Zentralmuseum22. Mai 2015 bis 20. September 2015Schillerstraße 1, 89077 UlmÖffnungszeiten:Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr

Stationen der Wanderausstellungen 2015

Fichtelgebirgshalle, Wunsiedel (Fichtelberg)23. Februar bis 31. März 2015Jean-Paul-Str. 5, 95632 WunsiedelÖffnungszeiten:täglich von 09.00 bis 18.00 Uhr

Zentrum

GeGen VertreibunGen

Alle Ausstellungen können gebucht werden. Informationen dazu unter Tel.: 0228/8100730

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Liebe Leserinnen und Leser,

gestern wie heute gilt: Zukunft braucht Erinnerung. Mit dem in diesem Jahr erstmals stattfindenden, bundes-weiten „Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung“ und der im Aufbau befindlichen Bundesstif-tung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ eröffnen sich große Chancen, dass die Erinnerung an das Schick-sal der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge nicht mehr nur aus den Vertriebenenverbänden heraus, sondern gesamtgesellschaftlich bewahrt wird.

Auf der Erinnerung an dieses Schicksal beruht unsere deutliche Absage an jeden Vorwurf einer Kollektiv-schuld. Schuld ist immer individuell. Die Vertreibung der Deutschen war keine „gerechte Strafaktion“ gegen ein „Tätervolk“, sondern Unrecht im Schatten anderen Unrechts. Vor diesem Hintergrund habe ich seit meinem Amtsantritt mehrfach öffentlich auch darauf hingewiesen, dass Schutz und Eingliederung der heute zu uns kommenden, schuldlos vertriebenen und heimatlos gewordenen fremden Menschen aus anderen Kulturen uns alle angehen, und gewürdigt, dass die im BdV organisierten Heimatvertriebenen, Flüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler sich in diesen Bereichen besonders engagieren.

Die Unterschiede zwischen den heutigen Flüchtlingen und den deutschen Opfern von Flucht, Vertreibung und ethnischen Säuberungen nach dem Zweiten Weltkrieg dürfen nicht verwischt werden. So kamen die deutschen Vertriebenen als Deutsche in ein zerstörtes Deutschland, das sie dann maßgeblich wieder mit aufbauten. Heute Schutz suchende Flüchtlinge kommen aus der Fremde, aus allen Gesichtspunkten her-aus. Sie kommen als Migranten in ein reiches, aber fremdes Land, das ihnen jedoch Sicherheit, Freiheit und Perspektiven bietet, wenn sie die vielfältigen Integrationsangebote nutzen und sich unser fortschritt-liches Wertesystem zu eigen machen.

Viele unserer Mitglieder helfen aus ehrlich empfundener Empathie gerade jenen Menschen, die heute aus ideologischen Gründen gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben werden und nach Deutschland kommen. Mit ihrem Einsatz bekräftigen sie nicht nur, dass Vertreibungen stets Unrecht sind, sondern auch, dass aus Erinnerung immer wieder ein Weg in die Zukunft erwächst.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bernd Fabritius MdB

Editorial

AngekommenDie Integration der Vertriebenen in Deutschland

Erzwungene WegeFlucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts

Die GerufenenDeutsches Leben in Mittel- und Osteuropa

Altes Schloss, Bayreuth23. Februar bis 30. März 2015Maximilianstr. 6, 95444 BayreuthÖffnungszeiten:Montag bis Sonntag 10.00 Uhr bis 18. 00 Uhr

Landratsamt Oberallgäu, Sonthofen17. Mai bis 26. Juni 2015Oberallgäuer Platz 2, 87527 SonthofenÖffnungszeiten:Montag und Mittwoch 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.30 bis 17.00 UhrDienstag 08.00 Uhr bis 13.00 UhrDonnerstag und Freitag 08.00 bis 12.00 Uhr

Oberschlesisches Landesmuseum9. November 2014 bis 6. April 2015Bahnhofstr. 62, 40883 RatingenÖffnungszeiten:Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr

Im Oberschlesischen Landesmuseum werden alle drei Ausstellungen als Trilogie Heimatweh gezeigt!

Bodenseekreis Landratsamt 23. März bis 29. April 2015 Albrechtstr. 75, 88045 Friedrichshafen Öffnungszeiten:Montag bis Freitag 08.00 bis 12.00 UhrDonnerstag zusätzlich 14.00 bis 17.00 Uhr

Donauschwäbisches Zentralmuseum22. Mai 2015 bis 20. September 2015Schillerstraße 1, 89077 UlmÖffnungszeiten:Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr

Stationen der Wanderausstellungen 2015

Fichtelgebirgshalle, Wunsiedel (Fichtelberg)23. Februar bis 31. März 2015Jean-Paul-Str. 5, 95632 WunsiedelÖffnungszeiten:täglich von 09.00 bis 18.00 Uhr

Zentrum

GeGen VertreibunGen

Alle Ausstellungen können gebucht werden. Informationen dazu unter Tel.: 0228/8100730

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Ethnische „Säuberungen“ im 20. JahrhundertAm 3. Februar 2015 luden die Stiftungen „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ und „Topographie des Terrors“ in Berlin zum Auftakt ihrer gemeinsam organisierten Vortragsreihe „Umsiedlung, Deportation, Vertreibung. Ethnische „Säuberungen“ im 20. Jahrhundert – neue Bedrohung für Europa?“. Gastge-ber Prof. Dr. Andreas Nachama, Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“, eröffnete die Veran-staltung mit der wichtigen Bemerkung, dass die Vortragsreihe zwar den Blick in die Vergangenheit richte, vor der dramatischen Kulisse der heutigen Flüchtlingszahlen jedoch auch für unsere aktuelle Situation Erkenntnisse verspreche. Seite 9

Heimat verloren Heimat gefundenViele interessierte Bürger haben in jüngster Zeit die thematischen Dokumentarschauen „Die Gerufe-nen“, „Erzwungene Wege“ und „Angekommen“ besucht. Sie lernten dabei die Siedlungsgebiete der deutschen Volksgruppen außerhalb des „Deutschen Reiches“, die Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts wie auch die Integration der deutschen Vertriebenen und Aussiedler seit 1945

kennen. Das Oberschlesische Landesmuseum zeigt die Ausstellungen des Zentrum gegen Vertreibungen als Trilogie Heimatweh. Seite 15

Wo das Hörspiel erfunden wurde – Schlesische Funkstunde

Am 26. Mai 1924, einem Montag, hörten Breslauer, die bereits ein Radiogerät besaßen, eine Stim-me aus dem Äther. Sie kam aus einem Seitenflügel des Oberbergamtes am Hindenburgplatz, später Kaiser-Wilhelm-Platz, dem Sitz des wenige Wochen zuvor gegründeten regionalen Rundfunksenders „Schlesische Funkstunde.“

Seite 19

Frischer Wind bei den Westpreußen Landesmuseum eröffnetNach einer fast zweijährigen Übergangsphase, die mit der Schließung des Standortes Münster-Wol-beck begann und sich in Umzug, Neugestaltung und umfangreichen Renovierungsarbeiten fortsetzte, konnte das neue Westpreußische Landesmuseum Ende vergangenen Jahres im ehemaligen Franziska-nerkloster von Warendorf wieder seine Besucher empfangen.

Seite 21

Sibylle Dreher zum GeburtstagGeboren wurde sie am 5. Januar 1945 in den Wirren des Krieges auf dem Piener Gutshof ihres Groß-onkels, Kreis Kulm in Westpreußen. Sieben Tage danach startete die Sowjetarmee ihren Großangriff Richtung Westen. Weitere fünf Tage später fiel ihr Vater. Gerade erst hatte er Nachricht von ihrer Geburt erhalten. Sibylle wuchs als eines der vielen Halb- und Waisenkinder der Nachkriegszeit auf, die ihren Vater nie erleben durften. Die Mutter organisierte im September 1945 die Flucht nach Berlin mit vier Kindern und sieben Säcken Gepäck im Schlepptau. Seite 39

Privat (2); BdV-Archiv (2); Göllner (2); Rundfunk-Jahrbuch (1)

Inhalt

Titel: Göllner (1)

DOD 01/2015 5Politik

Bund der Vertriebenen im neuen GewandNeue Außendarstellung: innovativ, übersichtlich und serviceorientiert

Kleider machen Leute, aber hin und wieder müssen die Kleider auch gewechselt werden. Der Bund der Vertriebenen hat sich deshalb bereits vor geraumer Zeit ent-schlossen, seine Außendarstellung, das heißt vor allem die optische Präsentation des Verbandes, zu ver-jüngen und gleichzeitig für Mitglie-der und Medien möglichst serviceori-entiert zu gestalten. Das Ergebnis legen wir Ihnen mit dieser Ausgabe des Deutschen Ostdienstes vor.

Bereits in dieser Zeitschrift schlägt sich die neue Farbgestaltung nieder.

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass die rote Farbgebung durch blau ersetzt worden ist. Blau ist die neue Leitfarbe des Verbandes. Sie steht in der Literatur für Ferne, Sehn-sucht und Klarheit, während sie gleich-zeitig harmonisch und sympathisch wirkt.

Luftiger und leichter

Die blaue Farbe ist auch die Grundfar-be der Initialen im Logo, das luftiger und leichter geworden ist. Der Bund der Ver-triebenen zeigt sich damit transparent und offen. Der Schriftzug wurde klarer und graphisch enger aneinandergesetzt. Gemäß unserem Leitwort für das Jahr 2015: „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ schlagen wir eine Brücke aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Und genau so wollen wir uns auch in Gestaltung und öffentlicher Wirkung nach außen präsen-tieren. Mit dem roten Dornenball, dem Signet des Zentrum gegen Vertreibun-gen, ist ein neues Element in das Logo des Verbandes aufgenommen worden. Diese Darstellung im Erkennungslogo drückt zugleich die enge Verbundenheit

des Bundes der Vertriebenen zu seiner Stiftung, dem Zentrum gegen Vertrei-bungen, aus. Auch die Farbe rot ist damit wieder aufgenommen worden und bleibt als zweite Farbe erhalten.

Alle Landes-, Kreis- und Ortsverbände des Bundes der Vertriebenen sind gebe-ten, dieses Logo im Sinne der gemeinsa-men Außendarstellung zu verwenden. Das Logo steht für unsere gemeinschaft-liche Identität in der Öffentlichkeit und sollte in der Kommunikation auf allen Ebenen auch so verwendet werden. Auf der Internetseite, aber auch auf anderen Wegen kann das Logo allen Verbänden in druckfähiger Auflösung zur Verfügung gestellt werden.

Zur Außendarstellung gehört auch die Präsentation des Verbandes im Internet. Die neue Homepage des Bundes der Ver-triebenen entspricht unserem hohen Anspruch an Tradition und Innovation gleichermaßen. Aufbauend auf den bestehenden und bewährten Inhalten wurden Gestaltung, Layout und die Benutzerfreundlichkeit verbessert. Der Bund der Vertriebenen zeigt sich so unter seinem moderneren Logo zeitge-mäß, informativ und geschichtsorientiert in der Öffentlichkeit.

Übersichtliche Gestaltung

Schon beim ersten Blick auf die Seite wird deutlich, dass neben dem informa-

tiven Kernbereich mit Texten und Fotos ein ansprechendes Hintergrundbild in blauen Rastertönen vorhanden ist. Das ist heute besonders wichtig, da sich die Seite so auf allen Bildschirmgrößen, bis hin zum Smartphone, ansprechend dar-stellen lässt. Der mittlere Informations- und Bildteil bleibt dabei immer gleich und je nach Bildschirmgröße wird er um die Hintergrundgestaltung ergänzt. Die Schriftgröße kann über die bekannten drei A (AAA) oben rechts individuell ange-passt werden.

Bilder als Ergänzung

Was bereits auf der Startseite erkenn-bar wird, ist die klare Gliederung. Jede Seite enthält mit einem großformatigen Bild im Kopf einen ansprechenden „Auf-macher“. In der horizontalen obigen Navigationsleiste, der sogenannten Ser-viceleiste, finden alle Besucher für den schnellen Überblick die aktuellen Daten und Fakten. Es beginnt mit der Startseite und geht dann weiter über Newsletter, unsere Presseberichte, das interne Login, die Kontaktseite, eine Suchfunktion und das gesetzlich vorgeschriebene Impres-sum. In der vertikalen Navigation links wird der Besucher dann zu speziellen Unterseiten und vertiefenden Informati-onen, Fakten und Chroniken geführt. Im Mittelbereich ist der jeweilige Textblock angeordnet, der rechts von dazu passen-

6 DOD 01/2015Politik

BdV (2)

den Bildern unterstützt wird. Dieses klar gegliederte Grundlayout findet sich auf jeder Seite wieder. Schon am Beispiel der Startseite wird ein weiteres Grundprin-zip der neuen Gestaltung deutlich: Die Sachinformationen werden durch ansprechende, passende Bilder ergänzt und untermauert. Diese Bilder werden kontinuierlich gewechselt und so aktuell gehalten. Auf der Newsletter-Seite ist eine einfache und schnelle Anmeldung möglich, um den regelmäßig erscheinen-den Rundbrief zu erhalten. Auf der Pres-seseite finden die Medienvertreter kurz und knapp die aktuellen Pressemitteilun-gen. Die Medienvertreter, die natürlich für die Verbandsarbeit wichtig sind, kön-nen hier zusätzlich eine Archivfunktion nutzen und damit auch noch auf ältere Presseinformationen zurückgreifen. Unter Login befindet sich der Zugang zum kennwortgeschützen internen Bereich. Hier werden den Verbandsglie-derungen zum Beispiel das Logo, Mus-terbriefköpfe oder Mustersatzungen zur Verfügung gestellt. Der Vertriebenen-presse sollen auch wichtige Fotos in druckfähiger Auflösung für den Down-load bereitgestellt werden. Diese Seite ist nur mit Nutzernamen und Passwort zugänglich. Die Suchfunktion ist ein wichtiges Werkzeug, um sich auf einer so großen und informellen Seite wie der des Bundes der Vertriebenen schnell und einfach zurechtzufinden. Hier können in Form einer Schlagwortsuche die entspre-chenden Begriffe eingegeben werden und sodann werden die Bereiche und Seiten angezeigt, auf denen diese Such-wörter vorkommen.

Hintergrundinformationen

Neben diesem informativen Schnell-durchlauf im oberen Bereich können die Nutzer links auf der Seite, in der soge-nannten vertikalen Navigation, jetzt noch in weitere themenbezogene Berei-che einsteigen. Insgesamt enthält der Internetauftritt über 70 Seiten, die nicht alle im Einzelnen vorgestellt werden können. Vielmehr sind alle Leser herz-lich eingeladen, in den nächsten Wochen intensiv auf den neuen Seiten des Inter-netauftritts des Verbandes zu stöbern und sich dort informieren zu lassen.

Unter dem Bereich Strukturen, Orga-nisation und Aufgaben stellen wir auf separaten Seiten den Präsidenten, die

Vizepräsidenten, die Präsidiumsmitglie-der, die Bundesgeschäftsstelle, die Mit-gliedsverbände, die Bundesversamm-lung, den Bundesausschuss, die Rechts-form und die jeweiligen Aufgaben vor. Der Besucher findet auf diesen Seiten alle wissenswerten Informationen über den Verband. Die Rubrik Aufnahme und Integration teilt sich auf die Bereiche ehrenamtliche Betreuung sowie haupt-amtliche Migrationsberatung. Sicherlich zwei sehr wichtige Bereiche, die auch in Zukunft in unserer Verbandsarbeit eine große Rolle spielen werden. Information und Statistik stehen im Mittelpunkt der folgenden Rubrik. Hier geht es um Zah-len und Auswertungen sowie Übersich-ten aus den Bereichen Vertriebene, Spät-aussiedler, deutsche Minderheiten, Kul-tur, Jahresleitworte, Träger der Ehrenpla-kette, die Mahn- und Gedenkstätten sowie eine Chronik der Tage der Heimat.

Jetzt auch auf Facebook

Die letzte untere Kategorie ist ein besonderer Service für alle Besucher der Seite. Hier finden sie – zunächst wie gewohnt – die Publikationen als Bestell-formular, eine ansprechende Fotogalerie, eine Videosammlung und den Deut-schen Ostdienst, auch als Archiv. Die Fotogalerie greift auf den neuen Face-

book-Auftritt des Verbandes zurück. Wer mit dem Bund der Vertriebenen in Kon-takt treten will, kann dies in Zukunft auch über die sozialen Netzwerke tun. Die Kommentarfunktion ist bei Face-book zwar derzeit noch eingeschränkt, für den künftigen Kommunikationsaus-tausch sind die sozialen Netzwerke jedoch unerlässlich. Gleiches gilt für die Videofunktion, die Besuchern der Seite und der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit gibt, sich Zeitzeugenberich-te und Dokumentationen über den BdV-eigenen Youtube-Kanal anzusehen.

Mit der Veröffentlichung der neuen Internetseite ist der Prozess dieser aktua-lisierten Darstellung der Verbandsarbeit noch nicht abgeschlossen. Kritik und Anregungen der Nutzer unserer Medien werden die ständige Weiterentwicklung vorantreiben. Mit der zeitgemäßen, transparenten und übersichtlichen Dar-stellung und Präsentation der Informati-onen über den Verband und die Anlie-gen der Vertriebenen und Spätaussiedler soll die Kommunikation mit allen gesell-schaftlichen Kräften im In- und Ausland weiter gefördert und ausgebaut werden. Das Angebot auch für die jüngere Gene-ration zugänglich und attraktiv zu gestal-ten, war ein wichtiges Ziel dieser neuen Aufmachung.

Markus Patzke

Zum Tod von Bundesvertriebenenmi-nister a.D. Dr. h.c. Heinrich Windelen (CDU) erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB:

Im Alter von 93 Jahren ist am 16. Feb-ruar 2015 in Warendorf der ehemalige Bundesvertriebenenminister Heinrich Windelen von uns gegangen.

Als Schlesier, gebürtig aus Bolkenhain, gehörte Windelen zur Erlebnisgenerati-on von Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg. Von Beginn an zählten die Erfahrungen der Vertreibung sowie die sozialen Nöte der Ankunft zu den treibenden Kräften seiner politischen Arbeit.

Sein besonne-ner, aber konse-quenter Einsatz für die berechtig-ten Anliegen der Heimatvertriebe-nen und Flüchtlin-ge, oft gegen poli-tische und media-le Widerstände, war ein wichtiges Ele-ment seiner gesamten Abgeordneten-tätigkeit im Deutschen Bundestag zwi-schen 1957 und 1990. Ob als Bundes-vertriebenen minister, Bundestagsvize-präsident oder Bundes minister für inner-deutsche Angelegenheiten: Windelen ging es stets um die Menschen und ihre Interessen, nicht um Schlagzeilen.

Windelens klare Haltung zur deut-schen Einheit stand einer aktiven Ver-ständigungspolitik mit seiner schlesi-schen Heimat nie entgegen. Als geschätz-ter Brückenbauer wurde er nach seiner Bundestagszeit Co-Vorsitzender der „Stiftung für deutsch-polnische Zusam-menarbeit“. Für sein Engagement wurde er u.a. mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundes-republik Deutsch land (1985), dem Schlesierschild (1981), der höchsten Auszeichnung der Lands mannschaft Schlesien, und 1975 mit der Ehrenpla-kette des BdV geehrt.

Mit Heinrich Windelen verlieren die deutschen Heimatvertriebenen einen wichtigen Weggefährten und Deutsch-land einen seiner verdientesten Ost-Poli-tiker.

Wir trauern um Heinrich Windelen

DOD 01/2015 7Politik

Ende Januar hat sich das neu gewählte Präsidium des Bundes der Vertriebenen (BdV) zu einer Klausurtagung getroffen. Diese fand erstmals in München im Sudetendeutschen

Haus statt. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Strategie künftiger Arbeit des BdV, Anliegen der Mitgliedsverbände, die Positionen des Verbandes zu aktuellen politischen Fragen sowie die Jahresplanung für 2015. Der neue BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB war zuversichtlich und sah den BdV für die kommenden Aufgaben gut gerüstet: „Das neue Präsidium ist sehr engagiert, wir hatten eine intensive Klausur mit angeregten Diskussionen und sind für das Jahr 2015 gut aufgestellt. Gerade in der aktuellen Debatte über die Flücht-lingspolitik sind wir kompetenter Ansprechpartner, da wir aus eigener Erfahrung wissen, was es bedeutet, die Heimat verlassen zu müssen.“

Bundespräsident Joachim Gauck hatte am 9. Januar 2015 zum Neujahrsempfang ins Schloss Bellevue eingeladen. Neben Repräsentanten des öffentlichen Lebens sind dort

jährlich rund 60 Bürgerinnen und Bürger aus allen Bundesländern zu Gast, die sich um das Gemeinwohl besonders verdient gemacht haben. Mit der Einladung danken der Bundesprä-sident und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt den Gästen für ihr Engagement. Im Anschluss an das Defilee der insgesamt rund 220 Repräsentanten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens sind die Bürgerinnen und Bürger zusätzlich zu einem gemeinsamen Mittagessen in den Großen Saal des Amtssitzes eingeladen. In seiner diesjährigen Anspra-che hob der Bundespräsident den besonderen Wert des Ehrenamtes hervor: „Ich sehe in Ihrer Arbeit nicht nur das schmückende Beiwerk unserer Demokratie. Sie leisten weit mehr. Sie schaffen und erhalten viele Arten von Lebensqualität. ... Sie pflegen unser Gemeinwesen. Sie sind die wahren Patrioten dieses Landes!“

Bukarest (dod). 1959 als Sohn einer alteingesessenen siebenbürgischen Fami-lie geboren, studierte Klaus Werner Johannis in Cluj-Napoca/Klausenburg Physik, unterrichtete u.a. am Hermann-städter Brukenthal-Lyzeum, trat 1990 dem Demokratischen Forum der Deut-schen in Rumänien (DFDR) bei und wurde später Generalschulinspektor des Kreises Sibiu/Hermannstadt. Im Jahre 2000 trat Johannis in die Politik ein, wurde 2004 zum Bürgermeister der Stadt am Zibin gewählt und 2008 sowie 2012 als solcher bestätigt.

Eine seiner herausragenden Leistun-gen war, die Ernennung seiner Geburts-stadt Hermannstadt als europäische Kul-turhauptstadt im Jahr 2007 – gemeinsam mit Luxemburg – vorangetrieben und durchgesetzt zu haben. Doch die Karrie-re von Klaus Johannis sollte sich noch-weiter rasant und steil entwickeln. Nach einer gescheiterten Kandidatur für das Präsidialamt sowie unerfüllten Vorschlä-gen seitens seiner Nationalliberalen Par-tei (PNL) als Innenminister und Vizepre-mier kamen auch die Erfolge: Johannis wurde 2014 Vorsitzender seiner Partei und letztendlich Kandidat der christlich-liberalen Allianz ACL – ein Wahlbündnis von PNL und PDL – für die Präsident-schaftswahlen.

Als einer von 14 Kandidaten für das höchste Amt Rumäniens hatte der Rumäniendeutsche wohl nicht die bes-ten Chancen. Der mitkandidierende Regierungschef Victor Ponta mit seiner Sozialdemokratischen Partei lag in den Umfragen vorne und konnte in der direkten Gegenüberstellung deutlich punkten.

Doch dann kam die Stichwahl zwi-schen Ponta und Johannis und auch die Überraschung für Wahlvolk und Beob-achter gleichermaßen.

Ohne eine tiefgehende Analyse der Vor- und Rahmenbedingungen ist der Meinung der Wahlforscher zuzustim-men: Die Auslandsrumänen – also die sogenannte „diaspora“ – waren das Zünglein an der Waage. Denn die abso-lut unzulänglich organisierten Wahlen

Den Wandel im SinnKlaus Johannis: Vom Hermannstädter Lehrerpult zum Präsidialpalast Rumäniens

außerhalb Rumäniens haben – Dank des Zeitalters der grenzenlosen Weltnetz-Kommunikation – Unmut und Gegen-stimmung in Richtung der bestehenden Machtstrukturen generiert. Ponta hätte noch vor der ersten Wahlrunde mit 40 Prozent scheinbar unschlagbar vor Johannis (30 Prozent) gelegen. In der Stichwahl lag Johannis mit 54 Prozent 10 Prozent vor Ponta, der 45 Prozent der Stimmen erhielt.

Nun ist er im Amt. Der sächsisch Ruhi-ge, der hoffnungsvoll Gewählte. Ist es allein sein Verdienst oder ist es eher die „Quittung“ für die andere Seite? Ist es eine Wahl der Hoffnung oder eine Abwahl der Stagnation? Oder beides?

Klaus Werner Johannis hat es selbst gesagt: Er sei sich der hohen Erwartun-gen an seine Person bewusst, doch hohe Erwartungen könnten auch zu großen Leistungen führen.

Der Hermannstädter hat es nicht ein-fach. Als Nachfolger seines Vorgängers möchte er Vieles anders machen. „Ein Rumänien der guten Arbeit“ will er Schritt für Schritt umsetzen. Ob das gelingt, werden die nächsten Jahre zei-gen. Denn Systemänderungen und Mehrheitswandlungen wird auch Johan-nis nicht im Alleingang schaffen.

Klaus Johannis wird mitreißen, aber auch anecken. Es ist eine Frage der Aus-einandersetzung zwischen politischen Relikten und der neuen Generation.

Ganz gleich, ob als Siebenbürger, Rumäne oder Europäer – das Land braucht einen Johannis als Katalysator für den gemeinsam betriebenen Wandel und Wiederaufbau. dege

Budapest (dod). In der ungarndeut-schen Gemeinde Bogdan/Dunabogdány fand in diesem Jahr die zentrale Gedenk-feier zum Gedenken der vertriebenen und verschleppten Ungarndeutschen statt. Im Dezember 2012 hatte das unga-rische Parlament, die Nationalversamm-lung, einstimmig beschlossen, den 19. Januar zum jährlichen nationalen Gedenktag für die Vertreibung und Ver-schleppung der Ungarndeutschen zu erklären.

In diesem Jahr wurde der Gedenktag in der ungarndeutschen Gemeinde Bog-dan/Dunabogdány begannen. Haupt-redner bei der Gedenkfeier waren der

Würdiges Gedenken zu Ehren der Ungarndeutschen

Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minder-heiten, Hartmut Koschyk MdB, der für Minderheitenangelegenheiten zuständi-ge Minister für Humanressourcen Zoltán Balog und der Vorsitzende der Landes-selbstverwaltung der Ungarndeutschen, Otto Heinek. Der ungarische Staatspräsi-dent János Áder sandte zu dieser Gedenkfeier ein sehr eindrucksvolles Grußwort. Auch die Vereinigung der jüdischen Gemeinden Ungarns hatte eine Solidaritätsbotschaft zu diesem ungarndeutschen Gedenktag über-bracht. (PM)

8 DOD 01/2015Politik

Göllner (1); Privat (1)

Klaus Johannis.

DOD 01/2015 9Politik

Ursachen und Folgen ethnischer Säuberungen im 20. JahrhundertTopographie des Terrors und Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung starten KooperationAm 3. Februar 2015 luden die Stif-tungen „Flucht, Vertreibung, Ver-söhnung“ und „Topographie des Terrors“ in Berlin zum Auftakt ihrer gemeinsam organisierten Vortrags-reihe „Umsiedlung, Deportation, Vertreibung. Ethnische »Säuberun-gen« im 20. Jahrhundert – neue Bedrohung für Europa?“. Gastge-ber Prof. Dr. Andreas Nachama, Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“, eröffnete die Veran-staltung mit der wichtigen Bemer-kung, dass die Vortragsreihe zwar den Blick in die Vergangenheit rich-te, vor der dramatischen Kulisse der heutigen Flüchtlingszahlen jedoch auch für unsere aktuelle Situation Erkenntnisse verspreche.

Auftakt-Redner war der Historiker Prof. Dr. Michael Schwartz von der

Berliner Abteilung des Institutes für Zeit-geschichte. In seinem ausführlichen Vor-trag über Vorbilder, Ursachen und Fol-gen ethnischer „Säuberungen“ im Euro-pa des 20. Jahrhunderts, in dem er viele, teils gegensätzliche Theorien miteinan-der in Verbindung brachte, wurde klar, dass die betrachteten Vertreibungen, Zwangsumsiedlungen und Vernichtun-gen als eine Art „dunkle Kehrseite“ unserer modernen Nationalstaatsbildung verstanden werden können. Beginnend mit den 1914 in Russland stattfindenden Deportationen, über den vor 100 Jahren beginnenden Völkermord an den Arme-niern durch das Osmanische Reich, das 1923 in Lausanne ausgehandelte politi-sche Modell des griechisch-türkischen „Bevölkerungstransfers“, den NS-Geno-zid an sechs Millionen Juden, Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur Bal-kankrise der 1990er-Jahre: Ethnische Säuberungen seien wesentliche grenz- und identitätsbestimmende Elemente

V.l.n.r.: Sven Oole, BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, Prof. Dr. Andreas Nachama, Prof. Dr. Michael Schwartz.

der jüngeren europäischen Geschichte gewesen. Trotzdem sei es, erklärte Schwartz als eine Art zusammenfassen-de Erkenntnis seines Vortrages, gefähr-lich und falsch, ethnische Säuberungen aus einer rein intellektuellen Position als Königsweg zum Zwecke eines homoge-nen Staates frei von Konfliktpotenzial zu sehen. Gegenwärtige wie vergangene Vertreibungen könnten niemals als „alternativlos“ bezeichnet werden.

Auch der Präsident des Bundes der Vertriebenen Dr. Bernd Fabritius MdB war bei der Veranstaltung anwesend, verfolgte den Vortrag interessiert und fragte den Redner im Anschluss, ob er im aktuellen Ost-Ukraine-Konflikt Anzei-chen für ethnische Säuberungen sehe. Professor Schwartz antwortete über den Umweg der Krim-Annexion: Hier sei, obgleich explizit nicht gewollt, von der russischen Führung eine Entrechtung der Krimtataren – und damit auch deren mögliche Vertreibung – in Kauf genom-men worden. Vor diesem Hintergrund gelte es, den Konflikt in der Ost-Ukraine

mit sämtlichen zu Gebot stehenden poli-tischen Mitteln einzudämmen, um eine ähnliche Entwicklung wie auf der Krim zu vermeiden.

Im Nachgespräch mit Prof. Schwartz, Prof. Nachama und Sven Oole, dem Lei-ter des Bereiches Kommunikation und Stiftungsmanagement der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, gratu-lierte Dr. Fabritius zum gelungenen Kooperationsauftakt der beiden Stiftun-gen. Im 70. Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sei es ein wichtiges Symbol, diese Vortragsreihe gerade in der „Topographie des Terrors“ durchzu-führen.

Die weiteren Vorträge finden statt am Dienstag, 17. März 2015 (Die NS- Umsiedlungspolitik: Planung und Praxis ethnischer Neuordnung Osteuropas), Dienstag, 12. Mai 2015 (Nachkriegspla-nungen und -ordnung in Ostmitteleuro-pa 1943–1950), Dienstag, 16. Juli 2015 (Wie geht Europa heute mit Vertreibung um?), jeweils in der „Topographie des Terrors“. Marc-P. Halatsch

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„Von der DSAP zurSeliger-Gemeinde“Großer Erfolg der Ausstellungspräsentation in Hessen

Seliger-Gemeinde (1); Oleg Kuchar (2)

An zwei Standorten konnte die Aus-stellung „Von der DSAP zur Seli-ger-Gemeinde“ im Dezember in Hessen erfolgreich präsentiert wer-den; zuerst beim außerordentlichen Landesparteitag der SPD in Hof-heim im Taunus. Bei der Gelegen-heit wurde zahlreichen Genossen bewusst, dass es die Seliger-Gemeinde nach wie vor gibt und dass deren Arbeit für die SPD und die Sudetendeutschen von großer Wichtigkeit ist.

Die zweite Präsentation erfolgte im Hessischen Landtag, wo eine viel

beachtete Ausstellungseröffnung mit viel Prominenz stattfand. Die Einladung erfolgte durch den Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU), der auch die Begrüßungsrede hielt. Der hessische SPD-Landesvorsitzende und Fraktions-vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel wies in seinem Grußwort auf die große Bedeutung der Sudetendeutschen für den Wiederaufbau in Hessen nach dem Zweite Weltkrieg hin. Einer der Bedeu-tendsten unter ihnen war der Bundes-tagsabgeordnete und BdV-Präsident Wenzel Jaksch. Der Bundes-Co-Vorsit-

zende der Seliger-Gemeinde und Vize-präsident des BdV, Albrecht Schläger, schilderte in seinem Einführungsreferat die historischen Abläufe in der Tschecho-slowakei nach dem Erste Weltkrieg mit der bedeutenden Person Josef Seliger und seiner DSAP. Er legte das ausglei-

Albrecht Schläger Bundes-Co-Vorsitzender der Seliger-Gemeinde und BdV-Vizepräsident bei seinem Eröffnungsreferat, daneben Thorsten Schäfer-Gümbel, hessischer SPD-Landes-vorsitzender und Fraktionsvorsitzender.

chende Wirken von Dr. Ludwig Czech dar, der in Theresienstadt mit seiner Familie von den Nazis umgebracht wur-de. Eiskalt lief es den Zuhöreren den Rücken herunter, als die Warnungen von Wenzel Jaksch zur Sprache kamen, die er 1938 der Bevölkerung gab. Aber die Massen waren verblendet und liefen Konrad Henlein und somit Adolf Hitler nach. Beim Wiederaufbau nach dem Krieg spielten die Sudetendeutschen überall eine große Rolle, vor allem aber in Hessen, Bayern und Baden-Württem-berg.

Abschließend bedankte sich Albrecht Schläger bei der SPD-Fraktion des Hessi-schen Landtags und beim Landtagspräsi-denten, aber auch bei der Hessischen Landesvorsitzenden der Seliger-Gemein-de, Helena Päßler. Ein besonderes Dan-keschön galt den beiden Aktivisten Karl Garscha und Gustav Roth, die dankens-werterweise die Ausstellung transportier-ten und für den Auf- und Abbau sorgten.

Die Seliger-Gemeinde (Gesinnungsgemeinschaft sudetendeutscher Sozialde-mokraten) wurde am 4. Juni 1951 in München gegründet. Sie nannte sich nach dem 1. Vorsitzenden der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (DSAP) in der Tschechoslowakei, Josef Seliger.

Die Seliger-Gemeinde ist die Nachfolgeorganisation der Deutschen Sozialdemo-kratischen Arbeiter-Partei (DSAP) in der Ersten Tschechoslowakischen Repub-lik (1918 bis 1939) und der Treuegemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemo-kraten im Exil (1939 bis 1951). Nach der Besetzung des Sudetenlandes durch Hitler gelang einem Teil des Parteivorstandes und der Mitglieder die Flucht ins Exil. Andere kamen in Konzentrationslager und Zuchthäuser, wo viele sudeten-deutsche Sozialdemokraten ums Leben kamen.

INFO

DOD 01/2015 11Politik

Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München, zeigte die Zusammenhänge und den Ablauf der Ereignisse auf. Auf Anweisung Stalins wurde die deutsche Bevölkerung aus Ungarn, Rumänien und Jugoslawien zur Zwangsarbeit in die UdSSR deportiert. Von Stalin mit einer pauschalen Kollektivschuld belegt, soll-ten die Zwangsarbeiter die zerstörte Industrie wieder aufbauen. Die Aushe-bung unter den Donauschwaben und Siebenbürger Sachsen wurde innerhalb kürzester Zeit im Januar 1945 durchge-führt. Das Plansoll wurde sogar vor dem von Stalin festgesetzten Zeitpunkt erfüllt. Die Aktion hatte der berüchtigte Geheimdienstchef Lawrenti Beria orga-nisiert. Aus Südosteuropa wurden 111.831 deutsche Frauen und Männer in die Sowjetunion deportiert, aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, vor allem aus Oberschlesien und Ostpreu-ßen, 77.741 Personen. Die überwiegen-de Zahl der Deportierten waren Frauen und junge Männer. Die Sterberate betrug insgesamt etwa 15 Prozent – jeder sechs-

Was es heißt, unter schwersten Bedingungen bis zu fünf Jahre lang bei Kälte, schlechter Kleidung und mangelnder Ernährung in Kohle-gruben Zwangsarbeit leisten zu müssen, das wurde bei einer Gedenkveranstaltung an die Ver-schleppung vor 70 Jahren deutlich. Mehr als 300 Besucher, darunter 30 hochbetagte Deportierte, waren zum Gedenken an die Deportation von deutscher Zivilbevölkerung aus Südosteuropa Mitte Januar nach Ulm gekommen.

Der erst kürzlich neu gewählte Präsi-dent des Bundes der Vertriebenen,

der Bundestagsabgeordnete Dr. Bernd Fabritius, verwies dabei auf die aktuellen Flüchtlingsströme. Die nach dem Zwei-ten Weltkrieg Deportierten und Vertrie-benen kennen dieses Schicksal aus eige-ner Erfahrung. Unter dem Applaus der Anwesenden sagte er, dass sich die deut-schen Heimatvertriebenen auf die Seite derjenigen stellen, die heute gezwungen sind, infolge von Krieg und Gewalt ihre Heimat zu verlassen.

Ein in der Öffentlichkeit wenig beach-tetes Thema ist die Verschleppung der Deutschen aus Südosteuropa in die Sow-jetunion im letzten Winter des Zweiten Weltkriegs (vgl. Infokasten auf S. 12).

Der Historiker Prof. Dr. Konrad Gün-disch, Direktor des Instituts für deutsche

„Ich habe meine Groß-mutter nie lächeln sehen“70 Jahre Deportation der Deutschen aus Südosteuropa in die Sowjetunion

te kehrte nicht zurück. Die Verhältnisse in den Lagern waren vor allem in den ersten beiden Jahren katastrophal, da die Zwangsarbeiter nicht genügend zu essen hatten und die hygienischen Verhältnisse völlig unzureichend waren. Von seiner Zeit im Lager mit ständigem Hunger, eisi-ger Kälte im Winter und in den Baracken umgeben von Ungeziefer berichtete anschaulich Anton Schenk, der auch als Totengräber die Verstorbenen begraben musste.

Später wurden vereinzelt sogar Kinder in den Lagern geboren. Der aus Temes-war (Timişoara) in Rumänien gekomme-ne Helmut Weinschrott hat vor ein paar Jahren den Versuch unternommen, in der Ukraine nach den Spuren seiner Geburt in den Akten zu suchen, da man der Familie die originale Geburtsurkun-de 1955 abgenommen hatte. Er musste allerdings feststellen, dass in den Ver-zeichnissen seine Geburt gar nicht ver-merkt ist. Er erfuhr, dass man in den Fünfzigerjahren die originalen Verzeich-nisse nach Moskau geschafft und für die örtlichen Archive Abschriften angefertigt

Mehr als 300 Besucher waren bei der Gedenkveranstaltung, darunter ganz rechts BdV-Prä-sident Dr. Bernd Fabritius und ganz links Präsidialmitglied Arnold Tölg.

Deportationsfotos- und -akten.

12 DOD 01/2015Politik

kannte das Thema Deportation aus sei-nem Heimatort in Jugoslawien. Es sei zu Weihnachten 1944 gewesen, dass nach der Messe der sogenannte Kleinrichter verkündet habe, dass sich Frauen und Männer melden müssen. 300 Menschen seien von dort in die Sowjetunion depor-tiert worden, mehr als 50 seien dort gestorben. Auch heute noch seien die Berichte erschütternd. Für seine Tante habe die Zwangsarbeit erst nach fünf Jahren geendet. „Nie hat sie von Russ-land gesprochen. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Auch ich brauchte 60 Jahre, um über meine Erinnerungen an das Vernichtungslager Gakowo zu spre-chen.“ Als Junge hatte Zollitsch die von jugoslawischen Partisanen an den Donauschwaben begangenen Gräuel kennengelernt. An die 30.000 aus Sie-benbürgen deportierten Menschen erin-nerte der evangelische Bischof von Her-mannstadt (Sibiu) in Rumänien, Rein-

hatte, in denen die Lagerkinder nicht mehr vorkamen. Judit Müller aus Fünf-kirchen (Pécs) in Ungarn ist doppelt mit dem Thema befasst: Als Museumsleite-rin hat sie eine Ausstellung zur Deporta-tion erarbeitet, als Nachkomme in der Enkelgeneration waren viele Frauen ihrer Familie davon betroffen, auch ihre Großmutter. „Lustig war sie nie. Ich habe meine Großmutter nie lächeln sehen“, erinnert sich Judit Müller.

Christian Glass, Direktor des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm, begrüßte die Gäste, unter ihnen auch den Bundesbeauftragten Hartmut Koschyk MdB.

Der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner erinnerte an die nun nacheinan-der anstehenden siebzigsten Jahrestage in Zusammenhang mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, etwa die Deportati-on in die Sowjetunion oder die Befreiung von Auschwitz. „Wir sollten diese Gedenktage nutzen, um uns selbst zu prüfen und was wir daraus gelernt haben. Die schmerzhafte Erinnerung sollten wir nutzen, dass so etwas nie wieder passiert.“

Erst 1995 habe die erste große Gedenkveranstaltung über die Deporta-tion stattgefunden, so der Bundesvorsit-zende der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, der stellvertretend für die Landsmannschaften sprach. „Heute sind 70 Jahre vergangen. Die Reihen haben sich gelichtet. Für die Jüngeren stellt sich die Frage, was die Deportierten uns mit-gegeben haben.“ Leber hat das Thema durch Andeutungen in der Familie ken-nengelernt, doch sei nie richtig darüber gesprochen worden.

Auch der frühere Erzbischof von Frei-burg im Breisgau, Dr. Robert Zollitsch,

Politik

Im Winter 1944/45 wurden auf Befehl Stalins etwa 120.000 Menschen aus Südosteuropa zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Es handelte sich dabei um Menschen aus den deutschen Minderheitengruppen Jugoslawiens, Rumäniens und Ungarns, die in der Sowjetunion, vor allem in den Sowjetrepub-liken Ukraine und Georgien, Wiederaufbauleistungen für vom Deutschen Reich verursachte Schäden erbringen sollten. Deportiert wurden Frauen im Alter von 18 bis 30 und Männer im Alter von 17 bis 45 Jahren, die dort bis zu fünf Jahren festgehalten wurden. Etwa 30.000 von ihnen starben während der Deportation an Unterernährung, Entkräftung und Seuchen. Nach einer ersten Entlassungs-welle 1946 blieben die Lager bis 1950 bestehen. Die Menschen, die danach in ihre inzwischen kommunistischen Heimatländer zurückkehrten, durften dort über das Thema nicht sprechen.

INFO

hard Guib. Als so genannte Volksdeut-sche hätten sie persönlich für die Kriegs-schuld Deutschlands gesühnt. Auch er hatte familiäre Erinnerungen: „Meine beiden Großväter kamen 1948 zurück.“

Den Abschluss der Gedenkveranstal-tung bildeten drei von Anita Schlesak moderierte Podiumsgespräche. Im ers-ten Teil berichteten Zeitzeugen. Um Familiengeschichten ging es im zweiten Teil. Dr. Renate Weber-Schlenther wies darauf hin, dass die Sterblichkeit unter den Männern wesentlich höher gewe-sen sei als bei den Frauen, was nicht nur an der schwereren Arbeit gelegen habe, sondern auch daran, dass die Männer oft ihre kärglichen Brotrationen gegen Ziga-retten eingetauscht hätten. Im letzten Teil berichtete Hans Supritz (Ulm) als Bundesvorsitzender der Landsmann-schaft der Donauschwaben vom Umgang Serbiens mit dem Thema und Erwin Josef Ţigla aus Reschitza (Reşiţa) über Rumänien. Bernd Fabritius, erin-nerte daran, dass Rumänien inzwischen seine eigene Geschichte angenommen habe. Das Interesse am Thema zeige auch die Anwesenheit eines rumäni-schen Fernsehsenders bei der Veranstal-tung. Allerdings bedauerte Fabritius, dass man die ehemaligen Deportierten heute alleine lasse: „Ich stelle mit Schre-cken fest, dass die Anteilnahme an den Menschen, die dieses Sonderopfer der deutschen Geschichte getragen haben, gering ist.“

Die Veranstaltung wurde vom Donauschwäbischen Zentralmuseum mit den südostdeutschen Landsmann-schaften gestaltet. (DZM)

Oleg Kuchar (1)

Auch 30 hochbetagte Deportierte, waren zur Gedenkveranstaltung nach Ulm gekommen.

DOD 01/2015 13Politik

Zuzug der Spätaussiedler hat sich mehr als verdoppelt 10. Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) zeigt Wirkung

Leitwort 2015Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute

Wiesbaden (dod). Der Zugang von Spätaussiedlern in Deutschland war seit den Änderungen im Zuwanderungsge-setz in den Jahren 2006 bis 2012 rück-läufig und erreichte mit bundesweit noch 1.817 Spätaussiedlern im Jahr 2012 seinen Tiefstand. Seit dem Jahr 2013 steigen die Zugangszahlen der Spätaussiedler wieder an.

Bis 30. Dezember 2014 konnten bun-desweit 5.649 Personen als Spätaussied-ler einreisen. Damit ist ungefähr das Niveau des Jahres 2007 erreicht. Gegen-über dem Jahr 2013 mit 2.427 Personen stellt die Zahl mehr als eine Verdoppe-lung dar.

„Vor diesem Hintergrund ist es wich-tig, sich weiterhin um gute Startbedin-gungen für Aussiedler zu kümmern“, betont die hessische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussied-ler Margarete Ziegler-Raschdorf. Nach ihrer Einschätzung ist der Anstieg auf die 10. Änderung des Bundesvertriebenen-gesetzes (BVFG) im September 2013 zurückzuführen: „Mehrere Jahre haben wir darum gerungen, die Regeln zur Familienzusammenführung und weitere Punkte zu ändern. Trotz der 9. Ände-rung des Bundesvertriebenengesetzes im Jahr 2011 mit der Einführung einer ,Härtefallregelung‘ gab es weiterhin viele problematische Fälle von Familientren-nungen und nicht anerkannten Härtefäl-len. So mussten beispielsweise auch Kranke und Familienangehörige mit Behinderung deutsche Sprachkenntnisse nachweisen. Gelang dies nicht, durfte die betreffende Person nicht einreisen. Außerdem war die Einreise nur

gemeinsam und gleichzeitig erlaubt; eine nachträgliche Einbeziehung in den Auf-nahmebescheid war nur in ausgespro-chen streng definierten Härtefällen mög-lich. Die 10. Änderung des BVFG mit ihren Erleichterungen beim Familien-nachzug führt nunmehr dazu, dass viele aufgestaute Problemfälle endlich gelöst werden können. Die erfolgreichen Fami-lienzusammenführungen sind eine Hauptursache für den derzeitigen Anstieg bei den Zugangszahlen der Spät-aussiedler.“ Eine dramatische Erhöhung der Zahlen erwartet die Landesbeauf-tragte indes nicht. Im Gegenteil sei in ein, zwei Jahren wohl wieder mit einem Rückgang zu rechnen. Durch die im BVFG festgelegte gesetzliche Begren-zung der Spätaussiedlereigenschaft bzw. der Vermutung eines Kriegsfolgeschick-sals auf Personen, die bis Ende 1992 geboren wurden, sei in absehbarer Zeit mit einem Auslaufen dieser Zuwande-rungsform zu rechnen.

Die hessische Landesbeauftragte hatte im Jahr 2013 aufgrund ihrer Erfahrung mit zahlreichen Problemfällen und Fami-lientrennungen, die an sie herangetragen wurden, an den Änderungen zum Bun-desvertriebenengesetz mitgewirkt. Die nach einem besonderen Aufnahmever-fahren als Deutsche anerkannten Spät-aussiedler gehören zu den historisch teils seit Jahrhundertern in verschiedenen Staaten Mittel- und Osteuropas leben-den deutschstämmigen Minderheiten. Die zahlenmäßig größten Gruppen leben heute noch in Russland (ca. 600.000), Kasachstan (ca. 300.000) und Polen (ca. 200.000).

Die instabile Lage in der Ukraine mit 33.000 ethnischen Deutschen und auf der von Russland besetzten Krim, wo die dortige Minderheit rund 2.500 Deut-sche umfasst, wirkte sich mit einem Anstieg der aus der Ukraine stammen-den Aussiedler vor allem in der zweiten Jahreshälfte bereits aus. „Ich schließe nicht aus, dass sich im Jahr 2015 auf-grund der schwierigen Lage in der Ukra-ine und in Russland die Zahlen noch einmal erhöhen werden“, so Ziegler-Raschdorf.

Aus statistischer Sicht belege das Land Hessen den 5. Platz bei der Verteilung der neuankommenden Spätaussiedler auf die deutschen Bundesländer. Diese Aufnahme entspreche Hessens Anteil an der deutschen Gesamtbevölkerung. Ziegler-Raschdorf: „Spätaussiedler sind ein Gewinn für unser Land und können hier in Deutschland einen wichtigen Bei-trag zur Deckung des anstehenden Fach-kräftebedarfs leisten. Viele bringen bei uns gesuchte Ausbildungen in techni-schen Berufen oder Studienabschlüsse mit. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat in einer großen Studie 2013 nachgewiesen, dass die Eingliede-rung der deutschen Spätaussiedler wei-ter und zunehmend erfolgreich verläuft. Die Hessische Landesregierung führt zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der meist aus Russland und Kasachstan kommenden Menschen fort. Ab dem Jahr 2015 werden die Fördermittel für junge Spätaussiedler erhöht. Das beweist: Spätaussiedler sind uns in Hes-sen weiterhin herzlich willkommen und werden angemessen unterstützt.“

Verantwortung für den HeiligenhofSanierungsmaßnahmen für 2 Millionen Euro beschlossen

Stiftungsrat und Vorstand der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen (v. l.n.r.): Peter Hucker (Stiftungsrat), Siegbert Ortmann (Stiftungsrat), Dr. Ortfried Kotzian (Stiftungsrat), Robert Leiter (Stiftungsrat), Hans Kna-pek (Stiftungsrats-Vorsitzender), Utta Ott (Stiftungsrat), Steffen Hörtler (Geschäftsfüh-rer), Oberbürgermeister Kay Blankenburg (Stiftungsrat), Dr. Horst Kühnel (Stellvertreten-der Stiftungsrats-Vorsitzender), Peter Sliwka (Schatzmeister), Reinfried Vogler (Stellver-tretender Vorstands-Vorsitzender), Dr. Günter Reichert (Vorstands-Vorsitzender).

14 DOD 01/2015PolitikPolitik

Reichert (1); Göllner (1)

Zu seiner konstituierenden Sitzung trat der Stiftungsrat der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bil-dungswerk am 18. Januar 2015 auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen zusammen. Seitens des ursprüngli-chen Stifters, des nach wie vor bestehenden Fördervereins „Sude-tendeutsches Sozial- und Bildungs-werk e. V.“, waren die Diplom-Volks-wirt Peter Hucker, Diplom-Kauf-mann Hans Knapek und Dr. Horst Kühnel wieder sowie Dr. Ortfried Kotzian und Rektor Robert Leiter neu in den Stiftungsrat entsandt worden.

Das Gremium wurde gemäß der Sat-zung ergänzt durch Ministerialrat

Dr. Wolfgang Freytag für den Freistaat Bayern, Oberbürgermeister Kay Blan-kenburg für die Stadt Bad Kissingen, Diplom-Volkswirtin Utta Ott für die Aka-demie Mitteleuropa und Siegbert Ort-mann für die Sudetendeutsche Lands-mannschaft. Zum Vorsitzenden des Stif-tungsrats, dessen Amtszeit vier Jahre beträgt, wurde erneut Hans Knapek gewählt; Dr. Horst Kühnel wurde in sei-nem Amt als Stellvertretender Vorsitzen-der des Stiftungsrats bestätigt.

Keine Veränderungen im Vorstand

Bei der Wahl des Vorstands der Stif-tung SSBW für die Jahre 2015 bis 2018 gab es keine Veränderungen. Der Stif-tungsrat berief erneut den ehemaligen Präsidenten der Bundeszentrale für poli-tische Bildung Dr. Günter Reichert zum Vorsitzenden, Rechtsanwalt Reinfried Vogler zum Stellvertretenden Vorsitzen-den sowie den Steuerberater Peter Sliw-ka zum Schatzmeister. Der Vorsitzende des Stiftungsrats Hans Knapek würdigte

in seiner Ansprache zum Beginn der Sit-zung die Verdienste der ausgeschiede-nen Mitglieder des Stiftungsrats Alexan-der Klein und Horst Löffler. Er unter-strich die wichtige und erfolgreiche Arbeit der Stiftung SSBW sowohl im Hinblick auf den Bildungsauftrag dieser sudetendeutschen Einrichtung als auch in Anbetracht ihres ökonomisch insge-samt positiven Wirkens, vor allem durch die Rekord-Übernachtungszahlen in der Bildungs- und Begegnungsstätte Heili-genhof in Bad Kissingen und trotz der unabwendbaren Verluste im Betrieb der inzwischen aufgegebenen Burg Hohen-berg an der bayerisch-böhmischen Grenze.

Der Stiftungsrat stimmte dem Beschlussvorschlag des Vorstands zu, von Oktober 2015 bis zum März 2016 das Haupthaus, also das zentrale Ein-gangsgebäude des Heiligenhofs mit den Mehrbettzimmern, grundlegend zu sanieren. Diese Maßnahme wird im

Wesentlichen die Umgestaltung aller Zimmer mit Erneuerung der Sanitär- und Elektroeinrichtungen, den Einbau neuer Treppen in das 1. und 2. Obergeschoss sowie die Umgestaltung des Empfangs-bereichs umfassen. Die Kosten von ca. 2 Millionen Euro werden durch Zuwen-dungen des Freistaats Bayern in Höhe von 1 Million Euro und der Bayerischen Landesstiftung in Höhe von 200.000 Euro, durch angesparte Eigenmittel in Höhe von ca. 300.000 Euro und durch eine Kreditaufnahme für den Restbetrag gedeckt. Während dieser Sanierungs-maßnahme im Haupthaus werden der Betrieb mit allen Lehrsälen sowie die Beherbergung der Gäste im Seminar- und im Gästehaus bei voller Versorgung durch die Küche weitergeführt, wobei durchaus mit Lärm-Beeinträchtigungen und phasenweisen Veränderungen beim Zugang zum Heiligenhof gerechnet wer-den muss. rt

DOD 01/2015 15Kultur

Heimat verloren, Heimat gefundenViele interessierte Bürger haben in jüngster Zeit die thematischen Dokumentarschauen „Die Gerufe-nen“, „Erzwungene Wege“ und „Angekommen“ besucht. Sie lern-ten dabei die Siedlungsgebiete der deutschen Volksgruppen außerhalb des „Deutschen Reiches“, die Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts wie auch die Integrati-on der deutschen Vertriebenen und Aussiedler seit 1945 kennen.

Aktuell bietet sich im Oberschlesi-schen Landesmuseum (OSLM) die

Gelegenheit für einen Gesamtüberblick zur umfang- und facettenreichen The-matik. In Ratingen-Hösel kann nämlich noch bis Anfang April diesen Jahres die Ausstellungstrilogie unter dem Motto „Heimatweh – Zu Hause in Europa“ besichtigt werden, die der Gastgeber mit museumseigenen Beiträgen ergänzt und bereichert hat.

Wie Dr. Susanne Peters-Schildgen von der Stabstelle Externe Kommunikation des OSLM mitteilte, wird die Ausstel-lung als Beitrag zur historisch-politischen Bildung eingestuft und ist so konzipiert, dass sie gleichermaßen Vertreter der unterschiedlichsten Zielgruppen und Generationen erreicht.

Pädagogisches Begleit- programm

Im Rahmen eines weitgespannten geschichtlichen Bogens werden neben dokumentarischen Tafeln und Expona-ten auch zahlreiche persönliche Erfah-rungen von Zeitzeugen präsentiert. Zusätzlich zu thematischen Führungen bietet das OSLM auch ein pädagogisches Begleitprogramm für Schulklassen und Gruppen an. Angesprochen werden dabei vor allem aktuelle Fragestellungen

Ausstellungen des Zentrums gegen Vertreibungen im OSLM

in der heutigen Gesellschaft, die auch für viele Schülerinnen und Schüler mit Mig-rationshintergrund relevant sind.

Das Gastgeberhaus hat die Gelegen-heit genutzt, um aus den umfangreichen eigenen Beständen für mehrere Ausstel-lungsbereiche herausragende Exponate beizusteuern und somit ergänzende Schwerpunkte zu schaffen. Hinzu kom-men einige Leihgaben von Institutionen und privaten Sammlern. Die Präsentati-on, deren Kuratorin Melanie Mehring M.A. ist, bietet beispielsweise in dem Themenabschnitt, der sich mit der Bäderkultur in Böhmen und Mähren befasst, Einblicke in die Sammlung der beliebten Badegläser, Ansichtenporzella-ne und Druckgrafiken. Aussagekräftige Beispiele sind die kolorierten Drucke aus der Zeit um 1850 „Das Innere der Schneekoppe“ und „Hotel de Prusse in Warmbrunn“ sowie die Vorzeichnung „Schweidnitzer Keller in Breslau“ von Max Koska 1882 für einen Holzschnitt der Leipziger Illustrierten. Des Weiteren zeigt die Federzeichnung von Carl Bach aus dem Jahre 1824 die „Alte Stadtwaa-

ge von Breslau“. Diese Leihgabe von Haus Schlesien, Königswinter, doku-mentiert Aspekte des damaligen Stadt-rechts.

„Bäuerlicher Reichtum“

Der Bereich, in dem es um „Bäuerli-chen Reichtum“ geht, wurde mit Teschener Trachtenschmuck und Schön-wälder Stickereien ergänzt.

Das Tierpräparat eines rauwolligen Pommerschen Landschafes ist ein Blick-fang und zugleich ein repräsentatives Objekt für die Schafzucht, die von deut-schen Auswanderern in „Askania Nova“ nördlich der Krim betrieben wurde.

Dr. Peters-Schildgen ergänzt: „Für den ‚Eisenbahnbau in Litauen‘ und die ‚Industrialisierung in Lodz‘ haben wir Ansichtskarten, historische Fotos, Pläne, Dokumente und Modelleisenbahnen hinzugefügt. Im Detail sind wir auch auf den Aspekt der Teilung Oberschlesiens eingegangen. Für den Bereich Flucht und Vertreibung haben wir uns auf die

Noch bis zum 6. April steht die Ausstellung Heimatweh im Oberschlesischen Landesmuseum und zeigt auch einige Neuigkeiten, die bisher nicht zu sehen waren.

Der oberschlesische Arbeiterschrift-steller Hans Marchwitza ist heute

weitgehend vergessen! Nicht einmal die noch immer täglich in Ostberlin erschei-nende SWEED-Zeitung „neues deutsch-land“ mochte seiner zum 50. Todestag am 17. Januar gedenken. Wäre nicht 1949 die DDR gegründet worden, so wären nach 1945 seine Romane und Reportagen kaum noch gedruckt wor-den. Sie waren schlecht geschrieben und vom Klassenkampfpathos der Weimarer Republik erfüllt, womit sie zum Ver-ständnis der Nachkriegsverhältnisse nicht taugten. Der Autor, der aus einfa-chen Verhältnissen stammte, war weder seinem Stoff gewachsen, noch beherrsch-te er die deutsche Sprache in Orthogra-fie, Grammatik und Syntax.

Hans Marchwitza wurde am 25. Juni 1890 im oberschlesischen Industriere-vier, in Scharley bei Beuthen, geboren. Sein Vater war Bergmann, auch er selbst arbeitete schon 1904, im Alter von 14 Jahren, unter Tage. Noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs, 1910, ging er ins Ruhrgebiet, verlor aber seine Arbeit 1912, weil er an einem Streik teilgenom-men hatte. Er wurde 1915 eingezogen und war als Soldat bis 1918 an der West-front eingesetzt. Ein Jahr nach Kriegsen-de trat er der „Unabhängigen Sozialde-mokratischen Partei“ (USPD) bei und wechselte 1920 zur „Kommunistischen Partei“ (KPD).

Als Kommunist wurde er Zugführer der 1920 gegründeten „Roten Ruhr-Armee“ und bekämpfte Freikorps wie Reichswehr, fand aber dann erneut als Teilnehmer an Streiks keine Arbeit mehr und begann 1924 für die kommunisti-schen Zeitungen „Rote Fahne“ und „Rote Front“ Reportagen zu schreiben, die später unter dem Titel „Sturm auf Essen“ (1930) erschienen und im Roman „Das Walzwerk“ (1932) verar-beitet wurden. Der Roman, der ihn berühmt machte, war der erste Band „Die Kumiaks“ (1934) einer Trilogie

über eine oberschlesische Bergarbeiterfa-milie, dem noch zwei Bände „Die Heim-kehr der Kumiaks“ (1952) und „Die Kumiaks und ihre Kinder“ (1959) folgen sollten. Damals, 1934, beim Erscheinen des ersten Bandes, lebte er freilich schon im Exil, zunächst in der Schweiz, bis 1935 im französisch besetzten Saarland, 1936/39 war er Offizier auf republikani-scher Seite im Spanischen Bürgerkrieg. Nach der Internierung 1939 in Frank-reich gelang es ihm 1941, in die Verei-nigten Staaten zu fliehen. 1946 kehrte er ins Nachkriegsdeutschland zurück, zunächst nach Stuttgart zu Verwandten, von wo er 1947 nach Potsdam-Babels-berg übersiedelte. Nach der DDR-Grün-dung 1949 wurde er dreimal mit dem Nationalpreis ausgezeichnet: 1950, 1955 und 1964. Die Preisverleihung 1955 galt seinem Roman „Roheisen“ (1955), der dem Aufbau der 1950 gegründeten Stadt Eisenhüttenstadt und ihres Stahlwerks gewidmet war. Wie misslungen dieser Roman war, wird noch Jahrzehnte später durch die Litera-turgeschichtsschreibung sichtbar. Im 1976 erschienenen Band „Geschichte der Literatur der Deutschen Demokrati-schen Republik“ (908 Seiten) heißt es kryptisch: „Der Verzicht auf die tragische Komponente beeinträchtigt die Dialektik des künstlerischen Abbildes und deren Wirkung.“

Der im Sommer 1937 vor drohender Verhaftung aus Ostberlin geflohene Ger-manistikprofessor Alfred Kantorowicz (1899-1979) sah das im zweiten Band (1961) seines „Deutschen Tagebuchs“ ganz anders. Unter dem 9. Oktober 1955 berichtete er von einer in „Stalin-stadt“ (so hieß Eisenhüttenstadt bis 1961) durchgeführten „Aussprache“ zum Roman „Roheisen“: Der Autor „selbst saß dem Tribunal vor, mit einem Gesicht wie eine Sprengladung, die beim leisesten Wort der Kritik explodieren würde.“

Jörg Bernhard Bilke

Klassenkampf in OberschlesienZum 50. Todestag Hans Marchwitzas

16 DOD 01/2015Kultur

Göllner (1); Rundfunk-Jahrbuch 1933 (1)

Biografie einer Familie aus Guttenberg konzentriert, die sich anhand von Doku-menten und persönlichen Erinnerungs-stücken rekonstruieren ließ. Weiterhin präsentieren wir aus unserem Fachinfor-mationszentrum eine zum Ausstellungs-thema passende Literaturauswahl, die von wissenschaftlichen Forschungsbei-

trägen über persönliche Erinnerungsdar-stellungen, Kataloge zu einschlägigen Ausstellungen bis hin zur Broschüre des NRW-Schülerwettbewerbs ‚Begegnung mit Osteuropa‘ reicht.“

Die Fülle von Dokumenten, Archivfo-tografien, Ansichtskarten und Reisepa-pieren sowie persönlichen Erinnerungs-stücken deckt ein breites Spektrum ab und reicht bis hin zu Bescheiden des Lastenausgleichs aus den 1980er Jahren.

Hervorgehoben werden auch die Beziehungen zwischen Nordrhein-West-falen und Oberschlesien, die bis auf das Jahr 1964 zurückgehen, als NRW die Patenschaft für die Oberschlesier über-nahm. Seit 2000 besteht zwischen dem Land NRW und der Woiwodschaft Schlesien eine gleichberechtigte Partner-schaft, die u.a. durch den Dialog mit dem Oberschlesischen Landesmuseum Ratingen weitgehend geprägt wird.

Übrigens: Im Museumsshop sind drei Ausstellungskataloge erhältlich. Die Tri-logie Heimatweh ist im OSLM noch bis zum 6. April 2015 zu besichtigen.

Dieter Göllner

Blick in die Ausstellung Heimatweh.

Oberschlesisches LandesmuseumBahnhofstraße 6240883 Ratingen (Hösel)Tel: +49(0)2102-965-0Email: [email protected]

INFO

DOD 01/2015 17Kultur

Wo das Hörspiel erfunden wurdeDie Schlesische Funkstunde und ihr Ruf als innovativer SenderAm 26. Mai 1924, einem Montag, hörten Breslauer, die bereits ein Radiogerät besaßen, eine Stimme aus dem Äther. Sie kam aus einem Seitenflügel des Oberbergamtes am Hindenburgplatz, später Kaiser-Wilhelm-Platz, dem Sitz des wenige Wochen zuvor gegründeten regio-nalen Rundfunksenders „Schlesi-sche Funkstunde.“

Zum feierlichen Beginn des regulären Sendebetriebes an diesem für Schle-

sien denkwürdigen Tag, Punkt 12 Uhr, wurde ein Weihe-Gedicht rezitiert, ver-fasst von dem Breslauer Journalisten Fritz Ernst Bettauer:

„Schwinge zum Äther dich, tönende Welle,Sicher entfesselt von kundiger Hand,Schwinge dich gleich der flüchtigen Quelle,Grenzen verlachend ins ewige Land!“

Der damalige Breslauer Oberbürger-meister Otto Wagner begrüßte die neue Sendeanstalt weniger pathetisch: „Das ist eine wertvolle Unterstützung im Kampf gegen die Vorurteile und gegen die Unkenntnis, die über Schlesien lei-der vielfach besteht.“

Schlesische Funkstunde

Den Anstoß für die Einrichtung der Funkstunde hatte der Postrat Hermann Thurn vom Telegraphentechnischen Reichsamt in Berlin gegeben. Am 1. März 1924 referierte er im Physikali-schen Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität Breslau über den in Deutsch-land noch in den Kinderschuhen ste-ckenden Unterhaltungsrundfunk. Sein Gastgeber, der Institutsdirektor und Geheime Regierungsrat Professor Otto

Lummer, war von den Ausführungen derart beeindruckt, dass er schon bald darauf, am 4. April, zusammen mit Bres-lauer Kaufleuten die Aktiengesellschaft „Schlesische Funkstunde“ gründete und den Vorsitz im Aufsichtsrat übernahm.

Als Zweck der neuen Gesellschaft, die sich auf ein Grundkapital von 60.000 Reichsmark stützen konnte, wurde fest-gelegt: „Veranstaltung und drahtlose Ver-breitung von Vorträgen, Nachrichten und Darbietungen künstlerischen, beleh-renden, unterhaltenden und sonst weite Kreise der Bevölkerung interessierenden Inhalts in Schlesien.“

Eine der kleineren Anstalten

Breslau war nicht die erste Rundfunk-station in Deutschland. Nachdem die Post das Reichsgebiet in neun etwa gleich große Sendebezirke eingeteilt hat-te, gründeten sich nacheinander Regio-nalgesellschaften. Den Anfang machte die „Funkstunde Berlin“, die bereits am 29. Oktober 1923 aus dem Vox-Haus erstmalig ein einstündiges Programm ausstrahlte.

Mit 4,5 Millionen Einwohnern im Sendegebiet gehörte die Schlesische Funkstunde zu den kleineren Anstalten. Deshalb war sie auch von Anfang an knapp bei Kasse. Ende 1924 zählte der Sender 39.347 gemeldete Hörer, die – anders als die zahlreichen Schwarzhörer – eine monatliche Gebühr von zwei Reichsmark entrichteten. Vom Gebüh-renaufkommen gab die Reichspost maxi-mal 60 Prozent an die Funkstunde wei-ter. Wie aus Unterlagen des Deutschen Rundfunkarchivs in Frankfurt/Main her-vorgeht, konnte die Sendeanstalt von den Einnahmen im ersten Jahr lediglich drei Stunden Programm täglich bestrei-ten.

Trotz des schmalen Budgets gelang es der Funkstunden-Leitung, hervorragen-

de Mitarbeiter für das neue Medium zu gewinnen. Die künstlerische Leitung für die Sparte Musik oblag ab Januar 1925 dem aus dem böhmischen Reichenbach stammenden Komponisten Edmund Nick. Er hatte sich als Kapellmeister an Breslauer Bühnen bereits einen Namen gemacht. Mit Musikern aus Kaffeehäu-

sern gründete er eine eigene Funkkapel-le, die sich unter seinem späteren Diri-genten Franz Marszalek zu einem renommierten Rundfunk-Orchester ent-wickelte.

Erster künstlerischer Leiter für Wort-sendungen war Fritz Ernst Bettauer, zuvor Feuilleton-Redakteur der „Breslau-er Morgenzeitung.“ Unter seiner Füh-rung erlangte die Schlesische Funkstun-de den Ruf einer besonders innovativen Gesellschaft. So übertrug zum Beispiel ein Sportreporter erstmalig live ein Sechstagerennen aus der Jahrhundert-halle. Spektakulär war auch die erste Direktübertragung eines Bauden-Abends von der Schneekoppe. Als Bettauer nach

18 DOD 01/2015Kultur

Privat (1); Teppert (1)

einer Kontroverse mit dem kaufmänni-schen Direktor im September 1925 sei-nen Posten aufgab, folgte ihm der Schrift-steller und Dramaturg am Stadttheater Fritz Walter Bischoff.

Dessen Berufung erwies sich als Glücksfall. Bischoff beschäftigte sich intensiv mit den technischen und akusti-schen Möglichkeiten des neuen Medi-ums und kam zu dem Schluss, dass es im Rundfunk um mehr gehe als um das Senden von Berichten und Konzerten. Ziel sei die Entwicklung eines neuen Kunstausdruckes, genannt Hörkunst. Im Februar 1928 produzierte Bischoff eine Sendung, die unter dem Titel „Hallo, hier Welle Erdball“ als erstes deutsch-sprachiges Hörspiel in die Geschichte des Rundfunks einging. Die neu erfunde-ne Sendeform, die mit der Montage von literarischen Texten, Musik und Geräu-schen das Zuhören zu einem sinnlichen Erlebnis machte, blieb fortan eine Domä-ne der Schlesischen Funkstunde. Auch die erste politische Magazinsendung mit dem Titel „Blick in die Zeit“ sowie Direktübertragungen unter dem Titel „Die Straße spricht“ fallen in Bischoffs Amtszeit.

Der künstlerische Leiter, der 1929 als Intendant an die Spitze des Senders rückte, besaß auch ein Gespür für die leichte Unterhaltung. Er holte den Humoristen Ludwig Manfred Lommel zur Funkstunde und richtete für ihn die populäre Hörfunkreihe „Radio Runxen-dorf auf Welle 0,5“ ein. Lommels erfun-dene Protagonisten wie Paul und Pauli-ne Neugebauer, Kantor Stockschnupfen und Baron Rülps von Kullrich, die er jeweils mit veränderten Stimme zu Wort kommen ließ, wurden zu regelrechten Kultfiguren und haben dank vieler Schallplattenaufnahmen Generationen von Schlesiern erfreut.

Grenzlandsender

Raumnot und das abzusehende Ende des Mietvertrages mit dem Oberbergamt veranlasste die Gesellschaft, einen Neu-bau zu planen. An der Kaiser-Wilhelm-Straße in der Nähe des Südparks fand man ein geeignetes Gelände. Nach rund einjähriger Bauzeit konnte die Schlesi-sche Funkstunde als erste der neuen Rundfunkgesellschaften Anfang März 1926 ihr neues Haus beziehen. Wenige Wochen zuvor wurde in Gleiwitz ein

Nebensender mit Studio in Betrieb genommen.

Da die in der Nähe des Funkhauses installierte Sendeanlage den Anforderun-gen nicht mehr genügte, bekam die Funkstunde im August 1932 neben dem Breslauer einen zweiten Standort. In Rothsürben, ein paar Kilometer südlich der Stadtgrenze, errichtete die Gesell-schaft einen leistungsstarken Mittelwel-len-Sender. Als Antennenturm diente ein frei stehendes Holzgerüst, das 140 Meter in die Höhe ragte. Inzwischen hatte sich die Hörerzahl wesentlich erhöht. Am Jahresende 1932 registrierte die Schlesi-sche Funkstunde 234.300 gemeldete Rundfunkgeräte. Das Personal der Pro-grammabteilung war auf rund 50 fest angestellte Mitarbeiter aufgestockt worden.

Mit Beginn der NS-Diktatur 1933 ver-lor Bischoff sein Amt. Er wurde am 1. April als „Kulturbolschewist“ fristlos ent-lassen, von der Gestapo verhaftet und über Monate eingesperrt. Im so genann-ten Breslauer Rundfunkprozess wurde er wegen angeblicher Korruption und Verschwendung angeklagt. Das Gericht stellte jedoch das Verfahren ein und Bischoff, der sich fortan mit Vornamen Friedrich nannte, kam frei. Bischoff ging zunächst nach Berlin und zog sich dann ins Riesengebirge zurück. Die Zeit bis zum Ende der Nazi-Herrschaft über-brückte er als Lektor und Schriftsteller.

Auch Edmund Nick, der mit der jüdi-schen Konzertsängerin Kaete Jaenicke verheiratet war, wurde nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des

Berufsbeamtentums“ entlassen. Als er geltend machen konnte, dass sie „nur“ eine Halbjüdin war, wurde er zwar reha-bilitiert, aber nicht wieder eingestellt. Es vergingen Jahre bis er 1936 eine Stelle als musikalischer Leiter des Volksthea-ters in Berlin bekam. Ihre Arbeit beim Rundfunk konnten der Ex-Intendant und sein musikalischer Leiter erst nach dem Zweiten Weltkrieg fortsetzen. Bischoff wurde im März1946 zum Intendanten des neu entstandene Süd-westfunks in Baden-Baden berufen und bekleidete dieses Amt bis zum 30. Juni 1965. Nick wurde nach einer Zwischen-station als musikalischer Leiter der Baye-rischen Staatsoperette Leiter der Musik-abteilung des Nordwestdeutschen Rund-funks in Köln und gründete dort die renommierte „Capella Coloniensis.“

Ab 1933 Reichssender Breslau

Bei der Schlesischen Funkstunde und den anderen Sendegesellschaften räum-ten die braunen Machthaber, wie sie es nannten, gründlich auf. Das galt vor allem für die leitenden Mitarbeiter. Als Repräsentanten des so titulierten „Sys-temrundfunks“ waren sie den National-sozialisten verhasst. Neuer Intendant in Breslau wurde der Diplomingenieur Karl Gunzer, Parteigenosse seit 1927 und nach der Machtübernahme Gau-Propa-ganda-Leiter der NSDAP. Im Zuge der Gleichschaltung büßten die Sendegesell-schaften ihre Eigenständigkeit ein. Nach-

Das Funkhaus in Breslau nach der Erweiterung.

Unverkennbar liege im Evangelium der Impetus zu sozialer Verantwor-tung, doch die Christen, sowohl Ein-zelne wie auch die gesamte Hierar-chie der Kirche, hätten vor diesem Anspruch versagt. Sie hätten sich in Anpassung an gesellschaftliche Strukturen zu sehr auf die Seite der Mächtigen geschlagen, seien gar zum Schutzschild für die Oberen Zehntausend geworden und hätten dabei sich selbst wie auch den füh-renden Schichten geschadet, weil deren Verantwortungsgefühl ge-genüber der Gemeinschaft ab-stumpfte. Aufgrund von äußeren Rücksichten und Berechnungen seien sie vom Weg des Evangeliums abgewichen und müssten nun bei Gottesleugnern, nämlich bei Sozia-listen und Kommunisten, in die Schule gehen.

Der Mann, der solch gewagte Auffas-sungen vertrat, war Katholik und

der Kirche keineswegs feindlich gesinnt. Aber in seiner Klarsichtigkeit für die drängende Problematik der sozialen Fra-

Diözesantag der Ackermann-Gemeinde

ge in seiner Zeit – Kapitalismus versus Proletariat –, als Pragmatiker und reali-tätsnaher Stratege mit Augenmaß für das politisch Durchsetzbare war er auf Aus-gleich bedacht und verwarf daher dog-matische Standpunkte der Kirche. Beim Befreiungskampf um die Rechte der Arbeit und des Arbeiters habe die Kirche schlichtweg auf deren Seite zu stehen.

Es war Karl Hilgenreiner (1867-1948), aufgewachsen in Westböhmen, Profes-sor für christliche Gesellschaftslehre und Kirchenrecht an der deutschen Universi-tät Prag, nach dem Ersten Weltkrieg im neuen tschechoslowakischen Staat als christlicher Politiker und Sozialreformer tätig, von 1920 bis 1939 auch parteipoli-tisch. Unter Führung Hilgenreiners und mit einem auch von ihm ausgearbeiteten Parteiprogramm gewann die christlich-soziale Bewegung in Böhmen politisches Gewicht. Angesichts einer breiten Domi-nanz sozialdemokratischer und sozialisti-scher Ideen erschien es ihm dabei beson-ders dringlich zu sein, über die materia-listische Basis dieser Ideologien aufzuklä-ren und sich davon abzugrenzen. Das hinderte ihn allerdings nicht, ihr Bestre-ben zur Schließung der klaffenden

DOD 01/2015 19

dem sie zunächst ihre Rechtsform verlo-ren hatten, wurden sie in Reichssender umbenannt und der vom Propaganda-Ministerium gelenkten Reichsrundfunk-Kammer unterstellt. Aus der Schlesi-schen Funkstunde wurde ab dem 1. April 1933 der Reichssender Breslau.

Weil der Reichssender Breslau in west-lichen Teilen der Provinz Schlesien schlecht zu empfangen war, errichtete die Leitung des Senders 1937 in der Stadt Reichenbach/Oberlausitz einen hundert Meter hohen Sendemast. Er galt zu dieser Zeit als der technisch und baulich modernste Rundfunksender im Deutschen Reich. Zugleich wurde im Görlitzer Ständehaus ein Studio einge-richtet, das Programmteile nach Breslau lieferte. Als im Oktober 1938 das Sude-tenland von Deutschland okkupiert wur-de, kam der im Grenzgebiet stehende tschechische Sender Troppau mit seiner Sendestation in Schönbrunn zum Reichs-sender Breslau.

Während manche Rundfunkhäuser im Westen und Süden des Reiches von Bomben getroffen wurden und ihren Sendebetrieb einstellen oder an andere Ort verlegen mussten, blieb das Breslau-er Funkhaus von Schäden verschont. Für das Ende sorgten die Deutschen selbst. Am 7. Februar 1945 stellte der Reichssender Breslau den Sendebetrieb ein. Die technischen Anlagen wurden, um sie nicht in die Hände der Sowjets fallen zu lassen, von der Wehrmacht demontiert. Einer der letzten Sender, der die Goebbelschen Durchhalteparolen verbreiten konnte, war Görlitz. In der dortigen Stadthalle hielt der Propaganda-minister am 9. März 1945 eine Rede, die übertragen wurde. Am 7. Mai, einen Tag vor der bedingungslosen Kapitulati-on, sprengten deutsche Truppen den Sendemast in Reichenbach.

Aus dem alten Funkhaus an der heuti-gen Karkonoska-Allee sendet Polskie Radio Wroclaw seine UKW-Hörfunkpro-gramme. Zu dem Gebäude der Schlesi-schen Funkstunde gesellten sich Erwei-terungsbauten, vor allem Fernsehstudi-os. In Rothsürben wurde 1976 ein neu-er, 260 Meter hoher Sendemast errich-tet. Er löste den ursprünglichen Holz-turm aus dem Jahre 1932 ab. Der blieb noch einige Jahre als Reserve erhalten. Erst 1990 wurde die einst bestaunte Konstruktion aus deutscher Zeit wegen Baufälligkeit gesprengt.

Peter Pragal

Die Sozialpflichtigkeit des Privateigentums

Kultur

Das Foto zeigt (v.l.n.r.) Bernd Posselt, Prof. Dr. Lydia Bendel-Maidl, Prof. Dr. Rainer Bendel.

Gerechtigkeitslücke anzuerkennen und sich ihm anzuschließen. Jedoch dürfe die Kirche sich nicht in den Kampf ver-schiedener Gruppen, Stände und Klas-sen stellen, dürfe nicht polarisieren, son-dern müsse für das Miteinander und Füreinander eintreten, gleich weit ent-fernt von egoistischem Kapitalismus und unnatürlicher Gemeinwirtschaft, als oberstes Ziel den ganzen, den sozialen Menschen im Auge, mit seinem Recht auf Privateigentum, das aber eine unbe-dingte Begrenzung durch die Notwen-digkeiten des Gemeinwohls erfährt.

Katholische Vertriebene und die Sozialpolitik

Hilgenreiner und sein „Christlicher Sozialismus“ standen im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. Dr. Lydia Bendel-Maidl, des ersten bei diesem Diözesan-tag am 25. Januar 2015 in Ulm-Wiblin-gen. Im Anschluss beleuchtete Prof. Dr. Rainer Bendel das Thema „Katholische Vertriebene und die Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland“.

Die Vertriebenen haben in der jungen Bundesrepublik in ihrer ökonomischen und sozialen Notlage und durch ihre daraus erwachsenden Forderungen brei-ten Handlungsbedarf geschaffen mit viel-fältigen Impulsen und Konsequenzen in den unterschiedlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Der Beitrag der Vertriebenen zur Sozialpolitik und damit auch zu einem kardinalen Steue-rungsmittel gesellschaftlicher Stabilisie-rung und Befriedung sei wissenschaftlich bislang „so gut wie nicht explizit aufge-worfen worden“, obwohl die von Ver-triebenen weitgehend initiierte, getrage-ne und auch gegen Widerstände auf den politischen Weg gebrachte Sozialpolitik sich damals von ihrer Fixierung auf die Arbeiterpolitik löste, ins Zentrum des Wirtschafts- und Gesellschaftsprozesses rückte, ältere nationalistische Integrati-onsmechanismen weitgehend ablöste, als Ordnungsfaktor den volkswirtschaftli-chen Strukturwandel zur Dienstleis-tungsgesellschaft beschleunigte und zum Modell der sozialen Marktwirtschaft, zum Katalysator des Wirtschaftswunders wurde.

Bendel nannte als einen der Väter die-ser Umwälzung Hans Schütz. Er war eine zentrale Figur des sozialen Katholi-zismus und für die Vertriebenen eine

20 DOD 01/2015Kultur

wichtige Integrationsfigur. Bereits bei der ersten Tagung der heimatlosen Priester vom 6. bis 8. August 1946 in Eichstätt referierte der frühere christliche Gewerk-schafter in Mähren, Jungaktivist in der ersten tschechoslowakischen Republik und Angehörige der sudetendeutschen christlich-sozialen Arbeiterpartei über die weit gespannten Aufgaben, die sich aus dem Flüchtlingsstrom ergaben. Schütz war damals Vorsitzender des Hauptausschusses für Flüchtlingswesen beim Staatskommissar in München. In seiner Analyse der Lage der Flüchtlinge im Nachkriegsdeutschland werden die dringlichen Handlungsfelder deutlich: das Wohnraumproblem, die Ernährungs-lage, die Situation auf dem Arbeitsmarkt und grundlegend die Frage nach der Eigentumsverteilung. Im August 1946,

also zu einer Zeit, als die meisten Vertrie-benen noch an Rückkehr in die alte Hei-mat dachten, forderte Hans Schütz als erster einen Lastenausgleich. Schütz war Seele und Motor einer Reihe von Geset-zen, die nicht nur für die Zukunft der Vertriebenen, sondern aller Deutschen entscheidend wurden.

Hans Schütz – Vordenker und Gestalter

Der religiöse Mensch ist für Hans Schütz notwendig auch ein sozialer. Schütz gehörte zu den Vordenkern und Gestaltern etwa bei der rechtlichen Gleichstellung der Vertriebenen mit den Einheimischen, beim Bundesvertriebe-nengesetz, beim Lastenausgleich, bei Wohnungspolitik und Eigentumsbil-

Privat (1); Göllner (1)

dung, Rentenreform, Existenzgründung, Beteiligung der Arbeiterschaft an ihrem Betrieb, Familienausgleich durch Kinder-zulagen, alles Errungenschaften, die eine pazifizierende, das erschütterte Selbstbe-wusstsein der Entwurzelten heilende Wirkung hatten und heute Grundsäulen unseres Sozialsystems darstellen.

Seit den Tagen von Hans Schütz seien Paneuropa-Bewegung und Ackermann-Gemeinde eng miteinander verbunden, leitete der CSU-Politiker, langjährige Europaparlamentarier und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe Bernd Posselt sein Thema ein und sprach präzi-se mit freihändiger Eloquenz und histori-scher Kennerschaft. „Seehofers bester Mann“, wie die „Süddeutsche“ titelte, freute sich trotz seines berstenden Ter-minkalenders über die Einladung nach Ulm, „unbedingt“ wollte er sogar alle Vorträge hören. Mit viel Detailkenntnis zeigte Posselt einige Entwicklungslinien zur Frage der Sozialverantwortung. Das alte Österreich sei diesbezüglich durch seine Gemengelage besonders schöpfe-risch gewesen, am fortschrittlichsten für ganz Europa die böhmischen Länder. Die besten Köpfe hätten das innovative Wiener Klima aufgesucht, um soziale Ideen zu entwickeln. Kaiser Karl habe in seiner kurzen Regierungszeit 1916-18 das erste Sozialministerium der Welt ein-gerichtet, ebenso war das weltweit erste Gesundheitsministerium das österreichi-sche. Durch soziale Gerechtigkeit hoffte man, nationale Konflikte zu entschärfen. Organisationen wie die Ackermann-Gemeinde versuchten, so Posselt, an die-se in Vergessenheit geratenen Traditions-ströme zu erinnern und sie für die heuti-ge Gesellschaft fruchtbar zu machen.

In kühner Hellsichtigkeit hatte Graf Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi Identität und Selbstverständnis eines künftigen Europa vorgedacht. Er wollte die nationale Vielfalt bewahren, aber gleichzeitig Markt, Währung, Parlament, Regierung und Verteidigung vergemein-schaften, grenzüberschreitend Minder-heiten- und Volksgruppenrechte schaffen und so friedenstiftend die Nationalitäten-frage lösen, eine Aufgabe, die Europa unter aktiver Mitwirkung Posselts auch heute noch beschäftigt. Ein europäischer Patriotismus, schloss der glühende Euro-päer, soll den regionalen und nationalen ergänzen und krönen, was sowohl welt-weit wie auch innerstaatlich sinnvoll sei.

Stefan P. Teppert

Hans Schütz, etwa 1980.

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Frischer Wind bei den WestpreußenLandesmuseum empfängt seine Besucher mit modernem Präsentationskonzept

Nach einer fast zweijährigen Über-gangsphase, die mit der Schließung des Standortes Münster-Wolbeck begann und sich in Umzug, Neuge-staltung und umfangreichen Reno-vierungsarbeiten fortsetzte, konnte das neue Westpreußische Landes-museum Ende vergangenen Jahres im ehemaligen Franziskanerkloster von Warendorf wieder seine Besu-cher empfangen.

Zugleich mit den Eröffnungsfeierlich-keiten in Anwesenheit von Kultur-

staatsministerin Professor Monika Grüt-ters MdB, – der DOD berichtete in sei-ner vorigen Ausgabe – präsentiert sich das im Jahre 1975 im Drostenhof gegründete Museum zwar wieder in „alten Mauern“, aber mit erweiterter Fläche und modernem Ausstellungskon-zept.

Der Besucher erkennt unschwer, dass in Warendorf ein „frischer Wind“ weht. Zwar ist der Kern der Dauerausstellung erhalten geblieben, doch anders als frü-her, will das Haus nicht mehr in erster Linie ein Erinnerungsort für die von Flucht oder Vertreibung Betroffenen sein. Vielmehr geht es dem Museumsteam rund um Direktor Dr. Lothar Hyss und die stellvertretenden Museumsleiter Jut-ta Fethke und Dr. Martin Steinkühler um die Darstellung einer deutsch-polni-schen Kulturregion mit Bezügen zur Gegenwart.

Die Dauerausstellung im Kreuzgang und im verwinkelten Obergeschoss mit den Klausurräumen des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Klosters stellt die vielfältige Geschichte der Region um Danzig am Unterlauf der Weichsel in den Fokus. Einige Aspekte sind neu in das Konzept eingearbeitet worden, wie etwa Schwerpunkte zur Geschichte der Kaschuben, der Alltagskultur, des Drit-ten Reiches und der Juden.

Auch wenn die moderne Konzeption des Westpreußischen Landesmuseums am Standort in Warendorf die wechsel-volle Geschichte durch zahlreiche Expo-nate aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet – die Ausstellungsmacher rund um Michael Wienand von der Fir-ma „bild-werk“ haben multimediale Ele-mente in die neue Präsentation einge-baut – bleibt das Danzig-Zimmer einer der Höhepunkte.

Hier begegnet der Besucher neben kunstvollen Danziger Möbeln (um 1900) – darunter ein großer und ein klei-ner Dielenschrank, eine Standuhr und ein Schreibtisch – auch einem digital gestalteten interaktiven Informations-pool, der vor allem Schülern und Jugend-lichen entgegenkommen dürfte.

Exponate wie der große Wandblaker, (Messing, Danzig um 1900, Blaker sind seit dem 16. Jahrhundert als Halter für Kerzen oder Öllampen nachweisbar) und Kunstwerke wie das Ölbild „Die Danziger Bucht“ von Friedrich Eduard Meyerheim (um 1830) und die Radie-

rung „Hausflur eines Danziger Bürger-hauses“ von Johann Carl Schulz (1857) vervollständigen den Raum. Zum Inven-tar des berühmten Danzig-Zimmers gehören u.a. auch das Kraweel „Peter von Danzig“ – ein Modell aus Holz, Stoff und Metall, das Ingrid und Heinz Peters 1979 im Maßstab von 1:50 gefertigt haben, ein silberner Messkelch von Jakob Sachs (Thorn 1652) und ein silber-ner Humpen von Johann Rode II. (Dan-zig um 1700).

Anhand von mehreren Stationen wer-den im Haus Meilensteine aus der Geschichte Westpreußens vorgestellt. Der historische Parcours führt vom Deutschen Orden zu den Hansestädten Danzig und Elbing über Friedrich den Großen bis hin zum nationalsozialisti-schen Vernichtungskrieg sowie zur Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung.

Zu den Besonderheiten des Hauses zählen die aus dem 17. Jahrhundert stammende Tapisserie des Eggert von Kempen und eine Reihe von Gemälden

Blick in die neu eröffnete und frisch konzipierte Dauerausstellung des Westpreußischen Landesmuseums.

22 DOD 01/2015Kultur

des aus Marienburg in Westpreußen stammenden Expressionisten Bruno Krauskopf. Herausragende Exponate sind auch das Modell einer Kanone im Bernsteinkabinett sowie das Modell der Stadt Elbing vor 1450.

Hintergründe, Absichten

Das Westpreußische Landesmuseum wird getragen von der Kulturstiftung Westpreußen, einer öffentlichen Stiftung des privaten Rechts. Neben Sammeln, Präsentieren, Sichern und Auswerten altpreußischen Kulturgutes gehören zu den Aufgaben der Einrichtung auch die ständige Pflege von Verbindungen und Zusammenarbeit mit kulturellen Institu-tionen der östlichen Nachbarvölker, ins-besondere mit den polnischen im unte-ren Weichselland. In der Dauerausstel-lung werden all diese Aspekte berück-sichtigt. Auch die seit 1999 bestehende Außenstelle des Westpreußischen Lan-desmuseums im Regionalmuseum Krockow/Krokowa wird in der Ausstel-lung vorgestellt.

In einem Gespräch mit Dr. Martin Steinkühler, dem stellvertretenden Direktor des Westpreußischen Landes-museums, erfuhr der DOD, dass der eigentliche Umzug relativ schnell bewerkstelligt werden konnte. In den letzten Monaten sei jedoch intensiv an der neuen Dauerausstellung gearbeitet worden. Auf inhaltlicher Seite seien viele fachliche Fragen in einem längeren Pro-zess mit einer Fachkommission bearbei-tet worden. Dabei sei der aktuelle Stand der Forschung berücksichtigt und in redaktioneller Arbeit eine Präsentations-weise entwickelt worden, die historische Zusammenhänge nachvollziehbar machen solle. Desgleichen seien noch einige Exponate beschafft worden, um Schwerpunkte deutlicher herauszustellen.

Westpreußisches LandesmuseumFranziskanerklosterKlosterstraße 2148231 WarendorfTel.: 02581 92777-0Fax: 02581 [email protected]

INFO

Göllner (1); Bürgel (1)

Was die finanziellen Hintergründe betrifft, erklärte Dr. Steinkühler: „Das Museum im ehemaligen Franziskaner-kloster Warendorf ist Mieter der Eigentü-merfamilie Horstmann. Ein langfristiger Mietvertrag ermöglicht dem Haus konti-nuierliches Arbeiten auf einer Ausstel-lungsfläche von über 1.000 Quadratme-tern – das sind fast 50 Prozent mehr als am alten Standort in Münster-Wolbeck. Hauptfördergeberin des Hauses ist die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, weitere Förderung erhält das Museum durch den Land-schaftsverband Westfalen-Lippe, das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Warendorf.“

Übrigens: In Wolbeck hat das Muse-um rund 12.000 Besucher pro Jahr ver-zeichnet. Nun wird darauf hingearbeitet, dass die Zahlen gesteigert werden kön-nen. Die Angebote des Museums sollen in Zukunft mit den lokalen Kulturinstitu-tionen vernetzt werden. Insbesondere durch das im Museum ansässige Kultur-referat Westpreußen, das eigene Veran-staltungen und Vermittlungsformate anbietet, sollen auch Schulen angespro-chen werden.

Lieblingsmotiv Landschaft

Zeitgleich mit der Eröffnung des neu-en Westpreußischen Landesmuseums in Warendorf wurde dem Publikum auch eine Schau mit Gemälden des Künstlers Ernst Kolbe vorgestellt.

Unter dem Motto „Ein Impressionist aus Westpreußen“ sind bis zum 12. April d.J. mehr als 30 Arbeiten des Malers aus-gestellt, die aus der Gemäldesammlung des Hauses stammen.

Ernst Kolbe wurde 1876 in Marien-werder/Westpreußen (dem heutigen Kwidzyn) geboren und starb 1945 in Rathenow. Die erfolgreichsten und pro-duktivsten Jahre der künstlerischen Lauf-bahn von Kolbe fielen in die Zeit von 1920 bis 1930. Von Berlin aus unter-nahm der Künstler zahlreiche Studien-reisen ans Meer sowie ins Gebirge im In- und Ausland. Beliebte Motive waren neben der Pommerschen Landschaft, der Ostseeküste von Lübeck bis Danzig, den Tiroler Bergen und den Dünen auf Sylt auch die Innenräume der Fischer- und Patrizierhäuser, wie etwa die des Uphagenhauses in Danzig.

Ferner war Kolbe Autor zahlreicher Lithographien. Er schuf aussagekräftige Ansichten von Danzig und der Ostsee. Bilder wie „Bergwiese vor dem Ortler in Tirol“, „Der Hafen von Stolpmünde“ und „Die Ostsee bei Kahlberg in West-preußen“ weisen den Maler als expressi-ven Impressionisten aus.

Im Rahmen der Großen Berliner Kunstausstellung im Jahre 1912 richtete Kolbe eine Sonderschau nur mit eigenen Werken ein. Im Jahr 1914 schuf er in der Brandenburghalle des Schöneberger Rathauses fünf große Wandbilder: Klos-ter Chorin, Schloss Rheinsberg, Anger-münde, Kleinmachow sowie Totes Land und Moor. Dieter Göllner

Der digital gestaltete interaktiven Informationspool, der vor allem Schülern und Jugendli-chen entgegenkommen dürfte.

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Die Folgen des Ersten Weltkriegs für die Deutschen im östlichen Europa

Dramatische Umbrüche unbekannter DimensionAls 1914 der Erste Weltkrieg aus-brach, wurde die Minderheitenprob-lematik in den Ländern und Regio-nen des östlichen Europa entfes-selt. Daran erinnerte ein Forum, das der Landesverband Sachsen des Vereins für Deutsche Kulturbezie-hungen im Ausland (VDA) am 8. November 2014 im Goethe-Institut Dresden veranstaltete. Die Besu-cher konnten erfahren, wie Europa nach dem Krieg neu geordnet wor-den ist und welche Umbrüche und dramatischen Erfahrungen damit für die Deutschen in den neu geschaffenen Nationalstaaten ver-bunden waren.

Im ersten Teil der Veranstaltung legte der Historiker Dr. Norbert Spannen-

berger (Leipzig) dar, welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krieg für die Deutschen in Ost-, Ostmit-tel- und Südosteuropa sowie für die Amerikadeutschen hatte. Er wies darauf hin, dass der Krieg in Europa den absolu-ten Zerfall der bisherigen Ordnungssyste-me bedeutet hat und die tradierten Lebenswelten im östlichen Europa nach 1918 fundamental in Frage gestellt wor-den sind. Bei den Bürgern der neu gegründeten Staaten sei es zu „Loyali-tätskonflikten von bislang unbekannter Dimension“ gekommen.

Wie Spannenberger sagte, lebten nach dem Krieg zwischen Estland und Jugos-lawien über acht Millionen Deutsche als Minderheit – ein Teil davon waren ehe-malige Reichsangehörige. Während der Weimarer Republik sei in Berlin zwi-schen „Zwangsminderheiten“ infolge der Friedensverträge und „eigentlichen Minderheiten“ unterschieden worden. Zur letztgenannten Gruppe zählten die Deutschen im Baltikum, in Ungarn, Jugoslawien, Rumänien und Russland. Die „Zwangsminderheiten“ sollten letzt-

lich „heim ins Reich“ geholt werden, weil sie auf „deutschem Volksboden“ lebten.

Den zweiten Vortrag des VDA-Forums hielt der emeritierte Osteuropa-Histori-ker Prof. Dr. Karl-Heinz Schlarp (Dres-den). Sein Thema war das schwierige Verhältnis von Deutschen und Tsche-chen nach dem Ende des Habsburgerrei-ches. Schlarp machte deutlich, dass es schon im Laufe des 19. Jahrhunderts in den böhmischen Ländern zu einer tiefen nationalen Spaltung gekommen ist. Am stärksten seien jedoch die zwei Jahr-zehnte der Ersten Tschechoslowaki-schen Republik durch das schwierige Verhältnis zwischen Tschechen und Deutschen geprägt gewesen, was der tschechische Historiker Jan Křen treffend als „Konfliktgemeinschaft“ bezeichnet habe.

In der 1918 gegründeten ČSR hätten die Minderheiten zwar vergleichsweise gut leben können, sie seien aber immer mit Misstrauen betrachtet worden, und die Forderung von Gruppenrechten habe als Bedrohung für die Konstruktion eines Nationalstaates der Tschechen und Slowaken gegolten. Die Sudetendeut-schen (im Jahr 1921 ca. 24 Prozent der Gesamtbevölkerung) hätten dagegen ihren „nationalen Besitzstand“ bedroht gesehen. „Da die Interessenkonflikte der beiden Völker nicht befriedigend gelöst werden konnten“, so Schlarp, „scheiter-te nicht nur der gemeinsame Staat, auch die lange gewachsene Gemeinschaft zer-brach in der Katastrophe des auf 1938 folgenden Jahrzehnts endgültig“.

Das dritte Referat des VDA-Forums war den Deutschen in der Karpato-Ukra-ine gewidmet. Es wurde von der Leipzi-ger Kulturwissenschaftlerin Angela Grö-ber gehalten, die die Volksgruppe vor-stellte.

Wie Gröber sagte, wechselte die ca. 13.000 km² große Karpato-Ukraine zwi-schen 1918 und 1945 mehrmals ihre

staatliche Zugehörigkeit: Sie kam 1918/19 von Österreich-Ungarn zur Tschechoslowakei, 1938/39 zu Ungarn und 1945 zur Sowjetunion. 1930 wur-den hier 13.249 Deutsche gezählt, was einem Bevölkerungsanteil von 1,9 Pro-zent entsprach. Im Jahr 2001 lebten in der Region, die seit 1991 zum Staatsge-biet der Ukraine gehört, 3.500 Deut-sche, das waren 0,3 Prozent der Ein-wohner.

Bis 1918/19 pflegten die Deutschen in der Karpato-Ukraine einen „ungarlän-dischen Patriotismus“. Erst als sie sich in der neu gegründeten Tschechoslowakei wiederfanden, erfolgte eine nationale Mobilisierung. Deren Akteure waren zunächst vor allem reichsdeutsche und böhmische Jugendorganisationen, die Wanderfahrten in den ärmlichen Land-strich unternahmen. Dabei entstanden zahlreiche Karten und Statistiken.

Zusätzlich zu den drei Vorträgen wur-de den Besuchern des VDA-Forums eine zum Thema passende Tafelausstellung geboten. Sie konnten sich im Goethe-Institut die reich illustrierte Schau „Musen an die Front! Schriftsteller und Künstler im Dienst der k.u.k. Kriegspro-paganda 1914-1918“ ansehen, die vom Deutschen Kulturforum östliches Euro-pa gestaltet worden ist. Peter Bien

Dr. Norbert Spannenberger.

24 DOD 01/2015Kultur

Göllner (1); Luchterhand-Verlag (1)

Einen recht umfangreichen Veran-staltungskalender hat das Rheinba-cher Glasmuseum für das erste Halbjahr 2015 aufgestellt. Darin finden sowohl thematische Ausstel-lungen, als auch Begleitprogramme und Sonderaktionen ihren Platz.

Gleich im Januar gab es die Vernissage der Ausstellung „Menschliches, All-

zumenschliches“, die den Fokus auf „Heilige, Madonnen, Trunkenbolde und neckischen Nackten“ in der Glaskunst richtet.

Die aus Siebenbürgen stammende Museumsdirektorin, Dr. Ruth Fabritius, ließ den DOD hinter die Kulissen bli-cken: „Wer das Glasmuseum aufmerk-sam durchstreift, trifft in fast jeder Vitrine auf die menschliche Figur in allen Varia-tionen – graviert, gemalt, geätzt oder plastisch geformt – und damit auf das pralle Leben. Dies kann nicht weiter überraschen, gehört doch die Darstel-lung des Menschen seit Urzeiten zu den Hauptanliegen der Kunst schlechthin, damit auch der Glaskunst.“

„Gläsernes Menschenbild“

Die Ausstellung vereinigt für einige Monate Gläser mit figürlichen Darstel-lungen und richtet damit einen etwas anderen Blick auf die eigenen Bestände einschließlich der Sammlungen Bruns und Mülstroh. Dabei spürt sie dem Wan-del des „gläsernen Menschenbildes“ nach.

Und Dr. Fabritius fügt hinzu: „Gerade die Zerbrechlichkeit des Werkstoffes Glas ist dazu geeignet, über die Gefähr-dungen des Menschen in unserer Zeit künstlerisch zu reflektieren. Oft wird Ernsthaftes durchaus witzig umgesetzt, ohne es der Lächerlichkeit preiszugeben. Wem es gelingt, sich auf die poetisch-

skurrilen Bilderwelten zeitgenössischer Glaskünstler einzulassen, wird mit einem Gewinn an Vergnügen und Lebensfreude belohnt.“

Nach bewährtem Konzept sorgt die Museumsleitung für attraktive Begleit-programme. Nachdem bereits bei der Vernissage der Rheinbacher Autor und Komponist Bernd Schumacher Lieder und Histörchen zum Thema geboten hatte, gab es auch einen literarisch-kuli-narischen Abend unter dem Motto „Es muss nicht immer Kaviar sein“ nach dem bekannten Roman von Johannes Mario Simmel. Außerdem wurde ein Workshop für Kinder abgehalten.

Übrigens: Interaktive Aktionen für und mit den Vertretern der jungen Gene-ration aber auch für Erwachsene sind in den Monaten März, April, Mai und Juni geplant.

Bei einem Rundgang durch die Dauer-ausstellung des Rheinbacher Museums kann sich der Besucher einen guten Überblick über die Kunst böhmischer Glasherstellung und -veredlung wie besi-spielsweise Schleifen, Schneiden, Vergol-den, Bemalen und Ätzen verschaffen.

Die Sammlung des Museums umfasst Werke aus der Zeit des Barocks bis hin zur modernen Studioglasepoche. Den Schwerpunkt bilden jedoch Werke des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Hinzu kommt eine beachtliche Anzahl mittel-europäischer Werke und Gläser des 18. Jahrhunderts sowie Studioglas der Gegenwart.

Höhepunkt Frühlingsmarkt

Höhepunkte des Jahres 2015 sind der traditionelle Frühlingsmarkt im Him-meroder Hof (12. April), der Internatio-nale Museumstag (17. Mai) und natür-lich der 8. Internationale Glaskunstpreis (26. Juni bis 29. September).

Die Stadt Rheinbach hat sich in den letzten Jahrzehnten als Standort des Staatlichen Berufskollegs Glas-Keramik-Gestaltung des Landes NRW (allgemein immer noch unter dem Namen „Glas-fachschule NRW“ bekannt), des Glas-museums sowie mehrerer Glasbetriebe zur „Glasstadt“ entwickelt. Die Stadt Rheinbach unterstützt auch deswegen im Rahmen eines Wettbewerbs zur För-derung der Berufsausbildung die interna-tionale Zusammenarbeit und die Begab-tenförderung. Sie hat daher im Jahr 2002 einen Internationalen Glaskunst-preis als Nachwuchsförderpreis geschaf-fen.

Dieser Preis wird in Fachkreisen wie auch in der interessierten Öffentlichkeit inzwischen als fester Bestandteil der internationalen Glaskunstszene betrach-tet. Als einziger Nachwuchsförderpreis auf dem Gebiet der Glaskunst in Europa hat er der Stadt große Anerkennung gebracht; er leistet aber zugleich auch einen wichtigen kulturellen Beitrag für das Zusammenwachsen Europas.

Dieter Göllner

Gläserne Kunst: „Mensch-liches, Allzumenschliches“Glasmuseum eröffnet Ausstellungsjahr mit thematischer Schau

Die Direktorin des Glasmuseums Rhein-bach, Dr. Ruth Fabritius.

DOD 01/2015 25Kultur

„Sieben Sprünge vom Rand der Welt“Ein kunstvolles Netz familiärer Verbindungen um Orte und Nationen„Sieben Sprünge vom Rand der Welt“, lautet der rätselhafte Titel eines 555 Seiten starken Romans von Ulrike Draesner, erschienen Ende 2014 im Luchterhand-Verlag München in 2. Auflage. Der Titel kann den Leser auf eine schwierige Lektüre vorbereiten. Es ist die Geschichte einer schlesischen Familie aus Oels bei Breslau. Vier Generationen werden geschildert, die Generation der Großeltern, Eltern, Kinder und Enkel der Fami-lie Grolmann.

Aber es bleibt nicht bei der deutschen Familie Grolmann. Das Schicksal

einer polnischen Familie, die von Lem-berg nach Breslau/Wrocław verschickt, deportiert wird, wird ebenso über meh-rere Generationen dargelegt. Es ergeben sich, wie es im Klappentext heißt, hun-dert Jahre mitteleuropäischer Geschich-te.

Jedes Kapitel wird von einer anderen Person erzählt, in der Ich-Form und aus der entsprechenden Perspektive. Die Vornamen der Personen bilden jeweils den Titel eines Kapitels oder besser: eines Teiles. Dabei wechseln stets die Zeitebe-nen; mal findet sich der Leser in der Bundesrepublik wieder, im modernen München, dann wieder bei den Vorbe-reitungen der Flucht in Oels, dann bei den Forschungen von Simone Grol-mann, die wie ihr Vater Eustachius Pro-fessorin für Verhaltensforschung ist und am Münchner Institut mit Affen arbeitet. Dann wird er mit „Oma Lily“ konfron-tiert, der Mutter des Eustachius, eine höhere Tochter, die mit Eustachius und seinem behinderten Bruder Emil auf die Flucht geht und sich in Bayern allein durchschlagen muss, bis ihr Mann Han-nes aus russischer Kriegsgefangenschaft kommt – verändert, fremd, ein Bettler und Außenstehender wie sie alle.

Simone Grolmann, 17 Jahre nach Kriegsende geboren, nun 52 Jahre alt, erinnert sich an „die immer halbdämme-rige Erdgeschosswohnung meiner Groß-eltern“, in der von „einem versunkenen Landstrich des 19. Jahrhunderts erzählt (wurde), der Schlesien hieß, und ich, ich ahnte, was fehlte“. Das Schicksal ihres Vaters kennt sie. „Er war 14 gewesen,

als eine unsichtbare Hand ihn aus sei-nem Bett wegmachte, aus seinem Zim-mer, seinem Städtchen zwischen Hügeln, Oderwasser und Wala, aus sei-ner Kindheit, aus seiner Zukunft.“ Der Affenforscher Professor Eustachius Grol-mann vertritt später die These, dass Empathie und Liebe Fehlentwicklungen seien, die nur der Mensch zeige, im Unterschied zu den „normalen“ Affen. „Stärke ... Fühllosigkeit, Erfolg“. Darum gehe es. Allemal im Beruf.“ Seine Ehe scheitert, seine Frau verlässt ihn, als die jüngere Tochter Simone zehn ist. Die

ältere Tochter Sandra geht nach Kanada.Er lebt nach seiner Emeritierung allein in dem Einfamilienhaus, richtet heimlich eine Affenstation ein und verschuldet sich maßlos. Seine Tochter Simone ver-mittelt ihm einen Psychiater, einen Deutsch sprechenden Polen, der sich auf die Traumatisierung der Kriegskinder spezialisiert hat und therapeutische Seminare in Schlesien, in Kreisau anbie-tet. Simone verliebt sich in ihn und besucht ihn bei einem dieser Seminare. Der Seminarleiter fordert die 32 Teilneh-mer auf zu „prüfen, wie viele Menschen hier sitzen, die wir nicht sehen. Men-schen, die Sie im Krieg verloren haben: Gefallene Ihrer Familie“, Versehrte. Lebensmüde. Das Ergebnis soll auf einen Zettel geschrieben werden. Die Zahl beläuft sich auf 173. „173 kriegstote Menschen befanden sich mit uns im Raum. Im Jahr 2014. Mehr als fünf pro Kopf.“

Die Verluste werden vererbt an die nächste und übernächste Generation, ebenso wie die verlorene Heimat. Da saßen, erinnert sich Simone, sie und ihre Schwester Sandra als „die einzigen Kin-der zwischen Alten, die von untergegan-genen Zimmern, Wintergärten und Hausmädchen schwärmten, in herrlich sonnigen, blumigen Oderlandschaften imaginäre Hunde ausführten und schwerblütige ostpreußische Pferde rit-ten, bis auch wir uns nach dieser Welt sehnten ...“

Dasselbe findet auf polnischer Seite statt. Eine polnische Familie aus Lem-berg wird nach Breslau „repatriiert“. Der Vater, Professor für Altphilologie, „sagte, der ehemalige Dekan der Philosophi-schen Fakultät Lemberg wolle mit altbe-währten Kollegen und ihm die Universi-tät, die herrliche, runde, wissenschaftli-chen Geist atmende Breslauer Universi-tät wieder aufbauen ... in der goldenen Stadt mit ihrem berückenden Flair, ihrem Großbürgertum und dessen Bil-

26 DOD 01/2015Kultur

Jürgen Bauer (1); Bien (1)

dung“. Aber das Wort „Repatriant“ ist für ihn eine „Unverschämtheit“. „Die infame Umkehrung der Wahrheit, dieses gnadenlose Lügen ins Gesicht der Welt-öffentlichkeit, dass Stalin damit durch-kam: eine Zwangsaussiedlung zu ihrem Gegenteil zu erklären!“ Sie kommen in eine verwüstete, stinkende Stadt und ziehen in die Wohnung der „Familie Schönfließer“ ein. „Wir aßen vom blau-en Schuppen- und Rankengeschirr der Schönfließers, lagen in Schönfließers weißen Leinen mit den blauen Mono-grammen, umrankt von Schönfließers Träumen ...“ Sie sehen die Fotos der Feinde. „Der Feind sah seltsam aus. Wie ein Mensch.“ Die Mutter verändert sich. Sie erkennt in dem deutschen Schicksal ihr eigenes wieder. „Mutter sah fremd aus. Von einer großen ausländischen Traurigkeit bewohnt ... Die Stadt Lem-berg war mit unserer Abfahrt versunken, für uns.“

Die Mutter zieht sich in das verlorene Lemberg zurück, wird nicht heimisch in dem neuen Wrocław. Aber auch der Vater zieht sich irgendwie von dieser Stadt zurück. „Vater ließ sich einen Heinrich-Schliemann-Schnurrbart ste-hen. Er lebte in Troja, Mutter in Lem-berg.“

Vielschichtig und gehaltreich

Auf deutscher Seite betreut die Enke-lin Esther ihren Opa Eustachius auf sei-nem letzten Stück Weg im 21. Jahrhun-dert. Sie begleitet ihn in seine Gedanken. „Nachts fürchtete er sich: der russische Vormarsch. Große Tiere vorm Fenster versperrten ihm den Weg. Er schlafe auf einem Strohsack. Täglich würden sieben bis acht Stunden Lichtsperre verhängt ... ständig gäbe es Alarm ... Die Ärzte zuck-ten die Schultern. Krankheit, Alterseins-amkeit, ein langes deutsches Leben.“

Ulrike Draesner legt ein vielschichtiges und gehaltreiches Werk vor. Es enthält noch weitere Themenkreise als die hier angesprochenen: Aspekte der Nazi-Ideo-logie wie „Unwertes Leben,“ „Sterilisati-on“, „Erbgesundheit“, Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg, ethische Fragen zu Tierversuchen.

Das zentrale Thema, die Weitergabe von Traumata wie Heimatverlust und Kriegserlebnissen an die nächsten Gene-rationen ist nicht unbedingt neu. Eigent-lich zeugt eine ganze Schriftsteller-Gene-

ration davon. Ulrike Draesner aber spannt ein kunstvolles Netz familiärer Verbindungen um Orte und Nationen, in dem sich die Personen verfangen und finden, und sie schafft es während des umfangreichen Romans, einen lyrischen

Sprachstil überzeugend durchzuhalten.Der Roman ist in einem Jahrzehnt

erschienen, in dem die Psychologie die traumatischen Kriegserlebnisse von Kin-dern aufarbeitet. Gemeint sind heute die Jahrgänge 1930 bis 1945, die tiefe Ein-brüche in ihrer Kindheit erlebten ohne sie verarbeiten zu können. In Not- und Aufbauzeiten gibt es keine Notfall-Seel-

sorge und keine Selbsthilfegruppen. Als Sabine Bode 2004 ihr Buch „Die verges-sene Generation. Die Kriegskinder bre-chen ihr Schweigen“ vorlegte, wurde es zum Bestseller. 2014 lag die elfte Auflage vor. Sabine Bode führte Interviews mit den „Kriegskindern“ und zeichnete deren Lebensweg nach. Sie spürte Zusammenhänge zwischen den Kriegs-erlebnissen, den Familienstrukturen und der späteren Entwicklung auf und stellte schließlich fest, dass die folgen den Jahr-gänge ebenfalls von den Verstörungen ihrer Eltern und Großeltern betroffen sind. So kam es 2011 zu dem Buch „Nachkriegskinder. Die 1950er Jahrgän-ge und ihre Soldatenväter“ und zu dem Buch „Kriegsenkel. Die Erben der ver-gessenen Generation“, das 2013 bereits in 6. Auflage vorlag. Die „Aufarbeitungs-phase“ ist im vollen Gange. Sabine Bode weiß von Begegnungen bei ihren Lesun-gen zu berichten, bei denen sich Betrof-fene „outen“, lange Verschwiegenes von sich preisgeben. Dass es an der Zeit ist die östlichen Nachbarn und Freunde ein-fühlsamer nach ihren verwundeten See-len zu befragen, hat Ulrike Draesner ein-drucksvoll gezeigt.

Bärbel Beutner

Ulrike Draesner.

Der Bildhauer Ferdinand Lepcke (1866-1909) wurde im damals thü-

ringischen Coburg geboren und starb in der Reichshauptstadt Berlin. In einem Jahr wird seines 150. Geburtstags gedacht werden.

Seine bekanntesten Werke sind die Statue „Die Bogenspannerin“ (1897) und der „Sintflutbrunnen“ (1904). Das Original der „Bogenspannerin“ steht seit 18. Oktober 1910 in der einst westpreu-ßischen Stadt Bromberg, dem heute pol-nischen Bydgoszcz. Abgüsse davon fin-det man in Berlin-Nikolassee, in Herings-dorf auf Usedom und im heute bayeri-schen Coburg.

Der „Sintflutbrunnen“ stand von 1904 bis 1943 in Bromberg, wurde dann kriegsbedingt eingeschmolzen, am 24. Juni 2014 aber als Nachguss wieder auf-

Ausstellung im westpreußischen Bromberg

gestellt. Eine Kopie der Hauptfiguren-gruppe steht seit 1906 im Coburger Rosengarten, eine verkleinerte Kopie aller drei Figurengruppen stand seit 1916 in Eisleben/Sachsen-Anhalt, aber auch sie wurde 1942 eingeschmolzen. Für dieses Figurenensemble aus Bronze, das sechs Tonnen wog, wurde der Künst-ler mit dem „Großen Staatspreis“ der „Preußischen Akademie der Künste“ ausgezeichnet.

Jetzt wurde, am 18. Dezember 2014, im Bezirksmuseum der Stadt Bromberg/Bydgoszcz eine Ausstellung mit Werken Ferdinand Lepckes eröffnet, die bis 15. März 2015 zu sehen ist. Die Leihgaben zu dieser Ausstellung kommen überwie-gend aus den Kunstsammlungen der Veste Coburg und den Städtischen Sammlungen in Coburg. JBB

Ehrung für einen Coburger Bildhauer

DOD 01/2015 27Kultur

Wie hat sich der deutsch-polnisch-tschechische Grenzraum seit dem Jahr 1945 entwickelt? Was verbin-det vertriebene Deutsche mit den heutigen Bewohnern der Grenzregi-on? Und welche Formen von Erin-nerungskultur gibt es? Fragen die-ser Art standen im Mittelpunkt der Tagung „Verordnete Nachbarschaf-ten“, die das Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV) in der Zeit vom 20. bis 22. Novem-ber 2014 im Hauptstaatsarchiv Dresden veranstaltete. Kooperati-onspartner waren neben dem Säch-sischen Staatsarchiv die Brücke/Most-Stiftung und die Bundeszent-rale für politische Bildung.

Der erste große Themenkomplex, der behandelt wurde, stand unter der

Überschrift „Erinnerungskultur und His-torisierung“. Im einleitenden Vortrag betonte die Volkskundeforscherin Mar-keta Spiritova (München), dass es in Grenzräumen „multiple Identitäten“ gebe. Erinnerungsorte seien dort immer „polyvalenter Natur“, weshalb sich eine „multilokale Ethnographie“ anbiete.

Um Erinnerungen von polnischen Neusiedlern ging es im Vortrag der Histo-rikerin Beata Halicka (Frankfurt (Oder)/Słubice). Sie wies darauf hin, dass sie in ihrem Buch „Mein Haus an der Oder“ (Paderborn 2014) „Westmemoiren“ von Neusiedlern veröffentlicht hat. Diese Texte seien 1956/57 vom Westinstitut in Posen gesammelt, aber im kommunis-tischen Polen nie publiziert worden. Sie zeigen, dass es bei den polnischen Neu-siedlern ein Gefühl der Vorläufigkeit und viele Tabus gegeben hat.

Peter Oliver Loew vom Deutschen Polen-Institut in Darmstadt gab einen Überblick über die polnischen Forschun-gen und Debatten zum Thema „Vertrei-bung“. Mit seinem Vortragstitel „Vertrie-

Geschichtspolitik im GrenzraumTagung zum Thema „Verordnete Nachbarschaften“ in Dresden

bene Vertreibungen“ spielte er darauf an, dass im kommunistischen Polen über die meisten Vertreibungen, die es im 20. Jahrhundert gegeben hat, nicht geschrie-ben werden durfte – und zwar dann nicht, wenn die Vertreiber Polen oder Sowjets waren.

Über die Vertreibung bzw. Aussied-lung von Deutschen und Ukrainern aus der Nachkriegs-Tschechoslowakei sprach der Historiker Andrij Kudrjat-schenko (Kiew). Besondere Aufmerk-samkeit widmete er dabei den Ukrainern in der Ostslowakei, die 1947 zu einem großen Teil in die Ukrainische Sowjetre-publik ausgesiedelt wurden.

In einem öffentlichen Abendvortrag stellte der Stettiner Historiker Jan Piskor-ski sein Buch „Die Verjagten. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhun-derts“ (München 2013) vor. Es sei ihm darum gegangen, so Piskorski, die Gemeinsamkeiten von Vertriebenen-schicksalen zu zeigen und die Vertrei-bung nicht statisch darzustellen.

Mit Vorträgen zum Thema „Museali-sierung und Medialisierung von Erinne-rung“ begann der zweite Konferenztag. Als Erster sprach Markus Bauer, der Direktor des Schlesischen Museums zu Görlitz. Er beleuchtete die Vorgeschichte und Entwicklung seines Hauses und ging auf die politischen Kontroversen ein, welche das Museumsprojekt beein-flusst haben. Ziel sei es, das Haus von einem Museum für Vertriebene zu einem europäischen Regionalmuseum zu entwickeln.

Sarah Scholl-Schneider, die in Mainz Kulturanthropologie lehrt, stellte ein Zeitzeugenprojekt über den Eisernen Vorhang vor. Zu den Personen, die von Mainzer Studierenden befragt worden sind, gehörten auch Vertriebene. Was die Zeitzeugen berichtet haben, ist im Internet unter www.ironcurtainstories.eu zu finden. Elisabeth Fendl, die Grün-dungsbeauftragte für das Sudetendeut-

sche Museum in München, hielt einen Vortrag mit dem bemerkenswerten Titel „Heimat rekonstruieren, verwalten, ver-zetteln. Zur Materialisierung von ‚Verlo-renem‘“. Sie wies darauf hin, dass das Vorhaben „Sudentendeutsches Muse-um“ Gestalt annimmt. Bei den Vertriebe-nen bestehe oftmals die Angst, man wür-de die Heimat „nicht richtig“ darstellen. Das im Aufbau befindliche Museum sei zu einem „Auffangbecken für an Bedeu-tung verlierende Heimatandenken“ geworden. Fendl zog das Resümee: „Man braucht das Museum nun wirk-lich.“

Über die DDR-Urlauber im Riesenge-birge sprach der Berliner Publizist Mateusz Hartwich. Wie er sagte, seien die ab 1951 organisierten Reisen gern angenommen worden – auch von vielen Vertriebenen, die ihre Heimatorte besu-chen wollten. Allmählich hätten sich die Reisenden aus der DDR daran gewöhnt, die Realität im nunmehr polnischen Rie-sengebirge zu akzeptieren.

Die Grünberger Soziologin Anna Mielczarek-Żejmo.

Potsdam (dod). Am 14. Januar 2015 hat BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB das Deutsche Kulturforum Östli-ches Europa auf Einladung des Vor-standsvorsitzenden Winfried Smaczny und des Direktors Dr. Harald Roth in Potsdam besucht und dort einen Ein-blick in die facettenreiche Arbeit des Ins-titutes erhalten. In einem Gespräch mit Herrn Smaczny und Herrn Dr. Roth wurde dem Vertriebenenpolitiker über die wichtige Kulturarbeit des Kulturfo-rums berichtet, die die Schwerpunkte Kulturerbe, deutsche Siedlungsgeschich-te, Minderheiten sowie Flucht und Ver-treibung umfasst. Auch diverse Publika-tionen des institutseigenen Verlages zu

Geschichte, Literatur und Musik der Deutschen im östlichen Europa konnte Fabritius begutachten.

Besonders beeindruckt zeigte sich der BdV-Präsident von der jährlichen Verlei-hung des Georg-Dehio-Preises durch das Kulturforum, der an Personen, Initiati-ven oder Institutionen verliehen wird, die sich in ihren Werken mit der deut-schen Kultur und Geschichte im östli-chen Europa auseinandersetzen. Auch die Vergabe eines sogenannten „Stadt-schreiber-Stipendium“, bei dem sich die Stipendiaten mit dem historischen Kul-turerbe der ihnen zugewiesenen Stadt und ihrer Region literarisch beschäftigen bewertete Fabritius sehr positiv. (PM)

BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB beim Deutschen Kulturforum Östliches Europa

28 DOD 01/2015KulturKultur

Bien (1) ); Pallas Film (1)

Leitwort 2015Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute

Ergänzend zu den Vorträgen wurde den Tagungsteilnehmern ein „World Café“ geboten, für das Susanne Gärtner von der Brücke/Most-Stiftung in Dres-den verantwortlich zeichnete. Bei dieser „Vernetzungswerkstatt“ ging es um den Transfer zwischen Wissenschaft und Erwachsenenbildung, um Kooperations-erfahrungen und Synergien.

Die folgenden Vorträge behandelten den Aspekt „‚Neue‘ Grenzen und Abgrenzungen“. Zunächst sprach Sönke Friedreich vom ISGV in Dresden über die Vertriebenen, die in den sächsischen Kreis Bautzen gekommen sind. Er sagte, die Grenzen seien noch lange nach der Potsdamer Konferenz eine „fluide Grö-ße“ gewesen, was auch das Alltagshan-deln der Menschen im Grenzraum geprägt habe. Die Vertriebenen hätten auf einen günstigen politischen Umschwung gewartet, um in ihre Hei-matgebiete zurückzukehren, es habe aber auch Gerüchte über weitere deut-sche Gebietsabtretungen gegeben.

Um die Versöhnungsprozesse zwi-schen den ehemaligen und den heutigen Bewohnern der Neumark ging es im Bei-trag von Zbigniew Czarnuch. Der Publi-zist wies darauf hin, dass in der Region eine „Kultur der Empathie“ entstanden sei. Die einst von den Deutschen bewohnten Häuser würden den immer weniger werdenden Besuchern offenste-hen; sie seien „selbsternannte Konsula-te“.

Beschlossen wurde der Tag mit einer Lesung der Schriftstellerin Ulrike Draes-ner. Sie stellte ihren Roman „Sieben Sprünge vom Rand der Welt“ (München 2014) vor (vgl. Rezension S. 25). Darin geht es um die Folgen der Vertreibung für die nachgeborenen Generationen: das Phänomen der „postgenerationalen Traumatisierung“.

Der dritte Konferenztag war dem Thema „Aneignungen und Konstruktion von ‚Heimat‘“ gewidmet. Im einleiten-den Referat befasste sich die Kulturwis-senschaftlerin Frauke Wetzel (Aussig/Siegen) mit der Aneignung von Geschich-te in der Stadt Aussig. Sie konstatierte,

dass es bei den heutigen tschechischen Einwohnern immer noch ein Gefühl der Fremdheit und Entwurzelung gebe, während die Stadt für die ehemaligen Aussiger ein „Sehnsuchtsort“ geblieben sei.

Uta Bretschneider und Ira Spieker vom ISGV in Dresden sprachen darüber,

Ewelina Wanat (Chemnitz) referierte über die Identitätssuche in der Oberlausitz.

wie Heimat im biographischen Erzählen und in Identitätskonstruktionen verortet wird. Erkenntnisse zu dieser Problema-tik hat das ISGV-Forschungsprojekt „Fremde Heimat Sachsen“ geliefert, an dem von 2010 bis 2014 gearbeitet wor-den ist.

Die Doktorandin Ewelina Wanat (Chemnitz) referierte über die Identitäts-suche im heute polnischen Teil der Oberlausitz. Wie sie sagte, hatte die Behauptung, dass das Gebiet urslawisch sei, bei den neuen Bewohnern nicht die erhoffte Wirkung. Erst seit den 1990er Jahren bilde sich eine neue regionale Identität heraus.

Im abschließenden Vortrag stellten die Grünberger Soziologinnen Anna Mielczarek-Żejmo und Joanna Frątczak-Mueller dar, wie die Einwohner der Euroregion Spree-Neiße-Bober zu ihren Nachbarn eingestellt sind. Ihr For-schungsprojekt „Vertrauen über die Grenzen hinaus“ hat ergeben, dass 83,5 Prozent der Deutschen im Grenzraum Sympathie für Polen haben, aber nur 38,7 Prozent der Polen Sympathie für Deutschland.

Peter Bien

Am Bahnhof Bílý Potok – Weißbach – im tschechoslowakischen Altva-tergebirge, wo Alois Nebel als Fahr-dienstleiter arbeitet, kann man die Uhr nach den Zügen stellen. Es ist Herbst im doppelten Sinne, denn der Zuschauer wird in das Jahr 1989 geführt. Nebel ist ein stiller, zurückgezogener Mann, der nach Dienstschluss das Kursbuch liest – zur Entspannung. Trotzdem kom-men die Kindheitserinnerungen jede Nacht wieder: Eine Dampflok fährt ein, Menschen werden eilig in den Zug gepfercht, eine Frau spricht das Vaterunser, ein Schuss fällt.

Weißbach ist einer jener unzähligen Orte, aus denen die Deutschen

nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden. „Alois Nebel“ widmet sich dem Erbe jener Ereignisse, ohne zu verurtei-len oder zu romantisieren. Aus einer ein-drücklichen, sehr persönlichen Perspek-tive, die von der Passivität ihres Protago-

nisten lebt, wird die Eigendynamik von Ereignissen und Systemen und deren Einfluss auf die Menschen sichtbar.

Auch handwerklich ist der Film von Regisseur Tomáš Luňák etwas Besonde-res. Durch den Einsatz des Rotoskopie-

verfahrens übernimmt er die Ästhetik der grafischen Romanvorlage („Graphic Novel“) des tschechischen Autoren- und Zeichnerteams Jaroslav Rudiš und Jaromír Švejdík. Als Ergebnis erlebt der Zuschauer eine auf real gefilmten Sze-nen basierende Animation in schwarz-weiß, welche die verschiedenen Stim-mungen der Erzählung noch stärker hervortreten lässt.

Fast pflichtgemäß gehört zur Ausstat-tung der DVD-Version neben der deut-schen auch die originale tschechische Sprachausgabe. Ein besonderes Bonbon ist die Möglichkeit, einige Spielszenen vor der Rotoskopie zu sehen und dabei über das technische Verfahren informiert zu werden.

Es bleibt die Empfehlung, sich selbst ein Bild von der langsamen Melancholie dieses Films zu machen, der bis zuletzt einen leisen Optimismus bewahrt.

Falls Interesse an öffentlichen Auffüh-rungen besteht, ist der Ansprechpartner der Filmverleih „Neue Visionen Medien GmbH“ in Berlin.

Marc-P. Halatsch

Nunmehr liegt neben der Ausstellung auch das dazugehörige Begleitbuch

vor, das im wissenschaftlichen Diskurs bislang fehlte. Es leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der regionalen Geschichte im Herzen Europas und geht über bisherige Ansätze hinaus. Die ein-zelnen charakteristischen Elemente (genaue historische Einbettung, Zeitzeu-genbefragungen, Integration in die Auf-nahmegesellschaft usw.) machen es zu einem wichtigen Beitrag moderner Geschichtsschreibung. Die Vertreibung

Vertrieben – und vergessen?der Pommern wird ausgewogen darge-stellt. Unter Zugrundelegung einer streng wissenschaftlichen Vorgehenswei-se wird ein besonderes Augenmerk auf die Vorentwicklung gelegt, die weit in die Vergangenheit zurückreicht. Dabei stand Pommern Polen nicht isoliert gegenüber, sondern war stets Teil über-geordneter staatlicher und politischer Strukturen und Interessen. Mit ergän-zenden Bekundungen der Schicksalswe-ge mehrerer vertriebener Pommern schließt das Buch ab.

Bestellungen sind zu richten an: Helfried Glawe, 44388 Dortmund, Winander-weg 12, Tel. : 0231/638403

Pommern legen Begleitband zur Ausstellung vor

DOD 01/2015 29Film

„Manchmal, da überkommt mich so ein Nebel…“Tschechischer Film „Alois Nebel“ auf DVD erschienen

Pommerschen Landsmannschaft – Landesgruppe Nordrhein-Westfalen e.V. (Hg.). Vertrieben – und verges-sen? – Pommern in der deutschen und europäischen Geschichte. Begleitbuch zur Ausstellung.228 Seiten, gebunden. 9,50 €

INFO

30 DOD 01/2015Kultur

rigue Masaryk zu porträtieren, was sich jedoch bis Sommer 1936 hinzog. Auf dem Gemälde hat der Künstler auch Jan Hus und Johann Amos Comenius abge-bildet. Ende 1934 lernte Kokoschka, damals 48 Jahre alt, die gut 30 Jahre jün-gere Jura-Studentin Olda Palkovská ken-nen und lieben. Ein Grund, in Prag zu bleiben und ein Atelier zu mieten. So entstanden bis Herbst 1938 hier 37 Gemälde, darunter 16 meist großforma-tige Prag-Ansichten, meist aus erhöhten Perspektiven. Neun Prag-Bilder (zwei davon aus der Sammlung des KOG, eines auch aus der Londoner Exilzeit) sind in der Ausstellung zu sehen.

Markus Bauer

Kokoschka und die Prager Kulturszene“ die Ausstellung auch kuratiert. Mit Blick auf den Auftrag der Ostdeutschen Gale-rie wurden aus dem Gesamtwerk Kokoschkas für die Ausstellung die Pra-ger Jahre (Ende September 1934 bis Oktober 1938) herausgenommen, die angesichts der Historie wohl auch mit am interessantesten sind. „Diese Jahre sind eng mit den Abgründen der deut-schen Geschichte verbunden“, stellte auch Kulturstaatsministerin Dr. Monika Grütters in ihrem Grußwort bei der Ver-nissage fest.

Anlass für Kokoschkas Aufenthalt in Prag war der Auftrag, den tschechoslo-wakischen Staatspräsidenten Tomáš Gar-

Oskar Kokoschka und die Prager KulturszeneAusstellung im Kunstforum Ostdeutsche Galerie

AUSSCHREIBUNG

Der Bund der Vertriebenen in Bayern und seine in ihm zusammengeschlossenen Landsmannschaften schreiben den

KULTURPREIS 2015

aus.

Der Kulturpreis wird vergeben für künstlerische, literarische oder wissenschaft-liche Beiträge oder für solche aus dem Bereich der Brauchtumspflege, die

• in den letzten drei Jahren in Bayern erstellt oder veröffentlicht wurden.

• Themen der Vertriebenen oder Spätaussiedler in Deutschland, des deut-schen Ostens oder der deutschen Siedlungsgebiete in Ost- und Südosteuro-pa behandelten.

• das Verhältnis zwischen den Deutschen und den Völkern und Staaten Ost- und Südosteuropas in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zum Gegen-stand hatten.

Er besteht aus dem Hauptpreis – einer Urkunde und einer Dotation bis zu 2.000 Euro – sowie bis zu zwei Ehrengaben.

Für die Verleihung vorschlagsberechtigt sind die BdV-Kreis- und Bezirksverbän-de, die landsmannschaftlichen Landesverbände sowie die Mitglieder des Lan-desvorstandes des BdV-Bayern.

Bewerbungen und Vorschläge sind zusammen mit den erforderlichen Unterlagen bis zum 12. Juni 2015 beim Bund der Vertriebenen, Landesverband Bayern e.V., Am Lilienberg 5, 81669 München einzureichen.

Für weitere Auskünfte steht die Geschäftsstelle des BdV-Bayern zur Verfügung.

Fondation Oskar Kokoschka (1); Göllner (1)

Natürlich gibt es viele Dinge, welche die jetzige Bundeskanzlerin Angela

Merkel und den ersten deutschen Bun-deskanzler Konrad Adenauer verbinden. Ein Element ist das von Oskar Kokosch-ka gefertigte Portrait Adenauers, das

heute im Büro der Regierungschefin hängt. Zu 50 Prozent fördert die Bundes-republik Deutschland auch das in Regensburg angesiedelte Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG), das bis Mit-te Januar die Ausstellung „Oskar Kokoschka und die Prager Kulturszene“ zeigte.

Einen Besucherandrang wie selten zuvor erlebte die Ausstellungseröffnung. „Zwei Jahre haben wir auf diesen Tag hingearbeitet“, blickte Dr. Wolfgang Schörnig, KOG-Vorstandsvorsitzender, in seiner Begrüßung zurück. Der rege Besuch war Lohn für die Arbeit und Mühen.

Der Vorschlag, Oskar Kokoschka eine Ausstellung zu widmen, stammte von der KOG-Direktorin Dr. Agnes Tieze. Sie hat dann unter dem Titel „Oskar

Selbstbildnis: Selbstbildnis mit Stock, 1935/36. Öl auf Leinwand, 95 x 75 cm.

DOD 01/2015 31Kultur

senschaftlich und politisch ausgewogen aufgebaut. Auf die besondere Wirkungs-macht dieses Symbols hatte in jüngerer Zeit Dr. Andreas Kossert hingewiesen – sowohl in seinem Ostpreußen-Buch als auch in seiner Eingliederungsgeschichte der deutschen Heimatvertriebenen – und wurde demzufolge als deutscher Historiker in diesem Ausstellungsteil häufig zitiert.

In der Tat präsentiert sich der Leiter-wagen als ausdrucksstarkes Sinnbild für den gewaltsamen Heimatverlust: Auf beschränktem Raum musste oft blitz-schnell alles verstaut werden, was den Menschen lieb und teuer war. Dabei galt es, den Wagen noch selbst fortbewegen zu können. Je mehr die betroffenen Ver-triebenen und Flüchtlinge aus ihrer Hei-mat mitnehmen wollten, desto schwieri-ger wurde es, der herannahenden Gefahr zu entkommen.

Diese Zwangslage wurde von der Aus-stellung „Deutschland – Erinnerungen einer Nation“ derart gut vermittelt, dass jeder aufmerksame und empathische Besucher den Teil über die Vertreibung der Deutschen mit einem dementspre-chend beklemmenden Gefühl verlassen haben wird.

(DOD)

Zwischen dem 16. Oktober 2014 und dem 25. Januar 2015 widmete sich das Britische Museum in Lon-don unter dem Titel „Germany – Memories of a Nation“ („Deutsch-land – Erinnerungen einer Nation“) 600 Jahren deutscher Geschichte.

Schon im Vorfeld war in der engli-schen Presse viel über die Ausstel-

lung und ihre möglichen Inhalte speku-liert und berichtet worden, wobei gera-de jene historischen Phasen einen Schwerpunkt bildeten, die besonders zur Herausbildung der heutigen deut-schen Identität beigetragen haben. Dazu zählt auch die Vertreibung der Deut-schen, die etwa mit dem Ende des Zwei-ten Weltkrieges begann. Der stellvertre-tende Bundessprecher der Landsmann-schaft Weichsel-Warthe Götz Urban trug z.B. eine Eigenübersetzung eines Arti-kels aus der Zeitschrift „The Indepen-dent“ vom 12. September 2014 an den DOD heran, in der Museumsdirektor und Kurator der Ausstellung Neil Mac-Gregor diese Vertreibung sinngemäß als größte erzwungene Migration in der europäischen Geschichte bezeichnete

und dem britischen Volk Verständnis für die daraus entstandene Seelenlast der Deutschen abverlangte.

Die Ausstellungseröffnung fand unter großer Beachtung der internationalen Öffentlichkeit statt. Von deutscher Seite berichteten ARD und ZDF zur besten

„Germany – Memories of a Nation“Ausstellung des Britischen Museums umfasst auch Vertreibungen

Sendezeit und befragten Besucher danach, wie sie ihren Besuch erlebt hät-ten bzw. ob und wie sich ihr Bild von Deutschland durch die Ausstellung ver-ändert hätte. Auch die deutschsprachige Presse machte sich vor Ort ein Bild und thematisierte am Rande auch die Dar-stellung der Vertreibung. Der Spiegel bei-spielsweise mutmaßte, die Ausstellung würde in Deutschland Gefahr laufen, sich dem Vorwurf des Geschichtsrevisio-nismus auszusetzen, da Judenvernich-tung und Vertreibung von 12 bis 14 Mil-lionen Deutschen „scheinbar gleichbe-rechtigt nebeneinander“ ständen. Die Neue Zürcher Zeitung hingegen sah in der Vertreibung einen Aspekt der deut-schen Geschichte, von dem das britische Publikum bisher kaum etwas wisse.

Innerhalb der Ausstellung, deren sechs Teile sich nicht chronologisch, sondern erinnerungsthematisch mit der deut-schen Geschichte befassten, wurde die Vertreibung der Deutschen im letzten Abschnitt „Mit Geschichte leben“ behandelt. Direktor MacGregor ließ hier Deutsche selbst erklären, wie im Land mit den jeweiligen Themen umgegan-gen wird. Um das Symbol des „Leiterwa-gens“ herum wurde die Darstellung des Vertreibungsgeschehens geschichtswis-

Der Leiterwagen als ausdrucksstarkes Sinnbild für den gewaltsamen Heimatverlust.

32 DOD 01/2015Kultur

Privat (1); FREIE WÄHLER Landtagsfraktion (1)

Das 9. Baltische Studenten-Seminar des Deutschbaltisch-Estnischen Förderverein e. V. aus Berlin stand in diesem Jahr unter einem beson-ders günstigen Stern. Über 30 Stu-denten hatten sich angemeldet. Wartelisten mussten angelegt wer-den. Leider kamen gegen Ende der Anmeldefrist Absagen aus den ver-schiedensten Gründen. Die Studen-ten hatten eine Arbeit gefunden, eine Familienfeier stand an oder ein Auslands-Stipendium wurde zuge-sagt.

Trotzdem trafen 27 Studenten am 17. November 2014 pünktlich in der

Darmstädter Jugendherberge ein. Sie kamen aus Lettland, Estland, Litauen und Deutschland. Die größte Gruppe reiste aus Lettland an. Die Referenten waren alle baltischer Herkunft – Deutschbalten aus Lettland, Letten aus Lettland und Deutschland.

Am ersten Abend stellten sich alle Stu-denten vor und berichteten über ihren Werdegang. Anschließend führte Frau S. Birli M.A. (wissenschaftliche Leiterin des Seminars) in die Thematik ein. Die unterschiedlichen Vorgaben der einzel-nen Vorträge wurden auf hohem Niveau und sehr informativ vermittelt. Die Dis-kussionen verliefen lebhaft und zum Teil emotional, besonders das Ansehen der russischen Bevölkerung im Baltikum betreffend.

Über den Tanz kennenlernen

Das besondere und bewährte Mittel zu einer schnellen, freundschaftlichen Verständigung untereinander zu kom-men, stellten wieder die historischen, baltischen Tänze dar. Durch sie lernten die Studenten einander schneller ken-nen. In jeder freien Minute, bis spät in

Die Deutschen im Baltikum und die baltischen LänderDas 9. Baltische Studenten-Seminar fand in Darmstadt statt

die Nacht hinein, wurde geübt und getanzt. Eine gelungene Gestaltung des Lettischen Nationalfeiertages am 18. November durch die lettische Gruppe bedeutete einen der Höhepunkte dieses Seminars. Mit Bildern aus Lettland, klei-nen Vorführungen und Gesang präsen-tierten die lettischen Studenten ihr Land. Mitgebrachte Spezialitäten erfreuten alle Anwesenden.

Untergebracht waren alle Teilnehmer in der Jugendherberge Darmstadt. In einem Veranstaltungsraum mit allem technischen Komfort fand das Seminar statt.

Mare-Baltikum-Tagung

Eine Stadtrundfahrt durch Darmstadt stellte einen willkommenen Wechsel zur Mare-Baltikum-Tagung im Haus der Deutsch-Baltischen Gesellschaft dar. Die Mare Baltikum-Tage behandelte die The-matik Demokratie mit baltischen Histori-kern und Europa-Abgeordneten anhand von verschiedenen Beispielen und Arbeitsgruppen.

Leider war das Haus der Deutschbal-ten für so viele Personen zu klein, was sich besonders am Gesellschaftsabend bemerkbar machte. Dennoch feierte die Jugend fröhlich und unbeschwert. Sie versuchten, die eingeübten Tänze auf engstem Raum vorzutanzen – so gut es ging. Froh, aber auch traurig nahmen die Studenten am Sonntagmittag Abschied voneinander.

Freude und Dankbarkeit

Freundschaften wurden geschlossen – zwischen russischen, lettischen, estni-schen, litauischen und deutschen Stu-denten. Freude und Dankbarkeit der jungen Menschen aus der Heimat, an dieser Tagung teilnehmen zu dürfen, waren Begleiter der gesamten Woche.

Wir sind froh und auch dankbar, dass wir der jungen Generation aus dem Bal-tikum diese Einblicke und Erfahrungen in und mit dieser Gemeinschaft vermit-teln konnten. Sie werden die Zukunft ihrer Länder einmal gestalten müssen.

Babette v. Sass

Gesellschaftsabend mit jungen Studenten aus Lettland, Estland, Litauen und Deutschland.

DOD 01/2015 33Nachrichten

von besonderer Dringlichkeit ist: FREIE WÄHLER-Frakti-onschef Hubert Aiwanger sprach sich dabei für die zeit-nahe Zah-lung aus: „Jeder der w e n i g e n heute noch l e b e n d e n ehemaligen deutschen Zwangsar-beiter muss eine Zahlung aus der Bundeskasse erhalten – andernfalls stellt sich Deutschland ein Armuts-zeugnis aus.“ Die FREIEN WÄHLER würden versu-chen, dies zeitnah auf den

parlamentarischen Weg zu bringen, sagte Aiwanger.

Das Festhalten an einem bayerischen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Ver-treibung sei für die FREIEN WÄHLER eine Herzensange-legenheit, so der flüchtlings-politische Fraktionssprecher

München (dod). Abgeord-nete der FREIEN WÄHLER Landtagsfraktion haben Ver-treter des Bundes der Vertrie-benen (BdV) im Bayerischen Landtag zu einem Meinungs-austausch empfangen. The-menschwerpunkte waren unter anderem der Bau des sudetendeutschen Museums in München, der Erhalt ent-sprechender Einrichtungen im Freistaat sowie die Rolle der bayerischen Landesver-tretung in Prag für die Vertrie-benenpolitik. Der BdV-Lan-desvorsitzende Christian Knauer sagte zum Auftakt, er betrachte auch die FREIEN WÄHLER als natürlichen Ver-

bündeten der Interessen des Bundes der Vertriebenen.

Die Gesprächsrunde war sich rasch darüber einig, dass eine zumindest symbolhafte Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkriegs wegen des hohen Lebensalters der Betroffenen

Bayerns FREIE WÄHLER empfan-gen BdV zu MeinungsaustauschAiwanger: Berechtigte Interessen müssen mehr Gehör finden

Dr. Hans Jürgen Fahn. Fahn und Knauer kündigten an, dieser Gedenktag werde heu-er in Bayern wohl am Sonn-tag, 13. September, erneut begangen. „Einen diesbezüg-lichen Dringlichkeitsantrag haben wir bereits in den Landtag eingebracht“, so der stellvertretende Fraktionsvor-sitzende Bernhard Pohl. Besonders Bayern mit seinem hohen Anteil Heimatvertrie-bener müsse auch über 2015 hinaus eine eigene zentrale Veranstaltung in München haben. „Das jährliche Geden-ken muss jedoch über ein Treffen auf staatlicher Ebene deutlich hinausgehen, um möglichst viele interessierte Bürgerinnen und Bürger erreichen zu können“, sagte

Im Gespräch (v.l.n.r.): Bernhard Pohl, Günther Felbinger, Friedrich Wilhelm Böld, Ernst Schroeder, Christian Knauer, Hubert Aiwanger, Alfred Kipplinger, Dr. Hans Jürgen Fahn, Paul Hansel, Alexander Korisanksy.

Pohl. Auch der BdV erklärte, an einem eigenen Gedenken in Bayern festhalten zu wol-len – „und zwar im Rahmen des ‚Tags der Heimat‘ Mitte September“, so Knauer.

Fahn berichtete anschlie-ßend über seine schwierige Zusammenarbeit mit der CSU im zuständigen Aus-schuss: „Oft müssen wir hier erhebliche Zugeständnisse machen, um eine Ablehnung unserer Anträge zu vermei-den – so geschehen beim mühevollen Ringen um das Konzept für eine Informati-onsstelle gegen Flucht und Vertreibung in Prag.“

FREIE WÄHLER und Bund der Vertriebenen vereinbar-ten, weiterhin im Dialog zu bleiben. (PM)

Im Alter von 84 Jahren ver-starb der langjährige nie-

dersächsische Ministerpräsi-dent und Schlesierschildträ-ger Ernst Albrecht.

Die Landsmannschaft Schlesien und die Schlesier haben Ernst Albrecht viel zu verdanken. Nie war die Patenschaft zwischen der Landsmannschaft Schlesien und dem Land Niedersach-sen so intensiv und vorbild-lich wie zur Regierungszeit von Ernst Albrecht. Regelmä-ßig fanden Vieraugengesprä-che zwischen ihm und unse-rem damaligem Bundesvor-sitzenden Herbert Hupka statt. Bereits im zweiten Regierungsjahr Ernst Alb-

Landsmannschaft Schlesien trauert um Ministerpräsident a.D. Dr. Ernst Albrecht

rechts wurde erstmalig der heute sehr renommierte „Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen“ ver-liehen. Die Patenschaft mit

den Schlesi-ern und der L a n d s -mannschaft Schlesien war Ernst A l b r e c h t

stets eine Herzensangelegen-heit. So wurde ihm die höchs-te Auszeichnung der Lands-mannschaft Schlesien, der Schlesierschild im Jahre 1985 verliehen. Die Landsmann-schaft Schlesien wird Dr. Ernst Albrecht ein ehrendes Gedenken bewahren.

34 DOD 01/2015Kultur

Göllner (2)

Schmackostern, Bespritzen und PerleneierVeranstaltungen zu Ostern im März und April

Die bunten Ostereier, die Osterrute und das Osterlamm gelten grenz-übergreifend als typische Symbole für das christliche Fest. Dennoch erinnern sich viele Vertriebene und Spätaussiedler sicherlich auch heu-te noch an so manchen Brauch, der früher in ihren Herkunftsgebieten rund um die Osterzeit zelebriert wurde. Dass es in den ost- und süd-osteuropäischen Ländern regionale Unterschiede gab, ist selbstver-ständlich.

So etwa war die Heil- und Segenskraft des Osterwassers vor allem in Ost-

preußen sowie in einigen schlesischen Regionen bekannt. Der Brauch sah vor, dass junge Frauen und Mädchen in der Osternacht noch vor dem Sonnenauf-gang schweigend zu einem Fluss gingen, um das Wasser gegen den Strom zu schöpfen. Wenn beim Heimholen des Osterwassers doch gesprochen oder gelacht wurde, verlor es seine heilende Kraft.

In Siebenbürgen wurden früher am Ostermontag Traditionen – darunter das „Bespritzen“, das Eier-Wettlaufen und das Hahnenschießen – gepflegt. Das „Bespritzen“ wird auch heute noch in vielen Gemeinden praktiziert. Diese Überlieferung ist übrigens nicht allein typisch sächsisch, sondern wird auch in Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Polen gepflegt.

Schmackostern

Ein in Schlesien verbreiteter Brauch war und ist das Schmackostern. Am Ostermontag gingen die jungen Bur-schen zu den Mädchen und gaben ihnen mit geflochtenen Birken- und Weidenru-ten leichte Schläge auf die Arme und Beine. Auch in Ost- und Westpreußen ist

„Schmackostern“ als „Schlag mit der Lebensrute“ bekannt. In Tschechien wiederum wurde der „Peitschen-Mon-tag“ gefeiert, bei dem die Mädchen mit geflochtenen Weidenkätzchenzweigen „Pomlázka“ symbolisch ausgepeitscht wurden.

Bunt und bunter …

Einige ostdeutsche Museen und kultu-relle Einrichtungen des West-Ost-Dialo-ges nehmen das Thema „Osterbräuche“ in ihr Veranstaltungsprogramm auf. Im Münchner Haus des Deutschen Ostens

bietet Waltraud Valentin am 2. und 6. März Kunsthandwerk-Kurse an. Die TeilnehmerInnen werden in die Geheim-nisse der dekorativen Böhmerwälder Perleneier eingeweiht. Am 8. März star-tet im Oberschlesischen Landesmuseum von Ratingen-Hösel die diesjährige Oster-schau. Unter dem Motto „Schlesische Ostereier und mehr“ wird eine Auswahl von aufwändig verzierten Hühner-, Gän-se- und Straußeneiern in Szene gesetzt. Regionale Bräuche und Sprüche sowie Koch- und Backrezepte rund ums Ei und

den Osterschmaus ergänzen die Präsen-tation.

Übrigens: Das OSLM pflegt die Traditi-on der Ostereier-Ausstellung bereits seit dem Jahr 2010 und erfreute sich bisher sehr guter Besucherresonanz. Handge-fertigte Ostereier aus Oberschlesien wer-den auch zum Kauf angeboten. Am 22. März gibt es eine öffentliche Führung durch die Ausstellung und am 28. März den begehrten Kreativkurs „Schöne Ostereier selbst verziert“, in dem die tra-ditionelle schlesische Kratztechnik unter fachlicher Anleitung erlernt werden kann.

Am 21. März findet im Sudetendeut-schen Haus in München wieder der tra-ditionelle böhmisch-mährisch-schlesi-sche Ostermarkt statt. Die Veranstalter bieten Interessenten die Möglichkeit, in diesem Rahmen ihre österlich-sudeten-deutschen Angebote zu zeigen. Präsen-tiert werden Bräuche aus Böhmen, Mäh-ren und Sudeten-Schlesien.

„Rund ums Ei“ heißt das Mitmach-Programm, zu dem das Donauschwäbi-sche Zentralmuseum Ulm am 22. März einlädt. Im Mittelpunkt der Aktion ste-hen bunt gefärbte Ostereier, die mit ver-schiedenen Techniken verziert werden. Vorgeführt wird u.a. auch die Wachs-technik – eine traditionelle Methode aus Ungarn.

Am 28. März 2015 wird im Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacher-rott die erste Begegnung der Veranstal-tungsreihe „KaffeePLUS“ stattfinden. So kurz vor Ostern sind es auch hier die schlesischen Osterbräuche, um die sich alles dreht. Schließlich waren – wie überall in Europa – in Schlesien die bun-ten Eier weit verbreitet. Typisch schle-sisch ist vor allem die Kunst des Eierkrat-zens. Dabei werden die Motive mit dün-nen Nadeln oder Messern in die bunt gefärbten Eier geritzt. Das Ergebnis sind filigrane Muster, die auch regionale Unterschiede aufweisen. DG

DOD 01/2015 35Nachrichten

Das Frühjahr wird bunt und abwechselungsreichVeranstaltungshinweise aus den Museen und Institutionen

Austellung über den Kreisauer Kreis im Haus Schlesien in Königs-winter-Heisterbacherrott.

Studienreise nach Pilsen – Kulturhaupt-stadt 2015

Als Kultur-, Bildungs- und Begegnungseinrichtung des Freistaates Bayern zu The-men der früheren deutschen Staatsgebiete sowie der deut-s c h e n Siedlungs-gebiete im östlichen E u r o p a organisiert das Mün-c h e n e r Haus des Deutschen Ostens (HDO) regelmäßig zahlreiche Veranstaltungen im Bereich Kultur und Bildung. Anfang Februar beteiligte sich das HDO als Kooperationspart-ner an einem Informations-abend unter dem Motto „Pil-sen/Plzeň – Europas Kultur-hauptstadt 2015“, der im Ostlesesaal der Bayerischen Staatsbibliothek stattfand.

Vom 30. April bis zum 3. Mai 2015 bieten die Heimat-pflegerin der Sudetendeut-schen und das Haus des Deutschen Ostens, Mün-chen, eine interessante Mehr-tagesfahrt nach Pilsen an. Auf dem Programm stehen nicht nur die aktuellen Aktivitäten rund um die Kulturhaupt-stadt, sondern auch die Besichtigung des westböhmi-schen Umlands von Pilsen, das über Jahrhunderte von den großen Adelsfamilien des Habsburgerreichs mitgeprägt wurde. Hinzu kommen Dia-loge der Reisegruppe mit Ver-tretern der deutschen Min-

derheit in Böhmen und ande-ren Bürgern Westböhmens. Die wissenschaftliche Reise-leitung übernehmen Dr. Zuzana Finger, Heimatpflege-rin, und Prof. Dr. Andreas Otto Weber, Direktor des HDO.

Infos und Anmeldung unter: www.hdo.bayern.de/aktuelles/28954/index.php

(Anmeldeschluss ist der 15. März 2015).

Die Deutsche Burgenverei-nigung, Landesgruppe Bay-ern e.V., bereitet ein Vortrags-programm im Münchener HDO vor: Am 19. März informiert Prof. Dr. Wolfgang Czysz über „Archäologische Ausgrabungen auf der Burg Mangoldstein in Donau-wörth“, am 16. April bietet Dr. phil. Joachim Zeune den Vortrag „Gottesburgen – Wehrkirchen und Kirchen-burgen in Bayern“.

Bilder zur Künstler-kolonie Nidden

Seit Mitte Februar 2015 ist das Ostpreußische Landes-museum für mehrere Mona-te wegen Umbaus geschlos-sen. Das Veranstaltungspro-gramm und einzelne Sonder-ausstellungen werden redu-ziert mit verschiedenen Kooperationspartnern durch-geführt.

Am 18. März findet im Heinrich-Heine-Haus, Lüne-burg, in Kooperation mit dem Literaturbüro Lüneburg e.V. die Autorenlesung unter dem Motto „Als der Krieg zu Ende ging“ mit Arno Surminski

statt. In den Erzählungen des neuen Bandes beschreibt der 1934 in Ostpreußen gebore-ne Surminski die Nachwir-kungen des Krieges und schil-dert Erlebnisse aus jener Zeit. Alle Geschichten haben e i n e n w a h r e n Kern, die Personen-n a m e n sind frei erfunden.

Noch bis zum 12. April ist die externe Sonderausstel-lung des Ostpreußischen Lan-desmuseums „Künstlerkolo-nie Nidden – Paradies auf der Kurischen Nehrung“ in der Lilienthaler Kunststiftung zu

sehen. Über 100 Gemälde und Dokumente geben Zeug-nis von den künstlerischen Leistungen von Malern wie Lovis Corinth, Karl Schmidt-Rottluff oder Max Pechstein, die mit ihren Aufenthalten den Ruf von Nidden als Künstlerkolonie geprägt haben.

„Jüdische Kulturtage im Rheinland“

Bis Ende Februar 2015 beherbergte die Düsseldorfer Stiftung Gerhart-Haupt-mann-Haus die zweisprachi-ge (deutsch/polnisch) Aus-stellung „Erinnertes Leben –

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Gelebte Erinnerung. Arno Surminski“. Kuratiert wurde die Schau von Literaturwis-senschaftler Dr. Martin Mau-rach und von Christian von Redecker für das Ostpreußi-sche Landesmuseum. Sur-minski – der übrigens im ver-gangenen Jahr seinen 8 0 . Geburtstag feierte – war bei der Eröffnung d a b e i , ebenso wie die Kulturreferen-tin für Ostpreußen Agata Kern, der Direktor des Ost-preußischen Landesmuseums Dr. Joachim Mähnert und der Direktor der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus PD Dr. Winfrid Halder.

Das Düsseldorfer Gerhart- Hauptmann-Haus beteiligt sich an den „Jüdischen Kul-turtagen im Rheinland“ mit der Ausstellung „Russen Juden Deutsche. Fotografien von Michael Kerstgens seit 1992“. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen 40 Bilder, die sich mit den sozialen und religiösen Herausforderungen der jüdischen Zuwanderer beschäftigen. Die Fotografien erweitern den historischen Blick auf das Thema Migrati-on um eine aktuelle Facette. Sie erörtern die Frage, wie sich jüdisches Leben in Deutschland mit der Zuwan-derung russischsprachiger Juden in den letzten 20 Jah-ren gewandelt hat. Zu sehen sind Motive, die unter ande-rem religiöse Feiern und Fes-te, das Leben in Übergangs-wohnheimen, die berühmte „Russendisko“ im Kaffee Bur-ger und private Familiensze-nen zeigen. Die in Kooperati-on mit dem Jüdischen Muse-um Berlin ausgerichtete Aus-stellung ist in Düsseldorf vom 9. März bis zum 30. April geöffnet.

Die Stiftung Gerhart-Haupt-mann-Haus organisiert eine

Studienreise „Auf den Spuren deutsch polnischer Geschich-te“. Wer sich bis Mitte Januar angemeldet hat, kann wäh-rend der 8-tägigen Reise (vom 15. bis zum 22. April) Städte wie Posen, Lodz, Zelazowa Wola, Warschau, Pulawy an der Weichsel, Lublin und Krakau kennenlernen.

Musikalisches Port-rät des Komponisten Korngold

Die Veranstaltung „Licht! Kamera! Korngold!“, die am 20. März 2015 im Sudeten-deutschen Haus, München, stattfindet, ist dem Kompo-nisten Erich Wolfgang Korn-gold gewidmet. Auf dem Pro-gramm stehen Stationen aus dem Leben Korngolds, die musikalisch und szenisch-fil-misch präsentiert werden. Das „musikalische Porträt“ mit Iris Marie Kotzian (Sop-ran), Christoph Weber (Kla-vier) und Philipp Moschitz (Sprecher) deckt eine breite Zeitspanne aus dem Leben Korngolds ab – von den „gol-denen“ Wiener Jahren bis hin zu den großen Hollywood-Erfolgen. Der 1897 in Brünn geborene und 1957 in Los Angeles verstorbene Kompo-nist, Dirigent und Pianist hat mit nur elf Jahren seine erste Ballettmusik „Der Schnee-mann“ komponiert. In Holly-wood erfand Korngold die bis dahin unbekannte symphoni-sche Filmmusik. Veranstalter des Programms sind die Hei-matpflegerin der Sudeten-deutschen und das Sudeten-deutsche Musikinstitut, Trä-ger sind der Bezirk Oberpfalz und das Haus der Heimat Baden-Württemberg.

Das „musikalische Porträt“ wird übrigens als gemeinsa-me Veranstaltung mit der Sudetendeutschen Lands-mannschaft Düsseldorf am 26. März auch im Düsseldor-fer Gerhart-Hauptmann-Haus

geboten. Am 11. April laden die Heimatpflegerin der Sude-tendeutschen und die Wal-ther-Hensel-Gesellschaft zum offenen Frühlingssingen „Auf Wanderschaft mit Eichen-dorff“ ins Sudetendeutsche Haus ein. Das Programm wird von Herbert Preisen-hammer – Komponist, Kon-zertorganist und Spielschar-leiter – betreut.

Vom 15. April bis zum 31. Mai ist im Sudetendeutschen Haus eine Ausstellung mit Künstlerbüchern aus der Sammlung Reinhard Grüner zu besichtigen.

„Gyula das Tausch-kind“ verlängert

Die verlängerte Ausstellung „Gyula das Tauschkind – Kindheit und Jugend bei den Donauschwaben“ ist bis zum 3. Mai 2015 zu besichtigen. Anhand von mehreren Lebensgeschichten wird auf-gezeigt, wie donauschwäbi-sche Kinder bis zum Zweiten

Weltkrieg heranwuchsen und was sie prägte. Einige Exponate entführen den Besucher in eine ferne, längst vergangene Welt, in der Gehorsam und Pflichtbe-wusstsein hoch im Kurs stan-den. Die Sicherheit der fest-gelegten, über Generationen hinweg überlieferten Lebens-stationen vieler Kinder zer-brach jedoch durch die Ereig-nisse des Weltkrieges. Ein far-big bebilderter Ausstellungs-katalog ist ab März im Muse-umsshop erhältlich.

Das zweiteilige Dialogsemi-nar „Meine Heimat – Spuren-suche entlang der Donau“ startet am 14. März. Der Direktor des Hauses, Christi-an Glass, bietet in seinem Bil-dervortrag „Das DZM in Ulm

– ein europäisches Museum“ Einblicke in die Tätigkeit und Aufgaben der im Jahr 2000 eröffneten kulturellen Ein-richtung. Das Thema „Kind-heit und Jugend im multieth-nischen Umfeld“ wird mit dem Dialogrundgang durch die Sonderausstellung „Gyula das Tauschkind“ vertieft.

Der zweite Teil der Veran-staltung ist für den 18. April anberaumt. Anschließend an den von Swantje Volkmann und Jörg Zenker durchgeführ-ten Theater-Workshop „Das Wandern ist … Lust?“ führt eine Exkursion zu verschie-denen Orten in Ulm, die einen Bezug zur donauschwä-bischen Geschichte haben.

Landschaft in Bronze

Die Städtische Galerie Bad Wimpfen zeigt in Zusammen-arbeit mit dem Siebenbürgi-schen Museum Gundelsheim eine Auswahl von 50 Wer-ken aus den letzten dreißig Schaffensjahren des Bildhau-

ers Kurtfritz Handel. Der Künstler wurde 1941 in Râmnicu Vâlcea, Rumänien, geboren, studierte Bildhaue-rei und Kunstgeschichte an der Staatlichen Kunstakade-mie Cluj/Klausenburg und war bis zu seiner Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland als freischaffen-der Bildhauer im siebenbürgi-schen Sibiu/Hermannstadt tätig.

„Landschaft in Bronze“ heißt die Werkschau, die bis zum 15. März in Bad Wimp-fen zu sehen ist. Kurtfritz Handel – Träger des Sieben-bürgisch-Sächsischen Kultur-preises 2009 – hat ein umfangreiches Œuvre ge-schaffenen, das nicht nur dem schwerfälligen Material

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Bronze Leichtigkeit abge-winnt, sondern auch eine emotionale Vielschichtigkeit postmoderner Prägung ver-mittelt.

Im Siebenbürgischen

Museum Gundelsheim ist vom 14. März bis zum 21. Juni eine großangelegte Ret-rospektivausstellung des aus Agnetheln/Agnita stammen-den Malers, Musikers und Autors Michael Barner (1881 -1961) zu sehen. Die Präsen-tation wird in Zusammenar-beit mit dem Harbachtalmu-seum und der Heimatortsge-meinschaft aus Agnetheln realisiert.

Literaturvergnügen an der Neisse

Bis zum 1. März ist im Schlesischen Museum in Görlitz eine imaginäre „Reise der Sinne“ durch 900 Jahre Esskultur in Mitteleuropa zu erleben. Die vom Haus Schle-sien in Königswinter-Heister-bacherrott erarbeitete Pfeffer-kuchen-Schau wurde durch zahlreiche Leihgaben des

Stadt- und Pfefferkuchenmu-seums Pulsnitz, des Muse-ums „Alte Pfefferküchlerei“ der Stadt Weißenberg und des Muzeum Etnograficzne we Wrocławiu/Ethnografi-sches Museum Breslau ergänzt. Hinzu kommen Exponate aus dem hauseige-nen Bestand, die den Blick noch etwas stärker auf Schle-sien richten.

Am 4. März begleitet Mag-dalena Maruck die Besucher des SMG auf eine „Sagenhaf-

te Reise durch Schlesien“. Erwähnung finden u.a. Sagengestalten wie etwa Kunigunde auf dem Kynast, der furchteinflößende Utopek in den Gewässern Oberschle-

siens, der gestrenge Skarbek aus den Kohle- und Erzgru-ben und natürlich Rübezahl im Riesengebirge.

Am 21. März findet das 7. Schlesische Nach(t)lesen – 7. Wieczór Literacki nad Nysą statt. In den Schwesterstäd-ten Görlitz und Zgorzelec werden bekannte Persönlich-keiten Texte von deutschen und polnischen, auswärtigen und einheimischen Autoren über die Stadt und die Region vortragen. Das Literaturver-gnügen der besonderen Art an beiden Ufern der Neiße wird von der Kulturreferentin für Schlesien in Kooperation mit den Stadtbibliotheken Görlitz und Zgorzelec reali-siert.

Kunst aus der Region

Noch bis zum 1. März 2015 ist der Bergische Künst-lerbund (BKB) mit einer Aus-stellung im Oberschlesischen Landesmuseum, Ratingen-Hösel, präsent. Die Besucher-resonanz ist groß, allein zur Vernissage kamen 130 Gäste.

20 Mitglieder des seit 1967 bestehenden Zusammen-schlusses, der durch den Kreis Mettmann und seine kunstinteressierten Landräte unterstützt wird, zeigen eine umfangreiche Schau mit

Acrylbildern in zartem Pastell mit feinem Bleistiftstrich, großformatige Tierbilder, beeindruckende Fotografien, raumgreifende Installationen sowie kreativ gestaltete Schmuckstücke und unge-wöhnliche Skulpturen. OSLM-Direktor Dr. Stephan Kaiser verwies darauf, dass das Haus auch in der Vergan-genheit seine Tore für Kunst-ausstellungen des Kreises Mettmann geöffnet hat. Ute Küppersbusch, die Vorsitzen-de des Bergischen Künstler-bundes, führte in die Ausstel-lung ein.

Zu den auswärtigen Son-derausstellungen des OSLM gehört eine etwas verkleiner-te Version der großen Berg-bau-Schau „Von Leistung, Leid und Leidenschaft. Berg-bau-Geschichte nicht nur aus Schlesien“, die bis Ende April 2015 im Haus des Deutschen Ostens, München, zu sehen ist. Informiert wird u.a. über Schlesiens Geschichte, die Wirtschaft und seine Men-schen, die über viele Jahrhun-derte mit dem Bergbau ver-bunden gewesen sind. Die Präsentation hebt die Bezie-hungen der Menschen zu den Bodenschätzen bzw. zum Bergbau hervor.

Schlesisches Porzellan

Bis zum 8. März 2015 sind im Haus Schlesien in Königs-winter-Heisterbacherrott die Ausstellungen „Der Kreisauer Kreis – Neuordnung im Widerstand gegen den Natio-nalsozialismus“ sowie „Ver-botene Kunst“ mit Bildern von Karl Schmidt-Rottluff für Helmuth James von Moltke geöffnet.

Ab 15. März wird die Aus-stellungsreihe „Von der Erin-nerung geprägt“ mit der Por-zellan-Schau „Gebogt, Gestuft, Gezackt – Als das Moderne modern wurde“

fortgesetzt. Präsentiert wer-den diesmal schlesische Por-zellane im Stil des Art déco

aus der umfangreichen Sammlung von Margret und Gerhard Schmidt-Stein. In die Ausstellung führt der Ken-ner und Sammler Gerhard Schmidt-Stein selbst ein. Die Vernissage wird passend zur Thematik der modernen Kunstströmung von schwungvollen „Evergreens“ aus den 1920er Jahren beglei-tet.

Ebenfalls am 15. März wird im Eichendorffsaal von Haus Schlesien die Ausstel-lung „Zeit-Reisen“ mit histori-schen Schlesien-Ansichten aus der Graphiksammlung Haselbach eröffnet.

Für den 19. März ist im Rahmen der „Schlesischen Dreiviertelstunde“ eine öffentliche Führung zum Schwerpunkt „Art déco in der angewandten Kunst“ geplant.

Expressionisten im Fokus

„Zwei Männer – ein Meer“ lautet der Titel der neuen Ausstellung im Pommer-

schen Landesmuseum, Greifswald. Vom 29. März bis zum 28. Juni sind Ostsee-Impressionen der Expressio-nisten Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff zu bewundern.

Dieter Göllner

38 DOD 01/2015Nachrichten

Dritte Ausschreibung für den Hessischen Landespreis

BdV-Archiv (1)

„Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ wichtiger Beitrag Hessens

AUSSCHREIBUNG

Nach 2011 und 2013 schreibt die Hessische

Landesregierung zum dritten Mal den im Zweijahresrhyth-mus vergebenen Landespreis „Flucht, Vertreibung, Einglie-derung“ aus. Dies kündigte Staatsmi-n i s t e r Grüt tner an. „Mit der Stif-tung des P r e i s e s e r i n n e r t das Land daran, dass fast jede dritte Hessin und jeder dritte Hesse entweder Flucht oder Vertreibung selbst erlebt haben, von Flüchtlin-gen und Vertriebenen abstam-men oder als Aussiedlerin und Aussiedler bzw. Spätaus-siedlerin und Spätaussiedler hier leben“, hob Grüttner hervor.

Dieser große gesellschaftli-che Anteil der Vertriebenen und Aussiedler übte und übt Einfluss auf das kulturelle, wirtschaftliche und soziale Gefüge Hessens aus. Vieler-orts entstanden zur Aufnah-me der Angekommenen neue Siedlungen und Stadt-teile, die z.B. durch die Stra-ßenbenennung mit den Namen ostdeutscher Städte oder historischer Persönlich-keiten bis heute erkennbar sind. Das kulturelle Leben Hessens erhielt neue Impul-se. Denkmäler und Heimat-sammlungen wurden aufge-baut, es entstanden Trachten-gruppen, Chöre und Vereine zur Pflege der Kultur der ehe-mals deutschen Ostgebiete.

Egerländer Kulturpreis „Johannes-von-Tepl“ 2015

Der Bund der Eghalanda Gmoin e. V. – Bund der Egerlän-der – BdEG, der Arbeitskreis Egerländer Kulturschaffen-der e. V. – AEK und der Landschaftsrat Egerland in der Sudetendeutschen Landsmannschaft stiften gemeinsam in Erinnerung an den aus dem Egerland stammenden Johan-nes von Tepl, der mit seinem um 1400 geschriebenen Werk „Der Ackermann aus Böhmen“ die erste und zugleich bedeutendste Prosadichtung der neuhochdeutschen Lite-ratur schuf, einen

EGERLÄNDER KULTURPREIS,

der an lebende Personen verliehen wird, die sich durch besondere, herausragende kulturelle Leistungen um das Egerland und um die Egerländer verdient gemacht haben. Der Preis wird verliehen für Leistungen auf den Gebieten der Literatur, der Wissenschaft, der Musik, der Volkskun-de, der Bildenden Kunst, der Volkstumsarbeit, der Archi-tektur, der Darstellenden und Ausübenden Kunst.

Der Kulturpreis besteht aus einem Hauptpreis von 2.500,- Euro sowie aus weiteren Förderpreisen in Höhe von je 500,- Euro, sofern hierfür Zustiftungen erfolgen.

Die Förderpreise werden an Jugend- oder Musikgruppen oder an Einzelpersonen vergeben.

Vorschläge zur Verleihung sind jeweils bis zum 30. April jeden Jahres, schriftlich und mit detaillierter Vita, an den 1. Vorsitzenden des AEK e. V. Albert Reich, Fleinerstr. 14, 70437 Stuttgart zu richten.

Auch der Hessentag wurde 1961 u.a. aus dem Grunde ins Leben gerufen, eine gemeinsame Identifikation der Neubürger mit dem neu-en Bundesland Hessen und den Alteingesessenen zu för-dern. Der wirtschaftliche Neuaufbau nach 1945 wurde maßgeblich mitbewirkt durch die Vertriebenen, die sich neue Existenzgrundla-gen schaffen mussten. „Damit diese geschichtliche Entwicklung Hessens nicht aus dem Blickfeld gerät, will das Land Hessen hervorra-gende kulturelle, literarische oder wissenschaftliche Leis-tungen durch den Hessischen Preis ‚Flucht, Vertreibung, Eingliederung‘ auszeichnen. Hessen setzt damit gerne auch die an alle staatlichen Ebenen gerichtete Verpflich-tung aus dem Bundesvertrie-benengesetzes um, seinen Beitrag zur Bewahrung und Fortentwicklung der Kultur der Vertreibungsgebiete zu leisten“, erklärten Minister Grüttner und die Landesbe-auftragte für Heimatvertriebe-ne und Spätaussiedler Marga-rete Ziegler-Raschdorf.

Um den Preis können sich alle Einwohner und Einwoh-nerinnen Hessens sowie Insti-tutionen oder Organisationen bewerben, die ihren Sitz in Hessen haben. Es gibt keine Altersgrenze. In besonderer Weise ermutigt Staatsminis-ter Grüttner junge Men-schen, sich mit der Geschich-te und Kultur unseres Landes oder auch der eigenen Fami-lie und Herkunft zu befassen und Materialien einzurei-

chen. Berücksichtigt werden kulturelle, geschichtliche, wissenschaftliche, volkskund-liche oder sonstige vergleich-bare Beiträge.

Der Preis wird am Samstag, 30. Mai 2015 im Rahmen des Tages der Vertriebenen auf dem Hessentag in Hof-geismar verliehen und ist mit 7.500 Euro dotiert. Eine acht-köpfige Jury entscheidet über die Vergabe.

Einsendeschluss ist der 15. März 2015. Vorschläge oder Bewerbungen sind zu richten an:

Hessisches Ministerium für Soziales und IntegrationAbteilung IVDostojewskistr. 465187 WiesbadenE-Mail: [email protected]

Geboren wurde sie am 5. Januar 1945 in den Wir-ren des Krieges auf dem Piener Gutshof ihres Großonkels, Kreis Kulm in Westpreußen. Sieben Tage danach startete die Sowjetarmee ihren Groß-angriff Richtung Westen. Weitere fünf Tage später fiel ihr Vater. Gerade erst hatte er Nachricht von ihrer Geburt erhalten. Sibylle wuchs als eines der vielen Halb- und Wai-senkinder der Nach-kriegszeit auf, die ihren Vater nie erleben durfte.

Die Mutter organisierte im September 1945 die

Flucht nach Berlin mit vier Kindern und sieben Säcken Gepäck im Schlepptau. Die Hoffnung den Dauerhunger der Kinder stillen zu können, trieb die Mutter zur Pinier Großmutter, die mittlerweile auf dem Lande bei Bremen lebte. In Bremen verbrachte Frau Dreher ihre Kindheit und Jugend und zum Teil auch ihre Studentenzeit. Ihre Mutter förderte und forderte die Kinder durch ihr beherz-tes und engagiertes Handeln. Sie erzog diese im Geiste der Verantwortung, der Weltof-fenheit und der Heimatliebe. In ihrem Wohnzimmer orga-nisierte sie die Treffen der westpreußischen Frauen-gruppe in Bremen und band ihre Kinder in die Verbandsar-beit mit ein. Im Rahmen der Frauentagung im Mai 2014 erinnerte sich Frau Dreher: „Wir kochten Kaffee für den

Frauenkreis, brachten Pakete zur Post, die an die notleiden-den Verwandten in den Osten Deutschlands geschickt wurden. Sie gab uns Hintergrundinformatio-nen zu den politischen Ereig-nissen. Auf dem Wohnzim-mertisch lagen immer Zeitun-gen über Westpreußen oder Bücher über Ostdeutschland, so dass uns die Interessen der Vertriebenen bekannt waren. In unserem Flur hing die Kar-te von Westpreußen. Das ist eure Heimat, erklärte unsere Mutter…“

Sibylle Dreher studierte in Bremen und Hamburg Sozial-pädagogik. Nach dem Abschluss des Studiums erfüllte sie sich ihren Jugend-traum und wanderte in die USA/Nebraska aus. Bei ihrer Rückkehr nach Deutschland übernahm sie leitende Funk-tionen in sozialen Einrichtun-gen in Berlin, Bremen, Bad Gundersheim, Hannover, Stendal und Magdeburg. Ehrenamtlich engagierte sie sich im BdV und seinen Glie-derungen. Sie übernahm die Fortbildung von Multiplikato-rinnen, legte den Grundstein für die Verständigung mit unseren osteuropäischen Nachbarn, hielt Vorträge, schrieb zahlreiche Beiträge für die Öffentlichkeitsarbeit im BdV und betätigte sich als Herausgeberin.

Dreher lenkte 15 Jahre lang als Präsidentin die Geschicke des Frauenverbandes im BdV, dessen Vizepräsidentin sie heute ist. Ihr Hauptziel war, den Frauen Gehör im Ver-band und in der bundesdeut-

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schen Öffentlichkeit zu ver-schaffen. Dafür organisierte sie ein lebendiges Netzwerk von verbandsinternen, öffent-lichkeits- und medienwirksa-men Strukturen. Sie intensi-vierte die Bildungsarbeit, wobei sie auf die Vielfalt und die Aktualität der Themen

sowie auf die Kompetenz der Referenten aus Ost- und Westeuropa Wert legte. Dabei erkannte sie frühzeitig, dass der BdV und seine Mit-gliedsverbände sich dem Dia-log mit den Osteuropäern stellen müssen. Konsequen-terweise waren Teilnehmer und Redner aus ganz Europa zu Gast bei ihren Veranstal-tungen.

Seit 1980 ist Sibylle Dreher Mitglied der CDU. Wie schon ihre Mutter engagiert sie sich in der Landsmannschaft der Westpreußen, wo sie zeitwei-se Bundesvorsitzende war. In der Union Kommunistischer Opferverbände vertritt Dre-her den BdV und unterstützt die aktuelle Mahnmalinitiati-ve für die Opfer des Kommu-

Sibylle Dreher zum GeburtstagEine Frau macht sich stark für die vertriebenen Frauen

nismus. In der Kulturstiftung der Vertriebenen nimmt sie die Vertretung des BdV als Kuratoriumsmitglied wahr. Im Deutschen Kulturforum östliches Europa entscheidet sie als Mitglied der Jury über den im zweijährigen Rhyth-mus verliehenen Kulturpreis. Für die Gründung der Stif-tung Zentrum gegen Vertrei-bungen kämpfte Sibylle Dre-her von Anfang an Seite an Seite mit Erika Steinbach. Unter dem Motto „Lange Schatten“ organisierte sie Podiumsdiskussionen und andere Veranstaltungen im Rahmen der Öffentlichkeits-arbeit der Stiftung. Dabei wurde sie durch die aktive Projektgruppe des Frauenver-bandes in Berlin unterstützt. In Berlin leitet Dreher das Büro des Frauenverbandes, beteiligt sich aktiv an den Ver-anstaltungen der Berliner BdV-Gruppe unter Leitung von Dr. Kiesewetter. Sie sucht das Gespräch mit den Mit-gliedern der Jungen Union, mit Studenten, die osteuropä-ische Themen erforschen und mit den Medienvertre-tern. Sie nahm Kontakt zu den deutschen Dachverbän-den der Frauen wie dem Deutschen Frauenrat und derm Deutschen Frauenring auf. In diesen Gremien sind wir heute aktiv, um bei den Themen Vertreibung und Integration die Sicht der BdV-Frauen einzubringen. Im Grunde wurden bisher nur die Schwerpunkte der Arbeit von Sibylle Dreher angeris-sen, denn es ist gar nicht möglich, ihre vielfältigen

Sibylle Dreher.

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Horst Gömpel und Markwart Lindenthal (1); Daniel Schwen (1), Fischer (1)

Aktivitäten hier detailliert darzustellen. Jedenfalls bewegt sie sich Tag für Tag in der Berliner Öffentlichkeit und versäumt keine Gelegen-heit, um auf die Existenz und auf das vielschichtige und umfassende Potential der ver-triebenen und ausgesiedelten Frauen aufmerksam zu machen.

Selbst ein kurzgefasstes Por-trät von Sibylle Dreher bliebe oberflächlich, wenn man ihre tiefe Verwurzelung im christ-lichen Glauben und ihre akti-ve Mitgliedschaft in der Mari-endorfer evangelischen Kir-chengemeinde nicht erwäh-

nen würde. Das gleiche gilt für die feste Einbindung in eine große Familie. Hartmut Sänger, der ältere Bruder von Sibylle Dreher, war vor sei-nem Tode zeitgleich mit ihr Mitglied des BdV-Präsidiums. Ihr jüngerer Bruder ist im Landesverband NRW und in der Zeitzeugenarbeit aktiv. Eine enge familiäre Bindung unterhält Frau Dreher zu der „liebsten aller Schwestern“. Mit ihrem Ehemann verbin-det sie die gemeinsame Her-kunft und das Bestreben, das westpreußische Kulturerbe für die nachfolgenden Gene-rationen zu erhalten. In Ber-

Schwalmstadt (dod). Viele Unterstützer haben auf Initia-tive von Familie Gömpel dazu beigetragen, dass am Bahnhofsgebäude in Schwalm-stadt-Treysa eine Bronzetafel zur Erinnerung an rund

9.700 dort angekommene vertriebene Sudetendeutsche des Jahres 1946 angebracht werden konnte. Über 100 Besucher nahmen an der Ent-hüllung der bronzenen Gedenktafel teil. In ihrem Grußwort erinnerte die hessi-

lin haben sie ein lebenswertes Eckchen gefunden, das zugleich ein ideales Pflaster für die Partizipation am politi-schen und gesellschaftlichen Leben unseres Landes ist.

Wir Frauen vom BdV und speziell vom Frauenverband danken Frau Dreher für ihr außerordentliches und steti-ges Engagement. Durch ihren beherzten Einsatz hat sie den vertriebenen Frauen Stimme und Würde in der bundes-deutschen Gesellschaft gege-ben. Sie unterstützte immer die Hilfsbedürftigen, hier und in der alten Heimat. Mittels ihrer Bildungsangebote för-

derte sie das Gespräch zwi-schen den jungen und alten Menschen sowie denen aus Ost und West. Sie nahm das Vermächtnis ihrer Mutter und das Erbe ihrer westpreu-ßischen Heimat verantwor-tungsbewusst an – dafür zol-len wir ihr Respekt. Unter ihrer Ägide wurde Tradition nicht zur Asche, sondern zur Flamme, die weiter gereicht wird. Für das neue Lebens-jahrzehnt wünschen wir Sibylle Dreher Gesundheit, Gottes Segen und Freude bei der Teilnahme am Verbands- und gesellschaftlichen Leben!

Maria Werthan

9.700 AngekommeneEinweihung der Gedenktafel für vertriebene Sudetendeutsche

sche Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spät-aussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, an die acht Güter-zugtransporte mit je 40 Wag-gons, die seinerzeit die hei-matlos gewordenen Men-

schen in die Schwalm gebracht hatten. Mehrere Förderer, darunter das Hessi-sche Ministerium für Soziales und Integration, hätten die Anschaffung der Gedenktafel und deren künstlerische Gestaltung ermöglicht.

Die Schwalm sei bereits vor Kriegsende Aufnahmeregion für viele Ausgebombte aus dem Ruhrgebiet gewesen. Nach dem Krieg strömten tausende Heimatlose aus ver-schiedenen Vertreibungsge-bieten in die ländliche Regi-on.

Ausdrücklich dankte die Landesbeauftragte Familie Gömpel, die vor dem Hinter-grund ihres persönlichen Schicksal den Antrieb fand, die Gedenktafel zu initiieren und Spendengelder zu sam-meln: „Herr und Frau Göm-pel sind ein Beispiel, wie neue Verbindungen entste-hen. Herr Gömpel ist in der Schwalm geboren, Frau Gömpel kam als Kleinkind mit ihrer Familie als Vertrie-bene aus dem Sudetenland in Treysa an.“ Landesbeauftrag-te Ziegler-Raschdorf betonte, dass es für die Gedenktafel keinen besseren Platz als das Bahnhofsgebäude geben kön-ne, dem Ort an dem die Ver-triebenen eintrafen: „Alle

Menschen, die in den Bahn-hof Treysa gehen, kommen an der Tafel vorbei und wer-den sie sehen. So kann die Darstellung Anlass zum Nachdenken für Viele wer-den. Es hat außerdem eine besondere Symbolik, dass die Gedenktafel für die Sudeten-deutschen in Reichenbach gefertigt wurde, der alten Heimat im Sudetenland. Ihren Platz erhält sie nun-mehr an dem Ort, an dem auch die Vertriebenen ange-kommen sind. Wir alle soll-ten uns von dieser Gedenkta-fel daran erinnern lassen, heute und in Zukunft sensi-bel zu bleiben für das Elend und Leid von Flucht und Ver-treibung in der Vergangen-heit, aber auch in unserer heutigen Zeit. Das Schicksal der Vertriebenen muss uns lehren, aufnahmebereit für die heutigen Flüchtlinge und Opfer von Gewalt und Ver-treibung zu bleiben, die nach Hessen kommen und unsere Hilfe benötigen.“

Entwurf der Gedenktafel „Vertrieben aus dem Sudetenland“ zur Vorlage für den Bronzeguss.

Hamburg (dod). Es war schon ein besonders Wagnis, im Wahltrubel anlässlich der Bürgerschaftswahl in Ham-burg am 15. Februar zu so einer Veranstaltung Vertreter der politischen Parteien ein-zuladen. Doch der Erste Bür-germeister Olaf Scholz und sein Herausforderer Dietrich Wersich von der CDU als Bürgermeisterkandidat wünschten in freundlichen Schreiben unserem Empfang ein gutes Gelingen.

Und in der Tat kann der Landesverband Hamburg stolz sein, dass über einhun-dert Landsleute den Saal im Haus der Heimat nicht nur füllten, sondern auch das Kul-turprogramm bereicherten.

Nach der Eröffnung und Begrüßung durch den Vorsit-zenden, Willibald J.C. Piesch, berichteten Vorstandsmitglie-der über verschiedene Projek-te. Hartmut Klingbeutel zeig-te Probleme um Königsberg auf und Peter Voß schilderte Neujahrserlebnisse in Mittel-deutschland. Beim Willkom-menstrunk auf das neue Jahr konnten sich alle Teilnehmer nach ostschlesischem Brauch mit Honig und „Oblatenbre-chen“ und „Königsberger Marzipan“ erfreuen. Bunte Tragetaschen des Wilhelm-

Traditioneller Empfang des BdV Hamburg

Busch-Museums in Hanno-ver mit kecker Max-und- Moritz-Aufschrift „Jeder denkt, die sind perdü, aber nein, noch leben sie!“ erfreu-ten die Teilnehmer. Außer-dem wurde der Erfahrungs-austausch über Neujahrs-bräuche in Mittel- und Ost-deutschland, den deutschen Siedlungsgebieten im Osten und jenen der Deutschen aus Russland gefördert.

In Ihrem Grußwort betonte Ehrengast Dr. Barbara Loeff-ke, BdV Niedersachsen und Landsmannschaft Ostpreu-ßen, die Aufgabe, den Erhalt dieses Kulturgutes unserer Heimat und wurde mit gro-ßem Beifall belohnt – ebenso wie die vortragenden Helga Seeger (LV Siebenbürger Sachsen) und Johahanna Kal-läwe (Bln.-Mark Branden-burg). Mit Volkstumsweisen und deutschem Liedgut unterhielt uns das „Trio Son-nenschein“ in kleidsamen Trachten nebst Zugabe eines russischen Volksliedes. Mit hausgebackenem Kuchen und Kaffee, einem schmack-haften Buffet und dem Abschiedslied, dem deut-schen Volkslied „Kein schö-ner Land ... klang dieser tradi-tionelle Empfang zum Jahres-beginn aus. WJCP

Zwar nicht im Rathaus, aber im Haus der Heimat in Hamburg fand der traditionelle Neujahrsempfang in Hamburg statt.

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Sudetendeutsches Museum vor VerwirklichungMünchen (dod). Im Rah-men einer ordentlichen Jah-ressitzung des Sudetendeut-schen Rates e.V., konnten dessen Mitglieder, darunter auch BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, das Ergeb-nis des durchge-f ü h r t e n Architek-tenwett-bewerbs für das neu geplante Sudetendeutsche Museum in München bestaunen. Danach wird das Projekt vom Büro pmp Architekten GmbH aus München gebaut. Dessen Architekten entwarfen einen skulptural geformten Baukör-per, der sich gut in das Stadt-gebiet an der Isarhangkante einfügt und im Inneren vari-antenreiche Raumbereiche mit hohen Aufenthalts- und Nutzungsqualitäten bietet. Der neue Baukörper, der mit rund 20 Mio. Euro veran-schlagt wird, schließt unmit-telbar an das Sudetendeut-sche Haus in der Hochstraße an und wird auch eine bauli-che Verbindung zum Haus des Deutschen Ostens haben.

Vor dem Museums-Modell: BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB (l.), der Sprecher der Sudetendeutschen Bernd Posselt (5.v.l.), BdV-Vizepräsident Albrecht Schläger (4.v.r.), Klaus Brähmig MdB (3.v.r.), BdV-Vizepräsident Stephan Mayer MdB (2.v.r.), der hessische BdV-Landesvorsitzende Siegbert Ortmann (ganz rechts).

Das garantiert den engen Austausch zwischen dem Museum und dem Ort, an dem sich die sudetendeut-schen Aktivitäten aus der ganzen Bundesrepublik zent-ral bündeln, nämlich dem Sudetendeutschen Haus. Die vorgesehene Verbindung zum Haus des Deutschen Ostens ist ebenfalls hilfreich und nützlich, denn in dieser staatlichen Einrichtung wird die Kulturpflege aller Heimat-vertriebenen und Spätaus-siedler effizient unterstützt. Das neue Museum wird kei-ne staatliche Einrichtung, sondern ein Museum, hinter dem die Sudetendeutschen stehen und mit dem sie sich identifizieren. Der Museums-neubau soll bis Mitte 2018 errichtet sein. In den drei Hauptausstellungsräumen soll die über 800-jährige Geschichte der Deutschen in Böhmen, Mähren und Sude-tenschlesien thematisiert werden. Dazu kommen ein großzügiges Foyer, eine Werkstatt und ein Lager. Finanziert wird das Projekt zu zwei Dritteln vom Frei-staat Bayern; ein Drittel über-nimmt die Bundesrepublik Deutschland.

Düsseldorf (dod). Die Herbsttagung des BdV, Lan-desverband NRW fand Ende November 2014 in Ratingen-Hösel statt, ein gut gewählter Ort, wurde damit doch ein informativer Einblick in die Arbeit des gegenüberliegen-den „Oberschlesischen Lan-desmuseums“ ermöglicht.

Traditionsgemäß wird ein im folgenden Jahr aktuelles T h e m a jeweils für die Herbst-tagung aus-gewäh l t , und das war für das Jahr 2015 der 200. Geburtstag Otto von Bismarcks. So stand der Vor-trag des Historikers Arno Barth „Den Zipfel seines Mantels fassen – Aus Leben und Wirken Otto von Bis-marcks“ im Mittelpunkt des Programms.

„Niemand hat Deutschland so geprägt!“ Diese These stell-te der Referent seinem Vor-trag voran. Bismarck wurde am 1. April 1815 in ein Euro-pa hineingeboren, dass durch den Wiener Kongress neu geordnet wurde, eine Zeit des Umbruchs als Folge der Napoleonischen Kriege und des erwachten Nationalis-mus.

Arno Barth gab einen Ein-blick in die Herkunft und den Werdegang Bismarcks. Zum Vater, Rittergutsbesitzer Ferdi-nand von Bismarck, habe der Sohn eine enge emotionale Bindung gehabt, während die bürgerliche Mutter seine Bil-dung förderte und gute Schu-

len für ihn aussuchte. Nach Abschluss seines Jura-Studi-ums 1835 in Berlin entschied er sich gegen die Laufbahn bei Gericht oder in der Ver-waltung und zog sich auf das elterliche Gut in Schönhau-sen zurück. In einem Pietis-tenkreis, der ihn fortan stark prägte, lernte er seine Frau Johanna von Puttkammer kennen, die er 1847 heirate-te. Lebenslange enge Verbun-denheit und Wertschätzung sollen diese Ehe geprägt haben.

Politisch blieb Bismarck konservativ. Sein Ideal war Preußen, er stand zum Pro-testanismus und zur Monar-chie. Das zeigte sich bei der März-Revolution 1848. „Mein Vaterhaus ist Preu-ßen!“, soll er gesagt haben, als Preußen und Deutsches Reich noch Gegensätze waren, und beklagte die Nachgiebigkeit des Königs.

Seine politische Laufbahn vom Abgeordneten im Verei-nigten Landtag 1847 bis zum Reichskanzler 1871 zeichne-te Arno Barth detailliert nach und gab dabei einen Einblick in unruhige, krisenreiche Jahrzehnte. Kriege wie der Deutsch-Dänische Krieg 1864, die Schlacht bei König-grätz 1866 und der Krieg 1870/71 gegen Frankreich zeigen ein krisengeschüttel-tes Europa. Bismarcks Einstel-lung zum Deutschen Reich wandelte sich dahingehend, dass er forderte, Preußen sol-le sich an die Spitze der Reichsgründung stellen.

Der Referent wendete sich besonders den Leistungen

Bismarcks zu. Als er 1871 in den Fürstenstand erhoben und Reichskanzler wurde, hatte er als preußischer Ministerpräsident bereits die Heeresreform durchgeführt, Deutschland neu geordnet und für ein gutes Verhältnis zwischen Preußen und Russ-land gesorgt. Nun moderni-sierte er das Versicherungs- und Rentenwesen, das bis heute Gültigkeit hat. Sein größtes Meisterwerk aber sei die Stiftung eines langanhal-tenden Friedens nach den drei Einigungskriegen.

Die Aussprache im Anschluss an das Referat enthielt auch kritische Fra-gen. Arno Barth hatte den Bismarck-Kult nach Bis-marcks Tod 1898 angespro-chen, und die Teilnehmer stießen mit einem kleinen, wohlschmeckenden Bis-marck-Schnaps an. Doch über Bismarcks Kulturkampf, seine Politik gegenüber der katholischen Kirche und die Sozialistengesetze gab es unterschiedliche Meinungen – immer hatten sich an seiner Person und Politik die Geister gespalten. Doch mit seinem Aufruf an die Vertriebenen, Bismarcks Erbe für das neue Europa einzusetzen, traf Barth bei den Zuhörern einen Nerv. Der Geist Preußens, dem Bismarck verpflichtet war und der vom Nationalso-zialismus so grausam instru-mentalisiert und missbraucht wurde, müsse wieder bewusst gemacht werden. Toleranz, Pflichten für das Gemeinwohl und Selbstver-antwortlichkeit sollten wie-

der große Bedeutung bekom-men. Bismarcks politische Weitsicht sollte gerade heute wieder zur Richtschnur wer-den. Russland war immer der Bündnispartner Deutsch-lands, und das Deutsche Reich war eine Brücke zwi-schen dem Westen und dem Osten. In der augenblicklich problematischen Atmosphäre hinsichtlich der Beziehung zu Russland sollte man sich auf dieses wertvolle historische Erbe besinnen. Der BdV NRW ist fest entschlossen, diese Erkenntnis umzusetzen.

Ein zweites Referat hatte die „Vererbung“ bzw. Weiter-gabe des Kriegs- und Vertrei-bungstraumas an die nachfol-genden Generationen zum Thema. Die Kulturreferentin Dr. Bärbel Beutner stellte den Roman „Sieben Sprünge vom Rande der Welt“ von Ulrike Draesner vor (s. Rezension S. 25). Inzwischen liegt eine umfangreiche Literatur zum Schicksal der Kriegskinder und Kriegsenkel vor. Der Direktor des Oberschlesi-schen Landesmuseums Dr. Stephan Kaiser führte durch die Ausstellung „Heimatweh“ und gab einen umfassenden Einblick in die Arbeit des Museums. Dabei beeindruck-te besonders die grenzüber-schreitende Wirkung einzel-ner Projekte und die gute Zusammenarbeit vor allem mit den polnischen Nach-barn. Die Teilnehmer nah-men die Gelegenheit wahr, das Museum eingehend zu besichtigen, und dankten für eine informative und berei-chernde Tagung. B. Beutner

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„Dem Erbe Bismarcks verpflichtet“Landeskulturtagung des Bundes der Vertriebenen, Landesverband NRW

Bürgel (1); BdV-Archiv (1); BMI (1)

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PERSONALIEN

Auszeichnung für AussiedlerbetreuerinBeim Neujahrsempfang des sächsi-schen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich ist die Russlanddeutsche Julia Herb für ihr ehrenamtliches Engage-ment ausgezeichnet worden. Der Regie-rungschef hatte am 14. Januar 2015 rund 1.000 Personen aus Politik, Wirt-schaft und Gesellschaft zu einem Emp-fang ins Dresdner Albertinum eingela-den, der unter dem Motto „Aus aller Welt – zu Hause in Sachsen“ stand.Während der Veranstaltung zeichnete Tillich sechs Ehren-amtliche, die sich für die Integration von Aussiedlern und Ausländern einsetzen, mit der Ehrenamtsurkunde des Frei-staates Sachsen aus. „Sie alle leisten einen wichtigen Dienst für das Gemeinwohl. Sie alle tun Sachsen gut“, sagte der Ministerpräsident. Julia Herb kam 1996 aus Estland nach Dresden. Sie enga-giert sich in der Landsmannschaft der Deutschen aus Russ-land – seit einigen Jahren als Vorsitzende des Dresdner Ortsverbandes. Mit ihren Mitstreitern berät sie Spätaus-siedler, organisiert Deutschkurse, Begegnungsabende und Kinderprojekte und betreut eine „Perlengruppe“, die filigra-ne Handarbeiten anfertigt. Außerdem ist sie Leiterin des Chores „Silberklang“, der mit einem bunten Repertoire an Volks- und Heimatliedern viele Veranstaltungen bereichert.Zu den ersten Gratulanten gehörte der Vorsitzende des VDA-Landesverbandes Sachsen, Peter Bien, der Julia Herb ermutigte, ihr Engagement für die Aussiedler fortzusetzen.

Sauer wiedergewählt – Landtagspräsident und CDU-Generalsekretär hielten AnsprachenBei der Landestagung der Ost- und Mit-teldeutschen Vereinigung (OMV) – Union der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aus-siedler – der CDU in Niedersachsen ist der ehemalige Bundestagsabgeordnete Helmut Sauer (Salzgitter) in Hannover einstimmig als Landesvorsitzender wie-dergewählt worden.Landtagspräsident Bernd Busemann MdL würdigte in seiner Rede die Charta der deutschen Hei-matvertriebenen für ihren Vergeltungsverzicht und ihre europäische Vision, die noch immer zukunftsweisend sei. Für Europa blieben Vielfalt und Stärke lokaler und regiona-ler Identitäten tragende Elemente, und Niedersachsen sei maßgeblich auch durch die Herkunftsidentitäten der Ver-triebenen und Aussiedler geprägt.CDU-Generalsekretär Ulf Thiele MdL bezeichnete die Geschichte und die Erfahrungen der in der OMV organisier-ten Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler als unverwech-selbaren Bestandteil der Landespartei. Für die anstehende strukturelle und inhaltliche Parteireform, innerhalb derer u.a. die Willkommenskultur verbessert und ein zukunftsori-

entiertes Grundsatzprogramm neu erarbeitet würden, erbat er die Mitarbeit und den reichen Erfahrungsschatz der OMV. Busemann und Thiele lobten die historische Leistung der deutschen Vertriebenenverbände in Niedersachsen und als Brückenbauer mit den europäischen Nachbarn. Beide erklärten ihre Solidarität mit der OMV sowie den deutschen Volksgruppen in den Heimatgebieten und dankten für die aktuelle Integrationsarbeit für Aussiedler- und Flüchtlinge.Stellvertreter von Helmut Sauer, der auch Landesvorsitzen-der der Landsmannschaft Schlesien ist, blieben der stellver-tretende BdV-Landesvorsitzende Peter Winkler (Rössing/Hildesheim) und die BdV-Bezirksvorsitzende Helge Kah-nert (Edewecht/Oldenburg). Als Stellvertreter neu gewählt wurde der Bundestagsabgeordnete Heiko Schmelzle (Nor-den/Aurich).

Stephan Grigat zu Gast beim BundesbeauftragtenDer Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minder-heiten, Hartmut Koschyk MdB, ist in Berlin mit dem Sprecher der Lands-mannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat, zu einem Informations- und Gedanken-austausch zusammengetroffen. Die Landsmannschaft Ostpreußen unter-hält in der im südlichen Ostpreußen gele-genen Allenstein/Olsztyn und im litauschen Memel/Klaipe-da jeweils ein Verbindungsbüro, um die noch in Ostpreußen lebenden Deutschen besser unterstützen zu können. Kultu-relles Zentrum für die deutsche Minderheit im Ermland und in Masuren ist das Kopernikus-Haus in Allenstein, das vom Freistaat Bayern gefördert wird. Auch in die russische Exklave Königsberg bestehen gute Kontakte, die etwa in der regelmäßigen Organisation des Deutsch-Russischen Forums ihren Ausdruck finden.Bundesbeauftragter Koschyk und Landsmannschaftsspre-cher Grigat erörterten besonders intensiv die Situation des deutschsprachigen Unterrichtsangebots für Angehörige der Deutschen Minderheit. Auch im Vergleich mit anderen Regi-onen Polens wie etwa Oberschlesien besteht hier noch gro-ßer Nachholbedarf. Die Situation des deutschsprachigen Schulwesens in ganz Polen ist u.a. Thema eines für Ende Februar 2015 in Warschau geplanten Rundtischgesprächs mit der polnischen Regierung, das deutscherseits vom Bun-desbeauftragtem Koschyk gemeinsam mit dem Parlamenta-rischen Staatssekretär im Bundesministerium des Innern Dr. Günter Krings geleitet wird.Weiterer Gesprächspunkt waren die Möglichkeiten für deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz außerhalb Deutschlands, an Bundestagswahlen teilzunehmen. Bundes-beauftragter Koschyk sicherte zu, durch geeignete Informa-tionsmaßnahmen dazu beizutragen, dass möglichst viele Wahlberechtigte ihr Wahlrecht auch tatsächlich ausüben können.

Wo finden Sie die Arbeit der Frauen im Ver-

band? In diesem Jahr blicken wir

auf die grausame Vertreibung aus dem Sudetenland und anderen östlichen Teilen Deutschlands vor 70 Jahren zurück, die überwiegend Frauen, Kinder und alte Men-schen durchstehen mussten.

Die Frauen waren die ers-ten, die sich um den Neube-ginn im Westen gekümmert haben und diesen auch geschafft haben. Sie gründe-ten Frauengruppen und begannen damit auch, unsere Kultur und unser Liedgut auf-rechtzuerhalten. Sie tun es bis heute!

Gerade sie sind in den Kreis- und Ortsverbänden eng mit der Basis verbunden. Sie wissen wo Hilfe nötig ist und sind mit der täglichen Arbeit auch der Garant für den Fortbestand unserer Ver-bände und Landsmannschaf-ten. Sowohl in der Kultur- und Sozialarbeit als auch auf der politischen Ebene müssen überlieferte, häufig mündlich tradierte Sachverhalte der nachfolgenden Generation verständlich gemacht wer-den.

Zunehmend ist das Interes-se von Schulen und Bildungs-einrichtungen, die Frauen der Erlebnisgeneration als Zeit-

zeugen suchen, um ihr Schicksal und ihre Erlebnisse im direkten Gespräch zu erfahren.

Das ist eine unaufschiebba-re Aufgabe unserer Frauenre-ferentinnen: die Weitergabe des Erlebten vor und nach der Vertreibung aus der Hei-mat. Der Bedarf an Aufa rbe i -tung liegt auf der Hand. Die nach uns f o l g e n d e Generation b e g i n n t , sich für die Herkunft ihrer Familien zu interessieren. Dabei stellt sie fest, dass kaum noch jemand genaue Auskunft geben kann. Für diese Generation – und die späteren – müssen wir bereit sein, Rede und Antwort zu stehen. Auskünfte geben zu können und Gesprächskreise anzubieten, in denen aufgear-beitet werden kann, was bis-her versäumt wurde, ist eine wichtige Aufgabe in Gegen-wart und Zukunft. Unsere Frauen sind diejenigen, die die Geschichte so weiterge-ben können, wie sie sie erlebt haben.

Die Schwerpunkte der Frauenarbeit sind in den Orts- und Kreisgruppen Hessens

unterschiedlich. Das kann aus den einzelnen Berichten, die bei unserer Jahreshaupt-versammlung gegeben wur-den, entnommen werden. Zugleich ist das aber auch die Bestätigung der in den Frau-engruppen geleisteten Arbeit.

Auf Kreis- und Ortsebene wird vieles gemeinsam orga-nisiert, besonders in der Volkslied-, Trachten- und Brauchtumspflege, bei hei-matlichen Veranstaltungen und Ortstreffen.

Wir haben im Jahr 2014 die Jahreshauptversammlung in Verbindung mit einem erfolgreichen Wochenend-seminar vom 20.-22. Juni im Heiligenhof, der Sudeten-deutschen Bildungsstätte in Bad Kissingen, durchgeführt. Ein sehr informatives Referat hielt Klaus Mohr, Samm-lungsleiter für das Sudeten-deutsche Museum in Mün-chen.

Christa Matschl, ehemalige bayerische Landtagsabgeord-nete, informierte aufschluss-reich über Frauenrechte als politisches Instrument mit Blick in die Zukunft. Gespannt folgten die Teilneh-merinnen auch dem Vortrag von Karin Wagner, Landes-vorsitzende der Frauen des VdK, über „Frauen im Ehren-amt im VdK“. Sie berichtete über die vielfältigen Aufgaben

und Hilfestellung des Sozial-verbandes Deutschland.

Dem Landesfrauenrat Hes-sen (LFR), bei dem wir von Beginn an als Mitglied geführt werden, kann eine gute und aktive Zusammenarbeit bestätigt werden. Der LFR ist ein überparteilicher und überkonfessioneller Zusam-menschluss mit zurzeit 49 verschiedenen Frauenverbän-den.

Vom 16.-23. August 2014 fand die traditionelle Klöppel- und Werkwoche im DJO-Heim Rodholz-Poppenhau-sen in der Rhön statt. Sie wird seit über 30 Jahren von unse-rer langjährigen Landesfrau-enreferentin Ilse Kölbl gelei-tet und erfreut sich jedes Jahr aufs Neue großer Beliebtheit.

Für das Jahr 2015 ist eine Zusammenkunft der Frauen-referentinnen und aktiven Damen in Wiesbaden geplant. Der Termin wird rechtzeitig bekanntgegeben.

Wir alle hoffen dabei auf eine rege Beteiligung und wir möchten allen ehrenamtlich tätigen Frauen für ihren Ein-satz danken, verbunden mit der dringenden Bitte, auch im neuen Jahr mit ihrem Engagement nicht nachzulas-sen und möglichst neue, inte-ressierte Mitarbeiterinnen zu gewinnen.

Rosemarie Kretschmer

44 DOD 01/2015Nachrichten

SJD (1)

Frauenarbeit im Bund der VertriebenenFrauen in Hessen geben Zeitzeugenberichte

Leitwort 2015Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute

DOD 01/2015 45Aus den Verbänden

März

06.-08.03. Fr.-So. Frauenverband im BdV, Frühjahrstagung, Heiligenhof, Bad Kissingen07.-08.03. Sa.-So. LM der Banater Schwaben Bundesweite Verbandstagung mit den Vorsitzenden der Kreisverbände und der Heimatortsgemeinschaften der Landsmannschaft, Frankenthal13.-15.03. Fr.-So. LM der Banater Schwaben, Bundesweites Brauchtumsseminar für Kinder, Allgäu14.03. Sa. LV Baden-Württemberg, Ostdeutscher Ostermarkt, Haus der Heimat, Stuttgart20.03. Fr. LM Berlin-Mark Brandenburg, Bundesversammlung, Fürstenwalde, Spree28.03. Sa. LV Baden-Württemberg, 63. Landesverbandstag des BdV mit Neuwahlen Haus der Heimat, Stuttgart28.03. Sa. LM Westpreußen, Deutsche Minderheit: Frühjahrskonferenz, Danzig28.03. Sa. LV Nordrhein-Westfalen, Landesversammlung, Düsseldorf28.03.-02.04. Sa.-Do. Pommersche LM, Jahrestagung des Pommerschen Kreis- und Städtetages, Misdroy

April

15.04. Mi. Pommersche LM, Bundesdelgiertentagung, Travemünde24.04. Fr. Bund der Heimatvertriebenen LV Thüringen, Tagung des Frauenverbandes, Greiz25.04. Sa. Karpatendeutsche LM Slowakei, Bundestreffen, Karlsruhe

Mai

01.-03.05. Fr.-So. LM Westpreußen Frühjahrstagung, Hannover05.05. Di. Bund der Vertriebenen, Jahresempfang, Haus der Bundespressekonferenz, Berlin05.05. Di. Bund der Vertriebenen, Bundesausschuss, Berlin05.05. Di. Bund der Heimatvertriebenen Landesverband Thürigen, Zentrale Gedenkveranstaltung, Erfurt22.-25.05. Fr.-Mo. Akademischer Freundeskreis Danzig-Westpreußen 49. Jahrestagung und Mitgliederversammlung, Barendorf22.-24.05. Fr.-So. Sudetendeutsche LM, Sudetendeutscher Tag mit Internationalem Menschenrechts-Kongress: „Menschenrechte ohne Grenzen“, Augsburg22.-25.05. Fr.-Mo. Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland Heimattag der Siebenbürger Sachsen, Dinkelsbühl28.-31.05. Do.-So. LM Weichsel-Warthe, Kulturtagung des Hilfskomitees der Galiziendeutschen, Lambrecht 29.-30.05. Fr.-Sa. LV Baden-Württemberg, Kulturelle Landestagung der heimatvertriebenen Frauen im BdV, Stuttgart29.-31.05. Fr.-So. LM der Banater Schwaben, Kulturtage der Deutschen im Banat, Temeswar, Rumänien29.-31.05. Fr.-So. Deutsch-Baltische Gesellschaft, Bundestreffen, Darmstadt30.05. Sa. LV Hessen, 55. Hessentag, Tag der Vertriebenen, Hofgeismar

Juni

07.-14.06. So.-So. LM Ostpreußen, Werkwoche in Ostpreußen, Allenstein12.06. Fr. LM Weichsel-Warthe, Bundesversammlung der LM Weichsel-Warthe, Langenselbold

Termine derMitgliedsverbändeAlle dem Bundesverband gemeldeten Termine für die kommenden Monate

46 DOD 01/2015Nachrichten

Herausgeber und Verlag: Bund der Vertriebenen – Vereinigte Landsmannschaften und Landesverbände e.V.

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Erscheinungsweise: zweimonatlich

Bezugspreis im Jahresabonnement: 48,- Euro für BdV-Mitglieder 36,- Euro

Abdruck nach Vereinbarung. Die mit Namen oder Chiffre gezeichneten Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.

Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos, Bespre-chungsexemplare etc. wird keine Haftung übernommen.

IMPRESSUMJosef Zellmeier in PragPrag (dod). Die Arbeitsgrup-pe Vertriebene, Aussiedler und Partnerschaftsbeziehun-gen der CSU-Fraktion im Bay-erischen Landtag hat bereits im Dezember mit zehn Abge-ordneten die Tschechische Republik besucht. Begleitet wurde sie von Steffen Hörtler, dem Landesobmann der Sudetendeutschen Lands-mannschaft in Bayern. Als erste Besuchergruppe nach der Eröffnung konnte die Delegation unter Führung des stellvertretenden Frakti-onsvorsitzenden Josef Zell-meier die Räume der neuen Repräsentanz Bayerns in Prag besichtigen. Intensiv bespra-chen die Abgeordneten dabei mit dem verantwortlichen Leiter die künftigen Aufgaben und Ziele. Dr. Hannes Lach-mann zeigte sich offen für den Wunsch, die Themen Flucht, Vertreibung und Ver-söhnung in den Veranstal-tungskalender aufzunehmen.

Auf politischer Ebene konn-te die Arbeitsgruppe länder-übergreifende Fragen mit einer Delegation der deutsch-tschechischen Parlamenta-riergruppe unter Leitung des Abgeordneten Jaroslav Fürst von Lobkowicz diskutieren. „In freundschaftlicher Atmo-sphäre haben wir die baye-risch-tschechische Zusam-menarbeit erörtert. „Unser Ziel ist nach wie vor, eine eigene Parlamentariergruppe der beiden Volksvertretungen zu installieren“, fasste Zell-meier die Gesprächsinhalte zusammen.

Schulen sollen an Jahrestag erinnernMünchen (dod). Der Lan-desvorsitzende des Bundes der Vertriebenen und frühere Landrat des Landkreises Aichach-Friedberg, Christian Knauer, hat Bildungsminister

Dr. Ludwig Spaenle gebeten, der 70. Wiederkehr des Kriegsendes, der Potsdamer Konferenz und des Beginns von Flucht, Vertreibung und Deportation der Deutschen aus den damaligen östlichen Reichsgebieten, dem Sude-tenland sowie den deutschen Siedlungsgebieten in Ost- und Südosteuropa in den Schulen zu gedenken. Flucht und Ver-treibung seien mit großem Leid, ungeheurer Not, dem Verlust der Heimat und rund zwei Millionen Toten für die Betroffenen verbunden gewe-sen.

In einer Zeit, in der gegen-wärtig rund 55 Millionen Menschen weltweit von einem ähnlichen Schicksal betroffen sind, dürfe die The-matik und damit die Sorge gegen das Vergessen auch an den Schulen nicht ausge-klammert bleiben. Materiali-en zur Thematik lägen in aus-reichender Zahl vor und Zeit-zeugen aus dem Kreis der Vertriebenen seien bereit, den Kindern und Jugendli-chen über das einstige Schick-sal ihrer Familien und die vielfach damit verbundenen Tragödien zu erzählen.

Knauer ist optimistisch, bei Spaenle auf Verständnis zu stoßen, hat dieser sich in der Vergangenheit stets an die Seite der Heimatvertriebenen gestellt und die Landsmann-schaften tatkräftig unter-stützt.

Johannis gedenkt der Deportation Bukarest (dod). BdV-Präsi-dent Dr. Bernd Fabritius hat hervorgehoben, dass Rumäni-en sich der Aufarbeitung sei-ner Geschichte stellt. Die Teilnahme des Staatspräsi-denten an dem Gedenkgot-tesdienst in Hermannstadt anlässlich der Deportation der Rumäniendeutschen vor 70 Jahren belege, dass Rumä-nien es damit auch wirklich

ehrlich meine. Dass Rumäni-en sich dieser dunklen Seiten der eigenen Geschichte mit so viel Aufrichtigkeit stelle, für die es sich vor vielen Jah-ren entschuldigt habe, sei hoch anerkennenswert. Seit 2013 zahle Rumänien auch den in Deutschland überle-benden Opfern der Zwangs-arbeit eine Entschädigungs-rente. In den letzten beiden Jahren seien rund 1.200 Genehmigungsbescheide erlassen worden, einige Ver-fahren seien noch in Arbeit. Fabritius wörtlich: „Das bringt zwar keinem der Ver-schleppten diese Jahre seines Lebens zurück, aber es stellt durch die ausgesprochene Rehabilitierung etwas von der vernichteten Menschen-würde wieder her.“

Koschyk bei Nun ti us Dr. Etero vićBerlin (dod). Der Apostoli-sche Nuntius in Berlin, S.E. Erzbischof Dr. Nikola Eterović, hat den Beauftrag-ten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und natio-nale Minderheiten zu einem Gespräch in der Nuntiatur empfangen. Der Bundesbeauftragte äußerte sich dabei anerken-nend für die seelsorgerische Arbeit der katholischen Kir-che für die deutschen Min-derheiten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.

Beide waren sich darüber einig, dass ein zeitgemäßer, den Anforderungen internati-onaler Standards entspre-chender Minderheitenschutz einer der Schlüssel für eine friedliche Lösung des Konflik-tes ist, wobei die Anwendung von Gewalt überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Dass akzep-tierte und loyale nationale Minderheiten für ein Staats-wesen sogar stabilisierend sein können, zeigte Koschyk am Beispiel der deutschen Gemeinschaft in Ostbelgien auf.

Kataloge zu Ausstellungen der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen

12,95 € Einzelkatalog30,00 € Katalogsammlung35,00 € Katalogsammlung im Schuber5,00 € Schuber

Die Kataloge zur Ausstellung können online unter [email protected] oder beimZentrum gegen Vertreibungen Organisationsbüro Godesberger Allee 72–74, 53175 Bonn Tel.: 0228 / 81 007 30, Fax: 0228 / 81 007 52bestellt werden.

Deutsches Leben in Mittel- und Osteuropa

Zentrum gegen Vertreibungen

Die Integration der Vertriebenen in Deutschland

Zentrum gegen Vertreibungen

Angekommen

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1 .12.2013 bis 12.02.2014

U-Bahn 4, Haltestelle Höhenstra

Ausstellung der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen

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www.heimatweh.de

Diese Ausstellung umfasst im ersten Teil „Die Gerufenen“ die weitgehend unbekannte Heimat der deutschen Volksgruppen außerhalb des Deutschen Reiches mit ihrer Siedlungsge-schichte, im zweiten Teil „Erzwungene Wege“ Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahr-hunderts und im dritten Teil „Angekommen“ die Integration der Vertriebenen und Aussied-ler seit 1945 in Deutschland.

Eintritt frei!

SAALBAU Bornheim60385 Frankfurt am MainArnsburgerstr. 24

18.12.2013 bis 12.02.2014geöffnet täglich8.00 bis 22.00 Uhr(außer 24.12.2013)U-Bahn 4, Haltestelle Höhenstraße

Oberschlesisches LandesmuseumBahnhofstr. 6240883 Ratingen

9.11.2014 bis 6.4.2015Dienstag bis Sonntag11 bis 17 UhrEintritt Erwachsene: 5,00 €Mit Ermäßigung: 3,00 €