Dortmunder Mutismus Screening Kita · DSM-V (American Psychiatric Association, 2013) dazu bei, dass...

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Dortmunder Mutismus Screening – Kita Anja Starke & Katja Subellok Technische Universität Dortmund Fakultät Rehabilitationswissenschaften Sprache und Kommunikation (CC) 2018 Manual

Transcript of Dortmunder Mutismus Screening Kita · DSM-V (American Psychiatric Association, 2013) dazu bei, dass...

Dortmunder Mutismus Screening – Kita

Anja Starke & Katja Subellok

Technische Universität Dortmund

Fakultät Rehabilitationswissenschaften

Sprache und Kommunikation

(CC) 2018

Manual

1 DortMuS-Kita

Inhalt

1 Warum ein Screeningverfahren zur Erfassung von Risikokindern für selektiven Mutismus? 2

2 DortMuS-Kita ..................................................................................................................... 5

2.1 Allgemeine Kennzeichnung ................................................................................................. 5

2.2 Aufbau von DortMuS-Kita ................................................................................................... 6

2.3 Hinweise zur Durchführung ................................................................................................ 6

2.4 Auswertung ........................................................................................................................ 7

3 Interpretation der Ergebnisse und Empfehlungen für die Praxis ......................................... 8

3.1 Was leistet DortMuS-Kita und was NICHT? ......................................................................... 8

3.2 Was ist zu tun, wenn sich beim Kind KEIN Verdacht auf SM bestätigt? ............................... 8

3.3 Was ist zu tun, wenn sich beim Kind der Verdacht auf SM bestätigt? .................................. 9

3.4 Was kann eine Fachkraft im Kita-Alltag tun, wenn sich der Verdacht auf SM bestätigt? ... 10

3.5 Gibt es bei mehrsprachigen schweigenden Kindern etwas Besonderes zu beachten? ...... 13

3.6 Fallbeispiele ..................................................................................................................... 14

4 Testkonstruktion .............................................................................................................. 17

4.1 Itementwicklung ............................................................................................................... 17

4.2 Studie 1: Entwicklung von DortMuS-Kita .......................................................................... 17

4.3 Studie 2: Überprüfung von DortMuS-Kita .......................................................................... 18

5 Ausblick ............................................................................................................................ 19

Literatur .................................................................................................................................. 20

Dieses Manual ist eine überarbeitete und an den Kontext der Kindertageseinrichtung angepasste Versi-

on des Manuals zu DortMuS-Schule (Starke & Subellok, 2016). Es wurde leicht inhaltlich verändert, er-

weitert, aktualisiert und im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielgruppen sowie das Instrument adap-

tiert.

Dieses Dokument steht unter einer Creative Commons Namensnennung: NichtKommerziell-

KeineBearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.

Bitte zitieren Sie dieses Dokument als: Starke, A., & Subellok, K. (2018). Dortmunder Mutismus Scree-

ning DortMuS-Kita. Verfügbar unter: www.sk.tu-dortmund.de/dortmus/DortMuS-Kita.pdf

2 DortMuS-Kita

1 Warum ein Screeningverfahren zur Erfassung von Risikokindern für

selektiven Mutismus?

Selektiver Mutismus (SM) wird als Kommunikationsstörung der frühen Kindheit umschrieben.

Seine Kernsymptomatik ist ein konsequentes Schweigen in bestimmten sozialen Situationen,

während in anderen, in der Regel vertrauten Situationen Sprechen ganz unbefangen möglich

ist (American Psychiatric Association, 2013). Interindividuell variiert die Schweigesymptomatik

enorm, und je nach Ausmaß können die soziale Partizipation und der schulische Erfolg des

Kindes stark beeinträchtigt sein. Da SM in hohem Maße mit (sozialer) Ängstlichkeit assoziiert

ist, wird er aktuell im DSM-V unter den Angststörungen kategorisiert (American Psychiatric

Association, 2013). Mit einer Prävalenzrate von etwa 0,7 % tritt SM relativ selten (Bergman,

Piacentini, & McCracken, 2002; Elizur & Perednik, 2003; Ford, Sladeczeck, Carlson, & Kratoch-

will, 1998), bei Mädchen häufiger als bei Jungen auf (Verhältnis 1,6:1) (Bahr, 2006; Steinhausen

& Juzi, 1996). Wegen seiner Seltenheit und auch unscheinbaren Kernsymptomatik ist der SM in

medizinischen und pädagogischen Fachkontexten relativ unbekannt. Aufgrund der fließenden

Übergänge zu extremer Schüchternheit und Sprechängstlichkeit wird die Schweigsamkeit oft

fehlinterpretiert (Kopp & Gilberg, 1997; Schwartz, Freedy, & Sheridan, 2006) und SM häufig

nicht frühzeitig identifiziert. Obwohl das Schweigen bei den meisten Kindern bereits zwischen

dem dritten und vierten Lebensjahr beginnt (Dummit et al., 1997), werden sie durchschnittlich

erst mit etwa acht Jahren therapeutisch versorgt (Remschmidt, Poller, Herpertz-Dahlmann,

Henninghausen, & Gutenbrunner, 2001). Manche Kinder erhalten gar keine Therapie (Black &

Uhde, 1995; Kumpulainen, Räsänen, Raaska, & Somppi, 1998). Wie die klinische Erfahrung

zeigt, kann es auch heute noch durchaus vorkommen, dass schweigende Kinder die Grund-

schule ohne therapeutische Hilfe durchlaufen. Wenn dann im Sekundarbereich mündliche

Leistungen für die Benotung strikter eingefordert werden und Lehrkräfte womöglich weniger

bereit für Sonderregelungen sind, droht diese für alle Beteiligten belastende Situation oft zu

eskalieren. Wertvolle Zeit für eine professionelle Unterstützung der Kinder blieb ungenutzt

(Bahrfeck-Wichitill & Subellok, 2016).

Alles in allem tragen diese Besonderheiten sowie unscharfe diagnostische Kriterien gemäß ICD

10 (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information [DIMDI], 2014) oder

DSM-V (American Psychiatric Association, 2013) dazu bei, dass (1) von einer hohen Dunkelzif-

fer betroffener Kinder im Vor- und Grundschulalter ausgegangen werden kann (Starke & Subel-

lok, 2012) und (2) die Früherkennung mutistischer Kinder deutlich zu optimieren bleibt. Nur

über eine frühe Identifizierung von SM wird das Kind auch eine mutismusspezifische Behand-

lung erfahren, die zur Prävention von Folgeproblematiken dringend angeraten wird (Bahrfeck,

Subellok, & Starke, 2017; Schwartz et al., 2006; Subellok & Katz-Bernstein, 2010; Subellok &

Starke, 2012). Denn etliche Studien legen nahe, dass bei Andauern des Schweigens über das

zehnte Lebensjahr hinaus beträchtliche Auswirkungen vor allem auf die sozial-emotionale

Entwicklung und psychische Gesundheit zu erwarten sind (Chavira, Shipon-Blum, Hitchcock,

Cohan, & Murray, 2007; Kolvin & Fundudis, 1981; Remschmidt et al., 2001; Steinhausen,

3 DortMuS-Kita

Wachter, Laimbock, & Metzke, 2006). Vor diesem Hintergrund bleibt zu fragen, über welchen

Weg eine zuverlässige Früherkennung selektiv mutistischer Kinder erfolgen kann.

Wegen der interindividuell stark variierenden Kernsymptomatik ist es erforderlich, das Verhal-

ten des Kindes in mehreren seiner sozialen Lebenskontexte zu betrachten (Katz-Bernstein,

2015). Die Familie ist dabei der vom konsequenten Schweigen am wenigsten betroffene Be-

reich. Es kann also durchaus sein, dass einigen Eltern das Ausmaß des Schweigens ihres Kin-

des gar nicht bewusst ist. Sie erleben ihr Kind im häuslichen Umfeld unbefangen sprechend

und erklären sein schweigsames Verhalten außerhalb der Familie etwa mit seinem schüchter-

nen Naturell. So wäre auch erklärbar, warum etliche schweigende Kinder bei den ärztlichen

Vorsorgeuntersuchungen nicht als Risikokinder für SM identifiziert werden. In den Bildungs-

einrichtungen wie Kindertagesstätte (Kita) und Schule allerdings zeigt sich die Schweigesymp-

tomatik am häufigsten und konsequentesten (Bergman et al., 2002; Ford et al., 1998). So er-

scheint es mehr als plausibel, diese Bildungskontexte für die Erfassung schweigender Kinder

nicht ungenutzt zu lassen. Idealtypisch könnten sie als diagnostisches Nadelöhr mit Filter-

funktion fungieren, um möglichst viele schweigsame Kinder möglichst frühzeitig als Risikokin-

der für SM zu identifizieren.

Für diese idealtypische und längerfristige Zielperspektive sind mindestens drei Problemaspek-

te zu beachten:

(1) Verantwortlichkeit des pädagogischen Fachpersonals

Erzieher*innen und Lehrkräfte sind zwar keine Expert*innen für SM, doch kommt ihnen

für die Erkennung schweigender Kinder eine hohe Bedeutung zu. In einigen Fällen wird

es maßgeblich von ihrem Engagement abhängen, inwieweit ein Kind eine professionelle

mutismusspezifische Hilfe erfährt. Dass auch Fachpersonen hier an ihre Grenzen sto-

ßen können, ist durchaus nachvollziehbar.

(2) Unscharfe Symptomatik von SM

Ein schweigsames Verhalten eines Kindes kann viele Hintergründe haben. Im Übergang

etwa bei Eintritt in die Kita oder die Schule kann für einsprachige Kinder eine circa ein-

monatige Schweigephase völlig normal sein, bei mehrsprachigen Kindern kann diese

sogar einige Monate andauern (Tabors, 2008). Die fließenden Übergänge von extremer

Schüchternheit, Sprechängstlichkeit und SM erschweren ebenfalls eine sichere Einord-

nung. Auch muss eingeschätzt werden, inwieweit beim Kind nicht mangelnde Sprach-

kompetenzen ein schweigsames Verhalten verursachen oder etwa anderweitige Ent-

wicklungsstörungen zugrunde liegen. Insofern ist eine sichere Identifikation von SM im

pädagogischen Alltag nur schwer möglich. Bei einem Verdacht auf SM muss aus diesem

Grund immer eine differenzierte Abklärung folgen (siehe Kapitel 3.3).

(3) Fehlende diagnostische Instrumentarien für SM

Bislang gibt es kein standardisiertes Testverfahren, mit dem die Diagnose SM zuverläs-

sig gestellt werden kann. Auch stehen dem pädagogischem Fachpersonal kaum Instru-

mente oder Vorgehensweisen zur Verfügung, die sie in ihrem Praxisalltag bei der Erken-

4 DortMuS-Kita

nung schweigender Kinder unterstützen könnten. Für das Vorschulalter kann derzeit

auf kein einziges standardisiertes Verfahren zurückgegriffen werden. Mit der 18-Item-

Version des Dortmunder Mutismus-Screening DortMuS-Schule (Starke & Subellok,

2016) konnten wir erstmalig für den deutschen Sprachraum ein reliables und valides

Screening-Instrument für den schulischen Primarbereich vorlegen, das Lehrkräfte bei

der Identifizierung von Risikokindern für SM unterstützt und ihnen Hilfestellungen für

den Umgang mit schweigenden Kindern anbietet. Darüber hinaus existiert lediglich der

Fragebogen für den elektiven Mutismus (FEM) (Steinhausen, 2010), eine Übersetzung

des reliablen und validen Selective Mutism Questionnaire (Bergman, Keller, Piacentini &

Bergman, 2008) aus den USA für den schulischen Kontext. Hierüber wird die Ausprä-

gung des SM erfasst. Der FEM besteht aus einem Eltern- und Lehrerfragebogen.

Psychometrische Daten liegen allerdings nur für die Elternversion im englischsprachi-

gen Raum vor (Bergman et al., 2008; Letamendi, Chavira, Hitchcock, Roesch, Shipon-

Blum & Stein, 2008). Für den deutschsprachigen FEM fehlen diese Informationen. Die

Dateninterpretation bleibt der Lehrkraft selbst überlassen, und es werden keinerlei

Empfehlungen für den weiteren Umgang mit den Ergebnissen geboten. Aktuell werden

zudem zur Unterstützung der Diagnosestellung zwei Skalen entwickelt, über die Infor-

mationen zum Sprechverhalten von Kindern und Jugendlichen erhoben werden können

– die Frankfurter Skala zur Erfassung des SM (FSSM, Gensthaler & Schwenck, 2015)

sowie der Dortmunder Elternfragebogen zum selektiven Mutismus (Starke & Subellok,

in Vorb.).

Für das Ziel einer möglichst frühzeitigen Identifizierung von Risikokindern mit SM ist es er-

fordlich, bereits im Bildungskontext Kita anzusetzen. Die endgültige Diagnostik von SM kann

niemals in die Hände von Erzieher*innen und Lehrer*innen allein gelegt werden, sondern ist

dann Aufgabe der Domäne der Medizin. Allerdings werden die Fachkräfte über ein geeignetes

Instrument befähigt und sicherer, ihre eigenen Beobachtungen mit den Ergebnissen abzuglei-

chen und im Verdachtsmoment auf SM weitere diagnostische Schritte zu veranlassen. Darüber

wäre bereits vielen schweigenden Kindern geholfen.

Ein solches Screeninginstrument soll folgende Kriterien erfüllen:

Testkonstruktion

Es soll objektiv, reliabel und valide sein. Das heißt, dass die Ergebnisse unabhängig vom

Durchführenden und Auswertenden sind. Das Instrument muss verlässlich und eben dasje-

nige Merkmal messen, was es zu messen vorgibt. Es muss eine hohe Sensitivität und Spezi-

fität besitzen, um SM mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit bei einem Kind nachzuweisen

oder auszuschließen.

Benutzerfreundlichkeit und Anwendbarkeit

Es muss praxistauglich und zeitökonomisch sein, damit es gut im Kita- bzw. Schulalltag

eingesetzt und ausgewertet werden kann. Um in möglichst großem Umfang angewendet zu

werden, muss es kostenneutral zur Verfügung stehen.

5 DortMuS-Kita

Durchführung

Die Durchführung darf keine weitere Belastung für die Untersuchten darstellen. Schweigen-

de Kinder erleben die Kita- und/oder Schulsituation ohnehin oftmals als sehr belastend. Sie

einer face-to-face Testsituation auszusetzen würde ihr Stresserleben noch erhöhen. Die In-

terpretation derart erhobener Testergebnisse bliebe vage.

Interpretation der Ergebnisse

Pädagogische Fachkräfte müssen Hinweise erhalten, wie sie mit den gewonnenen Ergebnis-

sen weiter verfahren sollen. Es müssen weiterführende Handlungsschritte konkretisiert

werden.

Diese Argumente waren der Ausgangspunkt unserer Dortmunder Forschungsgruppe für die

mehrjährige Entwicklung der Dortmunder Mutismus Screenings DortMuS. DortMuS-Schule

(Starke & Subellok, 2016) liegt bereits vor. Über mehrere Pilot- und Evaluationsstudien kann

nun die reliables und valide Vorschulversion DortMuS-Kita vorgelegt werden. Beide Instrumen-

te stehen den pädagogischen Fachkräften aus Kita und Grundschule kostenlos als Download

zur Verfügung.

2 DortMuS-Kita

2.1 Allgemeine Kennzeichnung

DortMuS-Kita ist ein standardisiertes zeitökonomisches diagnostisches Screeningverfahren,

das reliable und valide Hinweise auf das (mögliche) Vorliegen eines SM bei Kindern liefert. Über

einen Fragebogen werden von dem/der Erzieher*in beobachtbare Verhaltensweisen einge-

schätzt, die das Kind in typischen Alltagssituationen der Kita (angeleitete/freie Spielsituatio-

nen, Gruppensituationen, Umgang mit verschiedenen Personenkreisen) zeigen kann.

Zielgruppe sind ein- und mehrsprachige Kinder zwischen 3;0 und 6;11 Jahren, die im Kita-

Kontext durch ein konsequentes schweigsames Verhalten auffallen. Die Kinder müssen sich

seit mindestens zwei Monaten in der Kita-Gruppe befinden. Angewendet werden kann Dort-

MuS-Kita von solchen pädagogischen Fachkräften, die ebenfalls seit mindestens zwei Mona-

ten täglich über mehrere Stunden mit dem schweigenden Kind zu tun haben und seine Verhal-

tensweisen gut beurteilen können. In der Regel sind dies die Bezugserzieher*innen. Kenn-

zeichnend für DortMuS-Kita sind:

Testkonstruktion

DortMuS-Kita liefert reliable und valide Werte, um Risikokinder für SM im vorschulischen

Bildungskontext der Kita zu identifizieren.

Benutzerfreundlichkeit und Anwendbarkeit

DortMuS-Kita besteht aus einem kurzen Fragebogen mit 17 Items zu beobachtbaren kindli-

chen Verhaltensweisen, den pädagogsiche Fachkräfte zeitökonomisch bearbeiten können.

Auf einer fünfstufigen Ratingskala soll das Verhalten des Kindes für den Zeitraum der ver-

6 DortMuS-Kita

gangenen vier Wochen eingeschätzt werden. Der Fragebogen kann jederzeit bearbeitet wer-

den und ist darüber gut in den Kita-Alltag integrierbar. Die Auswertung der Ergebnisse ist

unkompliziert. Die Durchführungs- und Auswertungszeit beläuft sich insgesamt auf circa 10

bis 15 Minuten.

Durchführung

Da DortMuS-Kita ein von Erzieher*innen durchgeführtes Beobachtungsverfahren ist, stellt

die Erhebung der Daten für die Kinder selbst keine Belastung dar. Es ist also davon auszu-

gehen, dass das kindliche Verhalten durch die Erhebungssituation nicht beeinflusst wird.

Interpretation der Ergebnisse

Es werden differenzierte Hinweise gegeben, wie das Ergebnis von DortMuS-Kita zu interpre-

tieren ist und welche erforderlichen diagnostischen Schritte sich gegebenenfalls anschlie-

ßen müssen. Über zwei kennzeichnende Fallbeispiele wird das mögliche Verhalten schweig-

samer Kinder veranschaulicht. Außerdem werden weiterführende Empfehlungen für den

Umgang mit schweigenden Kindern im Kita-Alltag konkretisiert.

Mit den über das Screeningverfahren DortMuS-Kita gewonnenen Informationen können Risi-

kokinder für SM identifiziert werden, die im Kita-Alltag auffallen. Unzulässig ist die Diagnose-

stellung Selektiver Mutismus! Eine solche ist nur auf der Grundlage weiterer diagnostischer

Erhebungen möglich und sie erfolgt ausschließlich durch Kinderärzt*innen resp. über die me-

dizinische Expertise.

2.2 Aufbau von DortMuS-Kita

Neben allgemeinen Angaben zum Kind (Name, Alter, Geschlecht, Mehrsprachigkeit, Dauer des

Schweigens) auf dem Deckblatt des Bogens besteht der Kernteil von DortMuS-Kita aus 17

Items, welche sich auf die beiden Subskalen Schweigen und Bedürfnisäußerung und Partizipa-

tion in der Gruppe verteilen. Die Items beschreiben kindliche Verhaltensweisen, die direkt in

Alltagssituationen in der Kita beobachtet werden können, zum Beispiel: Bei Ansprache des/der

ErzieherIn schweigt das Kind. (Item 9) oder Das Kind zieht sich bei Spielen in der Großgruppe

zurück (Item 13). Die Items sind sowohl positiv (Formulierung spiegelt typisch selektiv mutisti-

sches Verhalten wider) als auch negativ gepolt (Verhalten spiegelt untypisches Verhalten wi-

der). Auf einer fünfstufigen Ratingskala (von trifft gar nicht zu bis trifft genau zu) soll die päda-

gogische Fachkraft für jedes Item einschätzen, wie sehr das beschriebene Verhalten für das

Kind innerhalb der letzten vier Wochen zutraf. Als weitere Antwortoption steht weiß nicht zur

Verfügung.

2.3 Hinweise zur Durchführung

Zielgruppe

DortMuS-Kita kann für Kinder im Altersbereich von 3;0 bis 6;11 Jahren, die in einer Kita betreut

werden, angewendet werden. Kinder mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (z.B. Autis-

mus-Spektrum-Störung), massiven Hörbeeinträchtigungen oder Gehörlosigkeit sowie kogniti-

ven Beeinträchtigungen sind ausgeschlossen. Ein Schweigen bei dieser Klientel kann häufig

7 DortMuS-Kita

vor dem Hintergrund der Primärbeeinträchtigung erklärt werden und erfüllt nicht die Diagno-

sekriterien für einen SM.

Wer füllt den Bogen aus?

DortMuS-Kita kann von pädagogischen Fachkräften der Kitas bearbeitet werden. Die Fachkraft

sollte täglich mit dem schweigsamen Kind in verschiedenen Kita-Formaten zu tun haben (also

freies Spiel im Gruppenraum mit anderen Kindern, Sitzkreis, Singspiele, Einzelsituationen,

gruppenübergreifende Aktivitäten, Sport und Bewegung), um auch kontextuell unterschiedli-

ches Verhalten beurteilen zu können. In der Regel ist dies der/die Bezugserzieher*in.

Dauer des kindlichen Schweigens

Die Dauer des kindlichen Schweigens muss mindestens zwei Monate betragen. Sollte das Kind

erst kürzer in der Kitagruppe sein und/oder das Schweigen noch nicht so lange dauern, kann

DortMuS-Kita nicht angewendet werden.

Mehrsprachigkeit

Auch bei mehrsprachigen Kindern kann DortMuS-Kita durchgeführt werden. Allerdings sollte

hier die sprachliche Biografie des Kindes mit einbezogen werden. Bei Kindern, die erst mit Be-

ginn der Kita Deutsch als zweite/dritte Sprache erwerben, kann ein Schweigen bis zu sechs

Monaten typisch sein (Tabors, 2008). Diese Kinder werden dann erst mit dem Sprechen begin-

nen, wenn sie sich in der neuen Sprache sehr sicher fühlen. Sie müssen also nicht selektiv mu-

tistisch sein. Eine Durchführung von DortMuS-Kita sollte bei dieser Klientel erst nach etwa

einem halben Jahr stattfinden. Kinder, die seit Geburt mit zwei oder mehreren Sprachen

gleichermaßen aufwachsen, können analog zum Vorgehen einsprachiger Kinder mit DortMuS-

Kita beurteilt werden. Um einen genauen Überblick über den sprachlichen Lebenskontext des

Kindes zu erhalten, können die Mehrsprachen-Kontexte (Ritterfeld & Lüke, 2013) durchgeführt

werden.

Einschätzung der beobachtbaren Verhaltensweisen des schweigsamen Kindes

Die Fachkräfte erhalten auf dem Fragebogen eine selbsterklärende Instruktion zum Ausfüllen

des Bogens.

2.4 Auswertung

Die Auswertung von DortMuS erfolgt auf einem übersichtlichen Auswertungsraster (siehe An-

hang). Für jedes der 17 Items wird entsprechend der Erzieher*inneneinschätzung auf der Ra-

tingskala ein Rohwert von 0 bis 4 ermittelt. Dieser wird in eine der beiden Spalten Rohwerte

Skala 1 oder Rohwerte Skala 2 übertragen. Beachten Sie dabei, dass die Richtung der Skala

nicht bei jedem Item von 0 bis 4 reicht, sondern auch von 4 bis 0 erfolgen kann. Übertragen Sie

aus diesem Grund Ihre Antworten korrekt auf den Auswertungsbogen und ermitteln darüber für

jedes Item den passenden Rohwert. Jede weiß nicht-Antwort erhält den Rohwert 0. Die 17 Ein-

zelrohwerte werden dann auf den jeweiligen Skalen addiert. Auf der Skala 1 Schweigen und

Bedürfnisäußerung können maximal 48 Rohwertpunkte, auf der Skala 2 Partizipation in der

8 DortMuS-Kita

Gruppe maximal 20 erreicht werden. Diese beiden Summenwerte werden und dann zum Ge-

samtrohwert adiiert. Der Gesamtrohwert kann also minimal 0 und maximal 68 betragen.

Als Cut-Off-Wert wurde für DortMuS-Kita der Gesamtrohwert von 34 berechnet. Dies bedeu-

tet: Ein ermittelter Gesamtrohwert von 34 und höher deutet bei einem Kind mit hoher Wahr-

scheinlichkeit auf das Vorliegen eines SM hin. Ein Gesamtrohwert von unter 34 hingegen lässt

das Vorliegen eines SM eher unwahrscheinlich erscheinen.

Für eine qualitative Analyse kann die Auswertung auf der Ebene der beiden Subskalen erfol-

gen. Die Interpretation der Ergebnisse sollte allerdings mit Vorsicht erfolgen, da wir derzeit

keine Richtwerte auf Subskalenebene anbieten. Wird das Instrument zur Verlaufsdiagnostik

genutzt, können jedoch die Subskalenergebnisse über die Zeit hinweg verglichen und Verände-

rungen auf den einzelnen Ebenen dokumentiert werden.

In Kapitel 3 werden weitere Interpretationshilfen zum Umgang mit den Ergebnissen erläutert

und über Fallbeispiele veranschaulicht.

3 Interpretation der Ergebnisse und Empfehlungen für die Praxis

3.1 Was leistet DortMuS-Kita und was NICHT?

Mit den Ergebnissen des Screeninginstrumentes DortMuS-Kita können pädagogische Fach-

kräfte in Kitas nun zuverlässiger unterscheiden, ob bei einem schweigsamen Vorschulkind der

eigenen Gruppe (Alter 3;0 bis 6;11 Jahre) mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Risiko für SM vor-

liegt. Ein Verdacht auf SM kann also eher bestätigt oder eher ausgeschlossen werden. Indika-

tor für diese Differenzierung ist der Cut-Off-Wert.

Die Diagnose „Selektiver Mutismus“ kann mit DortMuS-Kita hingegen NICHT gestellt werden.

Eine Diagnosestellung erfolgt ausschließlich durch Kinderärzt*innen. Dabei werden über eine

ausführliche Anamneseerhebung und Untersuchung des Kindes die ICD-10 (Deutsches Institut

für Medizinische Dokumentation und Information [DIMDI], 2014) und oder DSM-V-Kriterien

(American Psychiatric Association, 2013) zugrunde gelegt. Ein standardisiertes Testinstrument

für die Diagnosestellung „Selektiver Mutismus“ existiert bislang weder im deutschsprachigen

noch im angloamerikanischen Raum. Die Ergebnisse von DortMuS-Kita können den Ärzt*innen

allerdings zuverlässige Hinweise zum Verhalten des Kindes im Sozialkontext Kita liefern und

darüber die Diagnosestellung absichern.

3.2 Was ist zu tun, wenn sich beim Kind KEIN Verdacht auf SM bestätigt?

Auch wenn sich über DortMuS-Kita kein Verdacht auf SM bestätigen lässt, kann das Kind den-

noch einer Unterstützung bedürfen. Auch sprechängstliche oder extrem schüchterne Kinder

brauchen in vielen Situationen eine besondere Aufmerksamkeit, um nicht im Kita-Alltag unter-

zugehen. Beobachten Sie die weitere Entwicklung des Kindes: Zeigt es allgemein ein eher un-

beschwertes Verhalten? Sind Situationen auszumachen, in denen es sich eher wohl und ent-

9 DortMuS-Kita

spannt fühlt? Nimmt das Kind Anteil am Geschehen? Lacht es? Zeigt es Lautmalereien? Kom-

muniziert es nonverbal durch Nicken oder Kopfschütteln? Ist eine zunehmende Entspannung

auszumachen? Spielt das Kind mit einzelnen Kindern? Dies sind Anzeichen für eine eher posi-

tive Entwicklung. Es kann auch sein, dass das Kind nur in sprachlichen Anforderungssituatio-

nen (bei direkter Ansprache oder wenn es um Anweisungen geht, etwa etwas zu holen)

schweigt. Hier könnten Sie mit dem Kind besondere Regeln vereinbaren (etwa kann es zeigen,

ob es Tee oder Kakao trinken will). Sollte sich allerdings das schweigsame Verhalten verfesti-

gen und liegen gegebenenfalls noch weitere Entwicklungsrisiken (etwa Spracherwerbs- oder

Lernschwächen) vor, so ist wie bei SM-Verdachtskindern eine externe Hilfe ebenfalls ratsam.

3.3 Was ist zu tun, wenn sich beim Kind der Verdacht auf SM bestätigt?

Es besteht Handlungsbedarf!

Ein erster wichtiger Schritt ist getan: Das nur schwer einschätzbare schweigsame Verhalten

des Kindes ist klarer einzuordnen. Ihnen als Erzieher*in liegt nun ein objektivierbares Ergebnis

vor, worüber eine Orientierung für weitere Schritte gegeben ist. Sie selbst können und müssen

nicht alleine mit Mutismus umgehen. Dafür gibt es Spezialist*innen! Es empfiehlt sich drin-

gend, eine ggfs. externe mutismusspezifische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Maßgeblich wird

es nun in Ihrer Verantwortung liegen, inwieweit für das Kind, seine Familie und auch Sie eine

solche Unterstützung initiiert werden kann.

Informieren Sie sich und ermitteln Sie professionelle Anlaufstellen in der Umgebung

Wenn sich Entwicklungsauffälligkeiten beim Kind zeigen, sind Kinderärzt*innen für Eltern in

der Regel die erste Anlaufstelle. Allerdings sind diese oft nur wenig mit dem seltenen Phäno-

men SM vertraut. Expert*innen für SM sind in Deutschland Logopäd*innen und Sprachthera-

peut*innen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Auf den Internetseiten des

Dortmunder Mutismus Zentrums der TU Dortmund (www.spa.tu-dortmund.de), des Vereins

StillLeben (www.selektiver-mutismus.de) oder der Mutismus Selbsthilfe (www.mutismus.de)

finden Sie neben Therapeut*innenverzeichnissen auch viele weitere Informationen rund um

das Thema SM.

Suchen Sie den Austausch mit Kolleg*innen

Stimmen Sie Ihre eigenen Beobachtungen zum Kind mit denen der Kolleg*innen ab. Schätzen

diese das Kind ähnlich ein? Gibt es vielleicht doch Situationen oder Personen, in bzw. mit de-

nen sich das Kind kommunikativer und offener zeigt als Sie selbst es bislang wahrgenommen

haben? Spielt es mit anderen Kindern außerhalb Ihrer Gruppe? Ein möglichst facettenhaftes

Bild vom schweigenden Kind in unterschiedlichen Kita-Kontexten ist hilfreich, die Komplexität

und Individualität der Schweigesymptomatik und des Verhaltens genauer zu erfassen. Sofern

es sich anbietet, können auch die anderen Kinder wichtige Informationsquellen sein.

Suchen Sie das Gespräch mit den Eltern

Es liegt in Ihrer Verantwortung, die Eltern über Ihre Beobachtungen, die Ergebnisse von Dort-

MuS-Kita und die möglichen Gefährdungen für die weitere Entwicklung des Kindes zu infor-

mieren. Zeigen Sie Verständnis für solche Eltern, denen das Verhalten ihres Kindes völlig uner-

10 DortMuS-Kita

klärlich bleibt und die vielleicht auch an Ihren Beobachtungen zweifeln. Berücksichtigen Sie

dabei, dass diese Eltern ihr Kind im vertrauten (häuslichen) Bereich völlig unbeschwert und

sprechend erleben. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass viele Eltern das schweigsame Verhal-

ten womöglich mit einem schüchternen Naturell des Kindes erklären. Sie möchten lieber seine

weitere Entwicklung abwarten und womöglich ein – in ihren Augen – vorschnelle Pathologisie-

rung vermeiden. Geben Sie diesen Eltern Zeit, den Gedanken zulassen zu können, dass mit

ihrem Kind womöglich etwas nicht stimmen könnte. Bleiben Sie dennoch beharrlich und ver-

deutlichen Sie, dass Sie als Erzieher*in von vielen Kindern nur begrenzt Möglichkeiten haben,

den speziellen Bedarfen des Kindes nachzukommen und Sie selbst nicht Experte*in für SM

sind. Legen Sie den Eltern deshlab nahe, eine/n Kinderarzt/ärztin zu konsultieren und weitere

professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen oder auch deshalb, um GEMEINSAM und auch

FRÜHZEITIG das Problem angehen zu können. Hier empfiehlt es sich, bereits Adressen oder

Anlaufstellen für die Eltern parat zu haben. Erläutern Sie den Eltern, dass ihr Kind bei einer

gezielten Hilfe noch guten Chancen hat, das schweigsame Verhalten komplett zu überwinden.

Je frühzeitiger ihm geholfen wird, desto geringer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich das

Schweigen mit zunehmendem Alter verfestigt und womöglich mit in die Schule genommen

wird.

Sich selbst nicht überfordern!

Es liegt nicht mehr in Ihrem Verantwortungsbereich, inwieweit Eltern dann tatsächlich externe

Hilfe für ihr Kind und sich selbst suchen. Unterschätzen Sie deshalb nicht Ihre eigenen Ein-

flussmöglichkeiten als Erzieher*in auf die Entwicklung des schweigenden Kindes! Sie können

vieles bewirken, allerdings benötigen Sie dafür Unterstützung. Kollegiale Beratung im Team,

Supervision oder auch die Beratungsangebote des Dortmunder Mutismus Zentrums

(www.spa.tu-dortmund.de) für Erzieher*innen und pädagogisch-therapeutisches Fachperso-

nal sind hilfreiche Formate.

3.4 Was kann eine Fachkraft im Kita-Alltag tun, wenn sich der Verdacht auf SM

bestätigt?

SM kennen und erkennen …

… ist der wichtigste erste Schritt und auch beste präventive

Schutz, um frühzeitig intervenieren zu können. Ein schweigsa-

mes Verhalten im Vorschulalter ist oftmals noch weniger mani-

fest als später im Schulalter. So ist es zum Beispiel möglich,

dass ein/e Erzieher*in ein Kind mit anderen Kindern durchaus

sprechen hört, es aber bei ihrer Ansprache oder auch im Kontakt

mit Kolleg*innen regelmäßig verstummt. Bleiben diese Verhal-

tensweisen länger andauernd, so kann durchaus das Vorliegen

eines SM vermutet werden. Über DortMuS-Kita erhällt die päda-

gogische Fachkraft Anhaltspunkte, die variantenreichen Ausprä-

gungsformen eines shweigsamen Verhaltens von Kindern im

Vorschulalter besser einzuordnen.

ERKEN-NEN

VER-STEHEN

HAN-DELN

11 DortMuS-Kita

SM verstehen

Für das Phänomen SM ist es wichtig zu begreifen, dass jedes schweigende Kind ganz normal

sein und sprechen MÖCHTE wie alle anderen Kinder auch, nur dass es dies im Moment noch

nicht KANN. Gelassenheit und eine „Noch-Nicht-Haltung“ (Das Kind spricht noch nicht, doch

wird es das bestimmt bald tun!) können entlasten und den Druck aus der Interaktion und Ge-

samtsituation nehmen. Denn dieser ist erheblich, in der Regel nicht nur beim Kind, sondern

auch bei den Fachkräften. Auch kann ein Schweigen sehr verunsichern und Ärger auslösen.

Oftmals wird es als Trotzverhalten missinterpretiert. Doch nehmen Sie das Schweigen niemals

persönlich! Die Überwindung des Schweigens ist nicht Ihre persönliche (pädagogische) Her-

ausforderung, sondern die des Kindes. Es wird selbst seinen Weg ins Sprechen bestimmen.

Handeln

Dass das Kind möglichst noch in der Kita irgendwann sprechen wird, ist das Ziel. Der Weg da-

hin kann lang sein. Es gibt für Fachkräfte viele Möglichkeiten, das Kind auf diesem Weg zu un-

terstützen. Basis für den Erfolg der pädagogischen Arbeit wird immer sein, wie das Kind die

Kita als sicheren Ort erlebt, an dem es sich wohlfühlen kann. Eine Fachkraft kann in vielerlei

Hinsicht zu einem solchen SAFE PLACE beitragen (Bahrfeck et al., 2017; Bahrfeck-Wichitill,

Subellok, Winterfeld, & Starke, 2013; Subellok & Starke, 2012, 2015). In erster Linie gehört da-

zu, die anderen Kinder in einer adressatengemäßen Form über das Schweigen zu orientieren:

Tabea kann sprechen! Zuhause tut sie das mit Mama und Papa und mit ihrer Schwester. Mit

uns kann sie noch nicht sprechen. Doch sie wird es bestimmt bald lernen. Und wir können ihr

dabei helfen. Eine räumliche und zeitliche Sicherheit können für das schweigende Kind über

feste Orte zum Ankommen morgens in der Gruppe (etwa ein bestimmter Stuhl) sowie Rituale

und Transparenz darüber, was heute in der Gruppe passieren wird, geschaffen werden. Mutis-

mustypisch und deshalb zwingend zu beachten ist, dass die Kinder ihre Bedürfnisse und Be-

findlichkeiten (Hunger, Durst, Toilette, Bauchschmerzen…) nicht äußern (Starke & Subellok,

2016). Hier könnte vorübergehend ein Helferkind agieren oder in Ausnahmefällen auch eine

weitere Bezugsperson (Integrationskraft, Praktikant*in) einbezogen werden.

Für den pädagogischen Förderkontext können im Weiteren vier Handlungsbereiche unter-

schieden werden.

Angstreduzierende Maßnahmen

Üben Sie keinen Druck aus und zwingen Sie das Kind nicht zum Sprechen! Eine direkte An-

sprache kann zu kompletter Erstarrung führen. Als Alternative bieten sich bei jüngeren Kin-

dern indirekte Wege der Ansprache über Handpuppen an, bei älteren Kindern auch nonver-

bale Kommunikationsformen (s.u.). Geben Sie dem Kind das Gefühl, dass es kommunizieren

KANN, auch wenn es nicht spricht. Unterstützen Sie Kontakte zu solchen Kindern, die dem

Schweigen natürlich begegnen. Hilfreich ist immer ein Kind als „Helfer“ oder steter Beglei-

ter. Beachten Sie, dass Leichtigkeit und Humor die besten Türöffner für schweigsame Kin-

der sind!

12 DortMuS-Kita

Förderung der sozialen Interaktion und Partizipation

Grundsätzlich möchte ein schweigsames Kind genau-

so behandelt werden wie alle anderen Kinder auch!

Vermeiden Sie deshalb möglichst eine Sonderrolle.

Geben Sie ihm dennoch in manchen Situationen Ihre

besondere Zuwendung, wenn es Unterstützung benö-

tigt. Binden Sie das Kind wenn immer möglich in alle

Gruppenaktivitäten ein. Zum Beispiel könnte das Kind

für einen Erzählkreis vorher ein Bild gemalt haben,

das von den Eltern in Form einer kleinen Geschichte

schriftlich kommentiert wurde. Die anderen Kinder

können dann Fragen zum Bild stellen, auf die das

Kind mit Nicken oder Kopfschütteln antworten könn-

te. Abschließend könnten Sie die Geschichte der Gruppe vorlesen (Bahrfeck et al., 2017).

Lassen Sie das Kind auch durchaus kleine Aufgaben übernehmen, die es sich zutraut. Viel-

leicht kann ein anderes Kind dabei unterstützen. Schaffen Sie Situationen, in denen sich

das Kind mit einzelnen anderen Kindern für eine geraume Zeit ungestört zurückziehen kann

(etwa Puppenecke). In überschaubaren Zweier- oder Dreierkontakten wird es sich leichter

etwas zutrauen als in der gesamten Gruppe. Unterstützen Sie Kontakte zu einzelnen Kin-

dern, die unbeschwert auf das schweigende Kind zugehen. Ein solcher Kontakt zu Gleichalt-

rigen ist essentiell wichtig, damit sich das schweigsame Kind als „normal“ – wie alle ande-

ren auch - wahrnehmen kann. Dabei ist es zunächst noch völlig irrelevant, ob es mit anderen

bereits spricht oder nicht. Schweigsame Kinder sind gefährdet, auch sozial isoliert zu sein

resp. zu werden. Die soziale Isolation wird manchmal als belastender empfunden als das

Schweigen selbst (Bahrfeck-Wichitill & Kuhn, 2015). Je mehr sich mutistische Kinder iso-

liert fühlen, desto stärker wird sich mit zunehmendem Alter dieses Bild vom Anderssein

auch in ihrer Identität verankern. Das Schweigen wird dann weniger leicht nachhaltig zu

überwinden sein. Deshalb muss es im Elementarbereich wichtigstes Ziel sein, den schwei-

genden Kindern über unbeschwerte Kontakte mit Peers umfassende soziale Partizipations-

situationen zu ermöglichen.

Nutzung nonverbaler Kommunikationsformen

Kommunikation ist möglich auch ohne Lautsprache. Nutzen Sie alle Varianten nonverbaler

Kommunikationsformen wie Gestik, Mimik, Ankreuzsysteme, Fotos, Bilder etc. Fragen Sie

sich, wie das Kind am besten Zustimmung oder Ablehnung mitteilen, auf Auswahl- oder

Entscheidungsfragen antworten oder Unterstützungsbedarf signalisieren kann. Bieten Sie

dem Kind verschiedene Möglichkeiten an und probieren sie gemeinsam aus, welche Varian-

te im Kontakt mit Gleichaltrigen, Erwachsenen und in der Gesamtgruppe am besten funkti-

oniert. Das können durchaus unterschiedliche Modalitäten sein. Einige nonverbale Kommu-

nikationsformen können auch als Regel für die gesamte Gruppe eingeführt werden. Zum

Beispiel könnte ein Gegenstand (Stein, Säckchen…) an das Kind weitergereicht werden, das

als nächsten ein Spiel aussuchen darf, einen Spielzug machen darf etc.

Angst-reduzie-

rung

soziale Interaktion + Parti-zipation

nonverbale Kommuni-kations-formen

laut- (sprach-)

liche Kom-munikation

13 DortMuS-Kita

□ □ □

Initiierung der (laut-)sprachlichen Kommunikation

Über (laute) Geräusche oder Tierlaute finden viele Kinder leichter ins Sprechen. Auch Sing-

und Bewegungsspiele ermöglichen einfacher eine lautliche Erprobung und Teilnahme, weil

das Kind selbst nicht im Mittelpunkt steht. Ein Sichtschutz oder Verstecke, aus denen her-

aus das Kind lautlich agieren kann, geben Sicherheit. Auch kann es helfen, wenn Sie sich

einfach vom Kind abwenden, wenn Sie etwa auf seine Reaktion warten. Wenn dann das Kind

erstmalig ins Sprechen findet: Vermeiden Sie Lob oder Kommentare. Vermitteln Sie dem

Kind, dass sein Sprechen das Selbstverständlichste auf der Welt ist und Sie gar nichts an-

deres von ihm erwartet haben!

3.5 Gibt es bei mehrsprachigen schweigenden Kindern etwas Besonderes zu

beachten?

Bei mehrsprachigen Kindern, die vielleicht erst seit kurzem (durch den Kitaeintritt) mit der

deutschen Sprache konfrontiert sind, kann zu Beginn eine Schweigephase völlig normal sein.

Manchmal dauert diese Übergangsphase mehrere Monate. Gerade schüchterne Kinder „hören“

sich in die Sprache zunächst ein und benötigen mehr Zeit, um die für sie notwendige Sicherheit

zu erlangen, um auch produktiv sprachlich zu handeln. Ziehen Sie hier keine voreiligen Schlüs-

se und führen Sie DortMuS-Kita erst nach ca. 6 Monaten nach Kita-Eintritt durch. Ein regel-

mäßiger Kitabesuch sollte es dem Kind in dieser Zeit ermöglicht haben, ausreichend Deutsch-

kenntnisse zu erwerben, um sprachlich aktiv werden zu können. Ebenso sollte das Kind eine

gewisse Sicherheit innerhalb der ggf. neuen kulturellen Lebenswelt erlangt haben. Versuchen

Sie zusätzlich, über die Eltern Informationen zur Sprachentwicklung des Kindes in einer oder

ggfs. mehreren Sprachen zu bekommen. Beobachten Sie, wie sich das Kind langsam der deut-

schen Sprache nähert. Versteht es Ihre Anweisungen? Spielt und spricht es vielleicht (in seiner

Herkunftssprache) mit den anderen Kindern und nur nicht mit Ihnen? Lacht es und wirkt insge-

samt eher unbeschwert? Sollten sich insgesamt keine Fortschritte in der sprachlichen Ent-

wicklung und in Richtung Sprechen zeigen, ist eine weiterführende Diagnostik und spezifische

Hilfe anzuraten (siehe Fallbeispiel Esra, Kapitel 3.6).

Bei Kindern mit Fluchterfahrungen können die Hintergründe für ein schweigsames Verhalten

noch komplexer sein. Neben einem womöglich erschwerten Zweitspracherwerb sind es insbe-

sondere traumatische Erfahrungen, die ein stark wechselndes Verhalten von depressiv und

zurückgezogen bis impulsiv erklären können. Hier ist also auch mit einem Verdacht auf SM

Vorsicht geboten, wobei ein deutlich höhres Risiko für die Ausprägung eines SM bei Kindern

mit Fluchterfahrung zu vermuten ist (Subellok & Starke, 2015).

14 DortMuS-Kita

3.6 Fallbeispiele

Finn (Beispiel aus Subellok & Starke, 2012) ist 4;6 Jahre alt und wächst monolingual Deutsch

auf. Er war schon immer ein liebes und ruhiges Kind. Da sein Vater arbeitsbedingt häufig ab-

wesend ist und war, haben Finn und seine nicht berufstätige Mutter eine sehr enge Beziehung

entwickelt. Der Kita-Eintritt vor sechs Monaten war für ihn nicht einfach. Finn weinte und

klammerte sich an seiner Mutter fest. Anfangs dauerte es manchmal eine volle Stunde, bis die

Mutter gehen konnte. Auch wenn der Abschied mittlerweile weniger dramatisch verläuft, fällt

es ihm nach wie vor schwer alleine zu bleiben. Er sitzt dann alleine auf seinem festen Platz im

Gruppenraum und starrt vor sich hin. Auch beobachtet er die anderen Kinder, doch können sie

ihn kaum zum Spielen animieren. Nur ganz selten beteiligt er sich an Gruppenaktivitäten. Auch

geht Finn kaum auf andere Kinder zu. Meistens spielt er dann alleine in der geschützten

Bauecke. Spricht ihn ein Kind an, verharrt er in seinem Spiel und gibt keine Antwort. Manchmal

spiel Finn schweigend mit Tom. Tom und Finn kennen sich bereits von früher und treffen sich

auch zuhause, wo sie ganz unbefangen und sprechend miteinander spielen können. In der Kita

ist das für Finn nicht möglich. Finns Erzieherin ist besorgt. Zwar hat sie grundsätzlich eine ge-

ringfügige kommunikative Öffnung bei Finn beobachten können. Mittlerweile kann er den

Blickkontakt zu ihr halten und manchmal auch mit Kopfschütteln und Nicken auf Fragen rea-

gieren. Doch hat er bislang noch kein Wort mit ihr gesprochen. Auch die Kolleg*innen bestäti-

gen, dass sie Finn noch nie haben reden hören.

Mit DortMuS-Kita wird ein Gesamtrohwert von 52 erreicht (siehe Abbildung 1). Bei Finn besteht

demnach ein hohes Riskio auf das Vorliegen eines SM. Differentiell betrachtet zeigen sich 39

(von maximal 48) Rohwertpunkte auf der Skala 1 Schweigen und Bedürfnisäußerung und 13

(von maximal 20) Rohwertpunkte auf der Skala 2 Partizipation in der Gruppe. Finns mutisti-

sches Verhalten ist also in beiden Bereichen in etwa gleich ausgeprägt, wobei die – im Verhält-

nis – geringfügig höheren Werte auf Skala 1 auf ein sehr konsequentes Schweigen und eine

fast fehlende Bedürfnisäußerung hinweisen. Er zeigt damit Verhaltensweisen, die für mutisti-

sche Kinder typisch sind: Im Kontakt mit Erwachsenen kann es bei Ansprache sein, dass er

komplett erstarrt; er partizipiert wenig an Gruppenaktivitäten und ist in überschaubareren Si-

tuationen mit einzelnen Kindern etwas offener, obwohl er auch mit ihnen konsequent

schweigt. Sein Umgang mit Kindern, z. B. in Situationen, in denen er sich unbeobachtet fühlt,

müsste noch weiter beobachtet werden. Nichtsdestotrotz wird mit dem Ergebnis von Dort-

MuS-Kita ein Elterngespräch nahegelegt, um Finns Kommunikationsverhalten in anderen sozi-

alen Kontexten beurteilen zu können. Auch wird eine diagnostische Abklärung bei Kinder-

ärzt*innen und/oder Logopäd*innen/Sprachtherapeut*innen dringend empfohlen.

15 DortMuS-Kita

Abbildung 1: Finn – Ergebnisse DortMuS-Kita

Esra ist ebenfalls 4;6 Jahre alt und besucht seit sechs Monaten die Kita. Ihre Herkunftsspra-

che ist Türkisch. In ihrer Familie wird nur Türkisch gesprochen. Esra wurde in Deutschland ge-

boren und hat eine jüngere Schwester. Über Esras Deutschkenntnisse liegen der Erzieherin

keine Informationen vor. Ihr erscheint Esras sehr schweigsames Verhalten auffällig, welches

sie sich ihrer Erfahrung nach nicht nur über fehlende Deutschkenntnisse erklären kann. Denn

Esra verhält sich in der Gruppe mit anderen Kindern auf den ersten Blick relativ unauffällig. Sie

lacht, läuft mit ihnen durch den Raum, spielt mit ihnen z. B. in der Puppenecke. Bei Singspielen

in der Großgruppe macht Esra zwar nicht mit, doch sie sitzt mit im Stuhlkreis und beobachtet

das Geschehen aufmerksam. Im Gegensatz dazu steht ihr Verhalten mit erwachsenen Perso-

nen. Wird sie von der Erzieherin angesprochen, erstarrt sie und vermeidet den Blickkontakt.

Deswegen kann die Erzierin auch nicht einschätzen, inwieweit Esra die deutsche Sprache ver-

steht oder sie sich bei Anweisungen oder Aufforderungen lediglich an den anderen Kindern

orientiert. Noch keine der Kolleginnen hat Esra in einer dialogischen Situation sprechen ge-

hört, auch nicht in ihrer der Muttersprache. Eine der Erzieherinnen glaubt, Estra mal mit einem

anderen türkischen Mädchen auf dem Flur reden gehört zu haben, vermutlich in Türkisch.

16 DortMuS-Kita

Abbildung 2: Esra – Ergebnisse DortMuS-Kita

Da Esra bereits 6 Monate die Kita besucht, kann die Eingewöhnungsphase als abgeschlossen

betrachtet werden. Ebenso wird vermutet, dass das Kind durch den alltäglichen Kontakt mit

dem Deutschen bereits ausreichend Deutschkenntnisse erworben haben sollte, um erste

sprachliche Äußerungen zu produzieren. Entsrepchend kann DortMuS-Kita angewendet wer-

den. Bei einem Gesamtrohwert von 34 könnte bei Esra in der Tat ein SM vorliegen (siehe Tabel-

le 2). Betrachtet man den Gesamtrohwert differentieller, so zeigen sich auf der Skala 1

Schweigen und Bedürfnisäußerung 33 (von maximal 48) Rohwertpunkte und auf der Skala 2

Partizipation in der Gruppe lediglich 1 (von maximal 20) Rohwertpunkte. Das mutistische Ver-

halten zeigt sich also wesentlich ausgeprägter im Schweigen und der Bedürfnisäußerung und

insbesondere im Kontakt mit Erwachsenen. Mit anderen Kindern ist sie hingegen durachaus

aktiv und kann am Spielgeschehen – auch nonverbal – teilnehmen (Partizipation in der Grup-

pe). Esras schweigsames Verhalten ließe sich deshalb auch über mangelnde (deutsche)

Sprachkompetenzen erklären, die insbesondere im Kontakt mit Erwachsenen zutage treten,

wenn sprachliche Anforderungen an sie gestellt werden. Dies muss differentialdiagnostisch

über Elterninformationen, weitere Beobachtungen und gegebenenfalls einer Testung der

Deutschkompetenzen abgeklärt werden. Es ist weiter zu beobachten, inwieweit Hülya sprach-

17 DortMuS-Kita

liche Anweisungen in der deutschen Sprache versteht und inwieweit sie versucht, sich – auch

nonverbal – verständlich zu machen. Auch sind weiterführende Informationen zum sprachli-

chen Sozialisationskontext (Ritterfeld & Lüke, 2013) und auch den Sprachkompetenzen in der

Herkunftssprache erforderlich. Die Sprachverstehensleistungen können mit Testverfahren

(etwa LiSe-DaZ, Schulz & Tracy, 2011) ermittelt werden. In jedem Fall sind die Eltern zu kon-

taktieren und im Zweifelsfall ist immer eine diagnostische Abklärung bei Kinderärzt*innen

und/oder Logopäd*innen/Sprachtherapeut*innen anzuraten.

4 Testkonstruktion Im Folgenden finden Sie eine kurze Übersicht zur Testkonstruktion und den beiden dazugehö-

rigen Studien zur Entwicklung und Evaluation des Screeninginstrumentes.

4.1 Itementwicklung

Zur Entwicklung des Screeninginstrumentes wurde zunächst ein Itempool von insgesamt 79

Items entwickelt. Diese Items beschreiben Verhaltensweisen, die für mutistische Kinder ty-

pisch sein können, und Kompetenzen in den Kategorien (1) Sprechen und Schweigen, (2) Be-

dürfnisäußerung, (3) Partizipation, (4) Nonverbale Kommunikation, (5) Emotionaler Ausdruck

sowie (6) Hilfe und Unterstützung beinhalten. Alle Items wurden als Aussagesätze sowohl posi-

tiv (spiegeln selektiv mutistisches Verhalten wider) als auch negativ (spiegeln SM untypisches

Verhalten wider) formuliert. Als Antwortmöglichkeit wurde eine fünfstufige Ratingskala von

trifft gar nicht zu bis trifft genau zu gewählt.

4.2 Studie 1: Entwicklung von DortMuS-Kita

Ziel der ersten Studie war es, aus einem großen Itempool von anfangs 79 Items ein möglichst

kurzes, trennscharfes und zuverlässiges Screeninginstrument zu entwickeln. Die Datenerhe-

bungen fanden einerseits im Rahmen des Dissertationsprojektes von Starke (2014) sowie in

parallel laufenden Erhebungen in weiteren Kitas im Ruhrgebiet statt. Die Bögen wurden als

Paper-Pencil-Version an die Einrichtungen ausgegeben. Die Erzieher*innen wurden gebeten, in

diesen das Verhalten ihres schweigenden Kindes sowie eines sprechenden Kontrollkindes mit-

hilfe der 79 Items einzuschätzen sowie einige zusätzliche Informationen zum Kind (Alter, Ge-

schlecht, Mehrsprachigkeit etc.) anzugeben. Insgesamt 88 Kinder, davon 48 schweigende und

40 sprechende Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren wurden von ihren Erzieher*innen ein-

geschätzt. Anhand dieser Stichprobe wurden zunächst die Itemschwierigkeit und die korrigier-

te Trennschärfe für alle 79 Items berechnet. Items mit sehr niedrigen (< ,20) oder sehr hohen

Itemschwierigkeiten (> ,80) oder einer geringen Trennschärfe (< ,40) wurden von weiteren Ana-

lysen ausgeschlossen. Dies betraf insgesamt 29 Items. Mit den verbleibenden 50 Items wurden

so genannte Hauptkomponentenanalysen mit Oblimin-Rotation gerechnet. Ziel dabei war es,

eine Screeningversion mit mindestens zwei Subskalen und maximal 20 Items zu erhalten. Nach

und nach wurde der Itempool dazu anhand der Kriterien Itemschwierigkeit, Trennschärfe und

der eindeutigen Zuordnung zu einem Faktor reduziert. Schließlich ergab sich eine zweifaktori-

elle Lösung mit einer Varianzaufklärung von 66,3 Prozent (KMO > ,90, Bartlett-Test auf Sphäri-

18 DortMuS-Kita

zität p < ,001). Der erste Faktor bestand aus zwölf Items und spiegelte schweigende Verhal-

tensweisen sowie Verhalten zur Bedürfnisäußerung wider. Hieraus ergibt sich die Subskala

Schweigen und Bedürfnisäußerung, welche in Studie 1 eine sehr gute Reliabilität von Cron-

bachs α = ,95 zeigte. Der zweite Faktor umfasste fünf Items und spiegelte Verhaltensweisen in

Gruppenkontexten wider. Hieraus ergibt sich die Subskala Partizipation in der Gruppe, welche

ebenfalls eine gute Reliabilität mit Cronbachs α = ,88 aufwies. Im Gesamt erreichte die 17-

Itemversion von DortMuS-Kita mit einem Cronbachs α = ,96 eine sehr gute Reliabilität.

4.3 Studie 2: Überprüfung von DortMuS-Kita

Ziel der zweiten Studie war es, die ermittelte 17-Itemversion anhand einer neuen Stichprobe

auf ihre Güte hin zu prüfen. Dazu wurden Erzieher*innen selektiv mutistischer Kinder aufge-

fordert, an einer Online-Studie teilzunehmen. Der Fragebogen bestand in diesem Fall aus der

17-Itemversion von DortMuS-Kita sowie einigen Fragen zu biografischen Daten der Kinder. Zu-

sätzlich wurden die Erzieher*innen gefragt, ob sie an einem anschließenden optionalen Tele-

foninterview teilnehmen möchten. An der Evaluationsstudie nahmen insgesamt 107 pädagogi-

sche Fachkräfte teil. Diese schätzten 192 Kinder (107 Kinder mit SM und 85 sprechende Kon-

trollkinder) ein. Davon wuchsen nach Angabe der Erzieher*innen 57 % mehrsprachig auf. An-

hand der Gesamtstichprobe wurden zunächst Itemanalysen durchgeführt, um Schwierigkeit

und Trennschärfe zu berechnen. Alle Items erreichten mittlere Schwierigkeiten zwischen pi =

,35 und pi = ,67, was für ein Screeninginstrument wünschenswert ist. Alle 17 Items erreichen

mittlere bis hohe Werte in der korrigierten Item-Trennschärfe (rit = ,59 bis rit = ,,82).

Reliabilität. Die endgültige Version von DortMuS-Kita, die hier im Anhang zu finden ist, erreicht

mit einem Cronbachs α = ,94 eine sehr gute Reliabilität – vergleichbar mit den Werten aus Stu-

die 1. Auch beide Subskalen weisen eine gute bis sehr gute Reliabilität mit α = ,92 (Schweigen

und Bedürfnisäußerung) und α = ,88 (Partizipation in der Gruppe) auf.

Validität. Zur Überprüfung der Konstruktvalidität von DortMuS-Kita wurden Gruppenunter-

schiede auf den einzelnen Skalen betrachtet. Die schweigenden und sprechenden Kinder un-

terscheiden sich signifikant sowohl im DortMuS-Gesamtwert als auch auf beiden Subskalen.

Dabei zeigten die Kinder mit SM die höchsten Werte. Der Faktor Mehrsprachigkeit zeigte kei-

nen Einfluss auf die Ergebnisse der Kinder – weder auf Ebene der Gesamtskala noch auf Ebene

der Subskalen. Die Auswertung der Telefoninterviews zur Validierung der Diagnosestellung SM

laufen aktuell noch.

Bestimmung des Cut-Off-Wertes. Ziel des Instrumentes ist es, mit größtmöglicher Genauigkeit

Risikokinder mit SM von denen ohne SM zu unterscheiden. Dazu musste ein Wert ermittelt

werden, welcher ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen Sensitivität (Trefferquote)

und Spezifität (Quote korrekter Ablehnungen) schafft. Es sollen demnach möglichst wenige

Kinder ohne SM als auffällig klassifiziert werden und entsprechend andersherum sollen auch

möglichst wenige Kinder mit SM als unauffällig eingeordnet werden. Zur Bestimmung dieses

Cut-Off-Wertes wurde eine Receiver-Operating-Characteristics-Analyse durchgeführt. Diese

ergab zunächst eine sehr gute Differenzierungsfähigkeit des Instrumentes, AUC = ,902, p < ,001

19 DortMuS-Kita

(95 % CI [,853, ,951]). Mithilfe des Youden-Index (YI) wurde der Testwert ermittelt, mit welchem

die Trennung der Gruppen SM vs. Nicht-SM am besten gelingt. Für DortMuS-Kita wurde ein

Cut-Off-Wert von 34 ermittelt, bei welchem YI = ,70 am größten ist. Anhand dieses Wertes kön-

nen insgesamt 91,7 % der Kinder mit SM in dieser Stichprobe korrekt klassifiziert werden

(Sensitivität) und 78,7 % der sprechenden Kontrollkinder korrekt der Gruppe Nicht-SM zuge-

ordnet werden (Spezifität). Mit einem RATZ-Index (relativer Anstieg der Trefferquote gegen-

über der Zufallstrefferquote) von 0,79 weist das Instrument eine deutliche Verbesserung der

Differenzierung zwischen SM und Nicht-SM im Vergleich zu einer zufälligen Zuteilung auf.

Insgesamt liegt mit der aktuellen 17-Itemversion von DortMuS-Kita somit ein reliables und

valides Instrument vor, mit welchem pädagogische Fachkräfte im Elementarbereich schweig-

sames Verhalten der betreuten Kinder hinsichtlich einer möglichen SM-Diagnose einschätzen

können.

5 Ausblick

Nach der erfolgreichen Evaluation und Publikation von DortMuS-Schule (Starke & Subellok,

2016) liegt nach langjähriger Entwicklungsarbeit nun für den Bereich Mutismus ein zweites

diagnostisches Insrument vor. Damit ist ein weiterer wichtiger Meilenstein für die Forschung

auch auch die klinische Versorgung selektiv mutistischer Kinder erreicht. Über DortMuS-Kita

ist es nun frühzeitig und zuverlässig möglich, in vorschulischen Bildungseinrichtungen Ver-

dachtskinder für SM zu identifizieren und sie einer mutismusspezifischen professionellen Hilfe

zuzuführen.

Eine differenzierte Analyse der Validität des Instrumentes über die Auswertung der Telefonin-

terviews erfolgt aktuell noch. Ein weiteres Ziel ist es zudem zu überprüfen, inwieweit DortMuS-

Kita nicht nur als Screeninginstrument, sondern auch für die Verlaufsbeobachtung in Kitas

eingesetzt werden kann. Zum jetzigen Stand können wir dies zwar in Erwägung ziehen und den

pädagogischen Fachkräften als Option anbieten. Doch es fehlt der empirische Nachweis, in-

wieweit die Items und Skalen auch wirklich sensibel genug sind, um Veränderungen im

schweigsamen Verhalten eines Kindes zu indizieren.

Über eine Veröffentlichung von DortMuS-Kita im open Access Format ermöglichen wir eine ma-

ximale Verbreitung des Instrumentes in vorschulischen Bildungseinrichtungen. Damit ist die

Hoffnung verbunden, dass möglichst viele Erzieher*innen für SM sensibilisiert werden und der

Bekanntheitsgrad dieses seltenen Phänomens weiter zunimmt. Nur darüber vergrößert sich

die Chance, dass mutistische Kinder nicht mehr länger unerkannt die Kita durchlaufen, sich ihr

Schweigen mit zunehmendem Alter immer weiter manifestiert und ihre Bildungsbiografie und

soziale Partizipation enorm gefährdet sind. Hierin liegt unser größtes Anliegen und auch die

Motivation für die vorgelegte Forschungsarbeit!

20 DortMuS-Kita

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Subellok, K., Bahrfeck-Wichitill, K., & Winterfeld, I. (2014). Schweigen braucht vernetzte Kom-

munikation. Transferarbeit in der Dortmunder Mutismus Therapie (DortMuT). In Sallat, St.,

Spreer, M. & Glück, C. (Hrsg.), Sprache professionell fördern. Kompetent, vernetzt, innova-

tiv (S. 454-464). Tagungsband des 31. Bundeskongresses der DGS e.V. in Leipzig. Idstein:

Schulz-Kirchner.

Subellok, K., & Starke, A. (2015). Leitlinien des Interdisziplinären Mutismus Forums (IMF) für

die Mutismustherapie. Logos, 23(2), 106-109.

Subellok, K., & Starke, A. (2015). Selektiver Mutismus – Ein interdisziplinäres Phänomen.

Deutsches Ärzteblatt PP, 13(10), 455-456

Subellok, K., & Starke, A. (2012). Selektiver Mutismus. In S. Niebuhr-Siebert & U. Wiecha

(Hrsg.), Kindliche Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. Gezielte Elternberatung

(S. 219–237). München: Elsevier.

23 DortMuS-Kita

Anhang

(CC) Starke & Subellok, 2018 1

Dortmunder Mutismus Screening – Kita

Datum

Ausgefüllt von

Allgemeine Angaben zum Kind

Name

Alter Jahre Monate

Geschlecht ☐ männlich ☐ weiblich

Mehrsprachigkeit ☐ ja ☐ nein ☐ weiß nicht

Dauer des Schweigens

länger als 2 Monate? ☐ ja ☐ nein ☐ weiß nicht

Beobachtbare Verhaltensweisen des schweigsamen Kindes

Auf dem nächsten Blatt sind Aussagen zu möglichen Verhaltensweisen des Kindes, welche Sie in

typischen Situationen im Kita-Alltag beobachten können. Bitte beurteilen Sie auf einer

fünfstufigen Skala von trifft gar nicht zu bis trifft genau zu, inwieweit Sie beim schweigsamen

Kind das jeweilige Verhalten innerhalb der letzten vier Wochen beobachten konnten.

Wählen Sie im Zweifelsfall (etwa wenn das Kind ganz selten mit anderen Kindern spricht, in der

Regel jedoch schweigt) die Antwortalternative, die am ehesten zutrifft. Machen Sie alle Ihre

Angaben möglichst spontan.

(CC) Starke & Subellok, 2018 2

1 Das Kind äußert sich verbal, wenn es Hilfe

benötigt.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

2 Bedürfnisse werden vom Kind nicht geäußert. trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

3 Das Kind spricht mit ErzieherInnen aus anderen

Gruppen.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

4 Das Kind beteiligt sich an angeleiteten

Spielangeboten in der Großgruppe.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

5 Das Kind schweigt auf dem Hof gegenüber

ErzieherInnen.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

6 Das Kind holt sich Unterstützung von anderen

Kindern, wenn es Hilfe benötigt.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

7 Das Kind entzieht sich Spielen in der Großgruppe. trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

8 Das Kind signalisiert gegenüber dem/der

ErzieherIn, dass es z. B. Durst hat.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

9 Bei Ansprache des/der ErzieherIn schweigt das

Kind.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

10 In Konfliktsituationen verteidigt sich das Kind. trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

11 Werden Lieder in der Gruppe gesungen, sitzt das

Kind „teilnahmslos“ dabei.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

12 In der Gruppe schweigt das Kind. trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

13 Das Kind zieht sich bei Spielen in der Großgruppe

zurück.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

14 In Spielsituationen spricht das Kind mit anderen

Kindern.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

15 Bedürfnisse werden vom Kind geäußert. trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

16 In Gesprächssituationen vermeidet das Kind

sprachliche Äußerungen.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

17 Bei Spielangeboten in der Großgruppe bleibt das

Kind wie „angewurzelt“ stehen.

trifft gar

nicht zu

trifft

eher

nicht zu

teils/

teils

trifft

eher zu

trifft

genau zu

weiß

nicht

(CC) Starke & Subellok, 2018 3

Auswertungsbogen

Name Datum

Item

trifft

gar

nicht

zu

trifft

eher

nicht

zu

teils/

teils

trifft

eher

zu

trifft

genau

zu

weiß

nicht

Rohwerte

Skala 1:

Schweigen und

Bedürfnisäußerung

Rohwerte

Skala 2:

Partizipation

in der Gruppe

Nr. 1 4 3 2 1 0 0

Nr. 2 0 1 2 3 4 0

Nr. 3 4 3 2 1 0 0

Nr. 4 4 3 2 1 0 0

Nr. 5 0 1 2 3 4 0

Nr. 6 4 3 2 1 0 0

Nr. 7 0 1 2 3 4 0

Nr. 8 4 3 2 1 0 0

Nr. 9 0 1 2 3 4 0

Nr. 10 4 3 2 1 0 0

Nr. 11 0 1 2 3 4 0

Nr. 12 0 1 2 3 4 0

Nr. 13 0 1 2 3 4 0

Nr. 14 4 3 2 1 0 0

Nr. 15 4 3 2 1 0 0

Nr. 16 0 1 2 3 4 0

Nr. 17 0 1 2 3 4 0

Summe Rohwerte und Gesamtrohwert Skala 1 Skala 2 Gesamtrohwert

Ein Gesamtrohwert von 34 und mehr spricht mit hoher Wahrscheinlichkeit

für das Vorliegen eines selektiven Mutismus.