Dr. Wolfgang Grummt zum Gedenken

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Zool. Garten N.F. 82 (2013) 1–7 http://journals.elsevier.de/zooga Dr. Wolfgang Grummt zum Gedenken In Commemoration of Dr. Wolfgang Grummt Als wir im August 2012 den 80. von Dr. Wolfgang Grummt feierten und ihm noch viele gute Jahre im Kreise seiner Familie und in seinem Tierpark wünschten – beides die wesentlichen Beziehungspunkte in seinem Leben –, konnten wir nicht ahnen, dass ihm nur noch eine kurze Spanne dieses irdischen Lebens zugemessen war. Auf dieser Feier war er voller Energie und Diskussionsfreude, die Erinnerungen an Erlebnisse um Ornithologie, Tiergartenbiologie und Faunistik waren lebendig wie eh und je, so dass wir alle positiv in die Zukunft schauten – auch Wolfgang, so wie er es in seinem Dankschreiben für seine Geburtstagsfeier an Kollegen und Freunde ausdrückte. Friedrich Wolfgang Grummt wurde am 22. August 1932 als Sohn des Schmiedemeisters Friedrich Grummt und seiner Ehefrau Dora, geb. Schramm, in Wildenfels im Erzgebirge geboren. Von 1939 bis 1943 besuchte er die Volksschule in Wildenfels, um dann auf die Gerhard-Hauptmann-Oberschule nach Zwickau überzuwechseln, an der er 1951 sein Abitur ablegte. Der Herkunft aus dem Hause eines Schmiedemeisters verdankte Wolfgang Grummt auch seinen Spitznamen ,,Schmied“. Entgegen vieler seiner Fähigkeiten gehörte das Sin- gen nicht zu seinen ausgeprägtesten. So wird noch heute in der Familie mit Schmunzeln der Musikunterricht erteilende Kantor zitiert: ,,Der Schmied, das unmusikalische Rindvieh, soll besser nicht mitsingen.“ Im September 1951 wurde er an der Karl-Marx-Universität Leipzig für das Biologiestudium immatrikuliert. Bereits als Kind war sein Interesse für Natur, vor allen Dingen für die Vogelwelt, geweckt worden. Bald nach Gründung der Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Heimatfreunde im Kulturbund wurde er dort eifriger Mitarbeiter, besonders in der ornithologischen Fachgruppe. Und schon als Student leistete er entsprechend seinem fachlichen Spezialgebiet und Interesse Berufspraktika an der Vogel- warte Hiddensee und im Leipziger Zoo. Dort lernte er die Tiergärtnerei von der Pike auf, etwas, was heute so manchem Tiergärtner fehlt. Dr. Grummt wurde Vorlesungsassistent von Prof. Dathe in Leipzig, der ihn dann auch nach Gründung des Tierparks Berlin als Mitarbei- ter nach Friedrichsfelde mitnahm. Hier lernte Wolfgang seine spätere Frau Regine kennen, die in der Werbeabteilung des Tierparks arbeitete und ihren Beruf so gut beherrschte, wie Wolfgang Grummt gerne mit einem Schmunzeln erzählte, dass er schon bald ihren Wer- bungen erlag. 52 Jahre waren Wolfgang und Regine Grummt verheiratet. Sie bekamen drei Töchter und fünf Enkel. Von Bernhard Blaszkiewitz, Berlin.

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Zool. Garten N.F. 82 (2013) 1–7http://journals.elsevier.de/zooga

Dr. Wolfgang Grummt zum Gedenken�

In Commemoration of Dr. Wolfgang Grummt

Als wir im August 2012 den 80. von Dr. Wolfgang Grummt feierten und ihm nochviele gute Jahre im Kreise seiner Familie und in seinem Tierpark wünschten – beides diewesentlichen Beziehungspunkte in seinem Leben –, konnten wir nicht ahnen, dass ihm nurnoch eine kurze Spanne dieses irdischen Lebens zugemessen war. Auf dieser Feier war ervoller Energie und Diskussionsfreude, die Erinnerungen an Erlebnisse um Ornithologie,Tiergartenbiologie und Faunistik waren lebendig wie eh und je, so dass wir alle positiv indie Zukunft schauten – auch Wolfgang, so wie er es in seinem Dankschreiben für seineGeburtstagsfeier an Kollegen und Freunde ausdrückte.

Friedrich Wolfgang Grummt wurde am 22. August 1932 als Sohn des SchmiedemeistersFriedrich Grummt und seiner Ehefrau Dora, geb. Schramm, in Wildenfels im Erzgebirgegeboren. Von 1939 bis 1943 besuchte er die Volksschule in Wildenfels, um dann auf dieGerhard-Hauptmann-Oberschule nach Zwickau überzuwechseln, an der er 1951 sein Abiturablegte. Der Herkunft aus dem Hause eines Schmiedemeisters verdankte Wolfgang Grummtauch seinen Spitznamen ,,Schmied“. Entgegen vieler seiner Fähigkeiten gehörte das Sin-gen nicht zu seinen ausgeprägtesten. So wird noch heute in der Familie mit Schmunzelnder Musikunterricht erteilende Kantor zitiert: ,,Der Schmied, das unmusikalische Rindvieh,soll besser nicht mitsingen.“ Im September 1951 wurde er an der Karl-Marx-UniversitätLeipzig für das Biologiestudium immatrikuliert. Bereits als Kind war sein Interesse fürNatur, vor allen Dingen für die Vogelwelt, geweckt worden. Bald nach Gründung derArbeitsgemeinschaft für Natur- und Heimatfreunde im Kulturbund wurde er dort eifrigerMitarbeiter, besonders in der ornithologischen Fachgruppe. Und schon als Student leisteteer entsprechend seinem fachlichen Spezialgebiet und Interesse Berufspraktika an der Vogel-warte Hiddensee und im Leipziger Zoo. Dort lernte er die Tiergärtnerei von der Pike auf,etwas, was heute so manchem Tiergärtner fehlt. Dr. Grummt wurde Vorlesungsassistent vonProf. Dathe in Leipzig, der ihn dann auch nach Gründung des Tierparks Berlin als Mitarbei-ter nach Friedrichsfelde mitnahm. Hier lernte Wolfgang seine spätere Frau Regine kennen,die in der Werbeabteilung des Tierparks arbeitete und ihren Beruf so gut beherrschte, wieWolfgang Grummt gerne mit einem Schmunzeln erzählte, dass er schon bald ihren Wer-bungen erlag. 52 Jahre waren Wolfgang und Regine Grummt verheiratet. Sie bekamen dreiTöchter und fünf Enkel.

� Von Bernhard Blaszkiewitz, Berlin.

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Meine erste Begegnung mit Wolfgang Grummt fand natürlich im Tierpark statt. Es warin den 70er Jahren noch in meiner Studentenzeit, in der ich als Tierpflegevolontär im ZooBerlin arbeitete. Zootierarzt Dr. Jarofke hatte mir einige Jahresberichte des Zoos gegeben,die ich in der Tierparkverwaltung für Kollegen Lippert abgeben sollte. Als gelernter West-berliner verhielt ich mich im Ostteil unserer Stadt möglichst unauffällig, man konnte janie wissen. Meine Sorge, wie ich dann meinen Auftrag erledigen könnte (mich kannte jadamals noch niemand im Tierpark), war völlig unbegründet. Der Pförtner ließ mich unbe-helligt in das Verwaltungsgebäude (,,Geh’n Se mal hoch“), wir sehen, es gibt Dinge, diesich bis heute nicht geändert haben. Auf der ersten Etage fand ich das Büro von HerrnLippert verschlossen, doch auf dem Gang traf ich Wolfgang Grummt, der bereitwillig dieJahresberichte übernahm und mir mitteilte: ,,Der Lippi ist beim Fernsehen, der ist selten da.“Die nächste Begegnung dann hatte ich Anfang der 80er Jahre, als ich unseren leider schonverstorbenen Kollegen Martin Mosig besuchte. Ich hatte ihn auf einem Tiertransport nachKuba für die Firma Ruhe in Havanna kennengelernt, als er gerade Unterricht in Fütterungs-kunde für Mitarbeiter des Zoos Havanna erteilte. Bald hatten wir uns angefreundet, undmeine regelmäßigen Tierparkbesuche waren stets mit einem fröhlichen Abend bei Mosigsverbunden, kulinarisch bestens unterlegt von seiner Frau Ute. Doch zuvor zeigte mir Martinimmer besondere Tiere im Tierpark, die hinter den Kulissen waren, etwa die Saigas. ZumAbschluss tranken wir dann noch in seinem Büro einen ,,Kaffee türkisch“. Dabei lernteich auch Claus Pohle und Klaus Rudloff kennen und natürlich Wolfgang Grummt. EinesAbends hatte Wolfgang ungewöhnlich viel Sitzfleisch und erzählte in einem fort viel Inte-ressantes, wenn auch nicht immer Wesentliches, um ein bekanntes Zitat des verstorbenenWerbeleiters des Tierparks, Michaelis, anzuführen. Nur Martin Mosig drängelte, denn wirwollten natürlich noch zu ihm nach Hause. Schließlich merkte auch Dr. Grummt, dasses etwas lange dauerte, und er erklärte: ,,Ich möchte noch nicht so schnell nach Hause,Bettina hat heute Kindergeburtstag.“ Das soll natürlich keinen falschen Eindruck erwecken,Wolfgang Grummt war ein Familienmensch durch und durch, der stolz auf seine Töchter undEnkel war. Und dies wiederum war auch umgekehrt so, wie wir auf seinen vielen Jubelfeiernzum 60., 65. und 70. oder zur Goldenen Hochzeit miterleben durften, wenn die Familie denVater bzw. Opa sowie die Mutter mit Versen, Fotos und Musik befeierte. In Folgejahren trafich Dr. Grummt oft bei meinen Tierparkbesuchen, etwa auf der berühmten Samstagsrundemit Prof. Dathe, oder auch bei den Versöhnungstreffen der Berliner Zoodirektoren Klös undDathe, 1984 im Tierpark und 1990 im Zoo. Infolge der Wiedervereinigung und der Grün-dung der Tierpark GmbH ist nicht alles mit Feingefühl behandelt und sicher auch nichtimmer ganz ehrlich agiert worden. Nachdem der damalige Finanzsenator Dr. Meißner dieGerüchte um eine Schließung des Tierparks bei einer Pressekonferenz im Alfred-Brehm-Haus mit Ankündigung der Gründung einer vorerst landeseigenen GmbH beendet hatte, trafich mich – man hatte mir von Senatsseite aus den Direktorenposten des Tierparks in Aus-sicht gestellt – mit Dr. Grummt bei ihm zu Hause, nicht zuletzt durch unseren gemeinsamenFreund und Kollegen Dr. Ulrich Schürer (Zoo Wuppertal) angeregt. Ich werde nie die aus-gestreckte Hand zur Zusammenarbeit von Wolfgang Grummt vergessen. Ohne ihn, ClausPohle und Martin Mosig hätte ich den Tierpark nicht leiten wollen und können. Schon baldwurde aus der gemeinsamen Arbeit eine solide Freundschaft, für die ich bis heute dankbarbin. Wie viele Jüngere profitierte ich von Wolfgangs Fachkenntnis und Erfahrung; er gingin unseren Beruf als ich gerade einmal zwei Jahre alt war. Seine internationale Beziehung

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und Freundschaft mit vielen Kollegen rund um den Globus bescherte dem Tierpark einenunvergleichlichen Tierbestand, ein Pfund, mit dem wir bis heute wuchern können. SeineArtenkenntnis war enorm, und nicht nur in der Ornithologie, wie sich auf unseren gemein-samen Reisen zeigte. Ich durfte rund um die Internationale Zoodirektorenkonferenzen mitDr. Grummt durch die USA, Australien, Japan, Singapur und Taiwan reisen; in Südafrikawar Regine Grummt dabei, oft auch Uli Schürer, Dieter Jauch, Michael Schröpel undWilbert Neugebauer. Ein besonderer Genuss war eine mehrtägige ornithologische Exkur-sion in Taiwan mit Wolfgang, auf der wir Mikado- und Swinhoefasane sahen. Unvergesslichblieben natürlich auch das Schnabeltierstreicheln im australischen Healesville oder auchder Besuch des Grand Canyons, bei dessen Anblick man, ich sagte es schon einmal, ein TeDeum anstimmen möchte. Als wir in Australien im Kakadu-Nationalpark waren, erreichteuns durch ein Fax von Claus Pohle die Nachricht, dass unsere Asiatische Elefantenkuh,,Kewa“ ein gesundes Kuhkalb zur Welt gebracht hatte –nach zwei Totgeburten bei die-ser Elefantenart eine tolle Kunde. Als ich bei Wolfgangs Bungalow klopfte und es ihmmitteilte, umarmten wir uns wie auf Kommando – ebenfalls unvergessen. Dieses Elefanten-kind ,,Temi“ ist inzwischen selbst Mutter geworden im Münchner Tiergarten Hellabrunn.Auch die gemeinsame Arbeit an unserer Verbandszeitschrift ,,Der Zoologische Garten“(Neue Folge) soll nicht unerwähnt bleiben. Dies ist zwar eine schöne, aber nicht immer

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einfache Arbeit. Manuskripte müssen angefordert, durchgesehen, mehrfach Korrektur gele-sen, Bilder vermaßt werden usw. Die Hauptlast lag natürlich beim Chefredakteur Grummt.Ohne Frage war Dr. Grummt der Motor der Verbandszeitschrift, und zu Recht war er deswe-gen auch Ehrenmitglied des VDZ. Und auf der Trauerfeier haben wir durch die Anwesenheitder Kollegen Schürer, Pagel, Kauffels und Schmidt die Verbundenheit zu dieser Zoogemein-schaft gesehen. Leider ist das nicht in allen Zoovereinigungen so! Unserer Zeitschrift hatWolfgang Grummt viel Herzblut gegeben, da hielt er zäh an Dathe‘schen Vorgaben fest.Auch wenn die Verlage heute oft meinen, neue und andere Zitierweisen favorisieren zumüssen, so wird in der Tierparkhauszeitschrift am ,,ibidem“ festgehalten – auch dies alsReminiszenz an Wolfgang Grummt und Heinrich Dathe.

Ganz klar ist, dass wir alle Dr. Grummt vermissen werden, seine bis zuletzt täglichenBesuche im Tierpark zu kurzen Besprechungen von Anliegen und kleinen Frotzeleien.Wenn man ihm etwas vermeintlich Neues aus dem Tierbestand mitteilen wollte, kamfast immer sein ,,Weß ich schon“. Vermissen werden wir seine blitzschnellen Reaktio-nen bei den Fragen, wie viele Gänse, Kraniche oder ähnliches am Himmel zu zählenseien (87!). Aber in dieser Hinsicht ist Martin Kaiser sein würdiger Nachfolger. Vermis-sen werden wir auch sein schnelles Sprechen, mitunter gleichzeitig mit einem anderenGruppenmitglied, etwa beim Erzählen einer gemeinsamen Jungendgeschichte mit BruderFrieder.

Frau Regine Grummt, ihren Kindern und Enkelkindern gilt unser Mitgefühl, denn wassie in ihm als Lebenskamerad, Vater, Großvater, Bruder und Schwager vermissen, können

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wir nur ahnen. Ich glaube, es ist ein großer Trost, in Dankbarkeit Wolfgangs zu gedenkenund sich seiner zu erinnern, in der Gewissheit, dass er jetzt von körperlichen Schwächen derletzten Wochen erlöst in einer besseren Welt ist. Streifengänse fliegen beim Überqueren desHimalayas in über zehntausend Meter Höhe, dem Himmel ganz nah, und Wolfgang kannsie nun ganz genau beobachten.

Dir. Dr. Bernhard BlaszkiewitzTierpark Berlin, Am Tierpark 125, D-10319 Berlin