Durchs jüdische Viertel von Paris Tour 3 Marais€¦ · Paris im Kasten Jüdisches Paris Zwischen...

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48 Paläste am rechten Seineufer Tour 3 Mit seinem adeligen Touch ist das jüdisch geprägte Marais heute eines der beliebtesten und teuersten Wohnviertel der Stadt. Den Reiz machen jedoch nicht nur die vornehmen Stadtpaläste aus; vielmehr machen es die Kneipen, Restaurants, Modeboutiquen und Galerien zu einem der lebendigs- ten Quartiere der Stadt. M Mé émori ial de la Sho al de la Shoa ah, Holocaust- Museum, S. 50 Hôtel de Sully Hôtel de Sully, Fotoausstellungen im Stadtpalast, S. 53 Pl Pla ac ce e des Vosges des Vosges, Symmetrie par excellence, S. 54 Musée Carnavalet Musée Carnavalet, Pariser Stadt- geschichte, S. 55 Musée National Picasso Musée National Picasso, auf den Spuren von Picasso, S. 55 Durchs jüdische Viertel von Paris Marais Ursprünglich war das Marais eine un- wirtliche Gegend – „Marais“ bedeutet „Sumpf“ – am Rande der Hauptstadt. Doch nachdem das Gebiet im Spätmit- telalter trockengelegt worden war, stieg es schnell zur vornehmsten Wohnge- gend der Stadt auf. Mitglieder der aris- tokratischen Führungsschicht ließen sich hier ihre „Hôtel“ genannten Stadt- paläste errichten, Madame de Sévigné beispielsweise empfing ihre Besucher im Hôtel Carnavalet, das heute das Stadtmuseum von Paris beherbergt. Auch der schönste Platz von Paris, die Place des Vosges, liegt im Marais. Als die Adeligen dem König nach Versailles folgten, begann der allmähliche, aber stete Niedergang des Viertels. Hand- werker und Tagelöhner zogen in die herrschaftlichen Häuser, die mehr und mehr verfielen. Ende der 1960er-Jahre verfügten zwei Drittel der Wohnungen weder über fließendes Wasser noch über eine eigene Toilette. Doch ein En- de des steten Verfalls nahte: Auf Veran- lassung des damaligen französischen Kultusministers André Malraux wurde die historische Bausubstanz des Marais unter Denkmalschutz gestellt und um- fassend saniert. Zahlreiche adelige Stadtpalais wie das Hôtel de Sully und das Hôtel Salé wurden seither aufwän- dig restauriert und einer musealen Nut- zung zugeführt; das Marais ist dadurch zu einem der beliebtesten Viertel der Stadt aufgestiegen, wie ein Blick auf die Immobilienpreise zeigt. Ein Appar- tement an der Place des Vosges können sich heute nur noch sehr gut betuchte Bürger leisten, zu deren erlesenem Kreis auch Jack Lang, Malrauxs Nach- folger als Kultusminister, gehört. Das Marais ist auch bekannt als das jü- dische Viertel von Paris. Zudem hat in den letzten Jahrzehnten eine andere, Sehe wer Tour Mara

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    Paläste am rechten Seineufer

    Tour 3Mit seinem adeligen Touch ist dasjüdisch geprägte Marais heuteeines der beliebtesten undteuersten Wohnviertel der Stadt.Den Reiz machen jedoch nicht nurdie vornehmen Stadtpaläste aus;vielmehr machen es die Kneipen,Restaurants, Modeboutiquen undGalerien zu einem der lebendigs-ten Quartiere der Stadt.

    MMéémoriial de la Shoal de la Shoaah, Holocaust-Museum, S. 50Hôtel de SullyHôtel de Sully, Fotoausstellungenim Stadtpalast, S. 53PlPlaaccee des Vosgesdes Vosges, Symmetrie parexcellence, S. 54Musée CarnavaletMusée Carnavalet, Pariser Stadt-geschichte, S. 55Musée National PicassoMusée National Picasso, auf denSpuren von Picasso, S. 55

    Durchs jüdische Viertel von Paris

    MaraisUrsprünglich war das Marais eine un-wirtliche Gegend – „Marais“ bedeutet„Sumpf“ – am Rande der Hauptstadt.Doch nachdem das Gebiet im Spätmit-telalter trockengelegt worden war, stieges schnell zur vornehmsten Wohnge-gend der Stadt auf. Mitglieder der aris-tokratischen Führungsschicht ließensich hier ihre „Hôtel“ genannten Stadt-paläste errichten, Madame de Sévignébeispielsweise empfing ihre Besucherim Hôtel Carnavalet, das heute dasStadtmuseum von Paris beherbergt.Auch der schönste Platz von Paris, diePlace des Vosges, liegt im Marais. Alsdie Adeligen dem König nach Versaillesfolgten, begann der allmähliche, aberstete Niedergang des Viertels. Hand-werker und Tagelöhner zogen in dieherrschaftlichen Häuser, die mehr undmehr verfielen. Ende der 1960er-Jahreverfügten zwei Drittel der Wohnungenweder über fließendes Wasser nochüber eine eigene Toilette. Doch ein En-de des steten Verfalls nahte: Auf Veran-lassung des damaligen französischenKultusministers André Malraux wurdedie historische Bausubstanz des Maraisunter Denkmalschutz gestellt und um-fassend saniert. Zahlreiche adeligeStadtpalais wie das Hôtel de Sully unddas Hôtel Salé wurden seither aufwän-dig restauriert und einer musealen Nut-zung zugeführt; das Marais ist dadurchzu einem der beliebtesten Viertel derStadt aufgestiegen, wie ein Blick aufdie Immobilienpreise zeigt. Ein Appar-tement an der Place des Vosges könnensich heute nur noch sehr gut betuchteBürger leisten, zu deren erlesenemKreis auch Jack Lang, Malrauxs Nach-folger als Kultusminister, gehört.

    Das Marais ist auch bekannt als das jü-dische Viertel von Paris. Zudem hat inden letzten Jahrzehnten eine andere,

    Sehewer

    TourMara

  • Marais

    KarteS.51

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    ebenfalls oft verfolgte Min-derheit ihre Liebe für dasMarais entdeckt: DiePariser Gay-Commu-nity trifft sich vor-zugsweise in denBars und Knei-pen links undrechts der RueSainte-Croix dela Bretonnerie.Wer ein „gay-freundliches“ Café oder Re-staurant sucht, orientiert sicham besten an den gut sichtbar an-gebrachten Regenbogenfahnen. Bei soviel einvernehmlichem Nebeneinandervon Schwulen und Juden verwundertes auch nicht, dass die jüdische Schwu-lengruppe „Beit Haverim“ zu den ak-tivsten homosexuellen Organisationen

    gehört. Lohnend ist auch ein Abstecheram Sonntag, denn dann haben diemeisten Boutiquen und Geschäfte imMarais geöffnet und die Straßen sindverkehrsberuhigt.

    SpaziergangDie Tour durch das altertümlicheMarais beginnt am Hôtel de Ville. VomPariser Rathaus aus führt die RueFrançois Miron an der klassizistischenFassade der Kirche St-Gervais-et-St-Protais vorbei in Richtung Osten. Auf-merksamkeit verdienen das spätgoti-sche Kircheninnere und einige nochaus dem Spätmittelalter stammendeHäuser in der Rue François Miron, sobeispielsweise die Fachwerkbauten Nr.11 und 13. Repräsentativ ist auch dasHôtel de Beauvais, ein Adelspalast ausdem 17. Jahrhundert. In einer Seiten-straße befindet sich das Mémorial de laShoa; an einer von der Rue SaintAntoine abzweigenden Straße liegt dasMaison Européenne de la Photogra-phie, ein Mekka der Fotokunst. Vorbeian einem spätmittelalterlichen Adels-palais, dem Hôtel de Sens, gelangt manzum Pavillon de lArsenal, der über dieaktuellen städtebaulichen Projekte vonParis informiert. Für einen kurzen er-holsamen Zwischenstopp bietet sichdie Place du Marché Sainte-Catherine

    mit ihren einladenden Straßencafés an.Wer will, kann anschließend einenBlick in die idyllischen Höfe der Trödlerdes Village Saint-Paul werfen. In un-mittelbarer Nähe befindet sich auchdas Musée de la Magie. Um sich aufdas Marais einzustimmen, empfiehltsich ein Abstecher zum repräsentativenHôtel de Sully, dessen Garten einendirekten Zugang zur Place des Vosgesbesitzt. Der von Häusern aus roten Zie-geln und weißen Bruchsteinen ge-säumte Platz strahlt eine faszinierendeAtmosphäre aus. Die kleinen, intimenArkaden ziehen sich wie Logen um dasgrüne Geviert, das einst als Turnierfelddiente. Viele Schriftsteller wie Alphon-se Daudet, Georges Simenon und VictorHugo haben an der Place des Vosgesgewohnt; dem Gedenken an den Autordes „Glöckners von Notre-Dame“ wid-met sich das Maison de Victor Hugo.Das altehrwürdige Marais ist sicherlichdas richtige Viertel für ein Museumüber die Pariser Stadtgeschichte(Musée Carnavalet). Nur einige Häuser

  • 50 Tour 3: Marais

    weiter beherbergt das Musée Cognacq-Jay eine erlesene Privatsammlung;hochkarätige moderne Kunst wird indem im Hôtel Salé untergebrachtenMusée National Picasso präsentiert,dessen Besuch auf keinen Fall ver-säumt werden sollte. Während mandurch das Marais schlendert, lohnt essich – falls die Möglichkeit besteht –,einen Blick in die „Hinterhöfe“ derStadtpaläste zu werfen, die gelegent-lich fast die Größe eines Parks ein-nehmen. Das Musée de la Chasse et dela Nature befindet sich ebenso in ei-nem der typischen Adelspaläste wiedas Nationalarchiv (Archives nationa-les). Letzteres liegt an der Rue desFrancs-Bourgeois, die der Beatnik JackKerouac als „the street of the out-spo-ken middle classes“ charakterisierte.

    In der Rue de Temple, deren Namenoch an den bis 1314 hier ansässigenOrden der Tempelritter erinnert, befin-det sich das Musée dArt et dHistoiredu Judaisme; es informiert auf sehr an-sprechende Weise über die Geschichteund Kultur der jüdischen Gemeindevon Paris.

    Rund um die Rue Sainte-Croix de laBretonnerie ist die Pariser Gay-Szenezu Hause. Neben einschlägigen Bars,Restaurants und Sexshops gibt es auchFriseure, Modeboutiquen und Reisebü-ros, die ihr Angebot speziell auf ihreschwule Klientel abgestimmt haben. Inder lang gestreckten Rue de Rosiers, derHauptstraße des jüdischen Marais, sindtraditionell Feinkosthändler und Juwe-liere ansässig.

    Sehenswertes

    Holocaust-Museum

    Mémorial de la ShoahNach umfangreichen Umbau- und Er-weiterungsarbeiten ist jetzt in Paris das

    Mémorial de la Shoah als größtes euro-päisches Holocaust-Museum wieder er-öffnet worden. Insgesamt wurden 23Millionen Euro investiert, um dasMuseum um 4000 Quadratmeter zu er-weitern. Neben einer stimmungsvollen

    Paris im KastenJüdisches ParisZwischen Centre Pompidou und Bastille befindet sich das jüdische Viertel vonParis, dessen Ursprünge bis in das frühe 13. Jahrhundert zurückreichen. Zu denalteingesessenen Familien aus dem Elsass und dem Midi sind im Laufe der Zeitzahlreiche Juden aus Osteuropa und Nordafrika gestoßen. Nur ein kleines Stückabseits der großen Boulevards taucht man in den engen Gassen rund um die ge-wissermaßen als jüdische „Hauptstraße“ fungierende Rue des Rosiers in eine ei-gene Welt mit besonderem Flair ein. Streng orthodoxe Juden mit Hüten, Schläf-chenlocken, langen Bärten und bis zu den Füßen reichenden Kaftanen schlendernzwischen orientalischen Spezialitätengeschäften, koscheren Metzgereien und Lä-den mit hebräischen Kultgegenständen umher. Das Restaurant Jo Goldenberg warbis vor kurzem eine in ganz Paris bekannte Adresse für Liebhaber der jüdischenKüche, erlesene – selbstverständlich koschere – Feinkost findet man bei FlorenceKahn. Nur am Samstag, dem Sabbat, ist das jüdische Viertel verwaist und die Ge-schäfte sind meistens geschlossen; die Straßen füllen sich erst wieder nach Ein-bruch der Dunkelheit mit Leben, denn der Sonnenuntergang, und nicht die Uhr-zeit, läutet traditionsgemäß das Ende der Sabbat-Ruhe ein.

  • Marais

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    Sehenswertes 51

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  • 52 Tour 3: Marais

    Krypta und einer Dauerausstellung zurGeschichte der französischen Juden zwi-schen 1933 und 1945 gibt es auch ein be-eindruckendes Mahnmal: Auf meterho-hen Marmorwänden wurden die Namenaller 76.000 Juden eingraviert, die wäh-rend der deutschen Besetzung Frank-reichs bis zum August 1944 in die Ver-nichtungslager deportiert wurden. Eine30 Meter lange „Mauer der Gerechten“erinnert zudem an 2693 Franzosen, diewährend der Nazi-Besatzung Juden ge-rettet und geschützt haben.17, rue Geoffroy-lAsnier, 75004. Saint-Paul Pont Marie (Linie 1 oder 7). Tgl. außer Sa so-wie an jüdischen Feiertagen 1018 Uhr, Do bis22 Uhr. Im Sommer wird So um 14 Uhr immereine kostenlose Fahrt zum ehemaligen Sam-mellager Drancy angeboten. Eintritt frei! www.memorialdelashoah.org.

    Fotokunst im Adelspalast

    Maison Européenne de laPhotographieVerteilt auf sieben Ebenen, wird imHôtel Hénault de Cantobre, einem wei-

    teren Adelspalast aus dem 18. Jahrhun-dert, anspruchsvolle Fotokunst präsen-tiert. Neben themenbezogenen Ausstel-lungen aus dem 15.000 Arbeiten um-fassenden Fundus (Mapplethorpe, Hel-mut Newton, Irving Penn, Nan Goldin,Hervé Guibert etc.) finden regelmäßigRetrospektiven statt, die sich demWerk eines renommierten Fotografenwidmen. Eine Buchhandlung und einnettes kleines Café, das der ArchitektNestor Perkal entworfen hat, sind eben-falls vorhanden.57, rue de Fourcy, 75004. Saint-Paul(Linie 1). MiFr 1120, Do bis 22, So 1020 Uhr.Eintritt 10 , erm. 6 ; Mi ab 17 Uhr Eintritt frei!www.mep-fr.org.

    Pariser Stadtentwicklung in Modellen

    Pavillon de lArsenalIm Pavillon, einer für das 19. Jahrhun-dert typischen Glas-Eisen-Konstruktion,wird mit Hilfe von Modellen, Fotos,Videos und Zeichnungen über die ge-genwärtigen Veränderungen des PariserStadtbilds sowie den Einfluss der Stadt-

    Gedenkwand im Mémorial de la Shoah

  • Marais

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    Sehenswertes 53geschichte auf den Urbanismus infor-miert. Ein Muss für Architekturfans undLiebhaber von Stadtplanungen.21, boulevard Morland, 75004. Sully Mor-land (Linie 7). Tgl. außer Mo 10.3018.30 Uhr,So 1119 Uhr. Eintritt: frei! www.pavillon-arsenal.com.

    Spätmittelalterlicher Stadtpalast

    Hôtel de SensZusammen mit dem Hôtel de Cluny(Quartier Latin) gehört das Hôtel deSens zu den einzigen erhaltenen Stadt-palästen aus dem Spätmittelalter. Ty-pisch für diese Zeit ist der unregelmä-ßige Grundriss sowie der wuchtige, fastfestungsartige Charakter des Gebäudes,das heute die Bibliothek Forney beher-bergt. Entspannung bietet der kleineGarten an der Rückseite des Palastes.1, rue du Figuier, 75004. Saint-Paul (Linie 1).Tgl. außer Mo und So 1319 Uhr. Eintritt zurBibliothek ist frei! Bei Sonderausstellungen 6 ,erm. 4 .

    Nicht nur für Zauberlehrlinge

    Musée de la MagieFür alle Freunde von Zauberkästen und-hüten. Das kleine Museum führt in das

    Reich des Magischen und Irrealen mitExponaten aus den letzten zwei Jahr-hunderten, wobei neben der Zaubereiauch die optische Illusion samt Zerr-spiegel eine wichtige Rolle spielt. DiePräsentation ist etwas antiquiert, dochhat das Museum durchaus Charme.11, rue Saint-Paul, 75004. Saint-Paul (Linie 1).Mi, Sa und So 1419 Uhr. Eintritt 14 , erm.10 . www.museedelamagie.com.

    Fotoausstellungen im Stadtpalast

    Hôtel de SullyDer einstige Stadtpalast des Herzogsvon Sully gehört zu den imposantestenAdelspalais des Marais. Glücklicher-weise befindet sich das Hôtel de Sullyim Besitz der öffentlichen Hand, sodasseine Besichtigung problemlos möglichist. Die Anlage zeigt typische Merkma-le für die Palais im Marais: Hinter demEingangsportal öffnet sich der reprä-sentative Ehrenhof (Cour d’Honneur),der den Palast der Straße entrückt unddem Empfang der Gäste diente. Hinterdem breit gelagerten Haupttraktschließt sich ein Garten an, der voneiner Orangerie begrenzt wird. Ein Teilder Räumlichkeiten wird heute von derNationalen Denkmalschutzbehörde

    Spätmittelalterliches Paris Hôtel de Sens

  • 54 Tour 3: Maraisgenutzt. Im Erdgeschoss befindet sichzudem eine gut sortierte Buchhandlungmit Schwerpunkt Pariser Kunst undKultur. Der Garten besitzt einen direk-ten Zugang zur Place des Vosges.62, rue Saint-Antoine, 75004. Saint-Paul(Linie 1). www.hotel-de-sully.fr.

    Symmetrie par excellence

    Place des VosgesDieses regelmäßige, auf Symmetrie be-dachte Ensemble steht in dem Ruf, derschönste Platz von ganz Paris zu sein.Der rechteckige Platz wird von 36identischen zweistöckigen Pavillonsmit roten Ziegelsteinfassaden undhoch aufragenden Schieferdächern ein-gerahmt. Nur der Pavillon des Königsan der Südseite und der gegenüberlie-gende Pavillon der Königin überragendie anderen Häuser als Ausdruck deshierarchischen Standesbewusstseinsum ein Stück. Benannt sind die herr-schaftlichen Häuser nach ihren frühe-ren Besitzern, wie beispielsweise das

    Hôtel de Rohan-Guéménée und dasHôtel Richelieu.

    Angesichts dieser aristokratischen Ele-ganz erscheint es kaum mehr vorstell-bar, dass die Häuser an der Place desVosges zu Beginn des 20. Jahrhundertsvöllig heruntergekommen waren undeinem Armenquartier glichen. 1924 fandhier ein junger, fast mittelloser Belgiernamens Georges Simenon im HausNummer 21, das einst Kardinal Riche-lieu bewohnt hatte, eine günstige Par-terrewohnung. Simenons Nachbar sollübrigens ein Pfeife rauchender und Huttragender Doktor gewesen sein, der un-ter seinem richtigen Namen Maigret we-nig später als kleinbürgerlicher Kommis-sar in die Literaturgeschichte einging.

    Wohnhaus des Literaten

    Maison de Victor HugoVictor Hugo, einer der berühmtestenfranzösischen Schriftsteller, lebte von1832 bis 1848 im Hôtel Rohan-Guéménée an der Place des Vosges. Das

    Place des Vosges: Beliebter Treffpunkt für ein Sonnenbad

  • Marais

    KarteS.51

    Sehenswertes 55ihm zu Ehren eingerichtete Museumbietet die Möglichkeit, ein Haus an derPlace des Vosges von innen kennenzu-lernen. Präsentiert werden neben Origi-nalmanuskripten und persönlichen Er-innerungsgegenständen auch Bilder,die Hugo gesammelt hat. Zudem be-weisen mehrere Gemälde, dass VictorHugo nicht nur als Schriftsteller Talentbesaß. Wer kein ausgewiesenes Faiblefür die französische Literatur hegt, wirdnach dem Besuch des Museums even-tuell enttäuscht sein.6, place des Vosges, 75004. Bastille (Linie 1,5 und 8). Tgl. außer Mo 1018 Uhr. Eintritt frei!Sonderausstellung 8 bzw. 6 . Audioguide aufDeutsch 5 . www.maisonsvictorhugo.paris.fr.

    Pariser Stadtgeschichte

    Musée CarnavaletDie absolut sehenswerten Schätze desPariser Stadtmuseums sind seit 1989auf zwei benachbarte Adelspalästeverteilt. Da ist einmal das namens-gebende Hôtel Carnavalet; es widmetsich den Anfängen der Pariser Stadt-geschichte von der Frühzeit über dasMittelalter bis zur Aufklärung. Erinnertwirud auch an Madame de Sévigné, diehier zwischen 1677 und 1696 gewohnthat und durch ihre Briefe, die Einblickein die gesellschaftlichen Verhältnisseam Hof des Sonnenkönigs geben, be-rühmt geworden ist. Das benachbarteHôtel Le Peletier de Saint-Fargeaudokumentiert die Stadtgeschichte seitder Revolution. Eine Nachbildung vonMarcel Prousts Zimmer mit demOriginalbett, in dem Proust große Teileseiner „Suche nach der verlorenen Zeit“geschrieben hat, gehört ebenso zumFundus wie ein Nachbau der berüch-tigten Guillotine. Hinweis: Bis Ende2019 ist das Museum wegen Renovie-rungsarbeiten geschlossen.23, rue de Sévigné, 75003. Saint-Paul(Linie 1). Tgl. außer Mo 1018 Uhr. Eintritt frei!Bei Sonderausstellungen 5 , erm. 4 . www.carnavalet.paris.fr.

    Gemäldegalerie im Adelspalast

    Musée Cognacq-JayDas nach Ernest Cognacq und LouiseJay, dem Gründerehepaar des Kaufhau-ses La Samaritaine, benannte Museumzeigt wertvolle Gemälde aus dem 18.Jahrhundert. Das aus dem 16. Jahrhun-dert stammende Adelspalais ist mit er-lesenen Möbeln, Porzellan und diver-sem Nippes eingerichtet, so dass dieWerke von Watteau, Fragonard, Bou-cher und Rubens in einem würdigenRahmen präsentiert werden. Beachtlichist das Aufgebot der Museumswärter,in jedem zweiten Raum steht eine in einrotes Jackett gehüllte Aufsichtsperson.8, rue Elzévir, 75003. Saint-Paul (Linie 1). Tgl.außer Mo 1018 Uhr. Eintritt frei! www.museecognacqjay.paris.fr.

    Auf den Spuren von Picasso

    Musée National PicassoDer damalige Kultusminister AndréMalraux verabschiedete ein Gesetz,wonach die Erbschaftssteuer auch inForm von Kunstwerken entrichtet wer-den konnte. Als Pablo Picasso 1973starb, kam der französische Staat aufdiese Weise in den Besitz von 203 Ge-mälden, 158 Skulpturen, 88 Keramikensowie unzähligen Zeichnungen, Fotosund anderen wertvollen Dokumenten.Das weiträumige, im Marais gelegeneHôtel Salé wurde auserkoren, die ein-zigartige Sammlung zu beherbergen.Den Auftrag, den ehemaligen Palastdes königlichen Salzsteuereintreibersumzubauen, erhielt der ArchitektRoland Simounet. Ein Glücksgriff, dennSimounet verstand es meisterhaft, denalten Stadtpalast seiner neuen Bestim-mung zuzuführen. Fragmentierte Räu-me und verwinkelte Raumfolgen sorgenfür eine überraschende Entdeckungs-reise durch Picassos Œuvre; Rampenund Schwellen markieren die Haupt-phasen von Picassos künstlerischem

  • 56 Tour 3: MaraisWerdegang. Gezeigt werden zudemWerke aus Picassos privater Sammlung(Miró, Cézanne, Matisse, Braque etc.).Im zweiten Stockwerk finden regelmä-ßig Ausstellungen statt, die sich mitdem Werk Picassos auseinandersetzen.Fazit: Absolut sehenswert!5, rue de Thorigny, 75003. Saint-Paul(Linie 1). Tgl. außer Mo 10.3018, Sa und So ab9.30 Uhr Uhr. Eintritt 14 , erm. 11 ,Audioguide 5 . Für EU-Bürger unter 26 J. istder Eintritt frei, am 1. So im Monat für alle!www.museepicassoparis.fr.

    Von Jägern und Gejagten

    Musée de la Chasse etde la NatureDas Museum befindet sich im einstigenHôtel de Guénégaud des Brosses undbeherbergt eine ansehnliche Samm-lung zur Jagdgeschichte. Neben einerumfangreichen Waffensammlung kannman noch allerhand ausgestopftes Ge-tier bewundern, das unglücklicher-

    weise irgendwo in Afrika, Asien oderAmerika einem stolzen Jäger vor dieFlinte gelaufen ist, dazwischen wird dieAusstellung durch ein paar skurrile Ex-ponate wie eine überdimensionale Gi-raffe aufgelockert. Überzeugten Jagd-gegnern und Pazifisten ist von einemBesuch daher dringend abzuraten.Daran können auch Gemälde vonChardin, Desportes, Vernet und ande-ren renommierten Künstlern, die sichim 18. Jahrhundert romantisierend demThema Jagd genähert haben, nichts än-dern. Da das Hôtel de Guénégaud daseinzige noch gut erhaltene Palais ist,das der Architekt François Mansartentworfen hat, lohnt sich aber ein Blickin den Innenhof. Als Schöpfer der nachihm benannten Mansardendächer hater den französischen Klassizismusmaßgeblich geprägt.60, rue des Archives, 75003. Hôtel-de-Ville(Linie 1 und 11). Tgl. außer Mo 1118 Uhr, Mibis 21.30 Uhr. Eintritt 8 , erm. 6 . www.chassenature.org.

    Paris im KastenDie Affäre Dreyfus eine endlose Geschichte?Jahrzehntelang spaltete die Dreyfus-Affäre die französische Gesellschaft in Gegnerund Anhänger des Hauptmanns, in Militaristen und Antimilitaristen. Auf dereinen Seite standen Republikaner, Radikale, Sozialisten und Freimaurer, die, ange-führt von Emile Zola („J’accuse“), die Rehabilitierung Dreyfus’ erreichten, auf deranderen Seite klerikale Reaktionäre und Royalisten. Mehr noch, die Affäre Dreyfusmarkiert nicht nur die Geburtsstunde des engagierten linken Humanismus, son-dern auch den Beginn des europäischen Faschismus.Der französische Antisemitismus, der ebenfalls in der Affäre Dreyfus wurzelt,wurde und wird in den öffentlichen Diskussionen bis in die jüngste Gegenwarthinein gerne verdrängt. Es verwundert daher auch nicht, dass sich die französi-schen Militärs aus fadenscheinigen Gründen weigerten, ein 1985 von dem Bild-hauer Louis Mittelberg gefertigtes Dreyfus-Denkmal auf dem symbolträchtigenHof der Pariser Kriegsschule aufzustellen. Im Jahre 1994 sorgte die Dreyfus-Affärefür den vorerst letzten Eklat: In einem Aufsatz zum 100. Jahrestag der Verurteilungvon Alfred Dreyfus bezeichnete Oberst Paul Gaujac, der Leiter der HistorischenAbteilung des Heeres, Dreyfus’ Unschuld nur als eine „These“ und bezichtigte ihnindirekt, eine Mitschuld an der französischen Niederlage im Ersten Weltkrieg zutragen, da er die Integrität der französischen Armee zerstört habe. Der französischeVerteidigungsminister François Léotard reagierte unverzüglich und entließ Gaujactrotz heftiger Proteste von Seiten der Militärs, ohne ihn auch nur angehört zu haben.