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Die Anfertigung von Photokopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist mit Quellenangabe gestattet.

Redaktionsschluss für den Bericht war am 7. März 2000.

ISSN 1561-4565

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Inhalt

Vorwort 2

Kapitel I

Wirtschaftsentwicklung und Geldpolitik

1 Geldpolitische Beschlüsse im Rahmen der Strategie des Eurosystems 8

2 Monetäre und finanzielle Entwicklung 122.1 Monetäre Entwicklung 122.2 Finanzmärkte 15

3 Preisentwicklung 25

4 Produktions-, Nachfrage- und Arbeitsmarktentwicklung 30

5 Entwicklung der öffentlichen Finanzen 38

6 Internationales gesamtwirtschaftliches Umfeld, Wechselkurse undZahlungsbilanz 41

Kapitel II

Zentralbankoperationen

1 Durchführung der Geldpolitik 501.1 Liquiditätssteuerung 501.2 Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte 511.3 Die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte 521.4 Andere Offenmarktgeschäfte 531.5 Ständige Fazilitäten 531.6 Das Mindestreservesystem 541.7 Die refinanzierungsfähigen Sicherheiten des Eurosystems und ihre

Verwendung für Kreditgeschäfte 551.8 Teilnahme der Geschäftspartner des Eurosystems an geldpolitischen

Geschäften 551.9 Geldmarktentwicklungen 56

2 Anlage von Währungsreserven und Eigenmitteln 572.1 Die Währungsreserven des Eurosystems 572.2 Der Ansatz des Eurosystems bei der Verwaltung der Währungsreserven 572.3 Die Verwaltung der Eigenmittel der EZB 58

3 Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme 593.1 Das TARGET-System 593.2 Das Korrespondenzzentralbank-Modell 61

4 Risikomanagement 62

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Kapitel III

Wirtschaftsentwicklung in den übrigen Staaten der Europäischen Union 66

Kapitel IV

Das Eurosystem und die Zusammenarbeit auf europäischer undinternationaler Ebene

1 Europäische Themen 781.1 Bilaterale Beziehungen 781.2 Koordination der Wirtschaftspolitik in den Mitgliedstaaten der

Europäischen Union 821.3 Der Makroökonomische Dialog 83

2 Internationale Angelegenheiten 852.1 Aktivitäten der EZB in der multilateralen Zusammenarbeit 852.2 Die Entwicklung bilateraler Beziehungen der EZB mit Ländern außerhalb

der Europäischen Union 892.3 Die Architektur des internationalen Währungs- und Finanzsystems 892.4 Die internationale Rolle des Euro 93

Kapitel V

Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme

1 Aufsicht über Großbetragszahlungssysteme 96

2 Aufsicht über Massenzahlungssysteme 97

3 Andere Aktivitäten im Zusammenhang mit Zahlungsverkehrssystemen 98

4 Wertpapierabwicklungssysteme 98

Kapitel VI

Finanzmarktstabilität und Bankenaufsicht

1 Der institutionelle Rahmen für Finanzmarktstabilität 102

2 Veränderungen in der Struktur des Banken- und Finanzsektors in der EU 104

3 Analyse der Stabilität des Bankensystems auf Systemebene 105

4 Risikobewertungssysteme und Kreditregister 106

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Kapitel VII

Herstellung der Euro-Banknoten und Vorbereitung auf die Bargeldumstellung

1 Herstellung der Euro-Banknoten 110

2 Die Qualität des Euro-Bargeldes 110

3 Fälschungsschutz für Euro-Bargeld 111

4 EURO-2002-Kampagne 111

5 Euro-Bargeldumstellung im Jahr 2002 112

6 Bargeldumlauf bis zum Jahr 2002 114

Kapitel VIII

Stand der Statistik 118

Kapitel IX

Sonstige Aufgaben und Aktivitäten

1 Beratende Funktionen 124

2 Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und desbevorrechtigten Zugangs 126

3 Übergang zum Jahr 2000 127

4 Verwaltung der Gemeinschaftsdarlehen 129

Kapitel X

Öffentlichkeitsarbeit und Rechenschaftsbericht

1 Die Informationspolitik und die Kommunikationsinstrumente der EZB 1321.1 Ziele der Kommunikationspolitik 1321.2 Kommunikationsinstrumente 132

2 Rechenschaftsbericht 1342.1 Unabhängigkeit und Verantwortlichkeit der Zentralbanken in der

Wirtschafts- und Währungsunion 1342.2 Die Rechenschaftspflicht der EZB und die Rolle des Europäischen Parlaments

in diesem Zusammenhang 134

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Kapitel XI

Der institutionelle Rahmen des Eurosystems und des Europäischen Systemsder Zentralbanken

1 Das Eurosystem und das Europäische System der Zentralbanken 138

2 Die Beschlussorgane der EZB 1392.1 Der EZB-Rat 1392.2 Das Direktorium 1412.3 Der Erweiterte Rat 142

3 Die Organisation der EZB 1443.1 Unternehmenskontrolle 1443.2 Personalentwicklung 1443.3 Organisationsplan der EZB 146

4 ESZB-Ausschüsse 147

Kapitel XII

Jahresabschluss der EZB und konsolidierte Bilanz des Eurosystems 1999 150

Anhänge

Glossar 168Chronik der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems 181Publikationen der Europäischen Zentralbank (EZB) 186

Verzeichnis der Kästen, Tabellen und Abbildungen

Kästen

1 Strukturelle Veränderungen im Bankensektor und ihre Bedeutung für die Geldpolitik 162 Analyse der Ursachen steigender nominaler Anleiherenditen anhand indexierter

Anleihen 21Abbildung: Breakeven-Inflationsrate, berechnet für Verbraucherpreise in Frankreich 21

3 Die Auswirkungen der Marktöffnung auf die Verbraucherpreise 27Abbildung: Telefonapparate und Telefaxgeräte, Telefon- und Telefaxdienste 27

4 Wachstums- und Inflationsdifferenzen innerhalb des Eurogebiets 31Tabelle: Reales BIP-Wachstum und HVPI-Anstieg in den Ländern des Euroraums 31

5 Der Rückgang des Handelsbilanzüberschusses des Eurogebiets im Jahr 1999 47Abbildung: Importvolumen der wichtigsten Exportmärkte des Euro-Währungsgebiets 47

6 Funktion und Tätigkeit der ständigen EZB-Vertretung in Washington 877 Konsultationsverfahren 1999 124

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Tabellen

1 Preis- und Kostenentwicklung im Euroraum 252 Zusammensetzung des realen BIP-Wachstums im Euroraum 303 Industrieproduktion im Euroraum 354 Entwicklungen am Arbeitsmarkt im Euroraum 375 Öffentliche Finanzen im Euroraum 386 Makroökonomische Indikatoren für Dänemark 677 Makroökonomische Indikatoren für Griechenland 698 Makroökonomische Indikatoren für Schweden 719 Makroökonomische Indikatoren für das Vereinigte Königreich 7310 Anzahl der Banknoten, die bis 1. Januar 2002 zu drucken sind 114

Abbildungen

1 EZB-Zinssätze und Geldmarktsätze 92 M3-Wachstum im Euroraum 123 M3-Komponenten im Euroraum 134 Kreditgewährung an den privaten Sektor und Zinsen im Kundengeschäft 155 Kurzfristige Zinsen im Euroraum 186a Renditen langfristiger Staatsanleihen im Euroraum, den Vereinigten Staaten

und Japan 196b Zinsabstand zwischen den Vereinigten Staaten und dem Euroraum bei zehnjährigen

Anleihen 197 Aktienkursindizes im Euroraum, den Vereinigten Staaten und Japan 238 Entwicklung des HVPI im Euroraum nach Komponenten 269 Wachstumsbeiträge zum realen BIP im Euroraum (Quartalsvergleich) 3310 Vertrauensindikatoren im Euroraum 3411 Beschäftigung im Euroraum 3612 Arbeitslosigkeit im Euroraum 3713 Entwicklung von Schlüsselindikatoren in den führenden Industrieregionen 4314 Effektiver Wechselkurs (nominal) 45

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Abkürzungen

Länder

BE BelgienDK DänemarkDE DeutschlandGR GriechenlandES SpanienFR FrankreichIE IrlandIT ItalienLU LuxemburgNL NiederlandeAT ÖsterreichPT PortugalFI FinnlandSE SchwedenUK Vereinigtes KönigreichJP JapanUSA Vereinigte Staaten

Sonstiges

BIP BruttoinlandsproduktBIZ Bank für Internationalen Zahlungsausgleichcif Einschließlich Kosten für Fracht und Versicherung bis zur Grenze

des importierenden LandesECU Europäische WährungseinheitESVG 95 Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995ESZB Europäisches System der ZentralbankenEU Europäische UnionEUR/€ EuroEWI Europäisches WährungsinstitutEZB Europäische Zentralbankfob Frei an Bord an der Grenze des exportierenden LandesHVPI Harmonisierter VerbraucherpreisindexIAO Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler WährungsfondsMFI Monetäres FinanzinstitutOECD Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und ZusammenarbeitSITC Rev. 3 Internationales Warenverzeichnis für den Außenhandel

(3. Überarbeitung)VPI VerbraucherpreisindexWWU Wirtschafts- und Währungsunion

Entsprechend der in der Gemeinschaft angewendeten Praxis werden dieEU-Länder im Bericht in der alphabetischen Reihenfolge der Bezeichnung derLänder in den jeweiligen Landessprachen aufgeführt.

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Vorwort

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Mit diesem Jahresbericht zieht die EZB erst-mals über ein ganzes Jahr Geldpolitik des Eu-rosystems Bilanz. Daneben bietet der Berichteinen Überblick über die sonstigen Aktivitä-ten des Eurosystems und des EuropäischenSystems der Zentralbanken.

Über das erste Jahr des Euro kann ein positi-ves Resümee gezogen werden. Der Start-schuss für die einheitliche Geldpolitik fiel un-ter recht günstigen Bedingungen, weil bereitsim Vorfeld der Euro-Einführung eine stabili-tätsorientierte Wirtschaftspolitik betriebenwurde. Zudem bewährte sich die geldpoliti-sche Strategie des Eurosystems sowohl beider geldpolitischen Entscheidungsfindung alsauch bei der Begründung dieser Entscheidun-gen der Öffentlichkeit gegenüber. Somit konn-te sich das Eurosystem während des ganzenJahres darauf konzentrieren, weiterhin einpreisstabiles Umfeld zu sichern. Dass die Prei-se im Euroraum stabil gehalten werden konn-ten – die Inflationsrate lag im Jahresdurch-schnitt 1999 knapp über 1 % –, ist durchausnicht selbstverständlich; wie ein Blick zurückzeigt, war Preisstabilität in den letzten 50Jahren eher die Ausnahme als die Regel. DasEurosystem wird deshalb auch künftig auf dieBedeutung seines vorrangigen Ziels – der Ge-

währleistung von Preisstabilität im Euroraum– verweisen und seine Geldpolitik weiterhinauf die Erreichung dieses Ziels ausrichten.Allerdings muss auch gesagt werden, dass mankeine unrealistischen Erwartungen an dieGeldpolitik haben darf; kurzfristige Schwan-kungen bei der Preisentwicklung beispielswei-se lassen sich damit nicht verhindern. DieGeldpolitik muss vielmehr mittelfristig ausge-richtet sein, und demzufolge muss sie auch anden mittelfristigen Entwicklungen gemessenwerden. Hinzu kommt, dass der geldpoliti-sche Kurs auf breiter Basis unterstützt wer-den muss: durch eine solide Finanzpolitik,durch strukturpolitische Maßnahmen, mit de-nen die Effizienz der Märkte sichergestelltwerden soll, und durch Lohnverhandlungen,die mit entsprechendem Verantwortungsbe-wusstsein geführt werden.

Das Eurosystem muss als eine Einheit und alseine wahrhaft europäische Institution auftre-ten. Das heißt, die Beschlüsse des Eurosys-tems müssen immer auf den Euroraum inseiner Gesamtheit ausgerichtet sein. DieGeldpolitik ist unteilbar; sie kann nicht aufSituationen in einzelnen Ländern oder Regio-nen des Euroraums reagieren. Dass sich dieInflationsrate und andere Wirtschaftsindika-toren in den Teilnehmerstaaten nicht voll-kommen gleichförmig entwickeln, ist in einerWährungsunion von der Größe des Eu-roraums unvermeidlich. Derartige Unter-schiede sollten – solange sie ein gewissesAusmaß nicht überschreiten – als normal an-gesehen werden. Dies zeigt sich auch an an-deren großen Währungsräumen, etwa denVereinigten Staaten. Drohen die Unterschie-de zu groß zu werden, dann kann nur aufnationaler Ebene gegengesteuert werden, in-dem entsprechende finanz- und strukturpoli-tische Maßnahmen gesetzt werden und dieMärkte entsprechend flexibel reagieren.

Gegen Ende 1998 und in den ersten Monatendes Jahres 1999 wurde der Wirtschaftsauf-schwung im Euroraum durch die Finanzkrisenin Asien und Russland abgebremst. Angesichtsdieser Entwicklung und der ohnehin schonniedrigen Inflation zeigte eine umfassendeBeurteilung der weiteren Preisentwicklung

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und der Risiken für die Preisstabilität – alsodie zweite Säule unserer geldpolitischen Stra-tegie –, dass mit einem weiteren Abflachender Inflation zu rechnen war. Die erste Säuleder Strategie, wonach der Geldmenge einebesondere Bedeutung beigemessen wird unddie Abweichungen des Geldmengenwachs-tums vom diesbezüglichen Referenzwert ana-lysiert werden, ergab Anfang 1999 eine Zu-wachsrate von rund 5 % für M3. Damit lagdas Geldmengenwachstum noch relativ naheam Referenzwert von 4 ½ %. Außerdem dürf-te sich in der Ausweitung der Geldmenge zuBeginn des Jahres 1999 die Umstellung aufden Euro niedergeschlagen haben. So ließ sichaus den Entwicklungen in den ersten Mona-ten 1999 auf mittlere Sicht auch keine Gefahrfür die Preisstabilität ablesen. Auf Basis derzwei Säulen und der diesbezüglichen Wertebeschloss der EZB-Rat deshalb am 8. April,den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsge-schäfte der EZB um 50 Basispunkte auf 2,50 %zu senken. Das historisch niedrige Niveau dernominalen kurzfristigen Zinsen im Euroraum,das sich in Folge der Zinssenkung einstellte,war mit ein Grund dafür, wieso das Wachs-tumspotenzial des Euroraums ohne Beein-trächtigung der Preisstabilität ausgeschöpftwerden konnte.

Im Laufe des Jahres 1999 kam es zu einerVerlagerung der Risiken für die Preisstabili-tät; der Inflationsdruck wurde zusehends stär-ker. Das Geldmengenwachstum überschrittden Referenzwert zunehmend, wobei die Kre-ditvergabe an den privaten Sektor mit einerJahresrate von mehr als 10 % wuchs. Im Eu-roraum war reichlich Liquidität vorhanden,zugleich hielt die EZB die Zinsen relativ nied-rig. Diese Entwicklungen deuteten darauf hin,dass die Inflation mittelfristig anziehen könn-te. Gleichzeitig verstärkten der anhaltende An-stieg der Rohölpreise und die Verschlechterungdes Euro-Wechselkurses bei sich gleichzeitigaufhellender Konjunktur den Inflationsdruck.So zeigten also beide Säulen der geldpoliti-schen Strategie an, dass die Preisstabilitätmittelfristig in Gefahr war. Dies bewog denEZB-Rat dazu, am 4. November 1999 die dreiLeitzinssätze der EZB um je 50 Basispunkteanzuheben, sowie am 3. Februar und am

16. März 2000 um jeweils weitere 25 Basis-punkte. An der Wahl des Zeitpunkts dieserZinsschritte zeigt sich der vorausschauendeCharakter der Geldpolitik des Eurosystems:Indem das Eurosystem handelt, bevor sichdie Preisspirale zu drehen beginnt, kann esspätere, drastischere Zinsanhebungen vermei-den. Durch einen derartigen Kurs wird einWirtschaftsaufschwung nicht im Keim erstickt;im Gegenteil, die Geldpolitik trägt so dazu bei,eine der Grundvoraussetzungen für nachhal-tiges Wirtschaftswachstum zu schaffen.

Der Euro ist neu, und die EZB und das Euro-system sind noch jung. Seit der Einführungdes Euro ist erst gut ein Jahr verstrichen. Dieeffektive Einführung des Euro, einschließlichder technischen Umstellung, verlief reibungs-los. Die ersten Januarwochen 1999 standenim Zeichen des Zusammenwachsens derGeldmärkte des Euroraums. Der geldpoliti-sche Handlungsrahmen des Eurosystems – dasInstrumentarium aus Refinanzierungsgeschäf-ten, ständigen Fazilitäten und einem Mindest-reservesystem mit Bestimmungen zur Durch-schnittserfüllung – bewährte sich in der Pra-xis sehr gut. Die Tagesgeldsätze wareninsgesamt sehr stabil, sodass keine Notwen-digkeit für Feinsteuerungsoperationen be-stand. Die EZB führte nur einmal zu Beginndes Jahres 2000 eine Feinsteuerungsoperati-on durch, um nach der erfolgreichen Umstel-lung auf das Jahr 2000 überschüssige Liquidi-tät abzuschöpfen.

Entwicklungen im Zusammenhang mit einermöglichen Erweiterung des Euroraums beob-achtet das Eurosystem natürlich mit großemInteresse. Aus diesem Grund analysiert eseingehend die Entwicklungen in den EU-Mit-gliedstaaten, die den Euro noch nicht einge-führt haben. Die Zusammenarbeit mit diesenMitgliedstaaten im Erweiterten Rat der EZBist dabei sehr wertvoll. Ferner verfolgt dasEurosystem genau den Prozess des Beitrittsneuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Uni-on. Um den Euro letztlich einführen zu kön-nen, müssen diese Länder die Konvergenzkri-terien erfüllen. Im Hinblick darauf hat dasEurosystem Kontakte zu den Zentralbankender Beitrittsstaaten aufgebaut und seine Be-

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reitschaft zur Mitwirkung am Beitrittsprozessinnerhalb seines Zuständigkeitsbereichs signa-lisiert.

Bisher konzentrierten sich meine Ausführun-gen auf die Tätigkeit der EZB und des Euro-systems. Zu bedenken ist allerdings, dass sichder Euro bereits unmittelbar nach seiner Ein-führung auf den gesamten Finanzsektor, dieWirtschaft des Euroraums und das Weltwäh-rungssystem ausgewirkt hat. Der Euro eta-blierte sich unverzüglich als die zweitwichtig-ste internationale Währung, und seine Be-deutung wird im Lauf der Jahre nochzunehmen. Der Euro wird die Wirtschaft desEuroraums verändern; im Grunde hat dieserProzess bereits begonnen. Im Finanzsektorführte die Einführung des Euro zu einer Ver-stärkung bestehender Trends. Der Wertpa-piermarkt spielt in der Allokation finanziellerRessourcen im Vergleich zu den Finanzinter-mediären eine immer größere Rolle. Die Ka-pitalmärkte gewinnen an Tiefe und an Liquidi-tät. Einige bisher unterentwickelte Segmentedes Kapitalmarktes, z. B. der Markt für Un-ternehmensanleihen, sind stark gewachsen.Insgesamt wurden 1999 hohe Umsätze aufden Finanzmärkten verzeichnet, was zeigt,dass der Euro gut angenommen wurde.

Die Kapitalmärkte können noch mehr zusam-menwachsen, vor allem, wenn Maßnahmenzur Gewährleistung gleicher Wettbewerbs-bedingungen ergriffen werden. Dies gilt eben-so für die Schaffung eines Binnenmarktes fürFinanzdienstleistungen. Hier verwies das Eu-rosystem etwa darauf, dass Massenzahlungs-systeme, mit denen sich grenzüberschreiten-de Zahlungen kostengünstiger und schnellerabwickeln lassen, spätestens zum Zeitpunktder Euro-Bargeldeinführung betriebsbereitsein müssen.

1999 war verstärkter Umstrukturierungs-druck spürbar, was sich auch an vermehrtenFusionen und Übernahmen – nicht nur imFinanzsektor – zeigt. Davon ist das ganzeSpektrum der Finanzintermediäre und Finanz-institute betroffen, von den Banken bis hin zuden Börsen, und ebenso die ganze Paletteder Zahlungsverkehrs- und Wertpapierab-

wicklungssysteme. Nach wie vor verlaufen Fu-sionen und Übernahmen hauptsächlich inner-staatlich, aber das kann sich in Zukunft durch-aus ändern. Der Euro wirkt wettbewerbsför-dernd, indem er für mehr Transparenz sorgtund grenzüberschreitende Vergleiche inner-halb des Euroraums einfacher macht. Daswirkt sich wiederum positiv auf das Funktio-nieren des Binnenmarktes aus und führt letzt-lich zu Wohlfahrtsgewinnen. Die Einführungder Euro-Banknoten und -Münzen wird die-sen Prozess nochmals verstärken. Seit derEinführung des Euro treten außerdem quali-tative Unterschiede im wirtschaftspolitischenKurs der einzelnen Staaten des Euroraumsklarer zu Tage. Die Regierungen sollten diesals Gelegenheit sehen, voneinander zu ler-nen, und sollten bewährte Lösungen über-nehmen. Strukturelle Veränderungen im Eu-roraum werden vom Eurosystem genau be-obachtet und analysiert, weil von ihnenabhängen kann, inwiefern bzw. wie schnelldie geldpolitischen Maßnahmen auf die Wirt-schaft generell, aber vor allem auch auf dieInflation wirken. Ganz allgemein betrachtetist es wichtig, dass das Finanzsystem im Eu-roraum effizient und stabil ist, weil dies auchdie Durchführung der Geldpolitik erleichtert.

Darüber hinaus gibt es Veränderungen, diezwar in keinem direkten Zusammenhang mitder Einführung des Euro stehen, dem Eurosys-tem aber trotzdem ein Anliegen sein müs-sen. So sind von der Entwicklung des elektro-nischen Geldes alle wichtigen Zentralbank-funktionen betroffen: die Geldpolitik, dieGewährleistung der Finanzmarktstabilität, dieBankenaufsicht sowie die Aufsicht über Zah-lungsverkehrssysteme. Das Eurosystem misstder Einführung gesetzlicher Rahmenbestim-mungen für die Ausgabe von elektronischemGeld große Bedeutung bei. Zum Zeitpunktder Drucklegung dieses Jahresberichts sind inder Europäischen Union in diesem Bereichbereits erste Fortschritte erzielt worden,aber die bisher eingebrachten Vorschläge fürdie Regulierung sollten noch präzisiert undausgedehnt werden. Dies gilt vor allem fürBestimmungen, mit denen gewährleistet wer-den soll, dass nur der Bankenaufsicht unter-liegende Kreditinstitute befugt sind, elektro-

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nisches Geld in größerem Umfang auszuge-ben. Ebenso ist sicherzustellen, dass das Eu-rosystem den Geltungsbereich seiner geldpo-litischen Instrumente auf Ausgeber von elek-tronischem Geld ausdehnen kann und dasselektronisches Geld immer zum Nennwerteinlösbar ist.

Der Übergang zum Jahr 2000 gestaltete sichvöllig unproblematisch, vor allem wegen dergründlichen Vorbereitungen, die in vielen Be-reichen getroffen worden waren, darunterauch in der Finanzwirtschaft und im Eurosys-tem. Der Euro hatte einen guten Start, aberworauf es letztlich ankommt, ist der dauer-hafte Erfolg des Euro und der Wirtschafts-und Währungsunion. Das Eurosystem wirdseinen Teil dazu beitragen, diesen Erfolg si-cherzustellen. Auf den hier erwähnten undauch auf allen anderen Gebieten werden indiesem Jahr und in Zukunft weitere Anstren-gungen unternommen werden, den Euro unddas Eurosystem fester zu verankern, die In-frastruktur auszubauen und den Handlungs-rahmen zu stärken.

Für die Wirtschaft des Euroraums beginntjetzt eine entscheidende Phase. In einer Zeit,in der sich das Wirtschaftswachstum in ei-nem Umfeld von Preisstabilität beschleunigt,bietet sich die einmalige Gelegenheit, die Ar-beitslosigkeit im gesamten Euroraum deutlichabzubauen und die Wirtschaft zu beleben.

Diese Chance kann aber nur genutzt werden,wenn die Entscheidungsträger die Weichenrichtig stellen und der private Sektor im Ver-trauen auf eine positive Entwicklung initiativwird. Das Wichtigste, was die Geldpolitikdazu beisteuern kann, ist, ihren auf die mit-telfristige Gewährleistung von Preisstabilitätausgerichteten Kurs zu halten. Dies hätte zu-gleich den Effekt, dass die Glaubwürdigkeitdes Eurosystems steigt und das Vertrauender Bevölkerung darauf wächst, dass derWert des Euro langfristig stabil bleiben wird.Die Regierungen sind aufgerufen, wie vomStabilitäts- und Wachstumspakt vorgeschrie-ben, ihre Haushaltsdefizite zu vermindern, da-mit sie ausgeglichen bilanzieren oder sogarÜberschüsse erzielen. Ebenso sollten sie, wieangekündigt, durch Strukturreformen fürmehr Flexibilität auf den Märkten sorgen undbereits eingeleitete Maßnahmen weiter aus-dehnen. Die Sozialpartner sind aufgerufen,Preisstabilität, Produktivitätswachstum undden Abbau der Arbeitslosigkeit in den Lohn-verhandlungen gebührend mitzuberücksichti-gen. Ebenso sollten sie beachten, dass regio-nale Unterschiede eine differenzierte Lohn-entwicklung erfordern. Uns allen solltebewusst sein, dass wir gegenwärtig die Wei-chen für eine bessere Zukunft für alle Bürgerin Europa stellen können. Diese Gelegenheitsollten wir gemeinsam nutzen und damit Eu-ropa zu einer treibenden Kraft in der Welt-wirtschaft machen.

Frankfurt am Main, im März 2000

Willem F. Duisenberg

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Kapitel I

W i r t s c h a f t s e n t w i c k l u n g

und Ge ldpo l i t ik

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1 Geldpolitische Beschlüsse im Rahmen der Strategie desEurosystems

Gemäß den vertraglichen Bestimmungen be-steht das vorrangige Ziel des Eurosystemsdarin, die Preisstabilität im Euro-Währungs-gebiet zu gewährleisten. Um dieses Ziel zuerreichen, werden die geldpolitischen Be-schlüsse mit Blick auf die Zukunft und auf derGrundlage einer stabilitätsorientierten Stra-tegie getroffen, die im Oktober 1998 be-schlossen wurde (siehe den Artikel im Mo-natsbericht vom Januar 1999 mit dem Titel„Die stabilitätsorientierte geldpolitische Stra-tegie des Eurosystems“). Zusammenfassendlässt sich sagen, dass der EZB-Rat eine quan-titative Definition von Preisstabilität bekanntgab, der zufolge der Anstieg des Harmoni-sierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für dasEurogebiet bei unter 2 % gegenüber dem Vor-jahr liegen muss. Im Einklang mit dieser Defi-nition muss die Preisstabilität mittelfristig auf-rechterhalten werden. Die Beurteilung derAussichten für die Preisentwicklung und derRisiken für die zukünftige Preisstabilität be-ruht auf zwei Säulen. Die erste Säule weistder Geldmenge eine herausragende Rolle zu;dies kommt in der Bekanntgabe eines Refe-renzwerts für das Wachstum eines weit ge-fassten Geldmengenaggregats zum Ausdruck.Im Dezember 1998 wurde der Referenzwertfür das M3-Wachstum auf 4 ½ % pro Jahrfestgelegt. Die monetäre Entwicklung im Ver-hältnis zum Referenzwert wird laufend analy-siert, um daraus Informationen zur mittelfris-tigen Preisentwicklung zu gewinnen. Im Rah-men der zweiten Säule wird zudem eine breitfundierte Beurteilung weiterer Indikatorendurchgeführt, die Informationen zu den Aus-sichten für die Preisentwicklung und den Risi-ken für die Preisstabilität im Eurogebiet lie-fern. Diese Beurteilung stützt sich auf eineVielzahl von Finanzmarkt- und anderen Wirt-schaftsindikatoren, einschließlich Prognosen.Auf diese Weise reagiert die Geldpolitik nichtautomatisch auf Entwicklungen eines einzel-nen Indikators bzw. einer einzelnen Progno-se. Vielmehr legt der EZB-Rat die Zinssätzefür die geldpolitischen Instrumente des Euro-systems auf der Grundlage der Informatio-nen, die sich aus einer gründlichen Analyse

beider Säulen seiner Strategie ergeben, sofest, dass die Preisstabilität auf mittlere Fristam besten gewährleistet wird.

Die Zinssätze, die für die drei wichtigstengeldpolitischen Instrumente zu Beginn derdritten Stufe der Wirtschafts- und Währungs-union (WWU) gelten sollten, wurden am22. Dezember 1998 offiziell bekannt gegeben.Der Beschluss folgte auf eine koordinierteZinssenkung durch die nationalen Zentralban-ken im früheren Verlauf des Dezembers 1998,mit der die Konvergenz der offiziellen Zins-sätze in den Ländern, die nunmehr das Euro-gebiet bilden, faktisch zum Abschluss gebrachtwurde. Am 22. Dezember 1998 wurde derZinssatz für das erste im Jahr 1999 durchzu-führende Hauptrefinanzierungsgeschäft auf3,0 % festgesetzt. Außerdem wurden die Zins-sätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilitätund die Einlagefazilität mit Wirkung vom 1. Ja-nuar 1999 auf 4,5 % bzw. 2,0 % festgesetzt.Ferner beschloss der EZB-Rat, für den Zeit-raum vom 4. bis 21. Januar 1999 vorüberge-hend einen „engen Korridor“ für die kurzfris-tigen Marktzinsen zu schaffen, um die Um-stellung auf den einheitlichen Geldmarkt zuerleichtern, und setzte die Zinssätze für dieSpitzenrefinanzierungsfazilität und die Einla-gefazilität für diesen Zeitraum auf 3,25 % bzw.2,75 % fest (siehe Abbildung 1 und den Ab-schnitt „Chronik der geldpolitischen Maßnah-men des Eurosystems“).

Im ersten Quartal 1999 blieb der Inflations-druck gering. Die anhand des HVPI gemesse-ne Inflationsrate lag im Dezember 1998 bei0,8 % und blieb auch im Januar und Febru-ar 1999 unverändert. In diesem von niedrigerInflation geprägten Umfeld gab es Anzeichendafür, dass sich die Konjunktur im Eurogebiet– in erster Linie auf Grund der geringerenAuslandsnachfrage – stärker abgeschwächthaben könnte, als Ende 1998 angenommenworden war. Die Daten zum realen BIP-Wachstum wiesen auf eine erhebliche kon-junkturelle Verlangsamung hin. Auch dasWachstum der Industrieproduktion verlor an

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9EZB- Jahresber i ch t • 1999

Quellen: EZB und Reuters.

Schwung, und das Vertrauen der Industrieging kontinuierlich zurück. Vor diesem Hin-tergrund wurde zunehmend deutlich, dass dieRisiken für die Preisstabilität auf mittlere Fristvor allem nach unten gerichtet waren.

Allerdings musste bei der Beurteilung derAussichten für die Preisstabilität auch in Be-tracht gezogen werden, dass einige der Indi-katoren Anfang 1999 in die entgegengesetzteRichtung zu weisen schienen. So lag der glei-tende Dreimonatsdurchschnitt der Jahres-wachstumsraten von M3 für den Zeitraumvon Dezember 1998 bis Februar 1999 beirund 5,0 % und damit etwas über dem Refe-renzwert. Die monetären Daten für Januar1999 zeigten eine erhebliche Zunahme dertäglich fälligen Einlagen. Auch die Ausleihun-gen an den privaten Sektor weiteten sich An-fang 1999 mit einer Jahresrate von rund 10 %rasch aus. Außerdem blieb das Vertrauen derVerbraucher trotz der konjunkturellen Ab-kühlung vergleichsweise hoch. Schließlich be-gannen Mitte Februar 1999 auch die Ölpreisezu steigen, und der effektive Wechselkursdes Euro ging in den ersten Monaten desJahres zurück. Diese beiden Faktoren übtenalso ebenfalls einen Aufwärtsdruck auf diePreise aus.

Folglich wurde der EZB-Rat Anfang 1999 mitgegensätzlichen Signalen konfrontiert. Wasdie Geldmengenentwicklung betraf, so lag dasM3-Wachstum allerdings noch nahe beim Re-ferenzwert von 4 ½ %. Zudem schienen diebesonderen Umstände im Zusammenhang mitdem Übergang zur dritten Stufe der WWUerheblich zum steilen Anstieg der täglich fälli-gen Einlagen im Januar beigetragen zu haben.Diese Auffassung wurde durch die teilweiseUmkehrung des Wachstums der täglich fälli-gen Einlagen im Februar bestärkt. Außerdemwar nicht auszuschließen, dass auch institu-tionelle Faktoren, wie beispielsweise Ände-rungen bei der statistischen Erfassung unddie Umstellung auf das neue Mindestreserve-system, zum außergewöhnlich starken Geld-mengenwachstum im Januar beigetragen hat-ten. Angesichts der Unsicherheit hinsichtlichder Analyse der Geldmengenentwicklung An-fang 1999 und der damals noch geringen Ab-weichung vom Referenzwert sah der EZB-Rat daher zu diesem Zeitpunkt bei der mo-netären Entwicklung keine Anzeichen einesInflationsrisikos.

Da die Inflationsraten insgesamt deutlich un-terhalb der Obergrenze der Preisstabilitäts-definition des Eurosystems lagen und hinsicht-

Abbildung 1EZB-Zinssätze und Geldmarktsätze(in % p.a.; Tageswerte)

SpitzenrefinanzierungssatzEinlagesatzHauptrefinanzierungssatz

Einmonatssatz (EURIBOR)Tagesgeldsatz (EONIA)

Q1 Q2 Q3 Q4 Q11999 2000

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

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EZB- Jahresber i ch t • 199910

lich der zukünftigen Preisentwicklung aufGrund der konjunkturellen Abschwächungvon einem Abwärtsdruck auszugehen war, be-schloss der EZB-Rat am 8. April 1999, denHauptrefinanzierungssatz um 50 Basispunkteauf 2,5 % herabzusetzen. Gleichzeitig senkteer den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs-fazilität um 100 Basispunkte auf 3,5 % undden Zinssatz für die Einlagefazilität um 50Basispunkte auf 1,5 %, wodurch ein symme-trischer Zinskorridor um den Hauptrefinan-zierungssatz geschaffen wurde. Diese Zins-schritte wurden als angemessene Vorsichts-maßnahme erachtet, um auf mittlere FristPreisstabilität zu sichern und dadurch zu ei-ner besseren Ausnutzung des wirtschaftlichenWachstumspotenzials des Eurogebiets beizu-tragen.

Im weiteren Jahresverlauf wirkten eher trei-bende als dämpfende Faktoren auf die Preis-stabilität ein. Der gleitende Dreimonatsdurch-schnitt der Jahreswachstumsrate von M3 stieglangsam an und näherte sich im Sommer ei-nem Stand von 6,0 %. Selbst unter Ausklam-merung der außergewöhnlichen Entwicklun-gen unmittelbar zu Beginn des Jahres 1999zeichnete sich eindeutig eine anhaltende Aus-weitung der Geldmenge ab. Die Jahreswachs-tumsrate der täglich fälligen Einlagen bliebhoch, und zugleich stiegen auch die Auslei-hungen an den privaten Sektor weiterhinrasch an, was bestätigte, dass reichlich Liqui-dität vorhanden war.

Gleichzeitig hellte sich das außenwirtschaftli-che Umfeld auf, da sich die Lage in den asiati-schen Volkswirtschaften stabilisierte und an-schließend besserte, während sich die Sorgenum Turbulenzen an den Finanzmärkten ande-rer Schwellenländer legten. In den Vereinig-ten Staaten gab es zudem Hinweise auf eineanhaltend lebhafte Konjunkturentwicklung.Unter diesen Rahmenbedingungen belebtesich auch die Konjunktur im Euro-Währungs-gebiet schrittweise wieder. Die ersten Anzei-chen dieses Erholungsprozesses kamen imdeutlichen Anstieg des Vertrauens der Indus-trie im Laufe des Sommers zum Ausdruck.Die Industrieproduktion stabilisierte sich imzweiten Quartal 1999 und beschleunigte sich

im dritten Quartal. Zudem wies die stetigeZunahme der Anleiherenditen im Sommerdarauf hin, dass am Markt auf lange Sicht voneiner Verbesserung der Wirtschaftslage aus-gegangen wurde und dass auch verstärkt einAnziehen der Preise erwartet wurde. Insge-samt zeichnete sich allmählich ab, dass sichdie Konjunktur im Euro-Währungsgebiet imVerlauf des Jahres 1999 und im Jahr 2000 er-heblich beschleunigen würde. Hinzu kam, dassder effektive Wechselkurs des Euro weiterzurückging, während die Ölpreise weiter an-stiegen, was sich beides nach und nach aufdie Verbraucherpreise auszuwirken begann.

Demnach hatten sich die inflationserhöhen-den Faktoren in der Summe seit Anfang desSommers allmählich verstärkt, während diePreisdämpfungsrisiken, die bei der Zinssen-kung der EZB im April noch vorgeherrschthatten, verschwunden waren. Angesichts die-ser Entwicklung beschloss der EZB-Rat am4. November 1999, den Zinssatz für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte um 50 Basis-punkte auf 3,0 % anzuheben. Gleichzeitig wur-den die Zinssätze für die Einlagefazilität unddie Spitzenrefinanzierungsfazilität ebenfalls umjeweils 50 Basispunkte auf 2,0 % bzw. 4,0 %erhöht.

Diese geldpolitische Kursänderung sollte ver-hindern, dass die reichliche Liquiditätsversor-gung mittelfristig zu einem Aufwärtsdruck aufdie Preise führt, und dazu beitragen, die er-wartete Inflation sicher unter 2 % zu halten.Außerdem wurde davon ausgegangen, dassdurch eine solche frühzeitige Zinsanhebungeine größere Erhöhung zu einem späterenZeitpunkt vermieden und damit zu einem in-flationsfreien Wachstum über einen längerenZeitraum hinweg beigetragen werden könne.Die Höhe des Zinsschritts diente auch dazu,Unsicherheiten bezüglich des zukünftigengeldpolitischen Kurses auszuräumen und da-durch die an den Finanzmärkten möglicher-weise vorhandenen Risikoprämien zu redu-zieren. Zudem sollte sie dazu beitragen, ei-nen eventuellen Anstieg der Volatilität amGeldmarkt im Zusammenhang mit der Jahr-2000-Umstellung zu begrenzen.

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11EZB- Jahresber i ch t • 1999

Auf seiner Sitzung am 2. Dezember 1999überprüfte der EZB-Rat, wie bereits im De-zember 1998 angekündigt, den Referenzwertfür das Geldmengenwachstum. Dabei bestä-tigte er den bisherigen Referenzwert für dasM3-Wachstum von 4 ½ % pro Jahr. DieserBeschluss wurde gefasst, weil die Grundda-ten, anhand derer der Referenzwert im De-zember 1998 ursprünglich festgesetzt wor-den war – nämlich die Preisstabilitätsdefiniti-on des Eurosystems (ein Anstieg des HVPI imEurogebiet von unter 2 % gegenüber demVorjahr) sowie die Annahmen für das Trend-wachstum des realen BIP (2 % bis 2 ½ %) undfür den trendmäßigen Rückgang der Einkom-mensumlaufgeschwindigkeit von M3 (½ % bis1 %) – grundsätzlich unverändert gebliebenwaren.

Ferner beschloss der EZB-Rat, dass er diemonetäre Entwicklung in Relation zum Refe-renzwert nach wie vor auf der Basis einesgleitenden Dreimonatsdurchschnitts der Jah-reswachstumsraten von M3 beurteilen wer-de. Außerdem betonte er nochmals, dass die-se Beurteilung parallel zu der breit fundier-ten Einschätzung der Aussichten für diePreisentwicklung stattfinden werde, die diezweite Säule der Strategie des Eurosystemsdarstellt. Auf diese Weise werden geldpoliti-sche Entscheidungen, die auf die mittelfristige

Gewährleistung der Preisstabilität abzielen,nach wie vor auf beiden Säulen der geldpoliti-schen Strategie basieren. Schließlich wurdebeschlossen, den Referenzwert für die Geld-menge künftig in jährlichen Abständen zuüberprüfen, wobei die nächste Überprüfungim Dezember 2000 stattfinden soll.

Ende 1999 und Anfang 2000 wiesen die Geld-mengenausweitung und das Wachstum derAusleihungen nach wie vor auf eine großzügi-ge Liquiditätsausstattung im Euroraum hin.Gleichzeitig trug die Entwicklung der Wech-selkurse und der Rohstoffpreise weiterhinzum Anstieg der Einfuhrpreise und -kostenim Euro-Währungsgebiet bei. Da die Auf-wärtsbewegungen in diesen Bereichen ausge-prägter waren und länger anhielten als ur-sprünglich erwartet, stieg das Risiko vonZweitrundeneffekten bei den Verbraucher-preisen erheblich an, zumal im Eurogebieteine kräftige konjunkturelle Erholung einge-setzt hatte. Da beide Säulen der geldpoliti-schen Strategie des Eurosystems auf Inflati-onsgefahren hindeuteten, beschloss der EZB-Rat am 3. Februar und am 16. März 2000, dieZinssätze für die Hauptrefinanzierungsge-schäfte, die Einlagefazilität und die Spitzenre-finanzierungsfazilität jeweils um weitere25 Basispunkte anzuheben.

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EZB- Jahresber i ch t • 199912

Quelle: EZB.

2 Monetäre und finanzielle Entwicklung

2.1 Monetäre Entwicklung

M3-Wachstum über dem Referenzwert

Die Jahreswachstumsrate des weit gefasstenGeldmengenaggregats M3 stieg im Verlauf desJahres 1999 allmählich an. Der Dreimonats-durchschnitt der Jahreswachstumsraten vonM3 belief sich für den Zeitraum von Oktoberbis Dezember auf 6,0 % (siehe Abbildung 2),gegenüber 4,8 % im letzten Quartal 1998. DasWachstum der Geldmenge M3 wich also zu-nehmend vom Referenzwert von 4 ½ % ab.Im Jahresdurchschnitt weitete sich die Geld-menge M3 1999 um 5,7 % aus, verglichen mit4,9 % im Jahr 1998 und 4,1 % im Jahr 1997.

Die Expansion der Geldmenge im Jahr 1999wurde durch die niedrigen Opportunitätskos-ten insbesondere der liquidesten Kompo-nenten von M3 gefördert. Außerdem dürfteder Konjunkturaufschwung im Euro-Wäh-rungsgebiet die Geldnachfrage zu Transakti-onszwecken angekurbelt haben. Hinzukommt, dass sich auch einmalige Portfolio-

umschichtungen im Zusammenhang mit derEinführung des Euro und des neuen Mindest-reservesystems zu Beginn des Jahres auf dasWachstum der Geldmenge M3 ausgewirkt ha-ben dürften. Insgesamt spiegelte die Geld-mengenexpansion über weite Strecken desJahres 1999 eine reichliche Liquiditätsversor-gung wider.

Was die einzelnen Komponenten der Geld-menge M3 betrifft, erholte sich der Bargeld-umlauf im Jahr 1999 wieder, nachdem seineEntwicklung im Jahr zuvor sehr gedämpft ge-wesen war. Im vierten Quartal 1999 erreich-te die Jahreswachstumsrate des Bargeldum-laufs einen Wert von 6,4 %, verglichen mitnur 0,4 % im letzten Quartal 1998 und 2,7 %im letzten Quartal 1997 (siehe Abbildung 3).Der Konjunkturaufschwung und die niedri-gen Opportunitätskosten der Bargeldhaltungkönnten zu diesem Aufwärtstrend beigetra-gen haben. Ferner war gegen Ende des Jahres1999 ein vorübergehender Anstieg der Bar-geldnachfrage auf Grund von Unsicherheitenin Bezug auf den Jahrtausendwechsel zu ver-zeichnen.

Abbildung 2M3-Wachstum im Euroraum(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 1997 1998 1999

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

M3 M3 (zentrierter gleitender Dreimonatsdurchschnitt) Referenzwert (4 1/2 %)

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13EZB- Jahresber i ch t • 1999

Quelle: EZB.

Die täglich fälligen Einlagen nahmen 1999 sehrstark zu, obwohl sich das Wachstum gegenEnde des Jahres etwas verlangsamte. Im letz-ten Quartal 1999 betrug die Zunahme gegen-über der entsprechenden Vorjahresperiode12,7 %, verglichen mit 10,6 % im viertenQuartal 1998 und 9,3 % im entsprechendenZeitraum des Jahres 1997. Im Januar 1999schnellte die Nachfrage nach diesen Einlagenauf Grund der besonderen Umstände zu Be-ginn der WWU nach oben. Die relativ starkeNachfrage nach täglich fälligen Einlagen imJahr 1999 könnte außerdem auf die moderateInflation, die niedrigen Zinsen und die damiteinhergehenden geringen Opportunitätskos-ten von täglich fälligen Einlagen sowie auf diekonjunkturelle Belebung im Eurogebiet zu-rückzuführen gewesen sein.

Dagegen wiesen die kurzfristigen Einlagenohne täglich fällige Einlagen (d. h. die Einlagenmit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Mo-naten oder einer vereinbarten Laufzeit vonbis zu zwei Jahren) im Jahr 1999 wie bereitsin den vorangegangenen Jahren ein eher ge-dämpftes Wachstum auf. Im letzten Quartal

1999 übertrafen sie ihren Stand im entspre-chenden Vorjahresquartal um 1,7 %, vergli-chen mit 2,6 % im vierten Quartal 1998 und1,1 % im vierten Quartal 1997. Die offensicht-lich geringe Attraktivität dieser sonstigenkurzfristigen Einlagen könnte damit zusam-menhängen, dass sich das Zinsgefälle zwischendiesen Einlagen und den täglich fälligen Einla-gen in den ersten drei Quartalen 1999 er-heblich verringerte und anschließend relativniedrig blieb. Außerdem könnte der insge-samt steilere Verlauf der Zinsstrukturkurveim Jahr 1999 mit Umschichtungen hin zu län-gerfristigen Kapitalanlagen einhergegangensein. In einigen Ländern hingen die Portfolio-umschichtungen zu Lasten der sonstigen kurz-fristigen Einlagen vermutlich auch mit den inden vergangenen Jahren deutlich gesunkenenInflationserwartungen zusammen.

Die Nachfrage nach den anderen in M3 erfass-ten Instrumenten (marktfähigen Finanzinstru-menten und Repogeschäften) hat sich imJahr 1999 nach einem erheblichen RückgangEnde 1998 und Anfang 1999 deutlich erholt.Im letzten Vierteljahr 1999 lag ihre Jahres-

Abbildung 3M3-Komponenten im Euroraum(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q41997 1998 1999

-10

-5

0

5

10

15

20

-10

-5

0

5

10

15

20

BargeldumlaufTäglich fällige Einlagen

Sonstige kurzfristige EinlagenMarktfähige Finanzinstrumente

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EZB- Jahresber i ch t • 199914

wachstumsrate bei 5,2 %, verglichen mit 2,5 %im letzten Quartal 1998 und 7,3 % im letztenQuartal 1997. Die Erholung im Laufe des Jah-res 1999 hing in erster Linie mit der starkenWachstumsbeschleunigung sowohl bei denGeldmarktfondsanteilen als auch bei denSchuldverschreibungen mit einer Ursprungs-laufzeit von bis zu einem Jahr zusammen. DieNachfrage nach diesen M3-Komponentenkönnte vorübergehend von der Unsicherheitangeheizt worden sein, die an den Finanz-märkten insbesondere im Spätsommer undHerbst hinsichtlich der zukünftigen Entwick-lung der Anleiherenditen herrschte. In sol-chen Fällen wird häufig auf kurzfristige markt-fähige Anlagewerte zurückgegriffen, um vor-übergehend Mittel „zwischenzuparken“, dadiese Instrumente relativ liquid sind und einehöhere Rendite abwerfen als Einlagen mit ei-ner vereinbarten Laufzeit von bis zu zweiJahren. Die Attraktivität dieser Einlagen wur-de durch den Anstieg der kurzfristigen Markt-zinsen ab Ende September zusätzlich erhöht.Die Zahlungsbilanzstatistiken einiger Länderdes Eurogebiets weisen darauf hin, dass dasWachstum der Geldmarktfondsanteile undGeldmarktpapiere sowie der Schuldverschrei-bungen im Jahr 1999 teilweise auf den Er-werb dieser Instrumente durch Ansässige au-ßerhalb des Euro-Währungsgebiets zurück-zuführen ist. Obwohl in M3 nur Geldbeständeder Ansässigen des Eurogebiets erfasst wer-den sollten, ist es gegenwärtig statistisch nichtmöglich, die von MFIs begebenen marktfähi-gen Wertpapiere im Besitz von Gebietsfrem-den gesondert auszuweisen. Deshalb ist beider Interpretation der Entwicklung diesermarktfähigen Finanzinstrumente Vorsicht ge-boten. Allerdings dürfte dies die Gesamtbe-urteilung des Geldmengenwachstums imJahr 1999 nicht erheblich beeinträchtigt ha-ben.

Im Januar 2000 ging die Jahresrate von M3deutlich auf 5 % zurück, gegenüber 6,2 % imDezember 1999. Dies war jedoch in ersterLinie auf einen Basiseffekt zurückzuführen, dader monatliche Anstieg von M3 im Januar1999 aufgrund der besonderen Umstände zuBeginn der dritten Stufe der WWU beson-ders ausgeprägt gewesen war.

Kräftige Expansion der Ausleihungen

Was die Gegenposten von M3 in der konsoli-dierten Bilanz des MFI-Sektors betrifft, so lagdie Jahreswachstumsrate der Ausleihungen anprivate Haushalte und Unternehmen überweite Strecken des Jahres 1999 zwischen10 % und 11 %. Bei den einzelnen Kompo-nenten der Ausleihungen an den privaten Sek-tor weiteten sich die ausstehenden Kredite(die rund 90 % der gesamten Ausleihungenan den privaten Sektor ausmachen) imJahr 1999 im Durchschnitt mit einer Rate von10,0 % gegenüber dem Vorjahr aus. Ihr kräf-tiges Wachstum hielt auch im Januar 2000 an,als eine Jahresrate von 8,7 % verzeichnet wur-de. Demgegenüber waren sie 1998 und 1997um durchschnittlich 8,3 % bzw. 6,6 % expan-diert. Die Aufschlüsselung der Kredite derMFIs an Ansässige im Euroraum nach Schuld-nergruppen, Arten und Ursprungslaufzeitenweist darauf hin, dass die starke Expansionder Kreditgewährung an den privaten Sektorauf breiter Basis erfolgte.

Das dynamische Wachstum der Kredite anprivate Haushalte und Unternehmen hing ver-mutlich in erster Linie mit den – im histori-schen Vergleich – niedrigen Kreditzinsen derBanken und mit dem Konjunkturaufschwungim Euro-Währungsgebiet zusammen. In derersten Jahreshälfte setzte sich bei allen Artenvon Kreditzinsen im Kundengeschäft der Ban-ken der Abwärtstrend fort, der bereits inden vorangegangenen Jahren zu beobachtengewesen war (siehe Abbildung 4). Danachtendierten die Zinssätze für Wohnungsbau-kredite und längerfristige Unternehmenskre-dite wieder nach oben. Dieser Aufwärtstrendspiegelte – zeitlich verzögert – den Anstiegder Kapitalmarktzinsen wider, der im Mai1999 eingesetzt hatte. Die höheren Geld-marktzinsen, die eine geldpolitische Straffungvorweggenommen hatten, führten gegenEnde 1999 zu einem leichten Anstieg derBankzinsen für Konsumentenkredite undkurzfristige Unternehmenskredite. Die Tat-sache, dass sich das Kreditwachstum trotzsteigender Zinsen weiterhin stark entwickel-te, lässt vermuten, dass die Konjunkturbele-bung bei der anhaltend kräftigen Expansion

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15EZB- Jahresber i ch t • 1999

Quelle: EZB.

der Kreditvergabe an den privaten Sektor imspäteren Jahresverlauf 1999 eine wichtige Rol-le gespielt hat. Allerdings könnte es zu jenerZeit auch zu vorgezogenen Kreditaufnahmengekommen sein, da private Kreditnehmer miteiner weiteren Erhöhung der Kreditzinsenrechneten. Schließlich trugen auch die zahl-reichen Fusions- und Übernahmeaktivitäten(siehe Abschnitt 2.2), die meist durch kurz-und mittelfristige Kredite teilfinanziert wur-den, sowie die Wechselwirkung von Hypo-thekendarlehen und rasch ansteigenden Im-mobilienpreisen in einigen Ländern des Euro-gebiets zur Ausweitung der Kredite imJahr 1999 bei.

Die Expansion der Ausleihungen an die öf-fentlichen Haushalte blieb 1999 mit einerdurchschnittlichen Jahreswachstumsrate von1,1 % gedämpft. Dieses zögerliche Wachstumwar sowohl bei den Direktkrediten als auchbei den MFI-Beständen an Staatsschuldver-schreibungen zu beobachten und stand imEinklang mit dem abnehmenden Finanzie-rungsbedarf der öffentlichen Haushalte imJahr 1999.

Bei den übrigen Gegenposten von M3 stiegendie längerfristigen finanziellen Verbindlichkei-ten des MFI-Sektors 1999 analog zum steile-ren Verlauf der Zinsstrukturkurve relativ kräf-tig an. So wurde im vierten Quartal eine Jah-resrate von 7,3 % verzeichnet, verglichen mit4,7 % im letzten Quartal 1998.

Schließlich gingen die Nettoforderungen desMFI-Sektors gegenüber dem Nicht-Euro-Währungsgebiet im Vorjahresvergleich starkzurück, und zwar um 166 Mrd €. In die-sem Rückgang kam zum Ausdruck, dass beiden Transaktionen von gebietsansässigenNicht-MFIs mit Gebietsfremden per saldo Mit-tel abflossen.

2.2 Finanzmärkte

Kräftige Ausweitung der Unternehmens-finanzierung durch Schuldverschreibungen

Der Übergang zur dritten Stufe der WWUwirkte bei der Entwicklung und Integrationder Kapitalmärkte im Euro-Währungsgebiet

Abbildung 4Kreditgewährung an den privaten Sektor und Zinsen im Kundengeschäft(Kredite: Veränderung gegen Vorjahr in %; Zinsen in % p.a.)

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 1997 1998 1999

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

11,0

12,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

11,0

12,0

Kredite an den privaten SektorUnternehmenskredite mit einer Laufzeit von bis zu 1 JahrUnternehmenskredite mit einer Laufzeit von mehr als 1 Jahr

KonsumentenkrediteWohnungsbaukredite

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EZB- Jahresber i ch t • 199916

Kasten 1Strukturelle Veränderungen im Bankensektor und ihre Bedeutung für die Geldpolitik

Die Entwicklung der Wettbewerbslage im Finanzdienstleistungsbereich und die damit zusammenhängenden

strukturellen Veränderungen im Bankensektor sind auch für die einheitliche Geldpolitik von Bedeutung. In

der Vergangenheit waren im Eurogebiet die Banken die wichtigsten Anbieter von Finanzdienstleistungen an

relativ fragmentierten und geschützten nationalen Märkten. Durch den Abbau von Wettbewerbsbeschränkun-

gen zwischen den verschiedenen nationalen und regionalen Märkten hat sich der Wettbewerb der Banken

untereinander sowie mit anderen Finanzdienstleistern jedoch verstärkt. Diese Veränderung des Wettbewerbs-

umfelds hat die Banken gezwungen, ihre Effizienz zu steigern, und sie leiteten Initiativen zur Erhaltung ihrer

Wettbewerbsfähigkeit ein. Ersichtlich ist dies unter anderem an den Fusions- und Übernahmeaktivitäten, die

sich in den vergangenen Jahren beträchtlich ausgeweitet haben. Der Prozess der Umstrukturierung und

Konsolidierung setzte sich auch im Jahr 1999 fort, wobei vor allem relativ viele große Institute an Zusammen-

schlüssen beteiligt waren.

Antriebskräfte der Umstrukturierung und Konsolidierung im Bankensektor des Euro-Währungsgebiets sind

vor allem der technische Fortschritt, Globalisierung, Deregulierung und die verstärkte Nachfrage nach an-

spruchsvollen Finanzdienstleistungen. Die Einführung des Euro scheint in diesem Zusammenhang als Kataly-

sator gewirkt zu haben. Tatsächlich dürften diese Antriebskräfte den Markt derart umgestalten, dass die

Finanzdienstleistungen wettbewerbsfähiger werden und es zu einer engeren Verflechtung, sowohl innerhalb

des Eurogebiets als auch weltweit, kommen dürfte.

Bei den Fusionen und Übernahmen im Bankensektor handelte es sich bisher allerdings nur selten um

grenzüberschreitende Aktivitäten innerhalb des Eurogebiets. Die Konzentration auf nationale Zusammen-

schlüsse lässt sich damit erklären, dass die Banken Synergieeffekte anstreben, um damit ihre Effizienz zu

steigern, und Defensivstrategien ergreifen. Ähnlichkeiten im kulturellen Umfeld sowie die Erwartung, dass

Fusionen und Übernahmen auf nationaler Ebene überschaubarer bleiben als grenzüberschreitende Zusammen-

schlüsse, scheinen ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen. Die nationale Ausrichtung der Fusionen und

Übernahmen hat Bedenken hinsichtlich der höheren Marktanteile der großen nationalen Institute aufkommen

lassen. Obwohl nicht auszuschließen ist, dass sich dies auf kurze Sicht negativ auf den lokalen Wettbewerb

auswirkt, scheinen sich am Markt für Finanzdienstleistungen auf lange Frist vor allem ein schärferer Wettbe-

werb und eine geringere Zersplitterung abzuzeichnen.

Die veränderten Wettbewerbsbedingungen am Bankenmarkt sowie ihre möglichen Auswirkungen auf die

Finanzkraft des Sektors könnten auch den geldpolitischen Transmissionsmechanismus beeinflussen. Erstens

könnte es zu einer Beschleunigung der geldpolitischen Transmissionsabläufe kommen, da Banken an wettbe-

werbsintensiveren Märkten ihre Zinssätze im Kundengeschäft in der Regel schneller an Änderungen der

Marktzinsen anpassen. Zweitens könnte sich infolge des Wandels im Verhältnis zwischen Bank und Kunde,

das besonders bei der Finanzierung kleiner Unternehmen und privater Haushalte eine wichtige Rolle spielt,

die relative Bedeutung der geldpolitischen Kreditkanäle ändern. Schließlich dürfte eine Verschärfung des

Wettbewerbs im Euro-Währungsgebiet auch tendenziell die Verflechtung der Bankensysteme der an der

Währungsunion teilnehmenden Staaten beschleunigen und damit zu einem Abbau der länderspezifischen

Asymmetrien im geldpolitischen Transmissionsmechanismus führen.

in Richtung eines gesamteuropäischen Kapi-talmarktes als Katalysator.

Die bedeutendste Entwicklung bei den in Eurodenominierten Anleihen war im Jahr 1999zweifellos das rasche Wachstum des Marktesfür private Anleihen bzw. Unternehmensan-

leihen, der wesentlich stärker expandierte,als es viele Marktbeobachter vor der Einfüh-rung des Euro erwartet hatten. Dieser Marktgewann durch die Emission hoch dotierterSchuldverschreibungen, die mit einer Reihegrößerer Fusionen und Übernahmen in derersten Jahreshälfte 1999 zusammenhingen, an

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17EZB- Jahresber i ch t • 1999

Dynamik. Dass der Markt für Euro-Unter-nehmensanleihen diese Emissionen relativproblemlos und rasch absorbieren konnte,wurde allgemein als wichtiges Indiz für diezunehmende Markttiefe angesehen. Insbeson-dere die Emissionen von Euro-Schuldver-schreibungen privater nichtfinanzieller Kapi-talgesellschaften und privater Versorgungsun-ternehmen erhöhten sich 1999 im Vergleichzum vorangegangenen Jahr. KommerziellenWirtschaftsinformationsdiensten zufolge wa-ren die Banken im Jahr 1999 die größten pri-vaten Emittenten von Schuldverschreibungen.Auf sie entfiel der überwiegende Teil des ge-samten Emissionsvolumens im privaten Sek-tor. Es folgten die nichtfinanziellen Kapitalge-sellschaften, die sonstigen Finanzierungsgesell-schaften und die Versorgungsunternehmen.Aus globaler Sicht nahm der Nettoabsatz vonEuro-Schuldverschreibungen insbesondere imVergleich zum Absatz von auf US-Dollar lau-tenden Schuldverschreibungen 1999 sehrstark zu. Auch beim Absatz von in Yen deno-minierten Papieren war 1999 gegenüber demVorjahr eine deutliche Erholung zu verzeich-nen.

Eine der wichtigsten Ursachen für die Expan-sion des Marktes für Euro-Unternehmensan-leihen war der fortlaufende Umstrukturie-rungsprozess in der europäischen Unterneh-menslandschaft, der bei den privatenUnternehmen eine starke Nachfrage nach fi-nanziellen Mitteln hervorgerufen hat. Allge-mein nahmen die Fusions- und Übernahme-aktivitäten im Eurogebiet im Jahr 1999 so-wohl im Banken- als auch im Nichtbanken-sektor beträchtlich zu (siehe Kasten 1). Un-ternehmen im Euroraum, die Fusionen undÜbernahmen sowie Operationen wie Lever-aged Buyouts (Unternehmensübernahmendurch die Emission hochverzinslicher Anlei-hen) tätigten, finanzierten diese Geschäfte zueinem beträchtlichen Teil durch hoch dotier-te Emissionen von Euro-Schuldverschreibun-gen, die häufig der Rückzahlung von Über-brückungsfazilitäten (vorwiegend Konsortial-krediten) dienten. Dies führte zu einigen sehrumfangreichen Emissionen, wie sie in der Ge-schichte der europäischen Kapitalmärkte bis-her noch nicht da gewesen waren. Der er-

heblich stärkere Absatz von privaten Euro-Schuldverschreibungen im Jahr 1999 ging miteinem Rückgang der relativen Bedeutung desStaatssektors an den Märkten für Schuldver-schreibungen einher, in dem auch die gerin-gere Zunahme des Finanzierungsbedarfs deröffentlichen Haushalte im Vergleich zu denvorangegangenen Jahren zum Ausdruck kam.Außerdem schien die erhöhte Emissionstätig-keit bei den Unternehmensschuldver-schreibungen auch damit zusammenzuhängen,dass sich die Nachfrage auf Grund der histo-risch niedrigen Zinssätze in Richtung risiko-reicherer Wertpapiere verlagerte, da hier hö-here Renditen erwartet wurden.

Wie im Artikel „Das Euro-Währungsgebietein Jahr nach Einführung des Euro: Wesentli-che Merkmale und Veränderungen in der Fi-nanzstruktur“ im Monatsbericht vom Janu-ar 2000 dargelegt wurde, gab es an den Kapi-talmärkten im Eurogebiet im Jahr 1999 einigenennenswerte Entwicklungen. Hierzu zählenunter anderem die engere Zusammenarbeitder nationalen Börsen und die Entwicklungneuer Plattformen für den elektronischenHandel sowohl an den Anleihe- als auch anden Aktienmärkten.

Geldmarktzinsen spiegeln EZB-Zinssätzewider

Im Jahr 1999 gelang es der EZB, die kurzfristi-gen Geldmarktsätze über den Zinssatz ihrerHauptrefinanzierungsgeschäfte zu steuern. Deram EONIA („euro overnight index average“)gemessene Tagesgeldsatz lag in der Regel sehrnah beim Hauptrefinanzierungssatz, wobei derAbstand zwischen den beiden Zinssätzen 1999durchschnittlich 3 Basispunkte betrug (siehe Ab-bildung 1). Der EONIA-Satz wies eine relativgeringe Volatilität auf. Etwas stärkere Schwan-kungen wurden gewöhnlich nur gegen Ende derMindestreserve-Erfüllungsperioden verzeichnet,als die Banken darauf achten mussten, ihr Min-destreserve-Soll zu erfüllen. Angesichts dergleichmäßigen Entwicklung des EONIA-Satzessah die EZB im Jahr 1999 keine Notwendigkeit,Feinsteuerungsoperationen in Form von Offen-marktgeschäften durchzuführen.

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EZB- Jahresber i ch t • 199918

Die übrigen Geldmarktsätze waren mit Aus-nahme der Zeitpunkte, zu denen die Markt-teilnehmer eine Zinsänderung der EZB er-warteten, und gegen Jahresende, als es aufGrund von Unsicherheiten am Markt im Zu-sammenhang mit der Umstellung auf dasJahr 2000 zu einem Anstieg der Kurzfristzin-sen kam, ebenfalls stabil.

Zu Beginn des Jahres 1999 war die Zinsstruk-turkurve am Geldmarkt relativ flach, und dieEURIBOR-Sätze im Ein- bis Zwölfmonatsbe-reich bewegten sich innerhalb einer engenBandbreite von 3,21 % bis 3,26 % (siehe Ab-bildung 5). Im Laufe des ersten Quartals gin-gen die Geldmarktsätze zurück, da am Marktverstärkt von einem baldigen Rückgang derKurzfristzinsen ausgegangen wurde.

Nach der Bekanntgabe des Zinssenkungsbe-schlusses des EZB-Rats vom 8. April 1999 gin-gen die Geldmarktzinsen weiter zurück. Dader EZB-Rat zum Zeitpunkt des Zinsschrittsjedoch deutlich zum Ausdruck brachte, dasser für die nähere Zukunft keine weiterenZinssenkungen plane, wies die Zinsstruktur-kurve am Geldmarkt unmittelbar nach derZinsanpassung wieder eine positive Steigungauf. Im Verlauf des Sommers, als sich die

Quelle: Reuters.

Erwartungen einer allmählichen Verbesserungder Konjunkturlage im Eurogebiet verstärk-ten und sich bei der Geldmengenentwicklungtendenziell eine zunehmende Überschreitungdes Referenzwerts für das M3-Wachstum ab-zeichnete, stiegen die Geldmarktzinsen nachund nach wieder an. Dieser Anstieg spiegelteauch die zunehmenden Erwartungen am Marktwider, dass die EZB die Zinsen erhöhen wür-de. Die Entwicklung setzte sich im Herbstweiter fort. Als die EZB schließlich am 4. No-vember 1999 ihren Zinsanhebungsbeschlussbekannt gab, war dieser am Geldmarkt be-reits vollständig vorweggenommen worden.In den Tagen nach der Bekanntgabe gingendie Schwankungen der Geldmarktzinsen be-trächtlich zurück.

Die Entwicklung der Kurzfristzinsen war je-doch vor allem zum Jahresende 1999 nichteinfach zu interpretieren, da sich in ihr auchdie Befürchtungen an den Märkten hinsicht-lich möglicher Auswirkungen der Jahr-2000-Umstellung auf die Geldmarktzinsen nieder-schlugen. Auf Grund der damit verbundenenRisikoprämie stiegen die Geldmarktsätzedeutlich an, sobald sich ihre Laufzeit überden Jahreswechsel hinaus erstreckte. Diesersprunghafte Anstieg war am kurzen Ende der

Abbildung 5Kurzfristige Zinsen im Euroraum(in % p.a., Tageswerte)

Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb.1999 2000

2,4

2,6

2,8

3,0

3,2

3,4

3,6

3,8

4,0

4,2

4,4

2,4

2,6

2,8

3,0

3,2

3,4

3,6

3,8

4,0

4,2

4,4

Einmonats-EURIBORDreimonats-EURIBOR

Sechsmonats-EURIBORZwölfmonats-EURIBOR

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19EZB- Jahresber i ch t • 1999

Zinsstrukturkurve am Geldmarkt besondersausgeprägt (siehe Kasten 3 auf Seite 20 ff. desMonatsberichts vom Dezember 1999). Nachder erfolgreichen Umstellung auf dasJahr 2000 bildete sich die in den Geldmarkt-zinsen enthaltene Risikoprämie allerdingsrasch zurück.

Im Januar 2000 wies die Zinsstrukturkurveam Geldmarkt eine positive Steigung auf, unddie Differenz zwischen dem Ein- und demZwölfmonats-EURIBOR lag bei rund 80 Ba-sispunkten. Zum Monatsende tendierten dieGeldmarktzinsen in Erwartung des Zinsanhe-bungsbeschlusses der EZB, der dann am 3. Fe-bruar 2000 erfolgte, nach oben. Im Verlaufdes Februar stiegen die Geldmarktsätze all-mählich weiter an.

Langfristige Anleiherenditen erholen sichbei aufklarenden Wachstumsperspektivenvon historischen Tiefständen

Nach dem anhaltenden Rückgang der Lang-fristzinsen, der in den Industrieländern überweite Strecken der Neunzigerjahre zu beob-achten war, erreichten die Renditen langfris-tiger Staatsanleihen im Eurogebiet An-fang 1999 ihren tiefsten Stand seit 50 Jahren(siehe Abbildung 6 (a)). Im Mai 1999 began-nen sie allerdings wieder leicht anzusteigen.Dies war zunächst durch die gestiegenen An-leiherenditen in den Vereinigten Staaten unddie verstärkten Inflationserwartungen – imVergleich zu dem sehr niedrigen Niveau zuBeginn des Jahres 1999 – bedingt, hing späterallerdings zunehmend mit den günstigerenWachstumsperspektiven für das Eurogebietzusammen. Insgesamt legten die zehnjährigenAnleiherenditen im Euro-Währungsgebiet imJahr 1999 um mehr als 150 Basispunkte zuund lagen Ende des Jahres bei rund 5,5 %. Inähnlicher Weise erhöhten sich auch die Ren-diten zehnjähriger US-Anleihen 1999 um cir-ca 180 Basispunkte auf 6,5 %. Infolgedessenweitete sich die Differenz zwischen den zehn-jährigen Anleiherenditen in den VereinigtenStaaten und im Euroraum 1999 leicht aus undlag Ende des Jahres bei 100 Basispunkten. InJapan wich die Entwicklung der zehnjährigen

Anleiherenditen etwas von jener im Euro-Währungsgebiet und in den Vereinigten Staa-ten ab. Nach einem anfänglichen Rückganggegenüber dem relativ hohen Niveau, dasnach den Finanzmarktturbulenzen gegenEnde 1998 erreicht worden war, schienen

Quelle: Reuters.Anmerkung: Die Renditen langfristiger Staatsanleihen beziehensich auf den Zehnjahresbereich bzw. die nächstliegenden ver-fügbaren Laufzeiten.

Abbildung 6

(a) Renditen langfristiger Staatsanleihenim Euroraum, den Vereinigten Staatenund Japan(in % p.a.; Tageswerte)

(b) Zinsabstand zwischen den VereinigtenStaaten und dem Euroraum bei zehn-jährigen Anleihen(in % p.a.; Tageswerte)

1995 1996 1997 1998 19990,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

Euroraum Vereinigte Staaten Japan

1995 1996 1997 1998 1999-3,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

-3,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

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EZB- Jahresber i ch t • 199920

sich die Renditen langfristiger japanischerAnleihen in der zweiten Jahreshälfte 1999bei unter 2 % zu stabilisieren. ZwischenEnde 1998 und dem letzten Handelstag 1999gingen die zehnjährigen Anleiherenditen in Ja-pan um rund 40 Basispunkte auf etwa 1,6 %zurück.

Die Entwicklungen an den internationalen An-leihemärkten wurden im Jahr 1999 vor allemdurch die Erholung der Wachstumserwartun-gen für die Weltwirtschaft bestimmt. Diesesetzte ein, als die Befürchtungen, dass sichdie Abschwächung des Weltwirtschaftswachs-tums im Gefolge der Finanzmarktturbulenzenim Jahr 1998 fortsetzen würde, allmählichnachließen. Die US-Wirtschaft expandierte imgesamten Jahresverlauf 1999 weiterhin in ei-nem beachtlichen Tempo. Obwohl es kaumsichtbare Anzeichen für einen Inflationsan-stieg gab, führte die zunehmende Verknap-pung am Arbeitsmarkt verstärkt zu Befürch-tungen an den Finanzmärkten, das rascheWachstum der US-Wirtschaft könne Inflati-onsdruck auslösen. Diese Entwicklungen tru-gen erheblich zum beträchtlichen Anstieg derRenditen langfristiger US-Anleihen im Verlaufdes Jahres 1999 bei. Obwohl die weitere Ver-besserung der US-Haushaltslage den Druckauf die Kapitalmärkte durch den öffentlichenSektor möglicherweise verringert hat, könn-te der bedeutend stärkere Absatz von Unter-nehmensanleihen in den Vereinigten Staatenim Verlauf des Jahres einen Aufwärtsdruckauf die US-Anleiherenditen ausgeübt haben.

Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten blie-ben die langfristigen Anleiherenditen im Eu-roraum in den ersten vier Monaten 1999weitgehend unverändert. Ausschlaggebenddafür waren das langsamere Tempo der kon-junkturellen Erholung und der verhaltene In-flationsdruck im Eurogebiet – zwei Faktoren,die auch im Zinssenkungsbeschluss des EZB-Rats vom April ihren Ausdruck fanden. ImMai begannen die Anleiherenditen dann all-mählich anzusteigen. Die Aufwärtsbewegungwar zum einen auf das Übergreifen des konti-nuierlichen Anstiegs der US-Anleiherenditenauf das Eurogebiet zurückzuführen. Zum an-deren spielten wohl auch die Rückbildung von

Wertpapierpositionen, die 1998 im „sicherenHafen“ Euroraum aufgebaut worden waren,sowie die steigenden Inflationserwartungengegenüber dem sehr niedrigen Niveau, dasAnfang 1999 im Gefolge der Finanzmarkttur-bulenzen im vorangegangenen Jahr verzeich-net wurde, eine Rolle. Die Kursentwicklungfranzösischer indexierter Anleihen schien diegenannten Ursachen für den Anstieg der no-minalen Anleiherenditen zu bestätigen (sieheKasten 2). Außerdem könnte die deutlichstärkere Emission von Unternehmensanleihenim Eurogebiet – wie auch in den VereinigtenStaaten – einen Aufwärtsdruck auf die lang-fristigen Anleiherenditen ausgeübt haben. Al-lerdings war der Anstieg der Anleiherenditenim Euroraum im Mai und Anfang Juni 1999weitaus weniger ausgeprägt als in den Verei-nigten Staaten. Dies hing mit der jeweils un-terschiedlichen Konjunkturentwicklung zu-sammen und führte zu einer erheblichenAusweitung der Differenz zwischen den Lang-fristzinsen in den Vereinigten Staaten und imEurogebiet, die Mitte Juni einen Spitzenwertvon fast 160 Basispunkten erreichte. Als sichim späteren Jahresverlauf zunehmend einewirtschaftliche Erholung im Euroraum ab-zeichnete, verkürzte sich der Renditevor-sprung der langfristigen Anleihen in den Ver-einigten Staaten gegenüber dem Eurogebietrasch (siehe Abbildung 6 (b)).

Der Aufwärtstrend bei den langfristigen An-leiherenditen im Euro-Währungsgebiet hieltbis Ende Oktober 1999 an. Danach führtendie steigenden Erwartungen an den Kapital-märkten, dass die EZB angesichts der zuneh-menden Anzeichen von Inflationsdruck dieZinsen anheben würde, sowie der anschlie-ßende Zinsbeschluss vom 4. November vor-übergehend zu einem erheblichen Rückgangder langfristigen Anleiherenditen. Dies schiendarauf hinzudeuten, dass die Marktteilnehmerihre Erwartungen hinsichtlich der langfristi-gen Inflationsentwicklung auf Grund des Zins-erhöhungsbeschlusses nach unten revidiertund die Inflationsrisikoprämien für in Eurodenominierte Anleihen herabgesetzt hatten.Im restlichen Jahresverlauf bewegten sich dieAnleiherenditen im Euroraum jedoch wiederleicht nach oben, teilweise als Reaktion auf

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21EZB- Jahresber i ch t • 1999

Kasten 2Analyse der Ursachen steigender nominaler Anleiherenditen anhand indexierterAnleihen

Bei der Analyse der Ursachen für die Entwicklung der langfristigen nominalen Anleiherenditen im Euro-

Währungsgebiet im Jahr 1999 sollte berücksichtigt werden, dass sich die nominale Rendite einer Staatsanleihe

mit einer bestimmten Restlaufzeit grob in drei Elemente unterteilen lässt: den Realzins, den die Anleger dafür

verlangen, dass sie die Anleihe bis zur Fälligkeit halten, einen Ausgleich für die durchschnittliche erwartete

Inflation während der Laufzeit der Anleihe und eine Komponente, in der Laufzeit- und Risikoprämien erfasst

werden, die unter anderem mit der Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Inflationsentwicklung zusammen-

hängen. Bei dieser Untergliederung können die Renditen indexierter Anleihen hilfreich sein. Die Differenz

zwischen einer langfristigen Anleiherendite und der realen Rendite einer indexierten Anleihe mit derselben

Laufzeit wird allgemein als „Breakeven-Inflationsrate“ bezeichnet, da der Anleger bei dieser Inflationsrate die

gleiche Rendite für die nominalverzinsliche und die indexierte Anleihe erwarten kann.

Allerdings ist die Breakeven-Inflationsrate keine direkte Messgröße für die Inflationserwartungen, da der

Einfluss verschiedener Risikoprämien unberücksichtigt bleibt. So wird einerseits die erwartete Inflation

tendenziell zu hoch eingeschätzt, da die Rendite der nominalen Anleihe in der Regel eine Inflationsrisikoprä-

mie enthält. Andererseits können die Realrenditen indexierter Anleihen auf Grund der geringeren Liquidität

am Sekundärmarkt, die für indexierte Anleihen charakteristisch ist, eine Liquiditätsprämie enthalten. Im

Eurogebiet wurden indexierte Anleihen nur vom französischen Schatzamt begeben, und zwar mit Laufzeiten

von 10 bzw. 30 Jahren. Die Breakeven-Inflationsrate dieser Anleihen bezieht sich auf eine bestimmte Variante

des französischen Verbraucherpreisindex (VPI), bei der die Tabakpreise ausgeschlossen sind, und folglich

nicht auf den HVPI des Euro-Währungsgebiets. Hieran wird deutlich, dass sich die Breakeven-Inflationsrate

nur begrenzt für die Beurteilung der Entwicklungen im Euroraum eignet.

Unter diesen Vorbehalten deutete die Preisentwicklung der vom französischen Schatzamt begebenen zehnjäh-

rigen indexierten Anleihen im Jahr 1999 jedoch darauf hin, dass sowohl verbesserte Wachstumsaussichten als

auch geänderte Inflationserwartungen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der langfristigen Nominalzin-

sen im Jahresverlauf gespielt haben dürften. Zwischen Ende 1998 und Ende 1999 stieg der Realzins auf die

Breakeven-Inflationsrate, berechnet für Verbraucherpreise in Frankreich(in %; Tageswerte)

Quellen: Französisches Schatzamt, ISMA und Reuters.Anmerkung: Die Renditen von realwertgesicherten Anleihen werden von den Börsenkursen französischer, an den französischenVPI (ohne Tabakpreise) gebundener Anleihen mit Fälligkeit 2009 abgeleitet. Die Renditen nominaler Anleihen werden von denBörsenkursen französischer festverzinslicher Anleihen, ebenfalls mit Fälligkeit 2009, abgeleitet.

Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q11999 20001998

0

1

2

3

4

5

6

0

1

2

3

4

5

6

Breakeven-Inflationsrate Rendite nominaler Anleihen Rendite realwertgesicherter Anleihen

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indexierte französische Anleihe mit zehnjähriger Laufzeit um rund 50 Basispunkte an. Auch die zehnjährige

Breakeven-Inflationsrate legte bis Ende 1999 um etwa 110 Basispunkte gegenüber ihrem außergewöhnlich

niedrigen Stand zu Beginn des Jahres zu, als die Risiken für die Preisstabilität eher in Richtung einer

Preisdämpfung deuteten (siehe Abbildung oben).

Es ist bemerkenswert, dass die Zunahme der Realrendite und der Anstieg der Breakeven-Inflationsrate im Jahr

1999 nicht gleichzeitig stattfanden. Während die Breakeven-Inflationsrate im zweiten Quartal kontinuierlich

anstieg und sich nach Juni stabilisierte, nahm der Realzins vor allem in der zweiten Jahreshälfte zu. Dies

deutet darauf hin, dass die Zunahme der nominalen Anleiherenditen im Eurogebiet zunächst in erster Linie auf

die steigenden Inflationserwartungen gegenüber ihrem zuvor sehr niedrigen Stand und weniger auf einen

Anstieg der Realzinsen zurückzuführen war. Die Aufwärtsbewegung der Langfristzinsen in der ersten Jahres-

hälfte 1999 könnte jedoch auch teilweise durch die Rückbildung der Wertpapierpositionen bedingt gewesen

sein, die 1998 aufgebaut worden waren, weil Anleger in den Schwellenländern Zuflucht im „sicheren Hafen“

Euroraum suchten. Diese Wertpapierpositionen könnten die Breakeven-Inflationsrate in den ersten Monaten

des Jahres 1999 künstlich gedämpft haben. Außerdem könnten auch Spillover-Effekte von den US-Anleihe-

märkten teilweise zum Anstieg der Breakeven-Inflationsrate im ersten Halbjahr 1999 beigetragen haben. Als

im späteren Jahresverlauf zunehmend Anzeichen eines Konjunkturaufschwungs erkennbar wurden, war die

Aufwärtsbewegung bei den nominalen Anleiherenditen dann verstärkt durch die steigenden langfristigen

Realzinsen bedingt, während die Breakeven-Inflationsrate unverändert blieb.

den Renditeanstieg langfristiger US-Anleihenund teilweise infolge der anhaltend positivenMeldungen zu den Wirtschaftsperspektivenfür das Euro-Währungsgebiet. Da die Anlei-herenditen in den Vereinigten Staaten jedochstärker zunahmen als im Euroraum, begannsich der Renditeabstand zu den US-Anleihenim November und Dezember erneut zu ver-größern.

Diese Entwicklungen schlugen sich im Verlaufdes Jahres 1999 auch in der Zinsstrukturkur-ve des Eurogebiets nieder. Zwischen dem ers-ten und dem letzten Handelstag des Jahresnahm die Steigung der Zinsstrukturkurve, ge-messen an der Differenz zwischen den zehn-jährigen Anleiherenditen im Eurogebiet unddem Dreimonats-EURIBOR, um rund 140 Ba-sispunkte auf 215 Basispunkte zu. Dieser An-stieg fand vor allem in den ersten neun Mo-naten des Jahres statt. Da die Zinsstruktur-kurve üblicherweise im Vorfeld einesKonjunkturaufschwungs steiler wird, schiender zunehmend steile Verlauf der Kurve imEurogebiet im Jahr 1999 in erster Linie densteigenden Optimismus der Marktteilnehmerim Hinblick auf die zukünftigen Wirtschafts-aussichten und den Anstieg der Inflationser-wartungen gegenüber ihrem sehr niedrigenStand Anfang 1999 widerzuspiegeln. Die Ent-

wicklung der Zinsstrukturkurve ist jedoch ins-gesamt mit Vorsicht zu interpretieren, da1999 auch andere Faktoren – wie etwa dieAuflösung der Wertpapierbestände, die im„sicheren Hafen“ Euroraum aufgebaut wor-den waren, und die Sogwirkung der US-An-leihemärkte – Auswirkungen auf die Entwick-lung der Langfristzinsen im Eurogebiet gehabthaben könnten.

In der ersten Januarhälfte 2000 gingen die An-leiherenditen im Eurogebiet leicht nach oben.Dies war in erster Linie auf die Spillover-Effekte von den US-Anleihemärkten zurück-zuführen, wo die Renditen beträchtlich an-stiegen. Anschließend blieben die Anleiheren-diten im Euroraum im weiteren Verlauf desJanuar und im gesamten Februar weitgehendstabil. Gleichzeitig war die Differenz zwischenden Langfristzinsen in den Vereinigten Staa-ten und im Eurogebiet Anfang 2000 etwasvolatil und wies keinen klaren Trend auf.

Hohe Kursgewinne an den internationalenAktienmärkten

In den Industrieländern legten die Aktienkur-se im Jahr 1999 kräftig zu und setzten somitden Aufwärtstrend der vorangegangenen Jah-

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23EZB- Jahresber i ch t • 1999

re fort (siehe Abbildung 7). Ein sehr deutli-cher Anstieg war im Eurogebiet zu verzeich-nen, wo der Dow-Jones-Euro-STOXX-IndexEnde Dezember 1999 um 40 % höher notier-te als ein Jahr zuvor. In den Vereinigten Staa-ten lag der Standard-&-Poor’s-500-Index EndeDezember 1999 19 % über dem Wert vonEnde 1998, und in Japan stieg der Nikkei-225-Index im selben Zeitraum ebenfalls kräf-tig um 37 % an. Die Entwicklung an den inter-nationalen Aktienmärkten schien 1999 in ers-ter Linie mit der positiveren Beurteilung derweltwirtschaftlichen Wachstumsperspektivenzusammenzuhängen.

Im überwiegenden Teil des Jahres 1999 gingvom internationalen Börsengeschehen ein po-sitiver Einfluss auf die Aktienkursentwicklungim Eurogebiet aus. Die Kursgewinne in denVereinigten Staaten schienen vor allem aufdie günstigen Aussichten für die zukünftigenUnternehmensgewinne zurückzuführen zusein, die wiederum mit dem kräftigen Kon-junkturwachstum in den Vereinigten Staatenzusammenhingen. Insbesondere spielte dieoptimistische Einschätzung der langfristigen

Wachstumsperspektiven der Unternehmens-gewinne im Hochtechnologie-Bereich einewichtige Rolle. So legte der stark technolo-gieorientierte Nasdaq-Index 1999 um 86 %zu.

In Japan dürften die Aktienkurse davon profi-tiert haben, dass die Aussichten für die zu-künftigen Unternehmensgewinne auf Grundder Erholung der japanischen Wirtschaft ins-besondere in der ersten Jahreshälfte und deranschließenden Stabilisierung in der zweitenJahreshälfte 1999 zunehmend optimistischeingeschätzt wurden. Gleichzeitig haben of-fenbar auch die rückläufigen Renditen langfris-tiger japanischer Staatsanleihen sowie die Ab-wertung des Yen gegenüber dem US-Dollarim ersten Halbjahr 1999 den Anstieg der ja-panischen Aktienkurse, insbesondere beiden exportorientierten Unternehmen, ge-stützt.

Im Eurogebiet blieb die Aktienkursentwick-lung in den ersten Monaten des Jahres 1999eher gedämpft – ein Anzeichen dafür, dassdie wirtschaftliche Erholung im Euroraum nur

Abbildung 7Aktienkursindizes im Euroraum, den Vereinigten Staaten und Japan(1. Januar 1999=100; Tageswerte)

Quelle: Reuters.Anmerkung: Dow Jones EURO STOXX (Gesamtindex) für den Euroraum, Standard and Poor’s 500 für die Vereinigten Staaten undNikkei 225 für Japan.

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q11997 1998 1999

40

60

80

100

120

140

160

40

60

80

100

120

140

160

Euroraum Vereinigte Staaten Japan

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EZB- Jahresber i ch t • 199924

schleppend voranging. Als sich die Erwartun-gen hinsichtlich der zukünftigen Konjunktur-entwicklung im späteren Jahresverlauf allmäh-lich aufhellten, begannen die Aktienkurse imEurogebiet leicht anzusteigen. Dass sich die-se Expansion trotz des gleichzeitigen Anstiegsder langfristigen Anleiherenditen im Eu-roraum halten konnte, war bemerkenswertund wies auf die positiven Erwartungen hin-sichtlich der zukünftigen Unternehmensge-winne und Dividendenentwicklung im Euro-gebiet hin. Kursgewinne waren zunächst vorallem bei den exponierten Unternehmen undweniger bei den stärker auf die Binnenwirt-schaft ausgerichteten Unternehmen zu ver-zeichnen. Da größere Unternehmen in derRegel stärker von der Außenwirtschaft ab-hängen, stieg der Dow-Jones-Euro-STOXX-50-Index, der die Kursentwicklung großerUnternehmen widerspiegelt, stärker an alsder Dow-Jones-Euro-STOXX-Gesamtindex.

Als die Marktteilnehmer die Wachstumsaus-sichten für die inländische Nachfrage in derzweiten Jahreshälfte 1999 allmählich optimis-tischer einschätzten und sich parallel dazuauch das Vertrauen der Industrie und derVerbraucher festigte, breiteten sich die Kurs-gewinne auf weite Bereiche der Wirtschaftaus. Gegen Jahresende und insbesondere abMitte Oktober gingen die Notierungen in denBereichen Technologie und Telekommunika-tion relativ stark in die Höhe. In diesen Bran-chen stiegen die Aktienkurse zwischen

Ende 1998 und Ende 1999 um 134 % bzw.105 % an und trugen somit erheblich zumAnstieg der Börsennotierungen im Euroge-biet insgesamt bei. Die Kursgewinne in die-sen Bereichen schienen teilweise damit zu-sammenzuhängen, dass hier im Gefolge vonUnternehmensumstrukturierungen und Fusi-ons- und Übernahmeaktivitäten mit steigen-den Unternehmensgewinnen gerechnet wur-de. Die beträchtliche Ausweitung des Inter-netgeschäfts dürfte ebenfalls eine Rollegespielt haben.

Zwischen Ende 1999 und dem 7. März 2000waren an den internationalen Aktienmärktengegensätzliche Entwicklungen zu beobachten.Während die Notierungen in den VereinigtenStaaten, gemessen am Standard-&-Poor’s-500-Index, um 8 % zurückgingen, legte in Japander Nikkei-225-Index um 5 % zu, und im Eu-rogebiet war gemessen am Dow-Jones-Euro-STOXX-Index ein Kursanstieg von 11 % zuverzeichnen. In diesem Zeitraum gingen dieNotierungen im Technologiebereich im Eu-roraum um 36 % nach oben und setzten da-mit einen Trend fort, der sich bereits in denletzten Monaten 1999 abgezeichnet hatte. Da-mit trugen die Kursgewinne in diesem Sektorerheblich zum allgemeinen Anstieg der Akti-enkurse bei. Auch in den Vereinigten Staatenlegten die Notierungen im Technologiesek-tor kräftig zu, und der Nasdaq-Index stieg um19 % an.

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25EZB- Jahresber i ch t • 1999

3 Preisentwicklung

Anstieg der HVPI-Inflationsrate 1999hauptsächlich ölpreisbedingt

Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex(HVPI) erhöhte sich 1999 im Jahresdurch-schnitt um 1,1 %, d. h. die Steigerungsrateblieb gegenüber dem Vorjahr unverändert(siehe Tabelle 1). Die unterjährige Entwick-lung des HVPI zeigt in beiden Jahren jedochein deutlich differenziertes Bild. Während dieInflationsrate im Verlauf des Jahres 1998 zu-rückging, stieg sie 1999 größtenteils an (sieheAbbildung 8). Zurückzuführen war dies vorallem auf Faktoren außerhalb des Euroraums,insbesondere auf die Entwicklung des Welt-marktpreises für Öl. Hingegen ging von den

binnenwirtschaftlichen Einflussgrößen 1999weiterhin ein vergleichsweise geringer Inflati-onsdruck aus. Im Dezember 1999 betrug dieTeuerungsrate nach dem HVPI-Gesamtindexim Vorjahresvergleich 1,7 %, gegenüber 0,8 %im Dezember 1998. Im Januar 2000 beschleu-nigte sich die Inflation, hauptsächlich infolgedes ungebrochenen Ölpreisanstiegs, weiterauf eine Jahresrate von 2,0 %.

Im Verlauf des Jahres 1999 zogen die Ölprei-se von 10,3 € je Barrel im ersten Quartalauf durchschnittlich 23,0 € je Barrel im vier-ten Quartal an, worin sich eine langsame,aber deutliche Erholung des Weltmarktprei-ses für Öl sowie eine Abwertung des Euro

Quellen: Eurostat, nationale Statistiken, Internationale Rohölbörse, HWWA – Institut für Wirtschaftsforschung (Hamburg) und EZB-Berechnungen.1) Ohne Bauwesen.2) Gesamtwirtschaft.3) Gesamtwirtschaft (außer Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Bildungswesen, Gesundheitswesen und sonstige Dienstleistun-

gen).4) Brent Blend (für Terminlieferung in einem Monat). In ECU bis Ende Dezember 1998.5) Ohne Energie. Angaben in Euro; in ECU bis Ende Dezember 1998.

1997 1998 1999 1999 1999 1999 1999 1999 1999 1999 1999 2000 2000

Q1 Q2 Q3 Q4 Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb.

HarmonisierterVerbraucherpreisindex (HVPI)und seine Komponenten

Gesamtindex 1,6 1,1 1,1 0,8 1,0 1,1 1,5 1,2 1,3 1,5 1,7 2,0 .

davon:

Waren 1,2 0,6 0,8 0,3 0,6 0,9 1,5 1,1 1,3 1,5 1,9 2,2 .

Nahrungsmittel 1,4 1,6 0,5 1,3 0,6 -0,2 0,4 -0,1 0,4 0,4 0,5 0,4 .

Verarbeitete Nahrungsmittel 1,4 1,4 0,9 1,2 0,8 0,7 0,9 0,6 0,8 0,9 1,0 1,0 .

Unverarbeitete Nahrungsmittel 1,4 2,0 0,0 1,4 0,3 -1,4 -0,3 -1,2 -0,4 -0,2 -0,2 -0,5 .

Industrieerzeugnisse 1,0 0,1 1,0 -0,2 0,6 1,4 2,1 1,7 1,8 2,0 2,6 3,1 .

Industrieerzeugnisse ohne Energie 0,5 0,9 0,6 0,8 0,6 0,5 0,5 0,5 0,5 0,6 0,5 0,7 .

Energie 2,8 -2,6 2,2 -3,9 0,5 4,6 7,8 6,1 6,3 7,2 10,0 12,0 .

Dienstleistungen 2,3 1,9 1,6 1,7 1,6 1,5 1,5 1,4 1,4 1,5 1,6 1,6 .

Weitere Preis- und Kostenindikatoren

Industrielle Erzeugerpreise 1) 1,1 -0,8 0,0 -2,6 -1,3 0,7 3,1 1,4 2,2 3,1 4,1 5,0 .

Lohnstückkosten 2) 0,7 0,0 . 1,6 1,6 0,7 . - - - - - -

Arbeitsproduktivität 2) 1,7 1,5 . 0,1 0,5 1,0 . - - - - - -

Arbeitnehmerentgelt jeArbeitnehmer 2) 2,4 1,5 . 1,7 2,0 1,7 . - - - - - - Gesamtlohnkosten pro Stunde 3) 2,5 1,7 . 2,0 2,0 2,4 . - - - - - -

Rohölpreise (EUR je Barrel) 4) 17,1 12,0 17,1 10,3 15,0 19,7 23,0 21,8 20,8 23,5 24,8 24,9 27,6

Rohstoffpreise (EUR) 5) 12,9 -12,5 -3,1 -16,0 -8,2 1,1 14,0 6,6 10,7 11,9 19,3 19,4 20,0

Tabelle 1Preis- und Kostenentwicklung im Euroraum(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

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EZB- Jahresber i ch t • 199926

Quelle: Eurostat.

gegenüber dem US-Dollar widerspiegelten.Dieser Ölpreisanstieg, mit dem sich der kon-tinuierliche Preisverfall des Jahres 1998 um-kehrte, schlug sich rasch in der Energiepreis-komponente des HVPI nieder. Im Dezem-ber 1999 übertrafen die Energiepreise, beidenen die Verbrauchsteuern ein hohes Ge-wicht einnehmen, ihren Stand vor Jahresfristum 10 %, wobei der stärkste Preisauftriebbei den Flüssigbrennstoffen festzustellen war.Die übrigen Energiekomponenten stiegen we-niger sprunghaft an oder waren auf Grundvon Deregulierungsschritten einem Abwärts-druck ausgesetzt, wie dies zum Beispiel beiden Strompreisen in einigen Ländern des Eu-roraums der Fall war. Außerdem wurde dieÖlpreisverteuerung teilweise dadurch ausge-glichen, dass von anderen Preisen ein Ab-wärtsdruck ausging. Vor allem die Preise fürunverarbeitete Nahrungsmittel dämpften denAnstieg der Verbraucherpreise erheblich.

Geringere Kerninflation

Ohne Berücksichtigung dieser relativ schwan-kungsanfälligen Komponenten fielen die Preis-steigerungen auf der Verbraucherebene 1999wesentlich niedriger aus. Unter Ausklamme-rung der Preise für Energie und saisonabhän-gige Nahrungsmittel sank die HVPI-Inflations-rate auf 1,0 %, nach durchschnittlich 1,4 % imJahr 1998. Dies hing mit dem bedeutendschwächeren Anstieg der Preise für Industrie-erzeugnisse (außer Energie), Dienstleistungenund verarbeitete Nahrungsmittel zusammen.Die anziehenden Erzeugerpreise schlugen sich1999 nur in relativ begrenztem Umfang inder HVPI-Komponente Industrieerzeugnisse(außer Energie) nieder. Die Entwicklung derErzeugerpreise war hauptsächlich durch denAnstieg der Öl- und sonstigen Rohstoffpreisebedingt, wobei die Preise der sonstigen Roh-stoffe vor allem auf Grund der Abwertungdes nominalen effektiven Wechselkurses desEuro anzogen. Während die Industrieerzeug-nisse (außer Energie) 1998 noch um durch-

Abbildung 8Entwicklung des HVPI im Euroraum nach Komponenten(Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

1996 1997 1998 1999-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

HVPI insgesamtDienstleistungen

Unverarbeitete Nahrungsmittel Verarbeitete Nahrungsmittel

Industrieerzeugnisse (ohne Energie)Energie

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27EZB- Jahresber i ch t • 1999

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.

Kasten 3Die Auswirkungen der Marktöffnung auf die Verbraucherpreise

In verschiedenen Wirtschaftsbereichen des Eurogebiets sind seit einiger Zeit Bemühungen zur Liberalisierung

der Märkte in Gang, die dafür sorgen sollen, dass die Unternehmen nach kommerziellen Grundsätzen in einem

wettbewerbsintensiven Umfeld agieren. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Liberalisierung eine

effizientere Nutzung von Ressourcen und damit positive Wohlfahrtseffekte nach sich zieht. Der Liberalisie-

rungsprozess kann in vielen Fällen zu einem Abwärtsdruck auf Preise und Gewinnspannen führen. Im

Jahr 1999 wurde die Marktliberalisierung weiter vorangetrieben. Wenngleich eine eindeutige Unterscheidung

zwischen den Auswirkungen der Liberalisierung auf die Preise und dem Einfluss anderer Faktoren, beispiels-

weise des technischen Fortschritts, schwierig ist, ging die Marktliberalisierung mit einem weiteren Preisrück-

gang bei einer Reihe von Waren und vor allem auch Dienstleistungen einher.

Am Beispiel des Telekommunikationsmarktes zeigt sich besonders deutlich, wie stark sich ein erhöhter

Wettbewerb auf die Verbraucherpreise auswirkt. Die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in der

EU begann in einigen Ländern bereits in den Achtzigerjahren und beschleunigte sich im Laufe der Neunziger-

jahre im Zuge des raschen technologischen Fortschritts. Mit der Umsetzung mehrerer Richtlinien des Rats der

Europäischen Union bestehen auf den Telekommunikationsmärkten der meisten EU-Länder seit dem 1. Janu-

ar 1998 im Prinzip keine Wettbewerbsbeschränkungen mehr.

Preise im Telekommunikationssektor 1999 weiter deutlich gefallen

Der laufend zunehmende Wettbewerb hat sich auf die Verbraucherpreise (gemessen an der im Harmonisierten

Verbraucherpreisindex (HVPI) enthaltenen Komponente „Telefonapparate und Telefaxgeräte, Telefon- und

Telefaxdienste“) bereits entsprechend ausgewirkt. Zwischen Dezember 1997 und Dezember 1999 ist dieser

Teilindex dem absoluten Betrag nach um gut 7,1 % zurückgegangen. Da neue Anbieter aber erst mit einer

gewissen zeitlichen Verzögerung im Index berücksichtigt werden können, spiegelt der HVPI den Preisrück-

gang möglicherweise nicht in vollem Umfang wider. In Relation zum HVPI insgesamt und zu den Dienstleis-

tungspreisen war der Rückgang des Teilindex sogar noch ausgeprägter (siehe die Abbildung oben). Außerdem

hat sich der Wettbewerb im Laufe des Jahres 1999 offenbar im gesamten Euroraum intensiviert, womit

deutliche Preissenkungen einhergingen. Erhebliche Verbilligungen wurden in Deutschland, den Niederlan-

den, Irland und Luxemburg verzeichnet. In Finnland, wo der Liberalisierungsprozess wesentlich früher

einsetzte, gab es hingegen zuletzt nur mehr leichte Preisrückgänge. In einer Reihe von Ländern des Euroge-

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q41998 1999

90

92

94

96

98

100

102

90

92

94

96

98

100

102

Absoluter Stand des PreisindexStand des Preisindex im Verhältnis zum Preisindex für Dienstleistungen

Stand des Preisindex im Verhältnis zum HVPI

Telefonapparate und Telefaxgeräte, Telefon- und Telefaxdienste(Index: Dezember 1997 = 100; Monatswerte)

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EZB- Jahresber i ch t • 199928

biets werden die Preisvorteile, die der verstärkte Wettbewerb mit sich bringt, erst allmählich an die Verbrau-

cher weitergegeben, nämlich in Form von schrittweisen Preissenkungen oder Höchstpreisen, die durch die

zuständigen nationalen Behörden festgelegt werden.

Die schon erwähnten relativen Preisrückgänge haben vermutlich auch zu einer höheren Nachfrage nach

Telekommunikationsgeräten und -diensten geführt. Daneben spielten bei der Preisentwicklung im Telekom-

munikationsbereich auch Technologiefortschritte eine wichtige Rolle. Dies wird zum Beispiel am gestiegenen

Angebot an kostengünstiger und qualitativ hochwertiger Mobilfunktechnologie deutlich. Allerdings ist der

Einfluss des technologischen Fortschritts nicht vollkommen losgelöst vom Prozess der Marktliberalisierung

zu sehen, da der intensivere Wettbewerb den Unternehmen einen stärkeren Anreiz zu Innovation sowie

Forschung und Entwicklung geboten haben könnte. Überdies kam es 1999 in der Branche vermehrt zu

Fusionen. Sofern diese zu weiteren Effizienzsteigerungen führen, ist daher in Zukunft mit weiteren Preissen-

kungen zu rechnen.

Anzeichen für einsetzende Liberalisierung im Energiebereich im Jahr 1999

Die Liberalisierung des Energiesektors in Europa bleibt zwar hinter der aufgezeigten Entwicklung im Tele-

kommunikationsbereich zurück, doch gab es in einigen Ländern des Euroraums gegen Endes des Jahres 1999

bereits Anzeichen für das Einsetzen eines Liberalisierungsprozesses. Ausgelöst wurde dieser durch eine Reihe

von EU-Initiativen, die alle zum Ziel haben, einen Binnenmarkt im Bereich der Energieversorgung zu

schaffen. Die EU-Richtlinien zum Elektrizitätsbinnenmarkt von 1996 und zum Erdgasbinnenmarkt von 1998

sehen vor, dass die Unternehmen in diesen Bereichen nach kommerziellen Grundsätzen und in einem für den

Wettbewerb offenen Umfeld arbeiten können. Als Stichtag für die Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-

richtlinie wurde der 19. Februar 1999 festgesetzt, wobei Irland und Belgien jedoch eine Übergangsfrist von

einem Jahr und Griechenland eine Frist von zwei Jahren eingeräumt wurde. Die Richtlinie sieht in einem

ersten Schritt eine Liberalisierung von rund 25 % des Marktes vor, und diese Quote soll sich bis 2003 auf etwa

ein Drittel erhöhen. Einige Länder des Eurogebiets haben diese Vorgaben jedoch bereits übertroffen. Die

Umsetzung der Erdgasbinnenmarktrichtlinie hat in den EU-Mitgliedstaaten bis zum 10. August 2000 zu

erfolgen. Gemäß den Bestimmungen der Richtlinie sollte bis 2003 eine Marktöffnung von mindestens 28 %

und bis 2008 eine Quote von mindestens 33 % erreicht sein.

Bislang sind auf den Energiemärkten im Euroraum nur vereinzelt Anzeichen für einen allgemeinen Abwärts-

druck auf Preise oder Gewinnspannen festzustellen. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sich der

Liberalisierungsprozess in der Energiebranche in den meisten Ländern des Eurogebiets erst im Anfangsstadi-

um befindet. Die Preisentwicklung in dieser Branche kann auch stark von anderen Faktoren beeinflusst sein,

etwa von Preisänderungen bei Primärbrennstoffen, von staatlichen Vorschriften oder von Energiesteuern.

Dennoch lassen die Strompreisunterschiede innerhalb des Eurogebiets einen ausreichenden Spielraum für

Preissenkungen erkennen. In einigen Ländern, vor allem in Deutschland, begannen die Strompreise gegen

Ende des Jahres 1999 dann auch zu fallen. Der Preisrückgang war jedoch nicht nur eine Folge der tatsächli-

chen Wettbewerbsintensivierung: In manchen Ländern, die ihre Märkte nur teilweise geöffnet haben, sind die

Verbraucherpreise unter Vorwegnahme der Änderung der Angebots- und Nachfragebedingungen, die die

künftige vollständige Marktöffnung mit sich bringen wird, bereits gesenkt worden.

Wenngleich die Deregulierung und die Wettbewerbsintensivierung bislang vorrangig im Telekommunikati-

ons- und Elektrizitätssektor Wirkung zeigten, dürften ähnliche Effekte in den nächsten Jahren auch in anderen

Bereichen, wie zum Beispiel auf dem Erdgasmarkt oder im Verkehrssektor, zu beobachten sein.

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29EZB- Jahresber i ch t • 1999

schnittlich 0,9 % gestiegen waren, hatten siesich bis Dezember 1999 gegenüber dem ver-gleichbaren Vorjahresstand nur noch um0,5 % verteuert. Entsprechend blieb auch derPreisauftrieb bei den Dienstleistungen im Jahr1999 gedämpft; er lag im Dezember 1999 bei1,6 % und damit um 0,3 Prozentpunkte unterdem Vorjahresdurchschnitt. Diese Entwick-lungen waren auf den etwas höheren – abernach wie vor mäßigen – Anstieg der Lohnkos-ten im Eurogebiet (siehe unten) und auf diegeschmälerten Gewinnspannen in einigen Sek-toren, vor allem im Bereich der Telekommu-nikation, im Zuge der Liberalisierung derMärkte zurückzuführen. (Diese Einflüsse wer-den in Kasten 3 näher erläutert.)

Wieder anziehende Lohnstückkosten trotzmoderater Lohnerhöhungen

Die Lohnstückkosten erhöhten sich bis zumzweiten Quartal 1999 gegenüber dem ent-sprechenden Vorjahreszeitraum um schät-zungsweise 1,6 %, während sie im Jahres-durchschnitt 1998 unverändert geblieben wa-ren (siehe Tabelle 1). Dieser Anstieg war vor

allem mit dem geringeren Produktivitätszu-wachs im Zusammenhang mit der Verlangsa-mung der Konjunktur im Euroraum imJahr 1998 sowie mit einer leichten Steigerungdes nominalen Arbeitnehmerentgelts je Ar-beitnehmer zu erklären. Außerdem kam eszu einer etwas stärkeren Erhöhung derGesamtarbeitskosten pro Stunde – sie stie-gen im dritten Quartal 1999 im Vorjahres-vergleich um 2,4 %. Demgegenüber führte dermit der allmählichen konjunkturellen Erho-lung einhergehende höhere Produktivitätszu-wachs im dritten Quartal zu einem gebrems-ten Anstieg der Lohnstückkosten (+0,7 %)im Jahresabstand. Die Gewinnspannen dürf-ten sich 1999 gegenüber dem Vorjahr gering-fügig verringert haben. Dies hängt mit denangeführten steigenden Lohnstückkosten undmit den höheren Energie- und Faktorpreisen(ohne Öl) zusammen, die sich unter anderemin der Preisentwicklung bei den Vorleistungs-gütern widerspiegeln. Wie bereits erwähntkönnte in manchen Sektoren auch die Wett-bewerbslage die Unternehmen davon abge-halten haben, die gestiegenen Faktorkostenauf die allgemeinen Verbraucherpreise über-zuwälzen.

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EZB- Jahresber i ch t • 199930

4 Produktions-, Nachfrage- und Arbeitsmarktentwicklung

Zunehmende Wachstumsbeschleunigung imJahresverlauf 1999

Die Konjunkturentwicklung im Eurogebietzeichnete sich 1999 durch eine zunehmendeBeschleunigung des Produktionswachstumsaus, nachdem im Laufe des vorangegangenenJahres eine Abkühlung zu beobachten gewe-sen war. Im Nachhinein betrachtet scheintdas Wirtschaftswachstum im Euroraum nurrecht kurzzeitig und in begrenztem Ausmaßvon der Krise in den Schwellenländern beein-trächtigt worden zu sein. Auf Grund der Ver-besserung der Wachstumsperspektiven imJahresverlauf wurden die Herbstprognosenfür das reale Wirtschaftswachstum im gesam-ten Euroraum für 1999 und 2000 im Ver-gleich zu den Frühjahrsprognosen des Jah-res 1999 zumeist leicht nach oben korrigiert.

Gemäß Eurostat-Schätzungen belief sich dasreale Wirtschaftswachstum im Euroraum imGesamtjahr 1999 auf 2,2 %; es lag damit deut-lich unter der Wachstumsrate von 2,8 % desVorjahres (siehe Tabelle 2). Allerdings ver-

birgt sich hinter der Wachstumsrate für dasGesamtjahr, dass sich die jährliche Zuwachs-rate von 1,7 % im ersten Halbjahr 1999 auf2,7 % im zweiten Halbjahr beschleunigte. Da-mit erreichte die Wirtschaft des Eurogebietsrecht schnell wieder ihren mittelfristigen Ex-pansionspfad (2 % bis 2 ½ %). Die zunehmen-de konjunkturelle Dynamik in der zweitenJahreshälfte 1999, die sich auch in der Wachs-tumsrate des realen BIP gegenüber dem Vor-quartal von etwa 1 % niederschlug, dürfteauch im Jahr 2000 anhalten. Zwischen deneinzelnen Mitgliedstaaten zeigten sich im Jahr1999 leicht divergierende konjunkturelle Ent-wicklungen, für das Jahr 2000 wird aber miteiner Verringerung der Wachstumsdifferen-zen gerechnet (siehe Kasten 4).

1999 trug auch die Umstellung auf das neueEuropäische System Volkswirtschaftlicher Ge-samtrechnungen 1995 (ESVG 95) zu den übli-chen Unsicherheiten bei den BIP-Schätzun-gen bei. Der Übergang auf das ESVG 95 stelltzwar eine deutliche Verbesserung in Bezugauf Methodik, Vergleichbarkeit, Periodizität

Jahresraten 1) Quartalsraten 2)

1997 1998 1999 1998 1999 1999 1999 1999 1998 1999 1999 1999 1999

Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Reales Bruttoinlandsprodukt 2,3 2,8 2,2 2,0 1,7 1,8 2,3 3,1 0,2 0,6 0,5 1,0 0,9

davon:

Inlandsnachfrage 1,7 3,4 2,8 3,1 2,8 2,7 2,7 3,0 0,8 0,9 0,4 0,6 1,1

Private Konsumausgaben 1,5 3,0 2,5 3,1 2,8 2,4 2,4 2,6 0,6 0,7 0,3 0,7 0,8

Konsumausgaben des Staates 0,7 1,2 1,2 1,0 1,2 0,9 1,2 1,3 0,2 0,8 -0,1 0,2 0,3

Bruttoanlageinvestitionen 2,2 4,4 4,5 3,8 3,6 5,1 4,8 4,6 0,6 1,6 0,7 1,7 0,5

Vorratsveränderungen 3) 4) 0,3 0,5 0,1 0,3 0,2 0,1 0,0 0,2 0,2 -0,1 0,1 -0,3 0,4

Außenbeitrag 3) 0,6 -0,5 -0,5 -1,1 -1,0 -0,9 -0,2 0,2 -0,5 -0,3 0,1 0,4 -0,1

Exporte 5) 10,1 6,7 3,9 2,0 0,7 2,1 5,2 7,7 -0,9 0,4 2,4 3,3 1,4

Importe 5) 8,7 9,1 5,7 5,6 4,0 5,0 6,4 7,5 0,7 1,4 2,1 2,1 1,8

Tabelle 2Zusammensetzung des realen BIP-Wachstums im Euroraum(soweit nicht anders angegeben, Veränderung in %; saisonbereinigt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Jahresraten: Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %.2) Quartalsraten: Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %.3) Wachstumsbeitrag zum realen BIP; in Prozentpunkten.4) Einschließlich Nettozugang an Wertsachen.5) Exporte und Importe umfassen Waren und Dienstleistungen sowie den grenzüberschreitenden Handel innerhalb des Euroraums.

Die Angaben zu den Importen und Exporten in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sind nicht um den Handelinnerhalb des Euroraums bereinigt. Diese Angaben sind daher nicht vollständig mit den Zahlungsbilanzdaten vergleichbar.

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31EZB- Jahresber i ch t • 1999

Kasten 4Wachstums- und Inflationsdifferenzen innerhalb des Eurogebiets

Im Jahr 1999 bestanden sowohl hinsichtlich der Wachstums- als auch der Teuerungsraten beträchtliche

Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern im Euroraum (siehe Tabelle unten). Zwar gehen die Prognosen

der wichtigsten internationalen Institutionen wie etwa der Europäischen Kommission davon aus, dass sich die

Inflations- und Wachstumsdifferenzen in den nächsten zwei Jahren etwas verringern werden, doch ist ange-

sichts der Erfahrungen anderer großer Währungsräume wie der Vereinigten Staaten nicht zu erwarten, dass es

in Zukunft überhaupt keine Unterschiede mehr geben wird.

Beim realen BIP dürften Irland mit 9,4 % und Luxemburg mit 5,0 % sowie Spanien mit 3,7 % und Finnland

und die Niederlande mit jeweils 3,5 % im Jahr 1999 die höchsten Zuwachsraten verzeichnet haben. Auch in

Portugal (2,9 %) und Frankreich (2,7 %) lag das Wirtschaftswachstum – wenn auch nicht so deutlich – über

der Zuwachsrate für den gesamten Euroraum. In Italien und Deutschland hingegen blieb das Wachstum mit

1,4 % bzw. 1,5 % erheblich hinter dem Durchschnitt des Eurogebiets zurück. Das Wachstumsgefälle zwi-

schen den einzelnen Ländern hat sich, gemessen an der ungewichteten Standardabweichung, im vergangenen

Jahr verringert. Während die Konjunktur in den meisten Ländern des Euroraums an Schwung einbüßte, war

die Verlangsamung in der Regel in jenen Ländern am ausgeprägtesten, die 1998 das kräftigste Wirtschafts-

wachstum aufgewiesen hatten. In einigen der Länder, die einen stärkeren Konjunkturaufschwung verzeichne-

ten, dürfte sich das Wachstum der inländischen Nachfrage in den nächsten Jahren etwas abschwächen. Für die

nahe Zukunft ist mit einer weiteren Annäherung der Wachstumsraten zu rechnen, weil sich die Konjunktur in

den bislang langsamer wachsenden Ländern seit dem zweiten Halbjahr 1999 belebt hat.

Dabei ist zu beachten, dass die unterschiedlichen Wachstumsraten in den einzelnen Ländern des Eurogebiets

sowohl auf längerfristige Trends als auch auf konjunkturelle Divergenzen zurückzuführen sind (siehe den

Artikel „Längerfristige Entwicklungen und konjunkturelle Schwankungen der wichtigen volkswirtschaftli-

chen Indikatoren der Länder des Euro-Währungsgebiets“ im Monatsbericht vom Juli 1999). Insbesondere

konnten einige der im Aufholprozess befindlichen Länder höhere Zuwachsraten verzeichnen. Wachstumsun-

terschiede können auch mit den erzielten Fortschritten bei der Umsetzung von Strukturreformen zusammen-

hängen. Andererseits können sich die einzelnen Länder aber auch jeweils in einer anderen Konjunkturphase

befinden oder unterschiedlich stark auf die Eintrübung des weltwirtschaftlichen Klimas von 1997 bis 1998

reagiert haben. Über einen längeren Zeitraum betrachtet scheint die Größenordnung der jüngsten Divergenzen

ähnlich wie in der Vergangenheit zu sein.

Bei den Teuerungsraten waren die Unterschiede weniger ausgeprägt, und die Spannweite zwischen den

Inflationsraten hat sich gegenüber dem Stand zu Beginn der Neunzigerjahre deutlich verringert. In Irland

belief sich der Anstieg der Verbraucherpreise gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI)

BE DE ES FR IE IT LU NL AT PT FI

Reales BIP

1998 2,7 2,2 4,0 3,2 8,9 1,5 5,0 3,7 2,9 3,8 5,0

1999 2,3 1,5 3,7 2,7 9,4 1,4 5,0 3,5 2,2 2,9 3,5

HVPI

1998 0,9 0,6 1,8 0,7 2,1 2,0 1,0 1,8 0,8 2,2 1,4

1999 1,1 0,6 2,2 0,6 2,5 1,7 1,0 2,0 0,5 2,2 1,3

Quellen: Eurostat und nationale Schätzungen.

Reales BIP-Wachstum und HVPI-Anstieg in den Ländern des Euroraums(Veränderung gegen Vorjahr in %)

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EZB- Jahresber i ch t • 199932

1999 auf 2,5 %, in Spanien und Portugal auf jeweils 2,2 % und in den Niederlanden auf 2,0 %. Die

niedrigsten Preissteigerungsraten wurden in Österreich (0,5 %), Deutschland und Frankreich (jeweils 0,6 %)

verzeichnet. Für die Zukunft ist mit einer weiteren Annäherung der Inflationsraten zu rechnen. Dem Thema

Inflationsdifferenzen im Euro-Währungsgebiet widmet sich auch der Monatsbericht vom Oktober 1999 (siehe

den Artikel „Inflationsunterschiede in einer Währungsunion“). Die von Land zu Land unterschiedliche Preis-

entwicklung lässt sich auf zahlreiche Ursachen zurückführen, zum Beispiel auf die unterschiedliche Gewich-

tung der einzelnen Komponenten bei der Zusammensetzung der nationalen HVPIs, einen Preiskonvergenz-

prozess (als Auswirkung der Währungsunion und größerer Preistransparenz) oder Aufholeffekte. Daneben

kann sie auch vom jeweiligen Konjunkturverlauf herrühren, der eine unterschiedlich hohe Nachfrage und

einen unterschiedlich starken Lohndruck mit sich bringt. Überdies können auch Differenzen hinsichtlich der

Flexibilität auf den nationalen Güter- und Arbeitsmärkten das Preisgefälle zwischen den einzelnen Ländern

verstärken. Die Erfahrungen der Vereinigten Staaten bestätigen, dass innerhalb einer Währungsunion Inflati-

onsunterschiede bestehen und dass die jüngsten Inflationsdifferenzen zwischen den Ländern des Euro-Wäh-

rungsgebiets nicht außergewöhnlich hoch sind.

Wie bereits erwähnt, können strukturelle Veränderungen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Einführung

des Euro, in Zukunft zu einem unterschiedlichen Verlauf der Wachstums- und Inflationsdifferenzen zwischen

den Ländern des Euroraums führen. Die EZB behält fortbestehende bzw. größer werdende Differenzen

zwischen den Ländern genau im Auge. Die Geldpolitik des Eurosystems orientiert sich allerdings an der

Entwicklung im gesamten Euroraum. Sollten politische Maßnahmen erforderlich werden, wären diese auf der

Ebene der nationalen Wirtschaftspolitik zu treffen (ebenso wie regionale Entwicklungen bislang nicht in die

Zuständigkeit der Geldpolitik, sondern anderer Politikbereiche fielen). Wie hinlänglich diskutiert wurde, ist

die Mobilität der Arbeitskräfte innerhalb des Eurogebiets (und innerhalb der einzelnen Länder) relativ gering

und dürfte deshalb nicht wesentlich zu einer Angleichung beitragen. Daher ist die Erhöhung der Flexibilität

auf den Arbeitsmärkten von großer Bedeutung. Auch die Haushaltspolitik kann dazu beitragen, länderspezifi-

schen Schocks entgegenzuwirken. Dies setzt jedoch zunächst ausreichende Sicherheitsmargen gemäß den

Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts voraus. Insgesamt unterstreicht die unterschiedliche

Wirtschaftsentwicklung in den Ländern des Euroraums die Notwendigkeit struktureller Reformen auf den

Arbeits- und Gütermärkten wie auch der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.

und Aktualität der Daten dar, doch war diepraktische Umsetzung 1999 mit unvorherge-sehenen Verzögerungen verbunden, und dieim Laufe des Jahres 1999 veröffentlichten Da-ten wurden zum Teil stärker als erwartetrevidiert. Angesichts der recht geringen Er-fahrung mit der Erstellung von Statistikennach der neuen Methodik des ESVG 95 könn-ten auch in Zukunft rückwirkende umstel-lungsbedingte Revisionen erforderlich wer-den. Deshalb sind die neueren Angaben zumBIP mit einer gewissen Vorsicht zu interpre-tieren.

Inlandsnachfrage relativ robust; Außen-beitrag maßgebliche Konjunkturstütze

Hinsichtlich der einzelnen Nachfragekompo-nenten wurde die Wirtschaftsentwicklung im

abgelaufenen Jahr vor allem von zwei Fakto-ren bestimmt: Zum einen erklärt das kräftigeWachstum der inländischen Endnachfrage,warum die Wachstumsverlangsamung zwi-schen 1998 und 1999 schwächer ausfiel alszwischen 1995 und 1996. Zum anderen warder konjunkturelle Einbruch Ende 1998 aufeine Verschlechterung der Exportmöglichkei-ten in Drittländer zurückzuführen, wie auchdie Belebung des Wirtschaftswachstums imEuroraum 1999 hauptsächlich auf die Erho-lung der Exportkonjunktur zurückging. Im Jah-resverlauf leistete die Inlandsnachfrage einenzunehmend positiven Beitrag zum Wachstumdes realen BIP, und der Außenbeitrag verbes-serte sich tendenziell ebenfalls (siehe Abbil-dung 9).

Mit einem negativen Beitrag zum BIP-Wachs-tum in Höhe von 0,5 Prozentpunkten dämpf-

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33EZB- Jahresber i ch t • 1999

te der Außenbeitrag 1999 zwar das jahres-durchschnittliche Wirtschaftswachstum, aufQuartalsbasis betrachtet lag der Wachstums-beitrag aber bereits im zweiten und drittenQuartal wieder im positiven Bereich. Nebender Stabilisierung und allmählichen Belebungder Auslandsnachfrage ist diese konjunktu-relle Erholung auch auf die verbesserte preis-liche Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen.Wurden die negativen Auswirkungen der Kri-sen in den Schwellenländern auf die Konjunk-tur im Eurogebiet zur Jahreswende 1998/1999durch den hohen Außenwert des Euro nochverstärkt, profitierte die Exportwirtschaft imEuroraum zur Jahresmitte 1999 hin von derAbwertung des Euro. In der Folge erholtesich das Wachstum der Exporte von Warenund Dienstleistungen deutlich und übertrafim zweiten und dritten Quartal des vergange-nen Jahres den Anstieg der Importe.

Die Binnennachfrage blieb mit annualisiertenQuartalswachstumsraten von etwa 3 % im ab-gelaufenen Jahr relativ stark. Das recht nachhal-tige Wachstum der privaten Konsumausgabentrug wesentlich zum kräftigen Anstieg der In-landsnachfrage bei. Das Vertrauen der Verbrau-

cher, das Anfang 1999 seinen historischenHöchststand erreicht hatte, lag im gesamtenJahresverlauf deutlich über seinem langfristigenDurchschnitt. Das stabile Verbrauchervertrau-en und der damit einhergehende kräftige An-stieg der privaten Konsumausgaben waren aufdas anhaltend hohe Beschäftigungswachstumund die Zunahme der Realeinkommen zurück-zuführen, die sich in einem Umfeld niedrigerRealzinsen und stabiler Preise vollzogen. Dasniedrige Zinsniveau dürfte zusammen mit demrelativ kräftigen Auftrieb an den Aktien- undImmobilienmärkten die Ausweitung der Kredit-vergabe begünstigt und den Konsum der priva-ten Haushalte gefördert haben. Der öffentlicheKonsum weitete sich 1999 nur geringfügig aus,da in den meisten Mitgliedstaaten im Bereichder öffentlichen Finanzen noch weiterer Kon-solidierungsbedarf besteht und außerdem beab-sichtigt ist, den Staatsanteil an der Volkswirt-schaft zu verringern.

Hinsichtlich der Investitionskomponenten desBruttoinlandsprodukts wurde die Realkapital-bildung im Gesamtjahr 1999 offenbar kaumvon der Abschwächung der Gesamtnachfra-ge, d. h. der inländischen Nachfrage zuzüglichder Exporte, beeinträchtigt. Die Bruttoanla-geinvestitionen erhöhten sich 1999 insgesamtum 4,5 %, also etwa ebenso stark wie imvorangegangenen Jahr. Hierfür gab es mehre-re Gründe: Die Tatsache, dass die negativenNachfrageimpulse nur von recht begrenzterDauer waren, wie sich an der Festigung desVertrauens der Industrie nach dem erstenQuartal 1999 zeigte, dürfte die nachteiligenAuswirkungen auf die Investitionstätigkeit derUnternehmen begrenzt haben. Insbesonderesank die Kapazitätsauslastung im verarbeiten-den Gewerbe, ein Indikator für den Nachfra-gedruck im Verhältnis zur Angebotskapazität,im Laufe des Jahres 1999 nicht unter ihrenlangfristigen Durchschnitt und deutete somitauch nicht auf Überkapazitäten hin. Das nied-rige Niveau der Realzinsen dürfte – nicht nurfür die Unternehmen, sondern auch im Be-reich des Wohnungsbaus – ein bedeutenderAnreiz für die weitere Investitionstätigkeit ge-wesen sein. Die zweite Investitionskompo-nente des BIP, die Vorratsveränderungen, leis-tete 1999 einen geringfügig positiven Beitrag

Abbildung 9Wachstumsbeiträge zum realen BIP imEuroraum (Quartalsvergleich)(Beiträge in Prozentpunkten auf Quartalsbasis; saisonbereinigt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Veränderung gegen Vorquartal in %.

1998 1999-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

InlandsnachfrageAußenbeitragReales BIP 1)

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EZB- Jahresber i ch t • 199934

zum Produktionswachstum. Auf Grund derstatistischen Unsicherheiten bei der Erfassungder Vorratsveränderungen in den Volkswirt-schaftlichen Gesamtrechnungen ist der Bei-trag der Vorratsveränderungen mit Vorsichtzu interpretieren. Angesichts dieser Unsicher-heiten ist auch eine detailliertere Beurteilungder spezifischen Einflüsse auf die Lagerhal-tung im Jahr 1999, etwa im Zusammenhangmit dem Jahr-2000-Problem, nicht möglich.

Konjunkturentwicklung in der Industrie amdeutlichsten sichtbar

Bei einer sektoralen Betrachtung wird deut-lich, dass sich die Verlangsamung der Ge-samtkonjunktur wie auch die anschließendeErholung vornehmlich auf die Industrie kon-zentrierte, während die Produktionsentwick-lung im Dienstleistungsbereich offenbar kon-tinuierlicher verlief. Daran zeigt sich die rela-tiv große Abhängigkeit des verarbeitendenGewerbes von der Auslandsnachfrage, wäh-rend für die Dienstleistungen eher die Bin-nennachfrage von Bedeutung ist. Der unter-schiedliche Konjunkturverlauf in den einzel-nen Bereichen spiegelte sich auch in derabweichenden Entwicklung des Vertrauensder Industrie und der Verbraucher wider (sie-he Abbildung 10). Zum einen war der Rück-gang des Verbrauchervertrauens von seinemAnfang 1999 erreichten Höchststand nichtsehr ausgeprägt und nur von kurzer Dauer,und der Indikator blieb deutlich über seinemlangfristigen Durchschnitt. Zum anderen hieltder Einbruch der Zuversicht in der Industrie,der Anfang 1998 eingesetzt hatte, länger an,und der entsprechende Indikator sank in derersten Jahreshälfte 1999 unter seinen langfris-tigen Durchschnitt. Im weiteren Jahresverlauferholten sich beide Vertrauensindikatorenund erreichten Ende 1999 annähernd wiederihren vormaligen Spitzenwert.

Die Industrieproduktion war bis Anfang 1999weiter rückläufig, erfuhr dann aber einen Um-schwung zu positiven Wachstumsraten. Imersten Vierteljahr 1999 übertraf die Industrie-produktion im Durchschnitt bereits das Er-gebnis des Vorquartals. Zwar gewann der

Produktionszuwachs nach den Sommermo-naten an Schwung, doch lag er Ende des ver-gangenen Jahres etwas unter den Wachstums-raten, die in früheren Aufschwungphasen zubeobachten waren. Allerdings dürften dieZahlen zur Industrieproduktion im viertenQuartal 1999 nach oben korrigiert werden,da nach der Bekanntgabe der Produktions-statistiken für Dezember 1999 zusätzliche In-formationen verfügbar wurden. Unter Be-rücksichtigung dessen weitete sich die Indus-trieproduktion im Gesamtjahr 1999 umweniger als 2,0 % aus (siehe Tabelle 3). Mitjahresdurchschnittlich 2,3 % war das Wachs-tum in der Gebrauchsgüterindustrie am stärks-ten. Diese dürfte nicht nur von der anhal-tend hohen allgemeinen Konsumneigung, son-dern auch von einer Reihe anderer Faktorenprofitiert haben. Insbesondere führten dieLiberalisierung der Telekommunikations-branche und Fortschritte im Bereich der In-ternet-Technologie zu einer verstärkten Pro-duktion der entsprechenden Geräte. In derInvestitionsgüterindustrie vollzog sich der

Abbildung 10Vertrauensindikatoren im Euroraum(Salden in %; Monatswerte; mittelwertbereinigt)

Quelle: Branchen- und Verbraucherumfragen der EuropäischenKommission.Anmerkung: Die ausgewiesenen Daten stellen die Abweichun-gen vom Durchschnitt für den Zeitraum seit Januar 1985 dar.

1998 1999-6

-3

0

3

6

9

12

-6

-3

0

3

6

9

12

Vertrauen der VerbraucherVertrauen der Industrie

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Umschwung etwas später als in den anderenBranchen, und das Wachstum lag im Gesamt-jahr 1999 bei 1,5 %. In der Vorleistungsgüter-industrie setzte die Erholung etwas früherein als in den übrigen Bereichen des verar-beitenden Gewerbes, entwickelte sich abernur langsam. Hier ging der Produktionszu-wachs 1999 nicht über 1,5 % hinaus.

Insgesamt übte die außenwirtschaftliche Ent-wicklung im vergangenen Jahr nur einen vor-übergehenden und im Ausmaß begrenzten ne-gativen Einfluss auf die Konjunktur im Eu-roraum aus. Die allgemeine konjunkturelleBelebung im Jahresverlauf war hauptsächlichdurch das zunehmende Exportwachstum be-dingt und im Hinblick auf die einzelnen Sek-toren vor allem auf die Erholung der Indus-trieproduktion zurückzuführen. Zusammenmit dem recht kontinuierlichen Anstieg derinländischen Nachfrage und der Produktionim Dienstleistungsbereich könnte dies dieGrundlage für ein breit fundiertes Wirt-schaftswachstum im Jahr 2000 bilden.

Anhaltendes Beschäftigungswachstum imJahr 1999

Nationalen Statistiken zufolge dürfte die Zu-nahme der Zahl der Erwerbstätigen im Eu-

roraum 1999 mit 1,4 % etwa ebenso hochausgefallen sein wie im Vorjahr. Demnach hat-te die konjunkturelle Eintrübung zur Jahres-wende 1998/1999 zwar keinen Einfluss aufdie durchschnittliche Zunahme der Gesamt-beschäftigung des Jahres 1999, doch ihre Aus-wirkungen sind an der Entwicklung des Be-schäftigungswachstums im Quartalsvergleicherkennbar. Danach verlangsamte sich das Be-schäftigungswachstum gegenüber dem jewei-ligen Vorquartal in der ersten Jahreshälfte1999 leicht, wohingegen es sich im vorange-gangenen Jahr allmählich beschleunigt hatte(siehe Abbildung 11).

Der Verlauf der Gesamtbeschäftigung reflek-tiert größtenteils die Entwicklung im Indus-triesektor, in dem in den ersten beidenQuartalen 1999 ein Beschäftigungsrückgangzu beobachten war. Die ausgeprägterenSchwankungen in der Industrie sind dadurchzu erklären, dass der Industriesektor in weit-aus stärkerem Maße von der Außenwirtschaftabhängig ist als andere Wirtschaftsbereiche.Im Gesamtjahr 1999 nahm die Beschäftigungin der Industrie leicht ab. Das bedeutet, dassdie sehr geringen Auswirkungen der konjunk-turellen Abschwächung auf das Wachstum derGesamtbeschäftigung im Jahr 1999 auf dieweiterhin kräftige Beschäftigungszunahme inden anderen Wirtschaftszweigen, insbeson-

Jahresraten 1) Quartalsraten 2)

1997 1998 1999 1998 1999 1999 1999 1999 1998 1999 1999 1999 1999

Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Industrieproduktion ohneBauwesen 4,4 4,1 1,6 1,6 0,5 0,4 2,1 3,3 -0,2 0,2 0,5 1,4 1,1

Verarbeitendes Gewerbe 5,0 4,6 1,6 1,4 0,2 0,3 2,1 3,6 -0,8 0,5 0,6 1,8 0,8

nach Hauptverwendungsarten:

Vorleistungsgüter 5,4 3,7 1,5 0,3 -0,1 0,2 2,7 3,6 -0,2 0,4 0,7 1,5 1,0

Investitionsgüter 5,0 6,8 1,5 4,3 1,1 -0,3 1,3 3,6 0,0 -0,2 0,3 1,5 1,3

Konsumgüter 2,7 3,1 1,7 1,3 1,1 1,2 2,0 2,5 -0,4 0,6 0,7 1,2 0,0

Gebrauchsgüter 2,8 6,4 2,3 4,6 1,9 2,8 2,3 2,4 0,3 -0,3 1,4 1,6 0,1

Verbrauchsgüter 2,6 1,5 1,5 -0,3 0,8 0,1 2,3 2,6 0,2 0,4 0,3 1,0 0,4

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Jahresraten: Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum auf der Grundlage arbeitstäglich bereinigter

Daten in %.2) Quartalsraten: Veränderung gegenüber dem Vorquartal auf der Grundlage saisonal und arbeitstäglich bereinigter Daten in %.

Tabelle 3Industrieproduktion im Euroraum(Veränderung in %)

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dere im Dienstleistungssektor, zurückzufüh-ren sein müssen. Die Beschäftigungsentwick-lung in diesem Bereich, der arbeitsintensiverist als der Industriesektor, hat von der fort-gesetzten Ausweitung der Inlandsnachfrageprofitiert.

Daneben haben im vergangenen Jahr auch diebereits in Abschnitt 3 erwähnten Faktorenwie die günstige Lohnkostenentwicklung in-folge der weiterhin maßvollen Lohnsteigerun-gen und der Kürzung der Lohnnebenkostensowie staatliche Maßnahmen zur Bekämpfungrigider Arbeitsmarktstrukturen und beschäf-tigungsschaffende Programme zum Beschäfti-gungswachstum im Euroraum beigetragen.

Fortgesetzter allmählicher Rückgang derArbeitslosigkeit

Die standardisierte Arbeitslosenquote verrin-gerte sich im Laufe des Jahres 1999 weiter undbehielt damit den bereits 1998 beobachteten

Trend bei (siehe Abbildung 12). Zum Jahresen-de betrug sie 9,6 % und war damit um 0,9 Pro-zentpunkte niedriger als im Dezember 1998. DieZahl der Arbeitslosen sank im Durchschnitt desJahres 1999 um etwa 1 Million (gegenüber ei-nem Rückgang um 785 000 im Jahr 1998) auf12,9 Millionen, den niedrigsten Stand seit 1992.Wie bereits 1998 hat der Anstieg der Zahl derErwerbspersonen, die mit dem anhaltendenNettozuwachs an Arbeitsplätzen einherging, denEinfluss des Beschäftigungswachstums auf dieAbnahme der Arbeitslosigkeit auch 1999 an-scheinend etwas gedämpft (siehe Tabelle 4). DieZunahme der Zahl der Erwerbspersonen war1999 mit schätzungsweise 0,6 % 1999 ähnlichhoch wie in den vorangegangenen drei Jahren;sie lag damit um 0,4 Prozentpunkte über demDurchschnitt zu Beginn der Neunzigerjahre.Dieses kräftigere Wachstum könnte zum Teilmit der Verbesserung der Beschäftigungslage inden letzten Jahren zusammenhängen, die mögli-cherweise mehr Menschen zu einem Einstieg inbzw. einer Rückkehr auf den Arbeitsmarkt ver-anlasst hat.

Abbildung 11Beschäftigung im Euroraum 1)

(Quartalswerte; saisonbereinigt)

Quellen: Nationale Statistiken (mit Ausnahme von Belgien und Irland) und EZB-Berechnungen.1) Die für die Berechnung des Euroraum-Indikators berücksichtigten nationalen Daten beziehen sich, soweit verfügbar, in allen

Branchen auf die Gesamtzahl der Erwerbspersonen (unselbständig Beschäftigte und andere Erwerbstätigengruppen), ausge-nommen Militärangehörige. Die niederländischen Angaben beschränken sich auf unselbständig Beschäftigte.

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999-3,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

99

100

101

102

103

104

Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in % (linke Skala)Veränderung gegenüber Vorperiode in % (linke Skala)Beschäftigungsstand; Index: 1995 = 100 (rechte Skala)

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37EZB- Jahresber i ch t • 1999

Betrachtet man die Entwicklung im Verlaufdes Jahres 1999, so schwächte sich der Rück-gang der Arbeitslosenquote während der

Quelle: Eurostat.

Sommermonate – auf Grund der mit einerzeitlichen Verzögerung auf den Arbeitsmarktdurchschlagenden vorübergehenden konjunk-turellen Dämpfung zur Jahreswende 1998/1999 – etwas ab. Ab September setzte dieArbeitslosenquote ihren Abwärtstrend imZuge der gesamtwirtschaftlichen Erholungaber wieder fort.

Die Aufschlüsselung nach Altersgruppen zeigt,dass die Arbeitslosigkeit sowohl bei den Ju-gendlichen als auch bei den über 25-Jährigenrückläufig war. Allerdings war der Rückgang(von 20,7 % Ende 1998 auf 18,3 % Ende 1999)bei den Jugendlichen stärker als bei den über25-Jährigen, bei denen die Arbeitslosenquoteim selben Zeitraum von 9,1 % auf 8,6 % sank.Ein Blick auf die einzelnen Länder zeigtschließlich, dass sich die Unterschiede zwi-schen den Arbeitslosenquoten im Laufe desJahres verringert haben, und zwar infolge derKonjunkturentwicklung sowie strukturellerArbeitsmarktreformen, die in einigen Länderndurchgeführt wurden und nunmehr Wirkungzeigen.

Abbildung 12Arbeitslosigkeit im Euroraum(Monatswerte)

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

8,5

9,0

9,5

10,0

10,5

11,0

11,5

12,0

12,5

13,0

% der Erwerbspersonen (rechte Skala)Veränderung gegen Vorjahr in Mio (linke Skala)

1997 1998 1999 1997 1997 1998 1998 1998 1998 1999 1999 1999 1999

Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Erwerbspersonen 0,7 0,6 . 0,7 0,8 0,7 0,6 0,6 0,6 0,6 0,5 0,5 .

Beschäftigung 0,6 1,4 . 0,6 0,9 1,2 1,3 1,5 1,6 1,7 1,5 1,4 .

Industrie insgesamt -1,3 0,2 . -1,2 -0,5 0,1 0,1 0,3 0,4 0,1 0,0 0,0 .

Arbeitslosigkeit 0,6 -5,3 -7,8 0,7 -0,5 -2,8 -4,8 -6,2 -7,5 -7,7 -7,7 -7,9 -8,0

Arbeitslosenquoten 1)

Insgesamt 11,5 10,9 10,0 11,6 11,4 11,2 10,9 10,8 10,6 10,3 10,1 10,0 9,7

Unter 25 Jahren 23,2 21,2 19,1 23,1 22,6 21,8 21,4 21,1 20,7 20,0 19,3 18,9 18,3

25 Jahre und älter 9,9 9,4 8,8 9,9 9,9 9,7 9,5 9,3 9,1 9,0 8,9 8,7 8,6

Tabelle 4Entwicklungen am Arbeitsmarkt im Euroraum(Veränderung gegen Vorjahr in % bzw. Stand in %)

Quellen: Eurostat, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.1) In % der Erwerbspersonen. Nach Empfehlungen der IAO.

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EZB- Jahresber i ch t • 199938

5 Entwicklung der öffentlichen Finanzen

Weiterer Defizitabbau hauptsächlichkonjunktur- und zinsbedingt

Im Jahr 1999 hat sich die Lage der öffentli-chen Haushalte weiter leicht verbessert. AufGrund des abgeschwächten Wirtschafts-wachstums hatten sich die Aussichten auf eineweitere Verbesserung der Haushaltslage An-fang 1999 zunächst verschlechtert, doch dannhellten sich die wirtschaftlichen Rahmenbe-dingungen insbesondere in der zweiten Jah-reshälfte wieder auf. Dies wirkte sich zusam-men mit dem relativ niedrigen Zinsniveau

günstig auf die öffentlichen Finanzen aus. Ins-gesamt war im Euro-Währungsgebiet eineVerbesserung der Haushaltslage zu verzeich-nen. Die Defizitquote der öffentlichen Haus-halte ging im Durchschnitt von 2 % imJahr 1998 auf 1 ¼% im Jahr 1999 sogar zu-rück (siehe Tabelle 5). Dies war auf einenleichten Rückgang der Staatsausgaben und ei-nen geringen Anstieg der Staatseinnahmen(jeweils in Relation zum BIP) zurückzuführen.Obgleich Anfang des Jahres von einem gerin-geren Rückgang der Defizitquote ausgegan-gen worden war, fielen die Ergebnisse auf

Bruttoverschuldung des Staates

1996 1997 1998 1999

Euroraum 75,2 74,6 73,0 72,2

Belgien 128,3 123,0 117,4 114,4

Deutschland 59,8 60,9 60,7 61,1

Spanien 68,0 66,7 64,9 63,5

Frankreich 57,1 59,0 59,3 58,6

Irland 74,1 65,3 55,6 52,4

Italien 122,1 119,8 116,3 114,9

Luxemburg 6,2 6,0 6,4 6,2

Niederlande 75,3 70,3 67,0 63,8

Österreich 68,3 63,9 63,5 64,9

Portugal 63,6 60,3 56,5 56,8

Finnland 57,1 54,1 49,0 47,1

Quelle: Eurostat und EZB für Euroraum-Aggregate.Anmerkung: Die Daten basieren auf dem ESVG 95.

Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates

1996 1997 1998 1999

Euroraum -4,3 -2,6 -2,0 -1,2

Belgien -3,7 -2,0 -1,0 -0,9

Deutschland -3,4 -2,6 -1,7 -1,2

Spanien -5,0 -3,2 -2,6 -1,1

Frankreich -4,2 -3,0 -2,7 -1,8

Irland -0,6 0,8 2,1 2,0

Italien -7,1 -2,7 -2,8 -1,9

Luxemburg 2,7 3,6 3,2 2,4

Niederlande -1,8 -1,2 -0,8 0,5

Österreich -3,8 -1,9 -2,5 -2,0

Portugal -3,8 -2,6 -2,1 -2,0

Finnland -3,2 -1,5 1,3 2,3

Tabelle 5Öffentliche Finanzen im Euroraum(in % des BIP)

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Grund der unerwartet hohen Staatseinnah-men besser aus als ursprünglich angenom-men. Zum Teil hing dies mit der verbesser-ten Konjunkturlage zusammen. Außerdemführte die Revision der Haushaltsergebnissefür 1998 zu einer günstigeren Ausgangsposi-tion für das Jahr 1999 als erwartet wordenwar. Die Bruttoverschuldung der öffentlichenHaushalte im Verhältnis zum BIP verringertesich 1999 im Euroraum insgesamt leicht.

Da die Haushaltspolitik in die Zuständigkeitder einzelnen Mitgliedstaaten fällt, würde beieiner isolierten Beurteilung der Zahlen fürdas gesamte Eurogebiet unberücksichtigt blei-ben, dass bezüglich der öffentlichen Finanzenin den einzelnen Ländern große Unterschie-de bestehen. So haben vier Länder (Irland,Luxemburg, die Niederlande und Finnland)1999 Haushaltsüberschüsse erzielt. Mit Aus-nahme der Niederlande halten diese Länderauch ohne Schwierigkeiten den Referenzwertfür die staatliche Schuldenquote von 60 %des BIP ein. Den Niederlanden und Finnlandgelang es im abgelaufenen Jahr, ihren Finan-zierungssaldo weiter zu verbessern und ihreSchuldenquote nochmals zu verringern. Lu-xemburg verzeichnete eine sehr niedrigestaatliche Schuldenquote von nur 6,2 % desBIP. Hingegen wiesen zwei Länder (Italienund Belgien) eine – wenn auch rückläufige –Schuldenquote von über 110 % des BIP auf.In Italien ging die Neuverschuldung in Relati-on zum BIP von 2,8 % im vorangegangenenJahr auf 1,9 % im Jahr 1999 zurück, währendsie in Belgien mit 1 % nahezu unverändertblieb. In allen übrigen Ländern lag die Defizit-quote 1999 bei 2 % oder darunter. Die Schul-denquote lag mit Ausnahme von Belgien undItalien knapp unter der Grenze von 60 % desBIP (Frankreich und Portugal) bzw. leicht da-rüber (Deutschland, Spanien, Niederlande undÖsterreich). Die Überschuss- bzw. Defizit-quote blieb in Belgien, Irland und Portugalzwischen 1998 und 1999 weitgehend unver-ändert, wohingegen in den übrigen Länderngrößere Fortschritte erzielt wurden; lediglichin Luxemburg war die Überschussquote rück-läufig. In drei Ländern (Deutschland, Öster-reich und Portugal) stiegen die Schuldenquo-ten an.

Bei der Beurteilung der Staatshaushalte müs-sen jedoch sowohl die Konjunkturentwick-lung als auch andere Faktoren außerhalb desdirekten Einflussbereichs der Regierungenentsprechend berücksichtigt werden. Es zeigtsich, dass die öffentlichen Finanzen im Eu-roraum offenbar weiterhin in erster Liniedurch die konjunkturelle Lage und die rück-läufigen Kosten des Schuldendienstes be-stimmt werden. Den Schätzungen der Euro-päischen Kommission zufolge war der An-stieg des konjunkturbereinigten Primärsaldosim Verhältnis zum BIP (d. h. des Finanzie-rungssaldos abzüglich der Zinszahlungen füröffentliche Schulden nach Ausschaltung kon-junktureller Einflüsse) im Jahr 1999 für dasEurogebiet insgesamt nur sehr gering. AktiveKonsolidierungsmaßnahmen scheinen im ab-gelaufenen Jahr demnach nicht wesentlich zurSanierung der öffentlichen Finanzen beigetra-gen zu haben. Dies hatte sich bereits 1998gezeigt, obwohl das kräftige Wirtschafts-wachstum in vielen Mitgliedstaaten eine guteGelegenheit zu einer rascheren Verminde-rung struktureller Ungleichgewichte gebotenhätte.

Während sich die rückläufigen Zinszahlungendeutlich auf die allgemeine Haushaltslage aus-wirkten, weitete sich der durchschnittlichePrimärüberschuss gemessen am BIP 1998 und1999 nur leicht aus. In Belgien und Italienging die Primärüberschussquote 1999 zurück.In diesen Ländern sind angesichts hoherSchuldenquoten relativ ehrgeizige Haushalts-ziele zur raschen Rückführung des Schulden-stands angezeigt. Die oben aufgezeigten Ent-wicklungen weisen jedoch darauf hin, dass inden Mitgliedstaaten mit den höchsten Schul-denquoten im Euroraum in diesem Bereichnoch immer beträchtliche Fortschritte von-nöten sind.

Außerdem war für die Entwicklung der Staats-schulden von Bedeutung, dass die Verände-rung der Schuldenquoten im Euroraum – wiein den vorangegangenen Jahren – in nicht un-erheblichem Maße von Vorgängen beeinflusstwurde, die nicht in der Defizitquote erfasstwerden (Differenz zwischen Defizit undSchuldenstandsänderung oder „deficit-debt

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EZB- Jahresber i ch t • 199940

adjustments“). Durch diese Vorgänge wirdder staatliche Schuldenstand verringert. Diesist beispielsweise bei Privatisierungen der Fall,die von den meisten Regierungen des Euro-gebiets im letzten Jahr wie auch bereits inden Jahren zuvor vorgenommen wurden. Ineinigen anderen Fällen blieb die öffentlicheVerschuldung auf Grund von Kapitalaufsto-ckungen staatlicher Unternehmen oder Be-wertungsänderungen der auf Fremdwährunglautenden Schulden hingegen auf einem höhe-ren Stand, als vom Haushaltssaldo her zu er-warten gewesen wäre.

Konsolidierungsmaßnahmen der Mitglied-staaten

Die meisten Mitgliedstaaten haben jüngst denWillen zu einer weiteren Sanierung der öf-fentlichen Finanzen bekundet, um Haushalts-positionen zu erreichen, die die Vorgabendes Stabilitäts- und Wachstumspakts erfül-len. Dementsprechend gehen die Prognosenfür das Jahr 2000 von einer weiteren – wennauch nur langsamen – Verringerung der Defi-zitquoten im Euroraum aus. Überdies gehtaus den gegenwärtigen Budgetplänen hervor,dass die weiter schrumpfenden öffentlichenDefizite nach wie vor in erster Linie mit denvorteilhaften gesamtwirtschaftlichen Rahmen-bedingungen und den weiter sinkenden Zins-aufwendungen (in Relation zum BIP) zusam-menhängen dürften.

Gleichzeitig scheint die Fiskalpolitik in ihrerGrundausrichtung zu Strategien zur Verrin-gerung der Haushaltsungleichgewichte über-zugehen, die auch die Höhe und die Zusam-mensetzung der Staatseinnahmen bzw. -aus-gaben verändern. Eine Reihe von Regierungenbeabsichtigt, die günstigen Konjunkturaussich-ten für wachstums- und beschäftigungsför-dernde Steuerreformen zu nutzen und gleich-zeitig die Ausgaben unter Kontrolle zu hal-ten, um Spielraum für einen weiterenDefizitabbau zu schaffen. Deshalb dürfte derRückgang der Defizitquoten im Jahr 2000 infast allen Mitgliedstaaten von den sinkendenöffentlichen Ausgaben (in Prozent des BIP)getragen werden, hauptsächlich infolge von

Einsparungen bei den Personalaufwendungenim Staatssektor und bei den Transfers anprivate Haushalte. Gleichzeitig dürften die öf-fentlichen Einnahmen im Verhältnis zum BIPim Jahr 2000 auf Grund geplanter oder be-reits durchgeführter Reformen im Bereichder Steuern und Sozialversicherungsbeiträgesinken. Die Steuerreformen sollten das Er-reichen der Haushaltsziele nicht gefährdenund keine prozyklische Wirkung haben.

Gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspaktlegten die Mitgliedstaaten der EuropäischenKommission Ende 1999 bzw. Anfang 2000aktualisierte Stabilitätsprogramme für denZeitraum bis 2002 bzw. 2003 vor. Nach demStabilitäts- und Wachstumspakt sind die Mit-gliedstaaten verpflichtet, „an dem mittelfris-tigen Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haus-halts oder eines Haushaltsüberschusses fest-zuhalten“. Das Festhalten an diesem Ziel wirdals geeignet angesehen, es „allen Mitglied-staaten zu ermöglichen, die normalen Kon-junkturschwankungen zu bewältigen und da-bei das öffentliche Defizit im Rahmen desReferenzwerts von 3 % des BIP zu halten“.Bei der Formulierung mittelfristiger Ziele soll-ten auch andere Faktoren berücksichtigt wer-den, beispielsweise eventuelle künftige Steu-erausfälle oder unvorhergesehen hohe Aus-gaben, die Notwendigkeit einer raschenRückführung des Schuldenstands in Ländern,in denen die 60-%-Grenze überstiegen wird,oder künftig im Zusammenhang mit dem Al-tern der Bevölkerung anfallende Sozialversi-cherungsausgaben.

Die aktualisierten Stabilitätsprogramme ge-hen für das Jahr 2000 und die Folgejahre voneinem mindestens ebenso vorteilhaften Wirt-schaftswachstum aus wie die ursprünglichvorgelegten Programme. Angesichts dessensind die Regierungen bestrebt, die öffentli-chen Haushalte mittelfristig weiter zu konso-lidieren. Allerdings unterscheiden sich der an-gepeilte Fortschritt bei der Reduktion deröffentlichen Defizite und Schuldenquoten unddie Zielvorgaben für die Finanzlage der öf-fentlichen Haushalte, die am Ende des Pla-nungszeitraums erreicht werden sollen, vonLand zu Land. Einige Regierungen haben sich

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im Vergleich zu den ursprünglichen Stabili-tätsprogrammen nun etwas ehrgeizigereHaushaltsziele gesetzt. Die meisten Länderdürften bis 2002 bzw. 2003 ein Defizit vonunter 0,5 % des BIP oder sogar einen Haus-haltsüberschuss und einen Schuldenstand vonunter 60 % des BIP aufweisen. Gleichzeitigplant die Mehrzahl der Regierungen Steuer-senkungen. Belgien und Italien werden nachwie vor einen Schuldenstand von nahezu100 % des BIP aufweisen.

Es ist anzumerken, dass zusätzliche öffentli-che Einnahmen infolge eines unerwartet ho-hen Wachstums (die Wachstumsdividende)im Planungszeitraum eher für eine raschereHaushaltssanierung als für eine Verminderungder Steuerlast genutzt werden sollten. Diesgilt besonders für Länder, in denen die Defi-zitquote keinen ausreichenden Sicherheitsab-stand zur Grenze von 3 % des BIP aufweist,die nach wie vor einen hohen öffentlichenSchuldenstand verzeichnen und in denen dieKonjunktur zu überhitzen droht.

6 Internationales gesamtwirtschaftliches Umfeld, Wechselkurseund Zahlungsbilanz

Deutliche Aufhellung des internationalengesamtwirtschaftlichen Umfelds

Seit der Abschwächung im Jahr 1998 hat sichdie weltweite Wirtschafts- und Finanzlagedeutlich verbessert, da in den meisten kri-senerschütterten asiatischen Volkswirtschaf-ten 1999 ein Erholungsprozess einsetzte undsich in der Weltwirtschaft ein Konjunktur-aufschwung abzuzeichnen scheint. Einige deram schlimmsten betroffenen Länder konntensich weitaus rascher erholen als erwartet. Inden meisten asiatischen Schwellenländern ha-ben die Finanzmarktteilnehmer wieder Ver-trauen gefasst, was zu einer Entspannung dermonetären Lage geführt und die Weichen füreine wirtschaftliche Erholung gestellt hat.Gleichzeitig führte das unerwartet kräftigeWirtschaftswachstum in einigen Industrielän-dern, insbesondere in den Vereinigten Staa-ten, zu einer deutlich positiveren Einschät-zung der Aussichten für die Weltwirtschaft.

Die Aufhellung der wirtschaftlichen Aussich-ten im Verlauf des Jahres 1999 wurde teil-weise durch einen beträchtlichen Anstieg derÖlpreise gegenüber ihrem sehr niedrigenStand Ende 1998 und Anfang 1999 ausgegli-chen, womit sich einer der Faktoren, die zumniedrigen Inflationsniveau im Jahr 1998 beige-tragen hatten, umkehrte. Der Rohölpreisstieg von 11,5 USD je Barrel im ersten Quar-

tal 1999 auf 26 USD je Barrel im Dezem-ber 1999 an. Dieser Preisauftrieb hing mitder Entscheidung der Organisation der Erdölexportierenden Länder (OPEC), die Förder-menge zu verringern, sowie mit der verstärk-ten Nachfrage insbesondere aus Asien zu-sammen. Die Auswirkung des starken Öl-preisanstiegs auf die weltweite Inflationwurde jedoch teilweise durch die Entwick-lung der übrigen in US-Dollar notierten Roh-stoffpreise abgeschwächt, die im Jahresver-lauf insgesamt weitgehend konstant bliebenund sich lediglich in den letzten zwei Mona-ten des Jahres 1999 leicht nach oben beweg-ten. Der Ölpreis nahm Anfang 2000 weiterzu und lag bei Redaktionsschluss bei31,9 USD je Barrel.

In den Vereinigten Staaten zeichnete sich dieKonjunkturentwicklung 1999 durch ein kräf-tiges Wirtschaftswachstum, hohe Produktivi-tät, rückläufige Arbeitslosenzahlen und einengemäßigten Inflationsdruck aus. Das reale BIPwies über das ganze Jahr hinweg einen kräfti-gen Zuwachs auf: Die saisonbereinigte vier-teljährliche Wachstumsrate bewegte sich zwi-schen 0,5 % im zweiten Quartal 1999 und1,7 % im vierten Quartal. Damit expandiertedie Wirtschaft im Jahr 1999 zum dritten Malin Folge um insgesamt rund 4 %. Konjunktur-motor war nach wie vor die lebhafte Inlands-nachfrage, insbesondere die privaten Kon-

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sumausgaben und die Anlageinvestitionen derUnternehmen, während sich der Außenbei-trag weiterhin eindeutig negativ auf das BIP-Wachstum auswirkte. Die Ausfuhren der Ver-einigten Staaten waren in den ersten sechsMonaten des Jahres rückläufig, stiegen aberin der zweiten Jahreshälfte im Zuge derschnellen Erholung des Weltwirtschafts-wachstums wieder kräftig an. Dennoch nah-men die Einfuhren 1999 schneller zu als dieAusfuhren, was eine weitere Ausweitung desUS-Handelsbilanzdefizits zur Folge hatte.Letzteres führte zusammen mit der anhalten-den Verschlechterung in der Bilanz der Ver-mögenseinkommen zu einem Leistungsbilanz-defizit in Höhe von schätzungsweise 3,6 %des BIP für das Jahr 1999. Angesichts deskräftigen Wachstums der letzten Jahre gingdie Arbeitslosenquote weiter auf 4,1 % zu-rück und erreichte damit ihren niedrigstenStand seit Ende der Sechzigerjahre. Trotz derVerknappungen an den Arbeitsmärkten warder Inflationsdruck auf Grund der stark ge-stiegenen Arbeitsproduktivität und des ver-stärkten Wettbewerbs an den Gütermärktennach wie vor gedämpft. Die Verbraucherprei-se erhöhten sich 1999 um 2,2 %, verglichenmit 1,6 % im Jahr 1998. Die Kerninflation –bei der die volatilen Komponenten Nahrungs-mittel und Energie nicht mit einbezogen wer-den – lag 1999 bei durchschnittlich 2,1 %, ge-genüber 2,3 % im Vorjahr. Um den verstärk-ten Inflationsrisiken entgegenzuwirken, die inden zunehmenden Verknappungserscheinun-gen am Arbeitsmarkt und dem allgemeinenNachfrageüberhang zum Ausdruck kamen, be-gann die amerikanische Notenbank im Som-mer, die geldpolitischen Zügel zu straffen, in-dem sie den Zielzinssatz für Tagesgeld all-mählich von 4,75 % auf 5,5 % am Ende desJahres 1999 anhob und damit die Zinssenkun-gen vom Herbst 1998 wieder rückgängigmachte.

In Japan hellte sich die Wirtschaftslage in derersten Jahreshälfte auf. Im zweiten Halb-jahr 1999 verschlechterte sich die Situationallerdings wieder, was darauf hindeutete, dassbis dahin keine selbsttragende Erholung ein-gesetzt hatte. Im Gefolge des staatlichen Kon-junkturprogramms von 1998 im Umfang von

rund 10 % des BIP wiesen sowohl die staatli-chen Investitionen als auch die privaten Kon-sumausgaben und die Wohnungsbauinvesti-tionen in der ersten Jahreshälfte 1999 einpositives Wachstum auf, während die Anla-geinvestitionen der Unternehmen weiter zu-rückgingen und damit einen Trend fortsetz-ten, der sich bereits 1998 eingestellt hatte.Im dritten Quartal 1999, als die Wirkung desKonjunkturpakets nachließ, kam es jedoch zueiner scharfen Korrektur des Wachstums derstaatlichen Investitionen nach unten und zueinem Rückgang der Konsumausgaben undprivaten Investitionen. Der Außenbeitragwirkte sich leicht negativ auf das BIP-Wachs-tum aus. Die Ausfuhren stiegen jedoch – trotzder realen Aufwertung des japanischen Yenum rund 25 % – im Verlauf des Jahres an.Gleichzeitig schlug sich die schwache Kon-junktur in einem anhaltenden Preisrückgangsowohl gemessen am Verbraucherpreisindex(VPI) als auch am Großhandelspreisindex(GHPI) nieder. Diese Indizes gingen 1999 imDurchschnitt um 0,2 % bzw. 3,6 % zurück,obwohl sich beide in den letzten Monatendes Jahres stabilisierten. Die Wirtschaft wur-de 1999 weiterhin von der Geldpolitik unter-stützt – die japanische Notenbank drückteihren Zielzinssatz (den unbesicherten Tages-geldsatz) gegen null. Noch vor Jahresendeverabschiedete die japanische Regierung einzusätzliches Konjunkturpaket im Wert vonrund 18 Billionen JPY (3,6 % des BIP), da sichdie privaten Konsumausgaben nur schleppenderholten und die Unternehmensinvestitionenweiter zurückgingen.

In den übrigen asiatischen Ländern kam es imJahr 1999 zu einer bemerkenswert kräftigenund unerwartet raschen Erholung von derschweren Wirtschafts- und Finanzkrise, vonder die Region im Jahr zuvor heimgesuchtworden war. In den Volkswirtschaften Süd-koreas, Malaysias, Singapurs und Thailandswurde 1999 ein kräftiges reales Wirtschafts-wachstum verzeichnet. Das Wachstum wur-de zunächst vom Außenbeitrag und anschlie-ßend von der schnellen Erholung der Inlands-nachfrage vorangetrieben. In diesen Ländernwiesen die Finanzmärkte im Verlauf des Jah-res 1999 eine zunehmend positive Entwick-

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43EZB- Jahresber i ch t • 1999

Abbildung 13Entwicklung von Schlüsselindikatoren in den führenden Industrieregionen

Quellen: Nationale Statistiken, BIZ, Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Bei Angaben zum Euroraum handelt es sich um Eurostat-Daten; für die Vereinigten Staaten und Japan werden nationale

Statistiken verwendet.2) Bis 1995 basieren die Daten für den Euroraum auf HVPI-Schätzungen anhand nationaler VPI-Daten; nach 1995 wurden HVPI-

Daten verwendet.3) Angaben zum Euroraum beruhen auf EZB-Berechnungen und stellen Durchschnittswerte der nationalen Dreimonats-Interban-

kenzinssätze dar, ab 1999 wurde der Dreimonats-EURIBOR verwendet.4) Bis 1999 USD/ECU statt USD/EUR.

1994 1995 1996 1997 1998 1999-4

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EuroraumVereinigte Staaten

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Wirtschaftswachstum 1)

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Quartalswerte)

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EuroraumVereinigte Staaten

Japan

Preisentwicklung 2)

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

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EuroraumVereinigte Staaten

Japan

Kurzfristige Zinssätze 3)

(Monatsdurchschnitt; in %)

1994 1995 1996 1997 1998 19990,9

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USD/EUR (linke Skala)JPY/USD (rechte Skala)

Wechselkurse 4)

(Monatsdurchschnitt)

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lung auf. In Hongkong (Sonderverwaltungsre-gion) und Indonesien lag das Wirtschafts-wachstum allerdings nur knapp über null. Chi-na trotzte 1999 weiter den Auswirkungender Asienkrise. Während im Land umfangrei-che Strukturreformen durchgeführt wurden,verlangsamte sich das reale Wachstum nurgeringfügig auf 7,2 %.

Im Verlauf des Jahres 1999 machten sich inden Reformländern die negativen Auswirkun-gen der Russlandkrise auf das Vertrauen derAnleger bemerkbar. Nach einem deutlichenRückgang im ersten Quartal 1999 hellten sichdie Wirtschaftsperspektiven in der Tschechi-schen Republik, Ungarn und Polen insgesamtallerdings rasch auf. In Russland wirkten sichdie politische Unsicherheit und die schwa-chen gesamtwirtschaftlichen Fundamentalda-ten nach wie vor negativ auf die Wirtschafts-entwicklung aus, obwohl im realwirtschaftli-chen Bereich einige positive Signale, unteranderem ein Wiederanstieg der Industriepro-duktion, zu verzeichnen waren. Infolge dieserEntwicklungen wird nun davon ausgegangen,dass sich das reale BIP-Wachstum 1999 umrund 3 % beschleunigt und die früheren Er-wartungen damit erheblich übertroffen hat,nachdem es im Jahr 1998 um fast 5 % zurück-gegangen war. In den übrigen Reformländern,insbesondere in den baltischen Staaten, kames zu einer deutlichen Wachstumsverlang-samung, da sich die Russlandkrise in diesenLändern stärker auswirkte als erwartet. InRumänien gab die politische und wirtschaftli-che Lage weiterhin Anlass zur Sorge – hierwar das BIP seit 1997 um insgesamt rund16 % zurückgegangen.

In Lateinamerika hellten sich die Wirtschafts-perspektiven im Hinblick auf die Wachstums-aussichten und Finanzmarktstabilität Ende1999 auf. Zu Beginn des Jahres waren dieAussichten noch ungünstig, da sich die meis-ten Länder der Region im Gefolge der Russ-landkrise von 1998 in einer Rezession be-fanden. Die brasilianische Währung kam mas-siv unter Druck, und der Wechselkurs wurdeim Januar 1999 freigegeben. Letztendlich wardie Krise in Brasilien aber nicht so schwer-wiegend wie befürchtet und griff kaum auf

andere Länder über. Gegen Ende des Jahreswar die gesamte Region auf dem Weg, dieRezession zu überwinden, wenngleich diewirtschaftliche Erholung in einigen Ländernauf Grund der langsamen Fortschritte bei derHaushaltskonsolidierung und den Strukturre-formen noch immer auf wackligen Beinenstand.

Abschwächung des Euro im Verlauf desJahres 1999

Der Wechselkurs des Euro schwächte sich1999 gegenüber den Währungen der meistenHandelspartner des Eurogebiets ab, insbeson-dere gegenüber den wichtigsten Währungenwie dem US-Dollar, dem japanischen Yen unddem Pfund Sterling. Der nominale effektiveWechselkurs des Euro, gemessen an denWährungen der wichtigsten Handelspartnerdes Eurogebiets, ging zwischen dem erstenund vierten Quartal 1999 um rund 8 % zu-rück. Der nominale effektive Wechselkursin-dex lag 1999 im Durchschnitt etwa 6 % unterseinem Vorjahresstand (siehe Abbildung 14).Anfang 2000 wertete der Euro weiter ab,und der nominale effektive Wechselkursin-dex war im Januar und Februar im Durch-schnitt 2,6 % niedriger als im vierten Quartal1999 und 10,3 % niedriger als im erstenQuartal 1999.

In der ersten Jahreshälfte wertete der Eurogegenüber dem US-Dollar um rund 12 % ab.Die Festigung des US-Dollar hing in ersterLinie mit den geänderten Konjunkturperspek-tiven für die Vereinigten Staaten und das Eu-rogebiet sowie mit der unerwartet günstigenEntwicklung der US-Wirtschaft im Gefolgeder weltweiten Finanzkrise in der zweitenJahreshälfte 1998 zusammen. Mitte Juli kames dann zu einer Trendwende, als positiveAuslegungen der Wirtschaftsindikatoren fürdas Euro-Währungsgebiet einen Wiederan-stieg des Euro auslösten. Dieser wurde zu-sätzlich durch Erwartungen einer Verlangsa-mung der US-Wirtschaft und das Risiko grö-ßerer Korrekturen an den US-Aktienmärktengestützt. Derartige Befürchtungen wurden je-doch durch die anschließend bekannt gegebe-

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nen Daten besänftigt, die auf ein anhaltendstarkes Wachstum der US-Wirtschaft und ei-nen gedämpften Inflationsdruck hinwiesen.Ende 1999 lag der Euro bei 1,005 USD. Dieunterschiedliche Wirtschaftsentwicklung unddie damit zusammenhängenden Wechselkurs-bewegungen setzten sich auch Anfang 2000fort, und der Euro verlor gegenüber dem US-Dollar weiter an Wert. Am 7. März notierteder Euro bei 0,959 USD.

Von den wichtigen Währungen wertete derjapanische Yen 1999 am stärksten auf, wobeisein Wertgewinn allerdings mit beträchtlichenSchwankungen einherging. Zwischen Anfangund Ende 1999 stieg der Yen gegenüber demEuro um 30 % und gegenüber dem US-Dollarum 11 % an. Diese Aufwertung spiegelte vorallem den erheblichen Leistungsbilanzüber-schuss und – damit einhergehend – den wirt-schaftlichen Umschwung in Japan wider, wonach der relativ schweren Rezession des Jah-res 1998 wieder ein etwas positiveres Wachs-tum verzeichnet wurde. Im Einklang mit demkräftigeren Wirtschaftswachstum überwandenauch die japanischen langfristigen Nominal-zinsen die Talsohle von unter 1 %, die sie inder zweiten Jahreshälfte 1998 erreicht hat-

ten, und lagen Ende des Jahres bei etwa 1,8 %.Ende 1999 notierte der Euro bei 102,73 JPY.Der Yen blieb Anfang des Jahres 2000 relativvolatil und wies keinen klaren Trend auf.Am 7. März 2000 notierte der Euro bei103,00 JPY.

Leistungsbilanzüberschuss rückgängig

Der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets ging 1999 leicht auf rund0,75 % des BIP (43,2 Mrd €) zurück,nachdem er 1998 circa 1 % des BIP(60,3 Mrd ECU) betragen hatte. Dieser Rück-gang war auf eine Abnahme des Handelsbi-lanzüberschusses zurückzuführen, die wiede-rum in erster Linie mit dem kräftigen Anstiegder wertmäßigen Einfuhren zusammenhing,welcher im Verlauf des Jahres auf Grund dergestiegenen Importpreise insbesondere imBereich der Energie zu beobachten war (sie-he Kasten 5). Er war jedoch ebenfalls durchdie niedrigen wertmäßigen Ausfuhren im ers-ten Halbjahr 1999 bedingt, und in geringeremMaß kam darin auch die Verschlechterungder Dienstleistungsbilanz zum Ausdruck.Demgegenüber verringerte sich 1999 das De-fizit bei den laufenden Übertragungen undbei den Erwerbs- und Vermögenseinkommen.

Insgesamt ging der Überschuss im Waren-handel des Eurogebiets im Jahr 1999 gegen-über dem Vorjahr von 118,8 Mrd ECU auf99,9 Mrd € zurück. In der zweiten Jahres-hälfte begann sich bei den Exportwerten je-doch ein stärkeres grundlegendes Wachstumabzuzeichnen, in dem sowohl die steigendeAuslandsnachfrage als auch die verbessertepreisliche Wettbewerbsfähigkeit zum Aus-druck kamen. Trotz dieser Zunahme der Aus-fuhren im Verlauf des Jahres weiteten sichdie wertmäßigen Einfuhren nach wie vor nochschneller aus. Dies schien mit den höherenImportpreisen zusammenzuhängen, die unteranderem auf die gestiegenen Ölpreise unddie Abschwächung des Euro sowie auf dieAnzeichen eines Konjunkturaufschwungs imEurogebiet in der zweiten Jahreshälfte 1999zurückzuführen waren.

Abbildung 14Effektiver Wechselkurs (nominal) 1)

(monatliche Durchschnittswerte; Index: 1999 Q1 = 100)

Quelle: EZB.1) Angaben nach EZB-Berechnungen (siehe Kasten 5 im

Monatsbericht Oktober 1999). Ein Anstieg des Index be-deutet eine Aufwertung des Euro. Die horizontale Linie gibtden Durchschnittswert für den dargestellten Zeitraum an(Januar 1994 bis Februar 2000).

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Bei der Dienstleistungsbilanz war gegenüber1998 ebenfalls eine Verschlechterung zu ver-zeichnen. Ende 1999 wies sie ein Defizit von6,6 Mrd € auf. Dem höheren Defizit bei denDienstleistungen lagen gestiegene Ausgabenund eine weitgehende Stagnation der Einnah-men zu Grunde. Bei den laufenden Übertra-gungen sowie den Erwerbs- und Vermögens-einkommen hingegen gingen die Defizite 1999um 3,0 Mrd € bzw. 4,6 Mrd € zurück. DieVerbesserung bei den Erwerbs- und Vermö-genseinkommen ist vor allem auf die geringe-ren Ausgaben bei den Vermögenseinkommenim Jahr 1999 im Vergleich zu den sehr hohenWerten im Jahr 1998 zurückzuführen.

Ausweitung der Direktinvestitionen vonAnsässigen im Euro-Währungsgebiet inDrittländern, aber rückläufige Kapital-abflüsse bei den Wertpapieranlagen

1999 beliefen sich die Netto-Kapitalabflüsseim Bereich der Direktinvestitionen und Wert-papieranlagen auf 168,5 Mrd € und unter-schritten damit den Vorjahreswert von187,9 Mrd ECU. Die Kapitalexporte aus demEurogebiet waren vor allem auf die Netto-Abflüsse bei den Direktinvestitionen zurück-zuführen, die sich 1999 auf 147,2 Mrd € er-höhten, verglichen mit 102,6 Mrd ECU imJahr 1998. Insbesondere die Investitionen vonAnsässigen des Eurogebiets in Drittländern

nahmen 1999 zu (auf 212,5 Mrd €, verglichenmit 183,0 Mrd ECU im Jahr 1998). Gleichzei-tig blieben die Direktinvestitionen von Ge-bietsfremden im Eurogebiet eher gemäßigt(65,2 Mrd €, verglichen mit 80,4 Mrd ECU imJahr 1998).

Im Gegensatz zum Anstieg der Netto-Kapi-talexporte bei den Direktinvestitionen gin-gen die Netto-Abflüsse bei den Wertpapier-anlagen 1999 gegenüber dem vorangegange-nen Jahr um 64,0 Mrd € auf 21,3 Mrd €zurück. Dies hing in erster Linie damit zu-sammen, dass sich die 1998 verzeichnetenNettoabflüsse bei den Schuldverschreibungenin Höhe von 84,8 Mrd ECU im Jahr 1999 inNettozuflüsse in Höhe von 34,8 Mrd € um-kehrten. Der Umschwung war sowohl auf diegeringeren Investitionen von Ansässigen desEurogebiets in Drittländern als auch auf diestärkere Nachfrage nach im Eurogebiet bege-benen Schuldverschreibungen und insbeson-dere Geldmarktinstrumenten durch gebiets-fremde Anleger zurückzuführen. Die Netto-Kapitalabflüsse im Bereich der Dividen-denwerte nahmen dagegen von 0,4 Mrd ECUim Jahr 1998 auf 56,1 Mrd € im Jahr 1999 zu.Dies war vor allem den höheren Investitio-nen von Gebietsansässigen in außerhalb desEurogebiets begebene Dividendenwerte zu-zuschreiben, die 1999 auf 150,0 Mrd € an-stiegen, nachdem sie im vorhergehenden Jahr98,7 Mrd ECU betragen hatten.

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Kasten 5Der Rückgang des Handelsbilanzüberschusses des Eurogebiets im Jahr 1999

Der Rückgang des Handelsbilanzüberschusses im Jahr 1999 ist teilweise auf die niedrigen Ausfuhrwerte in der ers-ten Jahreshälfte zurückzuführen, die wiederum hauptsächlich mit den Carryover-Effekten der schwachen Auslands-nachfrage im Jahr 1998 zusammenhingen. Die Exportwerte erholten sich zwar im weiteren Jahresverlauf im Zugedes stärkeren Wachstums der Auslandsnachfrage, doch die wertmäßigen Einfuhren nahmen vor allem auf Grundder steigenden Importpreise und der konjunkturellen Belebung im Euro-Währungsgebiet noch kräftiger zu.

Die Erholung der Auslandsnachfrage, welche als gewogener Durchschnitt der Einfuhrvolumen der wichtigstenExportmärkte des Euro-Währungsgebiets definiert ist, wird in der Abbildung unten dargestellt1 . Der im Jahr 1998und Anfang 1999 verzeichnete Rückgang der wertmäßigen Ausfuhren hing unter anderem mit der deutlichen Ab-nahme der Importnachfrage in Japan und den übrigen asiatischen Ländern sowie mit der Abschwächung des Import-wachstums im Vereinigten Königreich zusammen. Entsprechend ging die Erholung der Ausfuhren des Eurogebietsim Jahr 1999 mit einer erneuten Belebung der Nachfrage in Asien und einem anhaltend kräftigen Importwachstumin den Vereinigten Staaten einher. Obwohl das Vereinigte Königreich mit einem Anteil von 19,3 % der größte Ex-portmarkt des Eurogebiets ist, entfallen auf Asien einschließlich Japan immerhin 18,3 % der Ausfuhren, gefolgt vonden Vereinigten Staaten (14 %) und den osteuropäischen Reformländern (13,5 %).

Auf der Importseite trugen die weiterhin hohen Einfuhrvolumen und der steile Anstieg der Einfuhrpreise seit An-fang 1999 – der vor allem auf die stark gestiegenen Ölpreise und den Wertrückgang des Euro zurückzuführen war –wesentlich zur Ausweitung der wertmäßigen Einfuhren im Verlauf des Jahres bei. Zum Teil hingen die steigendenEinfuhrwerte jedoch auch mit den Importen gewerblicher Erzeugnisse zusammen, die 1999 um 7 % zunahmen.2

Die Einfuhren von Maschinen und Fahrzeugen wuchsen 1999 mit einer Rate von rund 11 % besonders schnell, wasdie konjunkturelle Belebung im Euro-Währungsgebiet in der zweiten Jahreshälfte 1999 widerspiegelt. In Bezug aufdie Herkunftsländer waren bei den Wareneinfuhren aus China und Ungarn dem Wert nach die stärksten Zuwächsezu verzeichnen – die Jahreswachstumsraten lagen hier bei rund 16 % bzw. 19 %.

1 Die Auslandsnachfrage insgesamt wird näherungsweise mittels eines gewogenen Durchschnitts der Importvolumen der wichtigs-ten Exportmärkte des Euro-Währungsgebiets (d. h. durch Multiplikation der Marktgewichte mit den jeweiligen Wachstumsratender entsprechenden Importvolumen) bestimmt. Es gelten die folgenden Gewichte: Vereinigte Staaten 14,0 %, Japan 3,6 %,Vereinigtes Königreich 19,3 %, Schweiz 6,4 %, sonstige Industrieländer 14,9 %, Asien (ohne Japan) 14,7 %, Reformländer13,5 %, Lateinamerika 4,4 %, übrige Welt 9,2 %.

2 Bei den Angaben zu Importen nach Waren bzw. Herkunftsländern wird der Zeitraum Januar bis November 1999 mit dementsprechenden Vorjahreszeitraum verglichen (Quelle: Eurostat). Diese Angaben beruhen auf Außenhandelsdaten von Eurostatund sind nicht vollständig mit der Zahlungsbilanzstatistik der EZB vergleichbar.

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Vereinigte Staaten Vereinigtes Königreich Japan Asien Insgesamt

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Importvolumen der wichtigsten Exportmärkte des Euro-Währungsgebiets(Veränderung gegen Vorjahr in %)

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Kapitel II

Zentralbankoperationen

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1 Durchführung der Geldpolitik

1.1 Liquiditätssteuerung

Der geldpolitische Handlungsrahmen des Eu-rosystems umfasst ein umfangreiches Instru-mentarium, das sicherstellen soll, dass diefolgenden Grundsätze eingehalten werden:Marktorientierung, effiziente Geschäftsab-wicklung im Hinblick auf die Ziele des Euro-systems, Gleichbehandlung, Einfachheit,Transparenz und Kosteneffizienz. Die maß-geblichen Entscheidungen werden von denBeschlussorganen der EZB getroffen und de-zentral von den elf nationalen Zentralbanken(NZBen) des Eurosystems umgesetzt. DasSpektrum des Instrumentariums ist so gestal-tet, dass die einzelnen Instrumente von denBeschlussorganen der EZB der jeweiligen Si-tuation entsprechend kombiniert werdenkönnen. Der geldpolitische Handlungsrahmendes Eurosystems hat sich im ersten Jahr nachder Einführung der einheitlichen Geldpolitikbewährt.

Ein Element des geldpolitischen Instrumenta-riums des Eurosystems ist das Mindestreser-vesystem, mit dem Kreditinstitute verpflich-tet werden, Guthaben bei den NZBen imEurosystem in Höhe von 2 % ihrer Mindest-reservebasis – d. h. bestimmter kurzfristigerVerbindlichkeiten – zu halten. Da das Min-destreservesystem eine Durchschnittserfül-lung innerhalb einer einmonatigen Erfüllungs-periode vorsieht, können Schwankungen imReservebedarf der Kreditinstitute und da-durch auch die kurzfristigen Geldmarktsätzegeglättet werden. Nicht zuletzt auf Grunddieser Tatsache konnte das Eurosystem dieeinheitliche Geldpolitik im Jahr 1999 unterVerwendung einer nur geringen Anzahl vonInstrumenten wirksam durchführen.

Die Liquiditätssteuerung der EZB setzt vor-nehmlich bei den Geldern am Interbanken-markt an. Darunter sind jene Guthaben zuverstehen, die von Kreditinstituten im Eu-roraum bei den NZBen des Eurosystems aufGirokonten gehalten werden (Zentralbank-guthaben). Die Guthabenhöhe ergibt sich ausdem Nettoliquiditätszufluss auf Grund der

geldpolitischen Operationen und aus dem Zu-fluss oder Abfluss von Liquidität auf Grund„autonomer Faktoren“. Damit sind Posten inder Bilanz des Eurosystems gemeint, derenHöhe unabhängig von den geldpolitischen Ge-schäften der Zentralbank ist, wie etwa derBanknotenumlauf, die Guthaben der öffentli-chen Haushalte und die Nettoposition desEurosystems in Fremdwährung. Der Bedarfan Zentralbankguthaben wird von der Min-destreservepflicht sowie einem begrenztenZusatzbedarf an Überschussreserven be-stimmt. Der Marktpreis für Zentralbankgut-haben ist der kurzfristige Interbankensatz.Der Tagesgeldsatz spielt dabei vom Umfangder Umsätze her die vorherrschende Rolleund stellt oft eine Bezugsgröße dar, da er diekürzeste Fälligkeit hat und somit am Anfangder Zinskurve steht. Der TagesgeldsatzEONIA („euro overnight index average“) istein für Übernacht-Euroeinlagen weithin ge-bräuchlicher Referenzzinssatz. Er wird als ge-wogener Durchschnitt der Sätze für unbesi-cherte Übernachtkontrakte berechnet, dievon einer Gruppe von 57 am Interbanken-markt vertretenen Banken gemeldet werden.

Die Liquiditätssteuerung der Kreditinstituteim Euroraum zielt darauf ab, die Kosten derMindestreservehaltung innerhalb einer Erfül-lungsperiode zu minimieren. Die Kosten derMindestreservehaltung an einem bestimmtenTag ergeben sich aus der Differenz zwischendem Zinssatz, mit dem Mindestreservegutha-ben vergütet werden (d. h. dem Satz fürHauptrefinanzierungsgeschäfte), und dem In-terbanken-Tagesgeldsatz an diesem Tag.Wenn diese Spanne im Vergleich zu den in-nerhalb einer Erfüllungsperiode erwartetenDifferenzen z. B. gering ist, werden Kreditin-stitute bestrebt sein, Mindestreserveüber-schüsse aufzubauen. Dieses Verhalten wirktauf die Marktzinssätze stabilisierend, da sichder Tagesgeldsatz den im weiteren Verlaufder Erfüllungsperiode erwarteten Tagesgeld-sätzen tendenziell anpasst, damit ein Markt-ausgleich stattfinden kann. Die Interbanken-Zinssätze werden also sowohl von den ver-gangenen und gegenwärtigen als auch von

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den voraussichtlich zu erwartenden Liquiditäts-bedingungen in einer Erfüllungsperiode be-stimmt. Außerdem wird der Interbanken-Ta-gesgeldsatz von den Markterwartungen überzukünftige Veränderungen des Zinssatzes fürHauptrefinanzierungsgeschäfte der EZB be-einflusst. Daher nimmt die EZB auf den In-terbanken-Tagesgeldsatz nicht nur durch ihreZinsbeschlüsse und ihre Zuteilungspolitik beiOffenmarktgeschäften Einfluss, sondern auchdurch die Erwartungshaltung, die sie damiterzeugt.

Die Höhe der Zentralbankguthaben der Kre-ditinstitute wird nicht nur von geldpolitischenOperationen beeinflusst, sondern auch vonSchwankungen anderer Bilanzposten des Eu-rosystems. Diese bereits oben erwähnten au-tonomen Faktoren haben mitunter erhebli-che Auswirkungen auf die Liquidität – Tages-schwankungen in Höhe von 10 Mrd € sindkeine Seltenheit. Beim Eurosystem sind dieEinlagen der öffentlichen Haushalte bei denNZBen der schwankungsanfälligste autono-me Faktor; gemessen an ihrer Standardab-weichung beliefen sich die Tagesschwankun-gen auf mehr als 5 Mrd € gegenüber rund 1Mrd € bei Banknoten. Im Jahr 1999 lag dasMindestreserve-Soll der Kreditinstitute imEurosystem zwischen 98,2 Mrd € (in der er-sten Erfüllungsperiode) und 105 Mrd € (inder am 23. Dezember abgelaufenen Erfül-lungsperiode). Im Jahresverlauf bewegten sichdie Mindestreserveguthaben der Banken zwi-schen 63,0 Mrd € und 126,4 Mrd €, ohnedass dadurch die relevanten Marktzinssätzeunter Druck gekommen wären – ein Hinweisdarauf, dass die im System bereitgestelltenLiquiditätspuffer nie vollkommen ausgeschöpftwurden.

1.2 Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte

Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sind diewichtigsten Offenmarktoperationen des Eu-rosystems. Sie spielen eine Schlüsselrolle inder Liquiditätssteuerung und bei der Signali-sierung des geldpolitischen Kurses und wer-den zur Bereitstellung eines Großteils derLiquidität an den Finanzsektor verwendet.

Hauptrefinanzierungsgeschäfte sind regelmä-ßige, liquiditätszuführende befristete Trans-aktionen mit einer Laufzeit von zwei Wo-chen, die wöchentlich im Standardtenderver-fahren abgewickelt werden. Im Jahr 1999führte das Eurosystem insgesamt 52 Haupt-refinanzierungsgeschäfte durch. Das wöchent-liche Zuteilungsvolumen betrug zwischen39 Mrd € und 102 Mrd €, was einem Durch-schnitt von 69 Mrd € entspricht.

Der geldpolitische Rahmen des Eurosystemssieht die Möglichkeit zur Durchführung vonMengen- und Zinstendern vor. Bisher hat dieEZB die Hauptrefinanzierungsgeschäfte desEurosystems nur als Mengentender abgewi-ckelt. Mit Mengentendern kann die EZB ei-nerseits ihren geldpolitischen Kurs eindeutiganzeigen und andererseits genau das Liquidi-tätsvolumen zuteilen, welches sie angesichtsder voraussichtlichen Entwicklung der auto-nomen Faktoren für angebracht hält. Bei denals Mengentender abgewickelten Hauptrefi-nanzierungsgeschäften wird der Zinssatz imVoraus angekündigt. Nachdem die Geschäfts-partner Gebote zu diesem Satz abgegebenhaben, stimmt die EZB diese Gebote mit ih-rer eigenen Schätzung des Liquiditätsbedarfsdes Bankensektors ab. Diese Schätzung be-ruht in erster Linie auf dem Mindestreserve-Soll und Prognosen über die autonomen Fak-toren. Wenn die Gebote höher liegen als derprognostizierte Liquiditätsbedarf, was meis-tens der Fall ist, nimmt die EZB normalerwei-se eine entsprechende Kürzung (Repartie-rung) vor, sodass die Zuteilungsquote unter100 % liegt.

Das durchschnittliche Bietungsaufkommen fürdie 1999 durchgeführten Hauptrefinanzie-rungsgeschäfte betrug 954 Mrd €, und derdurchschnittliche Zuteilungsbetrag belief sichauf 69 Mrd €. Der Repartierungssatz – alsodas Verhältnis zwischen dem tatsächlichenZuteilungsvolumen und der Summe der Ge-bote im Rahmen eines Tendergeschäfts – be-trug im Durchschnitt 10,8 %. Am geringstenwar das Bietungsaufkommen am 6. April 1999mit 67,4 Mrd €, als das Hauptrefinanzierungs-geschäft ganz im Zeichen einer noch für die-selbe Erfüllungsperiode erwarteten Zinssen-

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kung stand. Die EZB teilte damals alle Gebo-te voll zu; die Zuteilungsquote betrug also100 %. Das höchste Bietungsaufkommen von2 344 Mrd € wurde am 2. November 1999gemessen. Hier war der umgekehrte Fall ein-getreten: es wurde allgemein noch in dersel-ben Erfüllungsperiode mit einer Erhöhung desZinssatzes für Hauptrefinanzierungsgeschäftegerechnet. Der mit 66 Mrd € festgesetzteZuteilungsbetrag entsprach der bisher nied-rigsten Zuteilungsquote: 2,82 %. Während dasdurchschnittliche Bietungsaufkommen in denersten drei Quartalen 1999 stieg (674 Mrd€, 763 Mrd € und 1 274 Mrd €), war imvierten Quartal eine geringfügige Abnahmeauf 1 104 Mrd € zu verzeichnen.

Die Entwicklung des Bietungsaufkommenssteht in Zusammenhang mit den Erwartun-gen der Kreditinstitute über die relativenKosten der Liquiditätsbeschaffung auf dem In-terbankenmarkt einerseits und der Refinan-zierung bei der Zentralbank mittels Hauptre-finanzierungsgeschäften andererseits. Damitdas Bietungsaufkommen der Banken wederzu hoch noch zu niedrig ist, müssen sich dieerwarteten Kosten der Refinanzierung bei derZentralbank und die erwarteten Kosten derMittelbeschaffung auf dem Interbankenmarkt(inklusive Risikoprämie) die Waage halten.Eine Zentralbank kann den durchschnittlichenTagesgeldsatz steuern, indem sie die Höheder Zentralbankguthaben bestimmt. Wennkeine starken Zinsänderungen erwartet wer-den und der Tendersatz somit innerhalb desdurch die ständigen Fazilitäten gebildetenKorridors liegt, kann die Zentralbank sicher-stellen, dass sich die genannten Refinanzie-rungskosten die Waage halten.

Die EZB stellte in ihren Zuteilungsentschei-dungen tendenziell darauf ab, einen durch-schnittlichen Tagesgeldsatz auf dem Interban-kenmarkt sicherzustellen, der nahe amHauptrefinanzierungssatz lag. Infolgedessenbewegte sich der Tagesgeldsatz EONIA 1999im Durchschnitt 2 ½ Basispunkte über demSatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte. ImJahresverlauf schwankte der EONIA-Satz nurgeringfügig; lediglich gegen Ende der Mindest-

reserve-Erfüllungsperiode war die Volatilitäthöher.

1.3 Die längerfristigen Refinanzierungs-geschäfte

Zusätzlich zu den Hauptrefinanzierungsge-schäften führt das Eurosystem auch längerfris-tige Refinanzierungsgeschäfte durch, nämlichregelmäßige befristete Transaktionen imWege von Standardtendern in monatlichemAbstand und mit einer Laufzeit von drei Mo-naten. Gemessen am gesamten Refinanzie-rungsvolumen werden über diese Transak-tionen nur beschränkt Mittel bereitgestellt;sie dienen in der Regel weder dazu, die Li-quiditätssituation zu steuern, noch dem MarktSignale zu geben, noch bieten sie eine Orien-tierung für die Marktzinssätze. Damit das Eu-rosystem als Preisnehmer auftritt, werdenlängerfristige Refinanzierungsgeschäfte ge-wöhnlich als Zinstender mit im Voraus ange-kündigten Zuteilungsbeträgen durchgeführt.Dies traf auf alle 14 längerfristigen Refinan-zierungsgeschäfte im Jahr 1999 zu. Die Zu-teilungsbeträge wurden mittels Presssemit-teilungen für längere Zeiträume bekannt ge-geben und dann am Tag vor demZuteilungsbeschluss in den Tenderankündi-gungen bestätigt. Während die ersten elf län-gerfristigen Refinanzierungsgeschäfte 1999 ei-nen Umfang von 15 Mrd € hatten, beliefensich die letzten drei auf 25 Mrd €, was u. a.zu einem reibungslosen Übergang auf das Jahr2000 beitrug. Für längerfristige Refinanzie-rungsgeschäfte wurden von durchschnittlich316 Geschäftspartnern Gebote abgegeben;das Zuteilungsvolumen lag im Jahresdurch-schnitt bei 49 Mrd €.

Die ersten drei längerfristigen Refinanzie-rungsgeschäfte am 14. Januar stellten eineBesonderheit dar: Sie wurden parallel durch-geführt, und für zwei galt eine verkürzte Fäl-ligkeit (42 und 70 Tage), damit der vorgese-hene Monatsrhythmus ohne Verzögerung eta-bliert werden konnte. Nachdem die erstenvier längerfristigen Refinanzierungsgeschäftenach dem holländischen Zuteilungsverfahrendurchgeführt worden waren, erfolgte die Ab-

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wicklung ab März, entsprechend den Markt-gepflogenheiten, durchgehend nach dem ame-rikanischen Zuteilungsverfahren.

Zwischen März und September lag der ge-wichtete Durchschnittssatz bei allen länger-fristigen Refinanzierungsoperationen nachdem amerikanischen Zuteilungsverfahren ei-nen Basispunkt über dem marginalen Satz,was eine Stabilisierung der Erwartungshal-tung widerspiegelt. Bei der am 28. Oktoberabgewickelten längerfristigen Refinanzierungs-operation lag der marginale Zuteilungssatzallerdings 23 Basispunkte unter dem gewich-teten Durchschnittssatz. Dies ist damit zuerklären, dass einerseits eine uneinheitlicheErwartungshaltung über die Entwicklung desHauptrefinanzierungssatzes vorherrschte,wobei zunehmend mit einer Erhöhung ge-rechnet wurde, und dass andererseits aufGrund der Fälligkeit des Geschäfts nach demJahreswechsel unterschiedliche Präferenzenzum Tragen kamen. Bei den am 24. Novem-ber und am 22. Dezember abgewickelten Ge-schäften normalisierte sich die Lage teilweisewieder, wobei sich die Spanne zwischen demmarginalen Zuteilungssatz und dem gewich-teten Satz auf neun bzw. drei Basispunkteverringerte.

1.4 Andere Offenmarktgeschäfte

Abgesehen von den beiden regelmäßigen be-fristeten Transaktionen kann das Eurosystemvon Fall zu Fall auch Feinsteuerungsoperatio-nen und strukturelle Operationen durchführen.Auch diese Geschäfte können als befristeteTransaktionen abgewickelt werden; grund-sätzlich steht dem Eurosystem allerdings einbreites Spektrum an Alternativen zur Durch-führung nichtregelmäßiger Operationen zurVerfügung, nämlich definitive Käufe und Ver-käufe, Devisenswaps, die Begebung vonSchuldverschreibungen und die Hereinnahmegebundener Einlagen. Die für die Durchfüh-rung von Feinsteuerungsoperationen einge-setzten Instrumente und Verfahren könnenauf die Transaktionsart und Zielsetzung ab-gestimmt werden.

Im Jahr 1999 führte das Eurosystem keineFeinsteuerungsoperationen oder strukturel-len Operationen durch; die Liquiditätssteue-rung erfolgte ausschließlich über Hauptrefi-nanzierungsgeschäfte und längerfristige Refi-nanzierungsgeschäfte sowie die verfügbarenständigen Fazilitäten, wobei der Vorteil der imMindestreservesystem vorgesehenen Durch-schnittserfüllung zum Tragen kam. Zu Beginndes Jahres 2000 führte das Eurosystem aufGrund besonderer Marktumstände eine liquidi-tätsabschöpfende Feinsteuerungsoperationdurch. Dabei wurden Termineinlagen in Höhevon 14,2 Mrd € in Form eines Schnelltendershereingenommen, um den Liquiditätsüberschussabzubauen, der Ende 1999 im Zuge der Jahr-2000-Umstellung entstanden war.

1.5 Ständige Fazilitäten

Die ständigen Fazilitäten dienen der Zufüh-rung bzw. Abschöpfung von Übernachtliqui-dität und werden von den Kreditinstitutenauf eigene Initiative hin in Anspruch genom-men. Sie signalisieren den allgemeinen geld-politischen Kurs, und ihre Zinssätze bildendie Ober- und Untergrenze für den Tages-geldsatz. Über die Spitzenrefinanzierungsfa-zilität können sich Geschäftspartner gegenrefinanzierungsfähige Sicherheiten über NachtLiquidität vom Eurosystem beschaffen. DerZinssatz für diese Fazilität bildet in der Regeldie Obergrenze für den Tagesgeldsatz.

Die Einlagefazilität dient dazu, bis zum nächs-ten Geschäftstag Überschussbeträge beim Eu-rosystem anzulegen. Der Zinssatz für die-se Fazilität stellt im Normalfall die Unter-grenze für den Tagesgeldsatz dar. Zusammenbilden die zwei Fazilitäten einen Korridor fürden Tagesgeldsatz. Um den Kreditinstitutendie Umstellung zu erleichtern, war der Kor-ridor zwischen dem 4. und dem 21. Januar1999 auf 50 Basispunkte beschränkt und lagdann bis zum 8. April bei 250 Basispunktenund danach bis Jahresende bei 200 Basis-punkten.

Im Jahresverlauf machte die tägliche Inan-spruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfazi-

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lität und der Einlagefazilität durchschnittlich1 Mrd € bzw. 0,8 Mrd € aus. Im Januar 1999war die Ausnutzung der ständigen Fazilitätenmit 6,0 Mrd € für die Spitzenrefinanzierungs-fazilität und 2,0 Mrd € für die Einlagefazilitätbesonders intensiv. Dies ist teils darauf zu-rückzuführen, dass die Kosten bis zum 21.Januar sehr niedrig gehalten wurden, lässtaber auch darauf schliessen, dass sich derInterbankenmarkt erst an das neue Umfeldanpassen musste.

Eine hohe Inanspruchnahme beider ständigerFazilitäten an ein und demselben Tag, was anund für sich auf einen unvollkommenen In-terbankenmarkt hindeutet, wurde nur ganzzu Jahresbeginn verzeichnet. Im Unterschieddazu ist die intensive Ausnutzung nur einerder beiden Fazilitäten eher ein Anzeichen fürein generelles Liquiditätsungleichgewicht; sol-che Ungleichgewichte ergeben sich typischer-weise am Ende einer Mindestreserve-Erfül-lungsperiode, weil zu diesem Zeitpunkt derSpielraum, den der Mechanismus zur Durch-schnittserfüllung ansonsten gewährt, nichtmehr vorhanden ist. Im Jahr 1999 belief sichdie durchschnittliche Inanspruchnahme derSpitzenrefinanzierungs- und Einlagefazilitätenam jeweils letzten Tag der elf Erfüllungsperi-oden auf 3,6 Mrd € bzw. 6,8 Mrd €. Wurdeeine ständige Fazilität am Ende der Erfüllungs-periode intensiv genutzt, bestand kaum Be-darf an der anderen Fazilität, was dafürspricht, dass die Mittelverteilung über denInterbankenmarkt sogar gegen Ende der Min-destreserve-Erfüllungsperiode gut funktio-nierte. Selbst eine starke Inanspruchnahmeder ständigen Fazilitäten am Ende der Erfül-lungsperiode und eine hohe Volatilität derTagesgeldsätze auf dem Interbankenmarktwirkten sich in der Regel nicht nachhaltig aufdie längerfristigen Geldmarktsätze aus, sodass keine Unsicherheit bezüglich des geld-politischen Kurses aufkam.

1.6 Das Mindestreservesystem

Im Jahr 1999 wurde das Mindestreserve-system seinen zwei Hauptfunktionen – derStabilisierung der Geldmarktsätze und der

Vergrößerung des strukturellen Liquiditäts-defizits des Bankensektors – eindeutig ge-recht. Die bereits erwähnte glättende Wir-kung des Mindestreservesystems auf den EO-NIA-Satz ist vorrangig auf die Stabili-sierungsfunktion der Durchschnittserfüllungim Mindestreservesystem zurückzuführen. InBezug auf die Vergrößerung des Liquiditäts-defizits ist zu sagen, dass das Mindestreserve-Soll in der Regel mehr als 50 % des gesamtenRefinanzierungsbedarfs des Bankensektorsausmachte (d. h. des gesamten ausstehendenBetrags an regelmäßigen Offenmarktgeschäf-ten). Durch die Verzinsung der Mindestre-serveguthaben auf dem Niveau des Hauptre-finanzierungssatzes des Eurosystems wurdesichergestellt, dass den Banken durch die Min-destreservepflicht keine erheblichen Kostenerwachsen.

Angesichts der erfolgreichen Anwendung desMindestreservesystems war im Jahr 1999 kei-ne Änderung der wesentlichen Bestimmun-gen, d. h. der Durchschnittserfüllung, derDauer der Erfüllungsperiode und der Verzin-sung der Mindestreserveguthaben, notwen-dig. Der Mindestreservesatz, die Mindestre-servebasis und der vom Mindestreserve-Sollin Abzug zu bringende Freibetrag von100 000 € blieben ebenfalls unverändert. Nurin einem Punkt gab es 1999 eine Änderung,nämlich bei dem Pauschalbetrag, den Kredit-institute – im Zusammenhang mit Verbind-lichkeiten gegenüber anderen dem Mindest-reservesystem der EZB unterliegenden Kre-ditinstituten im Euroraum – von derMindestreservebasis in Abzug bringen kön-nen. Ein Abzug in Höhe von 10 % konnte imJahr 1999 auf Verbindlichkeiten gegenüber an-deren Kreditinstituten im Euroraum in Formvon Schuldverschreibungen mit einer Lauf-zeit von bis zu zwei Jahren oder Geldmarkt-papieren geltend gemacht werden, für die einKreditinstitut keinen Nachweis erbringenkonnte. Nach Auswertung der verfügbarenstatistischen Daten für 1999 beschloss dieEZB am 2. Dezember, den pauschalen Ab-zugsbetrag mit Wirkung vom Januar 2000 auf30 % zu erhöhen. Die Umstellung auf die neu-en Meldevorschriften und Methoden zur Be-rechnung des Mindestreserve-Solls verlief für

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1 Gemäß Artikel 19.1 der ESZB-Satzung verlangt die EZB imAllgemeinen, dass die in den Mitgliedstaaten niedergelassenenKreditinstitute Mindestreserven unterhalten. Ein „Kreditinsti-tut“ wird in Artikel 1 der Ersten Bankrechtskoordinierungs-Richtlinie (77/780/EEG) definiert als „ein Unternehmen, dessenTätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbareGelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigeneRechnung zu gewähren.“

die Kreditinstitute problemlos, und die Min-destreservepflicht wurde im Jahr 1999 fastohne Ausnahme erfüllt. Nach einer Über-gangsfrist von drei Monaten, die den Kredit-instituten erlauben sollte, sich auf die neueeinheitliche Geldpolitik einzustellen, setztedie EZB die Bestimmungen zur Verhängungvon Sanktionen bei Verletzung der Mindest-reservepflicht in Kraft.

1.7 Die refinanzierungsfähigen Sicher-heiten des Eurosystems und ihreVerwendung für Kreditgeschäfte

Für alle Kreditgeschäfte des Eurosystems –Innertageskreditgeschäfte und geldpolitischeOperationen – sind durch die Geschäftspart-ner des Eurosystems angemessene Sicherhei-ten zu stellen. Für die Besicherung von Refi-nanzierungsgeschäften im Eurosystem ist imHinblick auf die unterschiedliche Finanzstruk-tur in den Mitgliedstaaten eine breite Palettevon Instrumenten zugelassen. Dabei wird zwi-schen zwei Gruppen von Sicherheiten unter-schieden, nämlich den Kategorie-1- und denKategorie-2-Sicherheiten. Diese Abgrenzunggilt ausschließlich für Eurosystem-interneZwecke und sagt nichts über die Qualität derSicherheiten und ihre Eignung zur Besiche-rung diverser Operationen aus, außer dassdas Eurosystem im Normalfall keine Katego-rie-2-Sicherheiten für definitive Käufe bzw.Verkäufe einsetzt.

Zur Kategorie 1 zählen marktfähige Schuldti-tel, die einheitliche, von der EZB festgelegteZulassungskriterien erfüllen. In die Kategorie2 fallen Sicherheiten, die für die nationalenFinanzmärkte und Bankensysteme von beson-derer Bedeutung sind; die Zulassungskriteri-en dafür werden von den NZBen ausgearbei-tet und sind von der EZB zu billigen.

Mitte Dezember 1999 standen marktfähigerefinanzierungsfähige Sicherheiten in Höhevon nahezu 5 700 Mrd € für Operationendes Eurosystems zur Verfügung (verglichenmit mehr als 5 300 Mrd € im Januar 1999).Der weitaus größte Teil (96 %) entfiel aufKategorie-1-Sicherheiten. Eine Untergliede-

rung der marktfähigen Kategorie-1-Sicherhei-ten nach Emittenten ergab folgende Auftei-lung: Staatspapiere 62,7 %, von Kreditinstitu-ten begebene Sicherheiten 32,8 % und Un-ternehmensanleihen 4,2 %. Gegliedert nachLaufzeiten waren 93 % mittel- und längerfris-tige Schuldverschreibungen und nur 6,5 %kurzfristige Geldmarktpapiere. Aktien undsonstige marktfähige Kategorie-2-Sicherheitenfielen mit 0,3 % bzw. 0,2 % nicht sonderlichins Gewicht.

Die Geschäftspartner des Eurosystems kön-nen refinanzierungsfähige Sicherheiten grenz-überschreitend nutzen, d. h., sie können zurRefinanzierung bei der NZB des Mitglied-staats, in dem sie ihren Sitz haben, in einemanderen Mitgliedstaat hinterlegte Sicherhei-ten verwenden (siehe Kapitel V).

Im Laufe des Jahres 1999 beurteilte die EZBauf Anfrage mehrerer NZBen weitere Sicher-heiten, die es 1998 noch nicht gegeben hattebzw. welche die Mindestzulassungskriteriender EZB noch nicht erfüllt hatten. Daraufhinwurden sie in das Verzeichnis der Sicherhei-ten aufgenommen, die für Kreditgeschäfte desEurosystems zugelassen sind.

1.8 Teilnahme der Geschäftspartner desEurosystems an geldpolitischenGeschäften

Der geldpolitische Rahmen des Eurosystemsist auf die Teilnahme eines möglichst breitenSpektrums von Geschäftspartnern ausgelegt.Institute, die der Mindestreservepflicht desEurosystems unterliegen, sind als Geschäfts-partner für im Standardtenderverfahren ab-gewickelte Offenmarktgeschäfte zugelassenund haben Zugang zu den ständigen Fazilitä-ten.1 Ende Dezember 1999 waren etwa 7 900Kreditinstitute im Euro-Währungsgebiet min-destreservepflichtig. Davon hatten rund 4 100

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direkten oder indirekten Zugang zu einemRTGS-Konto – eine verfahrenstechnischeVoraussetzung für die Teilnahme an geldpoli-tischen Geschäften. Ungefähr 3 800 Kredit-institute hatten Zugang zur Einlagefazilität,und 3 200 konnten die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität nutzen. Die Teilnahme an Of-fenmarktgeschäften ist für die Geschäftspart-ner des Eurosystems gegebenenfalls nur übereinen Zugang zu den nationalen Tendersyste-men möglich; dieses Kriterium wäre im Jahr1999 von rund 2 500 Geschäftspartnern er-füllt worden. Für die Durchführung etwaigerFeinsteuerungsoperationen im Schnelltender-verfahren oder im bilateralen Verfahren wähl-te das Eurosystem rund 200 Institute aus.

Die Anzahl der Geschäftspartner, die 1999an Hauptrefinanzierungsgeschäften teilnah-men, schwankte zwischen 1 068 (Januar1999) und 302 (April 1999), während bei denlängerfristigen Refinanzierungsgeschäften dieZahl zwischen 466 (Januar 1999) und 198(September 1999) lag. In der zweiten Jahres-hälfte ging die Anzahl der an den Operatio-nen des Eurosystems teilnehmenden Ge-schäftspartner verglichen mit der ersten Jah-reshälfte tendenziell zurück. Ferner war dieBeteiligung kleiner Institute an Hauptrefinan-zierungsgeschäften rückläufig, was auf gerin-gere Anreize zur Teilnahme an solchen Ge-schäften schließen lässt. Dabei dürfte u. a.der fortgesetzte Konsolidierungsprozess imBankensektor eine Rolle gespielt haben; dassdie Geschäftspartner die Unterschiede zwi-schen den vom Eurosystem angewendetenZinssätzen für geldpolitische Geschäfte undden EONIA-Sätzen als eher gering einstuf-ten, dürfte auch ein Faktor gewesen sein.

1.9 Geldmarktentwicklungen

Die Einführung des Euro und des neuen geld-politischen Handlungsrahmens bedeutete fürden Geldmarkt im Eurogebiet den Beginn ei-nes tief greifenden Integrationsprozesses, derallerdings nicht alle Marktsegmente gleicher-maßen erfasste. Die Märkte für unbesicherteEinlagen, auf denen Banken kurzfristige Liqui-dität ohne Besicherung bereitstellen bzw. er-

halten, sowie die Derivatemärkte wuchsenrelativ rasch zusammen. Der Repomarkt, aufdem Teilnehmer kurzfristige Liquidität gegenSicherheiten handeln (Schatzwechsel, Com-mercial Paper und Einlagenzertifikate), birgthingegen noch ein großes Integrationspoten-zial. Seit Beginn der dritten Stufe der Wäh-rungsunion nahmen die grenzüberschreiten-den Transaktionen auf dem Geldmarkt im Eu-rogebiet erheblich zu; sie machen derzeitmehr als 50 % der gesamten Geschäftstätig-keit in allen Geldmarktsegmenten aus. Geför-dert wurde diese Entwicklung durch das rei-bungslose Funktionieren des TARGET-Systems für die Überweisung von Großbeträ-gen im Eurogebiet bzw. in der EU insgesamt.TARGET hat maßgeblich zu einem effizientenLiquiditätsausgleich innerhalb des Eurogebietsbeigetragen.

Besonders tief greifend waren die Verände-rungen auf dem Swapmarkt und in dem un-besicherten Segment des Geldmarkts. DieseVeränderungen wurden u. a. durch einen be-trächtlichen Anstieg bei den grenzüberschrei-tenden Geschäften ausgelöst und spiegeln sichdarin auch wider. Der Swapmarkt und derunbesicherte Geldmarkt sind daher auch sehrhomogen und liquid. Besonders klar zeigtesich die Homogenität am Markt für Tages-geld im Euroraum; dort wichen die nationa-len Sätze nur unwesentlich voneinander ab.

Zu den weiteren strukturellen Veränderun-gen auf dem Euro-Geldmarkt seit der Einfüh-rung des Euro gehören: die starke Zunahmeder Liquidität an den Sekundärmärkten, die –verglichen mit der Situation auf den vormalssegmentierten Geldmärkten – zunehmendeKonzentration der Cash-Management-Aktivi-täten in Euro seitens der Marktteilnehmer,die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit und diegrößere Zahl von Geschäftspartnern, die deneinzelnen Banken de facto zur Verfügung ste-hen. (Der Sonderaufsatz „Das Euro-Wäh-rungsgebiet ein Jahr nach Einführung desEuro: Wesentliche Merkmale und Verände-rungen in der Finanzstruktur“ im Monatsbe-richt vom Januar 2000 enthält eine Beschrei-bung der strukturellen Entwicklungen auf denGeldmärkten des Eurogebiets.)

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2 Anlage von Währungsreserven und Eigenmitteln

2.1 Die Währungsreserven desEurosystems

Das Eurosystem ist für die Haltung und Ver-waltung der Währungsreserven der Mitglied-staaten verantwortlich. Gehalten werdenWährungsreserven sowohl von der EZB alsauch von den NZBen, wobei die NZBen ihreeigenen Währungsreserven unabhängig ver-walten. Devisenmarktgeschäfte, die einen be-stimmten Betrag übersteigen, müssen aller-dings von der EZB genehmigt werden, damitÜbereinstimmung mit der einheitlichen Geld-politik des Eurosystems gewährleistet ist.

Gleich zu Beginn des Jahres 1999 übertrugendie NZBen Währungsreserven auf die EZB,und zwar in voller Höhe des festgelegtenHöchstbetrags von 50 Mrd €, abzüglich derAnteile der NZBen, die nicht von Anfang ander Währungsunion angehörten. Dement-sprechend wurden 39,46 Mrd € an die EZBtransferiert, was etwa 80 % von 50 Mrd €

entspricht. Die Währungsreserven machensomit einen Großteil der Aktiva in der EZB-Bilanz aus. Gemäß Artikel 123 des EG-Ver-trags kann die EZB von den NZBen die Über-tragung weiterer Währungsreserven einfor-dern. Die Voraussetzungen hierfür müsstenim Wege der gemeinschaftlichen Sekundär-gesetzgebung geschaffen werden; die EZB hateine diesbezügliche Empfehlung für eine EU-Ratsverordnung vorgelegt.

Die währungsmäßige Zusammensetzung derWährungsreserven der EZB wurde mit Blickauf die voraussichtlichen operativen Anfor-derungen festgelegt und kann geändert wer-den, sofern dies angebracht erscheint. 15 %der Fremdwährungsbestände der EZB wur-den in Form von Gold übertragen; die übri-gen 85 % sind überwiegend in US-Dollar so-wie in geringerem Ausmaß in japanischen Yendenominiert. Damit die einheitliche Geldpoli-tik des Eurosystems nicht beeinträchtigt wird,unterliegt die Zusammensetzung der Wäh-rungsreserven nicht der aktiven Anlagepoli-tik.

2.2 Der Ansatz des Eurosystems bei derVerwaltung der Währungsreserven

Die Verwaltung der Währungsreserven durchdie EZB soll sicherstellen, dass die EZB stetsüber genügend liquide Mittel verfügt, um jeg-liche Art von Devisenmarktinterventionendurchführen zu können. Sollte es zu Devi-senmarktinterventionen kommen, werden dieFremdwährungsbestände der EZB dafür ver-wendet werden. Daher sind bei der Anlageder Währungsreserven in erster Linie Liqui-dität und Sicherheit von Bedeutung. UnterBeachtung dieser Vorgaben sind die Wäh-rungsreserven der EZB so ertragreich wiemöglich anzulegen. Die EZB gewinnt durchdie Verwaltung der Währungsreserven neueErkenntnisse über Markttechniken und ist da-durch in der Lage, das voraussichtliche Ver-halten der Finanzmarktteilnehmer besser ab-zuschätzen.

Die Währungsreserven der EZB werden de-zentral von den NZBen des Eurogebiets ver-waltet. Die wichtigsten anlagepolitischen Vor-gaben und die strategische Benchmark wer-den vom EZB-Rat festgelegt, und dasDirektorium beschließt die taktische Ausrich-tung. Für die Anlage ihrer Währungsreser-ven auf den amerikanischen und japanischenAnleihemärkten setzt die EZB zusätzlich zuder währungsmäßigen Zusammensetzung vierRichtgrößen fest: erstens eine zweistufige(d. h. strategische und taktische) Benchmarkfür jede Währung, zweitens die zulässigenAbweichungen von diesen Referenzwertengemessen am Zinsänderungsrisiko, drittensein Verzeichnis der zugelassenen Instrumen-te und Geschäfte, und viertens Obergrenzenfür das Bonitätsrisiko. Die NZBen nutzenden Spielraum innerhalb der Bandbreiten undGrenzwerte zur Gewinnmaximierung bei derVerwaltung der Währungsreserven im Auf-trag der EZB innerhalb eines von der EZBfestgelegten Echtzeit-Überwachungsrahmens.Die Anlage der Währungsreserven wird vonden NZBen in offener Stellvertretung für dieEZB getätigt, damit die Geschäftspartner derEZB auf den internationalen Finanzmärkten

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unterscheiden können, ob die NZBen Opera-tionen im Auftrag der EZB oder zur Verwal-tung ihrer eigenen Reserven durchführen.

Die Geschäftspartner, die an den Transaktio-nen mit den Währungsreserven der EZB be-teiligt sind, werden nach Rücksprache mitden NZBen unter Berücksichtigung der Bo-nität und der operationellen Leistungsfähig-keit ausgewählt. Sicherheit und Liquidität sinddie vorrangigen Überlegungen bei der Festle-gung der einzusetzenden Instrumente. UnterBeachtung dieser Vorgaben ist das Eurosys-tem bemüht, im Portfolio- und Risikomana-gement auf dem neuesten Stand zu bleiben.

2.3 Die Verwaltung der Eigenmittel derEZB

Die EZB wurde mit einem Anfangskapital vonetwa 4 000 Mio € ausgestattet. Das Kapitaldient hauptsächlich der Ausstattung der EZBmit einem Reservefonds, dessen Mittel er-tragreich, aber trotzdem ausreichend sicherangelegt werden sollen. Gemäß Artikel 123des EG-Vertrags kann die EZB von denNZBen die Übertragung weiterer Währungs-reserven einfordern. Die Voraussetzungenhierfür müssten im Wege der gemeinschaft-lichen Sekundärgesetzgebung geschaffen wer-den; die EZB hat eine diesbezügliche Empfeh-lung für eine EU-Ratsverordnung vorgelegt.

Da das gesamte EZB-Kapital derzeit in aufEuro lautenden Aktiva angelegt ist, ist es vonhöchster Bedeutung, jegliche Einmischung indie geldpolitischen Entscheidungen der EZBzu verhindern. Um eine Rufschädigung derEZB, den Missbrauch oder auch nur den Ver-dacht des Missbrauchs bevorrechtigter Infor-mationen bei der Verwaltung des Kapitalsder EZB zu vermeiden, wurde entsprechenddem Chinese-Wall-Prinzip eine strenge funk-tionale und physische Trennung zwischen derEinheit, die die Eigenmittel verwaltet, undden anderen Einheiten der EZB umgesetzt.

Der grundlegende Anlagerahmen entsprichtder für die Währungsreserven der EZB gel-tenden Methodik (siehe Abschnitt 2.1 oben),wobei in Betracht gezogen wird, dass derüberwiegende Teil des Kapitals der EZB inauf Euro lautenden verzinslichen Instrumen-ten mit langer Laufzeit angelegt ist. Fernerverfolgt die EZB insbesondere im Geldmarkt-bereich eine verhältnismäßig passive Anlage-strategie, um keine geldpolitischen Signale zugeben. Mit einem Teil ihres Kapitals erwarbdie EZB den am 7. Dezember 1999 gezeich-neten Anteil am Kapital der BIZ.

Den separat geführten Verzeichnissen derGeschäftspartner, die für die Anlage des EZB-Kapitals bzw. für die Verwaltung der Wäh-rungsreserven der EZB zugelassen sind, undden diesbezüglichen rechtlichen Dokumenta-tionen liegen dieselben Kriterien hinsichtlichBonität und effizienter Geschäftsabwicklungzu Grunde.

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3 Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme

3.1 Das TARGET-System

Aufnahme des TARGET-Echtbetriebs

Das Echtzeitbruttosystem TARGET (Trans-European Automated Real-time Gross settle-ment Express Transfer) ist in erster Linie aufzwei Ziele ausgerichtet: Erstens soll die Inte-gration des Euro-Geldmarktes erleichtertwerden, um eine reibungslose Umsetzung dereinheitlichen Geldpolitik zu ermöglichen.Zweitens soll die Stabilität und Effizienz desgrenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs inEuro innerhalb der Europäischen Union (EU)erhöht werden. Am Montag, dem 4. Januar1999, ging TARGET gleichzeitig mit weiterenEuro-Großbetragszahlungssystemen in Be-trieb. Damit sich die Banken auf die neuenGegebenheiten im Zahlungsverkehr und aufdie damit einhergehenden Neuerungen imTreasury-Management einstellen konnten, botdas ESZB den Teilnehmern zwischen dem11. und dem 29. Januar 1999 eine um eineStunde verlängerte TARGET-Betriebszeit,d. h. TARGET wurde statt um 18 Uhr erstum 19 Uhr geschlossen. Zum Schutz vor ei-ner missbräuchlichen Verwendung war fürjede außerhalb der regulären Öffnungszeit vonTARGET getätigte Zahlung eine Sonderge-bühr von 15 € vorgesehen. Den Banken ge-lang es, ihr Liquiditätsmanagement zuneh-mend zu optimieren, sodass keine Verlänge-rung dieser Ausnahmeregelung notwendigwar. Um jedoch den TARGET-Teilnehmernden Ausgleich der Tagesabschlusspositionenzu erleichtern, kam die EZB überein, mit Wir-kung vom 5. Februar 1999 den Annahme-schluss für Anträge zur Inanspruchnahme derSpitzenrefinanzierungsfazilität des Eurosys-tems analog zu der für die Einlagefazilität gel-tenden Frist festzusetzen, nämlich 30 Minu-ten nach der tatsächlichen Schlusszeit vonTARGET.

TARGET im Jahr 1999

Der Teilnehmerkreis von TARGET umfasstEU-weit rund 34 000 Institutionen, darunterhauptsächlich Kreditinstitute einschließlich ih-rer Zweigniederlassungen und Tochterunter-nehmen. Im Jahr 1999 wurden im Tages-durchschnitt 163 157 grenzüberschreitendeund inländische Transaktionen mit einemWert von 925 Mrd € über TARGET ausge-führt. Der grenzüberschreitende Anteil nahmim Lauf des Jahres beständig zu: Verglichenmit den Werten vom Januar 1999 wiesen diefür Dezember 1999 vorliegenden Zahlen eineSteigerung der Stückzahl um 58 % und einenwertmäßigen Zuwachs von 6 % auf. 1999 be-trug der Anteil der grenzüberschreitendenTransaktionen am TARGET-Verkehr insge-samt 18 % (durchschnittlich 28 777 Stück proTag) bzw. 39 % (durchschnittlicher Transak-tionswert pro Tag: 360 Mrd €). Das bisherstärkste Aufkommen im grenzüberschreiten-den Verkehr, gemessen am Transaktionsvo-lumen, wurde am 22. Februar 2000 verzeich-net (rund 52 000 Zahlungen). Der höchsteTransaktionswert wiederum wurde am 31. Ja-nuar 2000 gemeldet, als Überweisungsaufträ-ge im Wert von 522 Mrd € abgewickelt wur-den.

Der durchschnittliche Transaktionswert derZahlungen, die über TARGET und andereEuro-Großbetragszahlungssysteme abgewi-ckelt wurden, verringerte sich im Laufe desBerichtsjahres. Dies ist auf die steigende Ten-denz zurückzuführen, kommerzielle Zahlun-gen nicht mehr wie bisher über das Korres-pondenzbankensystem, sondern über gere-gelte Zahlungssysteme zu leiten. ImDezember 1999 waren 34 % der überTARGET ausgeführten grenzüberschreitendenZahlungen dem Kundenzahlungsverkehr zu-zuordnen, während diese Kategorie im Janu-ar 1999 lediglich 15 % ausgemacht hatte. DieNutzung von TARGET und anderen Großbe-tragszahlungssystemen erlaubt Firmenkunden,auf die Verwendung des Korrespondenzban-kensystems zu verzichten und damit ihreGelddisposition zu optimieren.

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Aktuelle Daten zu TARGET und den ver-schiedenen teilnehmenden bzw. angebunde-nen nationalen Echtzeitbruttosystemen (real-time gross settlement systems, kurz RTGS-Systemen) sind auf der Internetseite der EZBverfügbar.

Betriebs- und verfahrenstechnischeRahmenbedingungen

Die rasche Abwicklung einer beträchtlichenAnzahl an Großbetragszahlungen hat die Leis-tungsfähigkeit von TARGET unter Beweis ge-stellt. Dem Erfordernis einer vollen Besiche-rung von Innertageskrediten in TARGET wur-de problemlos entsprochen, und die imVergleich zu anderen Systemen etwas höherangesetzten Entgelte haben die Banken nichtvon einer intensiven Nutzung von TARGETabgehalten. Selbst Großbanken, die zur Ab-wicklung ihrer Zahlungsaufträge auf kosten-günstigere Alternativen zurückgreifen könn-ten, führen besonders hohe Überweisungs-aufträge über TARGET durch; hier bietet dasSystem Vorteile für die Risiko- und Liquidi-tätssteuerung. Ein positives Echo kam auchvon zahlreichen kleineren und mittelgroßenBanken, die zu anderen Systemen keinen Zu-gang haben: Für sie stellt TARGET eine effizi-ente Alternative zum Korrespondenzbank-system dar.

Die Bedeutung des Systems für den Geld-markt im Euroraum und seine Vernetzungmit verschiedenen Großbetragszahlungs- undAbrechnungssystemen in Euro machen einehohe technische Verfügbarkeit von TARGETnotwendig. Manche Systemkomponentenkonnten diesem Anspruch im Berichtsjahr je-doch nicht immer zur Gänze gerecht wer-den; der Verbesserung der Verfügbarkeitwurde in solchen Fällen umgehend höchstePriorität eingeräumt.

Im Jahr 1999 war TARGET an den folgendenTagen geschlossen: dem 1. Januar, dem25. Dezember sowie ausnahmsweise dem31. Dezember, um eine reibungslose Umstel-lung auf das Jahr 2000 zu gewährleisten. Daan anderen traditionellen, für nahezu den ge-

samten Euroraum geltenden gesetzlichen Fei-ertagen (bzw. Bankfeiertagen) das Zahlungs-verkehrsaufkommen eher gering war, sind imJuli 1999 von der EZB – dem Wunsch deseuropäischen Bankensektors entsprechend –für das Jahr 2000 zusätzlich zu Samstagenund Sonntagen sechs Schließtage beschlossenworden: 1. Januar, Karfreitag, Ostermontag,1. Mai (Tag der Arbeit), 25. und 26. Dezem-ber. De facto sind TARGET-Schließtage kei-ne Valutierungstage für Geld- und Finanz-marktgeschäfte im Euroraum und Devisenge-schäfte gegen Euro. In manchen der amEuroraum teilnehmenden Mitgliedstaaten, indenen einer dieser Schließtage kein gesetzli-cher Feiertag ist, werden allerdings die natio-nalen RTGS-Systeme für den Inlandszahlungs-verkehr in eingeschränktem Umfang zur Ver-fügung stehen.

Dialog mit den TARGET-Anwendern

Im Laufe des Jahres 1999 berichtete die EZBregelmäßig über neue Entwicklungen im Zu-sammenhang mit TARGET, sowohl auf ihrerInternetseite unter dem Stichwort TARGETals auch in den Quartalsausgaben des Mo-natsberichts. Ausführlichere Informationen zuTARGET, die sich speziell an die Anwenderdes Systems richten, wurden von den NZBenim zweiten Quartal 1999 in Form einer ak-tualisierten Version des „Information guidefor credit institutions using TARGET“ bereit-gestellt.

Damit TARGET den Markterfordernissenauch in Zukunft gerecht wird, sind die Zu-sammenarbeit und ein aktiver Meinungsaus-tausch mit den Systemanwendern von großerBedeutung. So führte die EZB 1999 bei ver-schiedenen europäischen Bankenverbändenund nationalen TARGET-Anwendergruppeneine Befragung zum grenzüberschreitendenZahlungsverkehr mittels TARGET durch. Diewichtigsten Erkenntnisse dieser Umfrage flos-sen in den Bericht „Cross-border paymentsin TARGET: A users’ survey“ ein, den dieEZB im November 1999 herausbrachte.Wertvolle Erkenntnisse gewann die EZB fer-ner im September 1999 im Rahmen eines

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Treffens, das sie für Marktteilnehmer zumThema TARGET und Großbetragszahlungs-systeme organisierte. Der Bericht ergab, dassviele Kreditinstitute das derzeitige Leistungs-angebot von TARGET als zufrieden stellendeinstufen. Insbesondere Großbanken äußer-ten allerdings den Wunsch nach einer ver-stärkten Harmonisierung der einzelnen anTARGET angeschlossenen RTGS-Systeme,wobei die Anregungen von der Angleichungder Nachrichtenformate bis zu einem ein-heitlichen Service im TARGET-Verbundreichten. Das Eurosystem wird weiterhin An-regungen und Rückmeldungen nationalerTARGET-Anwendergruppen und der inter-nationalen Banken- und Finanzwelt einholen.

3.2 Das Korrespondenzzentralbank-Modell

Das Korrespondenzzentralbank-Modell(CCBM) wurde mit dem Ziel eingeführt, diegrenzüberschreitende Nutzung von Sicher-heiten im Rahmen der geldpolitischen Ge-schäfte des Eurosystems und der Innertages-kreditgeschäfte des ESZB zu erleichtern. ImRahmen des CCBM fungieren die NZBen ge-genseitig als Korrespondenzbanken und er-möglichen somit den Geschäftspartnern, auchunter Verwendung ihrer im Ausland hinter-legten refinanzierungsfähigen Sicherheiten beider jeweiligen Heimatzentralbank einen Kre-dit aufzunehmen.

Die Erfahrungswerte des ersten Jahres be-scheinigen dem Korrespondenzzentralbank-Modell eine eindeutige Zielerfüllung. Das Vo-lumen der grenzüberschreitend gehaltenenVermögenswerte nahm stetig zu und beliefsich Ende 1999 auf 162,7 Mrd €. Rund 17 %der von den Geschäftspartnern im Eurosy-stem hinterlegten Sicherheiten werden imRahmen des CCBM verwahrt. Das Nutzungs-profil des Modells zeigt für die einzelnen Län-der eine asymmetrische Entwicklung, wobeisich eine intensive Inanspruchnahme auf eini-ge wenige NZBen beschränkt. Der Großteilan Sicherheiten im Rahmen des CCBM wirdvon der Zentralbank Italiens (auf die etwa dieHälfte der gesamten grenzüberschreitend ge-

nutzten Sicherheiten entfällt) sowie denNZBen Belgiens und Deutschlands – in ihrerFunktion als Korrespondenzzentralbanken –bereitgestellt. Am stärksten genutzt werdenSicherheiten jedoch von den ZentralbankenDeutschlands (etwa ein Viertel der grenz-überschreitenden Sicherheiten insgesamt),der Niederlande und Frankreichs in ihrerFunktion als Heimatzentralbanken. Auf Grundder relativen Knappheit an inländischen Si-cherheiten in Irland und Luxemburg machenausländische Sicherheiten, die über das CCBMgrenzüberschreitend verwahrt werden, 90 %(Luxemburg) bzw. 55 % (Irland) der gesam-ten von Geschäftspartnern im jeweiligen Landunterhaltenen Sicherheiten aus. Untersuchun-gen zeigen ferner, dass Geschäftspartner imersten Jahr nach der Einführung des ModellsVermögenswerte nicht aktiv in Anspruch nah-men, sobald diese im CCBM als Sicherheithinterlegt waren. Vermögenswerte wurdenim Durchschnitt für mindestens vier Monatehinterlegt, ehe der Geschäftspartner eineRückführung beantragte. Die grenzüberschrei-tende Nutzung von Kategorie-2-Sicherheitenist minimal. Da dieser Kategorie nur auf dernationalen Ebene eine besondere Bedeutungzukommt, ist es nicht verwunderlich, dasssolche Sicherheiten nur selten in den Porte-feuilles von ausländischen Geschäftspartnernenthalten sind. Für die grenzüberschreitendeLieferung von Sicherheiten im Rahmen vonKreditgeschäften stellte das CCBM bisher denwichtigsten Mechanismus dar. Seit Mai 1999können dafür auch die Verbindungen zwischenWertpapierabwicklungssystemen genutztwerden; über sie wurden Ende 1999 etwa4 % aller grenzüberschreitend gehaltenen Si-cherheiten mobilisiert.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1999 wurdedas Entgelt für grenzüberschreitende Über-tragungen über das CCBM erhöht. Dadurchsoll in erster Linie der Initialaufwand abge-deckt werden, der den NZBen beim Aufbaudes Modells entstand, sowie jene Kosten, dieden NZBen für den Betrieb und die laufendeWartung des CCBM erwachsen. Diese Erhö-hung beruht auf den Ergebnissen einer Stu-die, die nach den Erfahrungen der erstenMonate mit dem Ziel durchgeführt wurde,

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die tatsächlichen Kosten des Modells zu be-stimmen. Das neue Entgelt, das an Stelle ei-nes Pauschalentgelts von 5 € pro CCBM-Transaktion erhoben wird, setzt sich aus ei-ner Transaktionsgebühr in Höhe von 30 €und einem kombinierten Verwahrungs- undVerwaltungsentgelt von 0,0069 % pro Jahrzusammen. Die Verwahrungs- und Verwal-tungskomponente errechnet sich aus dem Be-

trag der im CCBM gehaltenen Sicherheiten.Wie schon bisher sollen auch über das der-zeitige Entgelt die Kosten der Korrespon-denzzentralbank abgedeckt werden, die fürdie Heimatzentralbank Sicherheiten hält.Letztere kann weiterhin eine zusätzliche Ge-bühr für die Bereitstellung des CCBM erhe-ben.

4 Risikomanagement

Die wichtigsten quantifizierbaren und nicht-quantifizierbaren Risiken, die dem Eurosystembei der Durchführung der geldpolitischen Ge-schäfte und Zahlungsverkehrsoperationenund der EZB aus Transaktionen mit den Wäh-rungsreserven und Eigenmitteln erwachsen,sind das Kreditrisiko, Marktrisiko, Liquiditäts-risiko und das operative Risiko. Zur Erken-nung, Überwachung und Steuerung dieser Ri-siken werden Mechanismen und Instrumenteeingesetzt, die unter Berücksichtigung dereinschlägigen Risikomanagementpraxis ent-wickelt wurden.

Kreditrisiko

Mit dem Kreditrisiko wird die Gefahr be-zeichnet, durch den Ausfall bzw. die Zah-lungsunfähigkeit eines Geschäftspartners imRahmen einer vertraglichen Vereinbarungbzw. eines Emittenten einer im Eurosystemgehaltenen Sicherheit Verluste zu erleiden.Das Eurosystem geht Kreditrisiken im Zu-sammenhang mit geldpolitischen Geschäftenund den Zahlungsverkehrsoperationen ein (inerster Linie bei der Bereitstellung von Inner-tagesliquidität über TARGET); die EZB istvom Kreditrisiko im Rahmen von Transaktio-nen mit den Währungsreserven und Eigen-mitteln betroffen.

Das Kreditrisiko, das geldpolitischen Geschäf-ten und Zahlungsverkehrsoperationen anhaf-tet, wird durch den Einsatz von Sicherheitenbegrenzt, die im Rahmen von Offenmarkt-geschäften und bei der Bereitstellung von

Innertagesliquidität von den Geschäftspart-nern im Eurosystem hinterlegt werden. ZurBesicherung solcher Geschäfte sind nur erst-klassig bewertete Sicherheiten zugelassen.Einheitliche und sichere Zulassungskriterienim gesamten Eurosystem ermöglichen dieSteuerung des Kreditrisikos. Für die Durch-führung von Geschäften mit den Währungs-reserven und Eigenmitteln lässt sich das Kre-ditrisiko durch die Auswahl von Geschäfts-partnern und Emittenten mit hoher Bonitäteindämmen. Darüber hinaus werden Kredit-risikolimite für Länder, Emittenten und Ge-schäftspartner vergeben, um die Risikopo-sitionen pro zugelassenem Land, Emittentenund Geschäftspartner zu begrenzen.

Marktrisiko

Unter dem Marktrisiko ist die Gefahr zu ver-stehen, infolge von Veränderungen der Zins-sätze (Zinsrisiko) oder der Wechselkurse(Wechselkursrisiko) einen Verlust zu erlei-den. Im Zusammenhang mit den Währungs-reserve- und Eigenmitteltransaktionen derEZB kommen vorrangig die folgenden Instru-mente zur Marktrisikosteuerung zum Einsatz:strategische Benchmarks für die Zinskompo-nente und die Währungsverteilung, ein Ver-zeichnis der zugelassenen Instrumente sowieein Meldewesen, dessen Schwerpunkte dasRisikopotential und die Wertentwicklung derPortefeuilles bilden.

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Die Steuerung des Zinsrisikos, das bei derVerwaltung der Währungsreserven und Ei-genmittel auftritt, erfolgt hauptsächlich überdie modifizierte Duration. Bei den Eigenmit-tel- und Devisenreserveportefeuilles wird die-se Kennzahl durch Bandbreiten um die modi-fizierte Duration der strategischen Bench-marks begrenzt. Das Wechselkursrisiko derDevisenreserveportefeuilles wiederum lässtsich durch Bandbreiten um die Benchmarkzur Währungsverteilung eindämmen. Value-at-Risk-Messungen ergänzen die Analyse derRisikopositionen. Eine weitere Maßnahmestellt die laufende Überwachung der Wert-entwicklung der Eigenmittel- und Devisenre-serveportefeuilles dar, über die auch entspre-chend berichtet wird.

Im Rahmen von geldpolitischen Geschäftenund Zahlungsverkehrsoperationen werdenzur Steuerung des Marktrisikos, welches denhinterlegten Sicherheiten anhaftet, im gesam-ten Eurosystem angemessene Instrumente(z. B. Bewertungsabschläge und Sicherheits-margen) herangezogen.

Liquiditätsrisiko

Das Liquiditätsrisiko bezeichnet die Gefahr,dass eine bestimmte Position auf Grund un-zureichender Markttiefe oder auf Grund vonMarktstörungen nicht oder nur schwer zumMarktpreis oder nahe daran liquidiert oderglattgestellt werden kann. Dieses Risiko wird,

bezogen auf die im Rahmen von geldpoliti-schen Geschäften und Zahlungsverkehrsope-rationen eingesetzten Sicherheiten, durch ent-sprechende Instrumente zur Risikosteuerungbegrenzt, im Zusammenhang mit Währungs-reserve- und Eigenmitteltransaktionen durcheine angemessene Auswahl an zulässigen In-strumenten und eine entsprechende Laufzei-tenstruktur der Portefeuilles.

Operatives Risiko

Unter dem operativen Risiko ist das Risikozu verstehen, auf Grund von Systemausfällen,menschlichem Versagen, Verstößen im inter-nen Kontrollwesen, Betrug, Katastrophenoder anderen unvorhergesehenen Ereignis-sen, die den Betrieb beeinträchtigen, Verlus-te zu erleiden. Eine entsprechende flächen-deckende Überwachung der internen Abläu-fe dient der Eindämmung dieses Betriebs-risikos. Im Rahmen seiner Ausfallplanung ste-hen dem Eurosystem im Notfall geeigneteEinrichtungen zur Verfügung.

Aktuelle Entwicklungen

Der stetigen Verbesserung des Risikoma-nagements wird große Bedeutung beigemes-sen. Zurzeit werden u. a. Methoden und Sys-teme zur Risikosteuerung analysiert und diePraxis auf der Ebene des Eurosystems wirddurchleuchtet.

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Kapitel III

Wirtschaftsentwicklung

in den übrigen Staaten

der Europäischen Union

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Das Eurosystem und die NZBen der nicht ander Währungsunion teilnehmenden EU-Mit-gliedstaaten arbeiten im Rahmen des Erwei-terten Rats der EZB eng zusammen, um ge-meinsam zur Gewährleistung der Preisstabili-tät in der gesamten EU beizutragen. In dieserHinsicht ist die Analyse der gesamtwirtschaft-lichen Rahmenbedingungen sowie der Geld-und Wechselkurspolitik ein integraler Be-standteil der Koordinierungsbemühungen zwi-schen dem Eurosystem und den vier derzeitnicht dem Eurogebiet angehörenden NZBen.Obwohl diese NZBen ihre Geldpolitik inner-halb eines anderen institutionellen und ope-rationalen Handlungsrahmens durchführen,besteht das oberste geldpolitische Ziel inallen Ländern in der Gewährleistung derPreisstabilität.

Dänemark

In Dänemark lag der Zuwachs des realenBruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 1999 mitschätzungsweise 1,5 % sowohl deutlich unterdem Durchschnitt des Eurogebiets als auchunter den hohen Wachstumsraten von 3 %und darüber, die von Mitte 1993 bis 1998verzeichnet worden waren. Im Laufe des Jah-res 1999 trugen die 1998 durchgeführtenstaatlichen Maßnahmen zur Verringerung derInlandsnachfrage und zur Erhöhung der Spar-quote (das so genannte Pfingstpaket) in Ver-bindung mit höheren Langfristzinsen zu einermerklichen Abschwächung der Binnennach-frage bei. Das außenwirtschaftliche Umfeldhellte sich jedoch auf und stützte den Außen-beitrag, sodass erneut ein Leistungsbilanz-überschuss verzeichnet wurde. Insgesamt be-fand sich Dänemark im Vergleich zu den meis-ten Euro-Ländern nach wie vor in einerrelativ weit fortgeschrittenen Phase des Kon-junkturzyklus und wies eine positive Produk-tionslücke auf. Am dänischen Arbeitsmarktnahmen die Verknappungserscheinungen 1999weiter zu. Im Dezember erreichte die Ar-beitslosenquote mit 4,1 % den niedrigstenWert seit fast 20 Jahren, da sich das Arbeits-kräfteangebot trotz der jüngsten Arbeits-marktinitiativen nicht ausweitete. Außerdemlagen die realen Lohnsteigerungen 1999 wie

schon in den beiden vorangegangenen Jahrenüber den Produktivitätszuwächsen.

Auf Grund der Lohnsteigerungen um rund4,0 %, die zudem nicht mehr durch fallendeÖlpreise ausgeglichen wurden, erhöhte sichder Inflationsdruck 1999 weiter. Infolgedes-sen beschleunigte sich der Anstieg des Har-monisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) imDezember 1999 auf 3,1 % (gegenüber einemDurchschnitt von 1,3 % im Jahr 1998), undder Abstand zwischen der HVPI-Teuerungs-rate in Dänemark und dem Durchschnitts-wert für das Eurogebiet vergrößerte sich auf1,4 Prozentpunkte. Die Lohnzuwachsratenschwächten sich in der Industrie leicht ab,legten im geschützteren Dienstleistungssek-tor aber zu. Der Anstieg der Gesamtlohnkos-ten im abgelaufenen Jahr hatte seine Ursa-che hauptsächlich im Tarifkonflikt vom Früh-jahr 1998, der insofern zu einer Verzerrungder Zahlen für 1998 führte, als die Lohnsum-me 1998 insgesamt niedriger als üblich aus-fiel.

Seit der konsequenten Haushaltskonsolidie-rung in den Jahren 1993 bis 1997, bei der sichder Haushaltssaldo von einem Defizit in Höhevon 2,9 % des BIP in einen Überschuss von0,1 % des BIP umkehrte, hat sich die Lage deröffentlichen Finanzen weiter verbessert. ImJuni 1998 wurde das Pfingstsparpaket verab-schiedet, das von 1999 bis 2002 eine schritt-weise Verminderung der Steuerabsetzmög-lichkeiten für Zinszahlungen und eine Anhe-bung der indirekten Steuern vorsieht, um demInflationsdruck entgegenzuwirken, der aufGrund der deutlich gestiegenen Binnennach-frage aufgetreten ist. Der Überschuss der öf-fentlichen Haushalte belief sich 1999 auf 3 %des BIP und war damit um nahezu 2 Prozent-punkte höher als im vorangegangenen Jahr.Die Schuldenquote ging 1999 um 3 Prozent-punkte auf 52,6 % zurück und verbessertesich damit ebenfalls weiter.

Die Geldpolitik der Danmarks Nationalbankzielt darauf ab, den Wechselkurs der däni-schen Krone gegenüber dem Euro zu stabili-sieren. Dänemark nimmt seit dem 1. Janu-ar 1999 am WKM II teil, und zwar mit einer

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engen Bandbreite von ± 2,25 % um den Leit-kurs des Euro. Die dänische Krone blieb 1999knapp über ihrem WKM-II-Leitkurs von7,46038 DKK gegenüber dem Euro stabil. Imersten Halbjahr 1999 senkte die DanmarksNationalbank ihre Leitzinsen zweimal: Am9. April 1999 setzte sie – im Einklang mit ei-nem Zinsbeschluss des Eurosystems – denRefinanzierungssatz um 50 Basispunkte her-ab, und am 17. Juni 1999 folgte eine Senkungum 5 Basispunkte. Im Gefolge der Zinsanhe-bungen des Eurosystems erhöhte die Zen-tralbank ihren Refinanzierungssatz am 4. No-vember 1999 um 45 Basispunkte, am 3. Fe-bruar 2000 um 30 Basispunkte und am16. März 2000 um weitere 25 Basispunkte auf3,85 %. Die kurzfristigen Zinsen zogen ge-messen an den Geldmarktsätzen für Dreimo-

natsgeld im Gesamtjahr um 0,2 Prozentpunk-te an, und der Abstand zu den vergleichbarenZinssätzen im Euro-Währungsgebiet bliebweitgehend konstant bei etwa 20 Basispunk-ten. Ende Februar 2000 lagen die kurzfristi-gen Zinsen bei 4,1 %, womit die Differenz zuden Zinssätzen im Euroraum 50 Basispunktebetrug.

Die anhand der Renditen zehnjähriger Staats-anleihen gemessenen langfristigen Zinsen stie-gen im Verlauf des vergangenen Jahres analogzum international anziehenden Zinsniveau umrund 1,3 Prozentpunkte. Im Februar 2000 be-stand gegenüber den durchschnittlichen Zins-sätzen im Euroraum ein Gefälle von ungefähr30 Basispunkten, das damit etwa ebenso hochwar wie Anfang des Jahres 1999.

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 1999 1999 1999 1999

Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 0,8 5,8 3,7 2,8 3,1 2,7 1,5 0,5 1,8 1,0 .

Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale Inlandsnachfrage einschließlichVorratsveränderungen 0,6 6,6 5,0 2,4 4,2 4,4 . 0,4 -0,9 0,6 .

Außenbeitrag 0,4 -0,8 -1,4 0,4 -1,1 -1,6 . 0,3 2,5 0,4 .

HVPI 0,9 1,8 2,0 2,1 1,9 1,3 2,1 1,4 1,8 2,3 2,8

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 2,3 3,5 3,5 2,9 3,8 3,0 . 4,5 6,3 3,7 .

Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 0,0 -2,5 0,5 1,4 2,8 2,4 . 6,3 4,3 3,6 .

Einfuhrpreise -0,7 1,5 2,4 0,2 2,1 -0,7 -0,3 -2,7 -1,9 0,4 3,1

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (% des BIP) . . . . 0,1 -0,1 . 0,2 0,1 0,2 .

Beschäftigung -1,5 -0,4 0,7 1,4 2,1 2,1 1,0 2,3 -0,0 1,0 .

Arbeitslosenquote (% der Erwerbspersonen) 10,1 8,2 7,2 6,8 5,6 5,1 4,5 4,8 4,5 4,4 4,2

Finanzierungssaldo (% des BIP) 2) 3) -2,9 -2,4 -2,3 -1,0 0,1 1,2 3,0 - - - -

Bruttoverschuldung (% des BIP) 2) 78,0 73,5 69,3 65,0 61,3 55,6 52,6 - - - -

Dreimonatszinssatz in % p.a. 4) 11,0 6,2 6,1 3,9 3,7 4,1 3,3 3,5 3,0 3,1 3,6

Langfristiger Zinssatz (Zehnjahresbereich)in % p.a. 4) 7,3 7,8 8,3 7,2 6,3 4,9 4,9 4,2 4,5 5,3 5,6

Wechselkurs gegenüber der ECUbzw. dem Euro 4) 5) 7,59 7,54 7,33 7,36 7,48 7,50 7,44 7,44 7,43 7,44 7,44

Tabelle 6Makroökonomische Indikatoren für Dänemark(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhen auf dem ESVG 95. Die Angaben zum HVPI bis 1995beruhen auf nationalen Definitionen und sind nicht vollständig mit den HVPI-Daten ab 1995 vergleichbar.1) Prozentpunkte.2) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterium.3) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.4) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.5) Nationale Währungseinheiten pro ECU bis Ende 1998; danach pro Euro.

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EZB- Jahresber i ch t • 199968

Griechenland

In Griechenland setzte sich der lebhafte Kon-junkturaufschwung 1999 fort. Die BIP-Wachs-tumsrate, die 1998 3,7 % betragen hatte, ging1999 nur leicht auf 3,5 % zurück, was vorallem auf den geringfügig negativen Beitragdes Außenhandels zum BIP-Wachstum zu-rückzuführen war. Die Hauptstütze der Kon-junktur waren nach wie vor die staatlichenund privaten Investitionen. Die Bruttoanlage-investitionen weiteten sich 1998 um 8,1 %und 1999 um 8,3 % aus. Nachdem das Wachs-tum der privaten Konsumausgaben 1998 zu-rückgegangen war, beschleunigte es sich von2,1 % im Jahr 1998 auf 2,6 % im Jahr 1999.Die Arbeitslosenquote war 1999 mit jahres-durchschnittlich schätzungsweise 10,5 % leichtrückläufig. Der Beschäftigungszuwachs sankvon 3,4 % im Jahr 1998 auf 1,2 % im abgelau-fenen Jahr.1 Das Handelsbilanzdefizit dürfte1999 (teilweise durch nicht gemeldete Aus-fuhren verzerrt) mit rund 13 % des BIP schät-zungsweise ähnlich hoch ausgefallen sein wieim Jahr zuvor.

Die HVPI-Teuerungsrate setzte ihren Ab-wärtstrend 1999 fort. Im September 1999 er-reichte der Anstieg des HVPI gegenüber demVorjahresmonat seinen niedrigsten Wert(1,5 %) und war somit um 2 Prozentpunkteniedriger als im Januar 1999, als er sich auf3,5 % belief. In den letzten drei Monaten desJahres 1999 nahm die HVPI-Inflationsrate abervor allem auf Grund der Energiepreisverteue-rung leicht zu und lag im Dezember 1999 mit2,4 % um 0,7 Prozentpunkte über dem Durch-schnitt des Euroraums.

Zum allgemeinen Rückgang der Inflation tru-gen vor allem die stabilitätsorientierte Geld-politik der griechischen Zentralbank sowieein deutlich abgeschwächter Anstieg derLohnstückkosten bei (2,5 % im Jahr 1999 ge-genüber 5,5 % im Vorjahr), der wiederumdurch kräftige Produktivitätssteigerungen unddie anhaltende Lohnzurückhaltung im An-schluss an den zweijährigen Tarifabschlussvom Mai 1998 begünstigt wurde. Die Kernin-flation, gemessen am HVPI ohne die Preisefür saisonabhängige Nahrungsmittel und

Energie, war über weite Strecken des Jah-res 1999 rückläufig und sank von 4,4 % imJanuar auf 1,7 % im Dezember 1999. Für dieAbschwächung der Inflation waren auch dieSenkung einer Reihe indirekter Steuern inden Jahren 1998 und 1999 und in geringeremUmfang das auf Preiszurückhaltung im priva-ten Sektor abzielende informelle Überein-kommen der griechischen Regierung mit derIndustrie von Bedeutung. Diese Steuersen-kungen und das informelle Übereinkommenhaben zusammen eine inflationshemmendeWirkung von schätzungsweise einem Prozent-punkt erbracht.

Nach einem erheblichen Defizitabbau von13,8 % auf 2,5 % des BIP im Zeitraum von1993 bis 1998 setzte Griechenland seinenKonsolidierungskurs auch 1999 mit einer wei-teren Defizitrückführung auf 1,6 % des BIPfort. Dieser Rückgang hing mit dem kräftigenZuwachs der Budgeteinnahmen zusammen,die sich von 50,8 % des BIP im Jahr 1998 auf51,7 % im Jahr 1999 erhöhten. Andererseitsgingen die Gesamtausgaben im Verhältnis zumBIP nur geringfügig von 53,3 % im Jahr 1998auf 53,2 % im Jahr 1999 zurück, wobei derRückgang in erster Linie durch die rückläufi-gen Zinsaufwendungen bedingt war. Außer-dem weitete sich der Primärüberschuss von6,4 % auf 7,1 % des BIP aus. Die öffentlicheSchuldenquote verringerte sich 1999 umeinen Prozentpunkt auf 104,4 % des BIP, alsoetwas langsamer als in den zwei Jahren zuvor,in denen sie jeweils um etwa 3 Prozentpunk-te abgenommen hatte. Damit hat sich dieSchuldenquote weniger günstig entwickelt, alsdie Defizitquote und das nominale Wirt-schaftswachstum vermuten ließen. Dies warper saldo auf die ungünstigen Faktoren wieetwa Kapitalaufstockungen staatlicher Unter-nehmen oder Bewertungsänderungen zurück-zuführen, die zwar in der Schuldenquote,nicht aber in der Defizitquote erfasst werden(„debt-deficit-adjustments“). Das im Dezem-ber 1999 vorgelegte aktualisierte Konver-genzprogramm enthielt ehrgeizigere Haus-

1 Der hohe Beschäftigungszuwachs im Jahr 1998 hängt damitzusammen, dass mehr als 200 000 ehemals illegale Einwanderereine Arbeitserlaubnis erhielten.

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69EZB- Jahresber i ch t • 1999

haltsziele als das Vorhergehende, was durchdie über den Erwartungen liegenden Ergeb-nisse in den Vorjahren begünstigt wurde. DasDefizit soll den Zielvorgaben zufolge im lau-fenden Jahr weiter auf 1,2 % des BIP und imkommenden Jahr auf 0,2 % des BIP zurückge-hen. Der Schuldenstand wird im Jahr 2000voraussichtlich nur leicht zurückgeführt wer-den, während für 2001 mit einem stärkerenAbbau um fast 4 Prozentpunkte auf 99,5 %des BIP zu rechnen ist.

Das oberste geldpolitische Ziel der griechi-schen Zentralbank bestand weiterhin in derGewährleistung der Preisstabilität, die als An-stieg des Verbraucherpreisindex (VPI) vonunter 2 % gegenüber dem Vorjahr definiertist. Die griechische Drachme trat am

16. März 1998 dem Wechselkursmechanis-mus des EWS bei und nimmt seit dem 1. Ja-nuar 1999 am WKM II teil, wobei für dieWährung eine Schwankungsbreite von ± 15 %um ihren Leitkurs von 353,109 GRD gegen-über dem Euro gilt. Im gesamten Jahr 1999notierte die Drachme im Einklang mit demZiel der Preisstabilität im Schnitt um 8,4 %über ihrem Leitkurs. Am 17. Januar 2000 wur-de der Leitkurs um 3,5 % auf 340,750 GRDangehoben.

Im Rahmen ihrer geldpolitischen Strategie hatdie griechische Zentralbank Referenzkorrido-re für die Jahreswachstumsrate der weit ge-fassten Geldmenge und die jährliche Auswei-tung der Kreditgewährung im Inland definiert.Gegenwärtig hat der Referenzkorridor für

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 1999 1999 1999 1999

Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP -1,6 2,0 2,1 2,4 3,4 3,7 3,5 . . . .

Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale Inlandsnachfrage einschließlichVorratsveränderungen -1,0 1,3 4,2 3,5 4,4 3,4 3,9 . . . .

Außenbeitrag -0,6 0,7 -2,1 -1,1 -1,1 0,3 -0,4 . . . .

HVPI . . . 7,9 5,4 4,5 2,3 3,4 2,2 1,7 2,2

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 9,8 10,8 12,9 8,8 12,4 5,8 4,8 - - - -

Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 12,6 10,7 11,6 5,9 8,4 5,5 2,5 - - - -

Einfuhrpreise 7,7 5,8 6,8 5,0 2,2 5,1 0,6 - - - -

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (% des BIP) -0,8 -0,1 -2,4 -3,6 -4,0 -3,0 -2,7 - - - -

Beschäftigung 0,9 1,9 0,9 -0,4 -0,3 3,4 1,2 - - - -

Arbeitslosenquote (% der Erwerbspersonen) 8,6 8,9 9,1 9,8 9,7 10,9 10,5 - - - -

Finanzierungssaldo (% des BIP) 2) 3) -13,8 -10,0 -10,2 -7,4 -3,9 -2,5 -1,6 - - - -

Bruttoverschuldung (% des BIP) 2) 116,9 109,3 108,7 111,3 108,5 105,4 104,4 - - - -

Dreimonatszinssatz in % p.a. 4) 19,1 26,7 16,4 13,8 12,9 13,9 10,3 10,8 10,0 10,1 10,4

Langfristiger Zinssatz (Zehnjahresbereich)in % p.a. 4) 23,4 20,9 17,3 14,6 10,2 8,5 6,3 6,1 5,9 6,6 6,7

Wechselkurs gegenüber der ECUbzw. dem Euro 4) 5) 268 288 303 306 309 331 326 323 325 326 329

Tabelle 7Makroökonomische Indikatoren für Griechenland(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhen auf dem ESVG 95.1) Prozentpunkte.2) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterium.3) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.4) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.5) Nationale Währungseinheiten pro ECU bis Ende 1998; danach pro Euro.

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EZB- Jahresber i ch t • 199970

beide Größen eine Bandbreite zwischen 7 %und 9 %. Das weit gefasste Geldmengenag-gregat lag 1999 mit einer Jahreswachstumsra-te von 5,6 % nicht ganz im Rahmen der Ziel-vorgaben, während sich die Ausweitung derKreditvergabe im Inland in der zweiten Jah-reshälfte 1999 stabilisierte. Letzteres hing un-ter anderem mit der vorübergehenden Min-destreservepflicht zusammen, die die griechi-sche Zentralbank für Banken einführte, beidenen das Wachstum der Kreditvergabe dieZielvorgaben überstieg. Allerdings überschrittdas inländische Kreditwachstum 1999 mit12,3 % gegenüber dem Vorjahr weiterhin dieObergrenze.

Am 13. Januar 1999 setzte die griechischeZentralbank den Mengentendersatz für 14-tägige Pensionsgeschäfte auf 12 % herab undsenkte ihn anschließend in zwei weiterenSchritten am 20. Oktober und 15. Dezem-ber 1999 auf 11,5 % bzw. 10,75 %. Am26. Januar und 8. März 2000 senkte sie die-sen als Leitzins geltenden Satz nochmals um100 bzw. 50 Basispunkte auf 9,25 %. Die kurz-fristigen Zinsen setzten ihren Abwärtstrendin der ersten Jahreshälfte 1999 fort und fie-len von 13,9 % im Jahresdurchschnitt 1998auf rund 10 % im zweiten Quartal 1999. Da-nach blieben sie für den Rest des Jahres weit-gehend unverändert – lediglich im Novem-ber 1999 war ein vorübergehender Anstiegzu vermerken. In den ersten zwei Monatendes Jahres 2000 fiel der Dreimonatszinssatz(ATHIBOR) weiter und belief sich EndeFebruar auf 8,7 %, sodass sich der Abstandzu den entsprechenden Zinsen im Euro-Währungsgebiet von 850 Basispunkten An-fang 1999 auf 510 Basispunkte verringerte.

Auch bei den langfristigen Zinsen hielt derrückläufige Trend in den ersten Monaten desJahres 1999 an, und die Zinssätze im Zehn-jahresbereich sanken von 6,3 % im Januar auf5,8 % im Mai. Danach stiegen sie langsam wie-der an und erreichten im Oktober 7,0 %, fie-len Ende Februar 2000 aber erneut auf 6,4 %.Der Renditevorsprung gegenüber dem Euro-gebiet verringerte sich von Januar 1999 bisFebruar 2000 von 250 Basispunkten auf etwa80 Basispunkte.

Schweden

In Schweden beschleunigte sich das Wachs-tum des realen BIP von 3,0 % im Jahr 1998auf 3,8 % im Jahr 1999. Die Erhöhung wurdewie im Vorjahr hauptsächlich von der kräftiganziehenden Inlandsnachfrage getragen. Die-se wurde wiederum durch den Anstieg derverfügbaren Realeinkommen (hauptsächlichinfolge der sehr niedrigen Inflation) und dasBeschäftigungswachstum sowie durch Vermö-genseffekte und das historisch niedrige Zins-niveau begünstigt. Die privaten Konsumaus-gaben und die Investitionen verzeichneten diehöchsten Zuwächse, während die Vorrats-veränderungen einen negativen Wachstums-beitrag von 0,5 Prozentpunkten leisteten. Au-ßerdem wurden die Exporte durch die welt-wirtschaftliche Abkühlung Ende 1998 undAnfang 1999 weniger stark beeinträchtigt alserwartet, wohingegen sich das Wachstum derImporte merklich abschwächte. Der Außen-handel leistete daher im Gegensatz zu 1998wieder einen positiven Wachstumsbeitrag.Seit Herbst 1997 ist die Arbeitslosenquotebeträchtlich gesunken, wobei das Beschäfti-gungswachstum 1999 vor allem im Bereichder privaten Dienstleistungen weiter zulegte.Ende 1999 betrug die Arbeitslosigkeit 6,5 %der Erwerbspersonen; im Jahr 1998 hatte siedemgegenüber bei durchschnittlich 8,3 % ge-legen. Der Handelsbilanzüberschuss war mit6,9 % des BIP fast ebenso hoch wie im Vor-jahr, während der Leistungsbilanzüberschussgeringfügig auf 2,8 % des BIP schrumpfte.

Ausgehend von einem sehr niedrigen Anfangs-niveau stieg die Inflation auf der Verbrau-cherebene 1999 hauptsächlich als Folge derÖlpreisverteuerung. Die am UND1X gemes-sene Kerninflation (VPI abzüglich der Zins-aufwendungen und der direkten Auswirkun-gen geänderter indirekter Steuern und Sub-ventionen) erhöhte sich von knapp 1 % imJahr 1998 auf 1,9 % im Dezember 1999. DieHVPI-Inflationsrate belief sich im Dezem-ber 1999 auf 1,2 %, lag also 0,5 Prozentpunk-te unter dem Durchschnitt des Eurogebiets.Über weite Strecken des Jahres gehörteSchweden damit zu den drei preisstabilstenMitgliedstaaten der EU. Allerdings überstei-

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71EZB- Jahresber i ch t • 1999

gen die Reallohnzuwächse weiterhin das Pro-duktivitätswachstum und stellen mittelfristigdas nach wie vor größte Risiko für Preisstabi-lität und Beschäftigung dar.

Im Anschluss an eine gründliche Haushaltssa-nierung zwischen 1993 und 1998, im Zugederer das Haushaltsdefizit von 11,9 % des BIPin einen Überschuss von 1,9 % umgewandeltwurde, haben sich die öffentlichen Finanzen1999 bei einem Haushaltsplus in Höhe von1,9 % des BIP stabilisiert. Die Schuldenquoteverminderte sich im abgelaufenen Jahr um6,9 Prozentpunkte auf 65,5 % des BIP. Im ak-tualisierten schwedischen Konvergenzpro-gramm vom November 1999 wird für die Jah-re 2001 und 2002 ein Budgetüberschuss von2 % des BIP angestrebt. Gemäß den Zielvor-gaben sollen die Staatsschulden im Jahr 2000

um 6,7 Prozentpunkte auf 58,8 % und 2001weiter auf 54,1 % des BIP zurückgeführt wer-den.

Am 1. Januar 1999 trat ein neues Gesetz zurStärkung der Unabhängigkeit der SverigesRiksbank in Kraft. Das vorrangige Ziel derschwedischen Geldpolitik ist die Gewährleis-tung der Preisstabilität. Seit 1993 verfolgtdie Sveriges Riksbank eine flexible Wechsel-kurspolitik und richtet ihre Geldpolitik aufein explizites Inflationsziel aus. Dieses Inflati-onsziel besteht in einer VPI-Teuerungsratevon 2 % mit einer Toleranzbreite von± 1 Prozentpunkt. Anfang 1999 stellte dieSveriges Riksbank im Hinblick auf das Inflati-onsziel klar, dass Abweichungen vertretbarsind, wenn die Teuerung beispielsweise durchtemporäre Faktoren beeinflusst wird. Dies

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 1999 1999 1999 1999

Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP -1,8 4,1 3,7 1,1 2,0 3,0 3,8 3,9 3,7 3,8 3,8

Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale Inlandsnachfrage einschließlichVorratsveränderungen -5,1 2,9 1,9 0,7 0,8 3,5 3,3 3,8 2,1 3,6 3,7

Außenbeitrag 3,3 1,2 1,9 0,4 1,3 -0,5 0,5 0,1 1,6 0,2 0,1

HVPI . . . 0,8 1,8 1,0 0,6 0,2 0,3 0,7 1,0

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 4,7 3,0 6,7 3,1 3,4 3,3 3,2 3,2 . .

Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) . -0,1 0,5 5,1 0,4 1,5 2,4 1,7 3,8 . .

Einfuhrpreise 13,3 4,7 6,5 -3,5 1,9 -1,0 2,5 -1,0 2,5 3,6 4,9

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (% des BIP) -1,7 0,7 2,9 2,6 3,3 3,6 2,0 2,5 1,1 3,3 .

Beschäftigung -5,5 -0,9 1,6 -0,6 -1,1 1,4 2,2 2,7 3,0 1,8 1,5

Arbeitslosenquote (% der Erwerbspersonen) 9,1 9,4 8,8 9,6 9,9 8,3 7,0 7,5 7,0 6,9 6,6

Finanzierungssaldo (% des BIP) 2) 3) -11,9 -10,9 -6,8 -3,4 -2,0 1,9 1,9 - - - -

Bruttoverschuldung (% des BIP) 2) 75,8 79,0 77,6 76,0 75,0 72,4 65,5 - - - -

Dreimonatszinssatz in % p.a. 4) 8,8 7,7 8,8 6,0 4,4 4,4 3,3 3,3 3,1 3,2 3,7

Langfristiger Zinssatz (Zehnjahresbereich)in % p.a.4) 8,6 9,7 10,2 8,0 6,6 5,0 5,0 4,2 4,5 5,5 5,7

Wechselkurs gegenüber der ECUbzw. dem Euro 4) 5) 9,11 9,16 9,33 8,52 8,66 8,91 8,81 8,98 8,90 8,71 8,65

Tabelle 8Makroökonomische Indikatoren für Schweden(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhen auf dem ESVG 95.1) Prozentpunkte.2) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterium.3) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.4) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.5) Nationale Währungseinheiten pro ECU bis Ende 1998; danach pro Euro.

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EZB- Jahresber i ch t • 199972

war 1999 der Fall. In der Praxis beruhte dieGeldpolitik auf einer Beurteilung der Kernin-flation nach dem UND1X, die 1999 im Schnittbei 1,5 % lag.

Die kurzfristigen Zinssätze waren zu Jahres-beginn 1999 auf Grund der zweimaligen Sen-kung des Reposatzes der Sveriges Riksbankum insgesamt 50 Basispunkte auf 2,9 % imMärz 1999 rückläufig. Der Reposatz wurdeam 11. November 1999 um 35 Basispunkteund am 4. Februar 2000 um weitere 50 Ba-sispunkte auf 3,75 % angehoben, da die Pro-gnosen für die nächsten ein bis zwei Jahre aufeine leicht über dem Inflationsziel liegendeTeuerungsrate hindeuteten. Gegen Ende desJahres zogen die Kurzfristzinsen sogar nochstärker an. Der Abstand zwischen den kurz-fristigen Zinssätzen in Schweden und im Eu-roraum verringerte sich im Laufe des Jah-res 1999 leicht und betrug Ende Februar 200050 Basispunkte. Die schwedische Krone wer-tete 1999 und in den ersten beiden Monatendes Jahres 2000 gegenüber dem Euro um etwa10 % auf, nachdem sie im zweiten Halb-jahr 1998 einen ungefähr ebenso hohenWertverlust erfahren hatte. Die Aufwertungder schwedischen Krone war vor allem aufdie verbesserten Konjunkturaussichten inSchweden zurückzuführen.

Die langfristigen Zinssätze stiegen im Jahres-verlauf 1999 um 1,6 Prozentpunkte und setz-ten diesen Aufwärtstrend auch im Jahr 2000fort: Ende Februar 2000 lagen sie bei 5,8 %.Im Zehnjahresbereich vergrößerte sich derAbstand zum Eurogebiet im Laufe des Jah-res 1999 leicht, wofür unter anderem die imVergleich zum Euroraum verbesserten Kon-junkturaussichten in Schweden verantwort-lich waren. Ende Februar 2000 hatte sich dieDifferenz geringfügig auf 30 Basispunkte ver-ringert.

Vereinigtes Königreich

Im Vereinigten Königreich stieg das reale BIP1999 um 2 % an, während es 1998 noch um2,2 % gewachsen war. Nach einer konjunktu-rellen Abkühlung in der zweiten Jahreshälf-

te 1998 fasste die Wirtschaft im Jahresver-lauf 1999 wieder Tritt. Maßgeblich für dasWachstum war die inländische Nachfrage, ins-besondere die privaten Konsumausgaben, dievon den beachtlichen Reallohnzuwächsen,niedrigeren Hypothekenzinsen und Vermö-genseffekten (vor allem im Zusammenhangmit steigenden Immobilienpreisen) profitier-ten. Allerdings blieb das Wachstum des Ex-portvolumens, obwohl es sich Mitte des Jah-res verbesserte, weit hinter der Zunahmedes Importvolumens zurück. Dies hatte seineUrsache im festen Pfund Sterling, der verhal-tenen Konjunktur in einigen Exportmärktenund der raschen Ausweitung der Binnennach-frage und führte dazu, dass ein weiterhin ne-gativer Außenbeitrag das jahresdurchschnitt-liche BIP-Wachstum bremste. Trotz des et-was langsameren Wirtschaftswachstums gingdie Arbeitslosigkeit 1999 weiter zurück: ImJahresdurchschnitt sank die Arbeitslosenquo-te auf 6,2 %, gegenüber 6,3 % im Jahr zuvor.

Die Inflation hielt sich nach wie vor in Gren-zen, und die Preissteigerung gemessen amEinzelhandelspreisindex ohne Hypotheken-zinszahlungen (RPIX) betrug 1999 2,3 %, ge-genüber 2,7 % im Jahr 1998. Die HVPI-Teue-rungsrate war um 0,3 Prozentpunkte höherals der jährliche Durchschnitt des Euro-Wäh-rungsgebiets und belief sich im Jahresdurch-schnitt 1999 auf 1,4 %, verglichen mit 1,6 %im vorangegangenen Jahr. Ende 1999 und An-fang 2000 lag die HVPI-Inflationsrate jedochdeutlich unter dem Durchschnitt des Eu-roraums. Die verhaltene Preisentwicklungdürfte mehrere Ursachen gehabt haben, un-ter anderem die Aufwertung des Pfund Ster-ling, den verstärkten Wettbewerb im Einzel-handel und die Forcierung von Preissenkun-gen im Versorgungssektor durch dieentsprechenden Aufsichtsbehörden. Währenddie Inflation insgesamt gedämpft blieb, zogendie Immobilienpreise auf Grund der im histo-rischen Vergleich niedrigen Hypothekenzin-sen sowie der tatsächlichen und noch zu er-wartenden Belebung der Konjunktur rascheran.

Der Staatshaushalt verzeichnete im vergan-genen Jahr einen Überschuss von 1,2 % des

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73EZB- Jahresber i ch t • 1999

BIP, verglichen mit 0,3 % im Jahr zuvor. Dieöffentlichen Ausgaben sanken gemessen amBIP von 40,3 % im Jahr 1998 auf 39,9 % imabgelaufenen Jahr, wohingegen die Einnahmennur geringfügig von 40,5 % auf 40,6 % des BIPanstiegen. Die Schuldenquote vermindertesich 1999 in Relation zum BIP auf 46 %, ge-genüber 48,4 % im Jahr davor.

Für das Jahr 1999 gab die Regierung des Ver-einigten Königreichs der Bank of England fürdie Geldpolitik ein unverändertes Inflations-ziel in Höhe von 2,5 % (gemessen am Anstiegdes RPIX) vor. Der Reposatz der Bank ofEngland wurde angesichts der im ersten Halb-jahr abflauenden Konjunktur und deren vor-aussichtlichen Auswirkungen auf die Inflationschrittweise von 6,25 % Anfang 1999 auf 5 %

im Juni herabgesetzt. Zwischen dem 8. Sep-tember 1999 und dem 10. Februar 2000 wur-de der offizielle Leitzins jedoch in vier Schrit-ten von jeweils 25 Basispunkten wieder auf6 % angehoben. Dahinter stand die Sorge, diestarke Auslandsnachfrage, der kräftige Kon-sum im Inland (einschließlich der Auswirkun-gen des lebhaften Immobilienmarkts) und dieanhaltenden Verknappungserscheinungen amArbeitsmarkt könnten künftig Inflationsdruckhervorrufen. Die kurzfristigen Marktzinsensanken in den ersten acht Monaten des Jah-res 1999 um etwa einen Prozentpunkt auf5,1 %, stiegen dann aber wieder an und belie-fen sich Ende Februar 2000 auf 6,2 %. DerZinsabstand zu den Euro-Ländern betrug EndeFebruar 2000 260 Basispunkte.

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 1999 1999 1999 1999

Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 2,3 4,4 2,8 2,6 3,5 2,2 2,0 1,4 1,6 2,1 2,9

Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale Inlandsnachfrage einschließlichVorratsveränderungen 1,9 3,3 1,8 3,0 3,7 4,1 3,5 4,0 3,2 2,8 4,0

Außenbeitrag 0,1 0,9 1,0 -0,5 -0,3 -2,1 -1,6 -2,7 -1,7 -0,9 -1,3

HVPI 2,5 2,0 2,6 2,5 1,8 1,6 1,4 1,6 1,4 1,2 1,2

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 3,6 3,4 2,0 3,2 4,6 5,4 . 4,9 4,6 4,8 .

Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 0,1 -0,5 1,4 1,7 2,9 3,8 . 4,2 4,0 3,4 .

Einfuhrpreise 8,6 3,1 6,1 0,3 -6,7 -6,3 -2,6 -3,8 -3,2 -2,3 -1,1

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (% des BIP) -0,2 -0,0 -0,0 0,0 0,1 -0,0 . -0,2 -0,1 -0,1 .

Beschäftigung -1,2 0,8 1,1 1,0 1,8 1,0 1,2 1,2 1,3 1,2 1,1

Arbeitslosenquote (% der Erwerbspersonen) 10,5 9,8 8,8 8,3 7,3 6,3 6,2 6,3 6,0 5,9 5,9

Finanzierungssaldo (% des BIP) 2) 3) -8,0 -6,8 -5,8 -4,4 -2,0 0,3 1,2 - - - -

Bruttoverschuldung (% des BIP) 2) 45,5 48,7 52,1 52,6 50,8 48,4 46,0 - - - -

Dreimonatszinssatz in % p.a. 4) 5,9 5,5 6,7 6,0 6,8 7,3 5,4 5,5 5,2 5,2 5,9

Langfristiger Zinssatz (Zehnjahresbereich)in % p.a.4) 7,5 8,2 8,3 7,9 7,1 5,6 5,0 4,4 4,8 5,4 5,5

Wechselkurs gegenüber der ECUbzw. dem Euro 4) 5) 0,78 0,78 0,83 0,81 0,69 0,68 0,66 0,69 0,66 0,65 0,64

Tabelle 9Makroökonomische Indikatoren für das Vereinigte Königreich(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhen auf dem ESVG 95. Die Angaben zum HVPI bis 1995beruhen auf nationalen Definitionen und sind nicht vollständig mit den HVPI-Daten ab 1995 vergleichbar.1) Prozentpunkte.2) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterium.3) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.4) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.5) Nationale Währungseinheiten pro ECU bis Ende 1998; danach pro Euro.

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Das Pfund Sterling wertete 1999 gegenüberdem Euro deutlich auf. Dies könnte unteranderem durch die in den letzten Jahren un-terschiedlich verlaufene Konjunktur im Ver-einigten Königreich und den Ländern des Eu-rogebiets bedingt gewesen sein. Außerdemwurde das Pfund Sterling auf Grund seinertraditionell engen Verbindung zum US-Dollarwahrscheinlich durch die feste US-Währungund die Hochkonjunktur in den VereinigtenStaaten gestützt.

Die langfristigen Zinssätze zogen im Jahres-verlauf 1999 um etwa einen Prozentpunkt anund lagen Ende Februar 2000 bei 5,4 %. ImZehnjahresbereich waren die Zinsen Ende Fe-bruar 2000 so hoch wie im Euroraum, wäh-rend Anfang 1999 noch eine Zinsdifferenz von50 Basispunkten bestanden hatte.

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Kapitel IV

Das Eurosystem

und die Zusammenarbeit

auf europäischer

und internationaler Ebene

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1 Europäische Themen

1.1 Bilaterale Beziehungen

Im Verlauf des Jahres 1999 hat die EZB engeBeziehungen mit den Zentralbanken be-nachbarter Staaten außerhalb der EU aufge-baut. Nicht zuletzt auf Grund der zunehmen-den Bedeutung des Euro als Ankerwährungfür die Geld- und Wechselkurspolitik zeigtdas Eurosystem ein klares Interesse an derwirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder,vor allem in Bezug auf die Nachhaltigkeit desWirtschaftswachstums und der Stabilitäts-politik. In Anbetracht dessen ist dem perma-nenten Dialog und der Zusammenarbeit mitden Währungsbehörden dieser Länder einsehr hoher Stellenwert beizumessen.

Das Eurosystem hat seine Aufmerksamkeitvor allem auf drei Gruppen von Staaten inEuropa gelenkt:

• Die erste Gruppe umfasst die Beitrittslän-der, die in die EU aufgenommen werdensollen (Bulgarien, Estland, Lettland, Litau-en, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei, Slo-wenien, die Tschechische Republik, Un-garn, Zypern). Die Türkei wurde auf derTagung des Europäischen Rats in Helsinkiam 10. und 11. Dezember zwar als Bei-trittskandidat anerkannt, erfüllt derzeit al-lerdings noch nicht die Voraussetzungenfür die Aufnahme von Beitrittsverhandlun-gen.

• Der zweiten Gruppe gehören die Staatender Europäischen Freihandelsassoziation,EFTA, an (Island, Liechtenstein, Norwegenund die Schweiz), die bereits einen hohenGrad an wirtschaftlicher und institutionel-ler Integration mit der EU aufweisen, wasauch durch das Abkommen über den Eu-ropäischen Wirtschaftsraum und weitereÜbereinkommen belegt wird.

• Die dritte Gruppe bilden die Regionen undGebiete am Westbalkan, vor allem Kosovound Montenegro, in denen nach dem Ko-sovo-Krieg 1999 die internationale Staa-tengemeinschaft Bemühungen unternom-

men hat, Frieden und Stabilität in diesemRaum wiederherzustellen und die Wirt-schaft wieder aufzubauen.

Beitrittsländer

Das Eurosystem hat ein unmittelbares Inte-resse an den Entwicklungen im Vorfeld desBeitritts der neuen EU-Mitgliedstaaten, imZusammenhang mit ihrer späteren Teilnah-me am neuen Wechselkursmechanismus(WKM II) und schließlich in Bezug auf dieEinführung des Euro in diesen Ländern, wennsie die Bedingungen vollständig erfüllen. MitBlick auf ihre zukünftige Eingliederung in dasEuropäische System der Zentralbanken(ESZB) und später in das Eurosystem er-scheint ein permanenter Dialog zwischen demEurosystem und den Zentralbanken der Bei-trittsländer daher unverzichtbar.

Die offiziell anerkannten Beitrittsländer ge-nießen bereits einen Sonderstatus und un-terhalten enge Beziehungen mit der EU. ImLaufe des Jahres 1999 nahmen die EU undsechs Beitrittsländer (Estland, Polen, Slowe-nien, die Tschechische Republik, Ungarn undZypern) Verhandlungen über das Kapitel„WWU“ auf, d. h. über die Umsetzung derBestimmungen des Vertrags zur Gründungder Europäischen Gemeinschaft und abgelei-teter EU-Rechtsakte zur Wirtschafts- undWährungsunion. Die EU bekräftigte, dass sienicht bereit sei, den Beitrittsländern Opting-out-Klauseln zu gewähren. Die Beitrittslän-der haben ihrerseits auf keine besonderenÜbergangsregelungen Anspruch erhoben. DieVerhandlungen über das Kapitel WWU konn-ten dadurch bereits provisorisch abgeschlos-sen werden. Verhandlungen mit weiterensechs Beitrittsländern (Bulgarien, Lettland, Li-tauen, Malta, Rumänien und der SlowakischenRepublik) wurden im Februar 2000 aufge-nommen. Ein genauer Zeitplan für die EU-Erweiterung muss noch ausgearbeitet wer-den, der Europäische Rat in Helsinki hat imDezember 1999 allerdings beschlossen, dass„die Union in der Lage sein sollte, ab Ende

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2002 neue Mitgliedstaaten aufzunehmen, so-bald diese nachgewiesen haben, daß sie diePflichten einer Mitgliedschaft auf sich neh-men können, und sobald der Verhandlungs-prozeß zu einem erfolgreichen Abschluß ge-bracht worden ist“.

Das Eurosystem ist nicht unmittelbar in denVerhandlungsprozess eingebunden. Allerdingsist seine Mitwirkung im weiteren Rahmendes Beitrittsprozesses unbedingt notwendig,vor allem auf den Gebieten, die in den ge-meinsamen oder ausschließlichen Zuständig-keitsbereich des Eurosystems fallen, nämlichWährungspolitik, Verwaltung der Währungs-reserven, Wechselkurspolitik, Zahlungsver-kehrssysteme, Erhebung statistischer Datensowie Sicherung der Finanzmarktstabilität.

Ausgehend von den für das Eurosystem be-sonders relevanten Bereichen lässt sich derBeitrittsprozess in vier Stufen unterteilen, diegetrennt untersucht werden sollten.

Zunächst steht es den Beitrittsländern vorihrem EU-Beitritt frei, ihre eigene Geld- undWechselkurspolitik zu verfolgen. Das Euro-system beobachtet die entsprechenden Ent-wicklungen in den Beitrittsländern genau,nicht zuletzt im Hinblick auf ihre zukünftigeEU-Mitgliedschaft. Die Kandidatenländer ha-ben auch dafür Sorge zu tragen, dass dieWWU-relevanten Teile des gemeinschaftli-chen Besitzstands (des Acquis Communautaire,der inzwischen auch als Acquis de l’Union be-zeichnet wird) in die nationale Gesetzgebungübernommen und noch vor dem Beitrittrechtskräftig umgesetzt werden.

In der Phase vor dem Beitritt werden dieBeitrittskandidaten die 1993 auf der Ratsta-gung in Kopenhagen festgelegten Kriterienzu erfüllen haben. Hierzu zählen u. a. dasVorhandensein einer „funktionsfähigenMarktwirtschaft sowie die Fähigkeit, demWettbewerbsdruck und den Marktkräften in-nerhalb der Union standzuhalten,“ und „dieFähigkeit, die aus einer Mitgliedschaft erwach-senden Verpflichtungen zu übernehmen undsich die Ziele der [...] Wirtschafts- und Wäh-rungsunion zu eigen zu machen“.

Die Einhaltung dieser Kopenhagener Kriteri-en setzt voraus, dass die Beitrittsländer eineVielzahl von Strukturreformen durchführenund den Übergang von der Planwirtschaft zueiner funktionierenden Marktwirtschaft be-wältigen, wodurch sie eine reale Konvergenzerzielen, die den Lebensstandard in ihren Län-dern hebt und die fortschreitende Integrati-on ihrer Volkswirtschaften in die EU ermög-licht. Obwohl die Erfüllung der Maastricht-Kriterien über die nominale Konvergenzkeine Voraussetzung für den Beitritt darstellt,bedeutet „sich die Ziele der Wirtschafts- undWährungsunion zu eigen machen“ auch dieBereitschaft, Maßnahmen zur schrittweisennominalen Konvergenz weiter voranzutreibenund eine stabilitätsorientierte Geld- und Fis-kalpolitik zu betreiben. Reale und nominaleKonvergenz stellen letztlich zwei Aspekte einund derselben Strategie zur Erreichung vonnachhaltigem nichtinflationären Wirtschafts-wachstum dar, die folglich gleichzeitig zumTragen kommen müssen.

Bei ihrem Beitritt zur EU werden die neuenMitgliedstaaten dann in die Wirtschafts- undWährungsunion aufgenommen, allerdings mitdem Sonderstatus von „Mitgliedstaaten, fürdie eine Ausnahmeregelung gilt“. Konkretbedeutet dies, dass sie gemäß dem Vertragzur Gründung der Europäischen Gemein-schaft ihre Wechselkurspolitik (Artikel 124)und ihre Wirtschaftspolitik (Artikel 99) alseine Angelegenheit von gemeinsamem Inte-resse betrachten. Allerdings werden sie denEuro nicht sofort einführen, und die Verant-wortung für die Währungspolitik in diesenLändern verbleibt bei den jeweiligen Zen-tralbanken. Was den institutionellen Rahmenbetrifft, werden die Zentralbanken der neu-en EU-Mitgliedstaaten Teilnehmer am ESZB.So wie derzeit die Zentralbanken von Däne-mark, Griechenland, Schweden und dem Ver-einigten Königreich werden sie zwar im Er-weiterten Rat der EZB vertreten sein, nichtaber im EZB-Rat, dem obersten Beschluss-organ der EZB. Die Zentralbanken werdenunter anderem zur Erhebung statistischerDaten beizutragen und die Konsolidie-rung ihrer Bilanzen nach ihrer Aufnahme inden Euroraum sicherzustellen haben (Ka-

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pitel XI Abschnitt 2.3 enthält eine Beschrei-bung der sonstigen Aufgaben des Erweiter-ten Rats der EZB).

Es wird von den neuen Mitgliedstaaten er-wartet, dass sie nach ihrem Beitritt zur EU(wenn auch nicht unbedingt zum Zeitpunktdes Beitritts) dem Wechselkursmechanismus(WKM II) beitreten, der die Währungen dernicht an der Währungsunion teilnehmendenMitgliedstaaten (derzeit die dänische Kroneund die griechische Drachme) an den Eurobindet. Auf Grund der Flexibilität des WKM IImüsste es möglich sein, die länderspezifischeWirtschaftslage bei der Auslegung der WKM-II-Beitrittsbedingungen zu berücksichtigen.

Zuletzt werden die neuen Mitgliedstaaten inder Lage sein, gleichberechtigt am Euroraumteilzunehmen. Die Aufnahme wird in jedemeinzelnen Fall von einer Prüfung der Konver-genzlage abhängen, die zumindest alle zweiJahre oder auf Antrag des jeweiligen Landesselbst erfolgt. Wenn die neuen Mitgliedstaa-ten die im Maastricht-Vertrag dargelegten Be-dingungen erfüllen, werden sie den Euro ein-führen.

Die Beitrittsländer werden sich möglicher-weise unterschiedlich schnell der Einführungdes Euro annähern. In Anbetracht der Un-terschiede bei den Ausgangsniveaus und beider wirtschaftlichen Umstellung sollte eineVielfalt von Ansätzen möglich sein, ohne dassdie Gleichbehandlung der Beitrittskandidatenin Frage gestellt wird. Die nominalen Kon-vergenzkriterien sollten konsequent umge-setzt werden, um den Kandidatenländern kla-re Anhaltspunkte für die Ausrichtung ihrerWirtschaft auf die Anforderungen und Ziel-vorgaben der WWU zu geben.

Das Eurosystem berät die Beitrittskandidatenbei der Durchführung geeigneter Strukturre-formen und der Umsetzung einer kohärentenStabilitätspolitik im Sinne der Beitritts- undKonvergenzkriterien. Dazu gehört auch, dassdas Eurosystem den Beitrittsländern in sei-nem Kompetenzbereich technische Unter-stützung gewährt. Mehrere nationale Zentral-banken (NZBen) des Euroraums stellen den

Zentralbanken der Kandidatenländer bereitsauf verschiedensten Gebieten ihre technischeExpertise zur Verfügung und werden diesauch weiterhin tun. Die Nachfrage der Bei-trittsländer nach technischer Hilfe wird wahr-scheinlich im Zuge ihrer Vorbereitungsarbei-ten auf die Eingliederung in das ESZB undspäter das Eurosystem weiter steigen. DasEurosystem entwickelt daher zurzeit geeig-nete Verfahren, um der wachsenden Nach-frage koordiniert und effizient nachkommenzu können und gleichzeitig sicherzustellen,dass alle Beitrittsländer die erforderliche Un-terstützung erhalten. Die Ressourcen und dieExpertise der Mitglieder des Eurosystems sol-len dabei voll zum Tragen kommen, währendgleichzeitig die Konsistenz der Ansätze undStrategien gewährleistet sein soll.

Das Helsinki-Seminar zum Beitrittsprozess

Um einen Dialog mit den Währungsbehör-den der Beitrittsländer aufzubauen, wurdevom 10. bis zum 12. November 1999 in Hel-sinki ein Seminar auf hoher Ebene abgehal-ten, an dem das Eurosystem sowie die Präsi-denten und Vizepräsidenten der Zentralban-ken von Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen,Malta, Polen, Rumänien, der Slowakei, Slowe-nien, der Tschechischen Republik, Ungarn undZypern teilnahmen. Das Seminar wurde ge-meinsam von der Europäischen Zentralbank(EZB) und Suomen Pankki, der finnischenZentralbank, organisiert.

Ziel des Seminars war es, auf die mit demBeitrittsprozess verbundenen Zentralbank-themen einzugehen, die wichtigsten Problem-bereiche darzustellen und die Kooperationzwischen dem Eurosystem und den Zentral-banken der Beitrittsländer zu stärken.

In umfassenden und konstruktiven Gesprä-chen wurde ein breites Spektrum von The-men abgedeckt, die von der Übernahme derWWU-relevanten Teile des Acquis Commu-nautaire über die Wechselkursstrategien derBeitrittsländer bis zu den Voraussetzungenfür das reibungslose Funktionieren der Ban-kensysteme und Finanzmärkte reichten.

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In den kommenden Jahren werden weitereTagungen dieser Art abgehalten werden; dieerste Folgeveranstaltung wird dieses Jahr inWien stattfinden.

Seminare der EZB für Vertreter derZentralbanken der Beitrittsländer

Seit dem Helsinki-Seminar haben einige Ex-pertentreffen auf multilateraler Ebene bei derEZB stattgefunden. Diese Treffen sind Teileines alle Geschäftsbereiche der EZB umfas-senden Gesamtkonzepts zur Entwicklung mul-tilateraler Kontakte sowohl auf der oberstenFührungsebene (Präsidenten und Vizepräsi-denten) als auch auf Expertenebene.

Diese multilateralen Veranstaltungen werdenergänzt durch bilaterale Besuche von Dele-gationen der Zentralbanken der Beitrittslän-der bei der EZB, die einen tiefer gehendenMeinungsaustausch auf Management- und Ex-pertenebene, vor allem vor dem Hintergrundder zukünftigen Eingliederung dieser Zentral-banken in das ESZB, ermöglichen. Die EZBbeabsichtigt, die Zusammenarbeit mit denZentralbanken der Kandidatenländer sowohlauf multilateraler als auch auf bilateraler Ebe-ne auszubauen.

Beziehungen mit den Zentralbanken derEFTA-Länder

Die EZB erhielt 1999 die traditionellen Kon-takte mit den Zentralbanken von Island, Nor-wegen und der Schweiz weiterhin aufrecht,zu denen im Halbjahresabstand auch regel-mäßige Treffen der Zentralbankpräsidentengehören. Bei diesen Treffen wird ein breitesSpektrum an Themen von gemeinsamem In-teresse behandelt.

Überdies hat die EZB mit der Norges Bankein Swap-Abkommen für eine Dauer vonzwölf Monaten abgeschlossen, das am 1. Ja-nuar 1999 in Kraft trat. Das Abkommen lös-te ähnliche bilaterale Swap-Abkommen vonNZBen des Euroraums mit der Norges Bankab. Auf Antrag der Norges Bank beschloss

der EZB-Rat im Dezember 1999, das Swap-Abkommen über 1 500 Mio € für das Jahr2000 zu erneuern.

Währungspolitische Entwicklungen in denLändern des Westbalkan

Im Rahmen der Stabilisierungsmaßnahmen dervon den Vereinten Nationen im Kosovo ein-gesetzten Übergangsverwaltung (United Na-tions Interim Administration Mission in Ko-sovo – UNMIK) wurde die Deutsche Markals die offizielle Währung für Zahlungen anöffentliche Einrichtungen festgelegt. Darüberhinaus wurde die Verwendung jeglicherFremdwährung, die auf dem Gebiet des Ko-sovo weit verbreitet ist, für Zahlungen aufvertraglicher und sonstiger freiwilliger Basisfreigegeben.

Tatsächlich waren D-Mark-Banknoten im Ko-sovo schon vor der Gesetzesänderung alsZahlungsmittel im Bargeldverkehr und alsWertaufbewahrungsmittel weit verbreitet.

Am 2. November 1999 verlautbarte die Re-gierung der Republik Montenegro, dass zu-sätzlich zum jugoslawischen Dinar die Deut-sche Mark als Zahlungsmittel in Montenegroeingeführt wird. Wie im Kosovo hatte dieDeutsche Mark auch hier bereits zuvor einezentrale Rolle als Wertaufbewahrungs- undZahlungsmittel gespielt.

Sowohl im Falle des Kosovo als auch derRepublik Montenegro sind die Verweise aufdie Deutsche Mark in der Gesetzgebung ei-gentlich als Bezugnahmen auf den Euro zuverstehen. Die jeweiligen Behörden habenihre Beschlüsse einseitig getroffen, sodass sichdaraus für das Eurosystem keine Auswirkun-gen im Sinne rechtlicher Verpflichtungen odereiner Einschränkung des geldpolitischenHandlungsrahmens ergeben.

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1.2 Koordination der Wirtschaftspolitikin den Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union

Auf Grund ihrer Mitarbeit in einer Reihe vonEU-Gremien (wie z. B. dem Wirtschafts- undFinanzausschuss und dem Ausschuss fürWirtschaftspolitik) wurde die EZB in die Be-ratungen über den Aufbau eines umfassen-den Koordinationsrahmens miteinbezogen.

Der Stellenwert der wirtschaftspolitischenKoordination in der WWU

Die Wirtschafts- und Währungsunion(WWU) begründet laut EG-Vertrag eine ein-heitliche Währungspolitik im Euro-Währungs-gebiet; zu deren Festlegung und Umsetzungwurde das ESZB ins Leben gerufen. Im wirt-schaftlichen Bereich der WWU wird im Ge-gensatz dazu noch keine einheitliche Wirt-schaftspolitik betrieben. Der EG-Vertrag legtlediglich fest, dass die Mitgliedstaaten „ihreWirtschaftspolitik als eine Angelegenheit vongemeinsamem Interesse“ zu betrachten ha-ben (Artikel 99). Um diesen Grundsatz in derPraxis wirksam werden zu lassen, schreibtder Vertrag gemeinsame Leitlinien (die so ge-nannten Grundzüge der Wirtschaftspolitik)und die Einsetzung multilateraler Überwa-chungsmechanismen vor. Im Vorfeld derEuro-Einführung gingen die Mitgliedstaatendaran, den vom EG-Vertrag vorgegebenenRahmen mit Hilfe neuer Koordinationsver-fahren (wie z. B. dem Stabilitäts- und Wachs-tumspakt) und der Weiterentwicklung beste-hender Verfahren weiter auszugestalten.

Die Schaffung des Binnenmarktes der Euro-päischen Gemeinschaft hatte bereits zu eineraußergewöhnlichen Vertiefung der wirtschaft-lichen Integration zwischen den EU-Mitglied-staaten geführt; durch die Einführung des Eurowurde die Wirtschaftsentwicklung in den Teil-nehmerstaaten des Euroraums jedoch un-gleich stärker zum unmittelbaren Anliegen derEntscheidungsträger auf nationaler Ebene. Vorallem auf Grund des einheitlichen Finanz-markts im Euroraum und durch die sich wan-delnde Einstellung der Marktteilnehmer kön-

nen wirtschaftspolitische Entscheidungenin einem Land Auswirkungen – so genannteSpillover-Effekte – in anderen Mitgliedstaatendes Euroraums nach sich ziehen. So kann zumBeispiel eine zu nachlässige Finanzpolitikin einem Land die langfristigen Zinsen indie Höhe treiben, was wiederum das wirt-schaftliche Umfeld im gesamten Euroraum be-lastet.

Auf den ersten Blick scheint all dies eindeutigfür eine stärkere Koordination der Wirt-schaftspolitik zu sprechen. Insofern als dieVerantwortung für eine vernetzte Wirt-schaftspolitik von Entscheidungsträgern inverschiedenen Bereichen und Regionen ge-meinsam getragen wird, kann die Koordinati-on dazu beitragen, negative Spillover-Effektehintanzuhalten, wechselseitigen Druck zurDurchführung notwendiger Maßnahmen ent-stehen zu lassen und den Austausch von er-folgreichen Ansätzen zu fördern, was zu po-sitiven Wohlfahrtseffekten führt. Die wirt-schaftspolitische Koordination ist dannerfolgreich, wenn sie genau auf die Zielvor-gaben zugeschnitten ist und die Koordinati-onskräfte des freien Marktes unterstützt stattbremst. Im gegenwärtigen Rahmen derWWU reichen die verfügbaren Koordinati-onsverfahren von strengeren Regelwerken(z. B. dem Stabilitäts- und Wachstumspakt)bis hin zu eher diskretionären und wenigerformalisierten Ansätzen, bei denen die Ab-stimmung von wirtschaftspolitischen Strate-gien im Vordergrund steht (z. B. beim Car-diff-Prozess zur Überwachung von Struktur-reformen).

Die Rolle des Eurosystems im wirtschafts-politischen Koordinationsrahmen der EU

Die Rolle des Eurosystems wird durch dieBestimmungen des EG-Vertrags über denStatus und die Tätigkeit des ESZB, insbeson-dere zur Unabhängigkeit und zum vorrangi-gen Ziel der Preisstabilität, bestimmt. Folg-lich kann das Eurosystem keine Übereinkünf-te über einen Policy-Mix treffen, da es sichdadurch dazu verpflichten könnte, eine Geld-politik zu betreiben, die im Widerspruch

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zum vorrangigen Ziel der Preisstabilität ste-hen könnte.

Die klare Trennung der Verantwortungsbe-reiche von Währungsbehörden und Regie-rungen beruht auf der Überzeugung, unter-mauert durch jahrzehntelange praktische Er-fahrung und eine Vielzahl wissenschaftlicherArbeiten, dass die Verpflichtung der Entschei-dungsträger auf die Vorrangigkeit der Preis-stabilität als oberstes Ziel der Währungspoli-tik entscheidend dazu beiträgt, die Preissta-bilität glaubwürdig und nachhaltig zu sichern.Letztlich können die geldpolitischen Entschei-dungsträger die weiter gefassten Ziele derWirtschaftspolitik der EU und die Interessender EU-Bürger bestmöglich unterstützen, in-dem sie Preisstabilität gewährleisten.

Da wirtschaftspolitische Koordination in ers-ter Linie unmittelbar zwischen den Mitglied-staaten stattfinden soll, besteht der Beitragder EZB zur allgemeinen wirtschaftspoliti-schen Koordination vor allem in der Pflegedes Dialogs mit den betreffenden Institutio-nen auf EU-Ebene, besonders dem Minister-rat und der Euro-11-Gruppe. In dieser Formdes Dialogs, der dem Meinungs- und Infor-mationsaustausch dient, bleiben die Befugnis-se sowie die Unabhängigkeit beider Seitenunangetastet.

Koordinationsinstrumente und -gremien

Die wirtschaftspolitische Koordination in derEU ist Teil eines Jahresprogramms, in dessenZentrum die jährlich vom Europäischen Ratverabschiedeten Grundzüge der Wirtschafts-politik stehen. Mit diesen Grundzügen soll dieallgemeine Ausrichtung der Wirtschaftspoli-tik abgesteckt werden; gleichzeitig enthaltensie konkrete Empfehlungen an jeden Mitglied-staat. Die Grundzüge der Wirtschaftspolitikbilden den Angelpunkt aller bestehenden Ko-ordinationsprozesse, indem sie eine überge-ordnete Gesamtstruktur und einen einheitli-chen Zeitplan vorgeben. ThemenspezifischeKoordinationsprozesse gibt es für die Berei-che Haushaltspolitik (im Rahmen des Stabili-täts- und Wachstumspakts), Beschäftigungs-

politik (im so genannten Luxemburg-Prozess)und Strukturreform (im so genannten Car-diff-Prozess) – jeweils mit eigenen Verfah-rensregeln und Koordinationsgremien. Da-rüber hinaus wurde im Europäischen Beschäf-tigungspakt der Makroökonomische Dialogbegründet, auf den in Abschnitt 1.3 nähereingegangen wird.

Gemäß den Schlussfolgerungen des Europäi-schen Rats in Luxemburg 1997 stellt der Ratder Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN)das Hauptgremium für die wirtschaftspoliti-sche Koordination dar, das vor allem dieGrundzüge der Wirtschaftspolitik verabschie-det und Stellungnahmen zu den Stabilitäts-und Konvergenzprogrammen der Mitglied-staaten abgibt. Gemäß den Bestimmungen desEG-Vertrags (Artikel 113) wird der Präsi-dent der EZB zu den Sitzungen des EU-Ratseingeladen, wenn es um Themen im Zusam-menhang mit den Zielen und Aufgaben desESZB geht. Mitglieder des Direktoriums derEZB nehmen fallweise an Ratssitzungen teil,um sich am Meinungsaustausch zu allgemei-nen Wirtschaftsthemen im weiteren Sinne zubeteiligen. Überdies bilden die informellenSitzungen des ECOFIN und der Euro-11-Gruppe, zu denen die EZB regelmäßig einge-laden wurde, einen geeigneten Rahmen füreinen offenen Meinungsaustausch und Dialogzwischen den teilnehmenden Ministern undder EZB.

1.3 Der Makroökonomische Dialog

Auf seiner Tagung in Köln am 3. und 4. Juni1999 beschloss der Europäische Rat den Eu-ropäischen Beschäftigungspakt, der zu einernachhaltigen Verringerung der Arbeitslosig-keit in der EU beitragen soll. Der Europäi-sche Beschäftigungspakt baut auf drei Säulenauf, die als langfristige Prozesse gesehen wer-den und im Lauf der Zeit an Veränderungenim wirtschaftspolitischen Umfeld angepasstwerden müssen. Diese drei Säulen umfassenzwei bereits bestehende Initiativen, nämlichden Luxemburg- und den Cardiff-Prozess(siehe oben) sowie eine dritte, neue Initiati-ve, den Köln-Prozess, in dem die Mitglied-

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staaten, die Europäische Kommission, dieWährungsbehörden und die Sozialpartner aufEU-Ebene zum regelmäßigen Makroökonomi-schen Dialog zusammentreffen.

Die EZB nahm an den ersten Treffen imRahmen des Makroökonomischen Dialogs so-wohl auf technischer (29. Oktober 1999) alsauch auf politischer Ebene (8. November1999) teil und wird sich auch weiterhin andiesem Dialog beteiligen.

Umfang und Ausrichtung

Bei den Vorbereitungen zur Formulierung desEuropäischen Beschäftigungspakts kam manüberein, dass die Einrichtung eines Makro-ökonomischen Dialogs nicht zur Schaffung zu-sätzlicher Institutionen oder schwerfälligerVerfahren führen solle. Die Initiatoren er-achteten es aber als sinnvoll, ein Gremiumeinzurichten, das Entscheidungsträgern ausden verschiedenen Bereichen Gelegenheitzum Erfahrungsaustausch bietet. Zudem wirdein solcher Meinungsaustausch als ein unver-zichtbares Instrument zur Förderung des ge-genseitigen Verständnisses im Rahmen derBemühungen um höheres nichtinflationäresWachstum und damit verbunden um einenachhaltige Verringerung der Arbeitslosigkeitgesehen.

Die Entschließung des Europäischen Rats überden Europäischen Beschäftigungspakt unter-streicht die Bedeutung der Grundzüge derWirtschaftspolitik als „wichtigstes wirt-schaftspolitisches Koordinierungsinstrumentin der Gemeinschaft“. Zudem werden geeig-nete Leitlinien für verschiedene Bereiche derWirtschaftspolitik definiert: „Die Finanzpolitikist den Zielvorgaben des Stabilitäts- undWachstumspakts verpflichtet, was unter an-derem bedeutet, daß die Haushalte mittelfri-stig sicher annähernd ins Gleichgewicht oderzu einem Überschuß gebracht werden müs-sen. Die Lohnentwicklung muß sich auf ei-nem verläßlichen Pfad bewegen, mit Lohnzu-wächsen, die mit der Preisstabilität und derSchaffung von Arbeitsplätzen vereinbar sind.Die Geldpolitik ist vorrangig auf die Wah-

rung der Preisstabilität gerichtet. Es ist ent-scheidend wichtig, daß sie bei ihrer stabili-tätspolitischen Aufgabe durch eine in der be-schriebenen Weise durchgeführte Finanzpoli-tik und Lohnentwicklung unterstützt wird.“

Grundlagen für die Teilnahme der EZB amMakroökonomischen Dialog

Die EZB erklärte sich von Anbeginn bereit,an einem makroökonomischen Dialog teilzu-nehmen, um einen Meinungs- und Informati-onsaustausch mit Entscheidungsträgern in derFinanz- und Strukturpolitik bzw. mit den Ta-rifpartnern aufzubauen. Es war jedoch not-wendig sicherzustellen, dass dies in keinemWiderspruch zu der im Artikel 108 (ehemalsArtikel 107) des EG-Vertrags festgeschriebe-nen Unabhängigkeit der EZB steht, die es derEZB verbietet, bei der Wahrnehmung ihrerAufgaben und Pflichten Weisungen von ir-gendeiner anderen Institution oder Einrich-tung entgegenzunehmen. Folglich wurde derWahrung der Unabhängigkeit der EZB sowiealler anderen Teilnehmer in der Entschlie-ßung des Europäischen Rats über den Euro-päischen Beschäftigungspakt entsprechendRechnung getragen.

Die Rolle der EZB im MakroökonomischenDialog

Die EZB sieht verschiedene Bereiche, in de-nen sie den makroökonomischen Dialog be-sonders wirkungsvoll unterstützen kann. Zumeinen kann die EZB eine umfassende Darstel-lung der Wirtschaftsaussichten vorlegen undvor diesem Hintergrund die den geldpoliti-schen Entscheidungen zu Grunde liegendenÜberlegungen erörtern. Zum anderen bietetder Makroökonomische Dialog der EZB dieGelegenheit, ihre Einschätzung zu den vor-rangigen wirtschaftspolitischen Herausforde-rungen und zur bestmöglichen Ausrichtungder Wirtschafts- und Strukturpolitik auf nach-haltiges nichtinflationäres Wirtschafts- undBeschäftigungswachstum darzulegen.

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2 Internationale Angelegenheiten

Die Einführung des Euro bedeutet, dassgrundlegende Zentralbankkompetenzen vonder nationalen Ebene auf die Gemeinschafts-ebene übertragen werden. Dadurch liegt dieZuständigkeit für die Währungspolitik unddamit verbundene Zentralbankaufgaben (z. B.die Verwaltung von Währungsreserven) – mitAusnahme der Wechselkurspolitik, die vomECOFIN-Rat und dem Eurosystem gemein-sam bestimmt wird, und der Bankenaufsichts-koordination, zu der das Eurosystem auf zen-traler Ebene beiträgt – ausschließlich beimEurosystem. Was die dem Eurosystem exklu-siv übertragenen Aufgaben betrifft, ist das Eu-rosystem allein für die Vertretung auf inter-nationaler Ebene zuständig, die im Normalfalldurch die EZB erfolgt. Eine Mitwirkung derNZBen des Euroraums ist unterschiedlich ge-regelt; sie hängt von der Beteiligung an derjeweiligen Institution oder Einrichtung ab.

Andererseits dürfen Vereinbarungen über dieVertretung des Euroraums durch das Euro-system zwei spezielle Faktoren nicht außerAcht lassen: Zum einen sind nicht alle amEuroraum teilnehmenden Mitgliedstaaten un-mittelbar auch in den jeweiligen Gremienvertreten (etwa in der G-7 oder G-10), wassich auch auf der Ebene der Zentralbankenwiderspiegelt. Zum anderen bauen interna-tionale Institutionen wie der IWF oder dieOECD auf dem Prinzip der Ländermitglied-schaft auf.

Vor diesem Hintergrund wurden in der zwei-ten Jahreshälfte 1998 und Anfang 1999 meh-rere Vereinbarungen über die Arbeitsbezie-hungen zwischen der EZB und internationa-len Institutionen und Gremien abgeschlossen,die im Laufe des Jahres 1999 zum ersten Malin Kraft traten. Einige dieser Vereinbarungenwurden bei der Neudefinition des institutio-nellen Rahmens für die multilaterale Zusam-menarbeit (siehe Abschnitt 2.1) getroffen.Zudem hat die EZB begonnen, bilaterale Be-ziehungen mit Zentralbanken außerhalb derEuropäischen Union (siehe Abschnitt 2.2) auf-zubauen. Dabei ging es der EZB 1999 vorallem um zwei Bereiche: die Stärkung der

internationalen Währungs- und Finanzarchi-tektur (siehe Abschnitt 2.3) und die interna-tionale Rolle des Euro (siehe Abschnitt 2.4).

2.1 Aktivitäten der EZB in der multi-lateralen Zusammenarbeit

Der Internationale Währungsfonds (IWF)

Die EZB nimmt als Beobachter an Sitzungendes IWF teil, sowohl auf der Ebene des In-ternationalen Währungs- und Finanzausschus-ses (International Monetary and FinancialCommittee – IMFC; zuvor Interimsausschuss)als auch des IWF-Exekutivdirektoriums.

Der Gouverneursrat des IWF beschloss am30. September 1999, den InternationalenWährungs- und Finanzausschuss an Stelle desIWF-Interimsausschusses einzuführen. Ab-weichend von der alten Struktur handelt essich nun um einen ständigen Ausschuss, wassich auch in der Abhaltung von Vorberei-tungstreffen auf Stellvertreterebene wider-spiegelt. Abgesehen von dieser Veränderungbleibt der institutionelle Aufbau des IWF vonder Schaffung des neuen Ausschusses weitge-hend unberührt; das oberste Entscheidungs-organ bildet nach wie vor der Gouverneurs-rat, der das Tagesgeschäft an das Exekutiv-direktorium delegiert. Der InternationaleWährungs- und Finanzausschuss wird, wie zu-vor der Interimsausschuss, den Gouverneurs-rat beraten und Berichte zur Aufsicht desinternationalen Währungs- und Finanzsystemserstellen. An den Sitzungen des Internationa-len Währungs- und Finanzausschusses neh-men mehrere Beobachter teil, einschließlichdes Präsidenten der EZB.

Um die Vertretung der EZB im IWF-Exeku-tivdirektorium entsprechend zu verankern,ernannte der Präsident der EZB am 8. Fe-bruar 1999 einen ständigen Vertreter in Wa-shington mit Beobachterstatus beim IWF.

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Im Rahmen seines Mandats (siehe Kasten 6)repräsentierte der EZB-Beobachter das Eu-rosystem beim Treffen des IWF-Exekutivdi-rektoriums am 26. März 1999, bei dem dererste IWF-Stabsbericht zur Währungs- undWechselkurspolitik des Euroraums behandeltwurde. Am 23. April 1999 veröffentlichte derIWF eine Öffentliche Informationsmitteilung(Public Information Notice – PIN), in der dieBewertung der Wirtschaftspolitik des Eu-roraums seitens des IWF-Exekutivdirektori-ums der Öffentlichkeit zugänglich gemachtwurde. Das Eurosystem wird im Rahmen derbevorstehenden Konsultationsrunde 2000 andem Pilotprojekt zur freiwilligen Publikationvon Artikel-IV-Stabsberichten über die Wäh-rungs- und Wechselkurspolitik des Eu-roraums teilnehmen. Dieses Pilotprojekt stelltein wichtiges Element der derzeitigen Bemü-hungen des IWF um erhöhte Transparenzdar, was auch vom Eurosystem voll unter-stützt wird.

Finanzminister und Zentralbankpräsidentender G-7 und verwandte Einrichtungen(FSF, G-20)

Zusammen mit der EU-Ratspräsidentschaftvertrat der Präsident der EZB den Euroraumauf den drei Treffen der Finanzminister undZentralbankpräsidenten der G-7 im Jahr1999.

Der Präsident der EZB repräsentierte dasEurosystem in den Gesprächen zur Wechsel-kurspolitik und zur multilateralen Überwa-chung. Die Zentralbankpräsidenten der in derG-7 vertretenen Teilnehmer am Euroraum(Deutschland, Frankreich und Italien) nah-men an den Sitzungen der G-7 über denFortgang der Bemühungen zur Stärkung derinternationalen Finanzarchitektur teil. In derFolge erstellten die Finanzminister der G-7ihren Bericht über die Stärkung der interna-tionalen Finanzarchitektur, der dem Wirt-schaftsgipfel in Köln am 18. Juni 1999 vorge-legt wurde.

Forum für Finanzmarktstabilität (FSF)

Bei ihrem Treffen in Bonn nahmen die Fi-nanzminister und Zentralbankpräsidenten derG-7 im Februar 1999 die Empfehlung desTietmeyer-Berichts an, ein Forum für Finanz-marktstabilität (Financial Stability Forum –FSF) zu gründen. Das Forum soll Schwach-stellen im internationalen Finanzsystem auf-zeigen, Maßnahmen zu deren Beseitigung de-finieren und ihre Umsetzung entsprechendüberwachen. Außerdem soll es die Koordi-nation und den Informationsaustausch zwi-schen den verschiedenen für Finanzmarktsta-bilität zuständigen Einrichtungen verbessern.Das FSF wird von den auf nationaler Ebeneder G-7 für Finanzmarktstabilität zuständi-gen Behörden, nämlich den Finanzministernsowie den Zentralbanken und Aufsichtsbe-hörden beschickt. Zu den Teilnehmern zäh-len auch mehrere internationale Institutionenund Einrichtungen, die an der internationalenStandardisierung und der Überwachung vonFinanzsystemen beteiligt sind (z. B. BIZ, IWF,Weltbank, OECD). Die EZB nimmt als Beob-achter an den Sitzungen des FSF teil.

Bei seinem Treffen am 15. September 1999beschloss das FSF, vier nicht zur G-7 gehö-rende Teilnehmer als Vertreter bedeutenderFinanzplätze aufzunehmen: die Niederlande,Singapur, Australien und Hongkong.

Das FSF hielt 1999 zwei Treffen ab. Im An-schluss an das Treffen im April wurden dreiArbeitsgruppen gebildet, die sich mit der Ana-lyse für die Systemstabilität besonders rele-vanter Themen befassen: Finanzinstitute mithoher Risiko/Eigenkapital-Relation (Highly Le-veraged Institutions), Kapitalströme und Off-shore-Zentren. Diese Arbeitsgruppen erstell-ten Zwischenberichte, die den Teilnehmernam FSF beim Treffen im September 1999präsentiert wurden (siehe Abschnitt 2.3). Beidiesem Treffen kamen die Teilnehmer amFSF auch überein, eine Arbeitsgruppe zurUmsetzung von Standards und eine Studien-gruppe zu Einlagensicherungssystemen einzu-richten.

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Kasten 6Funktion und Tätigkeit der ständigen EZB-Vertretung in Washington

Am 21. Dezember 1998 beschloss das Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds (IWF), der

EZB Beobachterstatus einzuräumen. Auf Grund dieses Beschlusses vertritt der EZB-Beobachter das

Eurosystem in Sitzungen des IWF-Exekutivdirektoriums, in denen Themen im Zusammenhang mit der

Geld- und Wechselkurspolitik des Euroraums behandelt werden. Hierzu zählen:

– die Überwachung der gemeinsamen Geld- und Wechselkurspolitik des Euro-Währungsgebiets sowie der

einzelnen am Euroraum teilnehmenden Mitgliedstaaten durch den IWF nach Artikel IV;

– die multilaterale Überwachung durch den IWF (Weltwirtschaftsausblick, internationale Kapitalmarkt-

berichte, weltweite Wirtschafts- und Marktentwicklungen);

– die Rolle des Euro im internationalen Währungssystem.

Darüber hinaus wird der EZB-Beobachter fallweise an Sitzungen zu Themen teilnehmen, die von der EZB

und dem IWF als von gemeinsamem Interesse für die Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben erachtet werden.

Dies hat die EZB dazu bewogen, eine ständige Vertretung in Washington einzurichten.

Die Tätigkeit des EZB-Vertreters als Beobachter beim IWF umfasst neben der Teilnahme an Sitzungen des

IWF-Exekutivdirektoriums zu den genannten Themen den direkten Kontakt mit dem IWF in

Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse. Der EZB-Repräsentant begleitet überdies die IWF-

Delegationen bei ihren Besuchen bei der EZB im Rahmen der Überwachung der gemeinsamen Geld- und

Wechselkurspolitik des Euro-Währungsgebiets durch den IWF nach Artikel IV. Zudem unterstützt der

EZB-Vertreter als Mitglied der EZB-Delegation bei den IWF-Jahrestagungen und den Frühjahrstreffen des

Internationalen Währungs- und Finanzausschusses den Präsidenten der EZB, der an diesen Treffen als

Beobachter teilnimmt.

Die EZB-Vertretung in Washington steht in engem Kontakt mit den US-Behörden, vor allem mit der

amerikanischen Notenbank. Darüber hinaus beobachtet die Vertretung die Entwicklungen in den Vereinigten

Staaten und stellt Informationen über Themen mit Bezug zum Euroraum zur Verfügung. Im Rahmen dieser

Aufgaben unterhält der EZB-Vertreter Kontakte mit der Finanzwelt, Universitäten und Forschungs-

einrichtungen in den Vereinigten Staaten.

G-20

Die G-7 gab bei ihrem Herbsttreffen 1999die Schaffung der so genannten G-20 bekannt.Dieses neue Gremium wurde mit der Ab-sicht gegründet, den informellen Dialog überzentrale Themen der Wirtschafts- und Fi-nanzpolitik zwischen für das Finanzsystemmaßgeblichen Volkswirtschaften zu erweitern.Sowohl die EU-Präsidentschaft als auch derPräsident der EZB sind in diesem neuen Fo-rum vertreten, in das auch Minister und Zen-tralbankpräsidenten der G-7 sowie der fol-genden Länder eingebunden sind: Argentini-

en, Australien, Brasilien, China, Indien, Indo-nesien, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Süd-afrika, Südkorea, Türkei. Um die Kontaktemit dem IWF und der Weltbank möglichsteffektiv zu gestalten, wurden der Präsidentder Weltbank, der Geschäftsführende Direk-tor des IWF sowie die Vorsitzenden des In-ternationalen Währungs- und Finanzausschus-ses und des Entwicklungsausschusses eingela-den, als Ex-Officio-Mitglieder teilzunehmen.

Das erste Treffen der G-20 fand am 15. und16. Dezember 1999 in Berlin unter dem Vor-sitz des kanadischen Finanzministers Paul

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Martin statt. Die Minister und Zentralbank-präsidenten der G-20 diskutierten dabei dieRolle und die Ziele der neu geschaffenenGruppe. Sie kamen überein, dass die G-20einen Rahmen für informelle Diskussionenbieten soll, während die Bretton-Woods-In-stitutionen, insbesondere der IWF, ihre Rol-le als Entscheidungsgremien für internationa-le Währungs- und Finanzfragen behaltensollen. Ferner wurde auf jene Punkte einge-gangen, die auf nationaler und internationalerEbene vordringlich behandelt werden müs-sen, um die Krisenanfälligkeit von Wirt-schafts- und Finanzsystemen herabzusetzen.In diesem Zusammenhang wurde betont, dassdie Wahl eines den innen-, wirtschafts- undstrukturpolitischen Gegebenheiten entspre-chenden Wechselkurssystems von größterBedeutung sei. Ebenso wurde die Verbesse-rung der Verwaltung von öffentlichen und pri-vaten Auslandsvermögen und -verpflichtun-gen als wichtiger Schritt zum Abbau derSchockanfälligkeit bezeichnet. Darüber hi-naus sagte die G-20 zu, eine richtungsweisen-de Rolle bei der Umsetzung von Kodizes undStandards (siehe Abschnitt 2.3) zu überneh-men. Das nächste Treffen der Minister undZentralbankpräsidenten der G-20 soll imHerbst 2000 in Kanada stattfinden.

Minister und Zentralbankpräsidenten derG-10

Der Präsident der EZB nahm an den beidenTreffen der Finanzminister und Zentralbank-präsidenten der G-10 (Belgien, Deutschland,Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Niederlan-de, Schweden, Schweiz, Vereinigte Staatenund Vereinigtes Königreich) teil. DerSchwerpunkt der Gespräche lag dabei aufder Vermeidung bzw. Bewältigung von inter-nationalen Finanzkrisen sowie der Einbezie-hung des privaten Sektors in diesem Zusam-menhang (siehe Abschnitt 2.3). Bei ihremTreffen am 26. September 1999 kamen dieMinister und Zentralbankpräsidenten derG-10 überein, die laufenden Bemühungen umeine Konsolidierung des Finanzsektors zu un-terstützen.

Zentralbankpräsidenten der G-10 undGremien bei der Bank für InternationalenZahlungsausgleich (BIZ)

Die BIZ spielt eine bedeutende Vermittler-rolle bei der Zusammenarbeit von Zentral-banken, in der die Treffen der Zentralbank-präsidenten der G-10 besonderes Gewichthaben. An diesen Treffen nimmt außer denZentralbankpräsidenten der fünf G-10-Mit-glieder des Euroraums (Belgien, Deutschland,Frankreich, Italien und die Niederlande) auchder Präsident der EZB teil. Die Zentralbank-präsidenten der G-10 prüfen regelmäßig (sie-benmal im Jahr) die Entwicklungen in derWährungs- und Wirtschaftspolitik sowie aufden internationalen Kapitalmärkten. Die Zen-tralbankpräsidenten der G-10 lenken zudemdie Arbeit der unter ihrer Ägide eingerichte-ten Ausschüsse zu Themen mit Zentralbank-bezug. Die EZB entsendet Vertreter in denBasler Ausschuss für Bankenaufsicht, den Aus-schuss für das weltweite Finanzsystem, denAusschuss für Zahlungsverkehrs- und Abrech-nungssysteme, den Gold- und Devisenaus-schuss, zu den regelmäßigen Treffen von Sta-tistikern, Ökonomen, Rechnungsprüfern undDatenbankexperten sowie in alle von denAusschüssen gebildeten Arbeitsgruppen.

Am 9. Dezember 1999 wurde die EZB mitder Zeichnung von 3 000 Aktien aus der drit-ten Tranche des eingezahlten Kapitals derBIZ gleichzeitig mit den Zentralbanken vonArgentinien, Indonesien, Malaysia und Thai-land Teilhaber an der Bank für Internationa-len Zahlungsausgleich.

Die Organisation für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Auf der Grundlage des Protokolls Nr. 1 desOECD-Übereinkommens bestätigte derOECD-Generalsekretär im Februar 1999,dass die EZB an der Arbeit der relevantenAusschüsse und Arbeitsgruppen der OECDals eigenes Mitglied in der Delegation derEuropäischen Gemeinschaft zusätzlich zur Eu-ropäischen Kommission teilnehmen dürfe.Die EZB nahm an den Sitzungen folgender

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Ausschüsse und Arbeitsgruppen teil: am Wirt-schaftspolitischen Ausschuss und den dazuge-hörigen Arbeitsgruppen (Arbeitsgruppe 1 und3 sowie Arbeitsgruppe über kurzfristige Wirt-schaftsaussichten), am Treffen geldpolitischerExperten, am Prüfungsausschuss für Wirt-schafts- und Entwicklungsfragen sowie amAusschuss für Finanzmärkte. Im Zuge ihrerregelmäßigen Länderprüfungen im Prüfungs-ausschuss für Wirtschafts- und Entwicklungs-fragen (Economic and Development ReviewCommittee – EDRC) stimmt die OECD ihrePrüfungen im Euroraum auf den neuen insti-tutionellen Rahmen ab. Die am Euroraum teil-nehmenden Mitgliedstaaten haben sich bereiterklärt, zusätzlich zu den einzelnen Länder-prüfungen eine regelmäßige Prüfung der wirt-schaftspolitischen Entwicklungen im Eu-roraum durch den EDRC einzurichten. Dadie Details der praktischen Umsetzung die-ses Vorhabens noch nicht geklärt waren, wur-de 1999 ein informelles Seminar zur Erörte-rung der einheitlichen Geld- und Wechsel-kurspolitik des Euroraums abgehalten.

2.2 Die Entwicklung bilateraler Bezie-hungen der EZB mit Ländernaußerhalb der Europäischen Union

Im ersten Jahr ihres Bestehens hat die EZBzahlreiche bilaterale Kontakte und Arbeits-beziehungen mit Zentralbanken und anderenEinrichtungen von Ländern außerhalb der Eu-ropäischen Union aufgebaut.

Mitglieder des Direktoriums der EZB besuch-ten im Laufe des Jahres 1999 unter anderemmehrere asiatische Länder. Bei diesen Besu-chen wurden Angelegenheiten von gemeinsa-mem Interesse und die Auswirkungen derEuro-Einführung auf den asiatischen Raum er-örtert.

Eine Reihe offizieller Delegationen aus Nicht-EU-Staaten wurden vom Direktorium in derEZB in Frankfurt empfangen. So organisiertedie EZB auch ein asiatisch-europäisches Fi-nanzministertreffen (ASEM), das am 15. und16. Januar 1999 in Frankfurt stattfand. Zu-dem besuchten im Laufe des Jahres mehrere

hochrangige Vertreter lateinamerikanischerLänder die EZB.

2.3 Die Architektur des internationalenWährungs- und Finanzsystems

Die EZB hat sich als Vertreterin des Eurosys-tems auf internationaler Ebene an den neuenInitiativen auf diesem Gebiet beteiligt und zurStärkung der Architektur des internationalenWährungs- und Finanzsystems beigetragen.Seit Mexiko 1994/95 und die Volkswirtschaf-ten Ostasiens 1997/98 von Finanzkrisen er-schüttert wurden, hat die internationaleGemeinschaft Anstrengungen zur Stabilisie-rung des globalen Kapitalmarktes unternom-men. 1999 konnten vor dem Hintergrundstark verbesserter Aussichten für die Welt-wirtschaft weitere Fortschritte bei der Um-setzung bereits getroffener Vereinbarungenerzielt und neue Initiativen eingeleitet wer-den.

Transparenz, Kodizes und Standards

Am offenkundigsten waren die Fortschritte,die bei der Förderung von Transparenz undder Umsetzung von Rechenschaftspflichten imöffentlichen und im privaten Sektor gemachtwurden. Die Initiativen auf diesem Gebietzielen darauf ab, umfassendere und qualitativhöherwertige Informationen verfügbar zumachen, um eine bessere Grundlage für öf-fentliche und privatwirtschaftliche Entschei-dungen zu schaffen und damit die Finanz-marktstabilität zu fördern. Zusätzlich zu denVerbesserungen bei der Datenerfassung und-veröffentlichung im öffentlichen und im pri-vaten Sektor setzt sich die internationale Ge-meinschaft aktiv für die Entwicklung und Ver-breitung von Verhaltenskodizes und gemein-samen Standards in den verschiedenstenBereichen ein.

Auf dem Gebiet der Datentransparenz ha-ben mehrere Initiativen eine Verbesserungder Entscheidungsprozesse in internationalenInstitutionen zum Inhalt. Auf freiwilliger Ba-sis werden nunmehr Informationen über vom

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IWF unterstützte Länderprogramme und überArtikel-IV-Konsultationen verfügbar gemacht.Informationen über die Länderprogrammebieten Absichtserklärungen der jeweiligen Re-gierungen (Letters of Intent), Wirtschaftspo-litische Rahmendokumente (Policy Frame-work Papers – PFPs) und Strategiepapierezur Armutsverringerung (Poverty ReductionStrategy Papers – PRSPs), welche die Grund-lage für die neu geschaffene Armutsverringe-rungs- und Wachstumsfazilität (Poverty Re-duction and Growth Facility – PRGF) bilden;das Ergebnis der Erörterungen zu Artikel-IV-Konsultationen im IWF-Exekutivdirektoriumwird in Öffentlichen Informationsmitteilungenzugänglich gemacht. Im April 1999 richtetedas Exekutivdirektorium ein Pilotprojekt zurfreiwilligen Veröffentlichung von Artikel-IV-Stabsberichten ein, um die Transparenz zuverbessern.

Um die Vollständigkeit, Zuverlässigkeit undKonsistenz der veröffentlichten Statistikenüber die Währungsreserven und Verpflich-tungen des öffentlichen Sektors sicherzustel-len, einigten sich der IWF und die G-10-Zentralbanken im Rahmen des Speziellen Da-tenveröffentlichungsstandards des IWF (IMFSpecial Data Dissemination Standard – SDDS)auf ein Berichtsschema für die Offenlegungvon Daten über die Währungsreserven unddie Fremdwährungsliquidität. Der Großteilder G-10-Länder ist bereits zum neuen Be-richtsmodus übergegangen, wobei es den an-deren Staaten freigestellt ist, nachzuziehen.

Die Verbesserung des Transparenzniveaus istauch im privaten Sektor von essenzieller Be-deutung. In verschiedenen BIZ-Arbeitsgrup-pen (siehe Abschnitt 2.1 oben) wurdenauf diesem Gebiet eine Reihe von Initiativengestartet. Um die Qualität der konsolidier-ten internationalen Bankenstatistiken derBIZ zu verbessern, ist der Ausschuss fürdas weltweite Finanzsystem übereingekom-men, die Berichtsintervalle ab Januar 2000von sechs auf drei Monate zu verkürzen.Darüber hinaus wird das Kreditengagementnicht mehr nur gegenüber den unmittelbarenGeschäftspartnern, sondern bis zum Letzt-kreditnehmer dokumentiert. Unter der

gemeinsamen Leitung verschiedener Gremi-en (Ausschuss für das weltweite Finanzsys-tem, Basler Ausschuss für Bankenaufsicht,Forum für Finanzmarktstabilität, Internatio-nale Vereinigung der Versicherungsaufseher,Internationale Vereinigung der Wertpapier-aufseher und Internationaler Ausschuss fürRechnungslegungsnormen) wurden mehrereInitiativen zur Verschärfung der Offenlegungs-pflichten von Finanzmarktinstitutionen be-gründet.

Eine zentrale Herausforderung bei der Ent-wicklung und Verbreitung von Standards undKodizes besteht darin, die Umsetzung in mög-lichst vielen Entwicklungs- und Schwellenlän-dern zu erreichen. Weitere Fortschritte aufdiesem Gebiet werden sicher zur Vermei-dung von Krisen beitragen, vor allem durchdie Weiterentwicklung des institutionellenRahmens für Entscheidungsprozesse im öf-fentlichen Sektor und durch den verbesser-ten Zugang zu Informationen, die die Markt-teilnehmer für ihre Risikobewertung brau-chen. Das internationale Finanzwesenuntersucht derzeit, wie die Einhaltung inter-national vereinbarter Kodizes und Standardsam besten überwacht werden kann.

Im Rahmen eines Pilotprojekts hat der IWFin Zusammenarbeit mit den zuständigen Be-hörden der jeweiligen Länder eine experi-mentelle Reihe von „Berichten über die Ein-haltung von Standards und Kodizes“ initiiert.In diesen Berichten wird die Einhaltung inter-national anerkannter Standards durch die teil-nehmenden Länder bewertet, insbesonderein den Bereichen, die unmittelbar die Tätig-keit des IWF betreffen.

Nachdem der IWF im November 1998 einenVerfahrenskodex zur fiskalischen Transpa-renz verabschiedet und diesen im April 1999abgeändert hatte, wurde auf der IWF-Jahres-tagung im September 1999 Einigung über ei-nen Verfahrenskodex zur Transparenz derGeldpolitik und Finanzpolitik erzielt. Das Eu-rosystem war in Zusammenarbeit mit derBIZ, einer repräsentativen Gruppe von Zen-tralbanken und weiteren Experten an der For-mulierung des letzteren Verfahrenskodex ak-

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91EZB- Jahresber i ch t • 1999

tiv beteiligt. An begleitender Dokumentationzum Verfahrenskodex wird derzeit noch ge-arbeitet. Die Überwachung der Einhaltung desVerfahrenskodex zur Transparenz der Geld-politik und Finanzpolitik soll im Rahmen derzuvor erwähnten „Berichte über die Einhal-tung von Standards und Kodizes“ erfolgen.Dies wurde bereits in einigen dieser Berich-te, die auch über die Internetseite des IWFverfügbar sind, umgesetzt. An den Überwa-chungsaktivitäten nahmen auch Experten desEurosystems teil.

Außerdem wurden mehrere Initiativen ge-setzt, um die Entwicklung und Umsetzungvon Standards für Finanzsysteme zu unter-stützen. Unter der Leitung des FSF wurdeeine Arbeitsgruppe eingerichtet, die Möglich-keiten zur effizienten Umsetzung internatio-naler Standards und Verfahrenskodizes mitdem Ziel einer Stärkung des Finanzsystemserarbeiten soll. Im Spezialbereich Bankenstan-dards legte der Basler Ausschuss für Banken-aufsicht im Juni 1999 ein Konzept für einenneuen Kapitaladäquanzrahmen vor, der dreiSäulen umfasst: Mindest-Eigenkapitalanforde-rungen (in Weiterentwicklung der Vereinba-rung von 1988), interne und aufsichtsbehörd-liche Prüfung der Eigenmittelausstattung je-des Instituts und effektive Nutzung derMarktdisziplin. Der Basler Ausschuss für Ban-kenaufsicht hat bis März 2000 Kommentarevon allen interessierten Parteien eingeholt,um im weiteren Verlauf des Jahres detaillier-tere Vorschläge machen zu können.

Stärkung der Stabilität des Finanzsektors

Die Bemühungen, die Zuverlässigkeit von Fi-nanzsystemen sowie Regulierungs- und Auf-sichtsstrukturen zu verbessern, gehen vonverschiedenen Institutionen und Gremien,wie zum Beispiel dem IWF, der Weltbankund dem Basler Ausschuss für Bankenauf-sicht, aus.

Das 1999 ins Leben gerufene Forum für Fi-nanzmarktstabilität soll den Informationsaus-tausch und die Zusammenarbeit zwischen denzuständigen nationalen und internationalen Fi-

nanzmarkt-Aufsichtsbehörden, vor allem auchüber Sektorengrenzen hinweg, stärken. Zu-dem sollen zwei der FSF-ArbeitsgruppenRichtlinien zur Verminderung von Risiken inzwei nicht oder unzureichend regulierten Be-reichen von Finanzsystemen erarbeiten, näm-lich für Finanzinstitute mit hoher Risiko/Ei-genkapital-Relation (Highly Leveraged Insti-tutions) und Offshore-Zentren.

Der Basler Ausschuss hat davon abgesehen,die Einhaltung der 1997 verabschiedetenGrundsätze für eine wirksame Bankenaufsichtunmittelbar zu prüfen, er hat allerdings imOktober 1999 eine Methodik für die Bewer-tung der Umsetzung veröffentlicht. DiesesDokument wird als eine der Grundlagen derÜberwachung des Finanzsektors durch denIWF und die Weltbank zum Einsatz kommen.Der Verbindungsausschuss für den Finanz-sektor (Financial Sector Liaison Committee –FSLC) hat die Koordination eines gemeinsa-men Programms des IWF und der Weltbankzur Überwachung und Beurteilung des Fi-nanzsektors übernommen, mit dessen Hilfedie Stärken und Schwächen der Finanzsyste-me in den Mitgliedsländern erfasst werdensollen. Der IWF und die Weltbank haben einProgramm zur Bewertung des Finanzsektors(Financial Sector Assessment Program –FSAP) gestartet, in dem gemeinsame Arbeits-gruppen unter Hinzuziehung externer Exper-ten von nationalen Aufsichtsbehörden dieStärken und Schwächen nationaler Finanzsek-toren – zunächst in ausgewählten Ländern –bewerten. Auf der Grundlage dieser Arbeits-gruppen hat der IWF versuchsweise Bewer-tungen der Stabilität des Finanzsektors (Fi-nancial Stability Assessments – FSSAs) als Hin-tergrundmaterial zu den Artikel-IV-Kon-sultationen erstellt.

Wechselkursregime undKapitalverkehrsliberalisierung

Ein weiteres wichtiges Gebiet, das laufendanalysiert und erörtert wird, ist die Beurtei-lung von Wechselkursregimen, da der Ver-such, an ungeeigneten Wechselkursregimenfestzuhalten, eine der Hauptursachen von

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Finanzkrisen in den letzten Jahren war. Beiden jüngsten Diskussionen im IWF und inanderen Gremien wurde betont, dass sich fürverschiedene Länder unterschiedliche Wech-selkursregime als optimal erweisen. Zudemkönnen, je nach wirtschaftlicher und finanz-politischer Entwicklung, im Lauf der Zeit un-terschiedliche Wechselkursregime für einLand am besten geeignet erscheinen. Das Eu-rosystem ist der Ansicht, dass die Überwa-chung durch den IWF darauf abzielen sollte,sicherzustellen, dass das Wechselkurssystemeines Landes der wirtschafts- und struktur-politischen Ausrichtung und der Handels- undFinanzverflechtung mit den großen Wirt-schaftsräumen entspricht.

Weitere Maßnahmen müssen auch auf demGebiet der Kapitalverkehrsliberalisierung er-griffen werden. Während Einigkeit darüberbesteht, dass eine Öffnung der Märkte einemLand beträchtliche Vorteile bringen kann, istkeineswegs geklärt, in welcher Abfolge undGeschwindigkeit die Liberalisierung voran-schreiten soll. Gerade in dieser Hinsicht sindeine gesunde Volkswirtschaft, mit einer ent-sprechenden Geld- und Wechselkurspolitik,und eine leistungsfähige Finanzinfrastrukturunverzichtbar. Die Diskussionen über dieVorzüge und Risiken der Regulierung von Ka-pitalströmen aus dem und in das Ausland,darunter auch steuerliche Zuflusskontrollen,sind noch nicht abgeschlossen. Damit zusam-menhängend sichtet die FSF-Arbeitsgruppe zuKapitalströmen derzeit eine Reihe von Emp-fehlungen an Schuldner- und Geberländer,die auf längere Frist die Volatilität von Kapi-talströmen und die aus einer überhöhtenkurzfristigen Verschuldung resultierenden Ri-siken für Finanzsysteme eindämmen würden.Hierbei spielt die umsichtige Verwaltung vonöffentlichen und privaten Auslandsschuldenund der nationalen Zahlungsbilanzen im All-gemeinen eine bedeutende Rolle.

Krisenmanagement und die Einbindungdes privaten Sektors

Zusätzlich zur beträchtlichen Aufstockungder Finanzmittel für die Bewältigung systemi-

scher Finanzkrisen in den vergangenen Jahren(1998: Verdoppelung der unter den bereitsbestehenden Allgemeinen Kreditvereinbarun-gen (AKV) und den Neuen Kreditvereinba-rungen (NKV) abrufbaren Mittel von 17 MrdSZR auf 34 Mrd SZR; 1999: Anhebung derIWF-Quoten um 66 Mrd SZR), hat der IWFneue Instrumente zur Bewältigung von Finanz-krisen entwickelt. Im April 1999 führte dasIWF-Exekutivdirektorium die VorsorglicheKreditlinie (Contingent Credit Line – CCL)ein, über die wirtschaftlich stabile Länder,deren außenwirtschaftliche Position allerdingsauf Grund von Ansteckungseffekten gefähr-det ist, kurzfristig Finanzmittel in Anspruchnehmen können. Um Anpassungsmaßnahmenim Rahmen von Umschuldungsverhandlungenzu fördern, hat das IWF-Exekutivdirektoriumbeschlossen, an der 1989 eingeführten Praxisfestzuhalten, dass fallweise staatliche Zah-lungsrückstände finanziert werden können.Ebenso wurde vereinbart, dass der IWFgrundsätzlich diese Praxis auf nichtstaatlicheZahlungsrückstände ausweiten könnte.

Weitere Fortschritte werden auch im Hin-blick auf die Einbeziehung des privaten Sek-tors bei der Krisenprävention und -bewälti-gung nötig sein – einem komplexen, aber zen-tralen Aspekt. Die Finanzkrisen der jüngerenVergangenheit haben die negativen Auswir-kungen von Schwankungen im Anlegerver-trauen deutlich aufgezeigt. Einige Schritte indieser Hinsicht sind bereits unternommenworden; sie reichen von freiwilligen Ex-ante-Maßnahmen (wie z. B. einem regelmäßigen In-formationsaustausch zwischen Schuldnerlän-dern und privaten Gläubigern sowie vorsorg-lichen Kreditlinien im privaten Sektor) bis hinzu Lösungen mit einem stärkeren Verpflich-tungscharakter (z. B. hat der Pariser Klub einLand dazu verpflichtet, vergleichbare Bedin-gungen mit seinen Anleihegläubigern auszu-handeln). Darüber hinaus unterstützten so-wohl der IWF-Interimsausschuss als auch dieMinister und Zentralbankpräsidenten der G-10 die im Bericht der G-7-Finanzminister anden Wirtschaftsgipfel in Köln am 18. Juni 1999dargelegten Rahmenvorschläge.

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2.4 Die internationale Rolle des Euro

Die Einführung des Euro am 1. Januar 1999war ein Ereignis von großer Tragweite, des-sen Konsequenzen nicht auf das Euro-Wäh-rungsgebiet beschränkt bleiben. Nach demUS-Dollar wird der Euro international amzweithäufigsten verwendet, was sich einer-seits aus der bisherigen Bedeutung der natio-nalen Währungen ergibt, die der Euro abge-löst hat, und andererseits aus dem Stellen-wert, der dem Euroraum in der Welt-wirtschaft zukommt. Die Entwicklung desEuro als internationale Währung wird sichprimär an den Märkten entscheiden. Dabeiwird vor allem seine Verwendung im privatenWirtschaftssektor als Anlagewährung undEmissionswährung sowie als Fakturierungs-währung und Vehikelwährung eine bedeuten-de Rolle spielen. Ausschlaggebend für die Ent-scheidungen privater Wirtschaftsakteure wer-den in hohem Maß der Integrations-,Liquiditäts- und Diversifizierungsgrad derEuro-Finanzmärkte sowie die Außenbeziehun-gen des Euroraums sein. Außerdem wird dieinternationale Rolle des Euro durch das wirt-schaftliche Umfeld im Euroraum beeinflusstwerden, was den Beitrag der Gesamtheit derWirtschaftspolitik zu einer gesunden undstabilen Währung unterstreicht.

Da die Internationalisierung des Euro an sichkein Ziel der einheitlichen Geldpolitik ist,wird das Eurosystem die Internationalisierungseiner Währung weder forcieren noch blo-ckieren. Die Ausrichtung der Geldpolitik desEurosystems auf Preisstabilität wird ein we-sentlicher Faktor für das Vertrauen der An-leger in den Euro bleiben. Gleichzeitigherrscht im Eurosystem Klarheit darüber,dass sich umgekehrt die Internationalisierungdes Euro auf die Gestaltung der Euro-Geld-politik auswirken kann. Das Eurosystem wirdaber nicht zulassen, dass derartige Auswir-kungen seine Fähigkeit, Preisstabilität zu wah-ren, beeinträchtigen.

Die Schaffung des Euroraums, der den beidenanderen führenden Wirtschaftsmächten, denVereinigten Staaten und Japan, an Wirt-schaftskraft gleichkommt und dessen Außen-handel einen ähnlich geringen Öffnungsgradaufweist, und die zu erwartende zunehmen-de internationale Verwendung des Euro wir-ken sich auch auf die internationale Zusam-menarbeit aus.

Angesichts seiner wirtschaftlichen Bedeutung(mehr als ein Fünftel des weltweiten BIP)wird allgemein erwartet, dass der Euroraumeine zentrale Rolle in der internationalen Zu-sammenarbeit spielen wird. Die geringereAnzahl der Akteure in der Weltwirtschaftund das ausgewogenere Verhältnis zwischenden Weltwirtschaftsmächten sollten die in-ternationale Zusammenarbeit grundsätzlichvereinfachen und gleichzeitig das Verantwor-tungsbewusstsein jedes einzelnen Akteursstärken. Diese Entwicklung wird durch einenintensiven Meinungsaustausch und regelmäßi-ge Beratungen zwischen den führenden Wirt-schaftsmächten unterstützt.

Über die Frage der geeigneten Form der Ver-tretung hinaus (siehe Abschnitt 2.1 über dieFunktion der EZB hierbei) kann die interna-tionale Zusammenarbeit nur dann effizienterund das Risiko von Unstimmigkeiten in derwährungspolitischen Ausrichtung nur danngeringer werden, wenn der Euroraum beijeder entsprechenden Gelegenheit geschlos-sen auftritt. Damit wird auch der internatio-nale Einfluss des Euroraums auf ein seinerWirtschaftsleistung entsprechendes Niveauangehoben und das Risiko verringert, dassdas Eurosystem sich gezwungen sehen könn-te, seine Währungspolitik auf ungeeignetekurzfristige Ziele auszurichten, wodurch dielängerfristige innere und äußere Stabilität un-tergraben würde.

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Kapitel V

Zahlungsverkehrs- und

Wertpapierabwicklungssysteme

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1 Aufsicht über Großbetragszahlungssysteme

Großbetragszahlungssysteme in Euro

Am 4. Januar 1999 nahmen neben TARGETauch fünf Euro-Großbetragszahlungssystemeden Betrieb auf, die allesamt die im Berichtder G-10-Zentralbanken über Interbank-Net-tingsysteme 1990 festgelegten Sicherheitskri-terien (Lamfalussy-Kriterien) erfüllen: dasEuro Clearing System (Euro 1) der Clearing-gesellschaft des Euro-Bankenverbands (EuroBanking Association, EBA), Euro AccessFrankfurt (EAF) in Deutschland, Système NetProtégé (SNP) in Frankreich, Servicio Españolde Pagos Interbancarios (SEPI) in Spanien so-wie Pankkien On-line Pikasiirrot ja Sekit-järjestelmä (POPS) in Finnland. Im April 1999wurde das SNP-System aufgerüstet und inParis Net Settlement (PNS) umbenannt. Ähn-lich wie EAF stellt dieses neue Hybridsystemeine Kombination aus einem Brutto- und ei-nem Nettosystem dar.

Im Sinne der einheitlichen Überwachungsstra-tegie des Eurosystems zeichnen die NZBenverantwortlich für die Aufsicht über die inihrem Land angesiedelten Systeme, währendder EZB die Aufsicht über Euro 1 obliegt.Gemäß dieser Strategie beobachtete die EZBinsbesondere den täglichen Saldenausgleichüber Euro 1 und verfolgte im Allgemeinendie Aktivitäten des Euro-Bankenverbands auf-merksam. Zwischen Januar und Dezember1999 erhöhte sich z. B. die Anzahl der Clea-ringbanken von 62 auf 72. Neben der Über-wachungsfunktion nahm die EZB zwei weite-re Aufgaben in Bezug auf Euro 1 wahr: Sieführte den Saldenausgleich durch und unter-hielt einen Liquiditätspool, der zu dem Zweckeingerichtet wurde, auch bei Ausfall einesTeilnehmers einen fristgerechten Saldenaus-gleich vornehmen zu können.

Im Zuge der laufenden Überwachungstätig-keit erhoben die EZB und die NZBen fürAnalysezwecke regelmäßig statistische Datenüber die wichtigsten in Euro arbeitendenGroßbetragszahlungssysteme. Dieses Daten-material bietet wertvolle Informationen überdie Funktionstüchtigkeit der verschiedenenSysteme und deren Weiterentwicklung.

Continuous Linked Settlement (CLS) System

1997 gründete eine Gruppe führender Devi-senhandelsbanken in London die ContinuousLinked Settlement Services Ltd. (CLSS). Zielder CLS-Initiative ist es, die gleichzeitige Ab-wicklung beider Seiten eines Devisengeschäftsin verschiedenen Währungen zu ermöglichen,wobei durch die Einrichtung eines Zahlung-gegen-Zahlung-Mechanismus das Erfüllungs-risiko weitestgehend ausgeschaltet wird. DasSystem wird von der Continuous LinkedSettlement Bank (CLSB) in New York betrie-ben werden, bei der es sich um eine hun-dertprozentige Tochtergesellschaft von CLSShandelt. CLSB soll im Jahr 2001 den Betriebaufnehmen. Da der Euro zu den ersten Wäh-rungen zählt, für welche die Bank die Ab-wicklung vornehmen wird, ist das Eurosys-tem an der Überwachung dieses Systemsbeteiligt. Im Laufe des Berichtsjahres konzen-trierte sich das Eurosystem speziell auf dieFrage, wie sich der Betrieb von CLS auf dieLiquiditätssituation in den Euro-Großbetrags-zahlungssystemen auswirken wird, und orga-nisierte zu diesem Zweck ein Treffen mitden am CLS-Projekt beteiligten Banken imEuroraum, um den Meinungsaustausch zufördern.

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2 Aufsicht über Massenzahlungssysteme

GrenzüberschreitendeMassenzahlungssysteme

Effiziente Systeme für den grenzüberschrei-tenden Massenzahlungsverkehr sind eine Vo-raussetzung für das reibungslose Funktionie-ren des gemeinsamen Marktes und auch da-für, dass Privatpersonen und Unternehmenseine Vorzüge zur Gänze ausschöpfen kön-nen. Das Leistungsspektrum im grenzüber-schreitenden Massenzahlungsverkehr ist al-lerdings noch verbesserungswürdig, sowohlin Bezug auf die Abwicklungsdauer als auchauf die Transaktionskosten, die für die Kun-den anfallen. Die Umsetzung der Richtlinie97/5/EG des Europäischen Parlaments unddes Rats vom 27. Januar 1997 über grenz-überschreitende Überweisungen dürfte zwarzu einer Verbesserung in den Praktiken derBanken führen, es werden aber dennoch wei-tere Anstrengungen notwendig sein. AlsRechtsinstrument konnte die Richtlinie nurbegrenzt auf Defizite in der Infrastruktur undbei der Vereinheitlichung eingehen, die zur-zeit einen beträchtlichen Kostenfaktor dar-stellen. Im September 1999 veröffentlichtedie EZB in diesem Zusammenhang einen Be-richt mit dem Titel „Improving cross-borderretail payment services in the euro area –the Eurosystem’s view“, in dem die gegen-wärtige Situation beleuchtet und die grund-sätzliche Haltung des Eurosystems formuliertwird.

Das Eurosystem kam nach eingehender Erör-terung der Optionen zu dem Schluss, dasseine Beteiligung an der operativen Geschäfts-abwicklung in diesem Bereich zum gegenwär-tigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt wäre.Stattdessen habe es eher die Absicht, als Ka-talysator zu fungieren und einen kontinuierli-chen Dialog mit Vertretern des Banken- undZahlungsverkehrssektors zu fördern, um aufdiese Weise Vereinbarungen für einen ein-heitlichen Zahlungsverkehrsraum im Euro-Währungsgebiet herbeizuführen. Solche Ver-einbarungen würden das Umfeld für dengrenzüberschreitenden Massenzahlungsver-kehr, insbesondere hinsichtlich der Standar-

disierung, positiv beeinflussen. Zur Eröffnungdes Dialogs und als ein klares Signal an dieMärkte hat das Eurosystem eine Reihe vonZielen festgelegt, welche die Banken und Zah-lungsverkehrssysteme bis zur Einführung derEuro-Banknoten und -münzen erfüllen sol-len. Die betroffenen Institute sind somit an-gehalten, entsprechende Investitionen zu tä-tigen, um Massenzahlungen grenzüberschrei-tend ähnlich schnell und effizient wieInlandszahlungen abwickeln zu können. Über-dies sollen diese Zielsetzungen dazu beitra-gen, einen Mittelweg zu finden zwischen dem,was die Benutzer der Zahlungsverkehrssys-teme erwarten, und dem, was von Seitender Dienstleister tatsächlich kurzfristig er-reichbar ist.

Die Einführung eines auf Kleinbetragszahlun-gen zugeschnittenen Projekts durch die EBAkann als ein Anzeichen dafür gewertet wer-den, dass die Märkte beginnen, sich mit die-ser Problematik auseinander zu setzen. DasProjekt zielt auf die Entwicklung eines Sys-tems zur Verarbeitung von grenzüberschrei-tenden Euro-Massenzahlungen ab und wirdvorerst auf der technischen Kapazität vonEuro 1 aufbauen. Das neue System soll in derzweiten Hälfte des Jahres 2000 den Betriebaufnehmen.

Elektronisches Geld

Derzeit ist elektronisches Geld (E-Geld) nochwenig verbreitet, doch ist nicht auszuschlie-ßen, dass es künftig weitaus größere Ver-wendung finden wird. Infolgedessen wirdE-Geld in der Zukunft voraussichtlich zu ei-nem wichtigen Faktor in der Geldpolitik wer-den. Dabei muss jedoch auch eine Reihe wei-terer Faktoren, z. B. das sichere und effizien-te Funktionieren der Zahlungsverkehrssys-teme und das Vertrauen in die Zahlungsver-kehrsinstrumente, der Schutz der Kunden undHändler, die Stabilität der Finanzmärkte, derSchutz vor Missbrauch sowie faire Wettbe-werbsbedingungen, gebührend berücksichtigtwerden. Daher müssen eindeutige Regeln für

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die Bedingungen festgelegt werden, unter de-nen E-Geld ausgegeben werden kann.

Die Europäische Kommission und der EU-Rat arbeiten gegenwärtig an Richtlinien überdie Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigungder Tätigkeit von E-Geld-Betreibern und aneiner Änderung der Richtlinie 77/780/EWGdes Rats vom 12. Dezember 1977 zur Koor-dinierung der Rechts- und Verwaltungsvor-schriften über die Aufnahme und Ausübungder Tätigkeit der Kreditinstitute. Im Einklangmit ihrer Grundsatzerklärung, die sie in demBericht über elektronisches Geld vom Au-gust 1998 darlegte, hat die EZB zu diesenBemühungen aktiv beigetragen. Im Januar

1999 gab die EZB eine offizielle Stellungnah-me zu den erwähnten Richtlinienentwürfenab. Darin erklärte sie u. a., dass sie die Ein-stufung sämtlicher Emittenten von E-Geld alsKreditinstitute sowie die Forderung, dassE-Geld zum Nennwert in Zentralbankgeldzurückerstattet werden muss, eindeutig be-fürworte. Wenn auch viele Anliegen desEurosystems in den Richtlinienentwürfen be-reits Berücksichtigung gefunden haben, sosteht doch für diese wichtigen Themen eineLösung noch aus; sie werden im Weiteren –dem Mitentscheidungsverfahren entspre-chend – im Europäischen Parlament behan-delt, wo es eine zweite Lesung der Entwürfegeben wird.

3 Andere Aktivitäten im Zusammenhang mit Zahlungsverkehrs-systemen

Im Februar 1999 gab die EZB einen Anhangzur Beschreibung der Zahlungsverkehrs- undWertpapierabwicklungssysteme in den EU-Mitgliedstaaten („Blue Book“) heraus, der Da-ten aus dem Jahr 1997 umfasst. Die EZB ver-öffentlichte ferner im August 1999 diePublikation „Payment systems in countriesthat have applied for membership of the Eu-ropean Union“, die umfassende Angaben zuden wichtigsten Zahlungsverkehrs- und

Wertpapierabwicklungssystemen in den EU-Beitrittsländern enthält. Dieser Bericht, derin Zusammenarbeit mit den Zentralbankenvon Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Po-len, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, derTschechischen Republik, Ungarn und Zypernentstand, stellt einen wichtigen Meilensteinin der Vertiefung der Kooperation mit denZentralbanken dieser Länder auf dem Gebietdes Zahlungsverkehrs dar.

4 Wertpapierabwicklungssysteme

Beurteilung der Wertpapierabwicklungs-systeme in der EU und ihrer Verbindungen

Seit der Veröffentlichung des Berichts „Stan-dards for the use of EU securities settlementsystems in ESCB credit operations“ und derersten Beurteilung der Wertpapierabwick-lungssysteme in der EU im Jahr 1998 wurdengroße Anstrengungen unternommen, damitdiese Systeme den Zulassungskriterien bes-ser entsprechen. Für viele Systeme verrin-gerte sich daher die Anzahl der noch zu er-füllenden Vorbedingungen. Im Mai 1999 wur-de die Beurteilung aktualisiert, mit dem

Ergebnis, dass nunmehr fünf Wertpapierab-wicklungssysteme im Euroraum ohne Vorbe-dingungen verwendet werden können; zu Be-ginn der dritten Stufe galt dies für nur einSystem. Weitere zehn Wertpapierabwick-lungssysteme haben wesentliche Fortschrittebei der Erfüllung der Standards erzielt. DieEignung der Systeme wird in regelmäßigenAbständen überprüft, um neuen Entwicklun-gen Rechnung zu tragen.

Einige EU-Wertpapierabwicklungssysteme ha-ben sich mittels Verbindungen vernetzt, umeine grenzüberschreitende Übertragung von

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Sicherheiten zu ermöglichen. Vor der Geneh-migung dieser Verbindungen ist ihre Eignungfür den Einsatz im Rahmen der vom Eurosys-tem durchgeführten geldpolitischen Opera-tionen und der Innertageskreditgeschäfte desESZB anhand der Standards für die Verwen-dung von EU-Wertpapierabwicklungssyste-men zu beurteilen. Nach den diesbezüglichenPrüfungen im Jahr 1999 beschloss der EZB-Rat, eine Reihe von Verbindungen für diegrenzüberschreitende Übertragung von Si-cherheiten im Rahmen der geldpolitischenOperationen des Eurosystems und der Inner-tageskreditgeschäfte des ESZB zuzulassen.Nach der ersten Beurteilungsrunde kam derEZB-Rat im Mai zu dem Ergebnis, dass 26Verbindungen den EZB-Standards entspre-chen. In einer zweiten Runde wurden im Ok-tober weiteren 21 Verbindungen Genehmi-gungen erteilt. Somit stehen nunmehr zusätz-lich zum Korrespondenzzentralbank-Modell(CCBM), das vom Eurosystem geschaffenwurde, in manchen Ländern alternativeMarktkanäle für die grenzüberschreitendeÜbertragung von Sicherheiten zur Verfügung.Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Verwendungder Verbindungen nur auf der Basis von Über-tragungen ohne Gegenwertverrechnung (Freeof Payment – FOP) zulässig, da es derzeitnoch keine grenzüberschreitenden Verfahrenauf der Basis von Lieferung gegen Zahlung(Delivery versus Payment – DVP) gibt. Inzwi-schen wurden vom EZB-Rat im Februar 2000nach einer Prüfung weitere Verbindungen ge-nehmigt.

Die grenzüberschreitende Übertragung vonSicherheiten

Das Korrespondenzzentralbank-Modell wur-de ursprünglich als eine Übergangslösung fürdie grenzüberschreitende Nutzung von Si-cherheiten im Rahmen der geldpolitischenOperationen des Eurosystems und der Inner-tageskreditgeschäfte des ESZB eingeführt, dieschließlich durch umfassende privatwirtschaft-liche Lösungen ersetzt werden sollte. Die

grenzüberschreitende Übertragung von Si-cherheiten gewinnt für den privaten Marktgenerell immer mehr an Bedeutung; in die-sem Zusammenhang sind auch die Versuchedes Marktes zu sehen, nicht nur Verbindun-gen, sondern auch zusätzliche Marktlösungenzur Vereinfachung von grenzüberschreiten-den Übertragungen zu entwickeln. Die Markt-teilnehmer im Euroraum tendieren zu einereffizienteren und stärker integrierten Wert-papierabwicklungsinfrastruktur. Das Eurosys-tem vertritt hinsichtlich der verschiedenendiesbezüglichen Projekte, die derzeit umge-setzt werden und im Wettbewerb zueinan-der stehen, einen neutralen Standpunkt. Zieldes Eurosystems wird es sein zu gewährleis-ten, dass die Zuverlässigkeit aller Lösungenden Kriterien entspricht, die für die Besiche-rung der geldpolitischen Operationen des Eu-rosystems und der Innertageskreditgeschäftedes ESZB gelten.

Infrastrukturelle Hindernisse für dieIntegration des Repomarktes im Euroraum

Das Eurosystem hat, besonders im Hinblickauf die Übertragung seiner geldpolitischenImpulse, ein ausgeprägtes Interesse daran,dass die Finanzmärkte im Euroraum reibungs-los funktionieren. Studien des Eurosystemszu diesem Thema belegen, dass die Integrati-on des besicherten Geldmarkts im Euroraumnicht im selben Ausmaß fortschreitet wie imFall des unbesicherten Geldmarktes. Analy-siert wurden u. a. die bestehenden infrastruk-turellen Hindernisse für eine Integration, ins-besondere im Bereich Wertpapierabwicklung.Das Fehlen grenzüberschreitender Lieferung-gegen-Zahlung-Verfahren und Unterschiedein den gesetzlichen Rahmenbedingungen, diejeweils auf den heimischen Markt abgestimmtsind, werden hier ein Zusammenwachsenmöglicherweise weiterhin behindern. Das Eu-rosystem wird verstärkt auf diese Problemehinweisen, Lösungsansätze müssen allerdingsvorrangig vom Markt selbst kommen.

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Kapitel VI

Finanzmarktstabilität und

Bankenaufsicht

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1 Der institutionelle Rahmen für Finanzmarktstabilität

Der institutionelle Rahmen für Finanzmarkt-stabilität in der EU und im Euro-Währungs-gebiet beruht auf dem Grundsatz der natio-nalen Zuständigkeit und internationalen Zu-sammenarbeit. Somit trägt eine Reihenationaler Strukturen und Praktiken inner-halb eines harmonisierten Regelwerks, be-stehend aus dem Vertrag zur Gründung derEuropäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) undden betreffenden EG-Richtlinien, zur Siche-rung der Finanzmarktstabilität bei.

Der EG-Vertrag führt die Instrumente auf,die in der dritten Stufe der Wirtschafts- undWährungsunion (WWU) für eine Zusammen-führung des Geltungsbereichs der einheitli-chen Geldpolitik (d. h. des Euroraums) mitjenen der nationalen Aufsichtspolitiken (dereinzelstaatlich zuständigen Institutionen) er-forderlich sind. Artikel 105 Abs. 5 des EG-Vertrags verpflichtet das Eurosystem, zur rei-bungslosen Durchführung der Maßnahmenbeizutragen, die von den zuständigen natio-nalen Behörden auf dem Gebiet der Aufsichtüber die Kreditinstitute und der Stabilität desFinanzsystems ergriffen werden. Fernersehen Artikel 105 Abs. 4 des EG-Vertragsund Artikel 25.1 der ESZB-Satzung für dieEZB eine Beratungsfunktion in Fragen derGemeinschaftsgesetzgebung vor, die dem In-teresse des Eurosystems (als Zentralbank desEuroraums) an der Wahrung der Stabilitätdes Finanzsystems Rechnung trägt.

In erster Linie unterstützt der Ausschuss fürBankenaufsicht, der mit hochrangigen Ver-tretern der Zentralbanken und Bankenauf-sichtsbehörden beschickt wird, das Eurosys-tem bei der Erfüllung seiner oben erwähntenAufgaben. Obwohl Artikel 105 Abs. 5 des EG-Vertrags nur für die teilnehmenden Mitglied-staaten gilt, arbeiten in diesem Ausschuss dieZentralbanken und Aufsichtsbehörden aller15 Mitgliedstaaten zusammen. Zusätzlichstellt der Ausschuss für Bankenaufsicht fürdie Vertreter der EU-Bankenaufsichtsbehör-den ein Beratungsgremium für Fragen dar,die nicht unmittelbar mit den bankaufsichts-rechtlichen Aufgaben des Eurosystems in Zu-

sammenhang stehen. In Wahrnehmung dieserbeiden Funktionen trägt der Ausschuss dazubei, sicherzustellen, dass sowohl die NZBenals auch die Aufsichtsbehörden im Bedarfsfallgrenzüberschreitend zusammenarbeiten kön-nen. Die derzeit bestehenden Vereinbarun-gen lassen sich von den Koordinierungsme-chanismen (i) innerhalb des Eurosystems,(ii) zwischen den Behörden und dem Eurosy-stem und (iii) zwischen den Aufsichtsbehör-den untereinander ableiten.

Bedarf an Koordinierungsmechanismen be-steht in erster Linie innerhalb des Eurosystems.Dies trifft auf die im Krisenfall geleistete Li-quiditätshilfe zu, in deren Rahmen die Zen-tralbanken vorübergehend zahlungsunfähigenInstitutionen und Märkten in AusnahmefällenÜberbrückungskredite gewähren (Emergen-cy Liquidity Assistance – ELA). Vorausschi-ckend ist zu betonen, dass dieses Instrument– Finanzhilfe durch Zentralbanken – für dieWahrung eines stabilen Finanzsystems nur inAusnahmefällen zum Einsatz gelangt, da da-mit ein Moral-Hazard-Risiko verbunden ist.Maßnahmen, die auf die Einführung von zu-verlässigen Risikomanagementsystemen durchFinanzinstitute abzielen, sowie eine angemes-sene aufsichtsrechtliche Gesetzgebung undderen wirksame Umsetzung sind die besteVorbeugung gegen übermäßiges Risikoenga-gement und Finanzkrisen. In den vergange-nen Jahrzehnten wurden überdies in den In-dustrieländern nur in den seltensten FällenÜberbrückungskredite bereitgestellt, wohin-gegen andere Instrumente im Krisenmanage-ment an Bedeutung gewonnen haben. Dienotwendigen Mechanismen zur Eindämmungvon Finanzkrisen sind jedoch, so weit erfor-derlich, vorhanden. Grundsätzlich entschei-det die zuständige NZB, ob sie einem in ih-rem Zuständigkeitsbereich tätigen Institut imKrisenfall Liquiditätshilfe leistet oder nicht.Die Verantwortung und Kosten für einen Ein-satz dieses Instruments würde die betroffeneNZB tragen. Es wurden Mechanismen für ei-nen entsprechenden Informationsaustauscheingerichtet, sodass potenzielle Auswirkun-gen auf die Liquiditätssituation aufgefangen

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werden können, damit Vereinbarkeit mit dereinheitlichen Geldpolitik gewährleistet ist.Das Übereinkommen über die Gewährungvon Überbrückungskrediten im Krisenfallwurde innerhalb des Eurosystems getroffenund nimmt somit keinen Einfluss auf die Re-gelungen, die zwischen den NZBen und na-tionalen Aufsichtsbehörden bestehen, bzw.auf die bilaterale oder multilaterale Zusam-menarbeit zwischen den nationalen Aufsichts-behörden und dem Eurosystem. Ein reibungs-loses Funktionieren dieses Systems setzt al-lerdings voraus, dass Koordinierungs-mechanismen zur Bekämpfung grenzüber-schreitender Auswirkungen von Finanzkrisenund zur Verhinderung von deren Ausbreitungrasch und effizient umgesetzt werden kön-nen.

Für die Zusammenarbeit zwischen dem Eurosys-tem und den Aufsichtsbehörden der EU-Mitglied-staaten sowie die Behandlung einschlägigerThemen ist der Ausschuss für Bankenaufsichtdas wichtigste Gremium. Der Ausschuss, derdas Eurosystem in Fragen der Bankenaufsichtund der Stabilität des Finanzsystems unter-stützt, beschäftigt sich mit der Bankenauf-sicht auf Systemebene, untersucht die Ent-wicklungen im Banken- und Finanzsystem undfördert einen reibungslosen Informationsaus-tausch zwischen dem Eurosystem und Behör-den der Banken- und Finanzmarktaufsicht. Au-ßerdem dient er als Gremium, in dem dieerforderliche Abstimmung zwischen den Zen-tralbanken und den bankaufsichtsrechtlichenStellen erfolgt. Insbesondere haben die Auf-sichtsbehörden durch den Ausschuss Zugangzu relevanten Informationen über Kreditin-stitute, welche die EZB und die NZBen inWahrnehmung ihrer grundlegenden geldpoli-tischen Aufgaben sowie im Zusammenhangmit den Zahlungsverkehrs- und Wertpapier-abwicklungssystemen erhalten. Ferner wirdüber dieses Forum auch der umgekehrte In-formationsfluss – von den Aufsichtsbehördenan das Eurosystem – gesteuert. Die Aufsichts-behörden sind speziell im Hinblick aufSystemrisiken bereit, das Eurosystem überdas Auftreten von schwerwiegenden Proble-men im Bankensystem unmittelbar zu infor-mieren. Der Ausschuss ist grundsätzlich be-

fugt, sämtliche relevante Themen zu behan-deln, da auf Gemeinschaftsebene mit derBCCI-Folgerichtlinie die gesetzlichen Hinder-nisse für den Austausch von vertraulichenInformationen zwischen Aufsichtsbehördenund den Zentralbanken, einschließlich derEZB und dem Eurosystem, ausgeräumt wur-den. Aufbauend auf bestehenden nationalenVereinbarungen erfolgt der Austausch von In-formationen zwischen den Aufsichtsbehördenund dem Eurosystem in der Regel über diejeweilige nationale Zentralbank.

Die Zusammenarbeit zwischen nationalen Be-hörden auf dem Gebiet der Banken- und Fi-nanzmarktaufsicht basiert auf bilateralen undmultilateralen Vereinbarungen. Die bilateraleKooperation zwischen den Behörden desHeimat- und des Gastlandes wurde in allenFinanzsektoren beträchtlich intensiviert. Diezahlreichen Vereinbarungen, die vom Ban-kensektor im Europäischen Wirtschaftsraum(EWR) getroffen wurden, sind Ausdruck derBemühungen, den Informationsaustausch unddie Aufsicht über grenzüberschreitende Ak-tivitäten zu verbessern. Die Vereinbarungenbetreffen in der Regel operationelle Aspekte:sie erleichtern den Austausch von Informa-tionen über Tochterunternehmen und Zweig-niederlassungen sowie deren grenzüber-schreitende Prüfung. Die multilaterale Zusam-menarbeit im aufsichtsrechtlichen Bereich istinnerhalb der verschiedenen Finanzsektorendurch eine Reihe von Ausschüssen fest eta-bliert. Im Bankensektor fungiert neben demAusschuss für Bankenaufsicht (zweiter Aufga-benbereich) auch die seit 1972 bestehendeKontaktgruppe als ein Forum für multilatera-le Kooperation auf EWR-Ebene: Ausgetauschtwerden Informationen über die Umsetzungvon gesetzlichen Bestimmungen zum Bank-wesen sowie über aufsichtsrechtliche Prakti-ken; außerdem können konkrete Fälle bespro-chen werden. Im Wertpapierbereich wurde1997 das Forum of European Securities Com-missions (FESCO) gegründet mit dem Ziel,die multilaterale Zusammenarbeit zwischenden Wertpapieraufsichtsbehörden auf EWR-Ebene zu fördern. Ähnliche Aufgaben nimmtfür den Versicherungsbereich die Konferenzder Versicherungsaufsichtsbehörden wahr.

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1 „Possible effects of EMU on the EU banking systems in themedium to long term“, EZB, Februar 1999.

2 „The effects of technology on the EU banking systems“, EZB,Juli 1999.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieIntegration des Banken- und Finanzsystemsin der EU dank eines institutionellen Rah-mens erzielt werden konnte, der auf nationa-ler Zuständigkeit und internationaler Zusam-menarbeit aufbaut. Die einheitliche Geldpoli-tik und das rasche Zusammenwachsen derBanken- und Finanzmärkte im Euroraum ha-ben den Stellenwert der Zusammenarbeit in-

nerhalb des Eurosystems, zwischen den Auf-sichtsbehörden und dem Eurosystem sowiezwischen den Aufsichtsbehörden untereinan-der weiter erhöht. Die bestehenden Verein-barungen erleichtern den Informationsaus-tausch und ermöglichen die Durchführung ab-gestimmter Aktionen zur Abwehr vonGefahren für die Finanzmarktstabilität.

2 Veränderungen in der Struktur des Banken- und Finanzsektorsin der EU

Die Überwachung des strukturellen Anpas-sungsprozesses, der sich auf den Banken- undFinanzmärkten des Euroraums und der EUvollzieht, ist sowohl für die Bedürfnisse desEurosystems (EZB) als auch für die nationa-len Aufsichtspolitiken von Bedeutung. DieEinführung des Euro hat die Umstrukturie-rung des Finanzdienstleistungssektors weitervorangetrieben. Der Ausschuss für Banken-aufsicht hat eine eingehende Untersuchungder möglichen Auswirkungen der Einführungdes Euro auf die Banken in der EU vorge-nommen.1

Eine der wesentlichen Triebfedern für Ver-änderungen ist die Informations- und Kom-munikationstechnologie.2 Die Ablösung pa-piergebundener und arbeitsintensiver Metho-den durch automatisierte Prozesse trägt zueiner Senkung der Kosten bei, die mit derErfassung, Speicherung, Verarbeitung undÜbertragung von Daten verbunden sind. Fer-ner ermöglichen die neuen Technologien ei-nen erweiterten Zugang zu Bankdienstleistun-gen und -produkten, nämlich über automati-sierte Kanäle wie Telefon, PC und Internet(kurz Remote Banking). Beide Effekte führenzu einer neuen Wettbewerbssituation imBankensektor und können sich auf die beste-hende Palette an Bankdienstleistungen aus-wirken, wodurch sich auch der Kreis derMitbewerber vergrößern kann. Die Finanzin-stitute reagieren auf unterschiedliche Weiseauf diese strukturellen Veränderungen undverstärken diese damit gleichzeitig auch. Im

Allgemeinen ist festzustellen, dass sich großeInstitute neu positionieren, wobei sie zusätz-liche Geschäftsbereiche und/oder neue geo-graphische Standorte erschließen. Diese Ex-pansionspolitik, die für eine weiterhin erfolg-reiche Tätigkeit im Großkundengeschäft alsunumgänglich gilt, hat unter den großen eu-ropäischen Finanzinstituten vermehrt zu Fu-sionen und Übernahmen geführt; der Anteilan grenzüberschreitenden Zusammenschlüs-sen und Käufen war allerdings gering.

Etwas anders nimmt sich das Bild bei denkleineren Instituten aus. Hier haben die mitInvestitionen in die Informations- und Kom-munikationstechnologie verbundenen Fix-kosten die Bedeutung von Skaleneffekten er-höht. Eine beträchtliche Anzahl von kleineneuropäischen Instituten war von inländischenFusionen und Übernahmen betroffen. In eini-gen EU-Ländern kam es bei den Sparkassenund Kreditgenossenschaften, sowohl durchspezielle Kooperationsabkommen als auchdurch die Errichtung von Gemeinschaftsein-richtungen zur Anlagenverwaltung und Wert-papierverrechnung, zu einer Stärkung der Zu-sammenarbeit innerhalb des Sektors. DieKonsolidierung des Bankensektors hatte bisjetzt keine substanziellen Auswirkungen aufdie Bankenkapazität (Zweigstellennetz undPersonalbestand) in Europa. Organisatorische

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Rationalisierungsmaßnahmen und Effizienz-steigerungen werden allerdings in der Regelerst nach einer gewissen Zeit spürbar.

Banken unterschiedlicher Größe stellen ihreStrategien ferner auf den Prozess der Disin-termediation ab – d. h., Finanzdienstleistun-gen werden zunehmend direkt bzw. vonNichtbanken angeboten. Die Banken bauenihr Anlagenverwaltungsgeschäft aus, um derDisintermediation bei traditionellen Bankpro-dukten entgegenzuwirken. Dies manifestiertsich vorwiegend (i) in einem verstärkten An-gebot von Dienstleistungen im Wertpapier-handelsbereich sowie (ii) in der Wertpapier-verwahrung und insbesondere (iii) in derGründung von Tochterunternehmen, die mitder Verwaltung von Investmentfonds betrautwerden. Bezeichnend sind die Ertragsbilan-zen der Banken, aus denen eine Verlagerungvon Zinserträgen zu zinsunabhängigen Erträ-gen ersichtlich ist. Aus der diesbezüglich vomAusschuss für Bankenaufsicht durchgeführ-ten Analyse3 geht hervor, dass die zinsunab-hängigen Erträge in den letzten Jahren diedynamischste Komponente in der Ertrags-struktur der Banken in der EU darstelltenund ihre Bedeutung – im Verhältnis zum ge-samten operativen Ergebnis – ständig wächst.

Von den erhöhten Kosten für die Erschlie-ßung nicht traditioneller Aktivitäten abgese-hen scheint sich die Zunahme der zinsunab-hängigen Erträge in der jüngsten Vergangen-heit auf die Ertragssituation der EU-Bankenpositiv ausgewirkt zu haben. Die Verringe-rung der Gewinnmargen im traditionellenBankgeschäft konnte dadurch großteils wett-gemacht werden. Die Zusammensetzung derzinsunabhängigen Erträge im EU-Bankensys-tem ist von Land zu Land unterschiedlich; diegrößte Kategorie, Gebühren und Provisionen,schlägt mit rund 60 % des gesamten zinsun-abhängigen Ertrags zu Buche.

Die Umstrukturierung des Banken- und Fi-nanzsektors erfolgte hauptsächlich auf natio-naler Ebene; die Bedeutung von grenzüber-schreitenden Konsolidierungsbestrebungenist – insbesondere auch im Privatkundenge-schäft – nach wie vor gering. Es zeichnen sichaber einheitliche Trends für den Euroraumund die EU-Länder ab. Die rasche Errichtungeines gemeinsamen Geldmarktes und die dy-namische Integration der Kapitalmärkte nachder Einführung des Euro bestätigen, dass Fi-nanzintermediäre und Märkte vermehrtSchocks ausgesetzt sind, die außerhalb dernationalen Grenzen entstehen.

3 Analyse der Stabilität des Bankensystems auf Systemebene

Der Ausschuss für Bankenaufsicht hat begon-nen, die Stabilität des Banken- und Finanzsek-tors auf Ebene der EU bzw. des Euroraumsunter Verwendung eines abgestimmten Da-tenbestands zu analysieren. Diese Form dersystembezogenen Analyse der Stabilität desBankensystems (Macroprudential Analysis)wird auch von anderen internationalen Orga-nisationen weiterentwickelt, um die Hinter-gründe und Auslöser der schweren Finanz-krisen der jüngsten Vergangenheit besser ver-stehen zu lernen. Vorrangig ging es bisherdarum, zuverlässige Datenquellen aufzubau-en, anhand derer Erkenntnisse über dieSchwachstellen in den Finanzsystemen von In-dustrie- und Entwicklungsländern gewonnenwerden können.

Die in diesem Bereich tätigen Analysten ma-chen sich sowohl eine Reihe von Indikatorenzu Nutze, die auf aggregierten, von den Zen-tralbanken und Aufsichtsbehörden erhobe-nen Daten über das Bankensystem basieren,als auch Daten über das makroökonomischeUmfeld und zur Situation des Finanzsystems,die in die Beurteilung der Stabilität des Ban-kensystems einbezogen werden müssen. DieIndikatoren zeigen umfangreiche Risikoenga-gements im Bankensystem ebenso wie po-tenzielle Störfaktoren außerhalb des Banken-systems auf und erfassen jene Kanäle, überdie in einer Institution auftretende Schwie-rigkeiten auf andere übergreifen könnten.

3 „EU banks’ income structure“, EZB, April 2000.

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4 „Asset prices and banking stability“, EZB, April 2000.

Diese systematischen, regelmäßig durchge-führten Analysen fußen einerseits auf Mess-zahlen und andererseits auf qualitativen Da-ten von aufsichtsrechtlichen Quellen. Dievom Ausschuss für Bankenaufsicht erstelltenAnalysen befassen sich hauptsächlich mit demBankensektor auf Ebene der EU bzw. desEuroraums. Es gibt Querverbindungen zu an-deren Aktivitäten des Eurosystems auf demGebiet der Überwachung der Zahlungsver-kehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme,der Aufsicht über die Geld- und Kapitalmärk-te, soweit diese für die Durchführung derGeldpolitik von Relevanz sind, sowie der Be-obachtung der internationalen Finanzmärkte.Dank der Analysetätigkeit in diesen Berei-chen kann das Eurosystem einen größerenBeitrag zur Sicherstellung der Stabilität desFinanzsystems leisten.

Im Jahr 1999 hatten Ad-hoc-Untersuchungenfolgende zwei Themen zum Gegenstand: dasKreditengagement von EU-Banken in Schwel-len- und Entwicklungsländern und die mögli-chen Auswirkungen von Preisanpassungen bei

Vermögenswerten auf die Stabilität des Ban-kensektors. Im Zusammenhang mit den Kre-ditforderungen stellte sich heraus, dass derEU-Bankensektor seine Position als größteinternationale Gläubigergruppe gegenüberSchwellen- und Entwicklungsländern weiterfestigte. Da das Ausmaß der Kredite an dieLänder mit dem höchsten Risikofaktor je-doch relativ gering war, die Banken massiveRisikovorsorgen bildeten und sich die allge-meine wirtschaftliche Lage in diesen Ländernaufhellte, verbesserte sich die Einschätzungder Risiken für das EU-Bankensystem im Jah-resverlauf zunehmend. Was die Vermögens-werte betrifft, so legten die lange Wachs-tumsphase auf den meisten EU-Aktienmärk-ten und das rasante Anziehen derImmobilienpreise in einigen EU-Ländern eineerhöhte Aufmerksamkeit von Seiten der na-tionalen Aufsichtsbehörden nahe. Einige na-tionale Behörden haben diesbezüglich beson-dere Maßnahmen ergriffen, um verstärkt aufdie Risiken hinzuweisen und sicherzustellen,dass sich die Risikopositionen der Banken ineinem angemessenen Rahmen bewegen.4

4 Risikobewertungssysteme und Kreditregister

Die Umsetzung vorbeugender Maßnahmen aufder nationalen Ebene wird durch die Erhe-bung von Daten zu Marktentwicklungen undGefahren für die Stabilität des Banken- undFinanzsektors sowie durch Zusammenarbeitund Informationsaustausch im Hinblick aufaufsichtsrechtliche Praktiken unterstützt.Häufig finden in diesem Zusammenhang Sy-steme zur Risikobewertung Verwendung.

Risikobewertungssysteme umfassen alle for-malisierten und strukturierten Systeme undVerfahren, die Aufsichtsbehörden einsetzen,um frühzeitig festzustellen, ob ein Kreditin-stitut mit einem hohen bzw. zunehmendenRisiko behaftet ist oder ineffiziente Kontroll-mechanismen aufweist. Obwohl diese Syste-me auf die nationalen Gegebenheiten, d. h.die jeweiligen Merkmale und Anforderungendes nationalen Bankensystems, ausgelegt sind,gibt es starke Parallelen zwischen den in der

EU für aufsichtsrechtliche Zwecke eingesetz-ten Systemen zur Risikobewertung. Der Aus-schuss für Bankenaufsicht hat sich hier inerster Linie mit der Analyse der Systemebeschäftigt, die bereits im Einsatz sind bzw.derzeit von den Bankenaufsichtsbehördenund den NZBen mehrerer Mitgliedstaatenentwickelt werden. Auch Drittstaaten sindeinbezogen; so wurden die Systeme der Ca-nadian Deposit Insurance Corporation undder US-amerikanischen Notenbank, der USFederal Reserve, analysiert und die Ergebnis-se im Ausschuss vorgestellt.

Kreditregister werden zwar hauptsächlich zurUnterstützung des Kreditrisikomanagementsvon Finanzinstituten eingesetzt, sie könnenaber auch als aufsichtsrechtliches Instrumentdienen. Die nationalen Behörden haben den

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Informationsaustausch über solche zentraleKreditregister intensiviert. Obwohl in man-chen EU-Ländern gesetzliche Hindernisse be-stehen, die Geschäftsbanken den grenzüber-schreitenden Zugang zu Daten zentraler Kre-ditregister verwehren, befasst sich derAusschuss für Bankenaufsicht mit sämtlichentechnischen und operationellen Problemen ei-ner möglichen Liberalisierung in diesem Be-reich. Die Diskussion über die Umstruktu-

rierung der internationalen Finanzarchitekturim Licht der Erkenntnisse aus den jüngstenKrisen hat die Notwendigkeit aufgezeigt, auchbei der Überwachung der systemrelevantengrenzüberschreitenden Risikopositionen en-ger zusammenzuarbeiten.5 So wurden dieVor- und Nachteile der Schaffung eines inter-nationalen Kreditregisters untersucht; eben-so wird die Machbarkeit eines Kreditregistersfür den Euroraum geprüft.

5 Siehe auch Kapitel IV.

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Kapitel VII

Herstellung der Euro-Banknoten

und Vorbereitung

auf die Bargeldumstellung

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1 Herstellung der Euro-Banknoten

1 ISO 9002: 1994.

Die Euro-Banknoten und die beim Druckvor-gang verarbeiteten Materialien werden in ver-schiedenen europäischen Staaten von denNZBen selbst bzw. von privaten oder staatli-chen Firmen hergestellt. Nachdem die Phaseder Nullserienherstellung erfolgreich abge-schlossen worden war, wurde im Juli 1999mit dem Druck der Euro-Banknoten begon-nen. Bis Ende Dezember hatten neun der elfbeauftragten Notendruckereien die Produk-tion aufgenommen. Der gestaffelte Produkti-onsanlauf ergab sich teils aus Unterschiedenim Erstbedarf und teils aus der Tatsache, dassnicht alle Druckereien sofort über freie Ka-pazitäten verfügten.

Bis auf weiteres hat der Druck der Stücke-lungen mit den höchsten Auflagen Vorrang.Insgesamt sollen bis 1. Januar 2002 für die elfteilnehmenden Staaten etwa 13 Milliarden

Euro-Banknoten gedruckt werden: 9 Milliar-den Geldscheine für den Austausch alter na-tionaler Banknoten und 4 Milliarden Geld-scheine auf Lager (siehe Tabelle 10). Diesentspricht einem Gesamtwert von etwa 600Mrd €, was der nach derzeitiger Planung be-nötigte Erstbedarf für die Bargeldumstel-lung ist. Die Planungsannahmen werden jähr-lich aktualisiert, um etwaige Bedarfsänderun-gen einzuplanen.

Die für Herstellung und Transport der Bank-noten bzw. Druckmaterialien getroffenen Si-cherheitsmaßnahmen wurden geprüft undstandardisiert. Damit an den verschiedenenProduktionsstandorten die Einhaltung einesMindestsicherheitsstandards gewährleistet ist,wurden eine Reihe verbindlicher Vorschrif-ten erarbeitet.

2 Die Qualität des Euro-Bargeldes

Banknotenqualität

Banknoten bei elf verschiedenen Notendru-ckereien aus Materialien unterschiedlicherZulieferer mit einem einheitlichen Qualitäts-standard zu drucken, ist keine leichte Aufga-be, muss doch das Erscheinungsbild der Geld-scheine unbedingt einheitlich sein. Ein zusätz-liches Kriterium ist, dass die störungsfreieBearbeitung durch Banknotensortiermaschi-nen und problemlose Annahme der Geld-scheine durch Automaten gewährleistet seinmuss. Dabei muss sichergestellt sein, dassjeweils die neuesten technischen Erkenntnis-se Berücksichtigung finden. Zu diesem Zweckwurden klar definierte Prüf- und Qualitäts-kontrollverfahren ausgearbeitet.

In allen Notendruckereien, die einen Druck-auftrag für Euro-Banknoten haben, wurde zurSicherung der Banknotenqualität ein einheit-liches, auf einer ISO-Norm1 basierendesQualitätsmanagementsystem eingeführt. Umdie Einhaltung der Vorgaben zu überprüfen,

wurden genaue Prüf- und Testverfahren fest-gelegt, die im Zuge der Nullserienproduktionerprobt wurden.

Die EZB bewertet die sachgerechte Umset-zung des Qualitätsmanagementsystems an-hand detaillierter Berichte, die von den No-tendruckereien monatlich vorgelegt werden,sowie durch Prüfungen vor Ort.

Münzqualität

Die Herstellung der Euro-Münzen teilen sichzehn Länder bzw. 14 Münzprägeanstalten. ImJuni 1999 verständigten sich die EU-Finanz-minister, die Münzprägeanstalten und die EZBauf ein umfassendes Qualitätsmanagement-system, um einheitlich hohe Qualitätsstan-dards bei der Münzproduktion zu gewährleis-ten. Jede Münzanstalt ist dafür verantwort-lich, dass die von ihr geprägten Münzen

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tatsächlich den einheitlichen Vorschriften ent-sprechen. Als unabhängiger Prüfer wertet dieEZB die monatlichen Qualitätsberichte überdie neu geprägten Münzen aus und führt Prü-

fungen vor Ort durch. Bei Beeinträchtigun-gen der Qualität würde die EZB die Finanz-minister unverzüglich in Kenntnis setzen.

3 Fälschungsschutz für Euro-Bargeld

Einem EZB-Ratsbeschluss entsprechend wirdbei der EZB eine Datenbank aufgebaut, inder alle technischen und statistischen Datenzu Fälschungen von Euro-Banknoten und-Münzen erfasst werden. 1999 wurde der Pla-nungsprozess für das Falschgeldüberwa-chungssystem – bestehend aus der Daten-bank, den Abfragesystemen und den Struktu-ren zur Vernetzung der Anwender – bereitsweit vorangetrieben. Die weitere Vorgehens-weise wird durch die zuvor erhobenen An-forderungen der Anwender bestimmt. EinEntwurf für die technische Struktur des Sys-tems liegt bereits vor, und die Entwicklungder Funktionsanalyse wurde in die Wege ge-leitet.

Im November 1999 veröffentlichte die EZBeinen Bericht mit dem Titel „Report on thelegal protection of banknotes in the EU Mem-ber States“. Darin sind die Ergebnisse einereingehenden Untersuchung über den recht-lichen Schutz der Euro-Banknoten durch dieinnerstaatlichen Rechtssysteme der Teilneh-

merstaaten zusammengefasst. Eingegangenwird u. a. auf die strafrechtliche Verfolgungvon Geldfälschern, den urheberrechtlichenSchutz und Kopierschutzvorrichtungen. Auchdie Annahme und Veröffentlichung der Ge-staltungsentwürfe der Euro-Banknoten ist imBericht abgedeckt, ebenso der Austausch be-schädigter oder abgenutzter Euro-Banknotensowie die Einziehung von Euro-Banknoten.Ein weiterer Aspekt ist die Ausgabe vonBanknoten durch andere Institutionen als dieEZB und die NZBen sowie die Ausgabe vonEuro-Banknoten, die nicht als gesetzlichesZahlungsmittel gelten.

Kontakte mit Europol, Interpol und der Eu-ropäischen Kommission wurden neu geknüpftbzw. ausgebaut. Dies erfolgte mit dem Ziel,einen Modus für den Informationsaustauschund für die Zusammenarbeit zu schaffen, umeinen reibungslosen Informationsfluss zurVerhinderung und Bekämpfung der Geldfäl-schung zu gewährleisten.

4 EURO-2002-Kampagne

Der EZB-Rat hat einem weltweit tätigen Pu-blic-Relations-Unternehmen den Zuschlag fürdie Unterstützung bei einer Informationskam-pagne zur Vorbereitung der Euro-Bargeld-einführung erteilt. Bei der Umsetzung auf na-tionaler Ebene werden die einzelnen NZBenHauptansprechpartner für die PR-Expertensein.

Hauptziele der EURO-2002-Kampagne sind:

• die breite Öffentlichkeit im Allgemeinenund die verschiedenen Zielgruppen im Be-

sonderen darüber zu informieren, woranechte Euro-Banknoten zu erkennen sind,

• Kassierer in Geschäften und Banken in derraschen und effizienten Prüfung der Bank-noten zur sicheren Erkennung von Falsch-geld zu schulen,

• generell Akzeptanz in der Öffentlichkeitfür das Euro-Geld zu sichern, sowie

• die breite Öffentlichkeit mit dem Erschei-nungsbild der Euro-Banknoten und -Mün-zen vertraut zu machen und so nach undnach auf die Umstellung vorzubereiten.

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Mit der breiten Öffentlichkeit ist hier nichtnur die Bevölkerung im Euroraum gemeint.Darunter fallen auch Staatsbürger andererLänder, in denen Euro-Banknoten in Umlaufsein werden, und ebenso Besucher aus ande-

ren Ländern. Die Kampagne wird mit derEuropäischen Kommission und den Staatendes Euroraums sowie mit Griechenland ko-ordiniert werden.

5 Euro-Bargeldumstellung im Jahr 2002

Umstellungsplan

Um sicherzustellen, dass die Einführung desEuro-Bargelds 2002 reibungslos und erfolg-reich abläuft, müssen die Details der Bar-geldumstellung weit im Voraus geklärt sein,damit alle Beteiligten rechtzeitig die notwen-digen Vorkehrungen treffen können. In derzweiten Jahreshälfte 1999 gab es intensiveDiskussionen, in deren Rahmen die imECOFIN-Rat vertretenen Minister in engerZusammenarbeit mit den NZBen und nachMaßgabe der Vorstellungen der EZB einenKonsens über das Konzept der Bargeldum-stellung erzielten. Dabei wurde Folgendesvereinbart:

• Der überwiegende Teil der Bargeldumstel-lung soll nach Möglichkeit innerhalb von14 Tagen nach dem 1. Januar 2002 abge-schlossen sein.

• Die Phase des Parallelumlaufs alter undneuer Banknoten und Münzen sollte idea-lerweise auf einen Zeitraum von vier Wo-chen bis zwei Monaten beschränkt sein.Für die Zeit danach können die Mitglied-staaten eine flexible Handhabung des Um-tauschs alter Banknoten und Münzen vor-sehen.

• Damit in den ersten Januartagen 2002 ge-nügend Euro-Geld in Umlauf ist, ist dieBelieferung von Finanzinstituten und be-stimmten anderen Branchen, vor allemGeldtransport- und Einzelhandelsunter-nehmen, mit Euro-Bargeld vor dem Stich-tag 1. Januar 2002 ratsam. Die vorzeitigausgelieferten Euro-Banknoten und -Mün-zen dürfen allerdings keinesfalls vor dem1. Januar 2002 in den Verkehr gebrachtwerden.

• Damit die Verbraucher sich rechtzeitig mitden neuen Münzen vertraut machen kön-nen, soll der Bevölkerung die Möglichkeitgeboten werden, einen begrenzten Betragan Euro-Münzen vorzeitig zu erwerben (al-lerdings nicht vor der zweiten Dezember-hälfte 2001). Auf diese Weise würde manbestimmten Bevölkerungsgruppen, für diedie Umstellung ein besonderes Problemdarstellt, entgegenkommen.

Dieses Konzept lässt den Mitgliedstaaten beider Abwicklung der Bargeldumstellung genü-gend Spielraum, um auf die jeweiligen natio-nalen Besonderheiten einzugehen.

Vorgezogene Bargeldausgabe

Ob ein Vorziehen der Bargeldausgabe an Ban-ken – und damit indirekt auch an andereZielgruppen – vor dem Umstellungsstichtag1. Januar 2002 erforderlich ist und welcheVorlaufzeiten dafür notwendig sind, hängtsehr stark vom jeweiligen nationalen Umstel-lungskonzept und von den logistischen Mög-lichkeiten ab. Grundsätzlich gilt, dass die vor-zeitige Auslieferung „so spät wie möglich undso früh wie notwendig“ erfolgen soll. Dem-entsprechend einigte sich der EZB-Rat da-rauf, dass einheitliche Termine festgelegtwerden sollen, auf die die Belieferung be-stimmter Zielgruppen mit Euro-Bargeld äu-ßerstenfalls vorgezogen werden darf. Wie dieNZBen innerhalb der maximalen Vorlaufzeitvorgehen, liegt dann in ihrem Ermessen.

Was die einzelnen Zielgruppen betrifft, sostimmen alle teilnehmenden Mitgliedstaatenüberein, dass Geschäftsbanken sowohl mitEuro-Banknoten als auch mit Euro-Münzen

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2 Für Tests mit Euro-Münzen haben die MitgliedstaatenTestzentren eingerichtet.

bereits vor dem 1. Januar 2002 beliefert wer-den müssen. Dies ist eine Grundvorausset-zung für eine reibungslose und rasche Um-stellung. Ferner besteht Konsens darüber,dass der Einzelhandel, oder zumindest Teil-bereiche, auf dem Weg über die Banken vor-ab mit Euro-Münzen versorgt werden muss.Dies ergibt sich daraus, dass Münzen gene-rell eher durch den Handel und wenigerdurch die Banken in Umlauf gebracht wer-den. Mit anderen Worten, der Einzelhandelmuss bereits am 1. Januar 2002 mit ausrei-chend Euro-Wechselgeld ausgestattet sein.Schließlich muss der Handel auf Euro-Bank-noten herausgeben können, die bei Geldau-tomaten oder am Bankschalter abgehobenwurden. Die Vorgabe, die Umstellung inner-halb relativ kurzer Zeit abzuschließen, ist so-mit nur durch ein Vorziehen der Bargeldaus-gabe an bestimmte Wirtschaftsbereiche zuerfüllen.

Im Sinne der gemeinsamen Erklärung desECOFIN-Rats ziehen einige Mitgliedstaatenin Erwägung, der Bevölkerung Euro-Münzenbereits ab der zweiten Dezemberhälfte 2001anzubieten. Bezüglich Euro-Papiergeld vertrittder EZB-Rat die Ansicht, dass eine vorzeitigeAbgabe von Euro-Banknoten an die breiteÖffentlichkeit kraft Artikel 10 und 11 derVerordnung (EG) Nr. 974/98 des Rats überdie Einführung des Euro ausgeschlossen ist,weil dies die gleichen Auswirkungen hättewie die Ausgabe bzw. Inverkehrsetzung.

Umstellung der Geldausgabeautomaten,Bargeldsortiermaschinen undVerkaufsautomaten

Man kann davon ausgehen, dass ein beträcht-licher Teil der Euro-Banknoten bei Geldau-tomaten abgehoben bzw. eingezahlt werdenwird. Außerdem werden die Verbraucher dieEuro-Banknoten und -Münzen von Anfang anbei Selbstbedienungsautomaten unterschied-lichsten Typs nutzen wollen. Schließlich wer-den die Banken und Geldtransportunterneh-men Zähl- und Sortieranlagen brauchen, mitdenen umlaufende Euro-Banknoten und-Münzen zuverlässig und sicher bearbeitetwerden können.

Daraus ergibt sich, dass die Umrüstung derbetreffenden Maschinen eine Grundvoraus-setzung für eine reibungslose Einführung derEuro-Banknoten und -Münzen im Jahr 2002ist.

Zu diesem Zweck wurden schon vor JahrenGespräche mit der Automatenwirtschaft undFirmenvertretern aufgenommen. Im Mittel-punkt stand dabei die Frage, ob für die Um-rüstung auf den Euro (z. B. zur Entwicklungneuer Sensoren) technische Einzelheiten –und in weiterer Folge Banknoten und Mün-zen zu Testzwecken – rechtzeitig zugänglichgemacht würden.

Die Automatenwirtschaft wird im Jahr 2000Gelegenheit haben, Sensoren und sonstigesGerät mit Euro-Banknoten an einer zentra-len, von der EZB eingerichteten Stelle zutesten. Ab 2001 werden auch dezentraleTests möglich sein.2

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6 Bargeldumlauf bis zum Jahr 2002

Seit dem 1. Januar 1999 sind die nationalenWährungseinheiten der Staaten des Eu-roraums Untereinheiten des Euro; der Stich-tag für die Ausgabe von Euro-Bargeld ist al-lerdings erst der 1. Januar 2002. Bis dahinerrechnet sich der Banknotenumlauf im Eu-roraum somit aus den Untereinheiten desEuro. Zuständig für die Genehmigung derAusgabe von Banknoten und des Umfangsder Ausgabe von Münzen ist seit der Einfüh-rung des Euro die EZB. Damit in der Über-gangszeit bis zur Euro-Bargeldeinführung dasordnungsgemäße Wechseln einer nationalenWährungseinheit in eine andere sichergestelltist, wurde der Umtausch von Banknoten, dieauf nationale Währungen anderer Mitglied-staaten der Wirtschafts- und Währungsuni-on (WWU) lauten, in Artikel 52 der ESZB-Satzung wie folgt geregelt:

„Im Anschluß an die unwiderrufliche Festle-gung der Wechselkurse ergreift der EZB-Ratdie erforderlichen Maßnahmen, um sicherzu-stellen, daß Banknoten, die auf Währungenmit unwiderruflich festgelegten Wechselkur-sen lauten, von den nationalen Zentralban-ken zur jeweiligen Parität getauscht werden.“

Infolgedessen beschloss der EZB-Rat, dasswährend der Übergangszeit jede teilnehmen-de NZB oder ein von ihr bevollmächtigtesUnternehmen an zumindest einer Stelle denUmtausch von Banknoten anderer teilneh-mender Länder gegen Banknoten und Mün-zen ihrer Landeswährung zum offiziellen Um-rechnungskurs anbieten wird. Auf Anfragekann der Betrag alternativ einem Konto beider umtauschenden Institution gutgeschrie-ben werden, falls das jeweils geltende inner-staatliche Recht eine derartige Möglichkeitvorsieht. Dabei steht es den NZBen frei, dieAnzahl bzw. den Gesamtwert der Bankno-ten, den sie pro Umtausch oder Tag anzu-nehmen bereit sind, zu beschränken.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr waren im ge-samten Euroraum etwa 500 NZB-Zweigstel-len in den Umtausch von Banknoten andererStaaten des Euroraums eingebunden. Alle teil-

nehmenden Mitgliedstaaten meldeten eine rei-bungslose Abwicklung des Umtauschs gemäßArtikel 52.

Die Repatriierung der so eingetauschtenBanknoten kann entweder durch die jeweili-ge NZB selbst erfolgen oder durch ein vonihr beauftragtes Unternehmen. Eine Alterna-tive dazu stellt die Nutzung bestehenderkommerzieller Kanäle dar.

1999 wurden insgesamt 115,7 Millionen Geld-scheine im Wert von 6,2 Mrd € in die Ausga-beländer zurückgeführt. Wertmäßig standendabei folgende Währungen an der Spitze: ITL (1,7 Mrd €), NLG (1,1 Mrd €) und ATS(0,8 Mrd €).

Tabelle 10Anzahl der Banknoten, die bis1. Januar 2002 zu drucken sind(Bedarfsschätzung 1999, in Millionen von Banknoten)

Belgien 530

Deutschland 4 030

Spanien 1 925

Frankreich 2 585

Irland 180

Italien 1 950

Luxemburg 45

Niederlande 605

Österreich 520

Portugal 450

Finnland 170

EU-11 insgesamt 12 990

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Kapitel VIII

Stand der Statistik

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Das Hauptaugenmerk der statistischen Ar-beit der EZB liegt auf der Erstellung undWeiterentwicklung von Statistiken über denEuroraum, um so die Umsetzung der einheit-lichen Geldpolitik des Eurosystems nach Maß-gabe des Vertrags zur Gründung der Euro-päischen Gemeinschaft (EG-Vertrags) zu un-terstützen. Die EZB arbeitet hier eng mitden NZBen zusammen, die Daten von Mel-deinstituten erheben.

Geld- und Bankenstatistik, Zins- undWertpapierstatistik

Im Dezember 1998 veröffentlichte die EZBerstmals eine konsolidierte Bilanz des Sek-tors der Monetären Finanzinstitute (MFIs)und darauf aufbauende monetäre Statistiken.Seither werden diese Daten monatlich he-rausgegeben, jeweils innerhalb eines Monatsnach dem Berichtstag. Im Laufe des Jahres1999 wurden diese Statistiken weiterentwi-ckelt. So wurde im März 1999 das Wachstumder Geldmengenaggregate – bezogen auf denFebruarendstand – erstmals auf der Basis vonStromgrößen berechnet, d. h. bereinigt umUmgruppierungen, Neubewertungen und an-dere nichttransaktionsbedingte Bestandsver-änderungen. Bis dahin war das Wachstum aufBasis der Bestände ermittelt worden. Mit die-ser Umstellung konnten erstmals transakti-onsbedingte Veränderungen in der konsoli-dierten Bilanz ausgewiesen werden. Seit derVeröffentlichung der auf Mai 1999 bezoge-nen monetären Statistiken Ende Juni werdendie drei Geldmengenaggregate (M1, M2 undM3) in saisonbereinigter und vorläufiger Formdargestellt. Die Bilanzdaten werden im Übri-gen zur Berechnung des Mindestreserve-Sollsder Kreditinstitute herangezogen.

Im Quartalsabstand legen die MFIs detaillierte-re Daten vor, untergliedert nach Sektoren,Währungen und Fristigkeiten und mit Zusatzin-formationen über die Zusammensetzung ihresKreditportefeuilles. Eine erste, noch unvollstän-dige Quartalsstatistik erschien im Monatsbe-richt der EZB vom April 1999. Inzwischen wur-den neue Statistiken hinzugefügt und weiterzurückliegende Daten aufbereitet.

Das Verzeichnis der MFIs wird monatlich ak-tualisiert und auf der Internetseite der EZBveröffentlicht; wichtig ist in diesem Zusam-menhang, dass im gesamten Euroraum (bzw.EU-weit) eine einheitliche Definition der MFIsangewendet wird.

Eine Wertpapierstatistik gab die EZB erst-mals im November 1999 heraus. Ausgewie-sen werden Bruttoabsatz, Tilgungen und Net-toabsatz durch Ansässige des Euroraums, je-weils in Euro und andere Währungenuntergliedert. Ergänzt wird diese Statistikdurch auf Euro lautende, von Ansässigen au-ßerhalb des Euroraums begebene Wertpa-piere. In beiden Fällen wird auch der Umlaufangegeben.

Seit Anfang 1999 veröffentlicht die EZB auchStatistiken über Geldmarktsätze und Rendi-ten von Staatsanleihen im Euroraum. Dazukommen Statistiken über ausgewählte Einla-gen- und Kreditzinsen, die für das Kundenge-schäft der MFIs gelten. Dieser Markt ist imEuroraum noch ziemlich segmentiert, wes-halb die erhobenen Daten innerhalb des Eu-roraums noch nicht hundertprozentig ver-gleichbar sind. Daher sollten die Daten fürdas Kundengeschäft primär für die Analyseder Zinsentwicklung im Zeitverlauf undweniger zum Vergleich der Zinshöhe heran-gezogen werden.

1999 wurden erste Schritte unternommen,um die Vergleichbarkeit der Zinssätze imKundengeschäft zu verbessern. Es dürfte ei-nige Zeit dauern, bis eine solche Vergleich-barkeit gegeben ist; diese Bemühungen soll-ten am besten Hand in Hand mit dem Zu-sammenwachsen der Finanzmärkte imKundengeschäft im Euroraum gehen. DieWertpapierstatistik bedarf gleichermaßen ei-ner Verbesserung. Auch Zusatzinformatio-nen, die aus den MFI-Bilanzen nicht hervor-gehen, etwa Angaben zu den Inhabern han-delbarer, von MFIs begebener Wertpapiere,sind entsprechend aufzubereiten. Die mone-tären Statistiken und Wertpapierstatistikenmussten in den meisten Monaten revidiertwerden; wenn man von den MFI-Bilanzen aus-geht, die es bereits länger gibt, dürfte in dem

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Maß, in dem sich das System festigt, der Revi-sionsbedarf abnehmen. Schließlich werdenzurzeit Konzepte für Statistiken über andere(nichtmonetäre) Finanzinstitute, insbesonde-re Investmentfonds, sowie über den Finanz-derivatesektor erarbeitet.

Zahlungsbilanz und Auslandsvermögens-status (einschließlich Reserveposition) undeffektive Wechselkurse

Schlüsselaggregate der monatlichen Zahlungs-bilanz für den Euroraum einschließlich bisAnfang 1998 zurückgerechneter ECU-Datenwurden erstmals im April 1999 veröffent-licht. Im September folgten dann die ausführ-licheren Quartalswerte. Die Ausgabe des Mo-natsberichts vom Dezember 1999 enthieltschließlich zum ersten Mal Angaben zum Net-to-Auslandsvermögensstatus des Euroraums,bezogen auf Ende 1997 und Ende 1998.

Die Konzepte und Definitionen, auf denendie Zahlungsbilanz- und Auslandsvermögens-statistiken aufbauen, stimmen im Allgemei-nen mit jenen in der fünften Auflage desZahlungsbilanzhandbuchs des IWF (Oktober1993) überein. Für die Monatsstatistiken sindjedoch aus Termingründen gewisse Abwei-chungen zulässig. Die Mitgliedstaaten unter-nahmen große Anstrengungen, um die Prä-sentationsschemata und Abgrenzungen anzu-gleichen, ehe die ersten Daten veröffentlichtwurden. Allerdings haben seither manche Mit-gliedstaaten weitere Anpassungen vorgenom-men, was darauf hindeutet, dass dieser Pro-zess noch nicht abgeschlossen ist. Die Arbeitan der Optimierung der Datenqualität wirdalso im Jahr 2000 fortgesetzt. Dazu trägt dieEZB aktiv bei: in Zusammenarbeit mit derEuropäischen Kommission (Eurostat), denNZBen und Statitistikbehörden analysiert sie,inwieweit Diskrepanzen zwischen den natio-nalen Zahlungsbilanzstatistiken bestehen.

Die Wertpapieranlagen und die Teilbilanz üb-rige Vermögenseinkommen sind bei der Er-stellung von Statistiken zur Zahlungsbilanzund zum Auslandsvermögensstatus die größ-ten Herausforderungen. Besonders schwierig

– und nicht ohne Folgen für zahlreiche ande-re Finanzstatistiken – gestaltet sich die Erfas-sung der Bestände an handelbaren Schuldti-teln und deren schematische Untergliederung.

Daten zu den Währungsreserven des Eurosy-stems werden zusammen mit der Zahlungsbi-lanz seit April 1999 veröffentlicht. Diese An-gaben umfassen die Fremdwährungsforderun-gen des Eurosystems gegenüber nicht imEuro-Währungsgebiet Ansässigen, monetäreGoldreserven, Sonderziehungsrechte und dieReserveposition im IWF. Forderungen inFremdwährung an Ansässige im Euroraum,z. B. nicht auf Euro lautende Einlagen bei Ban-ken im Euroraum, werden separat ausgewie-sen und sind in den Devisenreserven nichtenthalten. Ab März 2000 sollen die Devisen-reserven des Eurosystems in Übereinstim-mung mit dem neuen vom IWF und von derBIZ erarbeiteten Standard veröffentlicht wer-den; die entsprechenden Vorarbeiten dafürwurden bereits geleistet.

Während der ersten Monate nach Beginnder dritten Stufe der Wirtschafts- und Wäh-rungsunion (WWU) stammten die von derEZB verwendeten Angaben zum effektivenWechselkurs des Euro von der BIZ. Seit Ok-tober 1999 bringt die EZB einen eigenen In-dex heraus, der sich als geometrischer gewo-gener Durchschnitt bilateraler Wechselkur-se des Euromarkts gegenüber den Währungenvon 13 Partnerländern errechnet, wobei dieGewichte auf dem bilateralen Handel beru-hen und auch Drittmarkteffekte widerspie-geln. Ein monatlich veröffentlichter „realer“Index wird um die Verbraucherpreisänderun-gen im Euroraum und in den Partnerländernbereinigt.

Finanzierungsrechnung

Die EZB arbeitet an der Erstellung von Statis-tiken zur Finanzierungsrechnung, die sowohlFinanzierungsströme als auch Bestände anForderungen und Verbindlichkeiten nachwei-sen und als Ergänzung der monetären Analy-se und der Wirtschaftsforschung dienen sol-len.

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Diese Statistiken werden sich hauptsächlichauf folgende Quellen stützen: die konsoli-dierte Bilanz der MFIs im Euroraum sowieZahlungsbilanz- und Wertpapierstatistiken,Finanzstatistiken für den Staatssektor der teil-nehmenden Mitgliedstaaten und gesamtwirt-schaftliche Finanzierungsrechnungen in Über-einstimmung mit dem Europäischen Systemder Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen1995 (ESVG 95), einem wirksamen Instru-ment zur Harmonisierung.

Derzeit veröffentlicht die EZB jährliche Da-ten über Ersparnis, Investitionen und Finan-zierung der privaten nichtfinanziellen Sekto-ren im Euroraum, die auf den nationalen Ver-mögensübertragungs- und Kapitalbilanzenberuhen. Angestrebt wird die Erfassung sol-cher Daten auf der Basis der vierteljährlichenDaten für den Euroraum aus den oben ge-nannten Quellen unter bestmöglicher Nut-zung der gesamtwirtschaftlichen Finanzie-rungsrechnungen.

Wirtschaftsstatistiken

Nach Maßgabe des EG-Vertrags ist es dasvorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilitätzu gewährleisten. Als Gradmesser der Preis-stabilität dient der Harmonisierte Verbrau-cherpreisindex (HVPI) des Euroraums. DieEZB untersucht ferner verschiedenste Wirt-schaftsdaten, um zu einer umfassenden Beur-teilung der künftigen Preisentwicklung undder Risiken für die Preisstabilität im Euroraumzu gelangen. Dementsprechend groß ist dasInteresse der EZB an der Qualität und Ver-fügbarkeit von Statistiken über Preise undKosten, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnun-gen, Arbeitsmarktdaten und makroökonomi-sche Indikatoren. Qualitative Umfrageergeb-nisse kommen ebenfalls zum Einsatz. Periodi-zität und zeitliche Genauigkeit sind wichtigeQualitätsfaktoren, sofern die Daten dieDurchführung der Geldpolitik unterstützen.

Weitere Fortschritte konnten in Bezug aufden HVPI erzielt werden. Der Index erfasstnun auch das Gesundheits- und Bildungswe-sen und den sozialen Sektor; zurückgerech-

nete Daten sind für die neu einbezogenenSektoren jedoch nicht verfügbar. Nach wievor ungeklärt ist die Frage, wie Ausgaben imZusammenhang mit selbstgenutztem Wohn-eigentum zu behandeln sind.

Die Europäische Kommission (Eurostat) er-stellt drei vierteljährliche Prognosen über dasBIP des Euroraums (nach 70, 100 und 120Tagen). In manchen Fällen sind Schätzungenerforderlich, da derzeit nicht für alle teilneh-menden Mitgliedstaaten vierteljährliche Finan-zierungsrechnungen vorliegen. Bei der Ein-führung des ESVG 95 traten mehr Schwierig-keiten als erwartet auf. Da für manche Ländereinige Kenndaten, insbesondere Arbeits-marktstatistiken, nach wie vor fehlen, ist esunmöglich, Euroraumaggregate zu bilden, diemit den Volkswirtschaftlichen Gesamtrech-nungen übereinstimmen. Der Mangel an Be-schäftigungs- und Lohnkostendaten für denEuroraum wirkt sich auch auf abgeleitete In-dikatoren wie die Lohnstückkosten aus.

Die Europäische Kommission veröffentlichtEuroraumaggregate für eine Reihe von kurz-fristigen Indikatoren, speziell für Industrie-produktion und Produktionskosten. DieseAggregate beziehen sich großteils nicht aufalle teilnehmenden Mitgliedstaaten und basie-ren zum Teil auf Schätzungen. Die zeitlicheGenauigkeit der Daten konnte im Jahr 1999verbessert werden. Die vollständige Umset-zung der Ratsverordnung (EG) über Kon-junkturstatistiken (1998) wird sich auf Grundvon Ausnahmeregelungen über einige Jahreerstrecken. Die EZB verwendet aktuelle, mo-natlich von der Europäischen Kommissiondurchgeführte Branchen- und Verbraucher-umfragen.

Zusammenarbeit mit der EuropäischenKommission

Die EZB ist für die Geld- und Bankenstatistikauf europäischer Ebene zuständig; die Zu-ständigkeit für die Zahlungsbilanzstatistik unddie Statistiken zum Auslandsvermögensstatussowie zur Finanzierungsrechnung teilt dieEZB mit der Europäischen Kommission (Eu-

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rostat); die Preis- und Kostenstatistiken so-wie sonstige Wirtschaftsstatistiken obliegenallein der Europäischen Kommission (Euro-stat). Diese Aufgabenverteilung erwies sich1999 als vorteilhaft.

Zusammenarbeit mit internationalenInstitutionen

Ferner arbeitet die EZB in Übereinstimmungmit Artikel 5.1 der ESZB-Satzung im BereichStatistik eng mit internationalen Organisationenzusammen. Im Berichtsjahr waren dies insbe-sondere die BIZ und der IWF, vor allem bei denZahlungsbilanzstatistiken und Devisenreserven,Wertpapieremissionen (hier liefert die BIZ Da-ten über Euro-Emissionen von Ansässigen au-ßerhalb des Euroraums) sowie Daten über dieinternationale Nutzung des Euro.

Statistiken über nichtteilnehmendeMitgliedstaaten

Alle EU-Mitgliedstaaten wurden ausdrücklichaufgefordert, statistische Vorarbeiten für dieTeilnahme an der dritten Stufe der WWU zuleisten. In der Praxis stellen die nichtteilneh-menden Mitgliedstaaten der EZB umfassen-des Datenmaterial zur Verfügung, anhanddessen die EZB die wirtschaftliche und finan-zielle Entwicklung beobachtet. Damit die Sta-tistiken dieser Länder in die Euroraumaggre-gate aufgenommen werden können, wird esjedoch in der Phase vor der Erweiterung desEuroraums notwendig sein, gemeinsam mitdem jeweiligen Land bzw. den jeweiligen Län-dern große Anstrengungen zu unternehmen.

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Kapitel IX

Sonstige Aufgaben

und Aktivitäten

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Kasten 7Konsultationsverfahren 1999

Nr. Ursprung Thema

1 Spanien Umsetzung der Richtlinie 98/26/EG vom 19. Mai 1998 überdie Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wert-papierliefer- und -abrechnungssystemen („Finalitätsrichtlinie“)

2 Italien Änderung des Gesetzes über die Einführung des Euro

3 Italien Produktion und Ausgabe von Münzen

4 Griechenland Entmaterialisierung der Aktien der Bank von Griechenland

5 Österreich Bankenaufsicht

6 EU-Kommission Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EG) Nr.2494/95 des Rates im Hinblick auf Mindeststandards für dieBehandlung von Versicherungen im harmonisierten Verbrau-cherpreisindex1

7 Österreich Umsetzung der Richtlinie 97/5/EG vom 27. Januar 1997 übergrenzüberschreitende Überweisungen sowie der Finalitäts-richtlinie

8 EU-Kommission Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2214/96 der Kommissionüber die Teilindizes des Harmonisierten Verbraucherpreisin-dexes2

9 Schweden Umsetzung der Finalitätsrichtlinie

10 Deutschland Drittes Euro-Einführungsgesetz

1 ABl. C 252 vom 3.9.1999, S. 4.2 ABl. C 285 vom 7.10.1999, S. 14.

1 Beratende Funktionen

Artikel 105 Abs. 4 des EG-Vertrags und Arti-kel 4 der Satzung des ESZB sehen vor, dassdie EZB in ihrem Zuständigkeitsbereich vomEU-Rat bzw. den verantwortlichen nationa-len Behörden, sofern angebracht, zu allenVorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaftoder der Mitgliedstaaten gehört wird.

Die Grenzen und Bedingungen für die Anhö-rung zu Gesetzgebungsvorhaben durch dieBehörden der Mitgliedstaaten sind in der Ent-scheidung des Rates 98/415/EG vom 29. Juni1998 dargelegt.

Darüber hinaus kann die EZB von nationalenBehörden auf freiwilliger Basis zu Gesetzge-bungsvorhaben gehört werden, mit denen

Richtlinien der EG umgesetzt werden, die indie Zuständigkeit der EZB fallen.

1999 wurden 22 Konsultationsverfahren ein-geleitet; drei davon betrafen Rechtsakte derGemeinschaft, 19 bezogen sich auf Entwürfefür nationale Rechtsvorschriften, die in denZuständigkeitsbereich der EZB fallen. Diesist weniger als im Jahr 1998 (64 Konsultati-onsverfahren), weil die Rechtsvorschriftenüber die Satzungen der NZBen und die Ein-führung des Euro vor Januar 1999 erlassenwurden.

Der folgende Kasten enthält eine Aufstellungder 1999 eingeleiteten Konsultationsverfah-ren.

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11 EU-Rat Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EG) Nr.2494/95 des Rates im Hinblick auf Mindeststandards für dieBehandlung der Produkte der Sektoren Gesundheitspflege, Er-ziehung und Unterricht und Sozialschutz im harmonisiertenVerbraucherpreisindex3

12 Irland Gesetzesentwurf zum Urheberrecht und zu verwandtenSchutzrechten

13 Niederlande Schutz von Kreditinstituten und sonstigen Finanzinstitutengegen Verbindlichkeiten auf Grund der Schließung von Zah-lungsverkehrs- und Wertpapierabrechnungssystemen am 31.Dezember 1999

14 Portugal Gesetzesentwurf zur Ausstattung des Banco de Portugal mitfolgenden Kompetenzen: (i) Herstellung und Druck von Pa-piergeld und anderen Wertträgern, (ii) Inverkehrsetzung derBanknoten, und (iii) operationelle Vorkehrungen zur Durch-führung dieser Tätigkeiten

15 Portugal (i) Rechtlicher Rahmen für Kreditinstitute und Finanzgesell-schaften im Hinblick auf den Einlagensicherungsfonds, und(ii) Tätigkeit des Einlagensicherungsfonds

16 Spanien Regelungen für die Abführung des Gewinns des Banco deEspaña an das Finanzministerium

17 Luxemburg Vertragliche Verpflichtungen des Finanzsektors mit Fällig-keit am 31. Dezember 1999

18 Griechenland Änderung des Gesetzes über die Bank von Griechenland

19 Luxemburg Umsetzung der Finalitätsrichtlinie

20 Frankreich Satzung und Rolle des IEDOM (Institut d’émission des dépar-tements d’outre-mer)

21 Frankreich Satzung und Rolle des IEDOM

22 Luxemburg Zahlungsbilanzstatistik

3 ABl. C 324 vom 12.11.1999, S. 11.

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2 Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und desbevorrechtigten Zugangs

Gemäß Artikel 237d (ehemals Artikel 180d)des Vertrags zur Gründung der EuropäischenGemeinschaft (des EG-Vertrags), wurde derEZB die Aufgabe übertragen, die Einhaltungder Bestimmungen von Artikel 101 und 102(ehemals Artikel 104 bzw. 104a) des EG-Ver-trags sowie der diesbezüglichen Ratsverord-nungen (EG) Nr. 3603/93 und Nr. 3604/93durch die 15 NZBen der EU zu überwachen.Nach Artikel 101 ist es der EZB und dennationalen Zentralbanken verboten, Überzie-hungs- oder andere Kreditfazilitäten für Re-gierungsstellen und Organe oder Einrichtun-gen der Gemeinschaft vorzusehen oder vondiesen unmittelbar Schuldtitel zu erwerben.Nach Artikel 102 sind Maßnahmen, die nichtaus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffenwerden und einen bevorrechtigten Zugangfür Regierungsstellen und Organe und Ein-richtungen der Gemeinschaft zu den Finanz-instituten schaffen, verboten. Mit dem Ein-tritt in die zweite Stufe der WWU wurde dasEuropäische Währungsinstitut damit betraut,die Einhaltung dieser Verbote durch dieNZBen zu überwachen; ab 1. Juni 1998 über-nahm die EZB diese Aufgabe. Die Einhaltungder Verpflichtungen, die den Mitgliedstaatenaus den genannten Bestimmungen erwach-sen, wird von der Europäischen Kommissionüberwacht.

Das Eurosystem legt großen Wert darauf,dass die genannten Bestimmungen des EG-Vertrags und der damit zusammenhängendenRatsverordnungen unter allen Umständen ein-gehalten werden. Monetäre Finanzierung vonRegierungen und öffentlichen Einrichtungen

sowie jede Form von privilegiertem Zugangzu Finanzinstituten würden Inflationserwar-tungen schüren und würden somit die Glaub-würdigkeit der einheitlichen Geldpolitik un-tergraben. Darüber hinaus könnten die An-reize verringert werden, die notwendigenHaushaltskonsolidierungsprogramme in denMitgliedstaaten des Euroraums durchzuset-zen, da Regierungen ihren Kreditbedarf aufeinfache Art decken könnten.

Die EZB überwacht auch den Kauf vonSchuldtiteln der öffentlichen Hand durch dieZentralbanken am Sekundärmarkt – unabhän-gig davon ob es sich um Papiere aus demInland oder aus anderen Mitgliedstaaten han-delt. Laut Ratsverordnung (EG) Nr. 3603/93darf der Erwerb von Schuldtiteln der öffentli-chen Hand am Sekundärmarkt nicht zur Um-gehung der Ziele des Artikels 101 des Ver-trags eingesetzt werden. Solche Käufe dürfennicht zu einer indirekten monetären Finan-zierung der öffentlichen Hand führen.

Insgesamt bestätigen die der EZB von denNZBen zur Verfügung gestellten Informatio-nen, dass im Berichtszeitraum die Bestimmun-gen der Artikel 101 und 102 des EG-Vertragsund der damit zusammenhängenden Ratsver-ordnungen im Allgemeinen eingehalten wur-den. Im Zuge des Übergangs zu den neuenRegelungen sind einige Unzulänglichkeiten undtechnische Schwierigkeiten aufgetreten; dieseAbweichungen sind jedoch von wenig Belangund an ihrer Behebung wird bereits gearbei-tet.

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3 Übergang zum Jahr 2000

Das ESZB hat 1999 beträchtliche Mittel dafüraufgewendet, einen reibungslosen Übergangins Jahr 2000 sicherzustellen. Da das Jahr-2000-Problem in erster Linie die Computer-technologie betraf, stand in der Anfangsphasedie Jahr-2000-Tauglichkeit der IT-Systeme imMittelpunkt der Arbeiten, wobei das Haupt-augenmerk auf den für die Durchführung derGeldpolitik notwendigen Systemen und aufTARGET lag.

Testläufe und Mängelbehebung

Zunächst wurden alle Software-Programmeund Hardware-Systeme bei der EZB und denNZBen inventarisiert. Wo dies notwendig war,wurden Systeme auf den neuesten Stand ge-bracht und mit Jahr-2000-tauglicher Softwareausgestattet. Die EZB und die NZBen führtendie Testläufe in ihren internen IT-Systemeneigenverantwortlich durch, um die fehlerfreieErkennung von Datumsangaben im Jahr 2000sicherzustellen. Zusätzlich zu diesen internenSystemtestläufen führte die EZB, soweit mög-lich, innerhalb ihrer eigenen Systeme vorläufigeTests der ESZB-weiten Systeme durch. Somitwurden alle Einzelkomponenten der Eurosys-tem-weiten Informationssysteme bereits in denersten Monaten des Jahres 1999 auf ihre Jahr-2000-Tauglichkeit geprüft.

In der Folge wurde eine Reihe von bilateralenTests zwischen der EZB und allen NZBen desEuroraums – sowie auf Wunsch auch ande-ren, nicht am Euroraum teilnehmendenNZBen – durchgeführt. Bei diesen Tests wur-de in der ESZB-Produktionsinfrastruktur eineJahr-2000-Umgebung simuliert, um die durch-gehende Betriebsbereitschaft der Anwendun-gen zu prüfen. Im Testverlauf trat nur einesehr geringe Anzahl von auf den Datums-wechsel bezogenen Problemen auf. Einzelnedabei zu Tage tretende Probleme konntenerfolgreich behoben werden, sodass im Spät-sommer alle produktionskritischen Systemeder EZB und des ESZB für Jahr-2000-tauglicherklärt werden konnten.

Ebenso wie die anderen Systeme des ESZBwurde auch TARGET einer intensiven Prü-fung auf seine Jahr-2000-Eignung unterzogen.Dabei kamen die gleichen Testansätze wiebei den Testläufen vor der erfolgreichen In-betriebnahme von TARGET am 4. Januar1999 zum Einsatz. Nach der Überprüfungder nationalen Systemkomponenten und derAnbindungen an den S.W.I.F.T.-Dienst „FIN“wurden systemübergreifende Tests durchge-führt, bei denen die Systeme aller NZBenund der EZB die Abwicklung eines vollenTARGET-Geschäftstages in einer Jahr-2000-Umgebung simulierten. In dieser zweiten Pha-se wurden ausgewählte Kreditinstitute in dieTests der nationalen Echtzeit-Bruttozahlungs-systeme in jedem Land miteinbezogen. AmSamstag, dem 25. September 1999, wurde dieJahr-2000-Fähigkeit des gesamten TARGET-Systems unter Beweis gestellt. Mehrerehundert Kreditinstitute testeten in einer „Ge-neralprobe“, die sich über einen vollen Ge-schäftstag in einer simulierten Jahr-2000-Um-gebung erstreckte, die Versendung und denEmpfang grenzüberschreitender TARGET-Zahlungen. Außerdem wurden in mehrerenLändern die inländischen Zahlungssystemeunter Beteiligung von Kreditinstituten ge-testet.

Parallel dazu wurde das Korrespondenzzen-tralbank-Modell (CCBM) geprüft. Das CCBM,ein System für die grenzüberschreitendeÜbertragung von Sicherheiten, soll die Ver-fügbarkeit von Sicherheiten für geldpolitischeGeschäfte und für Zahlungsverkehrsopera-tionen sicherstellen. Bei den Tests traten kei-ne Probleme auf.

Das ESZB überwachte auch die Fortschritteanderer Großbetragszahlungssysteme undder wichtigsten Massenzahlungssysteme inder EU. Dazu zählen insbesondere solcheSysteme, die ihren Zahlungsausgleich am Endedes Tages über TARGET durchführen. InAnlehnung an die Jahr-2000-Strategie vonTARGET wurden Meldeverfahren erarbeitet,um zu überprüfen, ob alle nationalen Zah-lungssysteme die internen Tests bis Ende

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April 1999 und die multilateralen Tests bisEnde Juli 1999 abgeschlossen hatten.

Nach Beendigung der Testläufe und der er-folgreichen Behebung der Mängel verhängtedie EZB von 1. Oktober 1999 bis 1. März2000 ein Moratorium auf Systemänderungen,um zu gewährleisten, dass die Jahr-2000-Tauglichkeit in allen Systemen uneinge-schränkt aufrechterhalten bleibt.

Sonstige Vorsichtsmaßnahmen

Die EZB gab am 31. März 1999 ihre Ent-scheidung bekannt, TARGET am 31. Dezem-ber 1999 zu schließen, um die Zahl der Trans-aktionen am 31. Dezember niedrig zu haltenund den Finanzinstituten die Möglichkeit zugeben, ihre Jahresabschlussarbeiten durchzu-führen sowie sämtliche Systemdaten vor demÜbergang zum Jahr 2000 zu sichern. Fernertrug die EZB mit ihrem Vorschlag für einKommuniqué, das die Finanzminister am17. April 1999 verabschiedeten, maßgeblichzur Anpassung der Rechtsvorschriften in denEU-Mitgliedstaaten bei. In dem Kommuniquéwerden die Mitgliedstaaten aufgefordert, si-cherzustellen, dass am 31. Dezember 1999 –wie an einem gewöhnlichen Feiertag – keineZahlungs- und Lieferverpflichtungen von Kre-ditinstituten und anderen Finanzmarktteilneh-mern, zumindest bei Zahlungen in Euro, fälligoder durchsetzbar werden.

Zusätzlich zu den intensiven Anstrengungen,die die EZB zur Sicherstellung ihrer eigenenJahr-2000-Fähigkeit unternommen hat, wur-den auch die möglichen Auswirkungen derJahr-2000-Umstellung auf das Euro-Wäh-rungsgebiet untersucht. Die Studie ergab,dass keine wesentlichen monetären und wirt-schaftlichen Auswirkungen des Übergangszum Jahr 2000 auf die mittelfristig ausgerich-tete Währungspolitik der EZB zu erwartenseien. Laut Einschätzung der EZB bestand fürdie Öffentlichkeit kein Anlass, beim Über-gang zum neuen Jahrtausend mehr Bargeldzu halten als sonst zum Jahresende. DieNZBen trugen dennoch dafür Sorge, dass aus-reichende Banknotenbestände zur Verfügung

standen, falls es infolge von Verunsicherungzu einer außergewöhnlich hohen Nachfragekommen sollte.

Darüber hinaus untersuchte die EZB einge-hend, ob der geldpolitische Handlungsrahmendes Eurosystems für den Übergang zum Jahr2000 geeignet sei. Im August 1999 verlaut-barte das Eurosystem, dass es keinen durchdie Umstellung auf das Jahr 2000 bedingtenBedarf an grundlegenden Änderungen seinesHandlungsrahmens sehe. Der Handlungsrah-men des Eurosystems wurde nämlich so kon-zipiert, dass bei der Umsetzung der Geldpo-litik ein Höchstmaß an Flexibilität gewähr-leistet ist. Somit ist auch die Durchführungallfälliger technischer Anpassungen möglich.Außerdem sind im Handlungsrahmen des Eu-rosystems Automatismen eingebaut, mit de-nen der Liquiditätsbedarf der Marktteilneh-mer in jeder Höhe gedeckt werden kann.Die EZB beschränkte sich daher am 23. Sep-tember 1999 auf eine geringfügige Ablaufsän-derung, nämlich dass in der ersten Wochedes Jahres 2000 weder ein neues Hauptrefi-nanzierungsgeschäft durchgeführt noch einsolches Geschäft fällig würde; letzteres wur-de durch die Verlängerung der Laufzeit derzwei letzten Refinanzierungsoperationen desJahres 1999 auf drei Wochen erreicht. Zu-sätzlich wurde das Zuteilungsvolumen für diedrei letzten längerfristigen Refinanzierungs-geschäfte des Jahres 1999 von sonst 15 Mrd €auf 25 Mrd € angehoben, um zu einemreibungslosen Übergang zum Jahr 2000 amGeldmarkt beizutragen.

Ferner wurden die bestehenden rechtlichenVereinbarungen der EZB geprüft und, soweiterforderlich, dahingehend aktualisiert, dass siein jedem Jahr-2000-Szenario durchführbarblieben.

Gleichwohl wollte die EZB nicht außer Achtlassen, dass unerwartete Probleme auftretenkönnten, die das reibungslose Funktionierenihrer Systeme beeinträchtigen könnten. AlsVorsichtsmaßnahme überprüfte die EZB da-her die anlässlich der Umstellung auf den Euroerarbeiteten Ausfallpläne, um ihre Anwend-barkeit im Falle von etwaigen Problemen wäh-

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4 Verwaltung der Gemeinschaftsdarlehen

rend der Umstellung auf das Jahr 2000 si-cherzustellen. Zudem wurden Notfallverfah-ren entworfen, nach denen EZB-Mitarbeiterkritische Geschäfte auch von einem anderenOrt aus durchführen hätten können. Erfreu-licherweise verlief die Umstellung der ESZB-Systeme reibungslos, sodass keines der Aus-fall- oder Notfallverfahren zum Einsatz kam.

Kommunikationsstruktur

Im Jahr 1999 unternahmen die verschiedenenESZB-Ausschüsse im Hinblick auf die Jahrtau-sendwende beträchtliche Anstrengungen. Umsicherzustellen, dass die Vorbereitungen im ge-samten ESZB konsistent durchgeführt werden,schuf der EZB-Rat einen Jahr-2000-Koordinie-rungsausschuss des ESZB, der sich aus den Jahr-2000-Koordinatoren der NZBen zusammen-setzte. Dieser Ausschuss war für die Abklärungvon Fragen im Zusammenhang mit der Jahr-2000-Thematik innerhalb des ESZB sowie zwi-schen dem ESZB und internationalen Gremien,die sich unmittelbar mit dem Jahr-2000-Pro-blem befassten, zuständig. Zu seinen Hauptauf-gaben zählten die Beurteilung der Angemessen-heit und Durchführbarkeit von Vorsorgeplanun-gen und der Verfahren zur Aktivierung der-artiger Maßnahmen sowie die Festlegung vonZwischenzielen (so genannten Meilensteinen)für das ESZB, deren Erreichen vor, währendund nach der Jahr-2000-Umstellung überwachtwurde.

Der Jahr-2000-Koordinierungsausschuss desESZB bildete den Knotenpunkt einer effizien-ten Kommunikationsstruktur zwischen derEZB und den NZBen, die speziell für dieÜberwachung der Entwicklungen zum Jahres-wechsel 1999/2000 eingerichtet wurde.Durch regelmäßige Statusberichte über dieSysteme und die Infrastruktur innerhalb desESZB sowie der Finanzmärkte des Euroraumswurde der Ausschuss laufend informiert undkonnte dadurch Probleme frühzeitig erken-nen. Im Rahmen der Bemühungen, die Jahr-2000-bezogenen Risiken über das Eurosystemhinaus auf globaler Ebene zu verringern, eta-blierten die EZB und die NZBen auch einenInformationsaustausch mit dem von der Bankfür Internationalen Zahlungsausgleich koordi-nierten Gemeinsamen Jahr-2000-Rat. DieseStrukturen erwiesen sich als sehr wirkungs-voll.

Eine beträchtliche Anzahl von Mitarbeiternder EZB und der NZBen verbrachten dasWochenende zum Jahreswechsel 1999/2000an ihrem Arbeitsplatz, um sicherzustellen,dass unvorhergesehene Probleme effizientund wirkungsvoll behoben werden könnten.Die gründlichen Vorbereitungsarbeiten imVerlauf des Jahres 1999 machten sich vollaufbezahlt; sowohl das Übergangswochenendeals auch die Aufnahme des Geschäftsbetriebsam 3. Januar 2000 verliefen absolut reibungs-los.

Gemäß Artikel 109 l Abs. 2 des EG-Vertragsund Artikel 11 der Ratsverordnung (EWG)Nr. 1969/88 vom 24. Juni 1988 setzte die EZBdie Verwaltung der von der Gemeinschaft imRahmen des Systems des mittelfristigen fi-nanziellen Beistands aufgenommenen und ge-währten Darlehen fort.

Im Jahr 1999 nahm die EZB die vom verblei-benden Schuldnerland, nämlich Italien, gegen-

über den Gläubigern der Europäischen Ge-meinschaft zu leistenden Zinszahlungen ent-gegen. Die gesamten ausstehenden Darlehender Gemeinschaft an Italien beliefen sich zum31. Dezember 1998, wie auch zum 31. De-zember 1999, auf 2 483 Mio €.

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Kapitel X

Öffentlichkeitsarbeit und

Rechenschaftsbericht

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1 Die Informationspolitik und die Kommunikationsinstrumenteder EZB

1.1 Ziele der Kommunikationspolitik

Die EZB legt Wert darauf, die breite Öffent-lichkeit über ihre Zielsetzungen und Aufga-benbereiche zu informieren und die Gründefür ihre Entscheidungen darzulegen. Zur Ver-mittlung dieser Informationen nutzt sie eineVielfalt von Kommunikationsmedien. Auf die-se Weise trägt die EZB zur Erfüllung derkommunikationspolitischen Ziele des Euro-systems bei, also dazu, der Öffentlichkeit ei-nen besseren Einblick in die Geldpolitik zuverschaffen und so dem Kurs des Eurosys-tems im Euroraum und darüber hinaus öf-fentliche Akzeptanz zu sichern. Ein weiteresZiel der Kommunikationspolitik ist, das Wis-sen der Bevölkerung über die Funktionsweisedes ESZB zu vertiefen.

Die EZB ist den Grundsätzen der Offenheitund Transparenz sowie der Rechenschaftsle-gung über ihre Tätigkeit verpflichtet. Dem-entsprechend versorgt sie unterschiedlicheAdressatenkreise umfassend mit Informationdarüber, wie sie die Wirtschaftslage im Eu-roraum und die Entwicklungen auf den Fi-nanzmärkten einschätzt. Die Öffentlichkeits-arbeit ist nach dem Grundsatz der Gleichbe-handlung gestaltet, damit kein Land und keinMedienvertreter diskriminiert wird. Nebender EZB tragen auch die NZBen im ESZBmaßgeblich zur Erfüllung der Ziele bei, diesich die Kommunikationspolitik des ESZB ge-steckt hat.

Richtungsweisend für die Konzeption derKommunikationspolitik ist die ESZB-Satzung.Darin wird die EZB verpflichtet, mindestensvierteljährlich Berichte über die Tätigkeit desESZB zu veröffentlichen. Daneben schreibtdie Satzung vor, dass die EZB dem Europäi-schen Parlament, dem EU-Rat, der Europäi-schen Kommission und auch dem Europäi-schen Rat einen Jahresbericht über die Tätig-keit des ESZB und die Geld- undWährungspolitik im vergangenen und im lau-fenden Jahr vorzulegen hat. Eine weitere Vor-gabe ist, dass die EZB einen konsolidierten

Wochenausweis des Eurosystems veröffent-licht.

1.2 Kommunikationsinstrumente

Die EZB hat sich im Grunde zu einer Überer-füllung dieser Vorgaben verpflichtet. So ge-ben der Präsident und der Vizepräsident je-weils direkt im Anschluss an die erste EZB-Ratssitzung im Monat eine Pressekonferenz.Die Bemerkungen, mit denen der Präsidentdie Pressekonferenz einleitet, werden an dieRedaktionen der Medien übermittelt und zu-gleich im Internet auf der EZB-Homepage(http://www.ecb.int) veröffentlicht. Unter denInternetadressen der NZBen des Eurosystemskönnen die einleitenden Bemerkungen desPräsidenten ebenfalls abgerufen werden. So-mit macht die EZB bereits unmittelbar nachder Ratssitzung bekannt, wie der EZB-Rat dieaktuelle Wirtschaftslage beurteilt und was diewichtigsten Beweggründe für seine Beschlüs-se waren.

Nähere Details dazu, wie der EZB-Rat dieWirtschaftslage und die voraussichtlichePreisentwicklung einschätzt, sind im Monats-bericht der EZB nachzulesen, der jeweils eineWoche nach der ersten EZB-Ratssitzung imMonat in allen elf Amtssprachen der Gemein-schaft veröffentlicht wird.

Der Monatsbericht ist als eine umfassendeInformationsquelle für Beobachter der ein-heitlichen Geldpolitik des Euroraums – Fi-nanzanalysten, Wirtschaftswissenschafter so-wie Medienvertreter – konzipiert. Gedrucktwird der Bericht in einer Auflage von über80 000 Stück; da er aber zugleich in die Inter-netseiten der EZB und der NZBen eingestelltwird, kann von einer noch größeren Verbrei-tung ausgegangen werden.

Neben dem Monatsbericht gibt die EZB u. a.eine Diskussionspapier-Reihe heraus. Ergeb-nisse aus EZB-Forschungsarbeiten werden soeinem breiteren Fachpublikum in Wissenschaft

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und Praxis zugänglich gemacht. Den Schwer-punkt bilden jeweils Themen, die für das Eu-rosystem unmittelbar relevant sind.

Ein Fachpublikum wird auch mit einer Reihevon Berichten angesprochen, die die Bank1999 zu aktuellen Themen herausbrachte. Einumfassendes Verzeichnis aller von der EZBveröffentlichten Dokumente ist in einem An-hang zum Jahresbericht enthalten.

Die von der EZB im Zeitraum Juni 1998 bisMai 1999 veröffentlichten Rechtsinstrumentesind in der Reihe „Compendium: Sammlungvon Rechtsinstrumenten“ vollständig abge-druckt, deren erste Ausgabe im Oktober1999 erschien.

Für die breite Öffentlichkeit hat die EZB eineBroschüre in allen elf Amtssprachen der EUüber die Euro-Banknoten und -Münzen aufge-legt.

Bei der Weitergabe von Information an diebreite Öffentlichkeit spielen Zeitungen, Zeit-schriften, Radio und Fernsehen – also dieMassenmedien – naturgemäß eine sehr wich-tige Rolle. Die europäischen Medien habendie Politik des Eurosystems und die Sitzungendes EZB-Rats mit großem Interesse verfolgt.Die Mitglieder des EZB-Rats waren bestrebt,das Medieninteresse zu nutzen, indem siezahlreiche Interviews gaben. Auch Vorträgevon Mitgliedern des EZB-Rats stießen euro-paweit und weltweit auf große Resonanz inden Medien.

Neben sämtlichen Publikationen und Presse-mitteilungen der EZB können über die Inter-netseite der Bank zahlreiche Vortragstexteder EZB-Direktoriumsmitglieder herunterge-laden werden. Daneben sind auf der Home-

page Hintergrundinformationen und ein brei-tes Spektrum an Wirtschaftsstatistiken zumEuroraum zu finden.

Die Homepage der EZB ist über Links mitden Internetseiten aller NZBen in der EUvernetzt, über die ein Großteil des Materialsin der jeweiligen Landessprache abgerufenwerden kann. Mit der immer stärkeren Nut-zung des Mediums Internet steigt auch seineBedeutung für die Kommunikationspolitik.Die Zahl der Zugriffe auf die Homepage derEZB zeigt, dass gerade über das Internet In-formation stark nachgefragt wird. 1999 ver-zeichnete die EZB zwischen 20 000 und40 000 Zugriffe pro Woche, mit Spitzenwer-ten jeweils rund um die Pressekonferenzenbzw. zum Zeitpunkt der Veröffentlichungwichtiger Dokumente.

Ein besonderer Aspekt des Mediums Internetist der Multiplikatoreffekt, der sich aus derVerbreitung von EZB-Dokumenten über an-dere Internetseiten ergibt. Dieser Effekt lässtsich zwar schwer in Zahlen ausdrücken, istaber nicht zu unterschätzen.

Ohne persönliche Kontakte zwischen Mitar-beitern der EZB und Meinungsmachern undMultiplikatoren – wie etwa Professoren undStudenten der Bereiche Volkswirtschaft, Be-triebswirtschaft, Rechtswissenschaften undanderer einschlägiger Studienrichtungen – wä-ren die Bemühungen, die Geldpolitik des Eu-rosystems darzulegen und zu erläutern, wohlweniger erfolgreich. Deshalb empfängt dieEZB das ganze Jahr über nahezu an jedemWerktag Besucher – 1999 insgesamt mehrals 10 000. Die Besucher kamen aus der gan-zen Welt, wobei die EU-Länder naturgemäßam stärksten vertreten waren.

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2 Rechenschaftsbericht

2.1 Unabhängigkeit und Verantwort-lichkeit der Zentralbanken in derWirtschafts- und Währungsunion

Auf Grund der Unabhängigkeit der Noten-banken können sich die geldpolitischen Ent-scheidungsträger darauf konzentrieren, Preis-stabilität langfristig und glaubwürdig zu si-chern, ohne dabei an kurzfristige politischeÜberlegungen gebunden zu sein. Eine Vielzahltheoretischer Analysen und empirischer Er-fahrungswerte stützen die Ansicht, dass eineunabhängige Zentralbank die Geldpolitik bes-ser gestalten und umsetzen und damit einstabileres Preisklima schaffen kann. Dement-sprechend hat mittlerweile weltweit eine gro-ße Zahl von Notenbanken die Unabhängig-keit erlangt. Auch für den institutionellen Auf-bau des Eurosystems gemäß dem EG-Vertragwar dieses Konzept maßgeblich. Der EG-Ver-trag besagt, dass weder die EZB noch die elfnationalen Zentralbanken des Euroraumsnoch Mitglieder ihrer Beschlussorgane bei derWahrnehmung der ihnen übertragenen Be-fugnisse, Aufgaben und Pflichten Weisungenvon Organen oder Einrichtungen der Gemein-schaft, Regierungen der Mitgliedstaaten oderanderen Stellen einholen oder entgegenneh-men dürfen. Außerdem sind die Organe undEinrichtungen der Gemeinschaft sowie dieRegierungen der Mitgliedstaaten nach demEG-Vertrag verpflichtet, diesen Grundsatz zubeachten und nicht zu versuchen, die Be-schlussorgane der EZB oder der NZBen beider Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beein-flussen.

Damit eine unabhängige Zentralbank ihre de-mokratische Legitimität bewahrt, muss siesich der Verantwortung für ihre Tätigkeit stel-len. Zu diesem Zweck muss ein Modus ge-schaffen werden, der es der breiten Öffent-lichkeit und den zuständigen politischen Stel-len gestattet, die Politik der unabhängigenInstitution zu überwachen und zu beurteilen,ob sie die übertragenen Aufgaben erfüllt undihrer Verantwortung gerecht wird. Dies wie-derum erfordert, dass die Aufgaben der No-tenbank klar und eindeutig festgelegt sind –

nur dann können Beschlüsse und Aktivitätenan den Vorgaben gemessen werden. Umfasstdas Mandat mehrere Ziele, muss es eine kla-re Zielhierarchie geben. Ob eine Aufgabe alserfüllt gelten kann oder nicht, ist allein an dergeldpolitischen Entwicklung zu messen. Dasvorrangige Ziel des Eurosystems besteht da-rin, im Euroraum Preisstabilität zu gewährleis-ten. Somit ist dies der oberste Richtwert, andem die Leistung des Eurosystems zu messenist. Die EZB hat durch die Bekanntgabe einerquantitativen Definition von Preisstabilitätnoch eindeutiger signalisiert, wo genau dieseMesslatte liegt; dies macht es zugleich einfa-cher, Rechenschaft abzulegen bzw. einzufor-dern.

2.2 Die Rechenschaftspflicht der EZBund die Rolle des EuropäischenParlaments in diesem Zusammen-hang

Wie die EZB in der Praxis Rechenschaft ab-zulegen hat, ist zum Teil im EG-Vertrag gere-gelt. Die EZB unterliegt strengen Berichts-pflichten gegenüber der Öffentlichkeit sowiein besonderem Ausmaß gegenüber dem Eu-ropäischen Parlament, dem EU-Rat, der Eu-ropäischen Kommission und auch dem Euro-päischen Rat.

Im Hinblick auf die spezielle Rechenschafts-pflicht der EZB gegenüber dem EuropäischenParlament bestimmt der EG-Vertrag, dass derEZB-Präsident und andere EZB-Direktoriums-mitglieder auf Ersuchen des Europäischen Par-laments oder auf ihre eigene Initiative vonden zuständigen Ausschüssen des Europäi-schen Parlaments gehört werden. Nach derGeschäftsordnung des Europäischen Parla-ments wird der Präsident mindestens viermaljährlich vor die zuständigen Ausschüsse gela-den, um eine Erklärung abzugeben und Fra-gen zu beantworten.

Die regelmäßige Anhörung des Präsidentenvor dem Ausschuss für Wirtschaft und Wäh-rung kann als einer der Eckpfeiler des Verfah-

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rens, nach dem die EZB Rechenschaft able-gen muss, beurteilt werden. Die EZB ver-weist in diesem Zusammenhang auf den Be-schluss des Europäischen Parlaments, im Zugeeiner Reorganisation der internen Verfahrens-abläufe den Ausschuss für Wirtschaft undWährung als eigenständigen Ausschuss einzu-richten. Bei der Anhörung vor diesem Gre-mium haben der EZB-Präsident und andereEZB-Direktoriumsmitglieder Gelegenheit, dieBeurteilung der aktuellen wirtschafts- undgeldpolitischen Lage durch die EZB vor demHintergrund der geldpolitschen Strategie desEurosystems – auf die sich die geldpolitischenund sonstigen Beschlüsse der EZB stützen –im Detail zu erläutern.

Protokolle dieser Anhörungen werden kurznach der Anhörung über die Internetseitendes Europäischen Parlaments und der EZBveröffentlicht, um die Erklärung des Präsi-denten und seine Antworten in der Frage-stunde der Öffentlichkeit umgehend zugäng-lich zu machen. 1999 fanden die vierteljähr-lichen Anhörungen am 18. Januar, 19. April,27. September und 29. November statt.

Der EG-Vertrag enthält auch die Vorgabe,dass der EZB-Präsident dem EuropäischenParlament einen Jahresbericht über die Tätig-keit des ESZB und die Geld- und Währungs-politik zu unterbreiten hat, der zum Gegen-stand einer Plenardiskussion gemacht wer-den kann. Folglich wohnte der EZB-Präsidentam 26. Oktober 1999 der Plenarsitzung desEuropäischen Parlaments bei, um den EZB-Jahresbericht 1998 zu präsentieren.

Daneben lud das Europäische Parlament EZB-Direktoriumsmitglieder sowie EZB-Mitarbei-ter zu zusätzlichen Anhörungen zu bestimm-ten Themen, u. a. zur Vertretung des Euro-systems nach außen, zur Vorbereitung derEinführung der Euro-Banknoten und zu sta-tistischen Fragen. Diese Anhörungen bietenein weiteres Forum, in dem die EZB ihreAnsichten darlegen und die Beweggründe fürihre Entscheidungen erläutern kann. Auch gibtes enge Arbeitskontakte zwischen der EZBund dem Europäischen Parlament; so nehmenu. a. immer wieder Mitglieder des Ausschus-ses für Wirtschaft und Währung an Sitzungenbei der EZB teil.

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Kapitel XI

Der institutionelle Rahmen

des Eurosystems und

des Europäischen Systems

der Zentralbanken

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1 Das Eurosystem und das Europäische System der Zentralbanken

Das Europäische System der Zentralbanken(ESZB) setzt sich aus der Europäischen Zen-tralbank (EZB) und den nationalen Zentral-banken (NZBen) aller 15 EU-Mitgliedstaatenzusammen; d. h. auch die NZBen der vierMitgliedstaaten, die den Euro noch nicht ein-geführt haben, sind darin vertreten. Im Sinneeiner besseren Transparenz und um die kom-plexe Struktur des Zentralbankwesens in derEU anschaulicher zu machen, verständigte sichder EZB-Rat darauf, die NZBen jener Mit-gliedstaaten, die den Euro eingeführt haben,zusammen mit der EZB als „Eurosystem“ zubezeichnen. Diese Unterscheidung zwischendem Eurosystem und dem ESZB wird not-wendig sein, solange der Euro nicht in allenMitgliedstaaten eingeführt ist.

Die EZB besitzt Rechtspersönlichkeit im Sin-ne des Völkerrechts. Als Herzstück des Eu-rosystems stellt die EZB sicher, dass alle Auf-gaben des Eurosystems entweder von ihrselbst oder durch die NZBen erfüllt werden.

Bei der Entscheidung darüber, auf welchemWeg die Aufgaben des ESZB umzusetzen sind,folgt die EZB entsprechend der ESZB-Sat-zung dem Grundsatz der Dezentralisierung.

Die einzelnen NZBen besitzen eigenständigeRechtspersönlichkeit gemäß dem jeweiligengeltenden innerstaatlichen Recht; ungeachtetdessen sind sie – soweit sie zum Euroraumgehören – integrale Bestandteile des Euro-systems. Als solche führen sie die dem Euro-system übertragenen Aufgaben gemäß denvon der EZB erlassenen Vorschriften aus. DieNZBen gestalten die Tätigkeit des ESZB auchaktiv mit, u. a. im Rahmen der einzelnenESZB-Ausschüsse, die sie mit ihren Vertre-tern beschicken (siehe Abschnitt 4). Aufga-ben, die nicht mit dem Eurosystem zusam-menhängen, können von den NZBen in eige-ner Verantwortung weiterhin wahrgenommenwerden, es sei denn, der EZB-Rat stellt fest,dass diese Aufgaben nicht mit den Zielen undAufgaben des Eurosystems vereinbar sind.

EUROSYSTEM

EU

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Europäische Zentralbank (EZB)

Rat DirektoriumRat Direktorium

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Erw

eite

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Rat

Europäische Zentralbank (EZB)

DanmarksNationalbank

Bank vonGriechenland

Sveriges Riksbank

Bank of England

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique

Deutsche Bundesbank

Banco de Espanña

Banque de France

Central Bank of Ireland

Banca d’Italia

DanmarksNationalbank

Bank vonGriechenland

Sveriges Riksbank

Bank of England

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique

Deutsche Bundesbank

Banco de Espanña

Banque de France

Central Bank of Ireland

Banca d’Italia

Banque centrale duLuxembourg

De Nederlandsche Bank

Oesterreichische Nationalbank

Banco de Portugal

Suomen Pankki

Banque centrale duLuxembourg

De Nederlandsche Bank

Oesterreichische Nationalbank

Banco de Portugal

Suomen Pankki

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2 Die Beschlussorgane der EZB

An der Spitze des Eurosystems und des ESZBstehen die Beschlussorgane der EZB: derEZB-Rat und das EZB-Direktorium. Ungeach-tet dieser dualen Struktur fungiert als drittesBeschlussorgan der Erweiterte Rat, solangees Mitgliedstaaten gibt, die den Euro nochnicht eingeführt haben. Die Zuständigkeit derBeschlussorgane ist in dem Vertrag zurGründung der Europäischen Gemeinschaft(EG-Vertrag), der ESZB-Satzung und den ein-schlägigen Geschäftsordnungen geregelt.1

Beschlüsse im Zusammenhang mit den Zielenund Aufgaben des Eurosystems bzw. des ESZBwerden zentral gefasst. Hingegen erfolgt dieUmsetzung der Geschäfte im Euroraumdezentral durch die NZBen, soweit dies mög-lich und sachgerecht erscheint.

2.1 Der EZB-Rat

Der EZB-Rat ist das oberste Beschlussorgander EZB. Ihm gehören alle Mitglieder desEZB-Direktoriums und die Präsidenten allerNZBen an, die den Euro eingeführt haben.Die Hauptaufgaben des EZB-Rats bestehengemäß EG-Vertrag darin,

• die Leitlinien zu erlassen und die Beschlüs-se zu fassen, die notwendig sind, um dieErfüllung der dem ESZB übertragenen Auf-gaben zu gewährleisten, und

• die Geldpolitik des Euroraums festzulegen– etwa durch Beschlüsse zur Festsetzunggeldpolitischer Zwischenziele und der Leit-zinssätze sowie über die Bereitstellung von

Zentralbankguthaben im Eurosystem – unddie für die Umsetzung dieser Beschlüssenotwendigen Leitlinien zu erlassen.

Bei der Beschlussfassung über geldpolitischeFragen und andere Aufgaben des Eurosystemsagieren die Mitglieder des EZB-Rats nicht alsVertreter ihres jeweiligen Landes, sondernvollkommen unabhängig in persönlicher Funk-tion. Dies zeigt sich auch an dem Grundsatz,dass jedes Mitglied im Rat über eine gleichbe-rechtigte Stimme verfügt („one person, onevote“).

1999 trat der EZB-Rat generell alle zwei Wo-chen bei der EZB in Frankfurt am Main zu-sammen, mit Ausnahme zweier Ratssitzun-gen, die im Rahmen einer Telekonferenz or-ganisiert wurden. Für die Zukunft hat derEZB-Rat beschlossen, jeweils zweimal proJahr in einem anderen Land im Euroraum zutagen; im Jahr 2000 zunächst einmal beimBanco de España in Madrid sowie einmal beider Banque de France in Paris.

1 Die Geschäftsordnungen wurden im Amtsblatt der EuropäischenGemeinschaften veröffentlicht. Siehe Geschäftsordnung derEuropäischen Zentralbank, ABl. L 125 vom 19.5.1999, S. 34;Geschäftsordnung des Erweiterten Rates der EuropäischenZentralbank, ABl. L 75 vom 20.3.1999, S. 36, und ABl. L 156vom 23.6.1999, S. 52; Beschluss der Europäischen Zentralbankvom 12. Oktober 1999 über die Geschäftsordnung desDirektoriums der Europäischen Zentralbank (EZB/1999/7), ABl.314 vom 8.12.1999, S. 34. Mit Ausnahme von Letzterem sindalle angeführten Dokumente in der ersten Ausgabe der EZB-Reihe „Compendium: Sammlung von Rechtsinstrumenten“ vomOktober 1999 für den Zeitraum Juni 1998 – Mai 1999abgedruckt.

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Willem F. Duisenberg Präsident der EZBChristian Noyer Vizepräsident der EZBVítor Manuel Ribeiro Constâncio Gouverneur, Banco de Portugal

(seit 23. Februar 2000)Eugenio Domingo Solans Mitglied des Direktoriums der EZBAntonio Fazio Gouverneur, Banca d’ItaliaSirkka Hämäläinen Mitglied des Direktoriums der EZBOtmar Issing Mitglied des Direktoriums der EZBKlaus Liebscher Gouverneur, Oesterreichische NationalbankYves Mersch Gouverneur, Banque centrale du LuxembourgMaurice O’Connell Gouverneur, Central Bank of IrelandTommaso Padoa-Schioppa Mitglied des Direktoriums der EZBGuy Quaden (seit 1. März 1999) Gouverneur, Nationale Bank van België/

Banque Nationale de BelgiqueLuis Ángel Rojo Gouverneur, Banco de EspañaAntónio José Fernandes de Sousa Gouverneur, Banco de Portugal

(bis 22. Februar 2000)Hans Tietmeyer (bis 31. August 1999) Präsident, Deutsche BundesbankJean-Claude Trichet Gouverneur, Banque de FranceMatti Vanhala Gouverneur, Suomen PankkiAlfons Verplaetse Gouverneur, Nationale Bank van België/

(bis 28. Februar 1999) Banque Nationale de BelgiqueNout Wellink Präsident, De Nederlandsche BankErnst Welteke (seit 1. September 1999) Präsident, Deutsche Bundesbank

Hintere Reihe (von links nach rechts): Luis Ángel Rojo, Guy Quaden, Tommaso Padoa-Schioppa, Jean-Claude Trichet,Klaus Liebscher, Antonio Fazio, Yves Mersch, Maurice O’Connell, Vítor Manuel Ribeiro Constâncio, Nout Wellink,

Matti Vanhala, Ernst Welteke, Eugenio Domingo SolansVordere Reihe (von links nach rechts): Otmar Issing, Christian Noyer, Willem F. Duisenberg, Sirkka Hämäläinen

Der EZB-Rat

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Hintere Reihe (von links nach rechts): Tommaso Padoa-Schioppa, Otmar Issing, Sirkka Hämäläinen, Eugenio Domingo SolansVordere Reihe: Christian Noyer, Willem F. Duisenberg

2.2 Das Direktorium

Dem Direktorium gehören der Präsident, derVizepräsident und vier weitere Mitglieder an.Ihre Ernennung erfolgt einvernehmlich durchdie Regierungen der teilnehmenden Mitglied-staaten auf der Ebene der Staats- und Regie-rungschefs. Das Direktorium ist insbesonde-re verantwortlich für:

· die Vorbereitung der Ratssitzungen,· die Ausführung der Geldpolitik gemäß den

Leitlinien und Beschlüssen des EZB-Rats

sowie die Erteilung diesbezüglicher Wei-sungen an die NZBen des Eurosystems,

· die Führung der laufenden Geschäfte derEZB sowie

· die Ausübung bestimmter, vom EZB-Ratübertragener Befugnisse, einschließlich je-ner normativer Art.

Zur Zeit tritt das Direktorium mindestenseinmal pro Woche zusammen, um über dasZuteilungsvolumen bei den Hauptrefinanzie-rungsgeschäften des Eurosystems und andereanstehende Fragen zu entscheiden.

Willem F. Duisenberg Präsident der EZB

Christian Noyer Vizepräsident der EZB

Eugenio Domingo Solans Mitglied des Direktoriums der EZB

Sirkka Hämäläinen Mitglied des Direktoriums der EZB

Otmar Issing Mitglied des Direktoriums der EZB

Tommaso Padoa-Schioppa Mitglied des Direktoriums der EZB

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2.3 Der Erweiterte Rat

Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsi-denten und dem Vizepräsidenten der EZB undden Präsidenten aller 15 NZBen. In diesemGremium sind also die Präsidenten der teil-nehmenden und der nichtteilnehmenden Mit-gliedstaaten vertreten. Der Erweiterte Ratnimmt jene Aufgaben wahr, mit denen ur-sprünglich das Europäische Währungsinstitutbetraut war und welche auf Grund der Tatsa-che, dass der Euro nicht von allen Mitglied-staaten eingeführt wurde, in der dritten Stufeder Wirtschafts- und Währungsunion von derEZB noch durchzuführen sind. Somit ist der

Erweiterte Rat in erster Linie zuständig fürdie Berichterstattung über die Konvergenz-fortschritte der nichtteilnehmenden Mitglied-staaten2 . Daneben ist der Erweiterte Rat inberatender Funktion in die Vorarbeiten ein-gebunden, die notwendig sind, um die Wech-selkurse dieser Mitgliedstaaten unwiderruf-lich festzulegen (siehe Kapitel III). Fernerwirkt der Erweiterte Rat bei der Ausführungbestimmter Aufgaben des ESZB mit, etwa beiden beratenden Funktionen (siehe Kapitel IX)und bei der Erhebung statistischer Daten (sie-he Kapitel VIII). 1999 trat der Erweiterte Ratalle drei Monate in Frankfurt zusammen.

2 Nach Maßgabe des Protokolls über einige Bestimmungenbetreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien undNordirland sowie des Protokolls über einige Bestimmungenbetreffend Dänemark, die beide dem EG-Vertrag beigefügt sind,sind derartige Berichte über Großbritannien und Dänemark nurzu erstellen, wenn die betreffenden Staaten die Einführung desEuro beschließen.

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Hintere Reihe (von links nach rechts): Yves Mersch, Urban Bäckström, Nout Wellink, Jean-Claude Trichet, Maurice O’Connell,Lucas D. Papademos, Klaus Liebscher, Matti Vanhala, Vítor Manuel Ribeiro Constâncio, Luis Ángel Rojo, Ernst Welteke,

Edward A. J. George, Guy QuadenVordere Reihe (von links nach rechts): Antonio Fazio, Christian Noyer, Willem F. Duisenberg, Bodil Nyboe Andersen

Erweiterter Rat der EZB

Willem F. Duisenberg Präsident der EZBChristian Noyer Vizepräsident der EZBBodil Nyboe Andersen Gouverneur, Danmarks NationalbankUrban Bäckström Gouverneur, Sveriges RiksbankVítor Manuel Ribeiro Constâncio Gouverneur, Banco de Portugal

(seit 23. Februar 2000)Antonio Fazio Gouverneur, Banca d’ItaliaEdward A. J. George Gouverneur, Bank of EnglandKlaus Liebscher Gouverneur, Oesterreichische NationalbankYves Mersch Gouverneur, Banque centrale du LuxembourgMaurice O’Connell Gouverneur, Central Bank of IrelandLucas D. Papademos Gouverneur, Bank von GriechenlandGuy Quaden (seit 1. März 1999) Gouverneur, Nationale Bank van België/

Banque Nationale de BelgiqueLuis Ángel Rojo Gouverneur, Banco de EspañaAntónio José Fernandes de Sousa Gouverneur, Banco de Portugal

(bis 22. Februar 2000)Hans Tietmeyer (bis 31. August 1999) Präsident, Deutsche BundesbankJean-Claude Trichet Gouverneur, Banque de FranceMatti Vanhala Gouverneur, Suomen PankkiAlfons Verplaetse Gouverneur, Nationale Bank van België/

(bis 28. Februar 1999) Banque Nationale de BelgiqueNout Wellink Präsident, De Nederlandsche BankErnst Welteke (seit 1. September 1999) Präsident, Deutsche Bundesbank

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3 Die Organisation der EZB

3.1 Unternehmenskontrolle

Die Überwachung und Wahrung der Finanz-interessen der Kapitalgeber der EZB liegt seitder Errichtung der EZB gemäß Artikel 27.1der ESZB-Satzung in der Hand unabhängigerexterner Rechnungsprüfer und in speziellenPunkten darüber hinaus gemäß Artikel 27.2der ESZB-Satzung beim Europäischen Rech-nungshof. Zusätzlich hat die EZB intern Revi-sions- und Kontrolleinrichtungen geschaffen,wobei diese nach allgemein gültigen Grund-sätzen für die innerbetriebliche Revision vonprivaten Finanz- und Kreditinstituten ausge-richtet sind. Die Effizienz der Tätigkeit derEZB und ihre internen Kontrollmechanismenwerden laufend von der Direktion InterneRevision evaluiert; daneben ist diese Direkti-on in die Prüfung der Zuverlässigkeit undVollständigkeit des Finanzberichtswesens ein-gebunden. Für die ESZB-weite Zusammenar-beit der internen Revisionsabteilungen sorgtder Ausschuss der internen Revision (sieheAbschnitt 4). Die Ausschussmitglieder legengemeinsam die Revisionsverfahren und -richt-linien fest, die dezentral für die Überprüfungder gemeinsamen ESZB-Infrastrukturen ein-gesetzt werden. Für Haushaltsangelegenhei-ten schließlich ist der EZB-Rat zuständig, derden Haushalt der EZB auf Basis der vom Di-rektorium eingebrachten Budgetvorlage be-schließt. Dem EZB-Rat steht in Budgetfragender Haushaltsausschuss beratend zur Seite.Im Rahmen der internen Kontrolle hatdie EZB auch interne Regelungen getroffen,die verhindern sollen, dass kursbeeinflussen-de Finanzmarktdaten missbräuchlich ver-wendet werden. So wurden Vorschriftengegen Insidergeschäfte erlassen sowie Infor-mationsschranken („Chinese Walls“) errich-tet.

Wie dem Europäischen Parlament, dem EU-Rat und der Europäischen Kommission ist esauch der EZB ein Anliegen, sich in der Be-trugsbekämpfung zu engagieren. Die EZB hatsich deshalb der gleichnamigen Initiative derGemeinschaft angeschlossen. Am 7. Oktober1999 gründete die EZB den Ausschuss für

Betrugsbekämpfung, der bankintern ein Anti-Betrugs-Programm umsetzen soll.3 In denAusschuss berief der EZB-Rat drei unabhän-gige Persönlichkeiten von anerkanntem Rufund mit Erfahrung auf dem Gebiet des Zen-tralbankwesens, der Justiz und der Polizei,nämlich: John L. Murray, Richter am OberstenGerichtshof Irlands, Erik Ernst Nordholt, Bera-ter des niederländischen Innenministers undehemaliger Polizeipräsident von Amsterdam,sowie Maria Schaumayer, von 1990 bis 1995Präsidentin der Oesterreichischen National-bank. Die Ausschussmitglieder traten ihreFunktion mit Wirkung vom 1. Januar 2000an.4 Entsprechend den Ergebnissen des Rats-treffens in Köln im Juni 1999 wird die EZBmit dem Europäischen Amt für Betrugsbe-kämpfung (OLAF)5 zusammenarbeiten. Inner-halb der EZB ist die Direktion Interne Revisi-on für sämtliche Aufgaben und Untersuchun-gen im Zusammenhang mit Betrugspräventionund -aufdeckung zuständig und in dieser Hin-sicht direkt dem Ausschuss für Betrugsbe-kämpfung unterstellt.

3.2 Personalentwicklung

Zum Jahresende 1999 waren bei der EZB 732Mitarbeiter aus allen 15 Mitgliedstaaten be-schäftigt, gegenüber 534 Mitarbeitern Ende1998. Am 2. Dezember 1999 genehmigte derEZB-Rat den Haushalt für das Jahr 2000, dereine Aufstockung des Personals der EZB aufetwas über 1 000 Mitarbeiter im Laufe des

3 Siehe den Beschluss der Europäischen Zentralbank vom7. Oktober 1999 über Betrugsbekämpfung (EZB/1999/5), ABl.L 291 vom 13.11.1999, S. 36. Im Zusammenhang damit wurdedie Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank mit einemneuen Artikel 9a abgeändert; siehe ABl. L 314 vom 8.12.1999,S. 32.

4 Siehe den Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 16.November 1999 über die Ernennung der Mitglieder desAusschusses der Europäischen Zentralbank für Betrugs-bekämpfung, ABl. L 299 vom 20.11.1999, S. 40.

5 Office européen de lutte antifraude.

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145EZB- Jahresber i ch t • 1999

Jahres 2000 vorsieht. Infolgedessen beschlossdas Direktorium eine Reihe organisatorischerAnpassungen, die die Managementstruktur

der EZB verbessern sollen. Der neue Organi-sationsplan der EZB, der seit dem 4. Januar2000 gilt, macht diese Änderungen deutlich.

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EZB- Jahresber i ch t • 1999146

3.3 Organisationsplan der EZB

Direktorium der EZBPräsident Willem F. Duisenberg

DirektionExterne Beziehungen

M. J. Körber

DirektionInterne Revision*

M. Caparello

Beraterdes Direktoriums

Koordinator:L. Hoogduin

AbteilungSekretariat

AbteilungPresse

AbteilungSprachendienst

AbteilungESZB-Revision

AbteilungEZB-Revision

AbteilungProtokoll und Konferenzen

Direktorium der EZBVizepräsident Christian Noyer

DirektionRechnungs- und

BerichtswesenI. Ingram

DirektionPersonalwesen

B. van Baak

AbteilungFinanzmarktrecht

AbteilungPersonalentwicklung

AbteilungRechnungswesen

AbteilungBerichtswesen und

Grundsatzfragen

AbteilungBau

AbteilungPersonalpolitik

GeneraldirektionVerwaltung und Personal

H. K. Scheller

GeneraldirektionRechtsdienste

A. Sáinz de Vicuña

AbteilungRisikokontrolle

Direktorium der EZBEugenio Domingo Solans

AbteilungZahlungsbilanzstatistikund externe Reserven

AbteilungIT Bedarfsanalyse und

Entwicklung

AbteilungIT Betrieb und Kundenservice

GeneraldirektionInformationssysteme

J. Etherington

AbteilungAllgemeine Wirt-

schafts- und Finanzstatistik

AbteilungGeld- und

Bankenstatistik

DirektionControlling und

OrganisationK. Gressenbauer

AbteilungGeschäftsabwicklung

AbteilungPortfolio-

Managementsysteme

AbteilungEigenmittel-

Management

AbteilungGeldpolitische

Operationen und Devisentransaktionen

AbteilungBudget und Projekte

AbteilungOrganisation

AbteilungOperationsanalysen

Direktorium der EZBOtmar Issing

Berater

AbteilungÖkonometrie

AbteilungAllgemeine volkswirt-schaftliche Forschung

Direktorium der EZBTommaso Padoa-Schioppa

AbteilungFragen der

Zahlungsverkehrs-systeme

AbteilungInternationaleBeziehungen

AbteilungEuropäischeBeziehungen

AbteilungTARGET und

Zahlungsverkehrs-abwicklung

AbteilungFragen

der Wertpapier-abrechnungssysteme

AbteilungAufsichtsfragen

AbteilungIT Infrastruktur und Systembetreuung

AbteilungIS Sicherheit

AbteilungIT Planung und

Großprojekte

AbteilungSpezifische IT-An-

wendungsbetreuung

AbteilungBürodienste und

Sicherheit

AbteilungStatistische

Informationssysteme

DirektionGeldpolitik

H.-J. Klöckers

DirektionWirtschaftliche

EntwicklungW. Schill

AbteilungGeldpolitische

Strategie

AbteilungGesamtwirtschaftliche

Entwicklung im Euro-Währungsgebiet

AbteilungGeldpolitische Lage

AbteilungEU-Länder

AbteilungKapitalmärkte und

Finanzstruktur

AbteilungAußenwirtschaftliche

Entwicklung

Ständige Ver-tretung der EZB inWashington D. C.

G. Grisse

Direktorium der EZBSirkka Hämäläinen

AbteilungFiskalpolitik

AbteilungAmtliche

Veröffentlichungen,Archiv und Bibliothek

DirektionSekretariat und Sprachendienst

F. Moss

DirektionBanknoten

A. Heinonen

AbteilungBilaterale

Beziehungen

GeneraldirektionInternationale und euro-päische BeziehungenP. Van der Haegen

GeneraldirektionZahlungsverkehrs-

systemeJ.-M. Godeffroy

AbteilungInstitutionelles Recht

GeneraldirektionStatistikP. Bull

GeneraldirektionFinanzmarktsteuerung

F. Papadia

GeneraldirektionForschungV. Gaspar

GeneraldirektionVolkswirtschaftG. J. Hogeweg

* Innerhalb der Direktion Interne Revision wurde eine Arbeitseinheit für Betrugsbekämpfung gebildet, die über den DirektorInterne Revision an den Ausschuss für Betrugsbekämpfung berichtet, welcher gemäß dem Beschluss der Europäischen Zentralbanküber Betrugsbekämpfung (EZB/1999/5) vom 7. Oktober 1999 errichtet wurde.

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147EZB- Jahresber i ch t • 1999

4 ESZB-Ausschüsse

Die Ausschüsse des ESZB haben auch im ab-gelaufenen Geschäftsjahr eine wichtige Rollebei der Ausführung der Aufgaben des Euro-systems bzw. des ESZB gespielt. Sie wurdenvom EZB-Rat und vom Direktorium in ihremjeweiligen Zuständigkeitsbereich mit der Be-arbeitung bestimmter Fragen betraut und ha-ben so die Entscheidungsfindung erleichtert.Die Ausschüsse des ESZB setzen sich ausVertretern der Eurosystem-Zentralbankensowie gegebenenfalls anderer zuständigerGremien – im Fall des Ausschusses für Ban-kenaufsicht etwa Vertretern der nationalenAufsichtsbehörden – zusammen. Auch die

NZBen der nichtteilnehmenden Mitgliedstaa-ten haben jeweils einen Vertreter bestellt,der an Sitzungen der ESZB-Ausschüsse dannteilnimmt, wenn Themen erörtert werden,die in den Zuständigkeitsbereich des Erwei-terten Rats fallen. Derzeit gibt es 13 ESZB-Ausschüsse, wobei zwölf davon gemäß Arti-kel 9 der EZB-Geschäftsordnung eingerichtetwurden. Einzig der Haushaltsausschuss, derdem EZB-Rat in Fragen des Haushalts derEZB beratend zur Seite steht, wurde gemäßArtikel 15 der EZB-Geschäftsordnung einge-setzt.

ESZB-Ausschüsse und Ausschussvorsitzende

Ausschuss der internen Revision(IAC)

Michèle Caparello

Ausschuss für Informationstechnologie(ITC)

Jim Etherington

Ausschuss für Presse, Information und Öffentlichkeitsarbeit(ECCO)

Manfred J. Körber

Banknotenausschuss(BANCO)

Anttii Heinonen

Ausschuss für Bankenaufsicht(BSC)

Edgar Meister

Ausschuss für Rechnungswesen und monetäre Einkünfte(AMICO)

Hanspeter K. Scheller

Ausschuss für Statistik(STC)

Peter Bull

Ausschuss für Zahlungs- und Verrechnungssysteme(PSSC)

Jean-Michel Godeffroy

Geldpolitischer Ausschuss(MPC)

Gert Jan Hogeweg

Ausschuss für Marktoperationen(MOC)

Francesco Papadia

Rechtsausschuss(LEGCO)

Antonio Sáinz de Vicuña

Ausschuss für internationale Beziehungen(IRC)

Hervé Hannoun

Haushaltsausschuss(BUCOM)

Liam Barron

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J ahresabsch lus s der EZB

und konso l id i er te B i l anz

des Eurosystems

1 9 9 9

Kapitel XII

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EZB- Jahresber i ch t • 1999150

Bilanz zum 31. Dezember 1999

Aktiva Erläuterung 1999 1998Nr. € €

1 Gold und Goldforderungen 1 6 956 995 273 0

2 Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 2

Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,Auslandskredite und sonstigeAuslandsaktiva 41 923 041 208 343 047 341

3 Forderungen in Fremdwährung an Ansässigedes Euro-Währungsgebiets 2

Forderungen an den Finanzsektor 2 595 090 860 0

4 Forderungen in Euro an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 3

Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagenund Kredite 3 002 567 659 3 739 796 108

5 Wertpapiere in Euro von Ansässigendes Euro-Währungsgebiets 4 3 537 141 285 0

6 Sonstige Aktiva6.1 Sachanlagen und immaterielle

Vermögensgegenstände 5.1 42 589 467 30 112 0716.2 Sonstiges Finanzanlagevermögen 5.2 641 807 406 25 276 9536.3 Aktive Rechnungsabgrenzungsposten 5.3 777 032 332 553 5826.4 Sonstige Posten 5.4 6 774 149 3 458 140

1 468 203 354 59 400 746

7 Bilanzverlust 247 281 223 0

Aktiva insgesamt 59 730 320 862 4 142 244 195

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151EZB- Jahresber i ch t • 1999

Passiva Erläuterung 1999 1998Nr. € €

1 Verbindlichkeiten in Euro gegenübersonstigen Ansässigendes Euro-Währungsgebiets 6 1 080 000 000 0

2 Verbindlichkeiten in Euro gegenüberAnsässigen außerhalbdes Euro-Währungsgebiets 7 301 656 911 0

3 Verbindlichkeiten in Fremdwährunggegenüber Ansässigen außerhalbdes Euro-Währungsgebiets 8

Einlagen, Guthaben und sonstigeVerbindlichkeiten 4 708 950 946 0

4 Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten4.1 Verbindlichkeiten aus der Übertragung

von Währungsreserven 9.1 39 468 950 000 04.2 Sonstige Intra-Eurosystem-Verbindlich-

keiten (netto) 9.2 1 720 937 646 041 189 887 646 0

5 Sonstige Passiva 105.1 Außerbilanzmäßige Instrumente:

Bewertungsdifferenzen 0 725 3215.2 Passive Rechnungsabgrenzungsposten 1 237 727 166 4 172 7605.3 Sonstige Posten 302 605 481 78 550 581

1 540 332 647 83 448 662

6 Rückstellungen 11 21 862 239 31 006 791

7 Ausgleichsposten aus Neubewertung 12 6 860 539 710 697 979

8 Kapital und Rücklagen 138.1 Kapital 3 999 550 250 3 999 550 2508.2 Rücklagen 27 540 513 0

4 027 090 763 3 999 550 250

9 Bilanzgewinn 0 27 540 513

Passiva insgesamt 59 730 320 862 4 142 244 195

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EZB- Jahresber i ch t • 1999152

Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 1999

Erläuterung 1999 1998Nr. (7 Monate)

€ €

Zinserträge 4 872 234 880 97 851 703Zinsaufwendungen (4 118 082 387) (2 683 980)

Nettozinsergebnis 1 754 152 493 95 167 723

Realisierte Gewinne (Verluste) ausFinanzoperationen 2 (264 942 584) 22 182 536

Abschreibungen auf Finanzanlagen und -positionen 3 (604 920 383) (22 249 604)

Nettoergebnis aus Finanzoperationen,Abschreibungen und Risikovorsorgen (115 710 474) 95 100 655

Erträge aus Gebühren und Provisionen 593 902 0Aufwendungen für Gebühren und Provisionen (361 702) 0

Nettoergebnis aus Gebührenund Provisionen 4 232 200 0

Sonstige Erträge 5 436 898 490 101

Nettoerträge insgesamt (115 041 376) 95 590 756

Personalaufwendungen 6 u. 7 (61 022 091) (29 744 540)Sachaufwendungen 8 (60 748 855) (30 229 686)Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle

Vermögensgegenstände (10 468 901) (8 076 017)

(Bilanzverlust) Bilanzgewinn (247 281 223) 27 540 513

Frankfurt am Main, 29. Februar 2000

EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Willem F. DuisenbergPräsident

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153EZB- Jahresber i ch t • 1999

1 Die Details der Rechnungslegungsgrundsätze der EZB wurdenmit dem EZB-Ratsbeschluss vom 1. Dezember 1998 (EZB/1998/NP23) festgelegt; Kopien sind auf Anfrage erhältlich.

Rechnungslegungsgrundsätze1

Jahresabschluss

Der Jahresabschluss der Europäischen Zen-tralbank (EZB) ist so konzipiert, dass er eingetreues Bild der Finanzlage der EZB und derfinanziellen Ergebnisse ihrer Tätigkeit vermit-telt. Erstellt wurde der Jahresabschluss aufBasis der hier angeführten Rechnungslegungs-grundsätze, die der EZB-Rat für die Funktioneiner Zentralbank für angemessen erachtet.Diese Grundsätze stehen im Einklang mit denBestimmungen des Artikels 26.4 der ESZB-Satzung, der die Standardisierung der buch-mäßigen Erfassung und der Meldung der Ge-schäfte des Eurosystems vorschreibt.

Bilanzierungs- und Bewertungs-grundsätze

Die folgenden Grundsätze wurden angewen-det:• wirtschaftliche Betrachtungsweise und Bi-

lanzklarheit• Bilanzvorsicht• Berücksichtigung bilanzbeeinflussender Er-

eignisse nach dem Bilanzstichtag• Wesentlichkeit• Periodenabgrenzung• Unternehmensfortführung• Stetigkeit und Vergleichbarkeit

Bewertungsansatz

Die Bewertung erfolgt zu Anschaffungskos-ten. Abweichend davon werden marktgängi-ge Wertpapiere, Gold und alle sonstigenFremdwährungsforderungen und -verbindlich-keiten (einschließlich Positionen unter demBilanzstrich) zum Marktwert angesetzt. Fürdie Erfassung von Geschäftsfällen ist der Er-füllungstag maßgeblich.

Gold, Fremdwährungsforderungen und-verbindlichkeiten

Forderungen und Verbindlichkeiten in frem-den Währungen werden zum Wechselkursam Bilanzstichtag in Euro umgerechnet. Da-mit zusammenhängende Erträge und Aufwen-dungen werden zum Wechselkurs, zu demdie jeweilige Transaktion abgewickelt wurde,umgerechnet. Die Neubewertung von Fremd-währungspositionen (einschließlich Positionenunter dem Bilanzstrich) erfolgt für jede Wäh-rung gesondert.

Bei der Neubewertung von Fremdwährungs-forderungen und -verbindlichkeiten werdenPreis- und Kursbestandteile gesondert behan-delt.

Eine derartige Differenzierung wird bei derNeubewertung der Goldposition nicht vor-genommen. Den sich insgesamt auf Grundvon Preis- und Kursänderungen ergebendenBewertungsdifferenzen liegt der Preis in Europro Feinunze Gold zu Grunde, der sich ausdem EUR/USD-Wechselkurs am 30. Dezem-ber 1999 ergab.

Wertpapiere

Die Neubewertung aller marktgängigenSchuldtitel und ähnlicher Wertpapiere erfolgtzum Marktmittelpreis am Bilanzstichtag. Fürdas Geschäftsjahr 1999 wurden die Markt-mittelpreise vom 29. Dezember 1999 heran-gezogen. Nichtmarktgängige Wertpapierewerden zu Anschaffungskosten bewertet.

Rückkaufsvereinbarungen

Pensionsgeschäfte, bei denen die EZB derPensionsgeber ist, werden in der Bilanz alsbesicherte Kreditaufnahme ausgewiesen, wo-

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EZB- Jahresber i ch t • 1999154

bei sowohl die Kreditsumme als auch derWert der als Sicherheit hinterlegten Wert-papiere erfasst wird. Im Rahmen derartigerRückkaufsvereinbarungen verkaufte Wertpa-piere bleiben in der Bilanz eingestellt undwerden so behandelt, als ob sie weiterhinTeil des Portfolios wären, dem sie entnom-men wurden. Handelt es sich dabei umFremdwährungswertpapiere, so haben diesejedoch keinen Einfluss auf die Durchschnitts-kosten der Währungsposition.

Pensionsgeschäfte, bei denen die EZB derPensionsnehmer ist, werden in Höhe der aus-bezahlten Kreditsumme auf der Aktivseite derBilanz als besicherter Kredit ausgewiesen.Wertpapiere, die im Rahmen derartiger Rück-kaufsvereinbarungen hereingenommen wur-den, unterliegen nicht der Neubewertung.

Erfolgsermittlung

Aufwendungen und Erträge werden zu demZeitpunkt erfasst, zu dem sie wirtschaftlichverursacht wurden.

Realisierte Gewinne und Verluste werden er-folgswirksam verbucht. Die Anschaffungskos-ten der einzelnen Positionen werden täglichneu nach einer Durchschnittskostenmethodeberechnet. Zeigt die Neubewertung einer Po-sition am Jahresende einen Buchverlust an,dann werden auch die durchschnittlichen An-schaffungskosten dieser Position unter Zu-grundelegung des Wechselkurses bzw. Markt-preises am Jahresultimo vermindert.

Unrealisierte Gewinne werden nicht erfolgs-wirksam berücksichtigt, sondern auf Aus-gleichsposten aus Neubewertung verbucht.

Unrealisierte Verluste werden in der Gewinn-und Verlustrechnung erfasst, wenn sie dieNeubewertungsgewinne übersteigen, die inVorperioden in die Ausgleichsposten ausNeubewertung eingestellt wurden. Unreali-sierte Verluste in einer Wertpapiergattung,einer Währung oder Gold werden nicht ge-gen Gewinne aus anderen Wertpapieren, an-deren Währungen oder Gold verrechnet.

Beim Kauf von Wertpapieren anfallende Agio-oder Disagiobeträge werden als Teil des Zins-ertrags behandelt und über die Restlaufzeitdes Wertpapiers abgeschrieben.

Außerbilanzmäßige Instrumente

Devisentermingeschäfte, die Terminseite vonDevisenswaps und andere Währungsinstru-mente, bei denen ein Tausch zwischen zweiWährungen zu einem zukünftigen Termin ver-einbart wird, werden in die Nettofremdwäh-rungsposition für die Berechnung von Kurs-gewinnen und -verlusten einbezogen. Zins-kontrakte werden einzeln bewertet undanalog zu den Wertpapieren behandelt. Ge-winne und Verluste aus außerbilanziellen Ge-schäften werden analog zu Gewinnen undVerlusten aus in der Bilanz angesetzten Ge-schäften behandelt.

Bilanzbeeinflussende Ereignisse nachdem Bilanzstichtag

Bei der Bewertung von Forderungen und Ver-bindlichkeiten werden Sachverhalte berück-sichtigt, die am Bilanzstichtag objektiv be-standen, jedoch erst zwischen dem Bilanz-stichtag und der Feststellung desJahresabschlusses durch den EZB-Rat bekanntwurden, falls sie als wesentlich für die Dar-stellung der Aktiva und Passiva in der Bilanzerachtet werden.

Intra-Eurosystem-Salden

Intra-Eurosystem-Salden werden in der EZB-Bilanz saldiert ausgewiesen. Davon ausgenom-men bleiben das Kapital der EZB und Positio-nen aus der Übertragung von Währungsre-serven an die EZB.

Sachanlagen und immaterielle Ver-mögensgegenstände

Sachanlagen und immaterielle Vermögensge-genstände werden zu Anschaffungskosten,

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155EZB- Jahresber i ch t • 1999

vermindert um Abschreibungen, angesetzt.Die Abschreibungen werden, beginnend mitdem auf die Anschaffung folgenden Quartal,linear über die erwartete wirtschaftliche Nut-zungsdauer vorgenommen. Dabei wird wiefolgt unterschieden:

• EDV-Ausstattung und entsprechendeHardware/Software sowie Kraftfahrzeuge:vier Jahre,

• Betriebs- und Geschäftsausstattung sowieEinbauten: zehn Jahre.

Sachanlagen, die weniger als 10 000 € kos-ten, werden im Anschaffungsjahr abgeschrie-ben.

Pensionsplan der EZB

Die EZB hat sich bei der Aufstellung desPensionsplans für ihre Mitarbeiter für denAnsatz der beitragsorientierten Pensionszu-sage entschieden. Das Fondsvermögen, daszweckgewidmet für die Altersversorgung der

Anwartschaftsberechtigten und ihrer Ange-hörigen angelegt ist, wird unter den sonsti-gen Aktiva der EZB gesondert erfasst. Be-wertungsgewinne und -verluste werden imJahr ihres Entstehens als Pensionsfondserträ-ge oder -aufwendungen verbucht. Die Leis-tungen, die aus dem mit EZB-Beiträgen fi-nanzierten Pensionsfonds zu erbringen sind,sind mit bestimmten Mindestgarantien abge-sichert.

Sonstiges

Nach Ansicht des Direktoriums der EZB wür-de auf Grund der Zentralbankfunktion derEZB die Veröffentlichung einer Cash-Flow-Rechnung den Bilanzadressaten keine zusätz-liche relevante Information bieten.

Gemäß Artikel 27 der ESZB-Satzung und nachMaßgabe der Empfehlung des EZB-Rats billig-te der Rat der Europäischen Union die Be-stellung der PricewaterhouseCoopers GmbHzum externen Rechnungsprüfer der EZB.

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EZB- Jahresber i ch t • 1999156

Erläuterungen zur Bilanz

1 Gold und Goldforderungen

Die EZB hält 24 Millionen Unzen Feingold,das ihr zu Beginn des Jahres 1999 zum dama-ligen Marktwert von 246,368 € pro Feinunzeübertragen wurde. Die Übertragung erfolgteim Rahmen der Einbringung von NZB-Wäh-rungsreserven bei der EZB, wobei die Gold-komponente 15 % des Übertragungswertesausmachte.

2 Forderungen in Fremdwährung anAnsässige außerhalb des Euro-Währungsgebiets und an Ansässigedes Euro-Währungsgebiets

In diesem Posten werden Guthaben bei aus-ländischen Banken, Fremdwährungskrediteund Wertpapieranlagen erfasst. Die größtenAnteile entfallen auf USD- und JPY-Bestände.

3 Forderungen in Euro an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungs-gebiets

Bei diesen Forderungen handelt es sich haupt-sächlich um Guthaben auf TARGET-Kontender nichtteilnehmenden NZBen.

4 Wertpapiere in Euro von Ansässi-gen des Euro-Währungsgebiets

Dieser Posten umfasst marktgängige Wertpa-piere, die von bestimmten im Euroraum an-sässigen Emittenten mit hoher Kreditwür-digkeit begeben wurden.

5 Sonstige Aktiva

5.1 Sachanlagen und immaterielleVermögensgegenstände

Abzüglich kumulierter Abschreibungen inHöhe von 29,1 Mio € (vom EWI getätigteAbschreibungen eingerechnet) umfassten die

Sachanlagen am 31. Dezember 1999 die fol-genden Unterpositionen:

5.2 Sonstiges Finanzanlagevermögen

Dazu zählen folgende Hauptposten:

(a) Der Gegenposten zu Pensionsgeschäften,die im Zusammenhang mit der Anlage desEigenkapitals der EZB durchgeführt wur-den. Zum Bilanzstichtag 31. Dezember1999 waren Pensionsgeschäfte in derHöhe von 565,7 Mio € ausstehend.

(b) Die Anlagewerte des für EZB-Mitarbeitereingerichteten Pensionsfonds, welche mit32,2 Mio € bewertet sind. Das Fondsver-mögen entspricht den kumulierten Arbeit-geber- und Arbeitnehmerbeitragszahlun-gen zum Pensionsfonds zum 31. Dezem-ber 1999. Die Verwaltung ist an einenexternen Fondsmanager ausgelagert. Dielaufenden Beiträge der EZB und der An-wartschaftsberechtigten werden monat-lich investiert. Die Pensionsfonds-Anlage-werte werden getrennt von den anderenFinanzanlagen der EZB angelegt. Der ausdiesen Anlagen erzielte Ertrag steht nichtder EZB zu; Erträge werden thesauriertund bleiben zweckgewidmet. Der Wertdes Fondsvermögens wird vom externenFondsmanager auf Basis der Marktpreisezum Jahresultimo ermittelt.

Buchwert zum Buchwert zum31. Dezember 31. Dezember

1999 1998€ €

EDV-Ausstattung 15 865 660 12 510 812

Betriebs- und Geschäfts-ausstattung, Einbauten,Kraftfahrzeuge 5 955 720 3 329 884

In Bau befindlicheAnlagen 12 989 835 11 864 257

Sonstige Sachanlagen 7 778 252 2 407 118

Insgesamt 42 589 467 30 112 071

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157EZB- Jahresber i ch t • 1999

(c) Einer Einladung des Exekutivdirektoriumsder Bank für Internationalen Zahlungsaus-gleich Folge leistend, zeichnete die EZBam 9. Dezember 1999 3 000 Aktien derBank für Internationalen Zahlungsausgleichzu einem Wert von 38,5 Mio €.

5.3 Aktive Rechnungsabgrenzungsposten

Dieser Posten errechnet sich hauptsächlichaus Zinsen, die im Zusammenhang mit Wert-papieranlagen und anderen Finanzanlagen auf-gelaufen sind.

5.4 Sonstige Posten

Hier handelt es sich im Wesentlichen umeine Forderung gegen das deutsche Bundes-ministerium der Finanzen auf Rückvergütungder auf Waren und Dienstleistungen entrich-teten Mehrwertsteuer und anderer indirek-ter Steuern. Der Rückvergütungsanspruch er-gibt sich aus den Bestimmungen von Artikel3 des Protokolls über die Vorrechte und Be-freiungen der Europäischen Gemeinschaften,der kraft Artikel 40 der ESZB-Satzung auchfür die EZB gilt.

6 Verbindlichkeiten in Eurogegenüber sonstigen Ansässigendes Euro-Währungsgebiets

In diesem Posten werden Einlagen der Mit-glieder des Euro-Bankenverbands (EBA) er-fasst, mit denen über TARGET abgewickelteEBA-Zahlungen besichert werden.

7 Verbindlichkeiten in Euro gegen-über Ansässigen außerhalb desEuro-Währungsgebiets

Bei diesen Verbindlichkeiten handelt es sichhauptsächlich um den Saldo auf demTARGET-Konto einer nichtteilnehmendenNZB.

8 Verbindlichkeiten in Fremdwährunggegenüber Ansässigen außerhalbdes Euro-Währungsgebiets

Dieser Posten umfasst Verbindlichkeiten ausPensionsgeschäften im Rahmen der Verwal-tung der Devisenreserven der EZB.

9 Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten

9.1 Verbindlichkeiten aus der Übertragungvon Währungsreserven

Zu Beginn der dritten Stufe der WWU über-trugen die NZBen der WWU-Teilnehmer-staaten, wie vom EZB-Rat gemäß Artikel 30der ESZB-Satzung beschlossen, Währungsre-serven an die EZB. Insgesamt wurden zwi-schen dem 4. und dem 7. Januar 1999 Wäh-rungsreserven im Wert von 39,5 Mrd € inForm von Gold oder Wertpapieren bzw. inbar übertragen. 85 % des gesamten Übertra-gungswertes wurden in Form von Devisenre-serven eingebracht; davon entfielen wiede-rum 90 % auf Dollar-Reserven und 10 % aufYen-Reserven.

Kapitalschlüssel(%) €

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique 2,8658 1 432 900 000

Deutsche Bundesbank 24,4935 12 246 750 000

Banco de España 8,8935 4 446 750 000

Banque de France 16,8337 8 416 850 000

Central Bank of Ireland 0,8496 424 800 000

Banca d’Italia 14,8950 7 447 500 000

Banque centrale du Luxembourg 0,1492 74 600 000

De Nederlandsche Bank 4,2780 2 139 000 000

Oesterreichische Nationalbank 2,3594 1 179 700 000

Banco de Portugal 1,9232 961 600 000

Suomen Pankki 1,3970 698 500 000

Insgesamt 78,9379 39 468 950 000

Die daraus resultierenden Forderungen derNZBen sind in Euro denominiert und werdenzu den kurzfristigen Refinanzierungssätzendes Eurosystems (vermindert um einen Ab-

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EZB- Jahresber i ch t • 1999158

schlag) verzinst. Mit dem Abschlag wird be-rücksichtigt, dass Goldbestände unverzinstsind (siehe hierzu Nummer 1 unter den „Er-läuterungen zur Gewinn- und Verlustrech-nung“). In den ersten drei Jahren der drittenStufe der WWU kann nach einem EZB-Rats-beschluss eine Wertberichtigung dieser For-derungen vorgenommen werden, falls dieNettoerträge und die Rücklagen der EZB zurDeckung unrealisierter wechselkursbedingterVerluste bei den Währungsreserven nichtausreichen sollten. Allerdings gilt einschrän-kend, dass die EZB diese Forderungen maxi-mal um 20 % kürzen darf.

9.2 Sonstige Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten (netto)

Unter diesem Posten werden hauptsächlichTARGET-Außenstände der teilnehmendenNZBen gegenüber der EZB erfasst.

Forderungen an teilnehmendeNZBen im Rahmen von TARGET 7 697 803 922

Verbindlichkeiten gegenüberteilnehmenden NZBen im Rahmenvon TARGET (9 418 628 635)

Nettoverbindlichkeiten (1 720 824 713)

10 Sonstige Passiva

In der Unterposition „sonstige Posten“ sindhauptsächlich Pensionsgeschäfte zur Anlagedes Eigenkapitals der EZB ausgewiesen. Fer-ner werden darunter die Rentenverpflichtun-gen der EZB aus dem von ihr eingerichtetenPensionsfonds (32,2 Mio €) erfasst.

11 Rückstellungen

Dieser Posten umfasst hauptsächlich Rück-stellungen für Sachaufwendungen (Waren undDienstleistungen).

12 Ausgleichsposten ausNeubewertung

Dieser Posten entspricht einer Bewertungs-reserve aus unrealisierten Gewinnen aus For-derungen und Verbindlichkeiten. Im Wesent-lichen handelt es sich dabei um 1999 erzieltebuchmäßige Aufwertungsgewinne gegenüberdem Euro.

1999 1998€ €

Gold 1 036 876 277 0

Devisen 5 821 397 453 697 979

Wertpapiere 2 265 980 0

Insgesamt 6 860 539 710 697 979

13 Kapital und Rücklagen

Insgesamt haben die NZBen des Euroraumsam Kapital der EZB (5 Mrd €) Anteile inHöhe von 3 946 895 000 € gezeichnet undzu 100 % eingezahlt:

Kapitalschlüssel(%) €

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique 2,8658 143 290 000

Deutsche Bundesbank 24,4935 1 224 675 000

Banco de España 8,8935 444 675 000

Banque de France 16,8337 841 685 000

Central Bank of Ireland 0,8496 42 480 000

Banca d’Italia 14,8950 744 750 000

Banque centrale du Luxembourg 0,1492 7 460 000

De Nederlandsche Bank 4,2780 213 900 000

Oesterreichische Nationalbank 2,3594 117 970 000

Banco de Portugal 1,9232 96 160 000

Suomen Pankki 1,3970 69 850 000

Insgesamt 78,9379 3 946 895 000

Die NZBen jener Mitgliedstaaten, die nichtam Euroraum teilnehmen, haben jeweils 5 %des ursprünglich gezeichneten Kapitals ein-gezahlt. Ihre Anteile machen zusammen52 655 250 € aus:

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159EZB- Jahresber i ch t • 1999

Aus diesen Beiträgen sollen die operativenKosten der EZB im Zusammenhang mit Auf-gaben gedeckt werden, die sie für die nicht-teilnehmenden NZBen wahrnimmt. Zuzahlun-gen haben diese NZBen erst zu leisten, wennsie dem Eurosystem beitreten. Bis dahin ha-ben sie weder Anspruch auf ausgeschütteteEZB-Gewinne, noch müssen sie für Verlusteder EZB aufkommen.

Die Rücklagen der EZB setzen sich wie folgtzusammen:

Kapitalschlüssel(%) €

Danmarks Nationalbank 1,6709 4 177 250

Bank von Griechenland 2,0564 5 141 000

Sveriges Riksbank 2,6537 6 634 250

Bank of England 14,6811 36 702 750

Insgesamt 21,0621 52 655 250

1999€

Allgemeine Reserve 5 508 000

Sonstige Rücklagen 0

Gewinnvortrag 22 032 513

Insgesamt 27 540 513

14 Außerbilanzmäßige Posten

Zum Bilanzstichtag gab es keine ausstehen-den Forderungen oder Verbindlichkeiten auslaufenden Geschäften oder sonstigen offenenPositionen. Ebenso bestanden zum 31. De-zember 1999 keine wesentlichen Eventual-verpflichtungen.

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EZB- Jahresber i ch t • 1999160

Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung

1 Nettozinsergebnis

Unter diesem Posten sind die Zinserträgevermindert um die Zinsaufwendungen fürForderungen und Verbindlichkeiten (inFremdwährung und in Euro) ausgewiesen.Der überwiegende Teil sind Aufwendungenund Erträge aus TARGET-Transaktionen. DasNettozinsergebnis bei den Devisenreservenbelief sich auf 1,5 Mrd €. Die Verzinsung derNZB-Forderungen gegenüber der EZB ausden Anfang 1999 übertragenen Währungsre-serven steht im Jahr 1999 mit 913 Mio € zuBuche.

Zusammensetzung der Zinserträge

in Fremdwährung in Euro(%) (%)

1999 1998 1999 1998(7 Monate) (7 Monate)

Wertpapiere 84,5% 0,0% 5,1% 0,0%

SonstigeForderungen 15,5% 100,0% 94,9% 0,0%

Insgesamt 100,0% 100,0% 100,0% 0,0%

Zusammensetzung der Zinsaufwendungen

in Fremdwährung in Euro(%) (%)

1999 1998 1999 1998(7 Monate) (7 Monate)

Wertpapiere 99,6% 0,0% 0,9% 0,0%

Sonstige Ver-bindlichkeiten 0,4% 0,0% 99,1% 100,0%

Insgesamt 100,0% 0,0% 100,0% 100,0%

3 Abschreibungen auf Finanzanlagenund -positionen

Preisrückgänge schlugen sich in Abschreibun-gen auf die Anschaffungskosten der in derBilanz zum Marktwert des 31. Dezember1999 angesetzten Wertpapiere nieder (siehehierzu „Rechnungslegungsgrundsätze: Erfolgs-ermittlung“).

4 Nettoergebnis aus Gebühren undProvisionen

Die Unterposition „Erträge aus Gebührenund Provisionen“ ergibt sich aus Strafzinsen,die Kreditinstitute bei Verletzungen der Min-destreservepflicht entrichten mussten.

5 Sonstige Erträge

Sonstige während des Jahres angefallene Er-träge wurden hauptsächlich aus der erfolgs-wirksamen Auflösung nicht in Anspruch ge-nommener Rückstellungen für Sachaufwen-dungen erzielt.

6 Personalaufwendungen

Unter diesem Posten werden die Gehälterund Zulagen (52,3 Mio €) sowie die Arbeit-geberbeiträge zum EZB-Pensionsfonds undzur Kranken- und Unfallversicherung ausge-wiesen. Die Bezüge der Direktoriumsmitglie-der der EZB beliefen sich auf 1,8 Mio €. ImBerichtsjahr waren keine Pensionszahlungenan frühere Direktoriumsmitglieder und ihreAngehörigen zu entrichten. Die Gehälter undZulagen der EZB-Mitarbeiter einschließlichder Bezüge der Geschäftsführung orientierensich im Wesentlichen am Gehaltsschema derEuropäischen Gemeinschaften und sind mitdiesem vergleichbar.

Der Personalstand am letzten Arbeitstag desJahres 1999 betrug 732 Mitarbeiter, darunter55 Mitarbeiter in Führungspositionen. Im

2 Realisierte Gewinne (Verluste) ausFinanzoperationen

Der ausgewiesene realisierte Nettoverlustergab sich aus laufenden Portfoliomanage-menttransaktionen und ist beträchtlichenPreisverlusten bei Wertpapieren zuzuschrei-ben, die 1999 Teil des Wertpapierportfolioswaren.

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161EZB- Jahresber i ch t • 1999

Durchschnitt waren 1999 bei der EZB 648Mitarbeiter beschäftigt, gegenüber 478 imJahr 1998. 1999 wurden 242 neue Mitarbei-ter eingestellt, 44 Mitarbeiter schieden aus.

7 Pensionsplan der EZB

Nach den Bestimmungen des Pensionsplansmuss alle drei Jahre eine vollständige versi-cherungsmathematische Bewertung vorge-nommen werden. Solange der Personalstandder EZB von Jahr zu Jahr beträchtlich wächst,wird diese Bewertung aber jährlich durchge-führt. Zuletzt wurden die versicherungsma-thematischen Anwartschaften zum 31. De-zember 1998 ermittelt, und zwar nach derAnwartschaftsbarwertmethode und unter Be-rücksichtigung von Mindestansprüchen, dieMitarbeiter bei Beendigung ihres Arbeitsver-hältnisses haben werden. Die Bewertung zeig-te, dass der versicherungsmathematischeWert des Fondsvermögens 110 % der bis zumBilanzstichtag erworbenen Rentenanwart-schaften entsprach. In dieser Bewertung istdie erwartete zukünftige Gehalts- und Ren-tendynamik berücksichtigt.

Der Pensionsaufwand der EZB im Rahmendes Pensionsplans wird mit Unterstützung ei-nes geprüften Versicherungsmathematikersermittelt. Zum Bilanzstichtag betrug der Pen-sionsaufwand der EZB 8,1 Mio €. Darunterfällt eine Pensionsrücklage für die Direktori-umsmitglieder in Höhe von 1,8 Mio €. DiePensionszusage erfordert, dass der Beitrags-satz der EZB künftig bei 16,5 % der Bemes-sungsgrundlage aller Mitarbeiter liegt.

8 Sachaufwendungen

In diesem Posten sind alle sonstigen laufen-den Aufwendungen erfasst, nämlich Mieten,Instandhaltung von Gebäuden, nichtaktivie-rungsfähige Ausgaben für Sachanlagen, Hono-rare und andere Lieferungen und Leistungen.Dazu kommen die mit der Einstellung, Aus-und Weiterbildung von Mitarbeitern verbun-denen Ausgaben, einschließlich der Umzugs-kosten bei Beginn und Beendigung des Ar-beitsverhältnisses.

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EZB- Jahresber i ch t • 1999162

An den Präsidenten und den Ratder Europäischen Zentralbank

Frankfurt am Main

Wir haben den vorliegenden Jahresabschluss der Europäischen Zentralbank zum 31. Dezem-ber 1999 geprüft. Für die Erstellung des Abschlusses ist die Geschäftsführung der Europäi-schen Zentralbank verantwortlich. In unserer Verantwortung liegt es, uns auf der Grundlageunserer Prüfung ein unabhängiges Urteil über diesen Abschluss zu bilden und Ihnen überdieses zu berichten.

Wir haben unsere Prüfung in Übereinstimmung mit den „International Standards of Auditing“durchgeführt. Eine Abschlussprüfung umfasst stichprobenartige Prüfungen von Unterlagen,die für die Beträge und die Offenlegung des Abschlusses relevant sind. Sie umfasst auch dieBeurteilung der wesentlichen Schätzungen und Bewertungen, die bei der Erstellung desAbschlusses vorgenommen wurden, sowie darüber, ob die Rechnungslegungsgrundsätze fürdie Gegebenheiten der Europäischen Zentralbank angemessen sind und in angemessenerWeise veröffentlicht wurden.

Nach unserer Einschätzung vermittelt der Jahresabschluss, der gemäß den in Abschnitt I derErläuterungen zum Jahresabschluss der Europäischen Zentralbank dargelegten Rechnungs-legungsgrundsätzen erstellt wurde, ein getreues und klares Bild der Finanzlage der Europäi-schen Zentralbank zum 31. Dezember 1999 und der finanziellen Ergebnisse ihrer Tätigkeit imGeschäftsjahr.

Frankfurt am Main, 1. März 2000

PricewaterhouseCoopers

Gesellschaft mit beschränkter HaftungWirtschaftsprüfungsgesellschaft

[unterzeichnet] [unterzeichnet](Wagener) (Kern)Wirtschaftsprüfer Wirtschaftsprüfer

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163EZB- Jahresber i ch t • 1999

Erläuterung zur Verlustzuweisung

Anmerkung: Diese Position ist nicht Bestandteildes Jahresabschlusses der EZB; sie wird lediglichzu Informationszwecken im Jahresbericht veröf-fentlicht.

Nach Artikel 33.2 der ESZB-Satzung wird einVerlust der EZB wie folgt verteilt:

(a) Der Verlust kann aus der AllgemeinenReserve der EZB gedeckt werden.

(b) Gemäß EZB-Ratsbeschluss kommen fürVerluste, die nicht durch die AllgemeineReserve gedeckt sind, die NZBen mit dennach Artikel 32.5 an sie verteilten Mone-tären Einkünften1 des betreffenden Ge-schäftsjahres auf, und zwar im Verhältnisund bis in Höhe der rückverteilten Be-träge.

(c) Für den Fall, dass nach Anwendung vonArtikel 33.2 der Verlust nicht vollständiggedeckt ist, hat sich der EZB-Rat auf diefolgende Vorgehensweise geeinigt:

(i) Zunächst können verbleibende Verlus-te gedeckt werden, indem die EZBeinen Teil ihrer Verbindlichkeiten ausder Übertragung von NZB-Währungs-reserven wertberichtigt. Sie ist dabeiallerdings an folgende Grenzen gebun-den:

• Streichungen sind nur bis zur Höheder unrealisierten Verluste bei denFremdwährungs- und Goldpositio-nen zulässig;

• die besagten Verbindlichkeiten ge-genüber den NZBen dürfen maxi-mal auf 80 % ihres Ursprungswertsvermindert werden.

(ii) Mit verbleibenden Verlusten können– im Verhältnis zum Kapitalschlüsselder EZB – direkt die Einkünfte belas-tet werden, die die teilnehmendenNZBen aus dem nationalen Bankno-tenumlauf erzielen. Einschränkend gilt,

dass diese direkte Belastung nicht hö-her sein darf als die Einkünfte einerjeden NZB aus dem nationalen Bank-notenumlauf.

Bei der Ratssitzung am 16. März 2000 be-schloss der EZB-Rat, den Verlust für das Ge-schäftsjahr 1999 wie folgt aufzuteilen:

1999 1998€ €

(Bilanzverlust)Bilanzgewinn (247 281 223) 27 540 513

Auflösung der AllgemeinenReserve (Dotierungder Allgemeinen Reserve) 27 540 513 (5 508 000)

Deckung durch diegemeinsamen MonetärenEinkünfte 35 160 676 0

Gewinnvortrag (22 032 513)

Direkte Belastung derNZBen 184 580 034 0

1 Gemäß Artikel 32.5 der ESZB-Satzung wird die Summe derMonetären Einkünfte der NZBen unter den NZBen entspre-chend ihren eingezahlten Anteilen am Kapital der EZB verteilt.Gemäß EZB-Ratsbeschluss soll für die Geschäftsjahre 1999 bis2001 zur Bemessung der Monetären Einkünfte ein bestimmterReferenzsatz angewendet werden, wobei als Bemessungsgrund-lage folgende Positionen heranzuziehen sind: alle Verbindlichkei-ten der Kreditinstitute aus Einlagen, Einlagen auf Girokontenund Termineinlagen, Verbindlichkeiten aus der Inanspruchnah-me der Einlagefazilität, aus dem Margenausgleich und ausliquiditätsabschöpfenden Pensionsgeschäften sowie Verbindlich-keiten der NZBen aus Schuldverschreibungen zur Deckung vonEZB-Schuldverschreibungen. Der Referenzsatz entspricht jeweilsdem Reposatz, zu dem das jüngste zweiwöchige Pensionsge-schäft abgewickelt wurde. Dieser Satz wird täglich auf dieBemessungsgrundlage jeder einzelnen NZB angewendet, unddie so errechneten Beträge – abzüglich der Zinsaufwendungenim Zusammenhang mit den Verbindlichkeiten der Bemessungs-grundlage – summieren sich zu den gemeinsamen MonetärenEinkünften.

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EZB- Jahresber i ch t • 1999164

Aktiva Bilanz zum Bilanz zum31. Dezember 1999 1. Januar 1999

1 Gold und Goldforderungen 116 610 99 565

2 Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets2.1 Forderungen an den IWF 71 744 29 5112.2 Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,

Auslandskredite und sonstige Auslandsaktiva 182 803 201 494254 547 231 005

3 Forderungen in Fremdwährung an Ansässige desEuro-Währungsgebiets 14 412 6 283

4 Forderungen in Euro an Ansässige außerhalb desEuro-Währungsgebiets4.1 Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen

und Kredite 6 050 8 9414.2 Forderungen aus der Kreditfazilität im Rahmen

des WKM II 0 06 050 8 941

5 Forderungen an den Finanzsektor im Euro-Währungsgebiet5.1 Hauptrefinanzierungsgeschäfte 161 988 143 6965.2 Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte 74 996 24 6985.3 Feinsteuerungsoperationen in Form von

befristeten Transaktionen 0 6 6805.4 Strukturelle Operationen in Form von

befristeten Transaktionen 0 05.5 Spitzenrefinanzierungsfazilität 11 429 6 3725.6 Forderungen aus dem Margenausgleich 404 265.7 Sonstige Forderungen 1 276 3 641

250 093 185 113

6 Wertpapiere in Euro von Ansässigen desEuro-Währungsgebiets 23 513 21 673

7 Forderungen in Euro an öffentliche Haushalte 59 180 60 126

8 Sonstige Aktiva 81 899 80 731

Aktiva insgesamt 806 304 693 437

Differenzen in den Summen/Zwischensummen durch Runden der Zahlen.

Konsolidierte Bilanz des Eurosystems zum 31. Dezember 1999(Millionen €)

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165EZB- Jahresber i ch t • 1999

Passiva Bilanz zum Bilanz zum31. Dezember 1999 1. Januar 1999

1 Banknotenumlauf 374 976 342 194

2 Verbindlichkeiten in Euro gegenüber dem Finanzsektorim Euro-Währungsgebiet2.1 Einlagen auf Girokonten

(einschließlich Mindestreserveguthaben) 114 826 84 4282.2 Einlagefazilität 2 618 9732.3 Termineinlagen 0 1 8862.4 Feinsteuerungsoperationen in Form von

befristeten Transaktionen 0 02.5 Verbindlichkeiten aus dem Margenausgleich 10 12

117 454 87 299

3 Verbindlichkeiten aus der Begebung vonSchuldverschreibungen 7 876 13 835

4 Verbindlichkeiten in Euro gegenüber sonstigen Ansässigendes Euro-Währungsgebiets4.1 Einlagen von öffentlichen Haushalten 57 539 55 2794.2 Sonstige Verbindlichkeiten 3 061 3 075

60 600 58 354

5 Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Ansässigenaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 9 048 9 972

6 Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüber Ansässigendes Euro-Währungsgebiets 927 595

7 Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüber Ansässigenaußerhalb des Eurowährungsgebiets7.1 Einlagen, Guthaben und sonstige Verbindlichkeiten 11 896 3 3147.2 Verbindlichkeiten aus der Kreditfazilität im Rahmen

des WKM II 0 011 896 3 314

8 Ausgleichsposten für vom IWF zugeteilte Sonderziehungsrechte 6 529 5 765

9 Sonstige Passiva 54 493 58 070

10 Ausgleichsposten aus Neubewertung 106 629 60 083

11 Kapital und Rücklagen 55 876 53 956

Passiva insgesamt 806 304 693 437

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Anhänge

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Glossar*

Auslandsvermögensstatus (Netto-Vermögensposition/Netto-Schuldnerposition ge-genüber dem Ausland) (net international investment position – i.i.p.; net external asset orliability position): Bestandsstatistik, die Umfang und Zusammensetzung der Vermögenswerte oderForderungen einer Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland ausweist, abzüglich der Verbindlichkei-ten dieser Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland.

Ausleihungen an Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet (credit to euro area residents): Einweit gefasster Indikator für die Finanzierung von Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet (darunteröffentliche Haushalte sowie sonstige Nicht-MFIs) durch den MFI-Sektor. Dieser Indikator umfasst(1) Kredite und (2) Wertpapiere von Nicht-MFIs. Diese Position enthält Aktien sowie sonstigeDividendenwerte und Schuldverschreibungen einschließlich Geldmarktpapieren von Nicht-MFIs imEuro-Währungsgebiet. Da Wertpapiere als Finanzierungsalternative zu Krediten gesehen werdenkönnen und manche Kredite besichert sein können, bieten die auf Basis dieser Definition geliefer-ten Angaben ein genaueres Bild der Gesamtfinanzierung von Nicht-MFIs durch den MFI-Sektor alsder eng gefasste Indikator „Kredite an Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet“.

Bargeldumlauf (currency in circulation): Der Bargeldumlauf umfasst in Umlauf befindliche Bank-noten und Münzen, die als allgemeines Zahlungsmittel verwendet werden. Er enthält die vomEurosystem und von anderen Monetären Finanzinstituten im Euroraum (in Irland undLuxemburg) ausgegebenen Banknoten und die vom Eurosystem und von den Zentralstaatenausgegebenen Münzen. Der in M3 enthaltene Bargeldumlauf ist ein Nettobegriff, d. h., er beziehtsich nur auf die außerhalb des MFI-Sektors gehaltenen, in Umlauf befindlichen Banknoten undMünzen (wie sie in der konsolidierten Bilanz der MFIs ausgewiesen werden; damit ist derKassenbestand, also der Bestand der von MFIs gehaltenen Banknoten und Münzen, vom Bargeld-umlauf abgezogen). Der Bargeldumlauf enthält weder den Eigenbestand der Zentralbanken anBanknoten (da diese nicht im Umlauf sind) noch Sammlermünzen, die üblicherweise nicht alsZahlungsmittel verwendet werden.

Befristete Transaktion (reverse transaction): Geschäft, bei dem die Zentralbank Vermögens-werte gemäß einer Rückkaufvereinbarung kauft oder verkauft oder Kredite gegen Verpfändungvon Sicherheiten gewährt.

Benchmark (benchmark): In Bezug auf Investitionen ist eine Benchmark ein Vergleichsportefeuilleoder ein Index auf der Basis von Zielgrößen für Liquidität, Risiko und Anlagerendite. Die Bench-mark kann auch als Vergleichsbasis für die Wertentwicklung des eigenen Portefeuilles dienen.

Bilaterales Geschäft (bilateral procedure): Verfahren, bei dem die Zentralbank nur mit einemoder wenigen Geschäftspartnern direkt Geschäfte abschließt, ohne Tenderverfahren zu nutzen.Hierzu gehören auch Operationen, die über Börsen oder Marktvermittler durchgeführt werden.

Definitiver Kauf bzw. Verkauf (outright transaction): Transaktion, bei der die ZentralbankVermögenswerte definitiv am Markt per Kasse oder Termin kauft oder verkauft.

Defizitquote (deficit ratio): Eines der in Artikel 104 Abs. 2 des EG-Vertrags angeführtenfiskalpolitischen Konvergenzkriterien. Definiert als „Verhältnis zwischen dem geplanten oder tatsäch-lichen öffentlichen Defizit und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen“, wobei „öffentliches Defizit“wie in Protokoll Nr. 20 (über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit) definiert wird als „das

* Die Nummerierung der Artikel und Protokolle erfolgt gemäß dem Vertrag von Amsterdam.

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Finanzierungsdefizit des Staatssektors“. „Staat“ wird im Sinne des Europäischen SystemsVolkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995 verstanden.

Devisenswap (foreign exchange swap): Gleichzeitige Durchführung eines Kassa- und eines Ter-mingeschäfts in einer Währung gegen eine andere. Das Eurosystem kann geldpolitische Offen-marktgeschäfte in Form von Devisenswapgeschäften durchführen, bei denen die nationalen Zen-tralbanken (oder die Europäische Zentralbank) Euro gegen eine Fremdwährung per Kassekaufen (oder verkaufen) und sie gleichzeitig per Termin verkaufen (oder kaufen).

Differenz zwischen Defizit und Schuldenstandsänderung (deficit-debt adjustment): Diffe-renz zwischen dem öffentlichen Defizit und der Veränderung des öffentlichen Schuldenstandes.Diese ist unter anderem zurückzuführen auf Veränderungen im Stand der vom Staat gehaltenenVermögenswerte, auf Veränderungen in der Höhe der Verschuldung der einzelnen staatlichenSubsektoren untereinander oder auf statistische Anpassungen.

EBA (Euro Banking Association – EBA): Siehe Euro-Bankenverband – EBA.

ECOFIN: Siehe EU-Rat.

ECU (Europäische Währungseinheit) (European Currency Unit – ECU): Die ECU war alsWährungskorb definiert, der sich aus feststehenden Beträgen von zwölf der fünfzehn Währungender Mitgliedstaaten zusammensetzte. Der Wert der ECU errechnete sich als gewogener Durch-schnitt der Werte ihrer Korbwährungen. Am 1. Januar 1999 wurde die ECU im Verhältnis 1:1durch den Euro ersetzt.

Effektiver (nominaler/realer) Wechselkurs (effective (nominal/real) exchange rate): In ihrernominalen Form beruhen die effektiven Wechselkurse auf einem gewogenen Durchschnitt ver-schiedener bilateraler Wechselkurse. Effektive reale Wechselkurse sind effektive nominale Wech-selkurse deflationiert mit einem gewogenen Durchschnitt von ausländischen Preisen oder Kosten,im Verhältnis zu den entsprechenden inländischen Preisen und Kosten. Damit sind sie ein Indikatorfür die preisliche und kostenmäßige Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Der effektive nominaleWechselkurs des Euro, der von der Europäischen Zentralbank berechnet wird, ist ein gewo-genes geometrisches Mittel der Wechselkurse des Euro gegenüber den Währungen der 13wichtigsten Handelspartner des Euro-Währungsgebiets. Die Gewichte beruhen auf dem Handelmit Gütern der Sachgüterproduktion im Zeitraum von 1995 bis 1997 und berücksichtigen Dritt-markteffekte. Der effektive reale Wechselkurs für den Euro wird auf Basis von Verbraucherpreis-indizes berechnet (des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Wäh-rungsgebiet und andere EU Mitgliedstaaten).

EG-Vertrag (Treaty): Gemeint ist hier der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemein-schaft, der am 25. März 1957 in Rom unterzeichnet wurde und am 1. Januar 1958 in Kraft trat. Mitdiesem Vertrag, der oft als „Römischer Vertrag“ bezeichnet wird, wurde die Europäische Wirt-schaftsgemeinschaft (EWG) gegründet. Der Vertrag über die Europäische Union wurde am 7. Fe-bruar 1992 in Maastricht unterzeichnet („Maastricht-Vertrag“) und trat am 1. November 1993 inKraft. Er änderte den EWG-Vertrag, der nun als Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemein-schaft bezeichnet wird. Der Vertrag über die Europäische Union wurde durch den „Vertrag vonAmsterdam“ geändert, der am 2. Oktober 1997 in Amsterdam unterzeichnet wurde und am1. Mai 1999 in Kraft trat.

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Einlagefazilität (deposit facility): Ständige Fazilität des Eurosystems, die den Geschäfts-partnern die Möglichkeit bietet, Guthaben bis zum nächsten Geschäftstag zu einem vorherfestgesetzten Zinssatz bei der nationalen Zentralbank anzulegen.

Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist (deposits redeemable at notice): Diese Kategoriebeinhaltet Spareinlagen, die Einleger zur Einhaltung einer vereinbarten Kündigungsfrist verpflichten,bevor sie über die Einlagen verfügen können. In manchen Fällen besteht die Möglichkeit, einenfestgelegten Betrag innerhalb einer bestimmten Frist abzuheben oder vorzeitige Abhebungenvorbehaltlich der Bezahlung einer Vertragsstrafe zu tätigen. Einlagen mit vereinbarter Kündigungs-frist von bis zu drei Monaten sind in M2 (und damit auch in M3) enthalten, während Einlagen miteiner längeren vereinbarten Kündigungsfrist zu den (nichtmonetären) längerfristigen finanziellenVerbindlichkeiten des Sektors Monetäre Finanzinstitute gerechnet werden.

Einlagen mit vereinbarter Laufzeit (deposits with agreed maturity): Diese Kategorie beinhal-tet vorwiegend Termineinlagen mit vorgegebener Laufzeit, die nach den nationalen Gepflogenhei-ten vor Ablauf der vereinbarten Frist nicht oder nur gegen eine Vertragsstrafe umgewandeltwerden können. Sie umfasst auch einige nichtmarktfähige Schuldverschreibungen, etwa nichtmarkt-fähige Einlagenzertifikate für den Absatz an Bankkunden. Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeitvon bis zu zwei Jahren sind in M2 (und damit auch in M3) enthalten, während Einlagen mit einervereinbarten Laufzeit von über zwei Jahren zu den (nichtmonetären) längerfristigen finanziellenVerbindlichkeiten des Sektors Monetäre Finanzinstitute gerechnet werden.

Elektronisches Geld (electronic money – e-money): Geldwert, der auf einer technischen Vor-richtung elektronisch gespeichert ist und in weitem Umfang für Zahlungen (außer an den Emitten-ten selbst) genutzt werden kann. Die Abwicklung kann, muss aber nicht über ein Bankkontoerfolgen; wird wie ein vorausbezahltes Inhaberinstrument benutzt (siehe auch Multifunktionalevorausbezahlte Karte).

EONIA (euro overnight index average) (euro overnight index average – EONIA): EineMessgröße für den effektiven umsatzgewichteten Tagesgeldsatz für den Euro. Wird als gewogenerDurchschnitt der Sätze für unbesicherte Übernachtkontrakte, die von einer Gruppe größererInstitute im Euro-Währungsgebiet gemeldet werden, berechnet.

Erfüllungsrisiko (settlement risk): Oberbegriff für das Risiko, dass die Abwicklung in einemÜbertragungssystem nicht wie erwartet stattfindet. Dieses Risiko kann sowohl das Kredit- als auchdas Liquiditätsrisiko umfassen.

Erweiterter Rat (General Council): Eines der Beschlussorgane der Europäischen Zentral-bank. Er setzt sich aus dem Präsidenten und Vizepräsidenten der EZB sowie den Präsidenten aller15 nationalen Zentralbanken der EU zusammen.

ESVG 95 (European System of Accounts 1995 – ESA 95): Siehe Europäisches System Volks-wirtschaftlicher Gesamtrechnungen – ESVG 95 .

ESZB (European System of Central Banks – ESCB): Siehe Europäisches System der Zentral-banken – ESZB .

EU-Rat (EU Council): Ein Organ der Europäischen Gemeinschaft. Besteht aus Vertretern derRegierungen der Mitgliedstaaten, normalerweise aus den für die zu beratenden Fragen zuständigenMinistern (folglich oft als Ministerrat bezeichnet). Der in der Zusammensetzung der Wirtschafts-und Finanzminister tagende EU-Rat wird häufig als ECOFIN-Rat bezeichnet. Zudem kann der EU-

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Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagen. Siehe auch EuropäischerRat.

EURIBOR (euro interbank offered rate) (euro interbank offered rate – EURIBOR): DerZinssatz, zu dem ein erstklassiges Kreditinstitut bereit ist, einem anderen Kreditinstitut mithöchster Bonität Euro-Gelder zur Verfügung zu stellen. Der EURIBOR wird täglich für Laufzeitenvon einer Woche sowie ein bis zwölf Monaten als Durchschnitt der von repräsentativen Bankenverlangten Zinssätze ermittelt und auf drei Dezimalstellen gerundet.

Euro (euro): Bezeichnung der europäischen Währung, die bei der Tagung des EuropäischenRats am 15. und 16. Dezember 1995 in Madrid beschlossen wurde. „Euro“ wird an Stelle derBezeichnung „ECU“ verwendet, die im EG-Vertrag steht.

Euro-Bankenverband – EBA (Euro Banking Association – EBA): Interbanken-Organisation, dieals Forum für die Erforschung und Erörterung von Themen dient, die für ihre Mitglieder vonBedeutung sind, sowie insbesondere von Fragen, die mit der Verwendung des Euro und derAbrechnung von Euro-Transaktionen zusammenhängen. Im Rahmen der EBA wurde eine Clearing-gesellschaft (ABE Clearing, Société par Actions Simplifiée à capital variable) mit dem Zweckgegründet, ab dem 1. Januar 1999 das Euro-Verrechnungs- und Saldenausgleichssystem (Euro 1) zubetreiben, das an die Stelle des ECU-Verrechnungs- und Saldenausgleichssystems getreten ist.

Eurogebiet (euro area): Siehe Euro-Währungsgebiet.

Euro-Leitkurs (euro central rate): Der offizielle Wechselkurs der am WKM II teilnehmendenWährungen gegenüber dem Euro; die Schwankungsbandbreiten des WKM II werden zu beidenSeiten des Leitkurses festgelegt.

Europäische Kommission – Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuropeanCommission – Commission of the European Communities): Organ der Europäischen Gemein-schaft, das die Umsetzung der Bestimmungen des EG-Vertrags gewährleistet, Initiativen in derGemeinschaft ergreift, Vorschläge zur Sekundärgesetzgebung macht und in bestimmten Bereichenöffentliche Gewalt ausübt. Auf wirtschaftspolitischem Gebiet spricht die Kommission Empfehlun-gen für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft aus und berichtet dem EU-Ratüber konjunkturelle und wirtschaftspolitische Entwicklungen. Sie prüft die Einhaltung der Haus-haltsdisziplin im Rahmen der multilateralen Überwachung und legt dem Rat Berichte vor. DerKommission gehören 20 Mitglieder an; je zwei Mitglieder aus Deutschland, Spanien, Frankreich,Italien sowie dem Vereinigten Königreich und je eines aus den übrigen Mitgliedstaaten. Eurostatist für die Erstellung der Statistiken der Gemeinschaft zuständig.

Europäische Zentralbank – EZB (European Central Bank – ECB): Die EZB ist der Mittelpunktdes Europäischen Systems der Zentralbanken und des Eurosystems und ist gemäß Ge-meinschaftsrecht eine Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie stellt sicher, dass die demEurosystem und dem ESZB übertragenen Aufgaben entweder durch ihre eigene Tätigkeit nachMaßgabe der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentral-bank oder durch die nationalen Zentralbanken erfüllt werden.

Europäischer Rat (European Council): Er verleiht der Europäischen Union die nötigen Impulseund legt die entsprechenden allgemeinen politischen Leitlinien fest. Der Europäische Rat setzt sichaus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten der Europäi-schen Kommission zusammen. Siehe auch EU-Rat.

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Europäisches Parlament (European Parliament): Das Europäische Parlament besteht aus 626Vertretern der Bürger der EU-Mitgliedstaaten. Es ist am Gesetzgebungsprozess in unterschied-lichem Umfang beteiligt, das heißt abhängig von dem Verfahren, nach dem EU-Recht erlassen wird.Im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion besitzt das Parlament überwiegend beraten-de Befugnisse. Der EG-Vertrag sieht jedoch gewisse Verfahren vor, die die demokratischeVerantwortung der Europäischen Zentralbank gegenüber dem Parlament gewährleisten sollen(Vorlage des Jahresberichts, allgemeine Debatte über die Geldpolitik, Anhörungen vor den zustän-digen Parlamentsausschüssen).

Europäisches System der Zentralbanken – ESZB (European System of Central Banks –ESCB): Das ESZB besteht aus der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralban-ken aller 15 Mitgliedstaaten, d. h., es umfasst außer den Mitgliedern des Eurosystems auch dienationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die den Euro zu Beginn der dritten Stufe derWirtschafts- und Währungsunion nicht einführten. Das ESZB wird vom EZB-Rat und demEZB-Direktorium geleitet. Ein drittes Beschlussorgan ist der Erweiterte Rat.

Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen – ESVG 95 (EuropeanSystem of Accounts – ESA 95): Ein System einheitlicher statistischer Definitionen und Klassifikatio-nen, das auf eine harmonisierte quantitative Darstellung der Volkswirtschaften der EU-Mitgliedstaa-ten abzielt. Das ESVG ist die EU-Version des internationalen System of National Accounts (SNA1993). Das ESVG 95 ist das neue statistische System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungender EU und wird seit 1999 gemäß Verordnung (EG) Nr. 2236/96 des Rats der Europäischen Unionumgesetzt.

Europäisches Währungsinstitut (EWI) (European Monetary Institute – EMI): Das EWI wurdemit Beginn der zweiten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (am 1. Januar 1994) füreinen befristeten Zeitraum errichtet. Die zwei Hauptaufgaben des EWI waren (1) Verstärkung derZusammenarbeit zwischen den nationalen Zentralbanken und der Koordinierung der Geldpolitikder einzelnen Länder und (2) Durchführung der Vorarbeiten, die für die Errichtung des Europäi-schen Systems der Zentralbanken, die Durchführung einer einheitlichen Geldpolitik und dieSchaffung einer einheitlichen Währung in der dritten Stufe erforderlich waren. Das EWI wurde am1. Juni 1998 nach Errichtung der Europäischen Zentralbank liquidiert.

Euroraum (euro area): Siehe Euro-Währungsgebiet.

Eurostat (Eurostat): Siehe Europäische Kommission.

Eurosystem (Eurosystem): Umfasst die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentral-banken der Mitgliedstaaten, die den Euro in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungs-union eingeführt haben (siehe auch Euro-Währungsgebiet). Derzeit gehören elf nationaleZentralbanken dem Eurosystem an. Das Eurosystem wird vom EZB-Rat und dem EZB-Direkto-rium geleitet.

Euro-Währungsgebiet (Euroraum, Eurogebiet) (euro area): Gebiet, das gemäß EG-Ver-trag jene Mitgliedstaaten umfasst, in denen der Euro als gemeinsame Währung eingeführt wurdeund in denen unter der Verantwortung des EZB-Rats eine einheitliche Geldpolitik betrieben wird.Zum Euro-Währungsgebiet gehören Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Irland, Italien,Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Finnland.

EWI (European Monetary Institute – EMI): Siehe Europäisches Währungsinstitut – EWI .

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EZB (European Central Bank – ECB): Siehe Europäische Zentralbank – EZB .

EZB-Direktorium (Executive Board): Eines der Beschlussorgane der Europäischen Zentral-bank. Es setzt sich aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier anderen Mitgliedernzusammen, die von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten ernannt werden, die denEuro eingeführt haben.

EZB-Rat (Governing Council): Eines der Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank. Ersetzt sich aus den Mitgliedern des EZB-Direktoriums und den Präsidenten der nationalenZentralbanken jener Mitgliedstaaten zusammen, die den Euro eingeführt haben.

Feinsteuerungsoperation (fine-tuning operation): Unregelmäßiges, vom Eurosystem durchge-führtes Offenmarktgeschäft, das hauptsächlich darauf abzielt, unerwartete Liquiditätsschwan-kungen am Markt auszugleichen.

Fernzugang zu einem Interbanken-Überweisungssystem (remote access to an interbankfunds transfer system – IFTS): Einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Land („Heimatland“)eingeräumte Möglichkeit, Direktteilnehmer an einem Interbanken-Überweisungssystem(IFTS) in einem anderen Land („Gastland“) zu werden und zu diesem Zweck gegebenenfalls einVerrechnungskonto in seinem Namen bei der Zentralbank des Gastlandes zu unterhalten, ohneeine Niederlassung in dem Gastland zu unterhalten.

Fremdwährungs-Liquiditätsposition des Eurosystems (Eurosystem’s foreign exchange liqui-dity position): Umfasst die Währungsreserven und die sonstigen Aktiva und Passiva desEurosystems in Fremdwährung, einschließlich Positionen gegenüber Ansässigen im Euroraum,wie zum Beispiel Fremdwährungseinlagen bei im Euroraum ansässigen Banken.

Geschäftspartner (counterparty): Kontrahent bei einem Finanzgeschäft (z. B. bei einer Transak-tion mit einer Zentralbank).

Großbetragszahlungen (large-value payments): Zahlungen, die im Allgemeinen auf sehr hoheBeträge lauten, hauptsächlich zwischen Banken oder zwischen Finanzmarktteilnehmern erfolgenund normalerweise eine rasche und rechtzeitige Abwicklung erfordern.

Haftungsverbund (loss-sharing rule/loss-sharing agreement): Vereinbarung zwischen den Teil-nehmern eines Überweisungs- oder Verrechnungssystems zur Verteilung eines Verlusts, der ent-steht, wenn ein oder mehrere Teilnehmer ihre Verpflichtungen nicht erfüllen können. Die Verein-barung legt fest, wie der Verlust gegebenenfalls auf die betreffenden Partner aufgeteilt wird.

Harmonisierter Verbraucherpreisindex – HVPI (Harmonised Index of Consumer Prices –HICP): Der HVPI ist der Preisindikator, anhand dessen der EZB-Rat feststellt, ob Preisstabilitäterreicht und gewährleistet ist. Um die Forderung des EG-Vertrags nach einem Verbraucherpreis-index auf vergleichbarer Grundlage, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Definitionen aufnationaler Ebene, zu erfüllen, entwickelte die Europäische Kommission (Eurostat), in engerZusammenarbeit mit den nationalen statistischen Ämtern und dem Europäischen Währungs-institut sowie in der Folge der Europäischen Zentralbank, den HVPI.

Hauptrefinanzierungsgeschäft (main refinancing operation): Regelmäßiges Offenmarktge-schäft, das vom Eurosystem in Form einer befristeten Transaktion durchgeführt wird.Hauptrefinanzierungsoperationen werden im Wege von wöchentlichen Standardtendern miteiner Laufzeit von zwei Wochen durchgeführt.

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HVPI (Harmonised Index of Consumer Prices – HICP): siehe Harmonisierter Verbraucher-preisindex – HVPI .

Interbanken-Überweisungssystem – IFTS (interbank funds transfer system – IFTS): Über-weisungssystem, an dem fast ausschließlich Kreditinstitute teilnehmen.

Interlinking-Mechanismus (interlinking mechanism): Einer der Bestandteile des TARGET-Systems. Der Begriff bezeichnet die Infrastrukturen und Verfahren, die die nationalen RTGS-Systeme verknüpfen, um grenzüberschreitende Zahlungen in TARGET abzuwickeln.

Konsolidierte Bilanz der MFIs (consolidated MFI balance sheet): In der konsolidierten Bilanzdes Sektors der Monetären Finanzinstitute (MFI-Sektor) werden die in der aggregierten Bilanzenthaltenen Inter-MFI-Positionen (z. B. Einlagen bei MFIs und an MFIs vergebene Kredite, Einlagenvon Geldmarktfonds) saldiert. Die konsolidierte Bilanz enthält Informationen über die Forderungenund Verbindlichkeiten des MFI-Sektors gegenüber Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet (Öf-fentliche Haushalte und Sonstige Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet) und gegenüber Ansässigenaußerhalb des Euro-Währungsgebiets. Die konsolidierte Bilanz ist die wichtigste statistischeGrundlage für die Berechnung der Geldmengenaggregate. Auf der Grundlage der konsolidiertenBilanz erfolgt auch die regelmäßige Analyse der Gegenposten von M3.

Konvergenzprogramme (convergence programmes): Siehe Stabilitätsprogramme.

Korrespondenzbankbeziehung (correspondent banking): Vereinbarung, in deren Rahmen eineBank Zahlungsverkehrs- und andere Dienstleistungen für eine andere Bank erbringt. Zahlungendurch Korrespondenzbanken werden oft über gegenseitige Konten (Nostro- und Lorokonten)ausgeführt, die mit dauerhaften Kreditlinien verbunden sein können. Korrespondenzbankdienstewerden vor allem grenzüberschreitend angeboten, es existieren aber auch Agenturbeziehungen aufnationaler Ebene. Ein Lorokonto ist ein von einer Korrespondenzbank im Auftrag einer ausländi-schen Bank geführtes Konto; aus Sicht der ausländischen Bank ist dieses Konto ein Nostrokonto.

Korrespondenzzentralbank-Modell (correspondence central banking model – CCBM): VomEuropäischen System der Zentralbanken eingerichtetes Verfahren mit dem Ziel, es denGeschäftspartnern zu ermöglichen, zentralbankfähige Sicherheiten auf grenzüberschreitenderBasis zu nutzen. Beim Korrespondenzzentralbank-Modell fungieren die nationalen Zentralbankenals Verwahrer füreinander. Das bedeutet, dass die nationalen Zentralbanken Depots gegenseitig(und für die Europäische Zentralbank) führen.

Kreditinstitut (credit institution): Bezieht sich auf ein Institut gemäß der Definition in Artikel Ider Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie (77/780/EWG), d. h. „ein Unternehmen, dessenTätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzuneh-men und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren“.

Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft (longer-term refinancing operation): RegelmäßigesOffenmarktgeschäft, das vom Eurosystem in Form einer befristeten Transaktion durchge-führt wird. Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte werden im Wege von monatlichen Standard-tendern mit einer Laufzeit von drei Monaten durchgeführt.

Laufende Übertragungen (current transfers): Laufende Übertragungen sind Transfers, die nichtVermögensgegenstände betreffen, sondern einen direkten Einfluss auf das verfügbare Einkommendes im Euro-Währungsgebiet ansässigen Gebers oder Empfängers haben.

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Lieferung-gegen-Zahlung-System (L/Z-System) (delivery versus payment system – DVP;delivery against payment): Verfahren in einem Wertpapierabwicklungssystem, das sicherstellt,dass die endgültige Übertragung eines Vermögenswerts ausschließlich dann erfolgt, wenn imGegenzug die endgültige Übertragung des anderen Vermögenswerts bzw. der anderen Vermögens-werte zustande kommt. Vermögenswerte können Wertpapiere oder andere Finanzinstrumentesein.

Liquiditätszuführendes Pensionsgeschäft (repurchase operation, repo): Liquiditätszuführen-de befristete Transaktion auf der Grundlage einer Rückkaufvereinbarung.

M1, M2, M3: siehe Monetäre Aggregate.

MFIs (Monetary Financial Institutions – MFIs): siehe Monetäre Finanzinstitute – MFIs .

Mindestreservebasis (reserve base): Summe derjenigen Bilanzposten (insbesondere Verbindlich-keiten), die die Basis für die Berechnung des Mindestreserve-Solls eines Kreditinstituts darstel-len.

Mindestreserve-Erfüllungsperiode (maintenance period): Zeitraum, für den die Einhaltung derMindestreservepflicht berechnet wird. Die Mindestreserve-Erfüllungsperiode des Eurosys-tems beträgt einen Monat, beginnend mit dem 24. eines Monats und endend am 23. des Folge-monats.

Mindestreservepflicht (reserve requirement): Verpflichtung der Institute, Mindestreserven beider Zentralbank zu unterhalten. Nach den Mindestreservevorschriften des Eurosystems wird dieHöhe der von einem Kreditinstitut zu unterhaltenden Mindestreserven (Mindestreserve-Soll)durch Multiplikation der mindestreservepflichtigen Bilanzpositionen (Mindestreservebasis) desInstituts mit den jeweiligen Mindestreservesätzen berechnet. Von dem so berechneten Min-destreserve-Soll können die Institute einen pauschalen Freibetrag abziehen.

Mindestreservesatz (reserve ratio): Von der Zentralbank für jede Kategorie mindestreserve-pflichtiger Bilanzposten festgelegter Satz. Die Sätze werden zur Berechnung des Mindestreserve-Solls verwendet.

Monetäre Aggregate (monetary aggregates): Ein monetäres Aggregat ist definiert als die Summedes Bargeldumlaufs zuzüglich jener ausstehenden Verbindlichkeiten von Finanzinstituten, dieeine große „Geldnähe“ oder eine hohe Liquidität im weitesten Sinn aufweisen. Nach der Definitiondes Eurosystems umfasst die eng gefasste Geldmenge M1 den Bargeldumlauf sowie täglichfällige Einlagen von Ansässigen des Euroraums (außer Zentralregierungen) bei geldschöpfen-den Institutionen des Euroraums. Die Geldmenge M2 umfasst M1 sowie Einlagen mit vereinbarterLaufzeit von bis zu zwei Jahren und Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu dreiMonaten. Die weit gefasste Geldmenge M3 umfasst M2 sowie Repogeschäfte, Geldmarktfondsan-teile und Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von bis zuzwei Jahren. Für das Wachstum von M3 hat der EZB-Rat einen Referenzwert bekannt gegeben(siehe auch Referenzwert für das Geldmengenwachstum).

Monetäre Finanzinstitute – MFIs (Monetary Financial Institutions – MFIs): Alle Finanzinstitute,die zum Geldschöpfungssektor des Euro-Währungsgebiets gehören. Hierzu zählen dasEurosystem, ansässige Kreditinstitute im Sinn der Gemeinschaftsgesetzgebung und alle anderenim Euroraum ansässigen Finanzinstitute, deren wirtschaftliche Tätigkeit darin besteht, Einlagen bzw.Einlagensubstitute im engeren Sinn von anderen Wirtschaftssubjekten als MFIs entgegenzunehmen

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und auf eigene Rechnung (zumindest im wirtschaftlichen Sinn) Kredite zu gewähren und/oder inWertpapiere zu investieren. Letztere Gruppe umfasst in erster Linie Geldmarktfonds. Ende 1999gab es 9 443 MFIs im Euroraum (12 Zentralbanken, 7 906 Kreditinstitute, 1 517 Geldmarktfondsund 8 sonstige Finanzinstitute).

Multifunktionale vorausbezahlte Karte (multi-purpose prepaid card): Für verschiedensteZwecke verwendbares elektronisches Zahlungsmittel, das im Prinzip national oder internationaleinsetzbar, aber auch auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt sein kann. Eine aufladbare multifunktio-nale vorausbezahlte Karte wird auch „elektronische Geldbörse“ genannt (siehe auch Elektroni-sches Geld).

Netto-Abrechnungssystem (net settlement system – NSS): Ein Überweisungssystem, indem der Zahlungsausgleich auf bilateraler oder multilateraler Nettobasis erfolgt.

Netto-Vermögensposition/Netto-Schuldnerposition gegenüber dem Ausland: sieheAuslandsvermögensstatus – AVS .

Neudenominierung von Wertpapieren (re-denomination of securities): Die Denominierungeines Wertpapiers ist die Währung, in der der Nominalwert des Wertpapiers angegeben wird (inder Regel der Nennwert einer Wertpapierurkunde). Der Begriff Neudenominierung bezieht sichauf ein Verfahren, nach dem die ursprüngliche Denominierung eines in der jeweiligen nationalenWährung emittierten Wertpapiers zum unwiderruflich festgelegten Umrechnungskurs auf Euroumgestellt wird.

Offenmarktgeschäft (open market operation): Geldpolitische Operation, die auf Initiative derZentralbank am Finanzmarkt durchgeführt wird und eine der folgenden Transaktionen umfasst:(1) definitiver Kauf oder Verkauf von Vermögenswerten (Kassa und Termin); (2) Kauf oder Ver-kauf von Vermögenswerten im Rahmen einer Rückkaufvereinbarung; (3) Kreditgewährungoder Kreditaufnahme gegen Sicherheiten; (4) Emission von Zentralbank-Schuldverschreibungen;(5) Hereinnahme von Einlagen mit einer festen Laufzeit; oder (6) Devisenswaps zwischen inländi-scher und ausländischer Währung.

Pauschaler Freibetrag (lump-sum allowance): Fester Betrag, den ein Institut bei der Berechnungseines Mindestreserve-Solls nach den Mindestreservevorschriften des Eurosystems abziehenkann.

Preisstabilität (price stability): Der EZB-Rat hat eine quantitative Definition der Preisstabilitätveröffentlicht, um klare Vorgaben für die zu erwartende zukünftige Preisentwicklung zu vermitteln.Der EZB-Rat definiert Preisstabilität als Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex(HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2 % gegenüber dem Vorjahr. Da die Geldpolitikvorausblickend und mittelfristig ausgerichtet zu sein hat, soll Preisstabilität nach dieser Definitionmittelfristig gewährleistet sein. Die Definition legt eine Obergrenze für die gemessene Inflation fest;gleichzeitig macht die Verwendung des Wortes „Anstieg“ in der Definition klar, dass Deflation, d. h.ein anhaltender Rückgang des HVPI-Index, nicht als mit Preisstabilität vereinbar angesehen würde.

Primärsaldo (primary balance): Finanzierungsdefizit oder -überschuss des Staates abzüglich Zins-ausgaben auf den bestehenden Schuldenstand des Gesamtstaates.

Realignment (realignment): Veränderung der Leitparität einer Währung, die an einem Wechsel-kurssystem mit festen, aber anpassbaren Wechselkursrelationen teilnimmt. Im WKM II bedeutetRealignment eine Veränderung des Leitkurses gegenüber dem Euro.

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Referenzwert für das Geldmengenwachstum (reference value for monetary growth): DerEZB-Rat weist der Geldmenge eine herausragende Rolle in der Geldpolitik zu, das heißt, dass dieGeldmengen und deren Gegenposten sehr genau auf ihren Informationsgehalt über zukünftigePreisentwicklungen untersucht werden. Der EZB-Rat unterstreicht dies durch die Bekanntgabeeines Referenzwerts für das Wachstum der Geldmenge M3. Der Referenzwert wird auf der Basisvon mittelfristigen Annahmen über die Wachstumsentwicklung des BIP und die Umlaufgeschwindig-keit von M3 ermittelt; hierbei wird besonders darauf geachtet, dass er im Einklang mit derDefinition des EZB-Rats von Preisstabilität steht und der Erreichung dieses Ziels dient. Deutlicheoder anhaltende Abweichungen vom Referenzwert für das M3-Wachstum wären im Normalfall alsGefährdung der mittelfristigen Preisstabilität zu interpretieren. Jedoch beinhaltet das Konzept desReferenzwerts keine Verpflichtung seitens des EZB-Rats, Abweichungen des M3-Wachstums vomReferenzwert „mechanistisch“ zu korrigieren.

Referenzwert für die Finanzlage (reference value for the fiscal position): Das dem EG-Vertrag beigefügte Protokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit gibtexplizite Referenzwerte für die Defizitquote (3 % des BIP) bzw. die Schuldenquote (60 % desBIP) des Gesamtstaates an (siehe auch Stabilitäts- und Wachstumspakt).

Referenzzeitraum (reference period): Zeitraum, der in Protokoll Nr. 21 über die Konvergenz-kriterien und in Artikel 104 Abs. 2 Buchstabe a des EG-Vertrags für die Prüfung der Konvergenz-fortschritte angegeben ist.

RTGS-System (Echtzeit-Bruttozahlungssystem) (Real-Time Gross Settlement system –RTGS): Bruttozahlungssystem, in dem jede Transaktion in Echtzeit (kontinuierlich) verarbeitet undausgeglichen wird (ohne Netting). Siehe auch TARGET-System.

Rückkaufvereinbarung (repurchase agreement): Vereinbarung über den Verkauf eines Vermö-gensgegenstands, die den Verkäufer gleichzeitig berechtigt und verpflichtet, diesen Vermögensge-genstand zu einem bestimmten Preis zu einem späteren Zeitpunkt oder auf Anforderung zurückzu-kaufen. Eine solche Vereinbarung gleicht wirtschaftlich einem besicherten Kredit, mit dem Unter-schied, dass bei einem Kredit rechtlich kein Eigentum an den Sicherheiten übertragen wird. DasEurosystem nutzt bei seinen befristeten Transaktionen Rückkaufvereinbarungen mit festerFälligkeit. Befristete Transaktionen werden in der Geldmenge M3 berücksichtigt, wenn ein Mone-täres Finanzinstitut als Verkäufer und ein im Euroraum ansässiges Nicht-MFI als Käufer auftritt.Gemäß der Verordnung der Europäischen Zentralbank über die konsolidierte Bilanz des Sektorsder monetären Finanzinstitute1 (EZB/1998/16) werden liquiditätszuführende Pensionsge-schäfte als Verbindlichkeiten aus Einlagen klassifiziert, da sie nicht marktfähig sind. Allerdingswerden Repogeschäfte nicht in M2 mit eingerechnet, da befristete Transaktionen einen höherenSubstituierbarkeitsgrad gegenüber kurzfristigen Wertpapieren aufweisen als gegenüber Einlagenmit vereinbarter Laufzeit oder vereinbarter Kündigungsfrist.

Schnelltender (quick tender): Tenderverfahren, das im Eurosystem für Feinsteuerungsope-rationen verwendet wird. Schnelltender werden innerhalb einer Stunde und nur mit einerbegrenzten Zahl von Geschäftspartnern durchgeführt.

Schuldenquote (debt ratio): Eines der in Artikel 104 Abs. 2 des EG-Vertrags festgelegtenfiskalpolitischen Konvergenzkriterien. Definiert als „Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schulden-stand und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen“, wobei „öffentlicher Schuldenstand“ wie inProtokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit definiert wird als „Brutto-

1 ABl. L 356 vom 30. 12. 1998, Seite. 7.

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Gesamtschuldenstand zum Nominalwert am Jahresende nach Konsolidierung innerhalb und zwischen deneinzelnen Bereichen des Staatssektors“. „Staat“ wird im Sinne des Europäischen Systems Volks-wirtschaftlicher Gesamtrechnungen – ESVG 95 verstanden.

Sicherheiten (collateral): Vermögenswerte, die Kreditinstitute zur Besicherung von kurzfristi-gen Liquiditätskrediten der Zentralbank bei dieser als Pfand hinterlegen, sowie Vermögenswerte,welche die Zentralbank von Kreditinstituten im Zuge von liquiditätszuführenden Pensionsge-schäften ankauft.

Spitzenrefinanzierungsfazilität (marginal lending facility): Ständige Fazilität des Eurosys-tems, die die Geschäftspartner nutzen können, um von einer nationalen Zentralbank Über-nachtkredit zu einem im Voraus festgelegten Zinssatz zu erhalten.

Staat (öffentliche Hand) (general government): Begriff umfasst Zentralstaat (Zentralregierung),regionale oder lokale Gebietskörperschaften und Sozialversicherungseinrichtungen im Sinne desEuropäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995.

Stabilitätsprogramme (stability programmes): Mittelfristige Regierungspläne und Prognosen derMitgliedstaaten über die Entwicklung von wirtschaftlichen Eckdaten im Hinblick auf die Erreichungdes mittelfristigen Ziels eines nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haus-halts gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Bei der Haushaltsentwicklung wird vorallem auf die Konsolidierung des Budgets und auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geach-tet. Die Stabilitätsprogramme werden jährlich überarbeitet und von der Europäischen Kommis-sion und dem Wirtschafts- und Finanzausschuss überprüft. Die Ergebnisse dieser Prüfungdienen dem ECOFIN als Beurteilungsgrundlage, wobei insbesondere bewertet wird, ob diemittelfristigen Budgetziele einen angemessenen Sicherheitsspielraum zur Vermeidung übermäßigerDefizite enthalten. Nicht an der Währungsunion teilnehmende Mitgliedstaaten müssen laut demStabilitäts- und Wachstumspakt jährlich Konvergenzprogramme vorlegen.

Stabilitäts- und Wachstumspakt (Stability and Growth Pact): Besteht aus zwei Verordnungendes EU-Rats („Über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachungund Koordinierung der Wirtschaftspolitiken“ sowie „Über die Beschleunigung und Klärung desVerfahrens bei einem übermäßigen Defizit“) sowie aus der beim Amsterdamer Gipfel angenomme-nen Entschließung des Europäischen Rats vom 17. Juni 1997 über den Stabilitäts- und Wachstums-pakt. Ziel des Pakts ist die Gewährleistung einer gesunden öffentlichen Finanzlage in der drittenStufe der Wirtschafts- und Währungsunion als Mittel zur Verbesserung der Voraussetzungenfür Preisstabilität und ein starkes, nachhaltiges Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzenförderlich ist. Insbesondere wird als mittelfristiges Ziel die Forderung nach einem nahezu ausgegli-chenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalt gestellt, damit die Mitgliedstaaten in derLage sind, normale Konjunkturschwankungen zu bewältigen und zugleich das Defizit des öffent-lichen Haushalts unterhalb des Referenzwertes für die Finanzlage von 3 % des BIP zu halten.Gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen die an der WWU teilnehmenden Mitglied-staaten Stabilitätsprogramme vorlegen – Mitgliedstaaten, die nicht dem Eurogebiet angehören,hingegen weiterhin Konvergenzprogramme.

Ständige Fazilität (standing facility): Zentralbankfazilität, die von den Geschäftspartnern aufihre eigene Initiative hin in Anspruch genommen werden kann. Das Eurosystem bietet zweiständige Fazilitäten an, die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität.

Standardtender (standard tender): Tenderverfahren, das im Eurosystem bei regelmäßigenOffenmarktgeschäften verwendet wird. Standardtender werden innerhalb von 24 Stunden

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durchgeführt. Alle Geschäftspartner, die die allgemeinen Zulassungskriterien erfüllen, sind be-rechtigt, bei Standardtendern Gebote abzugeben.

Täglich fällige Einlagen (overnight deposits): Diese Kategorie umfasst in erster Linie Sichtein-lagen, die frei übertragbar sind (durch Scheck oder auf ähnliche Weise). Sie beinhaltet aber auchnichtübertragbare Guthaben, die auf Antrag oder bis zum Geschäftsschluss des folgenden Tagesbehebbar sind.

TARGET-System (Transeuropäisches Automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Überweisungssystem) (Trans-European Automated Real-time Gross settlement Express Trans-fer system – TARGET): Zahlungssystem, das sich aus den nationalen RTGS-Systemen der15 EU-Mitgliedstaaten und dem EZB-Zahlungsmechanismus zusammensetzt. Die nationalenRTGS-Systeme und der EZB-Zahlungsmechanismus sind im Rahmen eines einheitlichenVerfahrens (Interlinking-Mechanismus) miteinander verbunden, sodass grenzüberschreitendeÜberweisungen zwischen verschiedenen Systemen in der gesamten EU ermöglicht werden.

Überweisungssystem (funds transfer system – FTS): Eine formale, auf privaten Verträgen odergesetzlicher Regelung beruhende Vereinbarung für die Übermittlung und den Ausgleich von Geld-verbindlichkeiten zwischen mehreren Mitgliedern nach gemeinsamen Regeln und standardisiertenVorkehrungen.

Verbindungen zwischen Wertpapierabwicklungssystemen (links between securities settle-ment systems): Verfahren zur grenzüberschreitenden buchmäßigen (d. h. stückelosen) Übertragungvon Wertpapieren zwischen zwei Wertpapierabwicklungssystemen.

Vermögensübertragungen (capital transfers): Diese umfassen (1) unentgeltliche grenzüber-schreitende Transfers von Vermögensgegenständen, (2) entgeltliche grenzüberschreitende Trans-fers von Vermögensgegenständen in Verbindung mit dem Erwerb oder der Veräußerung von(nichtproduzierten, nichtfinanziellen) Vermögensgegenständen, und (3) den bedingungslosen Erlassvon grenzüberschreitenden Verbindlichkeiten durch Gläubiger. Es gibt Vermögensübertragungen inForm von Geld- bzw. Sachleistungen (z. B. Schuldenerlass).

Vorverteilung (frontloading): Die Verteilung von Euro-Banknoten bzw. -Münzen an bestimmteZielgruppen (z. B. Banken, Handelsunternehmen, Geldtransportunternehmen, Automatenbetrei-ber, die Bevölkerung) schon vor 2002.

Währungsreserven des Eurosystems (Eurosystem’s foreign reserve assets): Die Währungsre-serven des Euroraums umfassen die Währungsreserven des Eurosystems, d. h. die Währungsre-serven der Europäischen Zentralbank und der Zentralbanken des Euroraums. Währungsreser-ven müssen (1) der effektiven Kontrolle der zuständigen Währungsbehörde, d. h. der EZB bzw. dernationalen Zentralbank eines der teilnehmenden Mitgliedstaaten, unterworfen sein und (2) sich aufhochliquide, marktfähige und kreditwürdige in ausländischer (nicht-Euro-) Währung denominierteForderungen gegenüber nicht im Euroraum Ansässigen sowie auf Gold, Sonderziehungsrechte undReservepositionen der Zentralbanken der am Euroraum teilnehmenden Mitgliedstaaten beim Inter-nationalen Währungsfonds beziehen.

Wechselkursmechanismus II – WKM II (exchange rate mechanism II – ERM II): Der Wech-selkursmechanismus, der den Rahmen für die wechselkurspolitische Zusammenarbeit zwischendem Euro-Währungsgebiet und den Mitgliedstaaten, die nicht ab Beginn der dritten Stufe derWirtschafts- und Währungsunion dem Euroraum angehören, bildet. Die Teilnahme ist freiwil-lig; allerdings kann von den Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, erwartet werden,

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dass sie sich am Mechanismus beteiligen. Zurzeit gehören die dänische Krone und die griechischeDrachme dem WKM II an; für sie gilt eine Schwankungsbandbreite von ± 2,25 % bzw. ± 15 % umihre Leitkurse gegenüber dem Euro. Interventionen an den Interventionspunkten der Standard-schwankungsbandbreiten sowie der engeren Schwankungsbandbreiten erfolgen grundsätzlich auto-matisch und in unbegrenzter Höhe, wobei eine sehr kurzfristige Finanzierung zur Verfügung steht.Die EZB und die teilnehmenden, nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden nationalenZentralbanken können automatische Interventionen jedoch aussetzen, wenn diese dem vorrangi-gen Ziel der Gewährleistung der Preisstabilität zuwiderlaufen sollten.

Wertpapierabwicklungssystem (securities settlement system): Ein System, das die Übertra-gung von Wertpapieren entweder ohne Gebühr oder gegen Gebühr ermöglicht.

Wirtschafts- und Finanzausschuss (Economic and Financial Committee): Ein beratendes Ge-meinschaftsgremium, das mit Beginn der dritten Stufe, nach Auflösung des Währungsausschusses,eingesetzt wurde. Jeder Mitgliedstaat sowie die Europäische Kommission und die Europäi-sche Zentralbank ernennen jeweils höchstens zwei Mitglieder des Ausschusses. In Artikel 114Abs. 2 des EG-Vertrags sind die Aufgabenbereiche des Wirtschafts- und Finanzausschussesangeführt, darunter auch die Beobachtung der Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten undder Gemeinschaft.

Wirtschafts- und Währungsunion – WWU (Economic and Monetary Union – EMU): DerEG-Vertrag beschreibt den Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion in der EuropäischenUnion als dreistufigen Prozess. Stufe Eins der WWU, die in erster Linie vom Abbau sämtlicherBeschränkungen des freien Kapitalverkehrs innerhalb der EU gekennzeichnet war, begann imJuli 1990 und endete am 31. Dezember 1993. Stufe Zwei der WWU begann am 1. Januar 1994. Siesah unter anderem die Errichtung des Europäischen Währungsinstituts, das Verbot dermonetären Finanzierung der öffentlichen Hand und ihres bevorrechtigten Zugangs zu Finanzinstitu-ten sowie die Vermeidung übermäßiger Defizite vor. Stufe Drei begann in Übereinstimmung mitder Entscheidung gemäß Artikel 121 Abs. 4 des EG-Vertrags am 1. Januar 1999 mit der Übertra-gung der geldpolitischen Zuständigkeit auf das Eurosystem und der Einführung des Euro.

WKM II (exchange rate mechanism II – ERM II): siehe Wechselkursmechanismus II –WKM II.

WWU: Siehe Wirtschafts- und Währungsunion.

Zahlung gegen Zahlung (payment versus payment – PVP): Ein Mechanismus in Devisenhandels-Abwicklungssystemen, der sicherstellt, dass die endgültige Überweisung der einen Währung ersterfolgt, sobald die endgültige Überweisung der anderen Währung bzw. Währungen sichergestellt ist.

Zahlungsausgleichsagent (settlement agent): Eine Stelle, die den Saldenausgleich (z. B. dieErmittlung der Ausgleichsbeträge, die Überwachung der Zahlungsströme usw.) für Überweisungs-systeme und andere Systeme, die einen Saldenausgleich erfordern, steuert.

Zentrale Wertpapierverwahrstelle (central securities depository – CSD): Einrichtung für dieVerwahrung von Wertpapieren, die es ermöglicht, Wertpapiertransaktionen stückelos, d. h. durchbuchmäßige Übertragung, abzuwickeln. Effektive Wertpapiere können durch die Wertpapierver-wahrstelle immobilisiert werden oder sind dematerialisiert (d. h., sie existieren nur in elektroni-scher Form). Neben der Verwahrung und Verwaltung (z. B. Emissions- und Tilgungsaufgaben) kanneine Wertpapierverwahrstelle auch Abstimmungs-, Verrechnungs- und Zahlungsabwicklungsauf-gaben wahrnehmen.

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Chronik der geldpolitischen Maßnahmendes Eurosystems

22. Dezember 1998

Der EZB-Rat beschließt, dass die erste Haupt-refinanzierungsoperation des Eurosystems inder Form eines Mengentenders zu einemZinssatz von 3,0 % durchgeführt wird. DiesesNiveau soll auf absehbare Zeit beibehaltenwerden. Dieses Geschäft wird am 4. Januar1999 eingeleitet, wobei die Zuteilungsent-scheidung am 5. Januar 1999 getroffen wirdund die Abwicklung am 7. Januar 1999 er-folgt. Die Ankündigung des ersten längerfris-tigen Refinanzierungsgeschäfts, das als Zins-tender nach dem holländischen Zuteilungs-verfahren durchgeführt werden soll, ist fürden 12. Januar 1999 (mit Abwicklungstermin14. Januar 1999) vorgesehen.

Darüber hinaus beschließt der EZB-Rat, denZinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazili-tät zu Beginn der dritten Stufe, d. h. am 1. Ja-nuar 1999, auf 4,5 % und den Zinssatz für dieEinlagefazilität auf 2,0 % festzusetzen. AlsÜbergangsregelung für die Zeit vom 4. Januar1999 bis 21. Januar 1999 wird der Zinssatzfür die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf3,25 % und für die Einlagefazilität auf 2,75 %festgesetzt. Der EZB-Rat beabsichtigt, dieseÜbergangsregelung nach seiner Sitzung am21. Januar 1999 aufzuheben.

31. Dezember 1998

Gemäß Artikel 109 l Absatz 4 des Vertragszur Gründung der Europäischen Gemeinschaftverabschiedet der EU-Rat auf Grund eineseinstimmigen Beschlusses der Mitgliedstaatender Europäischen Gemeinschaft, für die keineAusnahmeregelung gilt, auf Vorschlag der Eu-ropäischen Kommission und nach Anhörungder EZB die unwiderruflichen Umrechnungs-kurse für den Euro mit Wirkung vom 1. Janu-ar 1999, 0.00 Uhr (Ortszeit).

Die Minister der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, die EZB und die Ministerund Zentralbankpräsidenten Dänemarks undGriechenlands beschließen in einem gemein-samen Verfahren unter Einbeziehung der Eu-ropäischen Kommission und nach Anhörung

des Währungsausschusses, die Leitkurse ge-genüber dem Euro für die Währungen festzu-legen, die an dem am 1. Januar 1999 in Krafttretenden Wechselkursmechanismus teilneh-men. Im Nachgang zu diesem Beschluss überdie Euro-Leitkurse legen die EZB, DanmarksNationalbank und die Bank von Griechenlandin gegenseitigem Einvernehmen die obligato-rischen Interventionskurse für die dänischeKrone und die griechische Drachme fest. Fürdie dänische Krone ist eine Schwankungs-bandbreite von ± 2,25 % um ihren Leitkurszum Euro einzuhalten. Für die griechischeDrachme gilt die Standardschwankungsband-breite von ± 15 % um den Euro-Leitkurs.

7. Januar 1999

Der EZB-Rat beschließt, dass für die beidenHauptrefinanzierungsoperationen, die am11. Januar 1999 und 18. Januar 1999 ange-kündigt werden sollen, die gleichen Bedin-gungen wie für das erste, am 7. Januar 1999abgewickelte Hauptrefinanzierungsgeschäftgelten, d. h., sie werden als Mengentender zueinem Zinssatz von 3,0 % ausgeschrieben.

12. Januar 1999

Nach der Entscheidung des EZB-Rats vom22. Dezember 1998 gibt die EZB bekannt,dass die ersten längerfristigen Refinanzie-rungsgeschäfte des Eurosystems als Zinsten-der unter Anwendung des holländischen Zu-teilungsverfahrens durchgeführt werden. Zurstufenweisen Einführung der längerfristigenRefinanzierungsgeschäfte wird das erste Ge-schäft dieser Art über drei parallel stattfin-dende Tender mit drei unterschiedlichen Fäl-ligkeiten, nämlich 25. Februar, 25. März und29. April 1999, durchgeführt. Die EZB gibtferner bekannt, dass bei diesen parallelenTendern jeweils ein Betrag in Höhe von15 Mrd € zugeteilt werden soll. Für die an-schließenden längerfristigen Refinanzie-rungsgeschäfte in den ersten drei Monatendes Jahres 1999 soll sich der Zuteilungsbe-trag unverändert auf 15 Mrd € pro Geschäftbelaufen.

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21. Januar 1999

Der EZB-Rat beschließt, wieder zu den Zins-sätzen für die beiden ständigen Fazilitäten desEurosystems zurückzukehren, die er für denBeginn der dritten Stufe festgelegt hatte. Dasheißt, mit Wirkung vom 22. Januar 1999 wirdder Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfa-zilität auf 4,5 % und für die Einlagefazilität auf2,0 % festgesetzt. Er beschließt ferner, dassfür die beiden Hauptrefinanzierungsgeschäf-te, die am 27. Januar und am 3. Februar 1999abgewickelt werden, die gleichen Bedingun-gen gelten wie für die drei ersten AnfangJanuar abgewickelten Hauptrefinanzierungsge-schäfte, d. h., sie werden als Mengentenderzu einem Zinssatz von 3,0 % getätigt.

4. Februar 1999

Der EZB-Rat beschließt, dass für die Haupt-refinanzierungsgeschäfte mit Abwicklung am10. und 17. Februar 1999 die gleichen Bedin-gungen gelten wie für die ersten Anfang desJahres abgewickelten Hauptrefinanzierungsge-schäfte, d. h., sie werden als Mengentenderzu einem Zinssatz von 3,0 % durchgeführt.Außerdem bleibt der Zinssatz für die Spit-zenrefinanzierungsfazilität bei 4,5 % und derSatz für die Einlagefazilität bei 2,0 %.

18. Februar 1999

Der EZB-Rat beschließt, dass für die Haupt-refinanzierungsgeschäfte mit Abwicklung am24. Februar 1999 und 3. März 1999 die glei-chen Bedingungen gelten wie für die erstenAnfang des Jahres abgewickelten Hauptrefi-nanzierungsgeschäfte, d. h., sie werden alsMengentender zu einem Zinssatz von 3,0 %durchgeführt. Außerdem wird der Zinssatzfür die Spitzenrefinanzierungsfazilität weiter-hin 4,5 % und der Zinssatz für die Einlagefazi-lität weiterhin 2,0 % betragen.

4. März 1999

Der EZB-Rat beschließt, dass für die Haupt-refinanzierungsgeschäfte mit Abwicklung am10. und 17. März 1999 die gleichen Bedingun-gen gelten wie für die in diesem Jahr bereitsabgewickelten Hauptrefinanzierungsgeschäfte,d. h., sie werden als Mengentender zu einemZinssatz von 3,0 % durchgeführt. Außerdemwird der Zinssatz für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität weiterhin 4,5 % und der Zins-satz für die Einlagefazilität weiterhin 2,0 %betragen. Darüber hinaus beschließt der EZB-Rat, dass die Zuteilung der kommenden län-gerfristigen Refinanzierungsgeschäfte des Eu-rosystems (mit Beginn des am 25. März abzu-wickelnden Geschäfts) bis auf weiteres nachdem amerikanischen Verfahren erfolgt.

18. März 1999

Der EZB-Rat beschließt, dass für die Haupt-refinanzierungsgeschäfte mit Abwicklung am24. und 31. März sowie am 7. April 1999 diegleichen Bedingungen gelten wie für die indiesem Jahr bereits abgewickelten Hauptre-finanzierungsgeschäfte, d. h., sie werden alsMengentender zu einem Zinssatz von 3,0 %durchgeführt. Außerdem wird der Zinssatzfür die Spitzenrefinanzierungsfazilität weiter-hin 4,5 % und der Zinssatz für die Einlagefazi-lität weiterhin 2,0 % betragen.

8. April 1999

Der EZB-Rat beschließt, den Zinssatz für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, beginnend mitdem am 14. April 1999 abzuwickelnden Ge-schäft, um 0,5 Prozentpunkte auf 2,5 % zusenken. Gleichzeitig beschließt der Rat, mitWirkung vom 9. April 1999 den Zinssatz fürdie Spitzenrefinanzierungsfazilität um einenProzentpunkt auf 3,5 % und den Zinssatz fürdie Einlagefazilität um 0,5 Prozentpunkte auf1,5 % herabzusetzen.

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22. April 1999

Der EZB-Rat beschließt, dass die Zinssätzefür die Hauptrefinanzierungsgeschäfte, dieSpitzenrefinanzierungsfazilität und die Einla-gefazilität weiterhin unverändert 2,5 %, 3,5 %bzw. 1,5 % betragen. Darüber hinaus gibt derEZB-Rat bekannt, dass für die in den nächs-ten sechs Monaten abzuwickelnden länger-fristigen Refinanzierungsgeschäfte weiterhinein Betrag von 15 Mrd € pro Geschäft zuge-teilt werden soll.

6. Mai 1999

Der EZB-Rat beschließt, dass die Zinssätzefür die Hauptrefinanzierungsgeschäfte, dieSpitzenrefinanzierungsfazilität und die Einla-gefazilität weiterhin unverändert 2,5 %, 3,5 %bzw. 1,5 % betragen.

20. Mai 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzenre-finanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 2,5 %, 3,5 % und 1,5 % zubelassen. Darüber hinaus beschließt der Rateine Änderung der Laufzeit des am 30. Sep-tember 1999 zur Abwicklung vorgesehenenlängerfristigen Refinanzierungsgeschäfts. DerFälligkeitstermin für dieses Geschäft wird vom30. Dezember auf den 23. Dezember 1999vorgezogen. Entsprechend wird das ursprüng-lich am 27. Dezember 1999 zur Ausschrei-bung und am 30. Dezember 1999 zur Zu-teilung und Valutierung vorgesehene län-gerfristige Refinanzierungsgeschäft am21. Dezember ausgeschrieben, am 22. De-zember zugeteilt und am 23. Dezember 1999valutiert. Diese Änderungen dienen dazu, dieGeschäftsabwicklung für die Finanzmarktteil-nehmer im Rahmen ihrer betrieblichen Ar-beitsabläufe zum Jahreswechsel zu erleichtern.

2. Juni, 17. Juni, 1. Juli,15. Juli, 29. Juli, 26. August,9. September 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzenre-finanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 2,5 %, 3,5 % bzw. 1,5 % zubelassen.

23. September 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzenre-finanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 2,5 %, 3,5 % bzw. 1,5 % zubelassen.

Die EZB gibt der Öffentlichkeit die vorläufi-gen Termine für die Tenderoperationen desEurosystems im Jahr 2000 bekannt. Außer-dem teilt sie mit, dass in der ersten Wochedes Jahres 2000 kein neues Hauptrefinanzie-rungsgeschäft durchgeführt bzw. fällig wird.Die Laufzeit des Hauptrefinanzierungsge-schäfts vom 21. Dezember 1999 wird daherausnahmsweise auf drei Wochen verlängert.Um zu vermeiden, dass am 12. Januar 2000zwei Hauptrefinanzierungsgeschäfte fällig wer-den, wird die Laufzeit des Geschäfts vom30. Dezember 1999 ebenfalls auf drei Wo-chen verlängert. Durch diese Maßnahmen sol-len etwaige Belastungen, die sich aus derDurchführung und Abwicklung einer großenOperation unmittelbar nach der Jahrtausend-wende für Geschäftspartner und den Finanz-markt ergeben könnten, möglichst gering ge-halten werden.

7. Oktober 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzen-refinanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 2,5 %, 3,5 % bzw. 1,5 % zubelassen.

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21. Oktober 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzenre-finanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 2,5 %, 3,5 % bzw. 1,5 % zubelassen.

Darüber hinaus beschließt der Rat, dass fürdie am 28. Oktober 1999, 25. November1999 und 23. Dezember 1999 abzuwickeln-den längerfristigen Refinanzierungsgeschäftejeweils ein Betrag in Höhe von 25 Mrd €zugeteilt werden soll. Dieser Betrag ist hö-her als der Betrag von 15 Mrd €, der beiallen vorhergehenden längerfristigen Refinan-zierungsgeschäften, die 1999 durchgeführtwurden, zugeteilt wurde. Dieser Beschlussträgt der Absicht der EZB Rechnung, zu ei-nem reibungslosen Übergang zum Jahr 2000beizutragen.

4. November 1999

Der EZB-Rat beschließt, den Zinssatz für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosys-tems mit Wirkung von dem am 10. Novem-ber 1999 abzuwickelnden Geschäft um 0,5Prozentpunkte auf 3,0 % anzuheben. Außer-dem beschließt er, die Zinssätze für die Spit-zenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefa-zilität mit Wirkung vom 5. November 1999um jeweils 0,5 Prozentpunkte auf 4,0 % bzw.2,0 % anzuheben.

18. November 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzen-refinanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 3,0 %, 4,0 % bzw. 2,0 % zubelassen.

2. Dezember 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzen-refinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität

unverändert bei 3,0 %, 4,0 % bzw. 2,0 % zubelassen.

Darüber hinaus bestätigt der EZB-Rat denReferenzwert für das Geldmengenwachstum,nämlich eine Jahreswachstumsrate von 4 ½ %für das weit gefasste Geldmengenaggregat M3.Dieser Beschluss wird gefasst, weil die derAbleitung des Referenzwertes zu Grunde lie-genden Komponenten, nämlich die Definitiondes Eurosystems von Preisstabilität (ein An-stieg des HVPI für das Euro-Währungsgebietvon unter 2 % gegenüber dem Vorjahr) so-wie die Schätzungen für das Trendwachstumdes realen BIP (2 % bis 2 ½ % pro Jahr) undfür den trendmäßigen Rückgang der Einkom-mensumlaufgeschwindigkeit von M3 (½ % bis1 % pro Jahr) im Wesentlichen unverändertgeblieben sind. Wie bisher wird der EZB-Ratdie monetäre Entwicklung in Relation zumReferenzwert auf der Basis eines gleitendenDreimonatsdurchschnitts der Jahreswachs-tumsraten beurteilen. Außerdem beschließtder EZB-Rat, den Referenzwert künftig in re-gelmäßigen jährlichen Abständen zu überprü-fen. Die nächste Überprüfung findet im De-zember 2000 statt.

In Bezug auf die Mindestreserven des Euro-systems beschließt der EZB-Rat unter Be-rücksichtigung der aktuellen statistischenDaten, die für Schuldverschreibungen mit ei-ner Laufzeit von bis zu zwei Jahren und fürGeldmarktpapiere geltenden pauschalen Frei-beträge von 10 % auf 30 % anzuheben. Die-ser Beschluss findet bereits bei der Ermitt-lung des Mindestreserve-Solls für die am24. Januar 2000 beginnende ErfüllungsperiodeAnwendung.

15. Dezember 1999

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzen-refinanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 3,0 %, 4,0 % bzw. 2,0 % zubelassen.

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4. Januar 2000

Die EZB kündigt an, dass das Eurosystem am5. Januar 2000 eine liquiditätsabsorbierendeFeinsteuerungsoperation mit gleichtägiger Ab-wicklung durchführen wird. Diese Maßnahmesoll zur Normalisierung der Liquiditätsbedin-gungen am Geldmarkt nach dem erfolgrei-chen Übergang zum Jahr 2000 beitragen.

5. Januar 2000

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzen-refinanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 3,0 %, 4,0 % bzw. 2,0 % zubelassen.

15. Januar 2000

Auf Ersuchen der griechischen Behörden be-schließen die Minister der Mitgliedstaaten desEuro-Währungsgebiets, die EZB und die Mi-nister und Zentralbankpräsidenten von Dä-nemark und Griechenland in einem gemein-samen Verfahren, den Leitkurs der griechi-schen Drachme im Wechselkursmechanismus(WKM II) mit Wirkung vom 17. Januar 2000um 3 ½ % anzuheben.

20. Januar 2000

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzen-refinanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 3,0 %, 4,0 % bzw. 2,0 % zubelassen.

Darüber hinaus kündigt der EZB-Rat an, dassdas Eurosystem beabsichtigt, bei den länger-fristigen Refinanzierungsgeschäften, die in derersten Jahreshälfte 2000 durchgeführt wer-den, einen Betrag von 20 Mrd € pro Geschäft

zuzuteilen. Dieser Betrag berücksichtigt denerwarteten Liquiditätsbedarf des Bankensys-tems des Euro-Währungsgebiets in der ers-ten Jahreshälfte 2000 und den Wunsch desEurosystems, den größten Teil seiner Refi-nanzierung des Finanzsektors weiterhin überdie Hauptrefinanzierungsgeschäfte zur Verfü-gung zu stellen.

3. Februar 2000

Der EZB-Rat beschließt, den Zinssatz für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosys-tems – beginnend mit dem am 9. Februar2000 abzuwickelnden Geschäft – um0,25 Prozentpunkte auf 3,25 % anzuheben. Erbeschließt ferner, die Zinssätze für die Spit-zenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefa-zilität mit Wirkung vom 4. Februar 2000 um0,25 Prozentpunkte auf 4,25 % bzw. 2,25 %zu erhöhen.

17. Februar, 2. März 2000

Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzen-refinanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätunverändert bei 3,25 %, 4,25 % und 2,25 % zubelassen.

16. März 2000

Der EZB-Rat beschließt, den Zinssatz für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosys-tems mit Wirkung von dem am 22. März2000 abzuwickelnden Geschäft um 0,25 Pro-zentpunkte auf 3,5 % anzuheben. Außerdembeschließt er, die Zinssätze für die Spitzenre-finanzierungsfazilität und die Einlagefazilitätmit Wirkung vom 17. März 2000 um jeweils0,25 Prozentpunkte auf 4,5 % bzw. 2,5 % an-zuheben.

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Publikationen derEuropäischen Zentralbank (EZB)

Dieses Verzeichnis soll den Leser über ausgewählte Publikationen der Europäischen Zentralbankinformieren. Die Publikationen werden von der Presseabteilung kostenlos an Interessentenabgegeben. Anfragen sind schriftlich an die im Impressum angegebene Postanschrift zu richten.

Eine vollständige Liste der Publikationen des Europäischen Währungsinstituts kann unter derInternetadresse (http://www.ecb.int) abgerufen werden.

Jahresbericht

„Jahresbericht 1998“, April 1999.

Monatsbericht

Ab Januar 1999 veröffentlichte Artikel:

„Das Euro-Währungsgebiet zu Beginn der dritten Stufe“, Januar 1999.

„Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie des Eurosystems“, Januar 1999.

„Monetäre Aggregate im Euro-Währungsgebiet und ihre Rolle in der geldpolitischen Strategie desEurosystems“, Februar 1999.

„Die Rolle kurzfristiger Konjunkturindikatoren bei der Analyse der Preisentwicklungim Euro-Währungsgebiet“, April 1999.

„Der Bankensektor im Euroraum: strukturelle Merkmale und Entwicklungen“, April 1999.

„Der Handlungsrahmen des Eurosystems: Beschreibung und erste Beurteilung“, Mai 1999.

„Die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts“, Mai 1999.

„Längerfristige Entwicklungen und konjunkturelle Schwankungen der wichtigenvolkswirtschaftlichen Indikatoren der Länder des Euro-Währungsgebiets“, Juli 1999.

„Der institutionelle Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken“, Juli 1999.

„Die internationale Rolle des Euro“, August 1999.

„Die Bilanzen der Monetären Finanzinstitute des Euro-Währungsgebiets zu Beginndes Jahres 1999“, August 1999.

„Inflationsunterschiede in einer Währungsunion“, Oktober 1999.

„Die Jahr-2000-Vorbereitungen des ESZB“, Oktober 1999.

„Auf Preisstabilität ausgerichtete Politik und die Entwicklung der langfristigen Realzinsen in denneunziger Jahren“, November 1999.

„TARGET und der Euro-Zahlungsverkehr“, November 1999.

„Die Rechtsinstrumente der Europäischen Zentralbank“, November 1999.

„Das Euro-Währungsgebiet ein Jahr nach Einführung des Euro: Wesentliche Merkmale undVeränderungen in der Finanzstruktur“, Januar 2000.

„Währungsreserven und Devisengeschäfte des Eurosystems“, Januar 2000.

„Das Eurosystem und die EU-Erweiterung“, Februar 2000.

„Konsolidierung im Bereich der Wertpapierabwicklung“, Februar 2000.

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Diskussionspapiere

1. „A global hazard index for the world foreign exchange markets“ von V. Brousseau undF. Scacciavillani, Mai 1999.

2. „What does the single monetary policy do? A SVAR benchmark for the European CentralBank“ von C. Monticelli und O. Tristani, Mai 1999.

3. „Fiscal policy effectiveness and neutrality results in a non-Ricardian world“ von C. Detken,Mai 1999.

4. „From the ERM to the euro: new evidence on economic and policy convergence amongEU countries“ von I. Angeloni und L. Dedola, Mai 1999.

5. „Core inflation: a review of some conceptual issues“ von M. Wynne, Mai 1999.

6. „The demand for M3 in the euro area“ von G. Coenen und J.-L. Vega, September 1999.

7. „A cross-country comparison of market structures in European banking“ von O. de Bandt undE. P. Davis, September 1999.

8. „Inflation zone targeting“ von A. Orphanides und V. Wieland, Oktober 1999.

9. „Asymptotic confidence bands for the estimated autocovariance and autocorrelation functionsof vector autoregressive models“ von G. Coenen, Januar 2000.

10. „On the effectiveness of sterilized foreign exchange intervention“ von R. Fatum, Februar 2000.

11. „Is the yield curve a useful information variable for the Eurosystem?“ von J. M. Berk undP. van Bergeijk, Februar 2000.

12. „Indicator variables for optimal policy“ von L. E. O. Svensson und M. Woodford,Februar 2000.

13. „Monetary policy with uncertain parameters“ von U. Söderström, Februar 2000.

14. „Assessing nominal income rules for monetary policy with model and data uncertainty“von G. D. Rudebusch, Februar 2000.

Sonstige Publikationen

„The TARGET service level“, Juli 1998.

„Report on electronic money“, August 1998.

„Assessment of EU securities settlement systems against the standards for their use in ESCBcredit operations“, September 1998.

„Money and banking statistics compilation guide“, September 1998.

„Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3 – Allgemeine Regelungen für die geldpolitischenInstrumente und Verfahren des ESZB“, September 1998.

„Third progress report on the TARGET project“, November 1998.

„Correspondent central banking model (CCBM)“, Dezember 1998.

„Payment systems in the European Union: Addendum incorporating 1997 figures“, Januar 1999.

„Possible effects of EMU on the EU banking systems in the medium to long term“, Februar 1999.

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„Euro area monetary aggregates: conceptual reconciliation exercise“, Juli 1999.

„The effects of technology on the EU banking systems“, Juli 1999.

„Payment systems in countries that have applied for membership of the European Union“,August 1999.

„Improving cross-border retail payment services: the Eurosystem’s view“, September 1999.

„Compendium: Sammlung von Rechtsinstrumenten, Juni 1998 – Mai 1999“, Oktober 1999.

„European Union balance of payments/international investment position statistical methods“,November 1999.

„Money and Banking Statistics Compilation Guide, Addendum I: Money market paper“,November 1999.

„Money and Banking Statistics Sector Manual“, zweite Auflage, November 1999.

„Report on the legal protection of banknotes in the European Union Member States“,November 1999.

„Correspondent central banking model (CCBM)“, November 1999.

„Cross-border payments in TARGET: A users’ survey“, November 1999.

„Payment systems in the European Union: Addendum incorporating 1998 figures“,Februar 2000.

Informationsbroschüren

„TARGET“ („TARGET (Trans-Europäisches Echtzeit-Bruttozahlungssystem für den Euro)“),Juli 1998.

„Die Euro-Banknoten und -Münzen“, Juli 1999.

„TARGET: facts, figures, future“, September 1999.

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