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    DPStiii! tnstliayiiiiy vom Staat.

    Liaiigiiral - Dissertationzur

    Erlangung der Doktorwrdeder

    hohen philosophischen Fakulttder

    Friedrich-lexanders-Universitt Erlangen

    Konrad Eckstdtaus SaathainKandidat der TheoIoi>:ie.

    Tag der inndrulR-n l'riU'uii.i;-: 3(t. Oktober VM\.

    Kirchhain N.-L.Druck von 3Iax Schiuersow

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    9063JAH Z 5 193/

    eferent: Herr Prof. Falckeiiber;-.

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    Inhaltsverzeichnis.SeiteXiiteraturnachweis V

    Einleitung 1I. Kapitel: Die geschichtliche Entwicklung.

    1. Die civitas Dei in der Geschichte 3 2. Die civitas teiTena in der Geschichte 7n. Kapitel: Systematische Darstellung der AnschauungAugustins. 3. Begriff der civitas terrcna 13 4. Der politische Staat.

    a) Sein Wesen 21b) Seine Aufgaben 31Gegenberstellung dieser Anschauung Augustins mit der Piatos und der der Neuzeit 40

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    Literaturna chweis.Augustinus: De Civitate Dei.a) hrsg. von B. Dombart. Leipzig 1909; b) in corpus scriptorum

    ecclesiasticorvim latinorum. Bd. 40. Wien 1899/1900.Epistulae in corpus Script, eccles. latin., krsg. von Goldbacher,Bd. 34. 1895. Bd. 44. 1904.S, Augustini Hipponensis ex^iscopi opera omnia. Hrsg. von D. A.

    B. CaiUau. Paris 1842.Des heiligen Kircbenvaters Augustinus 22 Bcher ber den Gottes-staat. bersetzt von U. Uhl. Kempten 1873. Bibliothekder Kirchenvter, hr.sg. von V. Thalhofer.Ritter: Die chi-istliche Philosophie. Gttingen 1854.Karl Vorlnder: Geschichte der Philosophie. Philosophische Bibliothek. Bd. 105. Leipzig 1903.Reinh. Seeberg: Lehrbuch der Dogmengeschichte. Leipzig 1910.Rud. Eucken: Die Lebensanschauung, der gro. Denker. Leipzig 1904.

    0. Gierke: Das deutsche Genossenschaftsrecht. III. Bd. Die Staats-und Korporationslehre des Altertums und Mittelalters und ihreAufnahme in Deiitschland. Berlin 1881.H. Rehm: Geschichte der Staatsrechtswissenschaft. Einleitungsbd.I. Abteilung in H. von Marquardsen und M. von Seidel : Hand-buch des ffentlichen Rechts. Freiburg 1896.Th. Sommerlad: Wirtschaftliche Ttigkeit der Kirche in Deutsch-land. Leipzig 1900(03.Th. Sommerlad: Das Wirtschaftsprogramm der Kirche des Mittel-alters. Leipzig 1903.H. Schmidt: Des Augustinus Lehre von der Kirche. Jahrbcherfr deutsche Theologie. Bd. YI. Gotha 1861.A. Dorner: Augustinus. Berlin 1873.H. Reuter: Augustinische Studien. Gotha 1886.K. ]\[irbt: Die Stellung Augustins in der Publizistik des gregoria-nischen Kirchenstreits. Gttinger Lic.-Dissertation. Leipzig 1888.H. von Eicken: Geschichte und System der mittelalterlichen Welt-anschauung. Stuttgart 1887.G. von Hertling: Augustin. Weltgeschichte in Charakterbildern.Mainz 1902.Jos. Mausbacji: Ethik des heiligen Augu.stin. Freiburg 1909.Felix Kolde: Das Staatsideal des Mittelalters. L Teil: Seine Be-grndung durch Augustin. Wissenschaftliche Beilage zumJahresbericht der T. stdt. Realschule. Berlin 1902.B. Seidel: Die Lehre vom Staat beim heiligen Augustinus. Kirchen-geschichtl. Abhandl. hrsg. v. Sdralek. IX 1. Breslau 1909.Piatos Staat. bersetzt von Scldeiermacher, erlutert von Kirchmann.Philos. Bibl. Bd. 80. Leipzig 1907.

    Ed. Zeller: Die Philo.sophie der Griechen in ihrer geschichtlichenEntwicklung. Leipzig 1892 u. 1889.Ed. Zell er: Der platonische Staat und seine Bedeiitung fr dieFolgezeit. Vortrge und Abhandig. Leipzig 1892 S. 68 88.Rob. Phlmann: Geschichte des antiken Kommimismus und Sozialis-mus. Mnchen 1903,G. Jellinek: Das Recht des mod. Staates. I. Bd. Staatslehre. Berl. 1905.H. Rehm: Allgemeine Staatslehre. Einleitungsbd. 2. Abteil, inH. von Marf|uardsen und M. von Seidel : Handbuch des ffent-lichen Rechts. Freiburo- 1899.

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    JL)as Verhltnis von Kirche und Staat beherrscht als einschweres Problem das ganze Mittelalter. Es beginnt mitLeo dem Groen (440461), der den rmischen Bischof zumPapst ber die anderen Bischfe erhob ') und das Papsttumauf solche Hhe brachte, da der Stuhl Petri 476 bei demSturze des westrmischen Kaiserthrones an dessen Stellerckte, und der Papst tatschlich der Herr Roms wurde. DasProblem wchst dann ber Gregor den Groen (590604),Gregor VII. (10731085) und Innozenz III. (11981216),bis es in Thomas von Aquino {f 1274) seine hchste Spannungerreichte. Dieser gliederte die weltlichen Ansprche desPapsttums sogar dem Dogma ein; bei ihm liat die Kirchedie unbedingte Oberhoheit ber den Staat, und zwar nicht nurinfolge ihrer politischen Macht, sondern ihrem Wesen nach-).

    Dieser Gegensatz ist vornehmlicli auf politischem Gebieteausgefochtcn, aber er spiegelt sich natrlich berall in derLiteratur jener Zeit wider ; ja er hat sogar eine eigeneLiteratur hervorgerufen. Auf beiden Seiten ging man nunauf Augustin als den oindrucksvollston und gewichtigstenGewhrsmann zurck, sowohl um die Selbstndigkeit desStaates zu beweisen, als aucli um den unbedingten \or-rang der geistlichen Macht und ihre absolute Herrschaftber die Knige darzutun. Freilich berief man sicli daluM

    ') IC. Heussi: Koinpoiitlium der Kirchen,i;esi'liiclito. Tl). lltiid.S. 139, nennt ihn den ersten eigentlichen Papst"

    *) R. Kucken: Die Lebensanschauun^en der grolien hriikcr.Leipz. 1904. S. 249: Die Kirche beherrscht alles (Jeisteslebeii undhat die unbedingte Oberhoh(>it ber den Staat. Wie borhau|)t iu\Christentum die Knige den Priestern nachstrheu. so mssen deml'apst alle Knige des christlichen ^'olkes untergeben sein wieunserni lli riii Jesus Christus selbst".

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    immer mir auf einzelne Stellen, die man den Werken desgi'oBen Ivirchenvaters entnahm und aus ihrem Zusammen-hange ri. Da konnte man bald die eine gegen die andereausspielen i).

    In unserer Zeit hat man nun des fteren den Staats-gedanken Augustins im Zusammenhang herauszustellenversucht 2) nicht zuletzt aus dem Grunde, um damiteinen Zugang zum Verstndnis dieser mittelalterlichen Kon-flikte zu- finden. Freilich sind dies fast alles umfassendereWerke, wie ja die Titel in Anmerkung 2 zeigen, in denenmehr oder minder ausfhrlich unser Thema als kleiner Teileines groen Ganzen behandelt wird. Nur Felix Kolde undSeidel haben es als selbstndiges Stck bearbeitet. Wennaucli besonders Seidel 3) viel Klarheit in die Frage gebracht

    ') Vgl. K. ]\rirbt: Die Stellung Aug-ustins in der Publicistik desgregorianischen Kirchenstreites. Gttinger Dissertation. Leipz. 1888.

    *j H. Schmidt: Des Augustinus Lehi-e von der Kirche. Jahrbcherfr deutsche Theologie. 6 Bd. Gotha 1861. A. Dorner: Augustinus.Berlin 1873. O. Gierke: Deutsches Genossenschaftsrecht. Berlin 1871. H. F. Eeuter: Augustinische Studien. Gotha 1887. H. Eehni:Geschichte der Staatswissenschaft. Freib. 1896. In: Handbuch desffentlichen Kechts. Herausgeg. von H. v. Marquardsen und M. v.Seidel. Th. Sommerlad: Wirtschaftliche Ttigkeit der Kirche inDeu.tschland. Leipzig 190U/0.5. Das Wirtschaftsprogramm der Kirchedes [Mittelalters. Leipzig 1903. G. von Hertling: Weltgeschichtein Charakterbildern. Augustin. Mainz 1902. Felis Kolde: DasStaatsideal des ^Mittelalters. Teil I. : Seine Grundlegung durchAugustin. (Wissenschaftl. Beilage zum Jahresbericht der I. Berlinerstdt. Eealschule .1902.) Elucken s. vorige Seite Anm. 2. Mausbach:Ethik Augustins. Freiburg 1909. Seidel: Die Lehre vom Staat beimheiligen Augustinus. (Kirchengeschichtl. Abhandlungen, herausgeg.von Sdralek. Bd. IX, Heft 1.) Breslau 1909. R. Seeberg: Dogmen-geschichte. 2. Bd. Leipzig.

    Als die Arbeit bereits bei der Fakultt eingereicht war, kam nurdas jngst erschienene Buch: Otto Schilling. Die Staats- und Sozial-lehi-e des hl. Axig-ustinus. Freiburg 1910." zu Gesicht. Hierin wii'ddie Frage in dem groen geschichtlichen Zusammenhange jener Zeiteingehend und treffend behandelt. Doch ward das Ergebnis der vor-liegenden Arbeit nicht dadurch umgestoen.

    ') Seidel hat die Literatur zu unserer Frage in weitgehendsterWeise bercksichtigt und besprochen, so da in der vorliegenden

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    hat, so ist iielxMi ihm doch wohl nocli Raum fr die nacli-tblgenden Ausfhrungen. Felix Koldes Arbeit ist nicht soeingehend und auf selbstndiger Lektre Augustins gegrndet,da sie die Frage zum Abschlu fhren knnte.Nirgends hat uns Augustin eine ..Lehre" vom Staatgegeben'); das war gar nicht seine Absicht. Wohl aberhat er sich des fteren ber den Staat geuert. Wir findensolche Stellen besonders in seinem bedeutendsten Werke:De Civitate Dei*" und in einer Reihe seiner Briefe -'). Stelltman diese gelegentlichen, in anderem Zusammenhang ge-botenen uerungen Augustins zusammen, so kann man abersehr wohl seine Anschauung" vom Staat erkennen unddarstellen.

    I. Kapitel.Die geschichtliche Ent^vickelung. 1. Die Civitas Dei in der Geschichte.

    Augustin gellt aus von der Civitas Dei. Diesen AusdruckCivitas Dei hat er im Anschlu an das alttestamentlichea\lSxrf 'HT =- Stadt Gottes gewhlt. So wird zu wieder-holten Malen Jerusalem in den Psalmen genannt-*). Auf dieseStellen beruft sich Augustin und sielit in ihnen den BeweisArbeit niclit zu jedem Punkte dio .Viisicht der anderen wieder hoian-'^ezogen und beleuchtet wird, \vu dies in hinreichender Weise voiiSeidel geschehen ist.

    ') Freilich luit iidcli Seidel seiner sclmn erwhnten Schrift wiederden Titel: Die Lelire vom Staiit l)eim heil. Augustin" gegeben.

    ') Benutzt ist De Civitate Dei in der Ausgabe von B. Dombart,Leipzig lO. Diinach sind iiuch die zitierten Stellen angefhrt; da-neben ist zur A'ergleichnng herangezogen die Ausgabe im Corpusscriptorum ecclesiasticorum. Bd. 40. Wien 1899/1900. Aus dieserselben Ausgabe sind lienutzt JM. 34 u. 44: S. .Vurelii AugustiniEpistulae. 19/1904. 1 1 erausgeg. von Goldbacher. Die hierin nichtenthaltenen Briefe uml lie anderen Stellen sind aus: Sancti AugustiniHipponensis episcopi operii omnin. Henuisgeg. von D. A. P. (^aillau.Baris 1H42.

    ) Psl. 4(),; 4H,2. ;$. 9; S7,3.1*

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    4 dafr, da es die Civitas Dei. wie er sie versteht, gibt ^).In welche Beziehung er das irdische Jerusalem zur CivitasDei setzt, hat Augustin verschiedentlich gesagt'''). Die Stadtauf dem Berge Zion, terrena Hierusalem, ist ihm nur umbrasane quaedam et imago prophetica der sancta civitas, derHierusalem caelestis').

    Diesen engen Begriif von Civitas Dei gleich Jerusalem,^wie Augustin ihn vorfand, denn die Vulgata*) bersetztD\'lbKn I^V civitas Dei, erweitert er nun. Er verstehtdarunter die societas piorum hominum, cum angelis ad eampertinentibus, in qua praecessit amor Dei^). Es ist ihm dieGemeinde aller Wesen im Himmel und auf Erden, qui se-cundum Deum*" oder secundum Spiritum vivunt^). Es ist dasReich Gottes in seiner ewigen und universellen Ausdehnung,,das da war, ehe es Menschen gab, unter den Engeln), ge-grndet von Gott oder von Christus, der diesem ganz gleichgestellt wird 9).

    *) Civ. D. XI 1. bis atque liuius niodi testimons, quae omniacommemorare niiiiis longum est, didicimus esse quandam civitatem Dei.

    ^) Civ. D. XV 20; XYIL 3. 20; XX 21.) Civ. D. XV 2. cf. 20.*) Vulgata ist die alte lateinische t'ber.setzvmg der Bibel, herge-

    stellt von Hieronvmus 345420.) Civ. D. XR^ 13. cf. XXII 1. 29.) Civ. D. XV 1. 18; XVUl 47; XIV 4.') Civ. D. XIV 1.8) Die Engel sind nach Augustin geschaffen am ersten Schpfungs-

    tage, und zwar wii'd das entweder berichtet in den Worten Im Anfangschuf Gott Himmel und Erde" (Gen. I 1.) oder noch besser ist dieEntstehung der Engel in der Erschaffung des Lichts zu sehen (Gen. I 3)Civ. D. XI 9. Ein Teil der Engel wendet sich ab von Gott, das istgemeint, wenn es Gen. I 18 heit, da Licht und Finsternis vonein-ander getrennt wurden Civ. D. XI 7. 9. Dies ist der Anfang dersancta civitas Civ. D. XI 7, der sancta societas angeloiiim Civ. D.XI 19, 28.

    ) Civ. D. II 21: XI 1. 24; XXII 6; XVII 1. 15. 16. Xach derletzten Stelle findet Aug-ustin Jesus Christus als Grnder vmd Knigder Civitas Dei in den Psalmen geweissagt. Psl 44, 2 bezieht erauf Jesus und seine Gemahlin, die Kirche, die Stadt des groenKnigs. Aber wenn er auch an dieser Stelle II, S. 239 sagt: Non

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    Mit Adam trat dann die Civitas Dei in die irdische Weltin; freilich ist in diesem ersten Menschen der himmlischeStaat nicht rein verkrpert, nicht secundum evidentiam",wohl aber secundum Dei praescientiam " '). In seinem SohneSeth tritt die Civitas Dei klar hervor"^) und wirkt sich vonda an aus in der Geschichte des Menschengeschlechtes in hoc mundo peregrinatur^). Ivlar erkennen knnen wirsie in solchen Personen wie Noali'*), den Patriarchen, be-sonders Abraham^), Moses 6), David '^j, den Propheten 8); jadas Volk Israel als Volk Gottes hat in hervorragenderWeise teil an der Civitas Dei 9); doch gerade so wie sich

    opinor (iuem(|uain ita desipere, iit liic aliqiiaiu mulierculani jjraedi-cari credat aUiiie doscribi, so ist doch sicher diese Stelle aiif dieGattin eines Knigs zu beziehen. A'g'l. Kaiitzsch: Die heiligenScliriften dos alten Testaments. Tiib. 1910. II. Bd. S. l.Wi'.

    ^) Civ. I). XII ^8 u. XI\' 11 vergl. dazu X I \' 7: Aelaui, utrius-que generis pater, id est cuius series ad terrenani, et cuius series adcaelestem pertinet civitatem. XV 21 in Adam ist die beiden Staaten,gemeinsame Tr gleichsam go(")lfn(>t zum Ijintritt in die Menschheit?

    '') Civ. 1). XV 17. Facti sunt duo patres singidorum genei'uniCain et iSeth, in (|Uorum filiis, . . . , duarum istarum civitatum ingenere mortalium evidentius indicia clarere coeperunt. AVenn daherEeuter in seinen Studien S. 1B2 Soth auf (Jrund von ('i\-. I). XV 18den Anfnger der Civitas Dei nennt, so ist dies doch nicht richtig.Denn ihren Anfang nimmt sie mich Augustin bereits am 4. Sch

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    (i dieses spaltet in Jsmael und Isaaki), in Nord- und Sdreich '^).so beklagt Augustin die confusio utriusque civitatum 3) ; eshat also nicht das ganze Israel am Gottesreich teil, anderer-seits aber solche, die auerhalb der Verwandtschaft diesesVolkes und der Grenzen Palstinas leben *). Klassische Bei-spiele dafr sind Hiob^j. die er_}^hrische Sibylle*') und dieKnigin aus dem Sden''). Dann wird Gott in jener civitasMensch 8) in Christus; er grndet die ecclesia und herrschtin ihr^); und in dieser ecclesia haben wir den wahren Gottes-staat auf Erden 'Oj. Die Zeit der Civitas Dei peregrinantisin hoc mundo findet ihren Abschlu mit dem jngsten Gericht;danach werden ihre cives bei Gott ihr lichstes Gut'') ge-

    M Civ. 1). XVI 31.') Civ. D. XVII 21. 7.3j Civ. J). XV 20. 21.) Civ. D. XVIII 47; lioniinos autem quosdam noii terrena, sedcaelesti societate ad veros Israelitas supernae cives patriae pertinentes

    etiam in aliis gentibus fiiisse negart' uon possunt.*) Civ. D. XVIII 47.) Civ. I). XVIII 23.') Civ. I). XX n.) Civ. D. XVII 16.9) Civ. D. X^T:ri 29; XV 20. 21, vgl. auch S. 4 Anmerk. 9.^) Freilicil gebrauclite Augustin ecclesia nicht immer in diesem

    Sinne. Er identifiziert^ ja nft Civitas Dei und ecclesia, so '\T;II 24. Die berschrift.zu Psalm 96, nach LXX Psl. 95, auf die er sich bezieht,haben wir in den jetzigen Ausgaben der Bibel nicht mehr. FernerXV 26: figura peregrinantis in hoc saeculo civitatis Dei, hoc estecclesia. Ebenso XIII 16; XYI 2; XVII 20; X^TII 29; XX 8. 9. 11.

    Aber wir haben docli auch Stellen bei ihm, wo ecclesia auf die or-ganisierte Kirche zu deuten ist, der sich ja als der ecclesia catholicaim Donatistischen Streit die Donatisten entgegenstellen; so ep, 93,46, wo die Rede ist vom aufnehmen" suscipere in die Kirche,sacramenta", ..Bischfe" und Civ. D. XX 1: in confessione etprofessione tenet omnis ecclesia Dei. Ep. 93, 26 sind die einzelnenGemeinden darunter zu verstehen: tot ecclesiae Galatiae: und Civ.D. I 35; XXII 8. 16. 26 erhlt auch das gottesdienstliche Gebudeden Namen ecclesia.

    ') Civ. D. X 6. 18. 25: XII 9. M ihi autem Deo adhaerere bonum est.

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    inieeii: sie werden im Frieden des ewigen Lebens" ^) immerbei Gott sein'^).

    2. Die civitas terrena in der Geschichte.Dieser civitas iJei. civitas caelestis, und wie er sie noch

    nennt, stellt Augustin die civita? terrena gegenber. Dieshat man bersetzt ..Der irdische Staat" und darunterlange Zeit ein politisches Gebilde verstehen zu mssengeglaubt. Aber Eeuter hat in seinen Studien 3) zuerst daraufaufmerksam gemacht, da die Gleichung nicht aufgeht.Einige Sptere sind ihm darin gefolgt, aber nicht alle; mangriif gar zu gern auf Dorner zurck, ohne zu erkennen, dasich bei ihm die Untersuchung gerade hierber noch ganzin den Anfngen befand. Seidel hat dann an der Handvon SteUen, wie Civ. D. VIII 25. X 25. XIV 1. 4. 24. 28.XV 4. 5. 7, 15. XVIII 2. 15. XIX 26. 28. XXT 12 nach-gewiesen, da civitas terrena die irdisch gesinnte Brger-schaft" oder ..Gemeinschaft" ist, welche die impii l)il(h^if.Sie hat ihren Zweck und ihr Ziel im li-dischen und gehteinst mit diesem zugrunde"*).

    Und in der Hauptsache hat Seidel das ixichtige getroif'en.Entstanden denkt Augustin diese civitas terrena ziiniiclist

    unter den Engeln, ebenso wie die civitas Dei^). ihrenAnfang sieht er in dem Fall der Engel, der als Scheidungvon Licht und Finsternis am dritten Sclil>pfnngstage be-richtet wird in Gen. I 17''). Denn wie die civitas D(>i ijirecives unter Menschen und Engeln hat, so auch die civitas

    ') Civ. I. XIX 11. -.^O. 13: piix caelestis civitatis ..nlinat issiniaet conconlissinia societas friieiitli Dco im iccni in I )i'u.

    ) Civ. 1). XXir 80; XrX 10.) Siehe S. 2 AimuTk. 2.*) Civ. D. XV 4.') Civ. T). XI 34, de (liiahus istis iliversis int er sc at(|ue cuntra-

    riis societatibus angelnrinn, in quibus sunt qiiaedani ex

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    terrena. Augustin sagt Civ. D. XII 1 ausdrcklich .... quamnon iiiconvenieus neque incongrua dicatur esse hominihus ange-lisque societas, ut non quattuor (duae scilicet angelorum toti-demque hominum) sed duae potius ciAatates, hoc est societatesmerito esse dicantur, una in bonis. altera in malis non solumangelis verum etiam hominibus constitutae. Nach dieserStelle zhlt Augustin ganz offenbar die bsen Engel mit zurcivitas terrena: es ist daher ganz falsch und widersprichtgeradezu diesen Worten Augustins. wenn Felix Kolde S. 6Anmerkung sagt: Dem irdischen Staat gegenber stehtder himmlische, der sich wieder in zwei einander entgegen-gesetzte Teile spaltet, den guten und den bsen Staat."Diese Teilung verwirft ja Augustin in der angefhrten Stelleausdrcklich; vgl. ferner Civ. D. XVIII 18 ... . de huiussaeculi civitate, quae profecto et angelorum et hominumsocietas impiorum est; ferner XIV 13 ... . civitas .... utraquediscernitur, una scilicet societas piorum hominum, alteraimpiorum, singula quaeque cum angelis ad se pertinentibusund XIV 28: . . . ..in societate sanctorum non solum homi-num, verum etiam angelorum" sagt auch dasselbe; undEnchiridion ad Laurentium sive de iide, spe et caritate"I 29 . . . civitates duae, una scilicet Christi, altera Diaboli;una bonorum altera malorum; utraque tamen et angelorumet hominum.

    Und gerade so wie die civitas Dei tritt auch diesecivitas terrena mit Adam in die Menscliheit ein^), aber auchwie jene non secundum evidentiam, jam tamen secundumDei praescientiam.

    Die deutlich sichtbare civitas terrena begrndet erstKain auf Erden 2). Augustin schlgt die Bedeutung Kainsfr die civitas terrena hher an als die Abels oder Sethsfr die civitas Dei; und zwar geschieht dies auf Grund vonGen. IV, 17. ..Er (Kain) erbaute aber eine Stadt und

    ) Civ. D. XII 1. Antequam de institutione hominis dicam, ubiduarum civitatum, quantum ad rationalium mortalium genus attinet,apparebit exortus. Vgl. auch S. 6 Anraerk. 1.

    *) Oiv. I). XV 1. 5. 7. 8. 17. Cain . . . condidit civitatem, terre-nara scilicet. Cain . . . terrenae conditor civitatis, und XV 20.

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    9 -bonaunto die Stadt nach dem Namen seines Sohnes Henoch."Das liebrisehe l'^V ni3 "^n^l ist in der lateinischen ber-setzung, die Augustin vorlag, wiedergegeben: condidit civi-tatem. Ursprnglich gemeint ist also an dieser Stelle nur,da Kaiu einen AVohnort fr sich und die Seinen herrichtete,ohne dai-^ dabei an einen verl'assungsml:!igen Verband oderan das Zusammenwohnen der impii in der civitas terrenaausdrcklich gedacht wre siehe Kautzscli a. a. O. S. 12 f.

    Vielleicht stammt die Auffassung Augustins von derBedeutung Kains fr die civitas terrena auch aus seinerAnschauung l)er den Ursprung von gut und bse. Das Gutekennt Augustin nur als Gottes Willen und Wirkung, alsokann die civitas Dci nicht Grndung eines Menschen sein.Da aber das Bse von Gott wohl vorher gewulit wird,begrndet aber in der voluntas^) des Menschen ist,so stammt diecivitas terrena. die societas impiorum in ihrer Form auf Erden,aus der Grndung eines Menschen^) und zwar eines besondersbsen: eines Brudermrders 3). Durch die gencratio setzt sichdiese civitas terrena fort von Gescldccht zu Goschloclit'*). und sie^gewinnt immer mehr Kaum geg(MH"ibcr der civitas Dci; daszeigt sich ganz liesonders darin, da die lilii Dci die Weiberder civitas terrena, id est in terrigcnarum societatc. liebten;dadurcli kam es zu einer Verwirrung, confusio utriusquecivitatis-''). Diese Verwirrung ging schlielich so weit, danur noch acht cives ci\ itafis Dci auf Erden l(>bten, und Gottalle anderen als cives civitatis tcrrcnac in der Sintflut zuvernichten sich veranlat sah 6). Aber ghuch nach der Flut

    ') Civ. D. XIV 4. (y. 8. 11. i;5.^) siehe S 8 Ainn.Tk. 2.") Civ. I). X\' 5. l'iinms itiniuc riiil tfiri-iiac civitiiUs cmuUtor

    fruticitla; iiiim siumi fratroin, civciu civitiitis a(>tciiiac in iiac terrapereft-riiiaiitem iiividontia victiis oecitlit. N'.^l. X\' 7: Talis erat torrcnaecoiKtor civitatis; dazii XV 8.*) Civ. I). XV 16.

    *) Civ. i) .\V 22.") ( 'iv. 1 ). XV 20, S. I(l3f.: Inas civitalcs, iin:ini t(Tri.i;enaruni,

    alterani re^oiicratoniin, quo modo jjostea sie coiiiiiiixta fiu^rit atcjuoconfusa, iit uiiivcMsuiii ^eiius lunuinuin i'.\c(>|)tis ncto lioiniiiilius diluviu])erin^ mcrcretur.

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    10 wenden sich die Menschen wieder der civitas terrena zu;schon die Shne Noahs stellen sie wieder her auf Erden ').So ist Augustin im Zweifel, ob sich aus der Zeit nach derFlut berhaupt Spuren der sancta civitas nden^): aber ermeint doch, sie werde dagewesen sein; ihre cives sind nichterwhnt, da es sich ja in der Heiligen Schrift nicht umhistorische Genauigkeit, sondern mehr um prophetisches Vor-aussehen handle 3). Und in seinem AVerke fhrt er auch ganzselbstverstndlich fort, von der civitas Dei zu sprechen.

    Und wieder bauen die Menschen eine civitas, wie einstKain, und ebenso wie bei jenem sieht Augustin hier darinetwas Widergttliches; man merkt, da diese civitas in seinenAugen wieder eine Verkrperung, ein Sichtbarwerden dercivitas terrena ist, die in unberbrckbarem Gegensatz zuGott steht was man so in Civ. D. XVI 4 zwischen denZeilen lesen kann, das spricht Augustin im nchsten Kapitelganz klar aus: wir haben es hier mit der societas secundumhominem viventium, quam dicimus civitatem zu tun, nichtmit den filii Dei. Und wieder kommt es zu einer groenconfusio; dieses Mal aber nicht wie es scheint zueiner confusio der civitas terrena und civitas Dei wie inCiv. D. XV 22, sondern verwirrt wird die civitas terrena insich; dafr spricht auch: abylone quippe interpretaturconfusio (Civ. D. XVI 4)-*). Je mehr sicli nun die Mensch

    ') Civ. D. XV 20, 8. 99. Usqxie ad diluviuiii, quo totum illud.^eniis terrenae civitatis absiiniptum est, sed repavatum est exfiliis Noe.

    -) Civ. D. XYI 1. Post diluviuiii procurrentis sanctae vestigiacivitatis utrum continuata sint an intercurrentibvis impietatis interruptatemporibus, ita iit nullus hominum veri iinius Dei cultor existeret, adliquidum scripturis loquentibus invenire difficile est.

    ^) Civ. D. XVI 2. Nee eos defuisse crediderim, sed si omnescominemorarentur, niinis longum fieret, et esset haec liistorica magisdiligentia quam prophetica Providentia.

    *) vergl. Civ. D. XVII 16. XVI 17 . . . impiae civitatis huivisCaput erat illa Babylon, cuius terrigenae civitatis nomen aptissiinuniest, id est confusio. Damit wird die civitas terrena ebenso charak-terisiert wie Civ. D. XVIIT 2: adversus se ipsam plernmque dividitur.

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    - 11 lieit wieder ausbreitete, um so mehr wuchs auch die civitasterreua, um dann iu den groen Weltreichen ihre Triumphezu feiern; von diesen werden fr die lteste Zeit drei genannt:das der Sicyonier. der Ass)'rer und der gypter i)- DasReich der Assyrer berstrahlte die beiden anderen freilichbei weitem, vgl. unten Anm. 1 und Civ. D. XVIII 2. Und alsdieses im Orient zur Neige ging, da erhob sich im Abend-land quasi secunda Babylonia Rom 2). Diese beiden ber-strahlen alle anderen Reiche und Kihiige so sehr, da Augustindie brigen nur als ..apendices" dieser betrachtet (Civ. D.XVIII 2).

    Dieses Rom hat Augustin nun vor Augen, in ihm siehter die civitas terrena verkrpert und dargestellt; und w^eunes auch dem Namen nach christlich geworden ist, so herrschendoch in ihm noch alle die heidnischen Laster man vgl.ep. 138,16 u. 17 und nocli zur Zeit der Kindheit Augustins(er wurde geboren 354) gab ein heidnischer Kaiser in Romdem Gtzendienst tfoutlich den Vorzug vor dem Christen-tum; Julianus regierte 361 363. *Und dieses Rom machte nun gar dem Cliristentum denVorwurf, da um seinetwillen all das Unglck der letztenJahre, besonders die Zerstrung unter Alaricli 410 von denGttern verhngt sei. Gegen solche Vorwrfe das Christen-tum zu verteidigen, war die Veranlassung des ganzen WerkesDe Civitate Dei gewesen. Augustin scliihlert nun das Rom.das ihm gegenbersteht, mit seiner Herrschsucht und Rulim-gier, Zwietracht^), Schwelgerei und rjjpigkcil und allenet pars partcm, (|Uii(> ])ra(>v;iluorat, a|iiiiimit; el)eiiso Civ, D. \V 5zeigt der Streit des Honnihis luid Kennis, wie die civitas terreua sicliwider sich selbst spaltet.

    ') Civ. I). XVI 17. l'er ideiu Leuipus cminentia re,i;iia erantgentium, in quibus terrigenarum civitas, hoc est societas hominum secuu.dum homincm viventinm, sab doniinatii angeloruui descrtoruin insignisexcellebat, regna videlicet tria Sicvoniorum Aegs'ptonnu, Assyriorum.Sed As.syi'ionini imilto erat potent ins at(iue subliinius; mul dazu weiter\) Uten in demselben Kapitel : In Assyria ii;itnr praev aliicial iloininatiisinipiae civitatis.

    ) Civ. I). XVlir 2. 2'2.") Civ. 1>. 11 20. III 14. 17. \' 12. 14. l

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    - 12 Lastern und Verbrechen gegen Ehrbarkeit und Keuschheit^);und das nicht nur in der letzten Zeit, sondern von Anfangdurch die ganze Geschichte hindurch 2); nachdem es als Asylfr Verbrecher 3j und durch die Ungerechtigkeit gegen dieSabiner-*) gegrndet war. und zwar wie die civitas terrenavon einem fratricida ').

    Durch Ruhmsucht und Herrschbegierde wurde wieRomulus zum Brudermord vgl. Civ. D. XV 5 Rom zuden Kriegen getrieben, die es gro machten; und als es growar und in Sicherheit vor seinen Feinden dastand, da l)rachder innere Ruin herein. Darin sieht Augustin Teufelswerk,und so erscheint ihm das ganze von Rom beherrschte Reicheine Ci\ntas Diaboli.

    Auf diese geschichtliche Darstellung gesehen, die sichganz deutlich durch das Werk Augustins zieht, hat Seidelrecht mit seiner Auffassung, wie er sie S. 69 unter la,Die civitas terrena" als societas impiorum" darlegt.Und da er diese gegen die bliche Anschauung zu,verteidigenhatte, ist auch die Schroffheit zu verstehen, mit der er siegibt. Aber da dies doch nicht so, wie man nach seinenAusfhrungen zunchst meinen knnte, das einzig richtige

    M Civ. D. II 19. 20. I 30. 31.') Civ. D. I 30. 31. Die Schndliclikeiten bei den Gtterfesten,

    die von den Gttern selbst angeordnet und von Staats wegen aus-gefhrt wurden, siehe II 4. 5. 6. 8ff. II 18. 20. 23. 24. III 16. 21. 23.

    ") Civ. D. Y 17. . . . asAlum illud Romvdeum, quo multitudinem,qua illa civitas t;onderetur, (|Uorumlibet delictorum congregavit in-punitas. vgl. IV .

    *) Civ. D. II 17.*) Civ. D. III 6. 12. 14. XV .j: Primu.s itacjue fuit terrenae civi-

    tatis conditor fratricida; nam .suum fratrem civem civitatis aeternaein hac terra peregrinantem invidentia victus occidit. Unde mirandumnon est, quod tanto post in ea civitate condenda, quae fuerat huiusterrenae ci^-itatis, de qua loquimur, caput futura et tarn niultis gen-tibus regnatura, huic primo exemplo et, ut Graeci appellaut, lipyeTunyquaedam sui generis imago respondit. - Nam et illic, sicut ipsum fa-cinus quidam poeta commemoravit illorum Fraterno prirni madueruntsang-uine muri." Sic enim condita est Roma, qu^ndo oecisum Remuma fratre Romulo testatur Roniana historia.

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    13 Vetstiidnis ist. geht schon daraus hervor, da Seidel un-mittelbar darauf unter Ib einen Abschnitt bringt, den erbersehrieben hat Die civitas terrena als Staatswesen

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    14 Civitas= Stadt. So zunchst an den Stellen, wo er es

    auf die Stadt Jerusalem anwendet '). Dort ist es gleich demhebrischen I^V. das Augustin mit civitas bersetzt vor-findet und auch so gebraucht"^). Ferner ist diese Bedeutungklar ersichtlich aus Civ. D. III 17, wo es im Wechsel miturbs und oppidum, und zwar in gleicher Bedeutung mit diesenvon Ilium gebraucht wird; ebenso wird II 14 url)S Syracusaeweitergefhrt durch civitas 3).

    Civitas = Stadtstaat. An anderen Stellen deckt sichcivitas mit dem griechischen t.oIk; und seiner BedeutungStadtstaat, die als Staat organisierte Brgerschaft einerStadt und gegebenenfalls der nchsten Umgebung. So wirdCiv. D. II 9 Athen civitas genannt, ebenso XVIII 8. 19.;11 16 ist es vom Staat Piatos gebraucht; von Rom in dieserBedeutung II 16; hier ist es ganz klar die Stadt mit ihrerselbstndigen Verwaltung unter den Knigen, an deren Stellespter die Konsuln traten. Civ. D. XXII 6, S. 564 Saguu-tini . . . universam civitatem suam.XIX 5. 6. 7 wird es zusammen mit urbs so gebraucht;hier ist civitas nicht mehr ein Teil eines greren politischenVerbandes, sondern nur des orbis terrarum. wie das Hausein Teil der civitas resp. urbs. Als Staat in unserem Sinne

    ') Civ. 1). XVII 21. XVIII 45 wird die civitas ausdrcklich nlsein Teil von dem Eeiche Juda unterschieden, ist also die ein-zelne Stadt.

    -) siehe dieS. 3 Anm. 3 angefhrten Stellen aus den Psalmen.^) Aus der groen Anzahl von Stellen, die sich hierfr noch an-

    fhlen lieen, seien hier noch einige genannt: Civ. D. III 13 civitatisclusisque portis se tuebantur. III 15 ist von den moenibus civitatisdie Eede. XVI 24 civitas Rhinocoi-\ua. XXI 18 Niniven civitatem.XXII 82, S. 567 Mediolam . . . quia et grandis est civitas. XXII 8,,S. 571. Carthagine ... in illa civitate; ebenso XXII 832, S. 678 und803, S. 580. Ferner wird XV 8 u. XVI 3. 4. 5. gesagt: civitatemaedificare. XVm 29. civitates desertas inhabitis. XX 5 wird Mt.XI 20 zitiert; es ist dort von den Stdten Tyrus und Sidon dieRede, und Augustin sagt: cum obiiurgaret civitates; und alteri civitatiinquit, da ist nach Mt. XI 23 Kapernaum gemeint. Mt. V 14 wirdin ep. 9828 zitiert, auch hier ist civitas die Stadt.

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    15 mchte ich es hier nicht fassen, da urhs unmittell)ar dabeisteht. Vgl. XIX 13.

    Civ. D. XIX 21, 2 . . . imperiosa civitas. cuiiis est magnares publica, non eam posse provinciis imperare civitasals die herrschende gegenber den provinciae ist doch sicherlichso zu verstehen; gedacht ist an Rom und dessen Provinzen.

    Civitas= Staat, wie wir es heute gebrauchen. Civ. D,XVIII 21, wo es zwischen populus und res publica gestelltist. Vgl. aucli XIX 16. 12: vel civitas vel gens. AuchXIX V. wo die })ax civitatis behandelt wird, kann man esso auffassen. XXll 6,1. S. 63 aliquas civitates positassub iure llomano; siehe auch XXll 6, 2, S. 564.Nimmt man alle diese Stellen zusammen, so ergibt sich,da die Behauptung anckes richtig ist: Civitas bedeutebei Augustin menschliche Verbindung, jedoch ohnedie Einsclirnkung, die er hinzufgt: nicht sowohl Stadt oderStaat, sondern besser fgt man hinzu: Diese Verbindungkann mannigfaclie Formen annehmen" ; das entspricht ambesten den sclion oben angefhrten Worten Augustins ausCiv. D. XV 8: Civitas, quae nihil est aliud, quam hominum*multitudo aliquo societatis vinculo conligata. '

    Die Civitas, um die es sicli hier nun zunchst handelt,bestimmt Augustin nher als terrena. Dai5 dies nichteinfach irdischer Staat licilit, lial die Darstellung ihres ge-schichtlichen \'erlaufes erwiesen. Vielmehr will Augustinmit diesem Attribut sagen, da Zweck und Ziel diesercivitas = societas irdisch und vergnglich sind und darumden Gtern der Civitas Dei gegenber wertlos ; Civ. D. VIII 25si innumditia cordis terrena sa])imus^). Freilich nicht dieseGter und ihr (icl rauch an sich sind gottwidrig und b

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    16 benutzen und genieen sie: vor allem handelt es sich hierum die pax terrena, die auch die civitas Dei fr ihren Bestandund ihre Pilgrimschaft auf Erden sucht i). Das Verderblicheund Verwerfliche besteht vielmehr darin, da die cives civitatisterrenae in diesen Dingen aufgehen; sie haben sich von Gottabgewandt hin zu den res terrenae temporalesque und sinddamit ihrer ursprnglichen Bestimmung untreu geworden-),denn sie finden ihren Zweck und ihr Ziel ganz im Irdischen^);und darum werden sie auch bei dessen Ende verdammtwerden und dem zweiten Tode. d. h. ewiger Qual und Peinverfallen 4j. Augustin hat es aber auch ganz deutlich gesagt,gesagt, was er unter civitas terrena versteht: Civ. D. XV :illa societas secundum hominem vivens, quam terrenam civi-tatem dicimus. In terrena"' ist eben das secundum car-nem = secundum hominem vivere^) ausgedrckt: will er an-deuten, da es die Menschen sind, die sich von Gott ab-gewendet haben, so nennt er sie impii. So spricht er mehrereMale im Gegensatz zur Civitas Dei von der civitas, hoc estsocietas impiorum**): Civ. D. XIV 9 sagt er noch genauer:dam bona liuic vitae congrua. X\" 4. Terrena civitas opta-bileiu paceiii? Haec bona sunt et sine dubio Dei bona sunt.

    ') Civ. D. XIX 17, S. 384. domus autem bominum ex fide viven-tium . . . terrenisquo rebus ac teraporalibus tamquam pcregriuautitur usw. vergl. auch S. 385 f u. XIX 26.

    '') Civ. D. XIV 4, S. 9.') Wie die rechte Stellung zu diesen Gtern sein soll, zeigt

    Augustin XXI 2,' S. 540: quisque itaque sie habet in corde Christum,ut ei terrena et temporaria nee ea, quae licita sunt atque concessapraeponat, fundamentum habet Christum. Siehe auch das Beispielvom Geschlechtsleben, das Augustin zur Verdeutlichung dieser Ge-danken hinzufgt, vgl. ferner XIX 20: Der Gebrauch dieser Gterist auf das Ende zu beziehen, darf also nie Selbstzweck werden.

    *) Civ. D. XX .% 6*- g u. 4. 14. 21, S. 459: wer nur aufFleischliches und Irdisches sinnt, ist eigentlich darin schon tot: quiterrena sapiunt" und sapire secundum camem mors est". XXI 1.Nheres ber die Strafe der Verdammnis XXI '2. \. Tod: 7. 9. 1718. usw. fast in jedem Kapitel des XX. Buches.

    *) Civ. D. XIV 2 u. 4, S. 10. vgl. auch vorige Aniu.; Civ. D. XIV 13. XVI IO3. vgl. auch X 32, S. 460.

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    - 17 Civitas porro id est societas impiorum non secundum Deum,sed secundum honiinem viventium. Und wenn auch diesesalles schon ausschliet, da civitas terrena zunchst als poli-tischer Verband zu fassen sei, so sagt Augustin Civ. J). XV 1noch ausdrcklich: genus humanuni, quod in duo generadistribuimus, unum eorum qui secundum hominem, alterumeorum. qui secundum Deum vivunt; (|uas etiam mysticeappellamus civitates duas, hoc est duas societates ho-minum. AVoUen wir also nun hieraus eine Definitiou frcivitas terrena ableiten, so ergibt sich: Civitas terrenaist die ber die ganze Erde und alle politischenReiche ausgebreitete societas der Menschen, die imIrdischen aufgehen.

    Damit haben wir den Begriff, von dem Augustin zunchstausgeht. Schauen wir aber noch einmal darauf zurck,wie er ihren geschichtlichen Verlauf dargestellt hat, so er-kennen wir doch auch, da sich Augustin keineswegs ngstlichdaran gebunden hat, civitas terrena nur in dieser Bedeutungzu gebrauchen. Diese civitas terrena wirkte sich nun ebenaus in den politischen Staaten der Geschichte \) ; schon daAugustin diese letzteren zu jenen in Parallelo stellte, unitezu Inkonse(juenzen fhren.

    So nennt er die groen Weltreiche partes oder formaecivitatis terrenae^j, oder Civ. D. XVI 17 lieit es: Eminentiaerant regna gentium in ([uil)us terrigcnarum civitas, lioc estsocietas hominum secundum hominem viventium sub domi-natu angelorum desertorum insignius excellebat, und einigeZeilen spter: in Assyria praevalnerat dominatus impiaecivitatis. In diesen Stellen konnnt die civitas terrtma, die

    ) Vgl. llitter: Die cbrisLlichc rhilus

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    18 man noch als societas impiorum auffassen mu, zum Ausdruckund Vorschein im politischen Staatsverband.Und weiter: Kain grndete eine civitas: diese nenntAugustin ausdrcklich civitas terrena *) ; und er weist aus-fhrlich nach 2). da es schon genug Menschen zu einer civitasgegeben habe, so da es sich hier nicht blo um eine begriff-liche Konstruktion der civitas terrena A'on selten Augustinshandelt, sondern vielmehr um eine empirische civitas, dieeben civitas terrena ist: so da schon beim ersten Auftretender civitas terrena auf Erden die Identifizierung mit dempolitischen irdischen Staat" angebahnt ist.

    Und weiter: als das Gut der civitas terrena im be-sonderen bezeichnet Augustin pax terrena" ^), das ist dasgeordnete Verhltnis der politischen Staaten zueinander undin ihrem Innern-^): und der Friede wird ntigenfalls errungendurch Kriege 5j, die ihrerseits auch wieder nur unter empi-rischen, politischen Staaten gefhrt werden oder innerhalbderselben als Brgerkriege.

    ') Civ. D.XV 5. 7.') Civ. D. XV 8.^) Civ D. XV 4: Xon autem recte ilicitur ea bona non esse,

    quae concupiscit haec civitas . . . Concupiscit enim terrenam quaii-dam pro rebus infimis pacem; und XIV 17: Ita etiam terrena civi-tas . . . terrenam pacem appetit. vgl. auch XIX 14. Xheresber pax und pax terrena siehe S. Hl ff.

    *) Civ. D. XV 4: Civitas terrena . . . nam ex quacunque suiparte adversus alteram sui partein bellando sui-rexit, qiiaerit essevictrix gentium und in demselben Kapitel heit es: ... terrenampacem; ad eam namque desiderat pervenire bellando partescivitatis terrenae sind eben die einzelnen politischen Staaten. Civ.D. XIX 17. Ita enim terrena civitas quae non vivit ex fide, terre-nam pacem appetit in eoque defigit imperandi oboediendique con-cordiam civium. ut sit eis de rebus ad mortalem -vitam pertinentibushumanarum quaedam compositio voluntatem.

    *j Civ. D XV 4 siehe in voriger Anmerk. Ferner Ci\'. D. XIX 12.. . . ad gloriosam ergo pacem bellando cupiunt pervenire . . . Pacisigitur intentione geruntiu* et bella . . . Unde pacem constat belPesse optabilem finem. Omnis enim homo etiam belligerendo pacemrequirit, . . . Xam, et illi (jui pacem, in qua sunt, perturbari voluntnon pacem oderunt, sed eam pro arbitrio suo cupiunt conimutari.

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    - 19 Damit werden civitas terrena und politischer

    8taat so nahe aneinander gerckt, da es nicht mehrmglich ist. sie voneinander zu trennen. Am meistengeschieht das aber dadiirch, da Augustin zu seiner Zeit diecivitas terrena verkrpert sielit im rmischen Staat*)und sich nun gegen diesen wendet.

    So kann civitas terrena bei Augustin doch nicht einfachals societas impiorum definiert werden, sondern eher kannman sagen, es ist die civitas impiorum, die sich uns in denempirischen, politischen Staaten darstellt 2). So wird also anvielen Stellen, wo Augustin von der civitas terrena spricht,tatschlich ein politischer Staat gemeint; ireich liegt indem Wort terrena" doch ein gewisses Werturteil: dieseStaaten sind eben irdisch, und das heit vergnglich, unddaher minderwertig im Vergleicli zur v(llkommenen CivitasDei, caelestis. aeterna.

    Aber von einer Stelle Civ. D. V 1 sagt sogarSeidel S. 13: Einmal in der Civitas Bei {\ 1 S. 191) liei^}terrena civitas einfach Staat" oder Brgerschaft auf Erden"Non ergo ut sit pax volunt, sed iit ea sit, (juam volunt. Civ. ]).XVIII 22. conditn est civitas Romana, per quam Deo placuit orbeiudebellarc terrarum et in iinam societatem rei publicac legTimc^uoperductum longf latoqiic pacaro. ep. 189, 6 an Ronifacius: Non enimpax qiiaeritiir \\t bolluui cxcitetur, simI bolhmi i^eritvir, ut pax ac-(|uirntur.

    ') Civ. 1). \' 1K S. 227r. II. Will 2. v;;l. 22.^) Dal'iir lt sich auch aul'iilu'on Civ. D. XIV 18: verum etiam

    iu usu scortorum, qucui civitas torrciui licitaiu turpitudineui fecit,

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    20 ohne jede Nebenbedeutung. Ich mchte dieser Stelle andie Seite stellen V 14, wo die civitas terrena bezeichnetwird als regnum in terra"; und Civ. D. XV 20 handeltes sich um die Folge in der Herrschaft: Augustin meint, essollen die folgen, quos regnandi meritum propter virtutemterrenae utilem civitati vel sors aliqua reperiret. Hier istdoch nicht an die societas impiorum gedacht, sondern an dieHerrscherfolge im irdischen, politischen Staat, ohne dadamit ber in ein abflliges Urteil ausgesprochen wrde.

    Civ. D. XV 16 Copulatio igitur maris et feminae, quantumadtinet ad genus mortalium, quoddamseminarium est civitatis;sed terrena civitas generatione tantum modo . . . opus habet.Vergleicht man damit Civ. D. XIX 7, wo als die drei Stufender societas humana aufgezhlt werden: domus, civitas (velurbs), orbis, oder XIX 16 hominis domus initium sive parti-cula debet esse civitatis und beachtet andererseits, da dasWesen der terrena civitas als societas impiorum in derAbkehr von Gott, in dem vivere secundum hominem liegt,so ist in XV 16 civitas terrena doch wohl zu fassen alspolitischer Staatsverband und nicht als societas im-piorum.

    Civ. D. XVII 3. 4. 12. 14. ist von terreua Hierusalem"die Rede. Auch dieses hat an den verschiedenen Stellenverschiedene Bedeutung: 43 S. 205 heit es: Haec dicunturadversariis civitatis Dei ad Babjdoniam pertinentibus . . .ex quibus sunt.etiam carnales Israelitae, terrenae Hierusalemcives terrigenae . . . Hier haben wir es mit einem Teil dersocietas impiorum zu tun; aber XVIIS S.201 schreibtAugustin:Haec enim et in terrena Hierusalem secundum historiamcontigerunt; et caelestis Hierusalem figurae fuerunt. oderXVn 4 S. 202 : David . . . ut eins deinde posteri in terrenaHierusalem successione regnarent. An diesen Stellen isteinfach der irdische, politische Staat gemeint, und auf diesenscheint mir auch XVII 3 civitas terrena zu beziehen zu sein.

    Als Resultat ergibt sich also: Civitas terrena wird vonAugustin nicht einheitlicli angewendet. Er geht aus vonder societas impiorum, kommt aber zu den empirischen^

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    21 politischen Staaten, in denen sich ihm die civitas terrenadarstellt.

    Aus dem Vorhergehenden geht schon hervor, da Augustinallerlei ber den Staat als politisclien Verband gesagtliaben mu und das besttigt sich lieim Lesen seinesoft ;enannten Werkes in reichem Mae.

    4. Der politische Staat.a) Sein Wesen. Frher hat man gemeint. Augustin

    habe den Staat als politische Macht berhaupt verworfen.Bas kam daher, da man alle uerungen ber die civitasterrena. die soweit sie sich auf die societas impiorum beziehen,natrlich oft scharf und abweisend sind, auf den Staatbezog. Das ist jetzt nicht mein" mglich, und eine gewisseAnerkennung und Zustimmung zum Staatslebcn finden dochalle Neueren, die sich darlier geuert liaben, besondersMausbach, Seidel, Seeberg und ganz besonders 0. Schilling.Aber trotz allem will es mir scheinen, als ob man doch immer,noch zu sehr mit einer vorgefaten Ansciiauung vom christ-lichen Staat" an die ganze Frage herangetreten ist.

    Diese vorhereingenommene Stellung wird dann verstrktdadurcli. da Augustin die Definition (^iceros A'om Staatanfhrt, die als wesentlich zum Staat gehrig iustitiaverlangt. Civ. D. II 31 bringt Augustin aus Ciceros de republica II. Buch ein Gesprch Seipios mit seinen Freundenber den Staat. Nachdem man darber diskutiert liat. ol)ein Staat auch ohne (Terechtigkeit sein knne, gibt Sci|)iofolgende Definition: res pub]ica= res populi. l'dpulumautem non omnem coetum multitud i nis, scd cootiimiuris consensu et utilitatis com muniouc sociafnmesse (determinat).Auf Grund dieser Definition kommt Scipio zu (hMuErgebnis: geri sine iustitia non posse rcMu |)ublicam; b (>rgoiustitia vera non est, nee ins potest esse. Daran kniipfl nunAugustin an und sagt einige Zeilen spter: Quocirco nbinon est vera iustitia iuris consensu social us cocfus hominum

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    22 -non potest esse et ideo nee populiis iuxta illam Seipionisvel Ciceronis definitionem; et si non populus. nee respopuli. sed qualiscumque multitudinis, quae populi nominedigna non est. Ac per hoc, si res publica res est populi etpopulus non, qui consensu non sociatus est iuris, non estautem ius, ubi nulla iustitia est: procul dubio colligitur:ubi iustitia non est. non esse rem publicam.

    Civ. D. II 2 1 4, S. 82 f. sagt Augustin sogar : Enitar enimsuo loco, ut ostendam secundum detinitiones ipsius Ciceronis.quibus quid sit res publica et quid sit populus loquente Scipionebreviter posuit, numquam illam (omanam) fuisse rem publicam.quia numquam in ea fuerit vera iustitia^).

    Hierauf fute man nun und meinte, Augustin habe demrein politischen Staat jede Berechtigung abgesprochen 2).Iustitia definiert er nmlich Civ. D. XIX 21 S. 390:Iustitia porro ea virtus. qua sua cuique distribuit. DieserDefinition wrden Cicero und Scipio wohl zugestimmt haben,aber in der Erklrung, die Augustin nun noch dazu gibt,zeigt sich der groe Unterschied zwischen l)eiden Anschauungenund der ist oft nicht gengend beachtet; Augustin fhrtfort: Quae igitur iustitia est hominis, quae ipsum hominemDeo vero tollit et inmundis daemonil)us subdit? Hocine estsua cui que distribuere^j?

    *) Vgl. XIX 21 . . . iit . . . expediaiu . . . secundum definitionem.quibus apud Ciceronem utitur Scipio in libris de re piiblica, numquamrem publicam fuisse Eomanam,

    *) Seidel hat a\if S. 46 fein zusammengestellt, wie der Gedanke,den Schmidt, Jahrb. 'VTES. 247 folgendermaen avisdrckt: einen Staat,das ist Augustins Gedanke, gibt es nur auf wahi-haft sittlicher, d.h.christlicher Basis" sich allmhlich in der Literatiu- ber Augustin aus-wchst bis hin zu Sommerlads Die wirtschaftliche Ttigkeit derKirche im Mittelalter S. 137 Behauptung: einzig und allein diestaatliche Gesellschaft gewinnt fr den groen Kirchenlehrer Berech-tigung, die sich unbedingt und unbeschrnkt in den Dienst der Ge-meinde Gottes der Kirche, und ihres Organs, des Klerus begibt.

    *) Beachtet ist dieser Unterschied dort, wo man von einer iu-stitia rationalis neben der vera iustitia spricht, wie Reuter; aber dieiustitia, die Augustin meint, ist eben nicht rationalis, sondern geradedie vera iustitia, die bei ihm religis ist. Von dieser sagt er: Civ.

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    23 Da (lieser Begriff in den AbliantUungen ber den Staats-

    gedankeii Aiigustins berall wiederkehrt, verlohnt es sichdoch wohh ihn einmal genauer zu betrachten.

    Augustin iiat aucli von Gerechtigkeit nicht einen ganzscharf (h'tinierteu Begriff, an den er sich nun an allen Stellen,wo er von der iustitia spricht, ngstlich und kleinlich gebundenfhlte, sondern man kann deutlich sehen, wie er ihn in allenmi)glichen Nuancen verwendet. So haben wir eine Anzahlvon Stellen, wo ,. Gerechtigkeit " einfach iuristisch gefat ist;so Civ. 1). XTX 13: Bonum Dei, quod illi est in natrura, noneum subtrahit iustitiae Uei, qua ordinatur in poena (gemeintist diabolus), und ebenso an allen den Stellen, wo von einemRichten und Gericht die Rede ist, wie XYIl 4 S. 204 und210 ipse vindicat extrema terrae, quia iustus est').

    An mehreren anderen Stellen fat Augustin in Anlehnungan die Alten (Civ. D. IV 21 a veteribus detinita est) dieiustitia = SuatoauvTj als eine der vier griechischen Kar-dinaltugenden, die ja die christliche Philosophie von dergriechischen bernommen hatte: und zwar wie Plato fatauch Augustin die iustitia als die alle anderen umfassendeund in sich schlieende virtus'-): Civ. T). IV 21 heit es: arsquippe ipsa bene rectecjue vivendi virtus a veteribusdetinita est, und XVJl 4. S. 209: facit autem iudicium etiustitiam, qui recte vivit.

    Aber diesen an sich noch weiten Begriff' von iustitia =iuste vivere hat or auch enger gefalit. so Civ. D. XIX 4:I). II 21: Vera autem iustitia non est nisi in cn rc |iiil)licii, cuiuseonditor rectorque Christus est; uml eiiii.i^e Zeilen spter: in ea certecivitate e.st vera iustitia, de qua scriptura saneta dieit: (xloriosa dictasunt de te civitas Dei. Ein iidisclier, ])

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    24 iustitia cuins munus est sua cuique triljuere ^) 5 vgl, Enarratioin Psalm. 83 11; Iustitia dicitur, qua sua cuique tribuimus,nemini quidquam debentes, sed omnes diligentes.Dasselbe, was bisher von der iustitia gesagt ist, meinenauch Cicero und Scipio, wenn sie diese Tugend fr denStaat fordern: aber nun kommt, wie schon oben angedeutet,das Neue, das Augustin in den Begriff hineinlegt. Als reli-giser und frommer Mensch bezieht er alles auf das Hchste,das seine Seele kennt, und so sagt er Civ. D. XIX 21: quaeigitur iustitia est hominis, quae ipsum hominem Deo verotollit et inmundis Daemonibus subdit? Hocine est sua cui-que distribuere? So liekommt der Begriff eine religise Fr-bung; und darin geht Augustin noch \^el weiter, so sagt erCiv. D. XIX 27. S. 403: Hie itaque in unoquoque iustitiaest, ut oboedienti Dens homini, animus corpori, ratio autemvitiis etiam repugnantibus imperet, vel subigendo vel resi-stendo, atque ut ab ipso Deo petatur et meritorum gratia etvenia delictorum ac de acceptis bonis gratiarum actio per-solvatur. In dieser Bedeutung iustitia = das rechte Ver-hltnis des Menschen zu Gott, Gehorsam gegen Gott 2). sitt-lich-religis mchte ich sie nennen, finden wir iustitia nunsehr oft bei Augustin. Civ. D. Xm 5 . . . quando iustitianon sie diligitur. ut peccandi cupiditas eins delectationevincatur-'). XII 7 wo die Rede ist von fructus iustitiae: dieGerechtigkeit Abrahams XVI 23 f. ist eine solche; was XX 9,S. 428 ber die Gerechtigkeit der Phariser und Schrift-gelehrten gesagt wird, gehrt liierher; so ist sie verstandenin der Zusammenstellung pietas iustitiaque-*), und Civ. D.

    ') Vgl Civ. D. XIX 21, zitiert auf S. 22; ferner: De diversisquaestionibus octoginta tribus** quaestio 31; De libero arbitrio" 127;und Contra secimdam luliani responsionem" I 38.

    *) Civ. D. XIX 23, .S. 391. Qua propter ubi homo Deo nonservit, quid in eo putandiim est esse iustitiae';

    ') Vgl. dazu Civ. D. XH' 10: Neque enim nuUum peccatumest ea quae lex Dei pi'obibet concupiscere atque ab bis abstineretimore poenae, non timore iustitiae.

    *) Civ. D. Xni, 6; XVin 47; XXII 24 u. XI 12: iuste ac pie.

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    25 V 19: taiitae iustitiae est, qui de spiritu Dei habet virtutes,ut etiam ipsos diligat inimicos.

    Ja schlielich kommt Augustin soweit, daJi iustitia garnicht einmal mehr im Tun und Handeln des Menschen be-steht oder begrndet ist. sondern es ist in der HauptsacheSndenvergebung Civ. D. XIX 27, S. 402: Ipso quoque nostraiustitia. quamvis vera sit propter verum boni finem. adquem refertur, tamen tanta est in hac vita. ut potius re-missione peccatorum constet quam perfectione virtutum.

    Diese Zusammenstellung zeigt, da Augustin schlielichunter Gerechtigkeit etwas ganz anderes versteht als Ciceround Scipio; und das ist eben der Hauptgrund, weswegen erihre Definition vom Staat nicht annehmen kann, wenn erdem empirischen Staat, wie er ihn in der Geschichte sah.nicht wirklich ..jede Berechtigung al)sprechen" will. Es istaber auch klar, da diese Gerechtigkeit vor Christus ver-geblich gesucht wird, denn sie ist doch im wesentlichenchristlich bestimmt. In das AVcsen des politischen Staateskann sie gar nicht aufgenommen werden: denn sie ist durch-^aus ein individueller i'aktor, aber kein sozialer, und geradeals einen solchen haben sie Scipio und Cicero in ihrem Staatin Anlehnung an die Griechen.Darum kann man auch dem Abschnitt Seidels S. 211.Iustitia" als Wescnsmcrkmal des Staates nicht zustimmen ').Er sttzt sicli auf die eine Stelle Civ. I). IV 3. wo Au-gustin davon spriclit: IJcmota iustitia quid sunt rcgna uisimagna latrocinia?

    Nimmt man diese Stelh^ ganz fr sicli allein, so scheintes freilich fa.st so. als fordere Augustin iustitia fiir (h'iiStaat als zu seinem ^\'csen gehiu'ig; abcM' dieser Al)sclinitt

    ') Seidel koimiit /u deni lU-sultiit (S 24): l)!innii lre fr las Wesen des Staates nichtunbedingt ni'H.ig sei, Wfdd aber die iimlerc.

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    26 im Eifer gegen eine Raubpolitik nach innen und auen ge-sprochen, kann doch die ruhigen und sachlichen Definitionen,wie sie Augustin besonders in XIX 4. 21 u. 24 gibt, nichtumstoen.

    Lehnt also Augustin die ciceronianische Definition ab, sofhrt er im Anschlu an die auf S. 22 zitierte Stelle ausII 21, S. 82 f. (da es nach der Definition Ciceros berhauptniemals einen rmischen Staat gegeben habe) fort: Secun-dum probal)iliores autem definitiones pro suo modo quo-dam res publica fuit. Wenngleich Reuter. Mausbach, Seidelund Seeberg erkannt haben, da Augustin jene Definitionnicht gelten lassen will und eine andere bringt i). so habensie sich doch nicht ganz von dieser ciceronianischen los-machen knnen^). Sie haben die iustitia auf irgendeinemNebenweg immer wieder hineingebracht und sie in irgendeiner Form fr wesentlich zum Staatsbegriff gehih'ig erklrt.Aber gerade dieses ist mindestens, wie mir scheint, einethisches, wenn nicht religises Vorurteil oder vorgefateMeinung, die an den Stoff herangebracht, ihm alier nichtgerecht wird.

    Augustin gibt nun eine nach seiner Meinung probabi-liorem definitionem^) in ('iv. D. XIX 24, S. 400. Er ltgelten: res publica = res populi, sagt aber im Unterschiedvon Cicero: Si autem populus non isto sed alio definiaturmodo, velut si dicatur: ..Populus est coetus multitudi-

    ') Civ. 1). XIX, 26.-) So sagt 'Seidel S. 20 im Anfang- seines II. Kapitels: Mit

    allem Nachdruck ist hervorzuheben, da der heilige Augustinus dieWesensbestimmung, welche Cicero voui Staate gibt, als zu eng ab-lehnt." Aber schon auf der nchsten Seite bringt er als zweiten Ab-schnitt dieses Kapitels Iustitia" als Wesensmerkmal des Staates.

    ^) Trotz dieser ganz klaren und unmiverstndlichen Stelle sagtEeuter S. 140, Augustin genehmige die Definition Ciceros vom Staat.Und Felix Kolde sagt gar S. 6 wrtlich: Er (Augustin) eignet sichganz den Begriff Ciceros vom Staate an: iJcr Staat sei die Sache desVolkes; das Volk aber besteht nicht' in einer A'ersannnlung einergroen Menge, sondern ist eine durch Einwilligung in ein Eecht undgemeinschaftlichen Nutzen verbundene Menge" das ist das direkteGegenteil von Augiistins eigenen Worten.

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    28 des Inlialts des Begriffes Staat" stellt, sieht Augustin mehrauf eine formale Erklrung: dort Recht und Nutzen", hierganz allgemein ,.was die Gem^insehaft liebt".

    Augustin hat die umfassendere und auch der Wirklich-keit mehr entsprechende Bestimmung: denn er hat ja selbstnachgewiesen, da es nach der Auffassung Ciceros streng-genommen gar keinen politischen Staat gibt, da nicht ein-mal die res publica Romana mit Recht diesen ihren Namengefhrt habe und noch fhre (siehe S. 22); denn die veraiustitia, welche die Quelle des ins ist. ist nur in derCivitas Dei: Jedes politische Gebilde, das Anspruch aufden Namen Staat" macht, es aber in etwas an der iustitiavera fehlen lt, ist nicht Staat und das ist bei allender FaU.

    Dagegen ist die Definition Augustin s viel lebenswahrer,denn wenn eine Gemeinschaft da sein soll, so mu auchirgendein gemeinsames Interesse (res, quas diligit) da sein.Freilich will nun damit Augustin nicht etwa ganz indifferentsein und gar keinen Wertunterschied zwischen den einzelnenStaaten machen; sondern er wei sehr wohl, da der eineStaat wertvoller und der andere minderwertig ist. Aberdas kann er gerade von seiner Definition aus sehr gut tun.Denn nachdem er Civ. D. XIX 24 diese gegeben hat, fhrter in demselben Satze fort: profecto, ut videatur qualisquisque populus sit, illa sunt intuenda, quae diligit: und tantiutique melior (populus est), quanto in melioribus, tantoquedeterior, quanto est in deterioribus Concors. Das also machtden Wert eines Staates aus, was er liebt; Staat ist er undbleibt er, solange jene oben genannte formale Bedingungerfllt ist; auch das spriclit Augustin in demselben Kapitelaus: Quid autem primis temporibus suis quidve sequentibuspopulus ille dilexerit . . . Nee ideo tamen vel ipsum nonesse populum vel eins rem dixerim non esse rem pu-blicam, quamdiu manet qualiscunque rationalis multi-tudinis coetus rerum quas diligit concordi commu-nione sociatus.

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    29 Und mm das dritte Stck, worin sieh Augustins De-

    nition von der (^iceros unterscheidet: Concors. DieserBegriff der concordia ist sehr wichtig fr das richtige Ver-stndnis der Anschauung Augustins vom Staat freilichsucht man ihn in allen bisher erschienenen Abhandlungen berunser Thema vergeblich besonders hervorgehoben; und dochmchte ich sagen, ist er eigentlich das grundlegende Momentin der Staatsauffassung unseres Kirchenvaters. Schon imersten Buch Kap. 15 sagt er: cum aliud civitas non sit,quam Concors hominum multitudo; dieselben Worte findensich wieder ep. 155, 9 (Goldbacher III, S. I40j. Civ. D. 1118 wird die concordia zusammen mit den besten Sitten"ber die Gerechtigkeit gestellt; und in diesem selben Kapitelstellt Augustin nebeneinander iniurias validiorum et ob easdiscessionem plebis a patribus aliasque in Urbe dissensionesfuisse (Uneinigkeit, Spaltungen), so da er also auch iniuriain diesem sozialen Sinne zum Gegenteil der concordia zhlt.

    Auf die Frage aus Civ. D. II 21 ob rem publicamsine iustitia regi non posse oder nisi magna iustitia geri aut*stare posse rem [)ublicam, gibt Augustin keine abschlieendeAntwort; und wenn auch die iustitia immer wieder auftaucht,so gibt er ihr an den Stellen, wo er sich auf prinzipielleFeststellung seiner Anschauung vom Staat einlt, keinenPlatz, sondern da erscheint vielmehr concordia; und wennes sich um die bel handelt, die den Staat zugrunde riclitcn,so ist es die discordia, die sich freilich je nacli Zeit undLage verschieden uert: in Civ. D. II 18, wie schon ol)cugesagt wurde: Ungerechtigkeit und Spaltungen; 111 23 beginnt:Sed iaiii illa nuila brcviter. (puintuui j)0ssumus. commemo-remus, quae quanto interiora, tanto niiseriora exstiternnt:discordiac civiles vol potius inciviles, nee iam seditiones, schIetiam ipsa bella virbana, ubi tantus sanguis effusus est, ubipartium studia non contionum dissensionibus variisque vocibusin alterutruni, sed plane iam ferro arnis(|ne sacviebant; bellasocialia, bella servilia, bella eivilia (|iiaiitum Uduianum cruorenifud(MMiiit. ((iiaidaiu Italiae \astati()uenideserti()iiem(|ne i'eeerunt!und III 2h lieiLlt es von der dea Concordia: quae si esset

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    30 in civitate non tantis dissensiouibus dilacerata conrueret;und der Untergang Trojas hatte seinen Crrund in dem Zornder Discordia ^). Und jene bella civilia, \Yelehe nach III 23discordiae sind, haben den rmischen Staat als solchen zu-grunde gerichtet -).

    Auch Scipio fordert bei Cicero Eintracht fr den Staat;Civ. D. II 21 fhrt Augustin als dessen AVorte an: ut infidibus aut tibiis atque cantu ipso ac vocibus concentus estquidam tenendus ex distinctis sonis. quem inmutatum autdiscrepantem aures eruditae ferre non possunt. isque con-centus ex dissimillimarum vocum moderatione Concors tamenefticitur et congruens: sie ex summis et infimis et mediisinteriectis ordinibus, ut sonis moderata ratione civitatemconsensu dissimillimorum concinere, et quae harmonia a mu-sicis dicitur in cantu eam esse in civitate concordia, artissimumatque Optimum omni in re publica vinculum incolumitatis;freilich fhrt Scipio fort: eamque sine iustitia uullo pactoesse posse.

    Aber bei Augustin linden wir die iustitia nicht als Be-dingung der concordia: vielmehr stellt er ausdrcklich fest,da concordia ohne iustitia da sein knne, Civ. D. II 18:Nam cum optimis moribus et maxima concordia populumomanum inter secundum et postremum bellum Karthaginiensecommemorasset egisse, causamque huius boni non amoremlustitiae sed stante Karthagine metum pacis intidae fuissedixisset . . ^) '

    ') Civ. I). III 25. Discordiae . . . Periculose itaque Eomanitarn mala dea irata vivere vohierunt nee Troianum excidium recoluerunt origineiu ab eius offensione sumpsisse.

    *) Civ. D. in '60. Crudelia beUa civilia, omnibus bellis liosti-libus, auctoribus etiam eorum fatentibu, amariora, quibus illa respublica iiec adflicta sed omnino perdita iudicata est

    ^) Civ. D V 12, S. 216. quarum discordiarum dum illi do-rn inari vellent, illi servire nollent, finem fuisse bello Punico secundo,quia nirsus gravis metus coepit urguere atque ab illis pertux-bationibus alia maiore cui'a cohibere animos inquietos et ad con-cordiam revocare civilem.

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    :u Auch die Briefe lassen sich fr die hohe Einschtzung

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    82 in der civitas Dei^j der Fall. Dort findet der Mensch dashchste Gut, dessen er je teilhaftig werden kann: vel paxin aeterna vita, vel vita aeterna in pace; aber Augustinfahrt doch an dieser Stelle fort 2): tantum est enim pacisbonum, ut etiam in rebus terrenis atque mortalibus nihilgratius soleat audiri, nihil desiderabilius concupisci, nihilpostremo possit inveniri.

    Diesen Frieden nennt er pax terrena in Anlehnung anden Ausdruck civitas terrena; so sagt er: civitates duas . .in sui cuiusque generis pace viventium 3). Das zeugt wiederfr die oben vertretene Auffassung, da civitas terrena dochoft in die Bedeutung politischer Staat auf Erden, wenn auchmeist mit dem Beigeschmack ..unfrommer Staat" bergeht.

    Auch diese pax terrena nennt Augustin ausdrcklichein Gut und wehrt einer verchtlichen Auffassung derselben:Civ. D. XV 4. Non autem recte dicitur ea bona non essequae concupiscit haec (aus dem Zusammenhang geht hervor:terrena) civitas, und gleich darauf haec bona (zu denen alserstes pax gehrt) sunt et sine dubio Dei bona sunt-^).Sndlich wird nicht das Streben nach Frieden von Staatswegen, zu dessen Wesen gehrt es vielmehr; sondern sndlichwerden die cives^), wenn sie nichts anderes kennen als diesenan sich wohl berechtigten Zweck des Staates, wenn sie nurfr den Staat und nichts Hheres leben und sorgen*'). Darum

    1) Civ. D. XIX 20.') Civ. D. XIX 11.*) Civ. D. XrV 1. Vgl. dazu XV 4, wo von der terrena civitas

    und ihrem Frieden die Eede ist. Hier ist civitas terrena ganz deut-lich ein politischer Verband, denn der Friede soll durch Kieg erlangtwerden mag er auch zur civitas terrena=societas impiorum ge-hren, so ist er trotzdem Staat.

    *) Aller Friede, auch pax terrena stammt von Gott, Civ. D. XIX13: Dens ergo . . . dedit hominibus quaedam bona huic vitae con-grua, id est pacem temporalem und III 9: magnum beneticium estpax, sed Dei veri beneticium est, plerunu[ue etiam sicut sol, sicutpluvia vitaeque alia subsidia super ingratos et nequam.

    ^) Civ. D. XV 4. ... haec civitas ([uando est et ipsa in suohumane genere melior.j cf. Seidel S. 27 f.

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    - :y.\ lalirt Augustin an der zuletzt angefhrten Stelle Civ. D. XV 4fort: ISed si neglectis meliorihus, quae ad supernam pertinentcivitatem, ubi erit victoria in aetorna et summa paee secura,bona ista sie eoncupiscuntur. ut vel sola esse credantur velhis quae meliora creduntur, amplius diligantur: neeesse estniiseria consequatur et quae inerat augeatur.

    Also der Staat erstrebt als ein wesentliches Gut paeemterrenam, ohne dadurch sndig zu werden. Sndig werdenvielmehr nur die einzelnen Brger, wenn sie keinen hherenals diesen an sich wohl berechtigten Staatszweck im Augehaben.

    Die Tatsache, da Augustin es als eine zu seinemWesen gehrige Aufgabe hinstellt, da der Staat Friedenschaffe, sollte uns ein neuer Beweis dafr sein, da er dieconcordia als das wesentliche Merkmal des Staatesansieht das geschieht weiterbin, wenn wir darauf achten,wie Augustin pax definiert: Civ. D. XIX 13 zhlt er eineganze Reihe verschiedener Arten des Friedens auf: pax ho-minum, pax domus, pax civitatis, pax caelestis civitatis. un

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    34 Frieden strt, wird von dem Hausvater gezchtigt, ut paciunde dissiluerat coaptetur: nnd das Haus ist initium siveparticula civitatis, darum mu sich der husliche Friede aufden staatlichen zurckbeziehen, und pax domestica sowiepax civica durch die praecepta ex lege civitatis sumpta er-halten werden *).

    Diese Aufgabe des Staates, zu strafen und dadurch zuerziehen, hat Augustin immer mehr hervorgehoben, je mehrsich der Konflikt mit den Donatisten zuspitzte. Zunchstwollte er von einem Eingreifen der staatlichen Gewalt indiese Fragen nichts wissen: ep. 93 schreibt er an den Roga-tisten Vincentius^) (Goldbacher 11, S. 461): nam mea primitussententia non erat nisi neminem ad unitatem Christi esse cogen-dum, verbo esse agendum, disputatione pugnandum, rationevincendum, ne fictos catholicos haberemus, quos apertos haere-ticos noveramus.sed haec opiniomea non contradicentium verbissed demonstrantium superabatur exemplis. Exemplis cessi"sagt er kurz vorher. So gab er durch die vermeintlichen Erfolgeberzeugt seine uns viel sympathischere und nach unserer heu-tigen, evangelischen Auffassung einzig richtige Anschauung auf eigentlich sollte man gegen solche exempla gerade sehr mi-trauisch sein, da man ja nicht wei, wie weit hier innere Wahr-haftigkeit und berzeugung vorhanden ist, sondern oft geradeFurcht vor der Strafe annehmen mu. Besonders bestrkt,auctore bella gesserunt aut persnam gerentes publicae potestatissecundum eins leges, hoc est iustissimae rationis imperium sceleratosmorte punierunt . . . bis igitur exceptis, (|uos vel lex iusta genera-liter vel ipse fons iustitiae Deus specialiter occidi iubet, qviisquishominem vel si ipsum vel quemlibet occiderit homicidii crimineinnectitur. cf. Civ. D. I 26. Und auch in ep. 204 an Dulcitius sagtAugustin, da niir der gesetzliche Auftrag der rechtmigen Obrig-keit das Recht gibt, einen Mensclien zu tten, ohne zvim Mrder zuwerden.

    ') Civ. D. XIX 16.*) Die Rogatisten sind eine kleine Gruppe der Donatisten 17

    an der Zahl, die sich von der groen Partei abgezweigt haben;sie mibilligten das Treiben der Circiimcellionen (siehe spter) undsind in ihren Anschauungen gemigter. Aber Augustin macht ihneneinen schweren Vorwurf aus ihrem Hochmut (ep. 93, 11.)

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    35 dieser Anschauung seiner Mitbischfe beizutreten, wurde Au-gustin durch das Verhalten der Donatisten, vornehmlichdurch jene aufgeregten und aufreizenden Umzge der Cir-cumcellionen, die sich dazu hinreien lieen, die Gegner zuberauben und auszuplndern, den katholischen Gottesdienstgewaltsam zu stren, Priester mihandelten und einen sogartteten die also den kirchlichen Streit zu einem Kampfder Faust machten, so da schlielich uere Gewalt, undzwar deren rechtmiger Vertreter, der Staat einschreitenmute 0- Freilich wurden die Gewaltmaregelu nun gegenalle Donatisten angewendet, die sich den kaiserlichen Ent-scheidungen nach dem Religionsgesprcli zu Karthago nichtfgen wollten. Schlielich fand auch Augustin Schriftworteund biblische Beispiele dafr, dieses Verfaliren zu recht-fertigen. Besondere Bedeutung gewann ihm Lc. XLV 23 woAugustin in der lateinischen Bibel las ..cogite intrare^)!"

    M ep. 10') (Goldbaclier II, S. 596f.) an die Donatisten: vSi aiitemideo volis displicemus ijui per inii)eratorimi iussiones ad unitatemcogamini, hoc a'OS l'ecistis, qui ubicnnqiie vellemus praedicare veritatem, iit eam quisque securus audiret, ut volens eligeret, numquampermisistis per violentias et terrores vestras, nolite stridere et per-turbare animas Aestras; patienter, si fieri potest, considerate, quoddicimus, ot recolite facta Circiimcejlionum vestrornm et cleri-corum, qui diices eorum semper i'uerunt, et videbitis, quae causavobis excitaverit. Und in demselben Briefe .S. 98: si ergo vosprivata vestra audacia tarn violenter cogitis homines aut ire in erroremaut permanere iu errore, quanto niagis nos debemus ]ier ordinatissi-mas potestates, (juac deus secundum suam propheticani subdiditChristo, resistere furoribus vestris. vgl. ep. 133, 1, wonacli diese auf-rhrerischen Donatisten cura publicae discipiia deduxerat, also zunchstnicht um religiser Anschauung willen.

    ,) Wir wrden heute eine solclie Stelle, derartig aus dem Zu-sammenhang gelst, gar nirlit als liewois glten ]ass(>n; noch wenigeraber geht das an, wenn man auf den griechisclicn rrtoxt zurckgeht,der lautet niimlicli tioAywyt wSe und in der rarallolstellc Mtth. XXII !heit es: xaXeaETe ei; tou; y6mo\)i; von einem Zwang und gar mit Strafendes Staates kann hier ganz und gar nicht die Rede sein. DieVulgata liest nach liiblia sacra ad f)ptima (|uae(|ue veteris et vulga-tac; transhitionis exemplaria". Frankfurt ].')H6 und Hildia sacra vul-gatae editionis Sixti ^'. et Clenicntis VllL", Kom 1861. liC. XIV 23:compelN; intnuc" nml Mtth. X X 1 1

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    36 Ebensowenig ist fr uns berzeugend die ..gewaltsame'' Be-kehrung des Paulus, dem nicbt nur Zeit und Geld genommenwurde, sondern das viel wertvollere Augenlicht i).Die Machtbefugnisse der Beamten des Staates, welchedie Strafe verhngen und vollziehen, erkennt Augustin un-eingeschrnkt an, ep. 133. 3^j; ja sie haben sie sogar von(xott erhalten. Ebenso haben alle Herrscher und Kaiserihre ]\lacht von Gott empfangen ') und stehen ihrerseits inseiner Macht"*); die guten, wie die bsen, der Christ Kon-stantin und der abgefallene Julian. Darum will er auch,iia die Christen den Kaiser in ihr Gebet einschlieen, selbstden heidnischen^).Nehmen wir nun alles dieses zusammen, um zu erkennen,wie Augustin ber den Staat urteilt, so ist von vornhereinklar, da wir dem Resultat von Schmidt, Dorner. Reuter,Eucken und Sommerlad, wie Seidel sie auf S. 46 f. zusammen-

    ') Weitere derailige Beispiele siehe in dem soeben erwhntenBriefe 93, 7 an Vincentius. Vgl. auch in Joh. Ev." XI 14.

    ^) Tgl. S. 33 Anm. 1 aus ep. 204 u. ep. 93, S. 75; und S. 35 Anm. 1aus ep. 105. Ferner ep. 133 u. 134 Anfang. Als Beweis fhrt Au-gustin auerdem ein AVort des Paulus an aus Rom. XIII. ep. 134, 3:De vobis (juidem dixisse apostolum legimus, quod non sine causagladium geratis et ministerii Dei sitis, vindices in eos qui male agunt.

    ^) Oiv. J). IV 33. Verus deus ipse dat regna terrena et boniset malis ... Et ideo regna terrena et bonis ab illo dantur et malis.r\^ 28: Sic ergo et regnum invito (juidem Deo vero nullo modo ha-bere possent. A-gl. A" 11. 12. 1."). 1. V 21: (juae cum ita sint, nontribuamus dandi regni atipie impcrii potestatem nisi Deo vero, . . .yregnum vero terrenum et piis et impiis, sicut ei placet, cui nihil iniusteplacet . . . ipse etiam regnum dedit sine cultu eorum, per (juorum cul-tum se isti regnare crediderunt. Sic etiam hominibus: qui Mario,ipse Gaio Caesar! ; qui Augusto ipse et Neroni; qui Vespasianis, velpatri vel ttlio, suavissimis imperatoribus , ipse et Domitiano crude-lissimo; et ue per singulos ire necesse sit, qui Constantino Christi-ano, ipse apostatae luliano . . . und ep. 93, 20: non et tamen potes-tas nisi a Deo, qui autem resistit potestati Dei ordinationi resistit.

    *) Civ. D. I 36 (u. V 12) Deus verus ... in cuius potestatesunt omnia regna (terrena).

    *) Civ. D. XIX 26. ... apostolus admonuit ecclesiam, ut oraretpro regibus eins (abylonis d, h. des Staates, dessen Ficden siebraucht) at(jue subliniibus.

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    37 -gestellt liat. und dem liier noch H. Rehm: Geschichte derStaatsreohts\Yissenschaft S. 150 hinzugefgt werden soll:^Der wahre Staat ist der sittliche Staat, und der sittlicheStaat ist der den Normen des Christentums sich unter-stellende: das ist der Grundgedanke der diesbezglichenAusfhrungen (Augustins)", nicht beistimmen knnen. Wiewir erkannten, sieht Augustin das Wesen des Staates viel-mehr begrndet in concordia, d. h. in einem Faktor, derwirklich die Grundlage einer menschlichen Gesellschaft aus-macht; aber nicht findet er es in einem auerhalb desStaates selbst liegenden Zweck, wie das die Frderung desChristentums oder der Kirche wre.Und diesem Staat als solchem gesteht er ohne jedesBedenken volle Berechtigung zu, ohne da er irgend einechristliche Norm" oder christliche Tugend als zu seinemWesen gehrig fordert, ep. 188, 17 (Goldbacher III, S. U4f.):qui vitiis iupunitis volunt stare rem publicam, quam primiRomani constituerunt auxeruntque virtutibus etsi non ha-bentes veram pietam erga Deum verum . . . Deusenim sie ostendit in opulentissimo et praeclaro imperio Ro-manorum, qnantum valerent civiles etiam sine vera reli-gione virtutes . . .

    So verlangt er auch von den ('hristen nicht, da siesich von diesem Staat zurckziehen, sondern er wei, dadie Pflichten eines Staatsbrgers sich sehr wohl mit deneneines Christen vertragen knnen, bis auf einen Punkt freilich:Der Staat darf kein Gesetz gegen die Religin geben; denenknnte der Christ nie und nimmci" gclu)rcli('n 'h Anderer-seits wird aber gerade der (,'lirist ein guter Staatsbrger 2)

    ) Civ. 1). XIX 17.) op. 220 an liouiraciiis (Caillau P.d. 41. S. 2i^) iiaviirassc oboo-

    dientiae fnit, quam .soeurnliini apostohuii (l?in XIII 1) drljcbas sub-liinioribu.s potcstatibus. Civ. D. IV 28: illo iino (Dt>o) cognito et fidesinccra ac nioribiis ciilto rt, iiudius hie. n'';nuni liiib(>ront, i|iiHiitinu-ciinriue liab(>n'iit, . . . cj). 138, 15 an Marcollin (Goldbaclior III. S. 141) :proindc, qui

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    38und besonders ein guter Staatsbeamter und Herrseher i) sein;und viele Christen haben hohe Staatsmter bekleidet 2). Jaden Bonifazius. der Statthalter von Afrika war, hat Augustinermahnt, in seinem Amt zu bleiben^).tales sen-o, tales reges, tales iudices, tales denique debitorum ipsiusfisci redditores et exactores, quales esse doctrina Ulu-istiana praecepit,et audeant eam dicere adversani esse rei publicae, immo vero dubitentconJiteri magnum, si ei obtemperetur, salutem esse rei publicae.

    ^) Civ, D. Y l'J. illi autem, qui vera pietate praediti bene vi-vimt, si Labet scientiam regendi populos, nihil est fclicius rebushumanis, quam si Deo miserante habeant potestatem. Civ. D. lY 24werden die Cbristiani imperatores" geschildert, wie Augustin sie sichdenkt. r\" 25: Nam bonus Dens . . . Konstantinum imperatoremnon supplicantem daemonibus, sed ipsum verum Deum colentemtantis terrenis implevit muneribus, quanta optare nullus nderet; cuietiam condere civitatem Romano imperio sociara, velut ipsius Eomaefiliam, sed sine aliquo daemonum templo simulacroque concessit.Diu imperavit, Universum orbem Eomanum unus Augustus tenuit etdefendit; in administrandis et gerendis bellis victoriosissimus fuit, intyrannis opprimendis per omnia prosperatus est; grandaevus aegri-tudine et senectute defunctus est, filios imperantes reliquit. ep. llan Caecilian (Goldbacher III, S. 392): Unum est autem, si verumquaeris audire, quod in te molestissime ferro, quod cum sis et huiusiam aetatis et huius vitae probitatis, adhuc A'is esse catechumenus,quasi fideles non possint, quanto sint tideliores atque meliores, tantofidelius et melius administrare rem publicam.

    *) ep. 93, 18 an Yicentius (Goldbacher II, S. 462) . . . harumlegum, quibus promulgandis reges domino serviunt in tiniore. ep-105, 6 (Goldbacher II, S. 598) per ordinatissimas potestates, quasdeus secundum svam propheticam subdidit Chisto. u. 7 : per cor regisipsa veritas iussit. Ygl. Absatz 12 dieses Briefes. Ferner schreibtAugustin an Apringius, den Bruder des Marcellinus, ep. 134 (Gold-bacher m, S. 86): rectorem te quidem praecelsae potestatis videmus,sed etiam filium Christaniae pietatis agnoscimus; und ber Marcellinschreibt Augiistin an Caecilian ep. 151, 8 (Goldbacher III, S. 388):ille vero alius religise vixit et niultum corde vitaque Cluistiana.

    ) ep. 220 (Caillau Bd. 41, S. 243): Nos novimus, nos testessumus (]uid nobiscum apud Tubunas de animo et voluntate tua fe-ceris collucutus . . . Nempe omnes actus publicos, i^uibus occupatuseras, relinquere cupiebas, et te in otium sanctum conferre atque inea vita vivere, in qua ser\'i Dei monachi vivunt. t autem non faceres,quid te revocavit, nisi quia considerasti ostentibus nobis, quan-tum prodesset ecclesiis Christi, quod agebas ...

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    39 Desgleichen hat Augustiii den Kriegsdienst nicht ein-

    fach verworfen, sondern sogar durch hiblische Beispiele ge-rechtfertigt*). Freilich darf der Krieg nicht leichtfertigveranlat oder gar aus Gewinnsucht unternommen sein;sondern nur als Folge der Notwendigkeit, als Mittel denFrieden zu erlangen, lt Augustin ihn gelten 2).

    So sind nach Augustins Anschauung Staat und Christen-tum ganz und gar nicht zwei Gren, die sich gegenseitigausschlieen und befehden mten; sondern sie knnen auchnach seiner Meinung sich sehr wohl vertragen und nebenund miteinander bestehen 3).

    Besonders diese zuletzt herangezogenen Stellen sind esgewesen, die immer wieder zu dem Schlu verleiteten, Au-gustin habe nur im christlichen Staat wirklich das Wesendes Staates vollkommen zum Ausdruck gebracht gesehen.Da dies nicht der Fall ist, ist im vorhergehenden gezeigt,Wohl ist richtig, da Augustin einen solchen Staat, inwelchem Christen leben und Christen herrschen, in welchemdas vornehmste Gebot Christi: Gott ber alle Dinge undden nchsten wie sich selbst zu lieben" volle Geltung hat*),am hchsten wertet. Das widerspriclit aber durchaus nichtden obigen Ausfhrungen; denn nach Augustins eigenem

    ') cp. 189 au Bonilacius (('aillaii lld. 41, S. 15): Noli oxistiniareneminem Deo placcre po.sse,

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    40 Urteil (siehe S. 28) ist der Staat um so besser, je besser,das ist, was er liebt. So ist der christliche Staat nicht demWesen nach der ideale Staat, wohl aber seinem Inhaltenach der wertvollste.

    Nirgends fordert Augustin eine bestimmte Form derVerfassung, vielmehr lt er Civ. D. II 21 gelten, was Cicerol)er diesen Punkt sagt: . . . sive ab uno rege, sive a paucisoptimatibus sive ab universo populo.

    Mit den Ausfhrungen ber den christlichen Staat istauch das Problem Kirche und Staat", das sich dem Augustinnatrlich nicht in der komplizierten Form, die es heute an-genommen hat, stellte, sehr einfach dahin gelst: in uerenDingen ist der Staat durchaus selbstndig und die Christenhaben sich seinen Geboten und Gesetzen zu fgen i); wo essich um das Recht der Kirche handelt, ist der Staat dierechtmige Macht, dafr einzutreten; gibt er jedoch Gesetze,welche die Kirche oder gar das Christentum angreifen oderverletzen, so wird der Christ dem einen passiven Widerstandentgegensetzen freilich darin eine Prfung Gottes er-kennen^); in den guten, der Kirche frderlichen Gesetzenspricht andererseits Gott selbst.

    Zum Schlu verlohnt es sich vielleicht noch, diese An-schauung Augustins vom Staat kurz zu vergleichen nachrckwrts und vorwrts; einmal mit der Anschauung Piatos,des grten Philosophen Griechenlands, wie er sie in seinerno>>iTia dargstellt hat, und dann mit der heutigen Anschauungvom Staat ^). Wenn wir die Anschauung Augustins letzterergegenber betrachten, so erkennen wir, da Augustin wiePlato einen sozialen Staatsbegriff haben, aber nicht einenrechtlichen; whrend die heutige Staatswissenschaft geradedarauf den Hauptwert legt. Ihr ist der Staat der Inhaber

    1) Civ. D. XIX 17.'') Civ. D. I 20. 29.^j Georg Jellinek: Das Recht des modernen Staates. I. Bd.

    Staatslehren. Berlin 1905. Rehm: Allgemeine Staatslehi-e. Im Hand-buch des ffentl. Rechts von H. von Marquadsen u. M. von Seidel.Einleitungsband. 2. Abteilung. Freiburg 1899.

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    41 der Macht und vidkerreohtliehe Persnlichkeit'). Freilichgeht .lellinek zunchst auch aus von dem sozialen Staats-begriff. Der Staat ist ihm, wie dem Augustin und auchPlato, eine Interessengemeinschaft, oder wie Jellinek sichausdrckt: ..eine teleologische Einheit.'' Ferner sieht er mitAugustin zusammen, aber gegen Plato, den Staat nicht alsein ber den Menschen stehendes, selbstndiges Gebilde an.um dessentwillen der Mensch da ist, und dem er seine eigenePersnlichkeit unterzuordnen hat. Er sagt S. 167: ..DerStaat ist nicht Substanz, sondern ausschlielich Funktion.Die dieser Funktion zugrunde liegende Substanz sind undbleiben die Menschen". Das berhrt sich doch so sehr nahemit Augustin: Enarratio in psalm. CXXI: .,Xam civitasproprie in hominibus habitantibus intelligitur".

    Aber wenn wir dann aucli die endgltige Denitionsehen, die Jellinek S. 172 bringt: ..Der Staat ist die mitursprnglicher Herrschermacht ausgerstete Verbandseinlieitsehafter Menschen", so erkennen wir. da hier keineBerhrungspunkte mehr mit Augustin aufzutinden sind.Dabei drfen wir freilich auch nicht vergessen, da hier einGelehrter der modernen Staatswissenschaft uns eiue wissen-schaftliche Definition vom Staat, eine Lelire Aom Staat,geben will; wlirend wir ja doch bei Augustin nur ausgelegentlichen uerungen die Anschauung des Pliibvsophen und Kirchenvaters kennen lernen wollten.Das gilt auch zu beacliten, wenn wir ilni nun Platogegenberstellen, der als Pliilosopli eine ganz bestimmte undtiefdurchdaclitc M'hcoric vom Staat aufgestellt hat. DaAugustin von ihm ablingig .sei, kann man meiner Meinungnach nicht behau})ten. Vielmehr hat sich Augustin s(>ine]\[einung selbst gebildet; sicher hat er aber IMatos Uoli-ziy.gekannt, wie aus Civ. D. 11 14. VIII 13. 14. 21. hervorgeht;und natrlich gehrte auch die Kenntnis (h'r gric

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    42 Plato sogar die soziale Gemeinschaft, der sich der einzelneunbedingt unterzuordnen hat, und der seine eigenen Inter-essen nachstehen und untergeordnet sind: Gter-, Weiber-und Kindergemeinschaft. Bei Augustin sahen wir, da derStaat ganz und gar nicht die hchste Gemeinschaft war; jada der Christ sich seinen Gesetzen unter Umstnden umdes Reiches Gottes willen widersetzen mu. Bei Plato er-gibt sich aus dieser Auffassung, da der Staat ganz aus-gesprochen zur Erziehungsanstalt wird, whrend das beiAugustin nur eine unter anderen Aufgaben war. Wie beiAugustin und Cicero finden wir auch bei ihm oft die Ge-rechtigkeit"'. Sie ist das Ziel, nach dem der Staat strebenmu, um bestehen zu knnen: aber nicht ist sie wie bei Cicero:suum cuique tribuere, und mit der religisen GerechtigkeitAugustins hat sie natrlich gar keine hnlichkeit. Sie be-steht darin, da Jeder das Seine (toc sa-jToS, seine Pflicht)tut" und sich nicht in das mischt, was Pflicht des anderenist^). Daneben ist sie fters auch als Einigkeit bestimmt,was sich ja mit der ersten Definition nahe berhrt. VolleEinigkeit glaubt Plato wieder nur da finden zu knnen, woniemand etwas sein eigen nennt, so da er auch darin wiedereine Pechtfertigung seiner sozialistischen Bestimmungenfindet. Ganz anders fat Augustin die Einigkeit auf. diewir bei ihm als ein wesentliches Merkmal des Staatsbegriffsfanden.

    Whrend Augustin gar kein Gewicht auf die Verfassungs-form legt, will' Plato nur die zur Herrschaft zulassen, diedurch die Erziehung des Staates den hchsten Stand der Er-kenntnis erreicht haben. So kommt er zu der Forderungeiner Aristokratie, und zwar einer Bildungsaristokratie; alleanderen Verfassungsformen erscheinen ihm minderwertig.

    So sehen wir wohl vielfach bei beiden dieselben Be-griffe, aber jeder von ihnen fllt sie mit einem anderenInhalt. Diese Anklnge und Berhrungen knnen hier nichtin alle Einzelheiten verfolgt werden; aber ich denke, schon

    ') noXiTCia A^I 10 f.

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    - 43 diese kurze Gegeiiberstelluiig in einigen Hauptpunkten be-weist zur Genge, da Augustin nicht von Plato abhngigist; sondern gerade so, wie er gegen Cicero eine Selbstndig-keit behauptet hat, ist er auch Plato gegenber in seinerAnschauuno- vom Staat durchaus selbstndiii;.

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    Lebenslauf.Ich, Konrad Otto Eckstdt, bin geboren am 7. !Mrz 1886

    in Saathain, Kreis Liebenwerda, Provinz Sachsen, als Sohndes Pastors Hermann Eckstdt und seiner Ehefrau Emmigeb. Saalfeld. Ich bin preuischer Staatsangehrigkeit undevangelischer Konfession. Nachdem ich zu Ostern 1905 aufdem Pdagogium des Klosters Unser lieben Frauen zu Magde-burg das Reifezeugnis erlangt hatte, habe ich an denUniversitten Marburg, Berlin und Halle Theologie studiertxmd bestand am 11. Februar 1910 die erste theologischePrfung in Halle. Danach habe ich philologische und philo-sophische Studien an der Universitt Berlin getrieben. Frdie Anregung zu der vorliegenden Arbeit danke ich in be-sonderer Weise Herrn Prof. Seeberg in Berlin und HerrnProf. Falckenberg in Erlangen,

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    Sonderdruck aus: Archiv fr die gesamte Psychologie" 5)5 (1936)Akademische Verlagsgesellschaft m. h. H., Leipzig

    berreicht vopi^^rfassSf "'"ch^

    Die Psychologie Augustiusund ihre Beziehung- zur Gegenwart

    VonH. Windischer, Innsbruck

    90oJAN 2 5 19

    InhaltsTerzeichnis Seite1. Die geistige Lage 3472. Seinsordnung 3533. Innenschau 358

    1. Wissenschaftliche Innenschau 3602. Wertende Innenschau 3723. Religise Innenschau 377

    4. Seele 3805. Letzter Giiind '392

    I. Die jE^eistiffe Lage der ZeitGenius des europischen Geistes, Augustinus! Einen schicksal-

    ollen, schweren, harten Namen gibt man ihm damit^). Er trgtn sich die sinkende Antike und die neue Weltanschauung desChristentums, Zusammenbruch und Aulbruch, durchlebt heienCampf, erreicht reine Hhen. Alle groen Kmpfer der folgen-len Zeiten, knnen sie sich nicht auf ihn berufen? Denn unge-leuer ist die Polarittsspannung seiner Persnlichkeit und seinerVeitanschauung. Welche Erlebnisweisen kommender Epochen desJeistes klingen nicht auf: Augustinus versenkt sich in die abso-ate Autonomie Gottes, die Geschpflichkeit wird zum Nichtsmd doch preist er in polarem Gegenstze dazu alles geschaffenelein, da die Schpfung" darin aufleuchtet. Er entwirft inrandloser Vision eine Kosmologie, gegrndet in Liebe, voll Dy-amik und Werden und schaut auf, in platonischer Sehn-

    ^ ucht, zu ruhenden, unwandelbaren, ewigen Llcen, nach derenstatischem Bilde die Ordnung im Sein sich erfllt. In voller

    ^) E. Przywara, Augustinus, Gestalt als Gcfgo. Leipzig 193i. S. 17.

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