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EIN PLÄDOYER FÜR EINEN DIALOG DER GENERATIO- NEN AUF SEITE 4-5 EINE MUSIKALISCHE UMFRAGE BEI ALT UND JUNG AUF SEITE 6 DIE GESCHICHTE VON SEPP UND JOE UND IHRER PARKBANK AUF SEITE 8

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Ein PlädoyEr für EinEn dialog dEr gEnEratio-nEn auf SEitE 4-5

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Generationen dialog2

simply tHe best.Jedes Jahr rückt die sonderschau an der Herbst-messe solothurn (Heso) in einem eigenen Zelt ein thema ins Zentrum. 2009 dreht sich alles um die Jugend. unter dem motto Jugend – die beste generation lässt infoklick.ch gemeinsam mit der Jugendförderung kanton solothurn junge men-schen zu Wort kommen und inszeniert gleichzei-tig vertraute, überraschende und ungewohnte einblicke in eine lebensphase und ein damit verbundenes gefühl. Was beschäftigt die Jugend heute? und wie haben sich die statements im laufe der Zeit verändert? Wie dachten die eltern und grosseltern, als sie jung waren? Jugend - die beste generation begibt sich auf spurensuche und hat zum Ziel, neugierig zu machen und den dialog zwischen den genera-tionen anzustossen.http://www.die-beste-generation.ch

liebe leserin, lieber leser

„Für Jung und Alt“ heisst es oft, wenn irgendwo zu einem Fest geladen wird. Eine Garantie für generationenübergrei-fenden Dialog ist das aber nicht. Man lebt weitgehend anei-nander vorbei, hat eigene Interessen, Vorurteile vielleicht, oder schlicht ein anderes Tempo. Jung und Alt leben nah beieinander und doch in anderen Welten.

Welche Mauern auch immer dem Dialog im Wege stehen, es gilt sie zu überwinden. Nur so erweitert sich der Horizont. Dieses Magazin soll ein Anstoss dazu sein. Es ist der Auf-takt zu einem Projekt, in dem wir vom jungen online-Ma-gazin Tink.ch uns ganz dem Generationen-Dialog widmen wollen. Noch müssen die gesammelten Ideen ausreifen, dann kann es losgehen. Emina Konjalic hat in ihrem Essay auf Seite 5 bereits damit begonnen, die Mauern Stück für Stück zu demontieren.

Schon das Nachdenken über das Thema wirft Fragen auf. Was beschäftigt eigentlich die älteren Menschen und was beschäftigt uns Junge? Wo sind die Unterschiede und wo die Gemeinsamkeiten? Schnell wird klar: Um es wirklich her-auszufinden, braucht es einen Dialog, ein Zwiegespräch zwischen den beiden Generationen, einen Austausch dort, wo man sich im Alltag begegnet. Auf der Parkbank zum Beispiel, wie in Roman Gibels Kolumne auf Seite 8. oder im Zug, an der Bushaltestelle, beim Bäcker, im Café, beim Wandern . Gelegenheiten gibt es viele. Man muss sie nur nutzen, das überwinden, was einen hemmt, Interesse zeigen.

Das gilt auch im Kreis der Familie. Selbst wo noch drei Ge-nerationen unter einem Dach leben, gibt es wenig wahren Dialog, wie der Bericht von Noemi Helfenstein aus Serbien auf Seite 7 aufzeigt. Und auch hier bei uns stellt sich die Frage: Was wissen die Enkel wirklich über ihre Grosseltern und was wissen diese über ihre Enkel? Kaum das, was die einen wie die anderen im Grunde bewegt. Für richtige Ge-spräche braucht es Zeit. Miriam Widmer hat sie sich genom-men und ihre Grossmutter gefragt, wie es denn damals war, jung zu sein. Das entstandene Porträt gleich nebenan auf Seite 3.

Und plötzlich öffnen sich neue Welten, wenn Vergangenes in Erinnerungen auflebt. Auch Fotos, Bücher und Musik erzählen Geschichte. Melanie Pfändler hat alte Klassiker auf ihren I-Pod geladen und sie jungen Leuten auf der Strasse vorgespielt. Älteren Leuten hat sie Hitparadensongs präsen-tiert. Die eingefangenen Reaktionen auf Seite 6.

Das sind erste kleine Schritte. Es sollen weitere folgen, wenn möglich über den Dialog hinaus. Wir möchten Jung und Alt dazu bewegen, gemeinsam etwas anzupacken, sei es eine Fotoausstellung, ein Weblog oder ein Magazin. Jetzt aber wünsche ich erst ein Mal eine gute Lektüre.

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TExT: MIRIAM WIDMER

sie wuchs in italien auf und wanderte dann in die schweiz aus, um mehr von der Welt zu sehen. Heute er-innert sich die 81-jährige maria padoang noch einmal an diese Zeit und erzählt ihrer enkelin miriam Widmer, wie es damals war, jung zu sein.

«Du willst wissen, wie es damals war? Ganz anders als heute. Ich war 16 als der Krieg ein Ende fand. Wir waren arm und es gab nur wenige Arbeitsplätze. Einer meiner Brüder war im Krieg gestorben, einen anderen hatten sie nach Deutschland deportiert. Und mein Vater konnte nicht mehr arbeiten, weil er im ersten Weltkrieg bei einer Explosion schwer verletzt worden war. So mussten alle mit anpacken, damit wir über die Runden kamen. Ich ging arbeiten, obwohl ich eigentlich noch zu jung war.

ein koffer Zum abscHiedIch putzte in einem Hotel. Meine Chefin war sehr zufrieden mit mir. Sie sagte: «Maria, wenn du kommst, ist immer alles perfekt. Die andern Mädchen machen nur die eine Hälfte und lassen die andere sein, aber du machst immer alles sau-ber.» Die Leute vom Hotel waren deshalb immer nett zu mir. Als ich wegging, schenkten sie mir einen Koffer.

Es war eine harte Zeit, aber auch eine schöne, denn als der Krieg vorbei war, hatten die Menschen wieder Freude am Leben. Es wurde viel getanzt, gesungen und musiziert. Manchmal kamen Jungen unter mein Fenster, um mir Lieder zu singen. Damals durfte man aber nicht einfach mit jeman-dem ausgehen. Ich brauchte die Erlaubnis meiner Eltern, wenn ich irgendwo hingehen wollte. Es herrschten strenge Regeln.

baucHscHmerZen vom essenMit 18 beschloss ich, in die Schweiz zu fahren, um dort zu arbeiten. Ausserdem wollte ich etwas Neues, etwas Anderes sehen, in die Welt hinausgehen. Am Anfang war es schwierig, alles war anders, vor allem das Essen: Ich bekam jedes Mal Bauchschmerzen, ehe ich mich daran gewöhnte. Auch der

Umgang der Menschen miteinander war mir fremd. In Italien ist man sehr jovial, redet viel und ist oft mit der Familie zu-sammen. Die hatte ich nun nicht mehr um mich herum.

Aber ich lernte viele nette Menschen kennen, die mir in der neuen Umgebung halfen. Anfangs arbeitete ich als Näherin in einer Fabrik, später in einer Kleiderboutique. Das Geld, das ich verdiente, schickte ich nach Hause, um meine Fami-lie zu unterstützen. Zuerst wohnte ich mit anderen jungen Mädchen in einer Art Studentinnenheim, dann bot mir eine Freundin an, bei ihr zu wohnen. Ich teilte mit ihrer Tochter ein Zimmer. Wir wurden unzertrennlich. Sie nennt mich noch heute ihre grosse Schwester. Weisst du, wir schliefen im gleichen Bett. Damals war es noch nicht üblich, dass jeder sein eigenes Zimmer hatte.

arm, aber gut angeZogenIch denke, heute wissen die Jugendlichen nicht mehr zu schätzen, was sie haben. So Vieles steht ihnen offen, aber sie wollen immer alles sofort. Wir mussten damals hart arbeiten, um etwas zu bekommen. Wir wussten um den Wert der Dinge. obwohl wir nicht viel hatten, waren wir immer sehr gut angezogen. In Italien legte man Wert auf schöne Klei-dung. Als ich in die Schweiz kam, hatte ich keinen Rappen, und doch war ich besser angezogen als die meisten Mädchen hier. Ich nähte mir viele Kleider selbst. Für deine Mutter, deine Tante und deinen onkel habe ich auch viele Sachen genäht. Und ich brachte auch schöne Kleider aus Italien hierher. Als Fritz und ich geheiratet haben, liess ich ihm alle seine Hemden in Italien machen. Es waren sehr schöne Hemden. Seine Schüler kamen sogar zu mir und sagten, man merke, dass er nun verheiratet sei.

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über-alterungEin Gespenst geht um in Europa – das Ge-spenst der Überalterung. Es kündigt Probleme an, die die Generationen zu spalten drohen. Dabei haben Jung und Alt im Grunde viele Gemeinsamkeiten. Sie müssen nur den Weg zueinander finden.

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Die Jugendlichen derweil haben es nicht einfacher. Der Ju-gendwahn setzt auch sie unter Druck. Weit verbreitet haben sie das Gefühl, sich dem vorgefertigten Bild, wie sie zu sein haben, anpassen zu müssen. Sie sehen sich häufig mit einsei-tigen Vorbildern konfrontiert, die im Fernsehen und Internet gezeigt werden. Alternativen sind kaum präsent. Grundle-gende Fragen, welche die Jugendlichen beschäftigen, kom-men erst recht nicht zur Sprache. Dabei hat die Jugend von heute ernsthafte und tiefgründige Sorgen. Gewalt ist nur eines der Probleme. Häufig sind Jugendliche selbst opfer ihrer Altersgenossen, opfer von Gewaltakten, aber auch opfer von Gruppenzwang, Ausgrenzung und Mobbing.

Die Jugend und das Alter: zwei Stufen der Alterspyramide, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten, bei näherem Hinsehen aber mehr gemeinsam haben, als man denkt. Beide Seiten sind unsicher und sehen Unbekanntem entgegen. Hier wie dort steht man vielen Erwartungen ge-genüber. Und beide Generationen werden häufig abgewertet. Die Herabsetzung findet auch gegenseitig statt. Die Jugend wird von den älteren Generationen schnell als verantwor-tungslos, desinteressiert und frech abgestempelt. Gleichzei-tig nehmen viele junge Menschen die Älteren nicht mehr ernst. Senil, ewiggestrig und Nörgler sollen sie sein.

Um dem entgegenzuwirken und um die Gemeinsamkeit der Probleme zu erkennen, braucht es den Dialog; gerade heute, da die Berührungspunkte weniger geworden sind. Die Zeiten als noch drei Generationen gemeinsam unter einem Dach lebten, sind vorbei. In der Freizeit bleibt man gerne unter Seinesgleichen.

Durch den Dialog mit der Jugend könnte die ältere Genera-tion einen Anschluss an die Moderne finden. Denn nicht al-les, was neu ist, ist schlecht, und nein, früher war eben nicht alles besser. Die Jugendlichen ihrerseits könnten von der lebenserfahrung der Älteren profitieren. Vielleicht erhielten sie sogar die Antwort auf die eine oder andere grundlegende Lebensfrage.

Generationenkonflikte gab es immer schon, und es wird sie auch weiterhin geben. Nicht wie man sie vermeidet, ist die Frage, sondern wie sie gelöst werden können. Es ist wichtig, dass wir zueinander gesunde Verhältnisse aufbauen. Ein ge-nerationenübergreifender Dialog wird unumgänglich sein.

Demografisch gesehen leben wir in einer reifen Gesellschaft. Gemäss Bundesamt für Statistik machen die 30- bis 40-Jäh-rigen den grössten Anteil an der heutigen Bevölkerung aus. Eine Tatsache, die zum Problem werden könnte; dann näm-lich, wenn all diese Leute älter werden. Noch funktioniert das System der Altersvorsorge. Noch gibt es mehr Arbeit-nehmer als Rentenbezüger. Aber wie lange noch?

Während früher Grossfamilien eine Selbstverständlichkeit waren und viele Kinder als bewährte Altersvorsorge galten, geht heute der Trend hin zu Kleinfamilien und Singlehaus-halten. Es gibt nicht genügend Nachwuchs, was Folgen haben wird. Kommen die 30- bis 40-Jährigen in einigen Jahren selbst ins Rentenalter, müssen, um deren Renten zu sichern, die Lohnbeiträge der Arbeitenden massiv erhöht werden. Ein Konflikt bahnt sich an, eine Kluft zwischen den Generatio-nen könnte entstehen.

Dass das Gleichgewicht zwischen Alt und Jung wackelt, liegt aber nicht nur an der Tendenz zu immer weniger Kindern, sondern auch an der gestiegenen durchschnittlichen Lebens-erwartung. Ein hohes Alter zu erreichen, ist fast schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Das Altern an sich indes ist schwieriger geworden. Bloss nicht zu den Alten zählen, lautet die Devise. Ganze Wirt-schaftszweige leben von dieser Einstellung: Anti-Aging-Produkte gehen weg wie warme Semmeln, man spritzt sich Nervengift in die Gesichtsmuskeln, und probiotische Jo-ghurtdrinks versprechen anhaltende Gesundheit. Das Einzi-ge, was dabei als gesichert gilt, ist der Gewinn der Anbieter.

Es ist verhältnismässig gar noch nicht so lange her, da waren ältere Personen etwas Aussergewöhnliches. Auch der Um-gang mit ihnen war anders als heute. Von diesen Sitten, je-mandem höchsten Respekt bloss aufgrund seines Alters zeigen zu müssen, sind wir weggekommen. Doch die Ver-götterung der Jugendlichkeit, die wir heute erleben, scheint in keiner Weise besser zu sein. Das Extrem schlägt dieses Mal in die entgegengesetzte Richtung aus.

Zudem hat sich die Welt in den letzten fünfzig Jahren durch den technischen und sozialen Fortschritt sowie durch ein-schneidende politische Ereignisse so schnell verändert, wie seit Menschengedenken nicht. Was gestern allgemeine Gültigkeit hatte, gilt heute nicht mehr. Ab einem gewissen Alter wird es schwierig, mit all den Veränderungen Schritt zu halten.

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blonde Lockenfrisur und knallroten Lippenstift – ein bisschen wie M

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kenne das lied zwar nicht, aber ich finde es ziem

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ie Phase, in der alle nur Hiphop

gehört haben, ist eh vorbei. Heute kehrt die alte M

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usik: Vor ein paar Jahren haben Ballerinas noch als altm

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indestens ein Paar.

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Das ist dieser Typ, der auch „N

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ir gut vorstel-len, dass dieses Lied m

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t. Vielleicht bräuchte es dafür aber erst einen

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„Musik ist die gemeinsame Sprache der Menschheit“, behauptete der amerikanische Dichter Henry Longfellow bereits Mitte des vorletzten Jahrhunderts. Eine Generation spä-ter schätzte der Pianist und Schriftsteller John Erskine die Musik als „die einzige Sprache, in der man nichts Gemeines oder Höhnisches sa-gen kann“. Und weitere fünfzig Jahre darauf rühmte der Popsänger Angelo Banduardi sie gar als „die beste Art der Kommunikation“. Solche Zitate mögen wohl klingen – doch ent-sprechen sie der Wahrheit? Tink.ch liess junge Menschen die grossen Hits der 40er und 50er beurteilen und forderte im Gegenzug die älte-ren Generationen dazu auf, mit den heutigen Chart-Stürmern abzurechnen. Das erfreuliche Resultat: Auf beiden Seiten herrschen Tole-ranz, Neugier und offenheit vor.

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TExT: MELANIE PFÄNDLER

Generationen dialog6

TExT: NoEMI ANNE HELFENSTEIN

olivera Uščumlić arbeitet als Erzieherin in einem Wohnheim für Mittelschülerinnen und Mittelschüler in Subotica, der fünftgrössten Stadt Serbiens. Ihr falle es nicht schwer mit den Jugendlichen zu kommunizieren, sagt die 48-Jährige. Doch die Wertvorstellungen und Lebensansichten der heuti-gen Jugendlichen seien anders, als vor 20 Jahren. „Junge Menschen heute haben keine Geduld mehr. Sie wollen alles sofort. Es gibt keine schrittweise Steigerung mehr“, sagt Uščumlić, „sie haben bereits mit zwölf Jahren zum ersten Mal Sex. Sie sind vielleicht physisch reif, aber nicht psycho-logisch und überfordern damit sich selbst.“

larisa Ivanković, Sonja Stefanović, Ana Patarčić und Bojan Francuski sind zwischen 25 und 30 Jahren alt. obwohl auch sie noch als „jugendlich“ gelten, sind sie einverstanden, dass die Teenager von heute weniger lange „Kind“ sind, als sie das waren. An dieser Entwicklung sei die Gesellschaft schuld, sagen sie. Die Teenager von heute sind zwischen den Jugoslawienkrie-gen und und den Nato-Bombardierungen geboren. Sie sind in einer Zeit der sozialen und wirtschafltichen Krise aufgewach-sen. „Unsere Eltern haben vom Staat eine Wohnung zugeteilt bekommen“, sagt Sonja, „wir müssen uns überlegen, ob wir es uns leisten können, einen Kredit aufzunehmen“. Die Kriege, meint Uščumlić, hätten Vieles zerstört: Wert-vorstellungen, Beziehungen, Respekt und Achtung vor an-deren Menschen. Dass die heutigen Jugendlichen so wenig reisen, sieht sie als eines der grössten Probleme der serbi-schen Gesellschaft. Die Jugendlichen seien geprägt von Vorurteilen und politischen Parolen des Hasses, hätten Angst vor allem Fremden und Unbekannten. Der jugoslawi-sche Pass damals erlaubte visafreises Einreisen in beinahe alle Länder der Welt. „Früher sind wir nach Italien zum Shopping gefahren“, erzählt Uščumlić.

Ana und Sonja beteuern, nicht die Jugendlichen, sondern die älteren Generationen hätten Angst vor Veränderungen. Sonja arbeitet als Lehrerin und muss kämpfen, um die kleinste Neuerung im Unterrichtswesen einzuführen. Die staatlichen Institutionen funktionieren wie im Sozialismus nach hierarchischen und bürokratischen Prinzipien.

Die älteren Generationen misstrauten den Jugendlichen und unterschätzten ihre Fähigkeiten, sagen Larisa und Ana. Uščumlić währenddessen klagt über fehlenden Respekt ge-genüber den älteren Generationen. Viele Jugendliche wohnen auch mit über dreissig Jahren noch bei den Eltern. oft ist es ihnen aus finanziellen Gründen unmöglich, auszuziehen. Aber auch die Erziehung spielt eine Rolle: „Ältere Menschen möchten fühlen, dass sie gebraucht werden, deshalb bevor-munden sie uns Jugendliche und versuchen zu verhindern, dass wir unabhängig werden“, sagt Ana. obwohl in Serbien oft mehrere Generationen unter einem Dach leben, fehlt es an wahrem Dialog. „Wir sind gemeinsam einsam“, sagt Bojan.

Jugendliche in serbien sind in einem völlig anderen staat aufgewachsen, als ihre eltern. obwohl die bezie-hungen zwischen den generationen auf den ersten blick enger scheinen als bei uns, gibt es viele missverständnis-se und wenig wahren dialog.

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Generationen dialog

IMPRESSUMHerausgeber:tink.chSandstrasse 5 / 3302 Moosseedorf T 031 850 10 [email protected] / www.tink.ch

redaktionsleitung:Janosch Szabo, Lena Tichy

texte:Melanie Pfändler, Miriam WidmerEmina Konjalic, Noemi HelfensteinRoman Gibel, Janosch Szabo

gestaltung & layout:hartmannzgraggenKommunikation und GestaltungBundesstrasse 10 / 6003 LuzernT 041 210 45 [email protected]

druck:Ringier Adligenswil

auflage:Mindestens 1000 Exemplare

Ermöglicht durch Infoklick.ch und hartmannzgraggen – vielen Dank!

Schon wieder eine Debatte über den Führerscheinentzug für gealterte Lenker, klagt Sepp, dabei sieht er noch glasklar durch seine zentimeterdicke Hornbrille. Schon wieder ein Kurs wegen diesem grünen L, jammert Joe, dabei ist der geleaste BMW schon so teuer genug.

Sepp čund Joe, Senior und Skater, treffen sich mehrmals wöchentlich auf einer Parkbank. Die Hintergründe ihrer Bekanntschaft sind verschleiert. Man munkelt, sie hätten sich im Bus angefreundet. Beide verhöhnten sie die Finanz-krise. Joe sah das Ganze nicht so dramatisch, denn man müsste ja lediglich die Boni etwas kürzen. Für Sepp war das Debakel alter Kaffee, nichts im Vergleich zum schwarzen Freitag, anno 1929.

So trifft sich das ungleiche Duo und tauscht sich über Alltäg-liches aus. Sepp liebt mittlerweile den Big Mac, und Joe weiss dank Sepps Insidertipps haargenau auf welchem Fussballfeld er in Krisenzeiten seine Kartoffeln anbauen wird. Dank den Ratschlägen von einem gewissen Doktor Sommer, zu dem Joe irgendwelche Kontakte zu haben scheint, konnte Sepp seine jahrelang unterdrückten Männlichkeitsdefizite endlich aufarbeiten. Im Gegenzug schöpfte Joe, damals unfreiwillig Single, Mut aus Sepps Erzählungen über zahlreiche unerfüll-te Lieben, bevor er die Richtige traf.

Gemeinsam erfinden sie die Welt immer wieder neu. Zum Beispiel wie es wäre, wenn der Fernseher nie erfunden wor-den wäre. Unmöglich, meint Joe. Viel besser, kontert Sepp. In ihrem Parkbank-Mikrokosmos verschwören sie sich gegen eine Gesellschaft, die sie bevormundet, kontrolliert und manipuliert. Sie streiten, lachen, diskutieren und schmieden Weltverbesserungspläne, bevor jeder wieder seinen Weg geht, um eine Einsicht reicher, in freudiger Erwartung auf das nächste Parkbankintermezzo.

8TExT: RoMAN GIBEL