EESG/05/01/01 © Peter Weichhart Modul 05/01 Das Interview: Die Dramaturgie des Fragebogens...
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EESG/05/01/01
© Peter Weichhart
Modul 05/01Modul 05/01Das Interview:Das Interview:
Die Dramaturgie des Die Dramaturgie des FragebogensFragebogens
Einführung in die empirischeEinführung in die empirischeSozialforschung für GeographenSozialforschung für Geographen
SS2009
290217 VU2 Std., 3 ECTS-Punkte
Mittwoch 12.30 -14.00; Hs. I (NIG) , Kapitel 29.01; 29.04; 29.05
Die Kunst des Fragens
EESG/05/01/02
„Fragen ist also eine Kunst. Wenn man sie beherrscht, kann man so ziemlich alles er-fahren, was man über eine Bevölkerung wissen will ... Wie jede Kunst bedarf aller-dings auch das Befragen von Menschen bestimmter Voraussetzungen: Einfühlungs-vermögen, Fingerspitzengefühl, nicht zu-letzt handwerkliches Können und Erfah-rung.“
A. von KIRSCHHOFER-BOZENHARDT und G. KAPLITZA, 1975, S. 93.
Grundvoraussetzungen eines guten Fragebogens I
EESG/05/01/03
• Es soll der Eindruck einer echten Ge- sprächssituation erzeugt werden, die von den Probanden als anregend und interes- sant empfunden wird.
• Es soll der Eindruck einer lockeren und zwanglosen Konversation erweckt werden.
EESG/05/01/04
Grundvoraussetzungen eines guten Fragebogens II
• Weil die Interviewer auf keinen Fall vom vorgegebenen Text abweichen dürfen, muss der Fragebogen von allen Unklar- heiten frei und unmissverständlich formu- liert sein.
• Bei der Konstruktion ist die spätere Ge- sprächssitutation zu bedenken.
Dramaturgie – die Wissenschaft von der Gestaltung eines Dramas
EESG/05/01/05
„Die Fragebogendramaturgie dient der Herstellung des Kontaktes, der Erwär-mung, der Erweckung von Interesse, Gewinnung von Vertrauen, Kräftigung des Selbstvertrauens der Befragten, Vermittlung von Motiven, die weiteren Fragen zu beantworten und konzentriert zu arbeiten“. (W. LAATZ, 1993, S. 149)
Die Einleitungsfragen...
EESG/05/01/06
• dienen der Motivation der Probanden;
• sollen Misstrauen gegenüber der Befra- gung und dem Interviewer abbauen;
• sollen die Antwortbereitschaft erhöhen;
• „Ihre Meinung zählt!“
• Abbau von Hemmungen gegenüber dem Thema.
„Spielfragen“
EESG/05/01/07
Spielfragen werden bei umfangreichen Frage-bögen als Auflockerung eingebaut.
Sie dienen auch als „Puffer-“ und „Auslöscher-fragen“, um einen schwierigen Abschnitt des Interviews aus dem Bewusstsein der Proban-den zu verdrängen.
Kontrollfragen
EESG/05/01/08
... werden zur Prüfung der Widerspruchs-freiheit der Probandenreaktion eingesetzt.
Dabei wird die gleiche Zieldimension durch völlig verschiedenartige Fragen operationali-siert.
Der Zweck der Konsistenzprüfung mussvor den Probanden verschleiert werden!
„Filterführung“
EESG/05/01/09
Darunter versteht man die Führung der Pro-banden durch die Abfolge der Fragen bei Verzweigungen.
Hauptformen:
Auskoppelung Gabelung
Wichtige Instruktion für die Interviewer!Wichtige Instruktion für die Interviewer!
Auskoppelung
EESG/05/01/10
Bei der Auskoppelung werden im Falle spe-zifischer Antworten die nicht mehr zutreffen-den Fragen übersprungen.
„Wenn Sie auf die Frage 24 mit ,nein‘ geantwortet haben, gehen Sie bitte gleichweiter zu Frage 36!“
24
25
...
36
jaja neinnein
Gabelung
EESG/05/01/11
Sie wird dann verwendet, wenn es je nach Antwortalternative unterschiedliche Versio-nen der Weiterführung des Interviews gibt.
„Wenn Sie als bevor-zugtes Urlaubsland „Türkei“ angekreuzt haben, fahren Sie bitte mit den Fragen auf Blatt C fort“.
24
... ... ... ... Türkei... ... ... ... Türkei
VersionVersionCC
25
Fragebatterien
EESG/05/01/12
Darunter versteht man eine Gruppe zusam-menhängender Einzelfragen, mit denen einThema gleichsam „eingekreist“ wird.
„Trichter“ „umgekehrter Trichter“
AllgemeineAllgemeineFragenFragen
Detail-Detail-fragenfragen
AllgemeineAllgemeineFragenFragen
Detail-Detail-fragenfragen
Die Dauer eines Interviews
EESG/05/01/13
„Faustregel“: Ein mündliches Interview sollte40 Minuten möglichst nicht überschreiten.
Ein „Trick“: Der Fragebogen enthält zwei Ab-schlüsse. („Wir sind jetzt gleich fertig.“ „Noch eine letzte Frage“.)
Anschließend: „Wir sind fertig. Darf ich noch um einige statistische Angaben bitten?“
Datenschutzzusagen
EESG/05/01/14
„Wir versichern, dass Ihre Angaben vertrau-lich behandelt und keinem Dritten zugänglichgemacht werden, Ihre Angaben werden ano-nymisiert, die Auswertung erfolgt nur für wis-senschaftliche Zwecke...“
Empirische Befunde deuten darauf hin, dass die Teilnahmebereitschaft umso stärker sinkt, je ausführlicher Vertraulichkeitszusagen aus-fallen.
Die Konstruktion des Fragebogens
EESG/05/01/15
• Ausgangspunkt: Die Problemstellung
Erster Schritt der Lösung: „Übersetzung“ der Problemstellung in ein Projektdesign.
• Präzisierung der Programmfragen
Welche Befragungsform soll eingesetzt wer-den?
Grundformen des Interviews
EESG/05/01/16
• Mündliche Befragung,• schriftliche Befragung,• Telephoninterview.
Die „klassische“ Form:
Das mündliche Interview
InterviewerIn stellt Fragen, notiert Antworten, kreuzt Vorgaben an, erläutert, ermuntert, mo-tiviert, stellt sicher, dass die vorgesehene Reihenfolge der Fragen eingehalten wird.
EESG/05/01/17
„Do it yourself”
EESG/05/01/18
Die schriftliche Befragung
Das Erhebungsinstrument wir zugesandt oderpersönlich überreicht, die Probanden füllen den Fragebogen selbst aus und retournieren ihn (meist) postalisch.
Sonderform: „Classroom-Befragung“
Ist besonders bewährt, wenn der Intervie-wereinfluss ausgeschaltet werden soll.
Das Problem der Rücklaufquoten
EESG/05/01/19
Methoden zur Erhöhung des Ausschöpfungs-grades:
Erinnerungsschreiben: „Sollten Sie noch nichtdazu gekommen sein, den ausgefüllten Frage-bogen zu retournieren, bitten wir Sie höflichst,dies in den nächsten Tagen zu tun.“
Telekommunikation
EESG/05/01/20
Das Telephoninterview
Ausgewählte Probanden werden angerufen und gebeten, am Telephon einige Fragen zu beantworten. Die Antworten werden vonden InterviewerInnen auf auf einem Formu-lar notiert.
Voraussetzungen für das Telephoninterview
EESG/05/01/21
• Weitgehende Sättigung der privaten Haus- halte mit Telephonanschlüssen, Verzerrun- gen sind zu vernachlässigen;
• Stichproben aus dem Bestand der Telephon- nummern weisen eine hohe Übereinstim- mung mit der Bevölkerungsstruktur auf.
• Aktuelles Problem: Handys
Vorteile des Telephoninterviews
EESG/05/01/22
• Erhebliche Kostenersparnis (besonders Personal- und Reisekosten);
• erheblicher Zeitgewinn;
• sehr gute Ausschöpfungsquoten, geringe Verweigerungsraten.
Einige Regeln für Telephoninterviews I
EESG/05/01/23
• Erhebungszeitraum: möglichst nicht in den Ferien und unmittelbar vor Feiertagen;
• Tageszeit: zwischen 17h und 21h, Samstag zwischen 13h und 17h;
• Extrem wichtig: „Eröffnungsformel“ und Ein- leitungsfrage.
EESG/05/01/24
Einige Regeln für Telephoninterviews II
• Man spricht den Teilnehmer mit Namen an, grüßt höflich und stellt sich selbst mit vollem Namen vor;
• man deklariert den Zweck des Gesprächs (Befragung) und nennt Auftraggeber und Forschungsinstitut;
• Hinweis auf voraussichtliche Dauer.
Rücklaufquote bei einem Telephon-interview zum Thema Zentralität
EESG/05/01/25
639
267
409
610
250
390
29 17 19
0
100
200
300
400
500
600
700
Kontakte erfolgreicheInterviews
Verweigerungen
Salzburger GemeindenBayer. GemeindenOberösterr. Gemeinden
Quelle: P. WEICHHART, 1996, S. 88
Bias bei Telephonumfragen am Tag – Überwiegen weiblicher Respondenten
EESG05/01/26
483
127
178
72
302
88
963
287
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
SalzburgerGemeinden
BayerischeGemeinden
Oberösterr.Gemeinden
SummeGesamtstichprobe
wm
Quelle: P. WEICHHART, 1996, S. 89
Rücklaufquoten 2001
EESG/05/01/27
Kontakte, erfolgreiche Interviews und Verweigerungen nach Teilbereichen des Untersuchungsgebietes
590
300
513
390
123134
724
50
250
0
100
200
300
400
500
600
700
800
Kontakte erfolgreiche Interview s Verw eigerungen
Zah
l de
r Fä
lle
Salzburger GemeindenBayerische GemeinenOberösterreichische Gemeinden
24%17%19%
Quelle: P. WEICHHART, 2001, S. 17
Geschlechter-Bias 2001
EESG/05/01/28
Geschlecht der Probanden
98
333
416
712
0 0
61
174
144
152 185185
0
100
200
300
400
500
600
700
800
Salzburger Gemeinden BayerischeGemeinden
OberösterreichischeGemeinden
Untersuchungsgebietgesamt
Zahl der Fälle
männlich
weiblich
missing values
Quelle: P. WEICHHART, 2001, S. 18
Erhebungszeit: 17h – 21h
Vorzüge und Nachteile der Interviewformen
Schriftliche Befragung
Mündliches Interview
Telephon-Interview
Verweigerungen
hohe Verweigerungs-anfälligkeit (>60%), spezielle Erinnerungs-techniken erforderlich
relativ geringe Ver-weigerungsraten (ca. 20-35%), abhängig von der Situation
sehr niedrige Verweige-rungen (7-25%), bei Abwesenheit Mehrfach-anrufe erforderlich
Befragungsdauer
sehr umfangreiche Befragungen möglich
umfangreiche Befragungen möglich, Dauer bis zu 60 Minuten und mehr
nur relativ kurze Befragungen möglich (maximal 10-15 Minuten).
Komplexität und Schwierigkeits-grad
mittlere Komplexität, komplizierte Fragen mit speziellen Listen sollten vermieden werden
hohe Komplexität möglich, Erläuterung durch Interviewer bei speziellen Fragen
nur einfachste Formu-lierungen sinnvoll, komplexe Vorgaben nicht möglich
Kosten relativ günstig (10-25% der mündlichen Form)
sehr hohe Kosten sehr kostengünstig
Zeitaufwand relativ hoch sehr hoch relativ gering Missing values häufig selten selten
EESG/05/01/29