Effizienzsteigerung in der Warmumformung - Gestamp: … · Die Technische Angebotsbewertung von...

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1 Effizienzsteigerung in der Warmumformung Dr.-Ing. Oliver Straube, Autotech Engineering Deutschland GmbH, Dipl.-Ing. Ignacio Martin Gonzales Autotech AIE, Spanien, (Gestamp Gruppe) Abstrakt In der Warmumformung werden für die kommenden Jahre weitere globale Kapazitätser- weiterungen erwartet. Auslöser hierfür sind globale Plattformstrategien der Auto- mobilhersteller die weltweite Präsenz gleicher Fertigungstechnologien erfordern. Unterstützt wird diese Entwicklung durch den Umstand das auch die Schwellenländer von diesen Strategien profitieren, indem nicht mehr die älteren Produkte auf diesen Märkten positioniert werden, sondern mit einem einheitlichen Teilespektrum weltweit gearbeitet wird. Um zielorientiert mit den Automobilbauern zu arbeiten, ist daher auch die weltweite Präsenz der Zulieferer im Automobilbereich mit gleichen Fertigungs- technologien erforderlich. Aus einer systematischen Vorgehensweise der Zulieferer bei der Erstellung der Prozesse und Betriebsmittel für die Warmumformung sind sogar Ef- fekte für die Automobilindustrie zu erwarten. Daher ist es umso wichtiger, dass Zulieferer ihre Prozesse von der Angebotsbearbeitung über die Erstellung der Prozesse und Betriebsmittel bis hin zum Anlauf der Produkte weltweit standardisieren. Da die Anläufe neuer Produkte immer zeitversetzt erfolgen, können Lerneffekte daher mitgenommen, innerhalb des Zulieferers von Region zu Region übertragen und an anderen Standorten für Zulieferer und Automobilhersteller gewinnbringend genutzt werden. Dies ist bei weltweit verschiedenen Zulieferern kaum gegeben.

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Effizienzsteigerung in der Warmumformung

Dr.-Ing. Oliver Straube,

Autotech Engineering Deutschland GmbH,

Dipl.-Ing. Ignacio Martin Gonzales

Autotech AIE, Spanien, (Gestamp Gruppe)

Abstrakt

In der Warmumformung werden für die kommenden Jahre weitere globale Kapazitätser-

weiterungen erwartet. Auslöser hierfür sind globale Plattformstrategien der Auto-

mobilhersteller die weltweite Präsenz gleicher Fertigungstechnologien erfordern.

Unterstützt wird diese Entwicklung durch den Umstand das auch die Schwellenländer

von diesen Strategien profitieren, indem nicht mehr die älteren Produkte auf diesen

Märkten positioniert werden, sondern mit einem einheitlichen Teilespektrum weltweit

gearbeitet wird. Um zielorientiert mit den Automobilbauern zu arbeiten, ist daher auch

die weltweite Präsenz der Zulieferer im Automobilbereich mit gleichen Fertigungs-

technologien erforderlich. Aus einer systematischen Vorgehensweise der Zulieferer bei

der Erstellung der Prozesse und Betriebsmittel für die Warmumformung sind sogar Ef-

fekte für die Automobilindustrie zu erwarten.

Daher ist es umso wichtiger, dass Zulieferer ihre Prozesse von der Angebotsbearbeitung

über die Erstellung der Prozesse und Betriebsmittel bis hin zum Anlauf der Produkte

weltweit standardisieren. Da die Anläufe neuer Produkte immer zeitversetzt erfolgen,

können Lerneffekte daher mitgenommen, innerhalb des Zulieferers von Region zu

Region übertragen und an anderen Standorten für Zulieferer und Automobilhersteller

gewinnbringend genutzt werden. Dies ist bei weltweit verschiedenen Zulieferern kaum

gegeben.

2 Effizienzsteigerung in der Warmumformung Straube, Martin

1 Gestamp Gruppe

Gestamp ist ein privater Industriekonzern mit dem Hauptgeschäft im Bereich der

Automobilkomponenten. Der Bereich der Fahrzeugkomponenten betreibt aktuell 96

Werke in 19 Ländern. Der Umsatz des Unternehmens lag 2013 bei 5707 Mio. Euro bei

insgesamt 30277 beschäftigten. In insgesamt weltweit 12 R&D Centern sind mehr als

1000 Mitarbeiter mit der Entwicklung neuer Bauteile und Komponenten beschäftigt. Im

Focus der strategischen Entwicklung und Ausrichtung stehen die weltweite Führerschaft

bei den hochfesten und warmumgeformten Produkten sowie die Entwicklung von

Chassiskomponenten.

Das operative Geschäft ist in weltweit 4 Regionen zusammengefasst wobei das größte

Wachstum in Asien, Russland und Brasilien zu verzeichnen ist. Auch in den USA wird

das Geschäft weiter strategisch ausgebaut.

Der Schwerpunkt liegt bei den Komponenten der Metallverarbeitung. Das Technologie-

spektrum reicht daher von der klassischen Kaltumformung für Struktur- und Außenhaut-

teile, über die Verarbeitung hochfester kalter Stähle vor allem im Achsbereich und bei

crashrelevanten Strukturen, bis hin zur Warmumformung höchstfester Stähle. (Bild1).

Dabei beschränkt sich die Verarbeitung nicht nur auf die klassischen Umformverfahren

sondern auch auf Rollform- und Hydroformprozesse (Bild2). Auch in der Fügetechnik

werden gemäß Bild3 alle modernen Prozesse vom Punktschweißen, über Tailored-

Blanksfertigung und Patchwork Blanks bis hin zum Laserremoteschweißen eingesetzt.

Der sehr große Eigenbedarf an Werkzeugen wird zum größten Teil in eigenen Werkzeug-

bauten in Spanien, Schweden, Mexiko, China, Deutschland und der Türkei gefertigt.

2 Synergien bei globalen Projekten durch Standardisierung

2.1 Standardisierung von Warmumformanlagen

Der Trend zunehmend Warmumformbauteile rund um die Fahrgastzelle einzusetzen ist

nach wie vor ungebrochen und es wird auch noch in den kommenden Jahren mit einem

weiteren weltweiten Wachstum im Bereich Warmumformung gerechnet. Waren noch

2010 bei Gestamp an weltweit 8 Standorten nur 23 Warmumformlinien im Betrieb, so

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waren es 2011 bereits über 30 Anlagen. Bis Ende 2014 wird Gestamp weltweit 55

Anlagen an 16 Standorten in Betrieb haben. (Bild4).

Gestamp hat sich für weltweite Projekte speziell in den wachstumsorientierten

Fertigungstechnologien wie der Warmumformung frühzeitig einheitlich aufgestellt. Zum

Beispiel wurde bereits Mitte des letzten Jahrzehnts begonnen, die Anlagentechnik für

Warmumformung zu standardisieren. Aus vielen jahrelangen Erkenntnissen und

Entwicklungen wurden Anlagenstandards wie die Warmumformlinien „Bigline“,

„Mediumline“ und „Smallline“ abgeleitet. Dabei sind aber auch noch jede Menge

Speziallinien aus den Anfängen der Warmumformung oder aus Zukäufen vorhanden und

werden weiter betrieben. Diese reihen sich überwiegend in die Baugröße „Mediumline“

ein und werden daher als „Mediumline special“ bezeichnet (Bild5).

Während Anlagen, die Mitte des letzten Jahrzehnts beschafft wurden, noch mit

Taktzeiten von 25s bis 15 s konzipiert waren, werden heutige Anlagen bereits auf eine

Taktzeit von 10 s ausgelegt. Mit dem Smallinekonzept werden für einige wenige

Anwendungen teilweise sogar kürzere Taktzeiten realisiert. Durch ständige Verbes-

serungsprozesse werden dabei auch ältere Linien aufgerüstet, um sich den

Marktbedingungen anzupassen. So wurde beispielsweise auf den Anlagen in

Ludwigsfelde die Taktzeit von 21s auf teilweise 16 bis 18 s gesenkt. Insgesamt konnte

damit die Anlagenkapazität in Ludwigsfelde um etwa 1/3 erweitert werden.

Alle Anlagenkonzepte verfügen heute über Taupunktregeleinrichtungen oder werden mit

entsprechenden Gasatmosphären betrieben um den Schutz des Stahles gegen

Wasserstoffeintrag zu gewährleisten. Die Entwicklung der Anlagenkonzepte erfolgt dabei

im Hause Gestamp, wobei anfangs mit verschiedenen Ofenherstellern und Pressenher-

stellern zusammengearbeitet wurde. Insofern unterscheiden sich die Anlagen zwar etwas

herstellerspezifisch, jedoch sind die Schlüsselfunktionen wie Aufsetzen der Platinen auf

dem Rollengang des Ofens mittels Roboter, Ofenauslauf und Zentrierstation und

Einlegen der Platine in den Ofen durch einen Transfer gleich ausgelegt. Die Pressen sind

hinsichtlich Tischgrößen und Presskräften sowie Medienanschlüssen standardisiert.

Das Mediumline-Konzept ist das heute verbreitetste. Durch den strategisch orientierten

Zukauf der Firma Loire als Pressenhersteller konnte das Anlagenkonzept weiter

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verfeinert und ausgebaut werden. Auch Wettbewerber sind einen ähnlichen Weg im

Bereich der Anlagenherstellung gegangen.

Das älteste Konzept ist das mit der Firma Schuler entwickelte „Biglinekonzept“, dass auf

lange Bauteile wie Bumper oder Seitenaufprallträger zugschnitten wurde. Hier ergänzen

sich ein ca. 46 m langer Ofen mit einer von Schuler entwickelten Mehrstößelmaschine

mit einer Gesamtpresskraft von 1200 t, die das Betreiben von max. 4 schmalen

Werkzeugen ermöglicht. Die Werkzeugbreite beträgt dabei max. 350 mm. Dieses

Anlagenkonzept wurde überwiegend für schmale und schlanke Teile entwickelt. Es

eignet sich hervorragend für die Mehrfachfertigung von Biegeträgern oder

Seitenaufprallträgern. Beim Biglinekonzept orientierte man sich überwiegend auf die

Fertigung von Boron-Teilen also unbeschichtetem Material, was auch den Anschluß einer

Strahlanlage erforderte. Das Biglinekonzept steht an weltweit 4 Standorten in Europa (2)

USA und China.

Mit der Ausweitung der hochfesten Warmumformteile in der Fahrzeugkarosserie kamen

natürlich auch Teile wie A-und B-Säulen zum Warmumformspektrum hinzu, was breitere

Werkzeuge und damit eine Anpassung des Anlagenkonzepts erforderte. So wurde das

Mediumlinekonzept entwickelt, das aus einer 1200 t Doppelstößelmaschine und einem

entsprechend den Anforderungen angepassten Ofenkonzept besteht. Je nach Anforderung

an den zu verarbeitenden Werkstoff ist die Ofenlänge ausgewählt, mit Schutzgasoption

ausgestattet, bzw. die Anlage mit einer Strahlanlage kombiniert. Das Mediumlinekonzept

wurde mit dem Doppelstößel an die im Fahrzeug überwiegend vorhandenen Links-/

Rechtsteile angepasst, womit immer die für ein Fahrzeug erforderlichen Teile gemeinsam

produziert werden können. Aufgrund der Kombination von 2 Platinen in 2 Werkzeugen

pro Hub sind sowohl der Einlege- als auch der Entnahmevorgang komplexer, als bei einer

Einzelteilfertigung. Daher sind Mehrstößelfertigungen störungsanfälliger als Einfach-

teilefertigungen sodass die Ausbringung in Hüben pro Stunde geringer ausfällen kann als

bei einer Einzelteilefertigung.

Aus diesem Grund wurde das Smallinekonzept mit einer Einzelteilfertigung pro Hub

entwickelt. Im Gegensatz zu Medium- und Bigline, wo die Platinen mit der Stirnseite

voraus durch den Ofen fahren, ist bei der Smalline ein Transport der Bauteile quer durch

den Ofen vorgesehen, d.h. die Platinen liegen im Ofen mit Längsrichtung parallel zu den

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Ofenrollen. Die Presse steht bei diesem Linienkonzept in Durchlaufrichtung des Ofens.

Durch die Querlage der Platinen im Ofen werden die Platinen gegen einen Anschlag

gefahren und zum Werkzeug zentriert. Das Einlegen erfolgt über einen Transfer und

Greifer analog zu den anderen Linien. Die Zuführung der Platinen erfolgt durch das

weniger aufwendige Ausrichten der Platinen schneller sodass bei diesem Linienprinzip

die Einlegezeit unter 6 s liegt. Daher eignet sich dieses Linienprinzip besonders für dünne

Bleche unter 1,0 mm. Durch die geringere Störanfälligkeit ist die Effektivität dieser

Anlage deutlich höher als bei anderen Linienkonzepten, so dass derartige Anlagen mit

einem OEE von > 80% gefahren werden können.

2.2 Standardisierung bei der Prozessauslegung für Warmumformung und

Beschnitt

Die Technische Angebotsbewertung von Warmumformteilen erfolgt bei Gestamp

momentan in weltweit vier Tech-Centern. Die überwiegende Anzahl von Prozess-

auslegungen erfolgt dabei in Lulea, Schweden und Ludwigsfelde, Deutschland. In den

Tech-Centern arbeiten insgesamt etwa 40 Mitarbeiter an der Auslegung von Warm-

umformprozessen für eigene Bauteilentwicklungen oder Bauteilen, die nur zum Zwecke

der Fertigung als sogenannte „Build to Print Bauteile“ bei Gestamp angefragt werden,

Bild6. Weltweit wurden so 2013 mehr als 1000 Bauteile bewertet.

Um die technische Angebots- und Machbarkeitsbewertung von Warmumformteilen

schnell und effizient durchführen zu können wurden auch hier die Arbeitsabläufe

frühzeitig standardisiert. Dabei werden für die Zusammenfassung der Prozessauslegung

nicht nur standardisierte Formulare sondern auch insbesondere im Bereich CAE gleiche

Systeme verwendet. Durch das automatisierte Auslesen der Informationen zur Bauteil-

schachtelung, der Materialausnutzung und des Materialeinsatzes wurden die Abläufe

vereinfacht. Nur dadurch sind die Mitarbeiter bei Gestamp in der Lage ein Bauteil

innerhalb weniger Arbeitstage technisch auszuwerten. Der Hauptteil der Arbeiten liegt

dabei auf der Prozessdefinition für das Warmumformteil und der Durchführung von

Simulationen um die Machbarkeit mit der ausgewählten Prozessdefinition zu belegen.

Parallel werden die Kundeninformationen zum Bauteil aus CAD und Zeichnungen

bewertet um dem Kunden hinsichtlich der erreichbaren Toleranzen bereits mit dem

Angebot entsprechende Abweichungen mitteilen zu können. Für ein Bauteil werden dem

Kunden Aussagen über:

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- technische Machbarkeit (Umformung) des Bauteils, mit den Bewertungen

- herstellbar,

- nicht herstellbar oder kritisch, d.h. herstellbar unter Einhaltung der Gestamp

Änderungsvorschläge

- Toleranzen

- Größe der Platine, Einsatzgewicht etc.

übergeben. Weitere Details zur Prozessdefinition, mögliche Laserlängen, mögliche vor-

entwickelte Bereiche etc. werden natürlich ebenfalls ermittelt, da sie Voraussetzung für

eine detaillierte Kalkulation der Bauteile bilden.

Nach Nominierung zur Fertigung des Bauteils durch den Kunden werden die

Prozessausarbeitungen in Richtung eines Warmumformwerkzeuges fortgeführt. Dabei

werden die mit dem Kunden ausgehandelten Kompromisse hinsichtlich Bauteil-

änderungen und Toleranzen eingearbeitet. Die Platinenschachtelung der Ausgangsplatine

wird ebenfalls anhand der Toleranzabstimmung mit dem Kunden optimiert. Hierbei

werden dann noch einmal verschiedene Simulationen durchgeführt, um die

Fertigungsmethode für das Bauteil zu optimieren und die Prozessauslegung robust zu

gestalten. Am Ende werden die Werkzeugflächen aus den Simuationsdaten generiert um

die Funktion des Werkzeuges sehr nahe an der Prozessimulation zu halten. Die so

erzeugten Werkzeugflächen gehen zusammen mit den ermittelten Kräften und

Bewegungswegen des Werkzeuges in den Werkzeugbau und bilden die Basis für das

Warmumformwerkzeug.

Auch der Beschnittprozess für Warmumformteile wird in der Prozessauslegung

mitbetrachtet. Dabei steht bei Gestamp ein ganzer Baukasten von unterschiedlichen

Beschnittarten, gemäß Bild 7, zur Verfügung wobei heute aufgrund von Kundenan-

forderungen überwiegend das Laserschneiden zum Einsatz kommt. Aber auch Hart-

beschnitt nach Warmumformung in separaten Schnittwerkzeugen, Warmbeschnitt im

Umformwerkzeug während oder nach erfolgter Ausformung oder das Vorentwickeln der

Platine werden für die Bauteilfertigung genutzt. Allerdings rechnet sich ein Hartbeschnitt

heute aufgrund der ständig schneller werdenden Laserschneidgeschwindigkeiten erst ab >

300.000 Fahrzeugen pro Jahr, produziert am gleichen Standort. Diese Volumina werden

vom Markt heute kaum noch angefragt.

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Anzustreben ist die Vermeidung von Beschnitt mittels vorausgelegter Platine jedoch

bedeutet dies meist eine Erweiterung von Kundentoleranzen. Für eine eigene Ab-

schätzung der Möglichkeiten sind hier meist Umgebungsdaten für das jeweilige Bauteil

oder umfangreiche Abstimmungen mit dem Kunden erforderlich.

Nach Bewertung der Toleranzen werden die Beschnittlängen errechnet und anschließend

die Laserzeit für die Kalkulation des Teilepreises oder zusätzlich Werkzeugaufwände

ermittelt. Für die störungssichere Aufnahme der Bauteile im Laserprozess werden

ebenfalls standardisierte Elemente verwendet, die eine gute Lagefixierung der Bauteile

auch bei flacher Geometrie ermöglichen. Auch die Laseraufnahmen sind bei Gestamp

standardisiert.

2.3 Standardisierung bei der Einarbeit und beim Tryout

Das globale Wachstum insbesondere in den Schwellernländern wie Russland, China und

Brasilien, führt dazu, dass insbesondere in neu errichteten Werken die Kapazitäten für

Werkzeugbau und Tryout beschränkt sind. Überwiegend organisieren sich die Werke

hauptsächlich mit einer Werkzeuginstandsetzung und Reparatur um kleinere War-

tungsumfänge durchführen zu können. Daher müssen die Werkzeuge bei Verlagerung

insgesamt einen hohen Einarbeitsstand aufweisen. Daher wurden die Gestamp eigenen

Werkzeugbauten mit einheitlichen Tryoutlinien der Baugröße „Smalline“ ausgerüstet.

Damit kann ein Warmumformwerkzeug mit einem hohen Einarbeitungsstand in das

Gestamp-Werk ausgeliefert werden. Der Einarbeitungsaufwand Vorort wird damit

erheblich reduziert. Auch Vorserien können bei Bedarf auf diesen Tryoutlinien

wirtschaftlich gefahren werden, da Kunden ab der Vorserie heute überwiegend bereits die

Einhaltung des für die Serie geltenden Teilepreises fordern.

2.4 Einarbeit Vorort und weltweite Koordination von gewonnenen

Erkenntnissen

Die Einarbeitung der Werkzeuge wird durch die Entsendung von Werkzeugmachern aus

dem Werkzeugbau und durch Mitarbeiter des Launchteams unterstützt, wobei die Launch

teams insbesondere neue Werke mit wenig Infrastruktur und Know-How technische

Hilfestellung geben. Insbesondere bei globalen Projekten, bei denen weltweit gleiche

Teile und damit gleiche Werkzeuge an unterschiedlichen Standorten zum Einsatz

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kommen, zahlt sich die Sammlung von Erkenntnissen durch die eingesetzten Fachkräfte

und insbesondere das Launchteam aus. Auftauchende Probleme und Abweichungen in

den Werkzeugen und Warmumformprozessen können in den anderen Regionen frühzeitig

geändert und somit verbessert werden. Damit sind bei globalen Projekten nicht nur

Kosten im Bereich der Werkzeugkonstruktion, sondern auch bei der Einarbeitung von

Werkzeugen einzusparen. Für den Kunden und Gestamp ergibt sich damit eine Win-Win-

Situation, da die gewonnen Erkenntnisse, abgeleiteten Änderungen an Prozessen und

Werkzeugen für den Kunden auch eine Verkürzung bei einem weltweit zweiten oder

dritten Fahrzeuganlauf zur Folge haben. Obendrein werden Kosten der

Werkzeugkonstruktion reduziert, bzw. auf mehr Werkzeugsätze verteilt, was ebenfalls

eine Kostenreduzierung für den Kunden bedeutet.

3 Effizienzsteigerungen des Warmumformprozesses

3.1 Effizienzsteigerung bereits bei der Prozessauslegung

Die Effizienz des Warmumformprozesses kann durch unterschiedliche Maßnahmen

verbessert werden. Hierzu trägt natürlich der erhebliche Erfahrungsschatz der Kollegen in

den Tech-Centern bei der Prozessauslegung bei. So ist zum Beispiel die Kombination

möglichst vieler Bauteile zu einer gemeinsamen Platine wie auch die möglichst große

Kombination von Bauteilen unterschiedlicher Platinen bereits in der Prozessauslegung

festzulegen. Auch die Kombination verschiedener Bauteile eines Fahrzeuges mit gleichen

jährlichen Bedarfen ist anzustreben. Letzteres ist jedoch durch die erhöhte Störan-

fälligkeit der Kombinationen eingeschränkt zu betrachten. Hier sind auch Limitierungen

durch die Anlagentechnik, z.B. bei der Ausrichtung und Zuführung der Platinen zu

beachten.

3.2 Effizienzsteigerung bei Warmumformanlagen

Die Effizienz einer Warmumformlinie kann durch unterschiedliche Maßnahmen ver-

bessert werden. Die Kombination verschiedener Bauteile eines Fahrzeuges mit gleichen

jährlichen Bedarfen ist anzustreben erhöht jedoch auch die Störanfälligkeit der Prozesse.

Daher erfolgt die Kombination von Bauteilen mit Augenmaß und in Absprache mit dem

für die Produktion vorgesehenen Herstellerwerk.

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Bei Gestamp wird darüber hinaus ständig an der Verbesserung der Warmumformprozesse

in den einzelnen Werken gearbeitet. Das Ziel ist es dabei die Anzahl der pro Stunde oder

pro Schicht gefahrenen Hübe ständig zu verbessern. Ebenfalls wird daran gearbeitet, die

Wartungsaufwände an den Warmumformanlagen und an den Betriebmitteln zu re-

duzieren, was ebenfalls die Effizienz des Warmumformprozesses steigert.

Einschränkungen in der Effizienz einer Warmumformanlagen ergeben sich bei

Störungen aus:

- Platinenzuführung

- Ofendurchlauf (Rollenaufbau, Doppelblechkontrolle)

- Zentrierung

- Einlegen (Transfer, Greifer)

- Warmumformwerkzeug (Einarbeitungstand , Tuschierbild, Verschleiß)

- Entnahme (Greifer, Transfer)

Bei Betrieb eines konventionellen Rollenherdofens mit dem Erwärmen der Platinen

direkt auf den Ofenrollen führt zu erheblichen Verschmutzungen auf den Ofenrollen bei

der Verarbeitung von AlSi beschichteten Blechen. Hieraus ergibt sich mit fortschrei-

tendem Rollenaufbau insbesondere für dünne und leichte Platinen eine zunehmend

schlechtere Lagepositionierung auf der Zentrierstation. Dieser fortschreitende Prozess

führt zunehmend zu Zentrierfehlern und kann nur durch eine intensive Ofenwartung mit

Austausch von Rollen behoben werden. Selbst bei guter Vorbereitung kostet eine

Ofenwartung mindestens eine Woche Produktionsausfall, der durch Abkühlen, Ofen-

stillstand und kontrolliertes wieder anheizen verursacht wird. In der Ofenwartung werden

meist in einem kritischen Bereich mindestens 100 bis 150 Ofenrollen getauscht und

teileweise durch gut erhaltenen aber größtenteils neue Ofenrollen ersetzt. Der Abstand

zwischen zwei Ofenwartungen wurde beispielsweise in Ludwigsfelde in den letzten 3

Jahren von 6 auf 9 bis 10 Monate verlängert. Dies wurde durch den umfangreichen Test

von Ofenrollenbeschichtungen und die Auswahl des geeignetsten Systems für den

Dauereinsatz erreicht. Bild8.

3.3 Effizienzsteigerung durch optimierte Warmumformwerkzeuge

Die Warmumformwerkzeuge sind durch den Warmumformprozess hohen thermischen

und mechanischen Belastungen ausgesetzt. Durch die Wärmeübertragung vom Blech

beim Abkühlen auf das Werkzeug werden dicht an der Oberfläche kurzzeitig hohe

Temperaturen im Bereich der Einlegetemperatur des Bleches um die 730°C erreicht.

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Durch kurze Taktzeiten und die im Blech gespeicherte Energie wird diese auf das

Werkzeug übertragen und heizt das Werkzeug langsam auf. Je nach Ausführung der

Wasserkühlung im Werkzeug wird das Werkzeug auf eine Temperatur von 80° bis 100°C

aufgeheizt. Eine Temperatur bis 180°C kann zwischenzeitlich schon mal auftreten.

Aufgrund der hohen Platinentemperatur sind sehr dünne Beschichtungen daher zur

Beschichtung der Werkzeuge mit einem Verschleißschutz gänzlich ungeeignet. Zu-

sätzlich sind die Oberflächen der Bleche bei hohen Temperaturen sehr rauh, so dass zu-

sammen mit der AlSi-Beschichtung ein starker Abrieb an den Werkzeugformen erfolgt.

Dies kann durch eine hohe Härte in der Werkzeugoberfläche von annähernd 60 HRC

verhindert werden. Aufgrund der sehr harten AlSi Beschichtung verschleißen normale

Werkzeugstähle relativ schnell nach 100.000 Hüben. Der Verschleiß ist an größer

werdenden Radien und nicht mehr zu haltenden Formtoleranzen zu erkennen. Das

Werkzeug müsste nun frühzeitig nachgesetzt werden, um den Nachfräsaufwand in

Grenzen zu halten.

Eine Alternative bildet das Laserpulverauftragsschweißen, das aus der Kaltumformung

zur Beschichtung von Werkzeugen bekannt ist. Gemeinsam mit einem Kooperations-

partner wurde durch Auswahl einer geeigneten Pulvermischung das Laserpulverauftrags-

schweißen derart angepasst, sodass heute eine hoch verschleißfeste Beschichtung auf die

Warmumformwerkzeuge aufgetragen werden kann. Bild9. Diese Technologie wird

teilweise sowohl bei bestehenden älteren Warmumformwerkzeugen als Reparaturlösung

als auch bei neu angefertigten Werkzeugen von vornherein eingesetzt. Werkzeuge

aufgeschweißt mit dieser Technologie zeigen selbst nach 450.000 Hüben heute keinerlei

Verschleißerscheinungen an der Werkzeugoberfläche. Auch der Wartungsaufwand durch

säubern und polieren der Werkzeuge zwischen den Fertigungslosen ist mindestens um

50% reduziert und der Produktionprozess muß für Wartungen der Werkzeuge innerhalb

eines Fertigunsgloses so gut wie nicht mehr unterbrochen werden. Insgesamt muß

allerdings für eine derartige Beschichtung ein Mehraufwand in der Erstellung der Werk-

zeuge von ca. 30 T€ investiert werden.

4 Zusammenfassung

Auch in den nächsten Jahren wird die Bedeutung der Warmumformungstechnologie und

das starke Wachstum an Warmumformteilen weiter zunehmen. Durch die Entwicklung

globaler Fahrzeugplattformen mit Warmumformteilen sind global aufgestellte Zulieferer,

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wie Gestamp mit seiner Kompetenz im Bereich der Warmumformung, gefragt, die den

Kunden bereits bei der Auslegung und Optimierung der Bauteile, sowie beim Pro-

duktionsanlauf durch kurze Reaktionszeiten auf auftauchende Problem optimal

unterstützen können, und das Know-How aus regionalen Anläufen optimal auf andere

Regionen übertragen können.

Gestamp deckt dabei die gesamte Wertschöpfungskette der Warmumformung von der

Entwicklung, Simulation sowie Prototypenbau, über eigene Werkzeugbaukapazitäten,

eine eigene Pressenlinien-Auslegung und Erstellung, weltweite Produktionserfahrung ab.

Eine Co-Entwicklung der Bauteile mit Gestamp ist erforderlich um Kapazitäten und

Projekterfolg frühzeitig abzusichern.

Die dargestellten Ergebnisse zur Optimierung von Warmumformanlagen wurden im

Rahmen eines durch die Europäische Union, Europäischer Fonds für regionale

Entwicklung, geförderten Vorhabens erarbeitet.

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Bild 1: Produktspektrum Gestamp Autocomponents

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Bild 2: Technologiespektrum für den Karosseriebereich 1/2

Bild 3: Technologiespektrum für den Karosseriebereich 2/2

Bild 4: Geplantes Wachstum bei Gestamp im Bereich Warmumformung

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Bild 5: Gestamp Standards für Warmumform- und Beschnittlinien

Bild 6: Globale Unterstützung als Prinzip für globales Wachstum

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Bild 7: Schneiden von Warmformteilen

Bild 8: Verlängerung der Wartungszyklen durch Rollenbeschichtungen

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Bild 9: Laserauftragsgeschweißte Werkzeugoberflächen