EGO - Textteil

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1 TITEL DEUTSCH D as Lieblingstier aller Extrem-Bodybuilder müsste der Weißblaue Belgier sein. Rinder dieser Rasse sehen aus »WIE EIN PITBULL AUF ANABOLIKA«, findet Perikles Simon. Durch eine Mutation sei bei den Tie- ren ein Gen beschädigt, das die Muskelbildung zügele, erklärt der Leiter der Abteilung Sportmedizin an der Universität Mainz. Simon fürchtet, dass irgendwo auf der Welt Athleten tatsächlich versuchen, ihre Körper nach dem Vorbild des belgischen Blaurinds zu formen - indem sie sich Vi- ren in die Adern spritzen, die fremde Erbsubstanz enthalten. » Manche von denen bekommen keinen einzigen Klimmzug hin. « TEXT SASCHA ZOSKE

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TITEL DEUTSCH

D as Lieblingstier aller Extrem-Bodybuilder müsste der Weißblaue

Belgier sein. Rinder dieser Rasse sehen aus »wie ein Pitbull auf

anabolika«, findet Perikles Simon. Durch eine Mutation sei bei den Tie-

ren ein Gen beschädigt, das die Muskelbildung zügele, erklärt der Leiter

der Abteilung Sportmedizin an der Universität Mainz. Simon fürchtet,

dass irgendwo auf der Welt Athleten tatsächlich versuchen, ihre Körper

nach dem Vorbild des belgischen Blaurinds zu formen - indem sie sich Vi-

ren in die Adern spritzen, die fremde Erbsubstanz enthalten.

» Manche von denen bekommen

keinen einzigen

Klimmzug hin. «

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»wir gehen davon aus, dass

gen-doPing schon Praktiziert

wird«, sagt der Mediziner und

Molekularbiologe. Eine mögliche

Anwendung sei der Muskelauf-

bau: Er könne stimuliert werden,

wenn es gelinge, das Gen für den

Eiweißstoff Follistatin in mensch-

liche Zellen zu schleusen. Wie bei

den Blaurindern würde dann die

natürliche Bremse für das Muskel-

wachstum gelöst. Die Vorstellung,

dass so etwas nur in Hightech-La-

boren gelinge, ist irrig, wie Simon

deutlich macht. Für gut 500 Dollar

sei ein gebrauchsfertiges Virus zu

haben, das als Gen-Vehikel die-

nen könne. Jeder könne sich die-

sen Trojaner besorgen, er müsse

nur schriftlich versichern, dass

er die Schutzvorschriften einhalte. Wer sich schon als nächsten Mister

Universum sieht, dürfte wenig Skrupel haben, solch eine Erklärung zu

unterschreiben. Simon weiß, dass es kaum Möglichkeiten gibt, wild ent-

schlossene Gen-Junkies zu stoppen. Er zitiert eine Untersuchung, nach

der 50 Prozent aller Hochleistungssportler in Kauf nehmen würden, in

fünf Jahren tot zu sein, wenn sie eine »wunderPille« mit Goldmedail-

len-Garantie einnehmen dürften. Trotzdem haben der Mainzer Forscher

und seine Mitstreiter den Kampf gegen die DNA-Doper aufgenommen.

FoLLISTaTIn kommt bei fast allen höher entwickelten Tieren im ganzen Körper vor. Zusammen mit MyoSTaTIn ist es Bestandteil eines die Muskelbildung und Muskelregeneration kontrollierenden Regelkreises. Ein zu seinen Gunsten verschobenes Verhältnis der beiden Stoffe führt zu ungehemmten Muskelaufbau.

ohne

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Seit Anfang des Jahres ist am Institut für Sportwissenschaft das Labor für

Molekulare Belastungsphysiologie in Betrieb. Dort wollen die Wissen-

schaftler mit hochsensibler Technik nach suspekten Veränderungen im

Blut von Athleten suchen. Erbsubstanz, die von außen in den Organismus

gelangt, unterscheidet sich im Aufbau von jener, die dort bereits vorhan-

den ist: Die körpereigene DNA enthält bestimmte Sequenzen, die den

mit Viren importierten Molekülen fehlen. Diese Abweichungen können

Simons Mitarbeiter mit ihren Geräten aufspüren.

Der Professor hofft, bis zu den Olympischen Spielen im nächsten

Jahr ein Verfahren entwickelt zu haben, mit dem sich Gen-Doping routi-

nemäßig nachweisen lässt. »die frage ist, ob man es dann auch wirk-

lich einsetzen will.« Simon geht es dabei nicht nur um die sportliche

Fairness. Das Übertragen von Erbmaterial ohne strenge ärztliche Kont-

rolle sei sehr riskant: Der Athlet könne einen Immunschock erleiden oder

Jahre später an Krebs erkranken, und weil Viren zum Einsatz kämen, sei

auch denkbar, dass sich Unbeteiligte ansteckten. Spätestens wenn die All-

gemeinheit gefährdet werde, müsse mit der Nachsicht gegenüber den Do-

pern Schluss sein. Dennoch ist die Fahndung nach Wettkampfbetrügern

letztlich »luxusmedizin«, wie der Professor weiß.

Von seinem 1,1 Millionen Euro teuren neuen Labor sollen auch

Freizeitsportler profitieren und sogar Menschen, denen der Sinn erst

einmal gar nicht nach Ertüchtigung steht. Simon und seine Kollegen

untersuchen deshalb allgemein, was auf molekularer Ebene im Körper

geschieht, wenn er belastet wird. Strengt sich ein Mensch physisch an,

werden bestimmte Gene aktiviert, damit der Organismus den Stress bes-

ser bewältigen kann. Viele dieser Vorgänge sind den Forschern noch ein

Rätsel. So steigt zum Beispiel der Gehalt an freier DNA im Blut an, wenn

ein Proband auf dem Ergometer in die Pedale tritt. Dabei könnte es sich

ist sehr riskant. «

strenge ärztliche Kontrolle

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um eine primitive Immunreaktion handeln, vermutet Simon. vDas Erb-

material diene vielleicht dazu, Abwehrzellen »scharfzumachen«, was

sinnvoll wäre, da jede intensive körperliche Tätigkeit das Infektionsrisiko

erhöhe - etwa wegen des schnellen Atmens. Diesen Effekt will sich Simon

zunutzemachen. Wenn sich ein Krebskranker

sportlich betätige, gelange auch Tumor-DNA

ins Blut, so seine Annahme. Lasse sich der

Nachweis präzise führen, könne ein Belastungs-

EKG möglicherweise zur Krebsvorsorge ge-

nutzt werden. Aber auch bei Tumorpatienten,

die schon behandelt würden, sei es interessant,

den DNA-Pegel zu beobachten.

Noch wisse man nämlich zu wenig da-

rüber, was die Sporttherapie, die vielen Krebs-

kranken empfohlen werde, tatsächlich bewirke.

Überhaupt sollen die molekularen Analysen

den Sportmedizinern helfen, genauere Aussa-

gen über die Fitness ihrer Klienten zu treffen.

Simon weiß aus eigener Erfahrung, dass das

Erscheinungsbild eines Menschen wenig über

dessen Leistungsfähigkeit verrät: »ich hatte

hier mal einen 62 Jahre alten mann mit leichtem Übergewicht,

der einen marathon kurz Über drei stunden lief.« Die prächti-

ge Muskelfülle eines Bodybuilders wiederum halte nicht immer, was

sie verspreche. Wenn die Bewegungsabläufe nicht genau jenen glichen,

die sie sonst trainierten, versagten die Studio-Helden mitunter kläglich:

»manche von denen bekommen keinen einzigen klimmzug hin.« ●

» Noch wisse

man nämlich

zu wenig

darüber. «

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T he favorite animal of all extreme bodybuilders would be the Belgian

Blue. Cattle of this breed look "like a Pit bull on steroids," says

Simon Pericles. Either by a mutation in a gene the animals damaged, the

unrestrained muscle formation, explains the head of the Department of

Sports Medicine at the University of Mainz.

Simon is concerned that somewhere in the world, athletes are actu-

ally trying to shape their bodies along the lines of the Belgian Blue Beef - by

an injection of virus into the veins that contain foreign genes. "we exPect

that gene doPing is already doing," says the physician and molecular

biologist. He could be stimulated, if it succeeds, to infiltrate the gene for

the protein follistatin in human cells: A possible application is the muscle.

As with the Blue cattle then the natural brake for muscle growth would be

solved. The idea that something succeeds only in high-tech laboratories, is

erroneous, as Simon points out. For about 500 dollars a ready-made virus

to be had, which could serve as gene vehicles.

Everyone can get these Trojans, he must assure in writing that he

respected the safety regulations. Anyone who sees himself as the next Mr.

Universe would have little scruple to sign such a declaration. Simon knows

that there are few ways to stop wild resolute gene junkies. He cites a study,

take the 50 percent of all athletes in terms of purchasing would be dead

in five years if they could take a "magic Pill" with a gold medal warranty.

Nevertheless, the researchers in Mainz and his colleagues in the fight against

» Some of those can't even do a single pull-up. «

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the dopers have taken DNA. Since the beginning of the year at the Institute

of Sports Science Laboratory of Molecular Physiology in load operation.

There, the scientists want with highly sensitive technique for suspicious

changes in the blood of athletes looking for. Genetic material, which comes

from outside the body, differs in structure from that, there already exists.

» Transfering genetics

without any medical

supervision is very risky. «

The body's own DNA contains sequences with viruses lacking the

imported molecules. These deviations can track down Simon's staff with

their equipment. The professor hopes to have developed up to the Olym-

pics next year, a process which can routinely detect gene doping. "the

question is whether you want to actually use it then." Simon,

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this is not just about sportsman-

ship. The transfer of genetic mate-

rial without strict medical supervi-

sion is very risky: The athlete could

suffer a shock immune or years

later diagnosed with cancer, and

because viruses would be used,

also conceivable that infected b

standers. By the time the public

is endangered, it must be with le-

niency towards the end Dopern.

Nevertheless, the search for com-

petition fraudsters end "luxury

medicine", as the professor knows.

1.1 million EUR from his expensive new laboratory will also benefit ama-

teur athletes and even people who are in the mood not only once after up-

grading. Simon and his colleagues are therefore generally what happens

at the molecular level in the body when it is loaded. Be filed on a person

physically, certain genes are activated, so that the organism can handle the

stress better.

Many of these processes are still a mystery to researchers. Rises

to as the content of free DNA in the blood when a subject enters on the

ergometer in the pedals. It could be either a primitive immune response,

Simon suspected. The genetic material may serve to immune cells "make

sharP," which would make sense, since any intense physical activity in-

creases the risk of infection - for example, because of the rapid breathing.

This effect will be utilized to make Simon. When a cancer patient exercise,

get into the blood and tumor DNA, so its adoption. Let the evidence lead

FoLLISTaTIn occurs in almost all higher developed animals entire body. Together with MyoSTaTIn it is an essential part of the muscle formation and regeneration directing loop. a shift to its advantage is leading to unrestrained growing of muscles.a

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to precise, a stress test could potentially be used for cancer screening. But

also in cancer patients who would have treated, it is interesting to observe

the DNA level. Yet we know that is too little about what the sports therapy,

many cancer patients would recommend actually effecting.

In general, the molecular analysis will help the sports physicians to

make accurate statements about the fitness of their clients. Simon knows

from personal experience that reveals the appearance of a man little about

his performance: "i was here once a 62-year-old man with a slight

excess weight, a marathon ran for three short hours on end."

The magnificent muscle fullness of a bodybuilder in turn does not always

mean what they promise. If the motion is not exactly matched to those who

trained them otherwise, the studio heroes failed miserably at times: "some

of them can't do a single Pull-uP." ●

» They still don't know very much about it. «

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S ie kommt aus Idaho in Amerika. Geprägt

von der Mentalität amerikanischer Cow-

boys und dem Flair des wilden Westens zog sie

hinaus in die Welt und landete in Berlin. Hier

versucht sie ein Stück alte Heimat zu bewahren

und gleichzeitig eine neue Heimat zu finden.

Amy wuchs zusammen mit ihrer Schwester und

ihrer alleinerziehenden Mutter auf. Sie besuch-

te ein College, graduierte und arbeitete in ihrer

eigenen Filmproduktions-Agentur in Chicago.

Amys Leben ist tendenziell nomadisch. Für ih-

ren Beruf ist sie immer bereit, die Standorte zu

wechseln. Diese Unstetigkeit gibt ihr aber auch

Kraft. Ihre Sicherheit bezieht sie aus der Tatsa-

che, flexibel und ungebunden zu sein, und sich

nicht um jeweilige organisatorische oder materi-

elle Dinge bemühen zu müssen. Ihr Beruf ist ihr

Rechtfertigungs-Rahmen. Das Aus ihrer Agen-

tur bewegte sie dazu, nach Berlin zu kommen.

Weit weg von ihren Freunden versuchte sie einen

Neustart mit einem Sprachkurs.

Wegen eines Engagements am Berliner

Ensemble entschied sie sich, in Berlin zu bleiben.

Amy hat keine klassischen Ziele wie beispiels-

weise Familiengründung; die Selbstverwirkli-

chung in ihrem Beruf steht für sie an erster Stel-

le. Zu ihren persönlichsten und relevantesten

Dingen zählt ein Geist, der sich als Tätowierung

auf ihrer rechten Schulter befindet. Er entstand

» Amy besitzt nur so viel, dass sie von einem Tag auf den Anderen umziehen könnte. Ihre Freiheit ist ihre Sicherheit. «

TEXT

JanniS PätZoLd / Sabine hoffmann

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an dem Vorabend ihrer Abreise aus Seattle

im Beisein ihrer besten Freundin Ruthie. Für

sie symbolisiert er das Ende eines Lebensab-

schnitts und zugleich einen Neubeginn. Dieses

Symbol wurde am nächsten Tag in Chicago auf

dem Flughafen bekräftigt durch den Kauf eines

mundgeblasenen kleinen Geistes aus Glas. Sie

schuf sich selbst einen Talisman, der durch die

unerwartete Synchronizität beider an Wichtig-

keit noch dazu gewann. Auf spirituelle Weise

glaubt Amy keineswegs an Geister, sie sind für

sie allein ein Symbol und erinnern sie an eine

vergangene Zeit. Meist findet der Geist aus Glas

seinen Platz in Nähe ihres Bettes und wird auf

jeder längeren Reise in einer blumenverzierten

Keramik-Schatulle transportiert – wie ein Schatz.

Wo auch immer diese kleine Glasfigur

ausgepackt und platziert wird ist Zuhause. Ein

Ruhepol. Als einzelnes Objekt hängt er an einem

schwarzen Wollfaden, der um seinen Hals gewi-

ckelt ist, vor der weißen Rauhfaser-Tapete – der

Kran/Wal. Er wirkt nicht verloren. Schon kurz

nach ihrer Ankunft in Berlin hat sie diesen von

einem befreundeten Künstler geschickt bekom-

men. Er ist halb Meerestier und halb Vogel, halb

Kranich und halb Walfisch: Er ist mehr als ein

Einrichtungsgegenstand, ein kleines Kunstwerk.

Die Skulptur trägt eine politische Nachricht

und ist mehrdeutig gestaltet, dieser Code muss

gelesen werden können. Selbst, wenn er nicht

Amys Vorstellungen von Ästhetik entspräche,

würde das nichts an der persönlichen Relevanz

ändern. Nicht der Fakt, dass der Kran/Wal ein

Unikat ist, macht ihn für sie einzigartig, sondern

dass er extra für sie handgefertigt wurde: Dass

jemand die Zeit aufbrachte, etwas für sie anzu-

fertigen und sich Gedanken über sie machte.

» Medikamente nimmt man still und heimlich. «

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Dann legt sie ein abgenutztes Moleskine-No-

tizbuch auf den Tisch. Äußerlich unscheinbar

und austauschbar birgt es Unersetzbares in sich.

Der Wert ist nicht vergleichbar. Daher bewahrt

sie es hauptsächlich zuhause auf, auch aus Angst

vor einem möglichen Verlust. Am Vorabend

ihrer Abreise aus Amerika lag dieses Büchlein

auf ihrer Abschiedsparty aus, damit sich Freun-

de und Bekannte eintragen konnten; "wer mit

mir in kontakt bleiben will, soll sich in

das buch eintragen". Es enthält Kontaktda-

ten und persönliche Widmungen ihrer Freunde

und ist zugleich ein Symbol für ihre Ablehnung

der sozialen Netzwerke im Internet. Amy legt

großen Wert auf enge soziale Beziehungen zu

Freunden und Familie und nimmt Internet-

Plattformen für sich als Widerspruch wahr. Als

nächstes präsentiert Amy eine Jacke. Hierbei

handelt es sich um noch mehr als nur ein Klei-

dungsstück: Die Jacke hat einen Charakter, et-

was Menschliches. Es ist eine Jeansjacke mit Le-

derfransen und breiten Schultern.

Sie stammt noch aus den USA, aus Amys

anderer Lebenszeit, und war ein Geschenk ihrer

Mutter, die die Jacke selbst in ihrer Jugend getra-

gen hat. Beim Tragen empfindet Amy eine große

Nähe zu ihr, der Mutter, der einzigen elterlichen

Bezugsperson. Die Jacke bietet ihr Schutz, lässt

sie vielleicht für einen Moment wieder das Kind

sein, das heimlich Sachen aus dem mütterlichen

Kleiderschrank nimmt und anprobiert.Sie re-

präsentiert die Anwesenheit einer sehr wichti-

gen Person ihres Lebens, die doch derzeit uner-

reichbar ist aufgrund der räumlichen Trennung,

» Einzeln hängt er an einem schwarzen

Wollfaden, der um seinen

Hals gewickelt ist, vor der weißen

Rauhfaser-Tapete. «

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und ist wie eine mütterliche Umarmung. Amys

starke Bindung zur Mutter verleiht der Jacke ei-

nen unersetzbaren Wert, aus Angst vor Beschä-

digung wird sie behütet und nur zu besonderen

Anlässen getragen.

Als letztes stellt sie eine herkömmliche

Papiertüte eines bekannten Kaufhauses auf

den Tisch, gefüllt mit verschiedenen Tabletten-

Schachteln. Die Tüte dient als mobiler Medika-

mentenschrank, ist austauschbar und an keinen

festen Ort gebunden. Der Inhalt gehört zur tägli-

chen Routine und gibt ihr Konstanz. Seit einigen

Jahren muss Amy diverse Medikamente gegen

ihre bipolare Störung einnehmen. Sie verleihen

Amy Souveränität und sind die Basis für einen

normalen Alltag. Auf sie kann sie sich immer

verlassen und tut es auch. Trotz der ihr bewuss-

ten Notwendigkeit und der Sicherheit, die sie

erlangt, hält Amy eine Distanz zu den Tabletten

und Pillen aufrecht – sie sind keine Freunde von

ihr. Medikamente nimmt man still und heimlich.

Es ist ein tägliches Ritual, auf das man gerne ver-

zichten würde. Ihre fünf Gegenstände haben alle

einen sehr intimen und persönlichen Bezug zu

bestimmten Lebensabschnitten und wichtigen

Menschen in ihrem Leben. Meist sind es Ge-

schenke, die nicht immer einen hohen materiel-

len, dafür aber immer einen starken emotionalen

und dekorativen Wert für Amy haben. Funktio-

nal sind sie meist nicht, doch Amy macht maß-

geblich ihr Wohlbefinden an ihnen fest. Da sie

sich in ihrem nomadischen Leben nur mit weni-

gen Dingen umgibt, sind diese für sie umso rele-

vanter. "ich will nur so viel besitzen, das es

mir möglich ist, innerhalb eines tages um-

zuziehen". Amy will sich bewusst nicht an be-

stimmte Orte fesseln; sie möchte sich "frei" und

ungebunden fühlen, niemandem verpflichtet.

Nur wenige, besondere Gegenstände untermau-

ern ihre persönliche Autonomie und machen es

ihr möglich sich auf der ganzen Welt heimisch zu

fühlen. ●

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TITEL DEUTSCH

S he comes from Idaho in America. Influ-

enced by the mentality of American cow-

boys and the wild atmosphere of the West, they

went out into the world and landed in Berlin.

Here she is trying to preserve a piece of old home

while finding a new home. Amy grew up with

her sister and her single mother. She attended

college, graduated and worked in her own film

production agency in Chicago. Amy's life tends

to be nomadic. For her career she's always wil-

ling to change the locations. This discontinuity

is also its strength. It relates to their safety to be

unbound from the fact, and flexible, and strive

not to specific organizational or material things

to have. Your profession is their justification

framework. The move from her agency she used

to come to Berlin. Far away from her friends, she

tried to restart with a language course. Because

of a commitment at the Berliner Ensemble, she

decided to stay in Berlin. Amy has no traditio-

nal goals such as starting a family, the self-reali-

zation is in their job for them in the first place.

Among her most personal and most relevant

things is a spirit that resides as a tattoo on her

right shoulder.

He was on the eve of her departure from

Seattle in the presence of her best friend Ruthie.

For them, it symbolizes the end of a phase in life

and also a new beginning. This symbol was the

next day in Chicago at the airport confirmed by

buying a small hand-blown glass from Spirit.

It created itself a talisman by the unexpected

importance of synchronicity both won one at

that. Amy believes in a spiritual way, not in spi-

rits, they are only a symbol for them and remind

them of a past time. Most of the spirit finds its

place in glass near her bed and is transported to

every long journey in a flower-decorated ceramic

box - like a treasure.

Wherever unpacked this little glass figure

and will be placed at home. A retreat. As one ob-

ject he hangs on a black wool yarn that is wrap-

» Amy only got as many

things, to move anywhere from one day to

the other. Her freedom

is her warranty. «

TRanSLaTIon LaRRY PaGe

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possible loss. On the eve of her departure from

America had this book out at her farewell party,

so sign up friends and acquaintances were, "who

wants to stay in touch with me, should

be registered in the book."

It contains contact information and per-

sonal dedications of her friends and is also a

symbol of their rejection of social networks on

the Internet. Amy puts great emphasis on close

social relationships with friends and family, and

Internet platforms will be as true for contradic-

tion. Next, Amy presents a jacket. This is more

than just a piece of clothing: The jacket has a cha-

racter, something human. It's a denim jacket with

leather fringe and broad shoulders. It dates from

the USA, from Amy's other life, and was a gift

from her mother, who has worn the jacket, even

in their youth. When wearing Amy feels a close-

ness to her mother, the single parent-caregiver.

ped around his neck, in front of the White wood-

chip wallpaper - the crane / whale. He has not

lost. Shortly after their arrival in Berlin, she got

this from an artist friend sent He is half seafood

and half bird, half and half whale crane. He is

more than a piece of furniture, a work of art.

The sculpture carries a political message and is

designed ambiguous, this code can be read. Even

if it does not correspond to Amy's ideas of aes-

thetics, the change would not alter the personal

relevance. Not the fact that the crane / whale is

unique, for it makes him unique, but that he was

specially handmade for them: That somebody

muster the time to make something for her and

thinks about them. Then she puts a worn Mole-

skine notebook on the table. Outwardly incon-

spicuous and interchangeable it carries within

itself irreplaceable. The value is not comparable.

So they kept it mostly at home on, for fear of a

» You can only take

your medication secretly. «

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The jacket offers her protection, she can perhaps

again be the child who secretly takes things out

of the closet and maternal anprobiert.Sie for a

moment, represents the presence of a very im-

portant person of life, but is currently inacces-

sible due to spatial separation, and is like a ma-

ternal embrace. Amy's strong attachment to the

mother gives the jacket an irreplaceable value,

for fear they will be protected from damage and

worn only on special occasions. The last thing it

represents a traditional paper bag a well-known

department store on the table, filled with various

tablet boxes. The bag serves as a portable medi-

cine cabinet, is interchangeable and not tied to a

fixed location. The content belongs to the daily

routine and gives her stability. For several years,

Amy has to take various medications for her bi-

polar disorder. They give Amy and sovereignty

are the basis for a normal life.

On it they can always rely on and does it

well. In spite of her conscious of the necessity

and security they gained, Amy keeps a distance

from the upright tablets and pills - they're no

friends of her. Medications you take quietly.

There is a daily ritual to which one would gladly

do without. Their five items all have a very inti-

mate and personal relation to certain periods of

life and the important people in her life. Usually

there are gifts that are not always a high material,

but it always have a strong emotional and decora-

tive value for Amy. Functionally, they are usually

not, but Amy makes her well-being largely deter-

mined by them. Since she surrounds herself in

her nomadic life with only a few things, these are

more relevant for them. "i want to have only

so much that it is Possible for me to move

within one day." Amy wants to be aware not

bind to specific locations, they would be "free"

unbound and feel obligated to anyone. Only a

few special items to support their personal auto-

nomy and make it possible for her to feel at home

around the world. ●

»A single wooden thread

is wrapped around his

neck, right in front of

the white wallpaper. «

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TEX

T V

inc

ent

VeG

aDie Heiratserlaubnis:

Die Heiratswilligen müssen zuerst im Marriage Bureau persönlich vorsprechen

und die Erteilung der Marriage License (Heiratserlaubnis) beantragen. Diese wird zur

eigentlichen Hochzeit benötigt und ist dort vorzulegen. Die Lizenz bekommt man

gleich mit, sie ist ein Jahr gültig. Die Gebühr beträgt 60 Dollar. Ein Aufgebot ist nicht

erforderlich. Mitzubringen sind nur die Reisepässe, keine Geburtsurkunden und keine

anderen Dokumente oder Übersetzungen. Scheidungsurteile müssen auch nicht vor-

gelegt werden, man muss nur das Datum und den Ort angeben, wo die vorhergehende

Ehe aufgelöst worden ist. Verwitwete müssen das Sterbedatum und den Ort angeben.

Diese Bedingungen gelten für alle Nationalitäten. US-Bürger brauchen zusätzlich ihre

Sozialversicherungsnummer.

Die eigentliche Eheschließung:

Die eigentliche Eheschließung kann entweder vom Standesbeamten (Com-

missioner of Civil Marriages) oder von einer staatlich befugten Person in einer Hoch-

zeitskapelle oder an einem anderen Ort vollzogen werden. Vorgeschrieben ist in bei-

den Fällen die Anwesenheit von einem Trauzeugen (Witness). Der Trauzeuge muss

mindestens 18 Jahre alt sein. Wenn Sie nur zu zweit anreisen wird Ihnen von den Ka-

pellen ein Trauzeuge zur Verfügung gestellt. Zivile und religiöse Trauungen haben in

Las Vegas die gleiche Rechtskraft.

Eheschließung durch den Beauftragten für Ziviltrauungen

Das Büro liegt nicht weit vom Marriage Bureau entfernt, die Trauung ist ähn-

lich wie bei uns auf dem Standesamt. Kosten: US$50. Seit 15. September 2010 muss

ein Termin vereinbart werden. Das Büro stellt keinen Trauzeugen zur Verfügung.

F ast 100.000 Paare heiraten jedes Jahr in Las Vegas, darunter ca. 2.000 Paare aus Deutschland, Österreich

und der Schweiz. nachfolgend eine detaillierte anleitung für die Hochzeit in Las Vegas und die anerkennung zu Hause.

Voraussetzungen: Eine männliche und eine weibliche Person im Mindestalter von 18 Jahren. Minderjährige antrag-steller im alter von 16 oder 17 Jahren müssen die Zustimmung eines Elternteils oder eines gesetzlichen Vormundes haben.

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Eheschließung in einer Hochzeitskapelle

Wer den schönsten Tag im Leben lieber romantischer verbringen will, kann

auch in einer der berühmten Hochzeitskapellen heiraten. Die Trauung wird von Mi-

nistern (Reverends) entweder traditionell oder in einer kirchlich-religiösen Zeremonie

(überkonfessionell) vollzogen. Wenn Sie aus der Kirche ausgetreten oder geschieden

sind, können Sie in Las Vegas trotzdem in einer Kapelle (auch in weiß) heiraten, die

Hochzeit wird zu Hause anerkannt. Fotografieren oder Filmen ist in den Hochzeits-

kapellen nicht erlaubt. Dies ist eine der Haupteinnahmequellen der Kapellen und die

Paketpreise unterscheiden sich hauptsächlich in der Anzahl und Grösse der bestellten

Bilder. Es werden komplette Arrangements mit Fotograf, Musik, Blumen, Limousine

usw. angeboten.

Heiraten in deutscher Sprache

Auch wenn man gut Englisch spricht, ist es natürlich viel schöner sich in seiner

Muttersprache das Ja-Wort zu geben. Komplett in deutsch führen die Trauung Siglinde

& Frank Jaehnig durch. Auf vielfachen Wunsch bieten wir zusammen mit dem aus vie-

len Fernsehsendungen und Zeitschriften bekannten Paar Komplettpakete in deutscher

Sprache an. Alles wird perfekt organisiert, von der Beantragung der Lizenz bis zur An-

erkennung der Hochzeit zu Hause.

Hochzeitspakete, die zur Auswahl stehen: Heiraten in der Kapelle, Heiraten

im Gartenpavillon, Heiraten am Las Vegas Sign, Heiraten mit Elvis, Harley Davidson

Café, Drive Up Window, Heiraten im Helikopter, Heiraten im Grand Canyon, Heira-

ten in einer Goldmine, Heiraten im Valley of Fire, Heiraten am Lake Mead, Eheerneu-

erung.

» Heiraten Sie nicht zum Spaß in Las Vegas,

auch ohne Eintragung zu Hause ist die Ehe gültig! «

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TRanSLaTIon LaRRY PaGe

The marriage license:

The marriage must first be willing Marriage Bureau

in person and request the issuance of marriage license (mar-

riage license). This is required for the actual wedding, whe-

re he is present! The license you get with the same, it is valid

for one year. The fee is $ 60. An array is not required. Please

bring only their passports, birth certificates and not any

other documents or translations. Divorce decrees need not

be submitted, one has to specify only the date and location

where the previous marriage has been dissolved. Widowed

must specify the date of death and location. These conditions

apply to all nationalities. U.S. citizens also need your Social

Security number.

The actual marriage ceremony:

The actual marriage ceremony can be performed eit-

her by the registrar (Commissioner of Civil Marriages) or by

a state authorized person in a wedding chapel or in another

location. Required in both cases, the presence of a witnesses

(Witness) is. The best man must be at least 18 years old. If you

travel just the two of you will be asked of the chapels a best

man available. Civil and religious weddings in Las Vegas have

the same legal force.

Marriage by the Commissioner of Civil Marriages

The office is located not far from the Marriage Bu-

reau, the ceremony is similar to ours at the registry office.

Cost: U.S. $ 50 Since 15 September 2010 must schedule an

appointment. At the office a best man is not available.

Marriage in a wedding chapel

Who wants to spend the most romantic day of your

life better, can get married in one of the most famous wed-

ding chapels. The marriage ceremony is performed by mi-

nisters (Reverend), either traditionally or in a church and

religious ceremonies (non-denominational). If you have resi-

gned from the church or divorced, you can still get married

in Las Vegas in a band (in white), the marriage will be recog-

a lmost 100,000 couples get married

every year in Las Vegas, including about 2,000 couples from Germany, austria and Switzerland. Below is a detailed guide for the wedding in Las Vegas and the recognition at home.

Page 20: EGO - Textteil

TITLe eNGLISH

20

m

nized at home. Photographing or filming is not allowed in the

wedding chapels. This is one of the main sources of the cha-

pels and the package prices differ mainly in the number and

size of the ordered images. It offers complete arrangements

with a photographer, music, flowers, limo, etc..

Marriages in German

Even if one speaks good English, it is of course much

nicer to be in his mother tongue tie the knot. Complete in

German through the ceremony Siglinde & Frank Jähnig. By

popular demand, we offer together with the well-known from

many TV shows and magazines pair of complete packages

in the German language. Everything is perfectly organized,

from applying for the license to the recognition of the wed-

ding at home.

» Do not marry just for fun

in Las Vegas — the marriage

is valid, even without

registration at home! «

Page 21: EGO - Textteil

21

TITEL DEUTSCH

Typologie

Sonnenanbeter

der

1 es gibt menschen, die können

sie einfach nicht abwarten:

die ersten sonnenstrahlen.

diese menschen vertreten am

hartnäckigsten die Überzeu-

gung, dass ein übermäßig

gebräunter teint geldig und

supe cool wirkt. der winter-

vorglüher verbarrikadiert sich

im bräunungsstudio oder

im home-solarium, während

andere sich an feuerzangen-

bowle oder Plätzchenofen

wärmen. faszinierenderweise

ähnelt das uv-verstrahlte

antlitz bald einer zerklüfteten

moränenlandschaft.

furchen, täler, dellen, alles da.

die bleiben auch, für immer,

verschwinden nicht wie natür-

liche bräune im herbstlichen

badewannenabfluss.

den weg des vorglühers zu

beschreiten, das bedeutet

eine unumkehrbare lebensent-

scheidung: solarium

2 als erstes muss der allroun-

der, vor allem in den alten

bundesländern, vorurteile

aus dem weg schaffen: 

nein, es ist ihm nicht egal,

wie er auf seine mitmenschen

wirkt, im gegenteil.

der allrounder versteht sich

als purer Ästhet.

und unästhetisch sind für ihn

keine willkürlich in der gegend

baumelnden primären oder

sekundären geschlechtsmerk-

male, sondern: blasse flecken.

von textilzwang oder

lichtschutzfaktor hält er

nichts. sein ideal ist der streife

frei glänzende bronzeteint,

auf den er sich den ganzen

sommer lang in ostseebädern

oder dem englischen garten

genüsslich hinräkelt.

WInTER-VoRGLüHER

aLLRo U n D E R

— Die Sonne brenntund jeder wird anders mit ihr fertig. Doch welche verschiedenen arten von Sonnen- anbetern gibt es?

TEXT fRanZiSka SenG

Page 22: EGO - Textteil

TITLe eNGLISH

22

L

5 ohne sunblocker in der

tasche überfällt sie unruhe,

wie den asthmatiker,

der sein spray vergessen hat.

totalverweigerer halten das

neuzeitliche heliozentrische

weltbild für ketzerei und

wenden sich mit grauen von

malle-grillern, leistungs-

bräunern oder allroundern

ab. sie wissen, dass diese

doch bald in der vorhölle oder

zumindest einer schönheits-

klinik schmoren werden.

wo die totalverweigerer

letzten endes auch landen,

nur fünf Jahre später.

altern ist schließlich nichts

anderes als das nachlassen

des bindegewebes.

4 malle-griler sind das heitere

fleckvieh unter den sonnen-

anbetern. ihr motto: 

Pralle strahlung muss sein!

denn die potenziert den

dröhnfaktor des sangrias.

folglich sind auch die

bräunungsergebnisse sehr

unterschiedlich. nach etwa

zwei wochen verfügt der

er über eine höchst individuelle

zeichnung, die zuweilen der

einer kuh ähneln kann. an ihr

sind zunächst die verrenkten

Positionen abzulesen, in denen

die Pott-Pilger am strand

vom schlaf übermannt wurden.

ein besonderes finish kann

durch den kreativen einsatz

von sand erzielt werden.

an ausgewählten stellen

ergeben sich so schmerzhaft-

schöne effekte, die an

die batikkurserzeugnisse im

kindergarten erinnern.

3 er ist eben nicht so der me-

diterrane typ: der klassische

bildschirmbräuner.

er bevorzugt schummrige

beleuchtung, ist vorwiegend

nachtaktiv und tagsüber

lieber drin. dort badet er im

mondfahlen licht seines

Pcs, das sich langsam in die

haut einbrennt und ihm

außerdem einen verträumt-

abwesenden gesichtsausdruck

beschert. wäre caspar david

friedrich noch am leben,

würde er ein melancholisch

stimmendes bild malen,

mit dem titel: "internetsurfer

über dem datenmeer".

B I L D S C H I R M B R Ä n E R

M a L L E G R I L L E R

T o T a L V E R W E I G E R E R

Page 23: EGO - Textteil

23

TITEL DEUTSCH

1

there are peo- ple, who simply

cannot wait for them: the first

sunrays. these people represent the

conviction that an excessively brow-

ned complexion looks really cool. the

pre-winter-tanner barricades himself

in the solarium, while others warm

themselves in mulled wine or at the

oven. amusing manner resembles the

uv-contaminated with uv-radiated

face soon resembles a cleft scene-

ry. furrows, valleys, depressions,

everything there. they also remain,

for good, do not disappear like natu-

ral brownness in the autumnal bath

drain. to walk on the way of the pre-

winter-tanner, this means an irrever-

sible life decision: tanning bed.

2

first of all the allrounder must get

prejudices out of the way (especially

in the old federal states): no, it does

not make no difference to him what

his effect on people is, quite the re-

verse. the allrounder gets on as a

pure aesthete. and unaesthetic none

is for him arbitrarily in the area to

dangling primary or secondary gen-

der signs, but: pale spots. from tex-

tile compulsion or light protection

factor he holds nothing. his ideal is

him if shining bronze complexion,

on which he itself freely touches the

whole summer long in baltic baths

or the english garden with relish.

PRE-

WInTER-TannER

aLLRo U n D E R

— The sun burns and everybody handles her differently.Which different kinds of solar adorers exist?

S U N B A T H E R S

TRa

nSL

aTIo

n

LaR

RY

PaG

e

Page 24: EGO - Textteil

TITLe eNGLISH

24

L

5

without sunblock in the bag she

is restless, like the asthmatic who

has forgotten his spray. the total

refuser keeps the modern heliocen-

tric world view as heresy and turns

away with horror from cancún-

toasters or allrounders. he knows

that they will burn in hell soon, or at

least end in a beauty clinic. where

the total denier ultimately ends up,

but five years later. aging is finally

nothing else but the relaxation of

connective tissue.

4

cancún toaster are the cow under the

sun worshipers. the motto: sun must

be! because alcohol potentiates the

level. consequently, the tanning re-

sults are very different. after about

two weeks he has the drawing can be

a highly individual, sometimes resem-

bling that of a cow. at their first dis-

located the positions are read, where

he was overpowered by sleep on the

beach. a special finish can be achie-

ved through the creative use of sand.

at selected points arise so painful,

beautiful effects.

3

he's just not that type of mediter-

ranean: the classic desktop tanner.

he preferred dim lighting, is mainly

active at night and during the day

rather in the apartment. there he

bathed in the pale moon light of his

computer, which burns slowly into

the skin and it also has a dreamy ex-

pression on his face brought. when

caspar david friedrich was still

alive, he would paint a melancholic-

provoking image, titled »internet

surfer on the sea of data«.

DESKToP-TannER

CanCún-ToaSTER

ToTaL

REFUSER

Page 25: EGO - Textteil

25

TITEL DEUTSCH

» Dies ist die Realität des Club-

urlaub im Paradieshotel. «

D ies ist eine Geschichte von sechs Monaten auf einer Insel weit weg von dem Ort

den ich einst Heimat nannte. Eine Erzählung voller Schein, Stress, Urlaub, Freu-

de, Aggressionen, Glimmer, Workaholic, Liebe, Sex, Sehnsucht, Hass, Missverständ-

nisse, Lügen, Spaß, Intrigen, einer fremden Kultur genauso wie der spirituellen Selbst-

findung. Geschehnisse die tatsächlich passiert sind und andere, die geschehen hätten

können. Wie eigenartig die Dinge auch scheinen dies ist die Realität des Cluburlaubes

im »Paradieshotel«.

Meine Landung auf der Insel dJerba erfolgte, ohne zu wissen, was mich erwar-

ten wird. Je mehr Zeit verging umso klarer wurde mir, dass alle Animateure nicht nur

unterschiedliche Charaktere mit verschiedenen Erfahrungen sind. Sondern jeder sein

persönliches Päckchen zu tragen hat. In bestimmten Momenten scheint es als seien wir

wie damals Robinson Crueso auf der einsamen Insel gestrandet.

Nirgendwo habe ich vorher eine solche verdrehte Welt erlebt. Die Hotelanla-

ge »Paradies« strotzt gerade vor Ansehen, Lügen, Widersprüchen zwischen Arm und

Reich, Hässlich und Schön, Glimmer, Glanz und Dreck. Das »Paradies« erhebt sich in

seiner vollen Größe wie ein Palast aus 1001 nacht. Jedoch würde ich lieber sagen:

ein wunderschöner goldener Käfig. Viele europäische Mitarbeiter schaffen es nicht

mehr heraus aus der Welt der Animation. Manchmal kann das Leben in diesem Haus

die Hölle auf Erden sein. Nicht zu vergessen, dass aus der Sichtweise der tunesischen

Mitarbeiter ein ganz anderer Eindruck entsteht . An dieser Stelle möchte ich nur sagen,

für die Einheimischen gibt es kaum ein anderes Leben, und dies ist eine der wenigs-

ten Überlebenschancen. Allerdings ist der einzig wahre Ausdruck der das Leben eines

Animateurs beschreibt: eine schöne scheinwelt!

TEX

T d

an

ieLa

Vo

Gt

Page 26: EGO - Textteil

TITLe eNGLISH

26

XL

Wichtig hierzu ist ein Blick hinter die Kulissen: du siehst blitzende Glastüren in Holz-

rahmen, weißer Marmorboden in welchem sich selbst meister ProPer blenden wür-

de. Wunderschönes Sonnenlicht und bunte Pflanzen, das himmlische Meer, und überall

bezaubert einen das Weiß der Wände. Es scheint als wäre man tatsächlich dem Paradies

nahe. Wenige Sekunden später ein dunkler, enger Gang, spärliches bis gar kein Licht. Der

Putz blättert von den Wänden – geputzt wurde hier schon lange nicht mehr. Je tiefer man

in das Innere des labyrinths vom Paradies vordringt umso dünner und merkwürdi-

ger wird die Luft. Moder, Sand, Abwasser, Küchendüfte und Tiere aller Art mischen sich.

Es jagt mir jedes Mal ein Schaudern über den Rücken, wenn ich den verwinkelten, häufig

nassen, Gängen folge. Extremer kann der Unterschied zwischen urlaub und »alltag«

kaum sein.

Vermutlich war eines der ersten Dinge die ich auf Djerba gelernt habe, dass man

sich so gut wie an alles gewöhnt. Man muss es nur wollen! Vor allem kann das Herz zu

einem fremden Land und dessen Kultur sehr schnell heimat sagen. ●

» Jedoch würde ich lieber sagen:

Ein wunderschöner goldener Käfig. «

»Scheinwelt – aus dem Tagebuch einer Animateurin«

von DanIELa VoGT

Page 27: EGO - Textteil

27

TITEL DEUTSCH

Nowhere I have never come across such a distorted world.

The hotel complex "Paradise" is full just prior reputation,

lies, contradictions between rich and poor, ugly and beauti-

ful, mica, gloss and dirt. The "Paradise" rises to his full height,

like a palace from 1001 nights. However, I would rather say,

a beautiful golden cage. Many European people do not make

it more from the world of animation. Sometimes life can be

hell on earth in this house. Not to mention, that arises from

the perspective of the Tunisian people a very different impres-

sion. At this point I just want to say is for the locals there no

other life, and this is one of the least chance of survival. How-

ever, the only true expression of the life of an entertainer de-

scribes: a beautiful dream world! The important points here

is a look behind the scenes you see gleaming glass doors in

T his is a story of six months on an island far away from

the place I once called home. A story full of sham, stress,

holiday, joy, aggression, mica, workaholic, love, sex, desire,

hatred, misunderstandings, lies, fun, intrigue, another cul-

ture, as well as the spiritual self-discovery. Events are actu-

ally happening, and others who may have done. How strange

things may seem this is the reality of the holiday club is "in"

Paradise Hotel.

My landing on the island of Djerba took place, not

knowing what will await me. The more time passed the more

I was that all entertainers are not only different characters

with different experiences. But everyone has to wear his own

personal package. At certain moments it seems as if we were

stranded like Robinson Crueso time on the desert island.

» I have never come across such a

distorted world before. «

TRa

nSL

aTIo

n P

eteR

ka

RSt

en

Page 28: EGO - Textteil

TITLe eNGLISH

28

XL

» The differences

between HoLIDAYS

and everyday

lifeare

extreme. «

»Scheinwelt – from the diary of an holiday entertainer«

by DanIELa VoGT

wood frames, white marble floor in which to hide himself Mr.

Clean would. Beautiful sunshine and colorful plants, the hea-

venly ocean, and everywhere a charmed the white of the walls.

It seems as if you were really close to paradise. A few seconds

later a sparse dark, narrow corridor, or no light. The plaster

is peeling off the walls - was not cleaned for a long time. The

deeper one in the interior of the labyrinth of heaven penetra-

tes the thinner the air, and strange. Mildew, sand, water, coo-

king smells and animals of all kinds are mixed. I shudder every

time chasing down the back, when I use the narrow, often wet,

courses follow. The difference between holidays and everyday

life is extreme.

Probably one of the first things I learned was on Djer-

ba that you get used to almost everything. You just have to

want it! Above all, the heart of a foreign country and its cul-

ture very quickly say home. ●

Page 29: EGO - Textteil

29

TITEL DEUTSCH

D er Fotograf andreas Meichsner ist ein Grenz-gänger. Möchte man die Fotos aus den arbeiten

zu »Alles in Ordnung« einem Genre zuordnen, dann ist das nicht ganz einfach. Ist das nun eine Dokumentar-fotografie oder eher Fotojournalismus? Zeichnet sei-ne Bilder formal und inhaltlich das abstandhalten des Dokumentaristen aus oder sind sie doch eher das Er-gebnis der Suche nach dem magischen Moment?

Ganz durchgängig ist das nicht zu entscheiden. Er ist vielmehr ein Fotograf, der keinen der Stile in Rein-kultur anwendet, sondern sie mitunter mischt. Einer, bei dem nähe mit Distanz wechselt und ein anderes Mal der magische Moment mit der irritierenden Kons-tellation aus Mensch und Raum.

natürlich versprechen seine Fotos keine objekti-vität — wo es doch keine geben kann. Dies trifft auf die Fotografie allgemein zu. Vielmehr sind sie sein persönliches angebot, entsprechen seiner Erfassung einer Realität, die hier als pars pro toto einer umfas-senderen Wahrnehmung erscheint. Die Fotoarbeit ist das Ergebnis einer auseinandersetzung mit dem Ver-halten der Menschen im Urlaub, der – eben weil er den ausbruch aus dem alltag verwirklichen soll – in ganz besonderer Weise das menschliche Bedürfnis nach ordnung und Sicherheit hervorzubringen vermag.

über viele der Bilder kann man lächeln oder zu-mindest schmunzeln. Doch hat andreas Meichsner den schmalen Grat einer auf Humor und Ironie ange-legten fotografischen Beobachtung niemals in Rich-tung Häme und überheblichkeit überschritten. Er hat den eigenen kulturellen Kosmos nicht zum Maß der Dinge gemacht. Dies verlangt eine feine Sensorik und Moral.

Ausgerechnet die heiß ersehnte

Urlaubszeit zwingt den Menschen

in das schmerzhafte Spannungs-

feld seiner gegensätzlichen

Bedürfnisse nach gleichzeitiger

Freiheit und Sicherheit.

Das beruhigende » alles in

ordnung « als ein fieberhaftes

Ordnen der ersehnten, aber

eben auch bedrohlich wirkenden

Freiheit – mit dem paradoxen

Ergebnis, dass auch der Urlaub

in einer Fülle an Strukturen

und Aktivitäten endet. Das Buch

über jene Freizeitphänomene

wurde jüngst mit dem Deutschen

Fotobuchpreis 2012

in Silber ausgezeichnet.

» alles in ordnung «

Fotos von Andreas Meichsner

Kehrer Verlag Heidelberg

144 Seiten, 36 EUR

ISBN 978-3-86828-242-9

Page 30: EGO - Textteil

TITLe eNGLISH

30

XL

Was wir mit seinem angebot der Realität machen, das hat mit uns und dem Medium Fotografie zu tun.

Zustimmend wird mancher Betrachter ange-sichts der oft komischen oder bizarren urlauber-Fotos reagieren, weil viele Szenen so eindeutig mit unserer eigenen Meinung korrespondieren, die geprägt ist von überheblicher oder zumindest geringschätziger Sicht auf die Urlaubskultur anderer Touristen und ihre ver-meintlich geringen ansprüche an die drei- bis vierwö-chige abkehr vom arbeitsalltag. Dabei vergessen wir gern, dass auch wir während mehrerer Wochen des Jahres Touristen sind und es in unserem »Ausnahme-zustand Urlaub« auch die eine oder andere skurrile Szene gäbe, die dem Fotografen zum Motiv gereichen könnte.

Wir sollten die arbeiten also keinesfalls als visu-elle abrechnung mit kleinbürgerlichem Urlaubsver-halten betrachten und schon gar nicht als arrogante Selbstgefälligkeit des Fotografen, der sich für den niveauvolleren Reisenden hält. Vielmehr lässt uns andreas Meichsner in den Spiegel schauen, in dem wir auch unsere eigenen großen Erwartungen an Erholung, Entspannung, abenteuer und Erlebnisse in ihrer ganzen ritualisierten Form erkennen können. Und Spaß macht das allemal! ●

TEXT RoLf nobeL

Page 31: EGO - Textteil

31

TITEL DEUTSCH

TRanSLaTIon LaRRY PaGe consistently, the problem of deciding.Rather, he is a photographer who uses any of the styles in pure culture, but they sometimes mixed. one in the near distance will change with the times and another magical moment with the confusing constellation of people and space.

of course, his photos do not pro-mise objectivity - where there can be but no. This applies generally to pho-tography. Rather, they are his perso-nal offer that meet its acquisition of a reality that appears here as a pars pro toto of a wider perception.

The photographic work is the re-sult of a confrontation with the beha-vior of people on vacation who - pre-cisely because he should realize the break from everyday life - in a special way the human need for order and security can produce. For many of the pictures you can smile or at least smile. But andrew Meichsner got the fine line of an organized sense of hu-mor and irony photographic observa-tions never exceeded in the direction of malice and arrogance. He has not made its own cultural universe the measure of all things. This requires a delicate sensors and morality. . What we do with his offer of reality that has to do with us and the medium of pho-tography. agreement will react some

P hotographer andreas Meichsner is a traveler. To "If you want to his

photos from the work's all right" to as-sign a genre, then this is not easy. now is this a documentary photography or photojournalism more? Records its images form and content of the do-cumentary Keep the distance from, or are they rather the result of the search for the magic moment? Quite

Page 32: EGO - Textteil

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32

XL

observers, given the often strange or bizarre vacationer photos, because many scenes correspond so clearly with our own opinion, which is marked by arrogant, or at least disdainful view of the holiday culture of other tourists and their supposedly low standards of the three to four-week shift away from their everyday work. We are apt to forget that we are several weeks of the year, tourists and "our" state of emergency would also leave one way or another bizarre scene that could redound to the photographer to the subject.

We should therefore not consider the work as a visual statement with petty-bourgeois holiday behavior and certainly not as arrogant complacen-cy of the photographer who thinks he is the more advanced level of trave-lers. Rather, we can look in the mirror andreas Meichsner in which we can recognize our own high expectations for recreation, relaxation, adventure and excitement in all its ritualized form. and that's all fun! ●

Page 33: EGO - Textteil

33

Ganze Lebensräume versinken in den Fluten, anderswo führen Dürren zu lebensfeindlichen Umweltbedingun- gen, Stürme ungekannter Heftigkeit und Häufigkeit bedrohen unsere Sied- lungsstrukturen – all das in einem Maße, das Rückversicherer erschaudern lässt. Der Mensch in seinem Hunger nach Energie und Mobilität beutet die fossilen Ressourcen der Welt durch Verbrennungsprozesse aus, emittiert dadurch Kohlendioxyd, das zusammen mit anderen Treibhausgasen für die er- kennbaren anfänge dieser apokalypse verantwortlich gemacht wird. Kein Wunder also, dass Lösungen für die abwendung dieser Katastrophe ge- sucht werden. Kann nun Geo-Engi-neering eine solche Lösung sein? Ist es möglich, auf technischem Wege in Klimaeffekte so einzugreifen, dass die Erderwärmung gestoppt wird? Es mangelt nicht an Vorschlägen, die in kleinem Maßstab durchaus plausibel scheinen, sich im gedachten Megamaß- stab einer klimawirksamen aktion doch der überschaubarkeit weitgehend ent- ziehen. Hier sind gleichsam Zweifel laut geworden. So gibt es neben namhaf- ten Befürwortern des Geo-Engineering auch viele, die diesen ansatz als Spiel mit ungewissem ausgang verstehen. W ir sprechen mit fünf Forschern über Ihre Visionen. Sie stehen stellvertre-tend für unterschiedliche Disziplinen, die mit dem Geo-Engineering in Berüh-rung kommen – entweder, weil sie über die Technik nachdenken oder um die politischen oder ökonomischen Konse- quenzen einer möglichen Erkundung und Umsetzung.

Riesige künstliche Bäume, die Co

2 auffangen und an

ein spezielles Harz binden. Das Treibhausgas wird dann später ausgewaschen und unterirdisch gelagert.

Windrotoren an Bord von Schiffen sollen riesige Mengen Meereswasser in Form feinster Tropfen in die Luft verteilen. Die Salzpartikel dienen dann als Kristallisations- keime für Wolken.

Riesige Bambus- und Eukalyptusplantagen sollen Co

2 absorbieren.

anschließend werden die Baumstämme unter Luftabschluss vergraben.

Milliarden Siliziumscheiben im Erdorbit sollen die Strahlung der Sonne um etwa zwei Prozent reduzieren, verschossen mit riesigen elektromag- netischen Schienenkanonen von der Erde aus.

A P o K A L Y P T I S C H

DAS SzENARIo IST

Page 34: EGO - Textteil

34

Das ist interessant, weil Kieselalgen die neues-

ten Pflanzenden Ozean sind. Sie sind deswegen

für die Abkühlung verantwortlich, die in den

letzten 50 Mio. Jahren vonstatten gegangen ist.

Das heißt, ohne Kieselalgen kann man wohl

kaum CO2 versenken.

Und Sie wussten nicht, dass die Kie-selalgen zu dem Zeitpunkt, als Sie das Experiment machten, gerade nicht dort waren, wo Sie Eisenspäne in das Meer gekippt haben?

VICToR SMETaCEK Es gibt eine Rei-

he anderer Algen, die dafür auch infrage gekom-

men wären. Wir haben also jetzt festgestellt,

dass wir diese anderen Algen, die ebenso infrage

gekommen sind, die zum Beispiel in Küstennä-

he Blüten bilden – in der Nordsee gibt es große

Blüten von Nicht-Kieselalgen jedes Jahr – dort

nicht beobachtet haben. Die konnten sich nicht

aufbauen, weil sie weggefressen wurden.

Herr Prof. ott, wie sieht der Technik-philosoph, wie sieht der Philosoph dieses Experiment? Wie ist denn Ihre Einschätzung, Ihre Sichtweise?

KonRaD oTT Wenn ich mich nur zum

LOHAFEX-Experiment äußern soll, würde ich

sagen, es war ein hochinteressantes Experiment

in Bezug auf marine Ökosysteme. Da hat es eine

ganze Menge interessante Neuigkeiten erbracht.

In Bezug auf diese Möglichkeit, CO2 zu spei-

chern, war es eher enttäuschend. Aber ich den-

ke, diese Option ist nicht die brisanteste Option.

Wenn wir über Geo-Engineering reden, sollten

wir vielleicht unser moralisches Augenmerk auf

die Optionen lenken, die im Bereich der tech-

nischen Machbarkeit sind und mit erheblichen

langfristigen Risiken verknüpft sind. Zum Bei-

spiel Sulfataerosole großflächig in die Strato-

sphäre einzubringen. Meines Erachtens sollte

da unser moralisches Augenmerk liegen.

Herr Claussen, Sie sind Meteorologe und kennen das System atmosphäre einigermaßen gut. Was halten Sie aus Ihrer Sicht, als jemand, der versucht die Vorgänge nachzuvollziehen, von einer option, wie Sie Herr ott gerade angesprochen hat?

MaRTIn CLaUSSEn Zunächst ein-

mal betrachte ich nicht nur das Atmosphäre,

das wäre viel zu kurz gegriffen. Wir arbeiten mit

Klimasystem- oder Erdsystemmodellen, zu de-

nen neben der Atmosphäre auch der Ozean ge-

hört, der Kohlenstoffkreislauf, die terrestrische

Biosphäre, Vegetation, denn die nimmt auch

Kohlenstoff auf. Wir können natürlich als eine

Möglichkeit versuchen, den CO2-Eintrag oder

die CO2-Konzentration zu mindern, indem wir

aufforsten oder abholzen. Im Allgemeinen wird

eher auf den Kohlenstoffkreislauf geblickt, aber

die anderen Effekte der Landnutzung werden

eher vergessen. Daran forschen wir gerade.

Aber kommen wir tatsächlich auf das zu

sprechen, was Herr Ott gerade ansprach, die

etwas heikleren Experimente. Das Einbringen

von Aerosolen möglichst in die Stratosphäre

ist schon eine etwas ältere Idee. In einem Band

Climated Change hatte unser Nobelpreisträger

Paul Cutzen im Jahr 2006 diese Idee wieder auf-

gebracht und gesagt, die Natur macht uns das ja

vor. Hin und wieder bricht auch mal ein Vulkan

aus. Pina Tubo ist ein gut vermessenes Beispiel

für die Naturforscher, ein wirklich schönes Be-

sipiel. Pina Tubo hat zunächst mal 10 Mio. Ton-

nen Schwefel hochgejagt und dann über längere

Zeit – etwa 6 Monate – Pi mal Daumen 6 Mio.

Tonnen Schwefel. Daran kann man ungefähr

abschätzen, wie das gewirkt hat und hoch skalie-

ren. Nun haben wir uns hingesetzt und gefragt:

Stimmt das so? Wissen wir eigentlich genug?

Dann spielt man eben mit seinen Klimasystem-

modellen.

Und man kann sagen: Da funktioniert das

eigentlich ganz prächtig. Wir können also mit

CO2 Gas geben, das Klimasystem schön warm

machen und dann mit der Aerosol-Bremse auf

die Bremse treten und somit sehr schön ausba-

lancieren, jede Temperatur einstellen, die wir ha-

ben wollen. Aber, nun kommen die großen vie-

len Abers: Zunächst einmal spielen wir hier mit

Herr Smetacek, Sie sind Co-Leiter der Polarexpedition LoHaFEX gewesen, die die Wirkung von Eisendüngung auf das algenwachstum und den Kohlendioxidgehalt im südlichen ozean erforscht hat. Haben sich die Erwar-tungen, die Sie mit diesem Experiment gemacht haben, erfüllt?

VICToR SMETaCEK Es kommt darauf

an, was Sie mit »Erwartungen« meinen. Diese

Experimente sind für uns sehr wertvolle Me-

thoden. Die Fragestellung, ob Plankton-Koh-

lendioxid in großem Maße aufnehmen und in

den Ozean sequestrieren kann, ist eine Grund-

lagenforschungsfrage, weil wir wissen, dass in

den Eis- und Warmzeiten riesige CO2-Mengen

zwischen Ozean und Atmosphäre hin- und

hergetauscht worden sind. Die Frage ist: Wo,

wie und wann geschah das und was waren die

Mechanismen. Das haben wir auch erforscht.

Aus wissenschaftlicher Sichtweise war dieses

Experiment ein Erfolg, weil wir es bis zum Ende

durchführen konnten. Wir konnten diesen ge-

düngten Fleck verfolgen und unsere Messungen

darin durchführen. Aus Sicht des Geo- Enginee-

ring war das vielleicht eine Enttäuschung, weil

man zeigen konnte, dass in dem Gebiet, wo wir

zu der Jahreszeit waren, keine nennenswerten

Mengen von CO2 aufgenommen oder versenkt

werden konnten. Für uns war das ein sehr inter-

essantes Ergebnis, weil es gezeigt hat, dass das in

Abwesenheit bestimmter Stoffe nicht passiert.

» Es gibt noch ein ganz

wichtiges Problem, das

häufig übersehen

wird. «

» Das funktioniert eigentlich

ganz prächtig. «

Page 35: EGO - Textteil

35

zwei Antrieben. Einmal nehme ich CO2 raus und

vermindere den Antrieb. Ich gehe also vom Gas

runter. Beim anderen, beim Aerosol-Experi-

ment, drücke ich auf die Bremse. Und sie wirken

unterschiedlich: wenn ich auf die Aerosolbremse

drücke, sehe ich in allen Modellrechnungen, die

dazu gemacht worden sind, dass sich trotzdem

die nördlichen, die hohen Breiten im Winter er-

wärmen, ganz einfach deswegen, weil Aerosole

blenden die Sonne aus.

Das funktioniert nur dann, wenn die Sonne

scheint. Wohingegen CO2 auf die Wärmestrah-

lung reagiert und beeinflusst und dieses eben

zu jeder Zeit – Nacht, Tag, Winter, Sommer

– funktioniert. Das heißt also, ich kann tatsäch-

lich – wenn ich behutsam Gas gebe und brem-

se – immer noch eine kräftige Erwärmung in

hohen Breiten erzeugen. Selbst wenn ich sage,

ich bremse nur ein klein wenig ab, dann kann es

sein, dass es in hohen nördlichen Breiten immer

noch warm genug wird, dass dann die Gletscher

abschmelzen. Ich habe eben einige Effekte nicht

kompensiert. Zwar kann ich die globale Mittel-

temperatur kompensieren, aber regionale Effek-

te kriege ich nicht kompensiert. Wir erwarten,

dass in hohen nördlichen Breiten die Tempera-

tur weiter anwächst. Wir erwarten auch, dass

sich der Wasserkreislauf ändert. Wir wissen aus

der Klimageschichte, dass große Vulkanaus-

brüche, zum Beispiel Laki, das war 1783/84, zu

Hungersnöten in Monsungebieten geführt hat.

So sehen wir auch in den Klimamodellen, dass

der globale Wasserkreislauf ein Stück zurück-

geht, gerade in den Monsungebieten etwas zu-

rückgeht. Also, wir treiben quasi den Teufel mit

dem Belzebub aus.

aber Sie deuten schon an, wenn wir gleichzeitig aufs Gaspedal und auf die Bremse treten, drücken wir uns vor dem Problem, dass wir weiter Treibhausgase ausstoßen?

MaRTIn CLaUSSEn Es gibt noch ein

ganz wichtiges Problem, das häufig übersehen

wird. In der ganzen Diskussion habe ich nur ein-,

zweimal gelesen, nämlich bei Meteorologen, die

wissen, dass Wetter und Klima dynamisch sind:

Die Systeme haben eine hohe Unsicherheit.

Wir sehen es jetzt gerade wieder. Die globale

Mitteltemperatur im Jahresmittel kann deutlich

schwanken. Wenn wir die letzten 150 Jahre be-

trachten, kann es im globalen Mittel Jahr für Jahr

mal 0,3 Grad hochgehen, aber auch 0,3 Grad

runter gehen.

Das sind kräftige Signale von Jahr zu Jahr.

Da kann auch mal die globale Erwärmung ein

klein wenig ausbleiben. Und schon sagen die

Leute: Wo ist der Klimawandel? Das stimmt

doch alles gar nicht mit dem CO2. Nun müssen

Sie sich vor dem Hintergrund überlegen: Ich ver-

suche ein System vorsichtig anzubremsen, das

System schwankt aber sehr kräftig. Wir reden

zur Zeit über eine globale Erwärmung von etwa

0,7 Kelvin pro 100 Jahre. Das sind also 0,007

Kelvin pro Jahr. Dann beschleunigt sich der glo-

bale Wandel vielleicht um den Faktor 3, Faktor 5.

Herr Klepper, hat Herr Claussen damit eigentlich das Thema jetzt beerdigt nach dem Motto: Das ist kein System, was man so wie seine Stereoanlage oder sein auto tunen kann und dann weiß man, wie es läuft, welche Geschwindigkeiten es fährt oder wie es reagiert? oder gibt es Projekte, wo man sagt, die sind unproblema-tisch, und es gibt welche, die sind hoch- problematisch, sogar lebensgefährlich oder überlebensgefährlich?

GERnoT KLEPPER Herr Claussen

hat es schon angesprochen. Es gibt zwei Syste-

me, die man unterscheiden sollte. Das eine ist

die Beeinflussung der solaren Einstrahlung,

also die Aerosole, die Weltraumsonnenschir-

me. Und das andere ist die Frage, ob man CO2

aus der Atmosphäre raus nimmt und irgendwo

verbringt - im Boden, im Ozean oder fixiert, was

auch angedacht wird. Die zwei Möglichkeiten

haben grundsätzlich unterschiedliche Wirkun-

gen. Bei der Herausnahme des CO2 aus der At-

mosphäre würden wir ja das Gleiche tun, was

heute aktuell schon mit den CO2-freien Kraft-

werken diskutiert wird. Wir nehmen das CO2

aus dem Schornstein und wollen es irgendwo

verklappen, zum Beispiel vor Norwegen in der

Nordsee, wo das heute schon gemacht wird.

» Und schon sagen die

Leute: Wo ist der

Klimawandel, das stimmt doch alles

gar nicht? «

» Die Forscher sagen, dazu

braucht man etwa einen

Baum von der Größe eines

Fernseh- bildschirms. «

» Gibt es Situatio-nen, in denen

wir keinen Ausweg mehr haben? «

Dann sind es immer noch ungefähr ein Zehntel

der möglichen Schwankungen von Jahr zu Jahr.

Vor diesem Hintergrund versuche ich zu brem-

sen. Es kann natürlich zufälligerweise sein, dass

das Klimasystem etwas wärmer wird. Dann sa-

gen die Leute, hoppla, ihr bremst zu wenig, also

weiter. Oder es wird zu kalt: Nehmt den Fuß von

der Bremse! Ich weiß nicht, wie die Steuerung

unter derartigen Unsicherheiten funktionieren

soll. Das ist eins meiner größeren Probleme.

Page 36: EGO - Textteil

36

Das Gleiche kann man natürlich auch aus der At-

mosphäre tun. Es gibt Forschungen in den USA,

die sagen, das ist technisch möglich, das kann

man machen.

Synthetische Bäume. Die Forscher sagen

dazu, man braucht etwa einen Baum von der

Größe eines Fernsehbildschirms, um die CO2-

Emission eines Menschen einzufangen. Also,

technisch ist diese Frage möglich. Wenn wir

über Preise sprechen, ist es weit jenseits dessen,

was wir an sinnvoller Klimapolitik betreiben

könnten ohne diese Option. Aber ich glaube,

die Fragestellung ist nicht: Können wir mit Geo-

Engineering Klimapolitik ersetzen? Sondern

die Frage kann höchstens sein, wenn man sie

überhaupt stellt: Gibt es Situationen, in denen

wir keinen Ausweg mehr haben außer Geo-

Engineering? Also, Plan A ist, Klimapolitik be-

treiben, versuchen das Zwei-Grad-Ziel zu errei-

chen, wie es auch immer nur möglich ist.

Doch es kann immer noch passieren, dass

das System, wie Herr Claussen es angespro-

chen hat, mit einer geringen Wahrscheinlichkeit

trotzdem vollkommen aus dem Ruder läuft. Das

kann auch bei geringen Emissionen passieren.

Dann stellt sich die Frage: Was tun wir, wenn wir

der Katastrophe ins Auge sehen in 20, 30 oder

40 Jahren? Man muss sich natürlich ernsthaf-

terweise die Frage stellen: Gibt es die Option,

das CO2 irgendwie wieder rauszunehmen oder

müssen wir zu radikalen und möglicherweise

gefährlichen Maßnahmen greifen und tatsäch-

lich die Sonne abschirmen oder die Erde vor der

Sonne schützen? Wobei ich in der Tat sehe, dass

die Nebeneffekte wahrscheinlich riesengroß

sind. Das gängige Argument, es geht nur darum

die Kosten der Aerosoleinbringung in die Atmo-

sphäre zu messen und dann sind die gesamtwirt-

schaftlichen Kosten erfasst, ist natürlich Unfug.

Das wäre billig. Aber die Nebeneffekte, die man

hat, verursachen auch Kosten. Herr Claussen

hat die Dürren angesprochen. Wenn wir das

im Weltmaßstab machen, wenn die Nahrungs-

mittelproduktion 10 % zurückgeht, dann haben

wir eine Explosion der Nahrungsmittelpreise.

Und das würde Milliarden von Menschen in den

Hunger treiben. Es entstehen ganz andere Di-

mensionen von Kosten. Da muss man sich in der

Tat die Frage stellen, ob so ein Experiment oder

so eine Politik überhaupt noch vertretbar ist.

Herr Kriegler, das klingt ein bisschen, als wäre Geo-Engineering der Plan B. Sie kümmern sich um Klimamodelle und auch die Frage nach politischen oder wirtschaftlichen Motivationen. Glauben Sie, dass es möglicherweise jetzt schon, heute, morgen oder in naher Zukunft eine Motivation, einen anreiz gibt, Geo- Engineering schon einzusetzen oder stark voranzutreiben?

ELMaR KRIEGLER Wir beobachten

eine zunehmende Debatte über Geo-Enginee-

ring in verschiedenen Foren, die sich aus ver-

schiedenen Dingen speist - zum einen aus der

Wahrnehmung, dass es auf politischer Ebene,

was die Vermeidungsoptionen angeht, nicht gut

vorangeht. Es gibt viele Proponenten von Geo-

Engineering, die darauf hinweisen, dass der so

genannte Plan A, also die Vermeidungsoption,

nun auch wirklich einzusetzen, gar nicht mehr

realistisch ist, wir sozusagen schon auf Plan B

zusteuern. Dem würde ich widersprechen, da

wir bisher noch keinen Kohlenstoffpreis in ei-

nem Umfang gesehen haben, der tatsächlich

die Innovationen, die wir brauchen, um die

Vermeidungsoptionen auch zur Marktreife zu

bringen, befördert. Das zweite Argument, was

man oft hört, ist, dass die Klimaziele eigentlich

noch ambitionierter sein müssten. So sieht man

hier einen Zusammenhang von Klimazielen,

der Einschätzung, wie realistisch die Vermei-

dungsoption ist, und der Geo-Engineering-Op-

tion. Was wir im Moment wirklich diskutieren

sollten, ist die Frage: Wollen wir Forschung in

Geo-Engineering zulassen, um zum Beispiel für

einen Plan B auch die Mittel zu haben, ihn dann

umzusetzen, um das Wissen zu haben, die Risi-

ken einschätzen zu können?

Oder wollen wir das eher nicht zulassen, weil

wir einen kategorischen Unterschied zwischen

Vermeidungsoption und Geo-Engineering se-

hen? Ich möchte noch mal auf die Unterschei-

dung, die hier bereits gemacht wurde, eingehen.

Es ist ganz wichtig zu unterscheiden zwischen

den Optionen, in den Strahlungshaushalt ein-

zugreifen, also die stratosphärischen Aerosole

einzusetzen, und diesem Eingriff in den Kohlen-

stoffkreislauf, wo ich das CO2 durch chemische

Lösungsmittel zum Beispiel aus der Luft heraus-

nehme, diese künstlichen Bäume einsetze, ob-

wohl die eigentlich gar nicht so viel mit Bäumen

zu tun haben. Die ethische Debatte läuft meiner

Meinung nach vollkommen unterschiedlich, je

nach dem, worüber ich rede. Was den Eingriff

in den Strahlungshaushalt der Atmosphäre an-

geht, stimme ich meinen Vorrednern zu, dass

das eine sehr unsichere und mit sehr viel Risi-

ken behaftete Option ist, auf der anderen Seite

gleichzeitig für manche auch sehr attraktiv, weil

sie erst mal sehr billig zu sein scheint – die weni-

gen ökonomischen Abschätzungen, die es bisher

gibt, deuten auf Kosten hin, die mit dem Faktor

10 unter dem liegen, was wir im Bereich Vermei-

dung sehen – und weil man zweitens einen rela-

tiv schnellen Effekt dadurch erzielen kann, dass

die Temperatur relativ schnell abgesenkt werden

kann, was natürlich den Notfallgedanken er-

neut stärkt zu sagen: okay, wenn die Temperatur

jetzt zu hoch springt. Aber man hat zahlreiche

Probleme, nämlich dass man das auch zum Bei-

spiel aufrecht erhalten muss, dass man das nicht

» Die ethische Debatte läuft meiner

Meinung nach vollkommen unterschiedlich,

je nach dem, worüber ich rede. «

Page 37: EGO - Textteil

37

irgendwann plötzlich stoppen kann. Und das

zweite Problem ist, dass ich nicht das Problem

an der Wurzel packe, also vom Gas runter gehe,

sondern gleichzeitig auf das Gaspedal und die

Bremse drücke und manche Probleme, die durch

den CO2-Gehalt in der Atmosphäre alleine be-

dingt sind, wie zum Beispiel die Ozeanversaue-

rung, damit erst gar nicht in den Griff bekomme.

TILo WIRTZ Ich würde gern noch mal auf

die Frage der Regulierung zurückkommen. Wir

reden die ganze Zeit von dem Klima, von der

Klimakatastrophe, von dem Problem, was wir

lösen müssen. Ich würde gern den Fokus darauf

lenken, wer hier eigentlich mit welcher Legiti-

mität spricht. Herr Ott hat eben schon darauf

verwiesen, dass man über die Frage, ob man

Geo-Engineering betreiben möchte oder nicht,

im Rahmen der Vereinten Nationen entscheiden

TILo WIRTZarbeitet als wissenschaft-

licher Mitarbeiter am

Geographischen Institut

in Heidelberg in der

Abteilung für Anthropo-

geographie.

ELMaR KRIEGLERist Physiker und forscht am

Potsdamer Institut

für Klimafolgenforschung.

sollte, auf Grundlage eines globalen Konsens.

Nun wird es den wohl kaum geben, weil weder

die Folgen vom Klimawandel regional homogen

sind, noch die Auswirkungen von Geo-Engi-

neering. Die Frage ist also: Ist nicht Geo-Engi-

neering in sich schon ein Projekt, was mit einem

gewissen Hegemonieanspruch dadurch verbun-

den ist, dass eine gemeinsame Logik notwen-

dig wäre, um zu entscheiden, jetzt können wir

eingreifen, jetzt ist die Katastrophe da und jetzt

müssen wir das. Wer kann diese Entscheidung

dann wirklich treffen?

KonRaD oTT Dazu kann ich wenig

mehr sagen, als ich vorhin gesagt habe. Bestimm-

te Optionen haben globale langfristige Auswir-

kungen mit sehr ungewissen Nebenwirkungen.

Niemand anderes als die Weltgemeinschaft sel-

ber kann letztlich befugt sein zu entscheiden.

Das gehört im Grunde vor die Vereinten Nati-

onen. Dann kann man natürlich sagen: Wollen

wir so etwas mit Mehrheitsbeschluss beschlie-

ßen? Haben irgendwelche Leute ein Veto-Recht,

dass man sagen kann, wenn einige nicht wollen,

dann kann es nicht gemacht werden? Gibt es so

was wie Minderheitenschutz?

Also, wir sind da ganz am Anfang, überhaupt

über Governance-Strukturen und über Legiti-

mität nachzudenken. Aber alle Publikationen

sagen, im Bereich von Governance-Strukturen,

von Legitimitätsbedingungen liegen die ent-

scheidenden normativen Fragestellungen da-

bei. Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel: Dürfte

man bestimmte Formen von Geo-Engineering

dann und nur dann machen, wenn man über eine

überzeugende Exit-Strategie verfügt, über eine

überzeugende Abbruchstrategie, dass man sa-

gen kann: okay, wenn bestimmte Nebenwirkun-

gen auftreten, dann wissen wir aber auch, wie

wir gewissermaßen den geordneten Rückzug

aus einer solchen Option antreten können.

Die Royal Commission sagt: Kein Geo-En-

gineering ohne eine durchgefeilte, sehr plausible

Exit-Strategie! Das wäre jetzt zum Beispiel eine

normative Randbedingung. Man könnte überle-

gen, unter welchen normativen Randbedingun-

gen bestimmte Optionen in Betracht gezogen

werden können. Das finde ich eine sehr, sehr

spannende Debatte. Einen Satz noch zu Ihnen:

Bauchgefühle nennen wir in der Philosophie In-

tuitionen. Mir ist es auch manchmal so, dass ich

sage, oh, oh, mir ist aber mulmig zumute oder

ich hab ein ungutes Bauchgefühl.

Nur ein mulmiges Gefühl ist noch kein Argu-

ment. Es reicht einfach nicht. Was wir versuchen

müssen, ist, anhand der besten Modelle und der

besten Daten und der besten Argumente zu ver-

suchen, unsere mulmigen Gefühle in zählbare

Argumente zu übersetzen. Wir fangen häufig

mit mulmigen Gefühlen an, manche bestätigen

sich. Aber es könnte auch durchaus passieren,

dass sich manche mulmigen Gefühle eben nicht

bestätigen. Das heißt, als Ausgangspunkt ist das

okay, aber es ist im Grunde der Ausgangspunkt

nicht das Ergebnis einer Diskussion. ●

» Da muss man sich in der

Tat die Frage stellen, ob

so ein Experiment oder so eine

Politik überhaupt noch vertretbar ist. «

VICToR SMETaCEK

ist Meeresbiologe am

Alfred-Wegner-Institut für

Meeresforschung und

konnte schon Erfahrung

mit Geo-Engineering

weit draußen auf dem Meer

sammeln.

MaRTIn CLaUSSEnist Meteorologe und Direktor

am Max Planck Institut

für Meteorologie in Hamburg.

KonRaD oTTist Philosoph, hat bei Jürgen

Habermas promoviert.

Er arbeitet an der Universität

Greifswald und beschäftigt

sich unter anderem mit

Themen der Umweltethik.

GERnoT KLEPPERist Ökonom und Sprecher

des Kiel Earth Institute.

Er ist auch Vorsitzender des

Nationalen Komitees

des Global Change Institute.

Page 38: EGO - Textteil

38

Page 39: EGO - Textteil

39

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all habitats sink beneath the waves, droughts elsewhere lead to hostile environmental con-ditions, storms, unknown degree of severity and frequency threaten our settlement pat-terns - all of this to an extent that the reinsu-rer can cringe. The man in his hunger for pow-er and mobility exploits the resources of the world's fossil combustion processes emitted by carbon dioxide, which is blamed along with other greenhouse gases for the apparent be-ginnings of this apocalypse. no wonder then that solutions for the avert this disaster are being sought. Can now be geo-engineering such a solution? Is it possible to intervene in a technical way in climate effects such that glo-bal warming is stopped?There is no shortage of suggestions that seem plausible on a small scale, beyond the thought of a mega-scale greenhouse action but the largely manageable. Here are increa-sing doubts about it were made . Thus, besi-des well-known proponents of geoenginee-ring also many who understand this approach as a game with an uncertain outcome. We talking about the visions of five scientists. They are representatives of different discip-lines that come with the geo-engineering in touch - either because they think about the technology or the political or economic con-sequences of a possible investigation and im-plementation.

ANAPoCALYPTIC

SCENARIo

Page 40: EGO - Textteil

40

Mr. Smetacek, you are the co-head of the Polar Expedition LoHaFEX that stu-died the effect of iron fertilization on the growth of algae on carbon dioxide in the Southern ocean. Did your expectations with this experiment get satisfied?

VICToR SMETaCEK It depends on

what you mean by "expectations". These experi-

ments are very valuable tools for us. The questi-

on of whether plankton carbon dioxide absorb a

large extent and sequestration in the ocean can

be a fundamental research question, because we

know that in the glacial and interglacial periods

vast quantities of CO2 between ocean and at-

mosphere have been changed back and forward.

The question is: Where, how and when this hap-

pened and what were the mechanisms. We have

also explored. From a scientific point of view,

this experiment was a success because we were

able to perform it until the end. We could follow

these fertilized patch and perform our measure-

ments in it.

From the perspective of the geo-engineering

that was probably a disappointment, because

we could show that in the area where we were at

that time of year, no significant amounts of CO2

could be absorbed or sunk. For us this was a very

interesting result because it shows that this is not

happening in the absence of certain substances.

That's interesting, because diatoms are the latest

planting ends Ocean. You are therefore respon-

sible for the slowdown that has gone in the last

50 million years vonstatten. That is, without dia-

toms can hardly sink of CO2.

and you did not know that there were no diatoms at the time when you dumped the iron ffertilizers into the sea for the experiment?

VICToR SMETaCEK There are a num-

ber of other algae, which would also come to the

question. So we have now determined that we

these other algae, which are also come into ques-

tion, for example in the form coastal blooms -

have not seen there - in the North Sea there are

large non-diatom blooms every year. They could

not build themselves, because they were eaten.

Professor ott, how does the philosopher judge this experiment? What is your point of view?

KonRaD oTT When I want to say

anything just to LOHAFEX experiment, I'd say

it was a very interesting experiment in terms of

marine ecosystems. Since it has provided a lot

of interesting news. In relation to this option to

save CO2, it was rather disappointing. But I do

not think this option is the most explosive Opti-

on.Wenn we talk about geoengineering, perhaps

we should focus our attention on the moral op-

tions that are in the field of technical feasibility

and associated with significant long-term risks.

For example, sulfate aerosols contribute extensi-

vely to the stratosphere. I think that because our

moral attention lie.

Mr. Claussen, you are a meteorologist and you do know the system of the at-mosphere fairly well. What do you think, as someone who tries to understand the procedures, of a proposal as Mr. ott just mentioned?

MaRTIn CLaUSSEn First of all, I con-

sider not only the atmosphere, that would be

very short-sighted. We work with the climate

system or Earth System models, which include

besides the atmosphere and the ocean, the car-

bon cycle, terrestrial biosphere, vegetation, be-

cause the carbon absorbs well. We can of course

try as a way to reduce the CO2 input or the con-

centration of CO2, or cut down by reforestation.

In general, it is rather looked on the carbon cycle,

but the other effects of land use are more likely to

forget. This is what we are currently researching.

But we actually come to speak to what Mr.

Ott spoke just a little more delicate the experi-

ments. The introduction of aerosols into the

stratosphere, as is already an older idea. In a

band climated change our Nobel Prize winner

Paul Cutzen in 2006 had raised the idea again

and said that nature makes us before, yes. From

time to time also breaks from a volcano. Pina

Tubo is a good example of presumptuous scien-

tist, a really nice Besipiel. Pina Tubo has blown

up initially by 10 million tons of sulfur and then

for a long time - about 6 months - rule of thumb

6 million tons of sulfur. There can be estimated

approximately, and has acted as the high scale.

Now we have sat down and asked that correct?

Do we really enough? Then you just play with

his climate system models.

And you can tell them that it works really

quite magnificent. So we can give with CO2

gas, making the climate system nice and warm

and then contact the aerosol on the brakes and

brake balance so very nice to set any tempera-

ture we want. But now come the large number

of buts: First of all, we play with

Dismiss two drives. Once I take CO2 out

and diminish the drive. So I go down on the gas.

In others, the aerosol experiment, I press on the

brake. And they act differently: when I press

the aerosol brake, I see in all model calculations

have been made to the fact that nevertheless the

north, the warming at high latitudes in winter,

simply because aerosols hide the sun.

This works only when the sun shines.

Whereas CO2 reacts to the heat radiation and

influences and this just at any time - night, day,

winter, summer - works. So that means I can

actually - if I give gas and brake gently - still pro-

duce a strong warming at high latitudes. Even if

I say, I brake just a little off, then it may be that

in high northern latitudes is still warm enough

to melt the glaciers then. I have not compensa-

ted for just a few effects. Although I can com-

pensate for the global mean temperature, but

regional effects can not I get compensated. We

expect that increases in high northern latitudes

in temperature. We also expect that will change

the water cycle. We know from the history of

climate that large volcanic eruptions, eg Laki,

the 1783/84 has led to famine in monsoon are-

as. Thus we see in the climate models show that

the global water cycle goes back a bit, especially

in the monsoon regions something back. So,

we do speak, the devil with Beelzebub from the.

But you already suggest, even if we are also on the accelerator as on the bra-kes, we still don't face the problem that we continue emitting greenhouse gas?

MaRTIn CLaUSSEn There is still a

very important issue that is often overlooked.

Throughout the discussion I've only once or

Page 41: EGO - Textteil

41

twice read, namely, meteorologists, who know

that weather and climate are dynamic: the sys-

tems have a high dexgree of uncertainty. We

see it again right now. The global mean annual

temperature means may vary considerably. If we

look at the past 150 years, the global average, it

can go up each year by 0.3 degrees, 0.3 degrees

are also going down.

These are strong signals from year to year.

Because sometimes, the global warming fail

a little. And then people say: Where is climate

change? That's all true but not with the CO2.

Now you have to think against the background:

I am trying to slow down a system of care, the

system varies but very strong. We talk about the

time a global warming of about 0.7 ° C per 100

years. So those are 0.007 Kelvin per year. Then,

perhaps accelerating global change by a factor of

3, 5 times.Then there are still about one-tenth

of the potential fluctuations from year to year.

Against this background, I try to brake. It may be

coincidence, of course, that the climate system is

a little warmer. Then people say, oops, it slows

down enough, so on. Or it is too cold: Take your

foot off the brake! I do not know how to function

under the control of such uncertainties. This is

one of my major problems.

Mr. Klepper, did Mr. Claussen now alread burry the issue with the motto: It's not a system, you can easily tune like your stereo or your car where you know how it goes, which speeds it runs or howit reacts? or are there any projects wit-hout any problems? and there are the-re any who are high-problematic, even dangerous or life threatening?

GERnoT KLEPPER Mr. Claussen has

been addressed. There are two systems should

be distinguished. One is the influence of solar

radiation, so the aerosols, space umbrellas. And

the other is the question of whether to take out

CO2 from the atmosphere and spends anywhe-

re - in soil, ocean, or fixed, which is also being

considered. The two methods have fundamen-

tally different effects. With the removal of CO2

from the atmosphere, we would indeed do the

same thing that is currently being discussed

already today with theCO2-free power plants.

We take the CO2 from the stack and dump it so-

mewhere want, for example, in the North Sea off

Norway, where it is today done it.

The same can of course do so from the at-

mosphere. There is research in the U.S. who say

that this is technically possible, you can do that.

Synthetic trees. The researchers say, it takes

around a tree the size of a television screen to

capture the CO2 emissions of an individual. So,

technically, this question is possible. When we

talk about pricing, it is far beyond what we could

carry on meaningful climate policy without this

option. But I think the question is not: Can we re-

place it with geo-engineering climate policy? But

the question can not exceed, if they ever makes:

Are there situations in which we have no way out

except geoengineering? So, Plan A is to run cli-

mate policy, try the two-degree target to achieve,

as it is always possible.

But it can still happen that the system, as Mr.

Claussen has addressed it, with a low probabi-

lity is still completely out of control. This can

happen even with low emissions. Then the ques-

tion arises: What do we do when we face up to

the catastrophe in 20, 30 or 40 years? One must,

of course, it seriously ask the question: Is there

an option to increase the CO2 somehow get out

again or we must resort to radical and potentially

dangerous actions and actually shield the sun

or protect the earth from the sun? Where I see

in fact that the side effects are likely to be huge.

The usual argument that it's all about the cost of

the aerosol contribution to be measured in the

atmosphere and then the total economic cost is

included, of course, nonsense.

That would be cheap. But the side effects that

you have, cause and cost. Mr. Claussen has res-

ponded to the droughts. If we do that on a global

scale, if food production declines 10%, then we

have an explosion in food prices. And the billi-

ons of people would go out of hunger. It caused

quite different dimensions of cost. You have to

imagine, in fact, the question whether such an

experiment or as a policy is at all justifiable.

Mr. Kriegler, that does sound a bit as if geo-engineering is a secondary plan. you take care of climate models and the question of political or economic moti-vations. Do you think it is possible today,

tomorrow or in the near future, to find a motivation that increases the chan-ces to already use geo-engineering, or push it further?

ELMaR KRIEGLER We are seeing a

growing debate about geo-engineering in va-

rious forums, which feeds on various things

- first, from the perception that the political

level, in terms of mitigation options, not going

on well. There are many proponents of geoen-

gineering, indicating that the so-called Plan A,

thus avoiding the option now to use really, no

longer realistic to say we are heading already

on Plan B. I would object to this because we've

never seen a carbon price to an extent, the fact

that innovation, we need to bring the avoidance

options and ready for market, transported. The

second argument that is heard often is that the

climate would actually be even more ambitious

goals. Thus one sees a connection between cli-

mate goals, assessing how realistic option is to

avoid, and the geo-engineering option. What

we should really discuss at the moment is the

question: Do we want to allow research into

geoengineering, to have such a plan B for the

means to implement it then to have the know-

ledge to be able to assess the risks?

Or rather, we want to let that happen, be-

cause we see a categorical distinction between

avoidance and geo-engineering option? I want

to again address the distinction that was made

here already. A distinction must be very im-

portant between the options in the radiation

budget to intervene, then use the stratospheric

aerosols, and this encroachment on the carbon

cycle, where I CO2 presume to chemical sol-

vents, for example, from the air, these artificial

trees einsetze, although the fact not so much to

do with trees have. The ethical debate is in my

opinion, completely different, depending on

what I'm talking about. As for the interference

in the radiation budget of the atmosphere, I

agree with previous speakers that this is a very

uncertain and very risky option, on the other

side at the same time for some very attracti-

ve because they seem only to be sometimes

very cheap - the few economic assessments

that currently exists, indicate costs higher by

a factor of 10 below what we see in the area of

Page 42: EGO - Textteil

42

prevention - and secondly because you can achieve

a relatively quick effect in that the temperature is

lowered relatively quickly are, of course, is what

strengthens the emergency thoughts again to

say: okay, now when the temperature is too high

jump. But it has many problems, namely the one

that will also be maintained, for example, that

you can not stop suddenly at some point. And the

second problem is that I was not the problem at

its root pack, so the gas going down, but at the

same time press on the accelerator and the bra-

ke and some problems with the CO2 content in

the atmosphere itself due to such example, ocean

acidification, so do not even get a grip.

TILo WIRTZ I would like to come back

again to the question of regulation. We talk all

the time from the air, from air disaster of the pro-

blem, what we have to solve. I would like to draw

the focus on who actually speaks with what legi-

timacy. Mr. Ott has just been pointed out that the

question of whether one wants to pursue geo-

engineering, or not, should decide at the United

Nations, on the basis of a global consensus. Now

there will be the unlikely because neither the

consequences of climate change are regionally

homogeneous, nor the impact of geo-enginee-

ring. So the question is: Is not geo-engineering in

itself a project, which is associated with a certain

hegemony claim by a common logic would be

necessary to decide now, we can intervene, now

is the catastrophe there, and now we have to das.

who can then make this decision really?

KonRaD oTT this I can say no more, as

I said earlier. Certain options have global long-

term effects of very uncertain side effects. No

one else but the world community itself may ulti-

mately have the power to decide. This is basically

to the United Nations. Then of course you can

say: we want to decide anything by majority deci-

sion? People have a right to veto any that you can

say, if some do not want, then it can not be done?

Is there such thing as protection of minorities?

So, we're there at the very beginning to think

at all about governance structures and legiti-

macy. But saying all publications in the field of

governance structures, conditions of legitimacy

are the decisive normative questions. I'll give you

another example: make If it may be some forms

of geoengineering if and only if one has a convin-

cing exit strategy, with a convincing demolition

strategy that you can say okay, if you experience

certain side effects, you know But let us also how

we can begin an orderly withdrawal from a sense

of such an option.

The Royal Commission says: No geo-engi-

neering without a tuned interplay of very plau-

sible exit strategy! Now that would be as a nor-

mative constraint. One could speculate on what

may be considered normative constraints speci-

fic options considered. I think that's a very, very

exciting debate. A set of more to you: Gut fee-

lings we call intuitions in philosophy. I also some-

times like I say, oh, oh, I do but I have a queasy or

uncomfortable gut feeling. Only a queasy feeling

is not an argument. It is not easy. What we need

to try is to try to determine the best models and

the best data and the best arguments to translate

our queasy feelings in countable arguments. We

often start with queasy feelings, some are con-

firmed. But it could happen quite that confirm

some queasy feelings do not. In other words, is

the starting point is okay, but it is basically the

starting point not the result of a discussion. ●