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TITEL DEUTSCH
D as Lieblingstier aller Extrem-Bodybuilder müsste der Weißblaue
Belgier sein. Rinder dieser Rasse sehen aus »wie ein Pitbull auf
anabolika«, findet Perikles Simon. Durch eine Mutation sei bei den Tie-
ren ein Gen beschädigt, das die Muskelbildung zügele, erklärt der Leiter
der Abteilung Sportmedizin an der Universität Mainz. Simon fürchtet,
dass irgendwo auf der Welt Athleten tatsächlich versuchen, ihre Körper
nach dem Vorbild des belgischen Blaurinds zu formen - indem sie sich Vi-
ren in die Adern spritzen, die fremde Erbsubstanz enthalten.
» Manche von denen bekommen
keinen einzigen
Klimmzug hin. «
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S
»wir gehen davon aus, dass
gen-doPing schon Praktiziert
wird«, sagt der Mediziner und
Molekularbiologe. Eine mögliche
Anwendung sei der Muskelauf-
bau: Er könne stimuliert werden,
wenn es gelinge, das Gen für den
Eiweißstoff Follistatin in mensch-
liche Zellen zu schleusen. Wie bei
den Blaurindern würde dann die
natürliche Bremse für das Muskel-
wachstum gelöst. Die Vorstellung,
dass so etwas nur in Hightech-La-
boren gelinge, ist irrig, wie Simon
deutlich macht. Für gut 500 Dollar
sei ein gebrauchsfertiges Virus zu
haben, das als Gen-Vehikel die-
nen könne. Jeder könne sich die-
sen Trojaner besorgen, er müsse
nur schriftlich versichern, dass
er die Schutzvorschriften einhalte. Wer sich schon als nächsten Mister
Universum sieht, dürfte wenig Skrupel haben, solch eine Erklärung zu
unterschreiben. Simon weiß, dass es kaum Möglichkeiten gibt, wild ent-
schlossene Gen-Junkies zu stoppen. Er zitiert eine Untersuchung, nach
der 50 Prozent aller Hochleistungssportler in Kauf nehmen würden, in
fünf Jahren tot zu sein, wenn sie eine »wunderPille« mit Goldmedail-
len-Garantie einnehmen dürften. Trotzdem haben der Mainzer Forscher
und seine Mitstreiter den Kampf gegen die DNA-Doper aufgenommen.
FoLLISTaTIn kommt bei fast allen höher entwickelten Tieren im ganzen Körper vor. Zusammen mit MyoSTaTIn ist es Bestandteil eines die Muskelbildung und Muskelregeneration kontrollierenden Regelkreises. Ein zu seinen Gunsten verschobenes Verhältnis der beiden Stoffe führt zu ungehemmten Muskelaufbau.
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TITEL DEUTSCH
Seit Anfang des Jahres ist am Institut für Sportwissenschaft das Labor für
Molekulare Belastungsphysiologie in Betrieb. Dort wollen die Wissen-
schaftler mit hochsensibler Technik nach suspekten Veränderungen im
Blut von Athleten suchen. Erbsubstanz, die von außen in den Organismus
gelangt, unterscheidet sich im Aufbau von jener, die dort bereits vorhan-
den ist: Die körpereigene DNA enthält bestimmte Sequenzen, die den
mit Viren importierten Molekülen fehlen. Diese Abweichungen können
Simons Mitarbeiter mit ihren Geräten aufspüren.
Der Professor hofft, bis zu den Olympischen Spielen im nächsten
Jahr ein Verfahren entwickelt zu haben, mit dem sich Gen-Doping routi-
nemäßig nachweisen lässt. »die frage ist, ob man es dann auch wirk-
lich einsetzen will.« Simon geht es dabei nicht nur um die sportliche
Fairness. Das Übertragen von Erbmaterial ohne strenge ärztliche Kont-
rolle sei sehr riskant: Der Athlet könne einen Immunschock erleiden oder
Jahre später an Krebs erkranken, und weil Viren zum Einsatz kämen, sei
auch denkbar, dass sich Unbeteiligte ansteckten. Spätestens wenn die All-
gemeinheit gefährdet werde, müsse mit der Nachsicht gegenüber den Do-
pern Schluss sein. Dennoch ist die Fahndung nach Wettkampfbetrügern
letztlich »luxusmedizin«, wie der Professor weiß.
Von seinem 1,1 Millionen Euro teuren neuen Labor sollen auch
Freizeitsportler profitieren und sogar Menschen, denen der Sinn erst
einmal gar nicht nach Ertüchtigung steht. Simon und seine Kollegen
untersuchen deshalb allgemein, was auf molekularer Ebene im Körper
geschieht, wenn er belastet wird. Strengt sich ein Mensch physisch an,
werden bestimmte Gene aktiviert, damit der Organismus den Stress bes-
ser bewältigen kann. Viele dieser Vorgänge sind den Forschern noch ein
Rätsel. So steigt zum Beispiel der Gehalt an freier DNA im Blut an, wenn
ein Proband auf dem Ergometer in die Pedale tritt. Dabei könnte es sich
ist sehr riskant. «
strenge ärztliche Kontrolle
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um eine primitive Immunreaktion handeln, vermutet Simon. vDas Erb-
material diene vielleicht dazu, Abwehrzellen »scharfzumachen«, was
sinnvoll wäre, da jede intensive körperliche Tätigkeit das Infektionsrisiko
erhöhe - etwa wegen des schnellen Atmens. Diesen Effekt will sich Simon
zunutzemachen. Wenn sich ein Krebskranker
sportlich betätige, gelange auch Tumor-DNA
ins Blut, so seine Annahme. Lasse sich der
Nachweis präzise führen, könne ein Belastungs-
EKG möglicherweise zur Krebsvorsorge ge-
nutzt werden. Aber auch bei Tumorpatienten,
die schon behandelt würden, sei es interessant,
den DNA-Pegel zu beobachten.
Noch wisse man nämlich zu wenig da-
rüber, was die Sporttherapie, die vielen Krebs-
kranken empfohlen werde, tatsächlich bewirke.
Überhaupt sollen die molekularen Analysen
den Sportmedizinern helfen, genauere Aussa-
gen über die Fitness ihrer Klienten zu treffen.
Simon weiß aus eigener Erfahrung, dass das
Erscheinungsbild eines Menschen wenig über
dessen Leistungsfähigkeit verrät: »ich hatte
hier mal einen 62 Jahre alten mann mit leichtem Übergewicht,
der einen marathon kurz Über drei stunden lief.« Die prächti-
ge Muskelfülle eines Bodybuilders wiederum halte nicht immer, was
sie verspreche. Wenn die Bewegungsabläufe nicht genau jenen glichen,
die sie sonst trainierten, versagten die Studio-Helden mitunter kläglich:
»manche von denen bekommen keinen einzigen klimmzug hin.« ●
» Noch wisse
man nämlich
zu wenig
darüber. «
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TITEL DEUTSCH
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T he favorite animal of all extreme bodybuilders would be the Belgian
Blue. Cattle of this breed look "like a Pit bull on steroids," says
Simon Pericles. Either by a mutation in a gene the animals damaged, the
unrestrained muscle formation, explains the head of the Department of
Sports Medicine at the University of Mainz.
Simon is concerned that somewhere in the world, athletes are actu-
ally trying to shape their bodies along the lines of the Belgian Blue Beef - by
an injection of virus into the veins that contain foreign genes. "we exPect
that gene doPing is already doing," says the physician and molecular
biologist. He could be stimulated, if it succeeds, to infiltrate the gene for
the protein follistatin in human cells: A possible application is the muscle.
As with the Blue cattle then the natural brake for muscle growth would be
solved. The idea that something succeeds only in high-tech laboratories, is
erroneous, as Simon points out. For about 500 dollars a ready-made virus
to be had, which could serve as gene vehicles.
Everyone can get these Trojans, he must assure in writing that he
respected the safety regulations. Anyone who sees himself as the next Mr.
Universe would have little scruple to sign such a declaration. Simon knows
that there are few ways to stop wild resolute gene junkies. He cites a study,
take the 50 percent of all athletes in terms of purchasing would be dead
in five years if they could take a "magic Pill" with a gold medal warranty.
Nevertheless, the researchers in Mainz and his colleagues in the fight against
» Some of those can't even do a single pull-up. «
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the dopers have taken DNA. Since the beginning of the year at the Institute
of Sports Science Laboratory of Molecular Physiology in load operation.
There, the scientists want with highly sensitive technique for suspicious
changes in the blood of athletes looking for. Genetic material, which comes
from outside the body, differs in structure from that, there already exists.
» Transfering genetics
without any medical
supervision is very risky. «
The body's own DNA contains sequences with viruses lacking the
imported molecules. These deviations can track down Simon's staff with
their equipment. The professor hopes to have developed up to the Olym-
pics next year, a process which can routinely detect gene doping. "the
question is whether you want to actually use it then." Simon,
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TITEL DEUTSCH
this is not just about sportsman-
ship. The transfer of genetic mate-
rial without strict medical supervi-
sion is very risky: The athlete could
suffer a shock immune or years
later diagnosed with cancer, and
because viruses would be used,
also conceivable that infected b
standers. By the time the public
is endangered, it must be with le-
niency towards the end Dopern.
Nevertheless, the search for com-
petition fraudsters end "luxury
medicine", as the professor knows.
1.1 million EUR from his expensive new laboratory will also benefit ama-
teur athletes and even people who are in the mood not only once after up-
grading. Simon and his colleagues are therefore generally what happens
at the molecular level in the body when it is loaded. Be filed on a person
physically, certain genes are activated, so that the organism can handle the
stress better.
Many of these processes are still a mystery to researchers. Rises
to as the content of free DNA in the blood when a subject enters on the
ergometer in the pedals. It could be either a primitive immune response,
Simon suspected. The genetic material may serve to immune cells "make
sharP," which would make sense, since any intense physical activity in-
creases the risk of infection - for example, because of the rapid breathing.
This effect will be utilized to make Simon. When a cancer patient exercise,
get into the blood and tumor DNA, so its adoption. Let the evidence lead
FoLLISTaTIn occurs in almost all higher developed animals entire body. Together with MyoSTaTIn it is an essential part of the muscle formation and regeneration directing loop. a shift to its advantage is leading to unrestrained growing of muscles.a
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to precise, a stress test could potentially be used for cancer screening. But
also in cancer patients who would have treated, it is interesting to observe
the DNA level. Yet we know that is too little about what the sports therapy,
many cancer patients would recommend actually effecting.
In general, the molecular analysis will help the sports physicians to
make accurate statements about the fitness of their clients. Simon knows
from personal experience that reveals the appearance of a man little about
his performance: "i was here once a 62-year-old man with a slight
excess weight, a marathon ran for three short hours on end."
The magnificent muscle fullness of a bodybuilder in turn does not always
mean what they promise. If the motion is not exactly matched to those who
trained them otherwise, the studio heroes failed miserably at times: "some
of them can't do a single Pull-uP." ●
» They still don't know very much about it. «
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TITEL DEUTSCH
S ie kommt aus Idaho in Amerika. Geprägt
von der Mentalität amerikanischer Cow-
boys und dem Flair des wilden Westens zog sie
hinaus in die Welt und landete in Berlin. Hier
versucht sie ein Stück alte Heimat zu bewahren
und gleichzeitig eine neue Heimat zu finden.
Amy wuchs zusammen mit ihrer Schwester und
ihrer alleinerziehenden Mutter auf. Sie besuch-
te ein College, graduierte und arbeitete in ihrer
eigenen Filmproduktions-Agentur in Chicago.
Amys Leben ist tendenziell nomadisch. Für ih-
ren Beruf ist sie immer bereit, die Standorte zu
wechseln. Diese Unstetigkeit gibt ihr aber auch
Kraft. Ihre Sicherheit bezieht sie aus der Tatsa-
che, flexibel und ungebunden zu sein, und sich
nicht um jeweilige organisatorische oder materi-
elle Dinge bemühen zu müssen. Ihr Beruf ist ihr
Rechtfertigungs-Rahmen. Das Aus ihrer Agen-
tur bewegte sie dazu, nach Berlin zu kommen.
Weit weg von ihren Freunden versuchte sie einen
Neustart mit einem Sprachkurs.
Wegen eines Engagements am Berliner
Ensemble entschied sie sich, in Berlin zu bleiben.
Amy hat keine klassischen Ziele wie beispiels-
weise Familiengründung; die Selbstverwirkli-
chung in ihrem Beruf steht für sie an erster Stel-
le. Zu ihren persönlichsten und relevantesten
Dingen zählt ein Geist, der sich als Tätowierung
auf ihrer rechten Schulter befindet. Er entstand
» Amy besitzt nur so viel, dass sie von einem Tag auf den Anderen umziehen könnte. Ihre Freiheit ist ihre Sicherheit. «
TEXT
JanniS PätZoLd / Sabine hoffmann
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an dem Vorabend ihrer Abreise aus Seattle
im Beisein ihrer besten Freundin Ruthie. Für
sie symbolisiert er das Ende eines Lebensab-
schnitts und zugleich einen Neubeginn. Dieses
Symbol wurde am nächsten Tag in Chicago auf
dem Flughafen bekräftigt durch den Kauf eines
mundgeblasenen kleinen Geistes aus Glas. Sie
schuf sich selbst einen Talisman, der durch die
unerwartete Synchronizität beider an Wichtig-
keit noch dazu gewann. Auf spirituelle Weise
glaubt Amy keineswegs an Geister, sie sind für
sie allein ein Symbol und erinnern sie an eine
vergangene Zeit. Meist findet der Geist aus Glas
seinen Platz in Nähe ihres Bettes und wird auf
jeder längeren Reise in einer blumenverzierten
Keramik-Schatulle transportiert – wie ein Schatz.
Wo auch immer diese kleine Glasfigur
ausgepackt und platziert wird ist Zuhause. Ein
Ruhepol. Als einzelnes Objekt hängt er an einem
schwarzen Wollfaden, der um seinen Hals gewi-
ckelt ist, vor der weißen Rauhfaser-Tapete – der
Kran/Wal. Er wirkt nicht verloren. Schon kurz
nach ihrer Ankunft in Berlin hat sie diesen von
einem befreundeten Künstler geschickt bekom-
men. Er ist halb Meerestier und halb Vogel, halb
Kranich und halb Walfisch: Er ist mehr als ein
Einrichtungsgegenstand, ein kleines Kunstwerk.
Die Skulptur trägt eine politische Nachricht
und ist mehrdeutig gestaltet, dieser Code muss
gelesen werden können. Selbst, wenn er nicht
Amys Vorstellungen von Ästhetik entspräche,
würde das nichts an der persönlichen Relevanz
ändern. Nicht der Fakt, dass der Kran/Wal ein
Unikat ist, macht ihn für sie einzigartig, sondern
dass er extra für sie handgefertigt wurde: Dass
jemand die Zeit aufbrachte, etwas für sie anzu-
fertigen und sich Gedanken über sie machte.
» Medikamente nimmt man still und heimlich. «
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TITEL DEUTSCH
Dann legt sie ein abgenutztes Moleskine-No-
tizbuch auf den Tisch. Äußerlich unscheinbar
und austauschbar birgt es Unersetzbares in sich.
Der Wert ist nicht vergleichbar. Daher bewahrt
sie es hauptsächlich zuhause auf, auch aus Angst
vor einem möglichen Verlust. Am Vorabend
ihrer Abreise aus Amerika lag dieses Büchlein
auf ihrer Abschiedsparty aus, damit sich Freun-
de und Bekannte eintragen konnten; "wer mit
mir in kontakt bleiben will, soll sich in
das buch eintragen". Es enthält Kontaktda-
ten und persönliche Widmungen ihrer Freunde
und ist zugleich ein Symbol für ihre Ablehnung
der sozialen Netzwerke im Internet. Amy legt
großen Wert auf enge soziale Beziehungen zu
Freunden und Familie und nimmt Internet-
Plattformen für sich als Widerspruch wahr. Als
nächstes präsentiert Amy eine Jacke. Hierbei
handelt es sich um noch mehr als nur ein Klei-
dungsstück: Die Jacke hat einen Charakter, et-
was Menschliches. Es ist eine Jeansjacke mit Le-
derfransen und breiten Schultern.
Sie stammt noch aus den USA, aus Amys
anderer Lebenszeit, und war ein Geschenk ihrer
Mutter, die die Jacke selbst in ihrer Jugend getra-
gen hat. Beim Tragen empfindet Amy eine große
Nähe zu ihr, der Mutter, der einzigen elterlichen
Bezugsperson. Die Jacke bietet ihr Schutz, lässt
sie vielleicht für einen Moment wieder das Kind
sein, das heimlich Sachen aus dem mütterlichen
Kleiderschrank nimmt und anprobiert.Sie re-
präsentiert die Anwesenheit einer sehr wichti-
gen Person ihres Lebens, die doch derzeit uner-
reichbar ist aufgrund der räumlichen Trennung,
» Einzeln hängt er an einem schwarzen
Wollfaden, der um seinen
Hals gewickelt ist, vor der weißen
Rauhfaser-Tapete. «
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und ist wie eine mütterliche Umarmung. Amys
starke Bindung zur Mutter verleiht der Jacke ei-
nen unersetzbaren Wert, aus Angst vor Beschä-
digung wird sie behütet und nur zu besonderen
Anlässen getragen.
Als letztes stellt sie eine herkömmliche
Papiertüte eines bekannten Kaufhauses auf
den Tisch, gefüllt mit verschiedenen Tabletten-
Schachteln. Die Tüte dient als mobiler Medika-
mentenschrank, ist austauschbar und an keinen
festen Ort gebunden. Der Inhalt gehört zur tägli-
chen Routine und gibt ihr Konstanz. Seit einigen
Jahren muss Amy diverse Medikamente gegen
ihre bipolare Störung einnehmen. Sie verleihen
Amy Souveränität und sind die Basis für einen
normalen Alltag. Auf sie kann sie sich immer
verlassen und tut es auch. Trotz der ihr bewuss-
ten Notwendigkeit und der Sicherheit, die sie
erlangt, hält Amy eine Distanz zu den Tabletten
und Pillen aufrecht – sie sind keine Freunde von
ihr. Medikamente nimmt man still und heimlich.
Es ist ein tägliches Ritual, auf das man gerne ver-
zichten würde. Ihre fünf Gegenstände haben alle
einen sehr intimen und persönlichen Bezug zu
bestimmten Lebensabschnitten und wichtigen
Menschen in ihrem Leben. Meist sind es Ge-
schenke, die nicht immer einen hohen materiel-
len, dafür aber immer einen starken emotionalen
und dekorativen Wert für Amy haben. Funktio-
nal sind sie meist nicht, doch Amy macht maß-
geblich ihr Wohlbefinden an ihnen fest. Da sie
sich in ihrem nomadischen Leben nur mit weni-
gen Dingen umgibt, sind diese für sie umso rele-
vanter. "ich will nur so viel besitzen, das es
mir möglich ist, innerhalb eines tages um-
zuziehen". Amy will sich bewusst nicht an be-
stimmte Orte fesseln; sie möchte sich "frei" und
ungebunden fühlen, niemandem verpflichtet.
Nur wenige, besondere Gegenstände untermau-
ern ihre persönliche Autonomie und machen es
ihr möglich sich auf der ganzen Welt heimisch zu
fühlen. ●
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S he comes from Idaho in America. Influ-
enced by the mentality of American cow-
boys and the wild atmosphere of the West, they
went out into the world and landed in Berlin.
Here she is trying to preserve a piece of old home
while finding a new home. Amy grew up with
her sister and her single mother. She attended
college, graduated and worked in her own film
production agency in Chicago. Amy's life tends
to be nomadic. For her career she's always wil-
ling to change the locations. This discontinuity
is also its strength. It relates to their safety to be
unbound from the fact, and flexible, and strive
not to specific organizational or material things
to have. Your profession is their justification
framework. The move from her agency she used
to come to Berlin. Far away from her friends, she
tried to restart with a language course. Because
of a commitment at the Berliner Ensemble, she
decided to stay in Berlin. Amy has no traditio-
nal goals such as starting a family, the self-reali-
zation is in their job for them in the first place.
Among her most personal and most relevant
things is a spirit that resides as a tattoo on her
right shoulder.
He was on the eve of her departure from
Seattle in the presence of her best friend Ruthie.
For them, it symbolizes the end of a phase in life
and also a new beginning. This symbol was the
next day in Chicago at the airport confirmed by
buying a small hand-blown glass from Spirit.
It created itself a talisman by the unexpected
importance of synchronicity both won one at
that. Amy believes in a spiritual way, not in spi-
rits, they are only a symbol for them and remind
them of a past time. Most of the spirit finds its
place in glass near her bed and is transported to
every long journey in a flower-decorated ceramic
box - like a treasure.
Wherever unpacked this little glass figure
and will be placed at home. A retreat. As one ob-
ject he hangs on a black wool yarn that is wrap-
» Amy only got as many
things, to move anywhere from one day to
the other. Her freedom
is her warranty. «
TRanSLaTIon LaRRY PaGe
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possible loss. On the eve of her departure from
America had this book out at her farewell party,
so sign up friends and acquaintances were, "who
wants to stay in touch with me, should
be registered in the book."
It contains contact information and per-
sonal dedications of her friends and is also a
symbol of their rejection of social networks on
the Internet. Amy puts great emphasis on close
social relationships with friends and family, and
Internet platforms will be as true for contradic-
tion. Next, Amy presents a jacket. This is more
than just a piece of clothing: The jacket has a cha-
racter, something human. It's a denim jacket with
leather fringe and broad shoulders. It dates from
the USA, from Amy's other life, and was a gift
from her mother, who has worn the jacket, even
in their youth. When wearing Amy feels a close-
ness to her mother, the single parent-caregiver.
ped around his neck, in front of the White wood-
chip wallpaper - the crane / whale. He has not
lost. Shortly after their arrival in Berlin, she got
this from an artist friend sent He is half seafood
and half bird, half and half whale crane. He is
more than a piece of furniture, a work of art.
The sculpture carries a political message and is
designed ambiguous, this code can be read. Even
if it does not correspond to Amy's ideas of aes-
thetics, the change would not alter the personal
relevance. Not the fact that the crane / whale is
unique, for it makes him unique, but that he was
specially handmade for them: That somebody
muster the time to make something for her and
thinks about them. Then she puts a worn Mole-
skine notebook on the table. Outwardly incon-
spicuous and interchangeable it carries within
itself irreplaceable. The value is not comparable.
So they kept it mostly at home on, for fear of a
» You can only take
your medication secretly. «
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TITEL DEUTSCH
The jacket offers her protection, she can perhaps
again be the child who secretly takes things out
of the closet and maternal anprobiert.Sie for a
moment, represents the presence of a very im-
portant person of life, but is currently inacces-
sible due to spatial separation, and is like a ma-
ternal embrace. Amy's strong attachment to the
mother gives the jacket an irreplaceable value,
for fear they will be protected from damage and
worn only on special occasions. The last thing it
represents a traditional paper bag a well-known
department store on the table, filled with various
tablet boxes. The bag serves as a portable medi-
cine cabinet, is interchangeable and not tied to a
fixed location. The content belongs to the daily
routine and gives her stability. For several years,
Amy has to take various medications for her bi-
polar disorder. They give Amy and sovereignty
are the basis for a normal life.
On it they can always rely on and does it
well. In spite of her conscious of the necessity
and security they gained, Amy keeps a distance
from the upright tablets and pills - they're no
friends of her. Medications you take quietly.
There is a daily ritual to which one would gladly
do without. Their five items all have a very inti-
mate and personal relation to certain periods of
life and the important people in her life. Usually
there are gifts that are not always a high material,
but it always have a strong emotional and decora-
tive value for Amy. Functionally, they are usually
not, but Amy makes her well-being largely deter-
mined by them. Since she surrounds herself in
her nomadic life with only a few things, these are
more relevant for them. "i want to have only
so much that it is Possible for me to move
within one day." Amy wants to be aware not
bind to specific locations, they would be "free"
unbound and feel obligated to anyone. Only a
few special items to support their personal auto-
nomy and make it possible for her to feel at home
around the world. ●
»A single wooden thread
is wrapped around his
neck, right in front of
the white wallpaper. «
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TEX
T V
inc
ent
VeG
aDie Heiratserlaubnis:
Die Heiratswilligen müssen zuerst im Marriage Bureau persönlich vorsprechen
und die Erteilung der Marriage License (Heiratserlaubnis) beantragen. Diese wird zur
eigentlichen Hochzeit benötigt und ist dort vorzulegen. Die Lizenz bekommt man
gleich mit, sie ist ein Jahr gültig. Die Gebühr beträgt 60 Dollar. Ein Aufgebot ist nicht
erforderlich. Mitzubringen sind nur die Reisepässe, keine Geburtsurkunden und keine
anderen Dokumente oder Übersetzungen. Scheidungsurteile müssen auch nicht vor-
gelegt werden, man muss nur das Datum und den Ort angeben, wo die vorhergehende
Ehe aufgelöst worden ist. Verwitwete müssen das Sterbedatum und den Ort angeben.
Diese Bedingungen gelten für alle Nationalitäten. US-Bürger brauchen zusätzlich ihre
Sozialversicherungsnummer.
Die eigentliche Eheschließung:
Die eigentliche Eheschließung kann entweder vom Standesbeamten (Com-
missioner of Civil Marriages) oder von einer staatlich befugten Person in einer Hoch-
zeitskapelle oder an einem anderen Ort vollzogen werden. Vorgeschrieben ist in bei-
den Fällen die Anwesenheit von einem Trauzeugen (Witness). Der Trauzeuge muss
mindestens 18 Jahre alt sein. Wenn Sie nur zu zweit anreisen wird Ihnen von den Ka-
pellen ein Trauzeuge zur Verfügung gestellt. Zivile und religiöse Trauungen haben in
Las Vegas die gleiche Rechtskraft.
Eheschließung durch den Beauftragten für Ziviltrauungen
Das Büro liegt nicht weit vom Marriage Bureau entfernt, die Trauung ist ähn-
lich wie bei uns auf dem Standesamt. Kosten: US$50. Seit 15. September 2010 muss
ein Termin vereinbart werden. Das Büro stellt keinen Trauzeugen zur Verfügung.
F ast 100.000 Paare heiraten jedes Jahr in Las Vegas, darunter ca. 2.000 Paare aus Deutschland, Österreich
und der Schweiz. nachfolgend eine detaillierte anleitung für die Hochzeit in Las Vegas und die anerkennung zu Hause.
Voraussetzungen: Eine männliche und eine weibliche Person im Mindestalter von 18 Jahren. Minderjährige antrag-steller im alter von 16 oder 17 Jahren müssen die Zustimmung eines Elternteils oder eines gesetzlichen Vormundes haben.
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Eheschließung in einer Hochzeitskapelle
Wer den schönsten Tag im Leben lieber romantischer verbringen will, kann
auch in einer der berühmten Hochzeitskapellen heiraten. Die Trauung wird von Mi-
nistern (Reverends) entweder traditionell oder in einer kirchlich-religiösen Zeremonie
(überkonfessionell) vollzogen. Wenn Sie aus der Kirche ausgetreten oder geschieden
sind, können Sie in Las Vegas trotzdem in einer Kapelle (auch in weiß) heiraten, die
Hochzeit wird zu Hause anerkannt. Fotografieren oder Filmen ist in den Hochzeits-
kapellen nicht erlaubt. Dies ist eine der Haupteinnahmequellen der Kapellen und die
Paketpreise unterscheiden sich hauptsächlich in der Anzahl und Grösse der bestellten
Bilder. Es werden komplette Arrangements mit Fotograf, Musik, Blumen, Limousine
usw. angeboten.
Heiraten in deutscher Sprache
Auch wenn man gut Englisch spricht, ist es natürlich viel schöner sich in seiner
Muttersprache das Ja-Wort zu geben. Komplett in deutsch führen die Trauung Siglinde
& Frank Jaehnig durch. Auf vielfachen Wunsch bieten wir zusammen mit dem aus vie-
len Fernsehsendungen und Zeitschriften bekannten Paar Komplettpakete in deutscher
Sprache an. Alles wird perfekt organisiert, von der Beantragung der Lizenz bis zur An-
erkennung der Hochzeit zu Hause.
Hochzeitspakete, die zur Auswahl stehen: Heiraten in der Kapelle, Heiraten
im Gartenpavillon, Heiraten am Las Vegas Sign, Heiraten mit Elvis, Harley Davidson
Café, Drive Up Window, Heiraten im Helikopter, Heiraten im Grand Canyon, Heira-
ten in einer Goldmine, Heiraten im Valley of Fire, Heiraten am Lake Mead, Eheerneu-
erung.
» Heiraten Sie nicht zum Spaß in Las Vegas,
auch ohne Eintragung zu Hause ist die Ehe gültig! «
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TRanSLaTIon LaRRY PaGe
The marriage license:
The marriage must first be willing Marriage Bureau
in person and request the issuance of marriage license (mar-
riage license). This is required for the actual wedding, whe-
re he is present! The license you get with the same, it is valid
for one year. The fee is $ 60. An array is not required. Please
bring only their passports, birth certificates and not any
other documents or translations. Divorce decrees need not
be submitted, one has to specify only the date and location
where the previous marriage has been dissolved. Widowed
must specify the date of death and location. These conditions
apply to all nationalities. U.S. citizens also need your Social
Security number.
The actual marriage ceremony:
The actual marriage ceremony can be performed eit-
her by the registrar (Commissioner of Civil Marriages) or by
a state authorized person in a wedding chapel or in another
location. Required in both cases, the presence of a witnesses
(Witness) is. The best man must be at least 18 years old. If you
travel just the two of you will be asked of the chapels a best
man available. Civil and religious weddings in Las Vegas have
the same legal force.
Marriage by the Commissioner of Civil Marriages
The office is located not far from the Marriage Bu-
reau, the ceremony is similar to ours at the registry office.
Cost: U.S. $ 50 Since 15 September 2010 must schedule an
appointment. At the office a best man is not available.
Marriage in a wedding chapel
Who wants to spend the most romantic day of your
life better, can get married in one of the most famous wed-
ding chapels. The marriage ceremony is performed by mi-
nisters (Reverend), either traditionally or in a church and
religious ceremonies (non-denominational). If you have resi-
gned from the church or divorced, you can still get married
in Las Vegas in a band (in white), the marriage will be recog-
a lmost 100,000 couples get married
every year in Las Vegas, including about 2,000 couples from Germany, austria and Switzerland. Below is a detailed guide for the wedding in Las Vegas and the recognition at home.
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nized at home. Photographing or filming is not allowed in the
wedding chapels. This is one of the main sources of the cha-
pels and the package prices differ mainly in the number and
size of the ordered images. It offers complete arrangements
with a photographer, music, flowers, limo, etc..
Marriages in German
Even if one speaks good English, it is of course much
nicer to be in his mother tongue tie the knot. Complete in
German through the ceremony Siglinde & Frank Jähnig. By
popular demand, we offer together with the well-known from
many TV shows and magazines pair of complete packages
in the German language. Everything is perfectly organized,
from applying for the license to the recognition of the wed-
ding at home.
» Do not marry just for fun
in Las Vegas — the marriage
is valid, even without
registration at home! «
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TITEL DEUTSCH
Typologie
Sonnenanbeter
der
1 es gibt menschen, die können
sie einfach nicht abwarten:
die ersten sonnenstrahlen.
diese menschen vertreten am
hartnäckigsten die Überzeu-
gung, dass ein übermäßig
gebräunter teint geldig und
supe cool wirkt. der winter-
vorglüher verbarrikadiert sich
im bräunungsstudio oder
im home-solarium, während
andere sich an feuerzangen-
bowle oder Plätzchenofen
wärmen. faszinierenderweise
ähnelt das uv-verstrahlte
antlitz bald einer zerklüfteten
moränenlandschaft.
furchen, täler, dellen, alles da.
die bleiben auch, für immer,
verschwinden nicht wie natür-
liche bräune im herbstlichen
badewannenabfluss.
den weg des vorglühers zu
beschreiten, das bedeutet
eine unumkehrbare lebensent-
scheidung: solarium
2 als erstes muss der allroun-
der, vor allem in den alten
bundesländern, vorurteile
aus dem weg schaffen:
nein, es ist ihm nicht egal,
wie er auf seine mitmenschen
wirkt, im gegenteil.
der allrounder versteht sich
als purer Ästhet.
und unästhetisch sind für ihn
keine willkürlich in der gegend
baumelnden primären oder
sekundären geschlechtsmerk-
male, sondern: blasse flecken.
von textilzwang oder
lichtschutzfaktor hält er
nichts. sein ideal ist der streife
frei glänzende bronzeteint,
auf den er sich den ganzen
sommer lang in ostseebädern
oder dem englischen garten
genüsslich hinräkelt.
WInTER-VoRGLüHER
aLLRo U n D E R
— Die Sonne brenntund jeder wird anders mit ihr fertig. Doch welche verschiedenen arten von Sonnen- anbetern gibt es?
TEXT fRanZiSka SenG
TITLe eNGLISH
22
L
5 ohne sunblocker in der
tasche überfällt sie unruhe,
wie den asthmatiker,
der sein spray vergessen hat.
totalverweigerer halten das
neuzeitliche heliozentrische
weltbild für ketzerei und
wenden sich mit grauen von
malle-grillern, leistungs-
bräunern oder allroundern
ab. sie wissen, dass diese
doch bald in der vorhölle oder
zumindest einer schönheits-
klinik schmoren werden.
wo die totalverweigerer
letzten endes auch landen,
nur fünf Jahre später.
altern ist schließlich nichts
anderes als das nachlassen
des bindegewebes.
4 malle-griler sind das heitere
fleckvieh unter den sonnen-
anbetern. ihr motto:
Pralle strahlung muss sein!
denn die potenziert den
dröhnfaktor des sangrias.
folglich sind auch die
bräunungsergebnisse sehr
unterschiedlich. nach etwa
zwei wochen verfügt der
er über eine höchst individuelle
zeichnung, die zuweilen der
einer kuh ähneln kann. an ihr
sind zunächst die verrenkten
Positionen abzulesen, in denen
die Pott-Pilger am strand
vom schlaf übermannt wurden.
ein besonderes finish kann
durch den kreativen einsatz
von sand erzielt werden.
an ausgewählten stellen
ergeben sich so schmerzhaft-
schöne effekte, die an
die batikkurserzeugnisse im
kindergarten erinnern.
3 er ist eben nicht so der me-
diterrane typ: der klassische
bildschirmbräuner.
er bevorzugt schummrige
beleuchtung, ist vorwiegend
nachtaktiv und tagsüber
lieber drin. dort badet er im
mondfahlen licht seines
Pcs, das sich langsam in die
haut einbrennt und ihm
außerdem einen verträumt-
abwesenden gesichtsausdruck
beschert. wäre caspar david
friedrich noch am leben,
würde er ein melancholisch
stimmendes bild malen,
mit dem titel: "internetsurfer
über dem datenmeer".
B I L D S C H I R M B R Ä n E R
M a L L E G R I L L E R
T o T a L V E R W E I G E R E R
23
TITEL DEUTSCH
1
there are peo- ple, who simply
cannot wait for them: the first
sunrays. these people represent the
conviction that an excessively brow-
ned complexion looks really cool. the
pre-winter-tanner barricades himself
in the solarium, while others warm
themselves in mulled wine or at the
oven. amusing manner resembles the
uv-contaminated with uv-radiated
face soon resembles a cleft scene-
ry. furrows, valleys, depressions,
everything there. they also remain,
for good, do not disappear like natu-
ral brownness in the autumnal bath
drain. to walk on the way of the pre-
winter-tanner, this means an irrever-
sible life decision: tanning bed.
2
first of all the allrounder must get
prejudices out of the way (especially
in the old federal states): no, it does
not make no difference to him what
his effect on people is, quite the re-
verse. the allrounder gets on as a
pure aesthete. and unaesthetic none
is for him arbitrarily in the area to
dangling primary or secondary gen-
der signs, but: pale spots. from tex-
tile compulsion or light protection
factor he holds nothing. his ideal is
him if shining bronze complexion,
on which he itself freely touches the
whole summer long in baltic baths
or the english garden with relish.
PRE-
WInTER-TannER
aLLRo U n D E R
— The sun burns and everybody handles her differently.Which different kinds of solar adorers exist?
S U N B A T H E R S
TRa
nSL
aTIo
n
LaR
RY
PaG
e
TITLe eNGLISH
24
L
5
without sunblock in the bag she
is restless, like the asthmatic who
has forgotten his spray. the total
refuser keeps the modern heliocen-
tric world view as heresy and turns
away with horror from cancún-
toasters or allrounders. he knows
that they will burn in hell soon, or at
least end in a beauty clinic. where
the total denier ultimately ends up,
but five years later. aging is finally
nothing else but the relaxation of
connective tissue.
4
cancún toaster are the cow under the
sun worshipers. the motto: sun must
be! because alcohol potentiates the
level. consequently, the tanning re-
sults are very different. after about
two weeks he has the drawing can be
a highly individual, sometimes resem-
bling that of a cow. at their first dis-
located the positions are read, where
he was overpowered by sleep on the
beach. a special finish can be achie-
ved through the creative use of sand.
at selected points arise so painful,
beautiful effects.
3
he's just not that type of mediter-
ranean: the classic desktop tanner.
he preferred dim lighting, is mainly
active at night and during the day
rather in the apartment. there he
bathed in the pale moon light of his
computer, which burns slowly into
the skin and it also has a dreamy ex-
pression on his face brought. when
caspar david friedrich was still
alive, he would paint a melancholic-
provoking image, titled »internet
surfer on the sea of data«.
DESKToP-TannER
CanCún-ToaSTER
ToTaL
REFUSER
25
TITEL DEUTSCH
» Dies ist die Realität des Club-
urlaub im Paradieshotel. «
D ies ist eine Geschichte von sechs Monaten auf einer Insel weit weg von dem Ort
den ich einst Heimat nannte. Eine Erzählung voller Schein, Stress, Urlaub, Freu-
de, Aggressionen, Glimmer, Workaholic, Liebe, Sex, Sehnsucht, Hass, Missverständ-
nisse, Lügen, Spaß, Intrigen, einer fremden Kultur genauso wie der spirituellen Selbst-
findung. Geschehnisse die tatsächlich passiert sind und andere, die geschehen hätten
können. Wie eigenartig die Dinge auch scheinen dies ist die Realität des Cluburlaubes
im »Paradieshotel«.
Meine Landung auf der Insel dJerba erfolgte, ohne zu wissen, was mich erwar-
ten wird. Je mehr Zeit verging umso klarer wurde mir, dass alle Animateure nicht nur
unterschiedliche Charaktere mit verschiedenen Erfahrungen sind. Sondern jeder sein
persönliches Päckchen zu tragen hat. In bestimmten Momenten scheint es als seien wir
wie damals Robinson Crueso auf der einsamen Insel gestrandet.
Nirgendwo habe ich vorher eine solche verdrehte Welt erlebt. Die Hotelanla-
ge »Paradies« strotzt gerade vor Ansehen, Lügen, Widersprüchen zwischen Arm und
Reich, Hässlich und Schön, Glimmer, Glanz und Dreck. Das »Paradies« erhebt sich in
seiner vollen Größe wie ein Palast aus 1001 nacht. Jedoch würde ich lieber sagen:
ein wunderschöner goldener Käfig. Viele europäische Mitarbeiter schaffen es nicht
mehr heraus aus der Welt der Animation. Manchmal kann das Leben in diesem Haus
die Hölle auf Erden sein. Nicht zu vergessen, dass aus der Sichtweise der tunesischen
Mitarbeiter ein ganz anderer Eindruck entsteht . An dieser Stelle möchte ich nur sagen,
für die Einheimischen gibt es kaum ein anderes Leben, und dies ist eine der wenigs-
ten Überlebenschancen. Allerdings ist der einzig wahre Ausdruck der das Leben eines
Animateurs beschreibt: eine schöne scheinwelt!
TEX
T d
an
ieLa
Vo
Gt
TITLe eNGLISH
26
XL
Wichtig hierzu ist ein Blick hinter die Kulissen: du siehst blitzende Glastüren in Holz-
rahmen, weißer Marmorboden in welchem sich selbst meister ProPer blenden wür-
de. Wunderschönes Sonnenlicht und bunte Pflanzen, das himmlische Meer, und überall
bezaubert einen das Weiß der Wände. Es scheint als wäre man tatsächlich dem Paradies
nahe. Wenige Sekunden später ein dunkler, enger Gang, spärliches bis gar kein Licht. Der
Putz blättert von den Wänden – geputzt wurde hier schon lange nicht mehr. Je tiefer man
in das Innere des labyrinths vom Paradies vordringt umso dünner und merkwürdi-
ger wird die Luft. Moder, Sand, Abwasser, Küchendüfte und Tiere aller Art mischen sich.
Es jagt mir jedes Mal ein Schaudern über den Rücken, wenn ich den verwinkelten, häufig
nassen, Gängen folge. Extremer kann der Unterschied zwischen urlaub und »alltag«
kaum sein.
Vermutlich war eines der ersten Dinge die ich auf Djerba gelernt habe, dass man
sich so gut wie an alles gewöhnt. Man muss es nur wollen! Vor allem kann das Herz zu
einem fremden Land und dessen Kultur sehr schnell heimat sagen. ●
» Jedoch würde ich lieber sagen:
Ein wunderschöner goldener Käfig. «
»Scheinwelt – aus dem Tagebuch einer Animateurin«
von DanIELa VoGT
27
TITEL DEUTSCH
Nowhere I have never come across such a distorted world.
The hotel complex "Paradise" is full just prior reputation,
lies, contradictions between rich and poor, ugly and beauti-
ful, mica, gloss and dirt. The "Paradise" rises to his full height,
like a palace from 1001 nights. However, I would rather say,
a beautiful golden cage. Many European people do not make
it more from the world of animation. Sometimes life can be
hell on earth in this house. Not to mention, that arises from
the perspective of the Tunisian people a very different impres-
sion. At this point I just want to say is for the locals there no
other life, and this is one of the least chance of survival. How-
ever, the only true expression of the life of an entertainer de-
scribes: a beautiful dream world! The important points here
is a look behind the scenes you see gleaming glass doors in
T his is a story of six months on an island far away from
the place I once called home. A story full of sham, stress,
holiday, joy, aggression, mica, workaholic, love, sex, desire,
hatred, misunderstandings, lies, fun, intrigue, another cul-
ture, as well as the spiritual self-discovery. Events are actu-
ally happening, and others who may have done. How strange
things may seem this is the reality of the holiday club is "in"
Paradise Hotel.
My landing on the island of Djerba took place, not
knowing what will await me. The more time passed the more
I was that all entertainers are not only different characters
with different experiences. But everyone has to wear his own
personal package. At certain moments it seems as if we were
stranded like Robinson Crueso time on the desert island.
» I have never come across such a
distorted world before. «
TRa
nSL
aTIo
n P
eteR
ka
RSt
en
TITLe eNGLISH
28
XL
» The differences
between HoLIDAYS
and everyday
lifeare
extreme. «
»Scheinwelt – from the diary of an holiday entertainer«
by DanIELa VoGT
wood frames, white marble floor in which to hide himself Mr.
Clean would. Beautiful sunshine and colorful plants, the hea-
venly ocean, and everywhere a charmed the white of the walls.
It seems as if you were really close to paradise. A few seconds
later a sparse dark, narrow corridor, or no light. The plaster
is peeling off the walls - was not cleaned for a long time. The
deeper one in the interior of the labyrinth of heaven penetra-
tes the thinner the air, and strange. Mildew, sand, water, coo-
king smells and animals of all kinds are mixed. I shudder every
time chasing down the back, when I use the narrow, often wet,
courses follow. The difference between holidays and everyday
life is extreme.
Probably one of the first things I learned was on Djer-
ba that you get used to almost everything. You just have to
want it! Above all, the heart of a foreign country and its cul-
ture very quickly say home. ●
29
TITEL DEUTSCH
D er Fotograf andreas Meichsner ist ein Grenz-gänger. Möchte man die Fotos aus den arbeiten
zu »Alles in Ordnung« einem Genre zuordnen, dann ist das nicht ganz einfach. Ist das nun eine Dokumentar-fotografie oder eher Fotojournalismus? Zeichnet sei-ne Bilder formal und inhaltlich das abstandhalten des Dokumentaristen aus oder sind sie doch eher das Er-gebnis der Suche nach dem magischen Moment?
Ganz durchgängig ist das nicht zu entscheiden. Er ist vielmehr ein Fotograf, der keinen der Stile in Rein-kultur anwendet, sondern sie mitunter mischt. Einer, bei dem nähe mit Distanz wechselt und ein anderes Mal der magische Moment mit der irritierenden Kons-tellation aus Mensch und Raum.
natürlich versprechen seine Fotos keine objekti-vität — wo es doch keine geben kann. Dies trifft auf die Fotografie allgemein zu. Vielmehr sind sie sein persönliches angebot, entsprechen seiner Erfassung einer Realität, die hier als pars pro toto einer umfas-senderen Wahrnehmung erscheint. Die Fotoarbeit ist das Ergebnis einer auseinandersetzung mit dem Ver-halten der Menschen im Urlaub, der – eben weil er den ausbruch aus dem alltag verwirklichen soll – in ganz besonderer Weise das menschliche Bedürfnis nach ordnung und Sicherheit hervorzubringen vermag.
über viele der Bilder kann man lächeln oder zu-mindest schmunzeln. Doch hat andreas Meichsner den schmalen Grat einer auf Humor und Ironie ange-legten fotografischen Beobachtung niemals in Rich-tung Häme und überheblichkeit überschritten. Er hat den eigenen kulturellen Kosmos nicht zum Maß der Dinge gemacht. Dies verlangt eine feine Sensorik und Moral.
Ausgerechnet die heiß ersehnte
Urlaubszeit zwingt den Menschen
in das schmerzhafte Spannungs-
feld seiner gegensätzlichen
Bedürfnisse nach gleichzeitiger
Freiheit und Sicherheit.
Das beruhigende » alles in
ordnung « als ein fieberhaftes
Ordnen der ersehnten, aber
eben auch bedrohlich wirkenden
Freiheit – mit dem paradoxen
Ergebnis, dass auch der Urlaub
in einer Fülle an Strukturen
und Aktivitäten endet. Das Buch
über jene Freizeitphänomene
wurde jüngst mit dem Deutschen
Fotobuchpreis 2012
in Silber ausgezeichnet.
» alles in ordnung «
Fotos von Andreas Meichsner
Kehrer Verlag Heidelberg
144 Seiten, 36 EUR
ISBN 978-3-86828-242-9
TITLe eNGLISH
30
XL
Was wir mit seinem angebot der Realität machen, das hat mit uns und dem Medium Fotografie zu tun.
Zustimmend wird mancher Betrachter ange-sichts der oft komischen oder bizarren urlauber-Fotos reagieren, weil viele Szenen so eindeutig mit unserer eigenen Meinung korrespondieren, die geprägt ist von überheblicher oder zumindest geringschätziger Sicht auf die Urlaubskultur anderer Touristen und ihre ver-meintlich geringen ansprüche an die drei- bis vierwö-chige abkehr vom arbeitsalltag. Dabei vergessen wir gern, dass auch wir während mehrerer Wochen des Jahres Touristen sind und es in unserem »Ausnahme-zustand Urlaub« auch die eine oder andere skurrile Szene gäbe, die dem Fotografen zum Motiv gereichen könnte.
Wir sollten die arbeiten also keinesfalls als visu-elle abrechnung mit kleinbürgerlichem Urlaubsver-halten betrachten und schon gar nicht als arrogante Selbstgefälligkeit des Fotografen, der sich für den niveauvolleren Reisenden hält. Vielmehr lässt uns andreas Meichsner in den Spiegel schauen, in dem wir auch unsere eigenen großen Erwartungen an Erholung, Entspannung, abenteuer und Erlebnisse in ihrer ganzen ritualisierten Form erkennen können. Und Spaß macht das allemal! ●
TEXT RoLf nobeL
31
TITEL DEUTSCH
TRanSLaTIon LaRRY PaGe consistently, the problem of deciding.Rather, he is a photographer who uses any of the styles in pure culture, but they sometimes mixed. one in the near distance will change with the times and another magical moment with the confusing constellation of people and space.
of course, his photos do not pro-mise objectivity - where there can be but no. This applies generally to pho-tography. Rather, they are his perso-nal offer that meet its acquisition of a reality that appears here as a pars pro toto of a wider perception.
The photographic work is the re-sult of a confrontation with the beha-vior of people on vacation who - pre-cisely because he should realize the break from everyday life - in a special way the human need for order and security can produce. For many of the pictures you can smile or at least smile. But andrew Meichsner got the fine line of an organized sense of hu-mor and irony photographic observa-tions never exceeded in the direction of malice and arrogance. He has not made its own cultural universe the measure of all things. This requires a delicate sensors and morality. . What we do with his offer of reality that has to do with us and the medium of pho-tography. agreement will react some
P hotographer andreas Meichsner is a traveler. To "If you want to his
photos from the work's all right" to as-sign a genre, then this is not easy. now is this a documentary photography or photojournalism more? Records its images form and content of the do-cumentary Keep the distance from, or are they rather the result of the search for the magic moment? Quite
TITLe eNGLISH
32
XL
observers, given the often strange or bizarre vacationer photos, because many scenes correspond so clearly with our own opinion, which is marked by arrogant, or at least disdainful view of the holiday culture of other tourists and their supposedly low standards of the three to four-week shift away from their everyday work. We are apt to forget that we are several weeks of the year, tourists and "our" state of emergency would also leave one way or another bizarre scene that could redound to the photographer to the subject.
We should therefore not consider the work as a visual statement with petty-bourgeois holiday behavior and certainly not as arrogant complacen-cy of the photographer who thinks he is the more advanced level of trave-lers. Rather, we can look in the mirror andreas Meichsner in which we can recognize our own high expectations for recreation, relaxation, adventure and excitement in all its ritualized form. and that's all fun! ●
33
Ganze Lebensräume versinken in den Fluten, anderswo führen Dürren zu lebensfeindlichen Umweltbedingun- gen, Stürme ungekannter Heftigkeit und Häufigkeit bedrohen unsere Sied- lungsstrukturen – all das in einem Maße, das Rückversicherer erschaudern lässt. Der Mensch in seinem Hunger nach Energie und Mobilität beutet die fossilen Ressourcen der Welt durch Verbrennungsprozesse aus, emittiert dadurch Kohlendioxyd, das zusammen mit anderen Treibhausgasen für die er- kennbaren anfänge dieser apokalypse verantwortlich gemacht wird. Kein Wunder also, dass Lösungen für die abwendung dieser Katastrophe ge- sucht werden. Kann nun Geo-Engi-neering eine solche Lösung sein? Ist es möglich, auf technischem Wege in Klimaeffekte so einzugreifen, dass die Erderwärmung gestoppt wird? Es mangelt nicht an Vorschlägen, die in kleinem Maßstab durchaus plausibel scheinen, sich im gedachten Megamaß- stab einer klimawirksamen aktion doch der überschaubarkeit weitgehend ent- ziehen. Hier sind gleichsam Zweifel laut geworden. So gibt es neben namhaf- ten Befürwortern des Geo-Engineering auch viele, die diesen ansatz als Spiel mit ungewissem ausgang verstehen. W ir sprechen mit fünf Forschern über Ihre Visionen. Sie stehen stellvertre-tend für unterschiedliche Disziplinen, die mit dem Geo-Engineering in Berüh-rung kommen – entweder, weil sie über die Technik nachdenken oder um die politischen oder ökonomischen Konse- quenzen einer möglichen Erkundung und Umsetzung.
Riesige künstliche Bäume, die Co
2 auffangen und an
ein spezielles Harz binden. Das Treibhausgas wird dann später ausgewaschen und unterirdisch gelagert.
Windrotoren an Bord von Schiffen sollen riesige Mengen Meereswasser in Form feinster Tropfen in die Luft verteilen. Die Salzpartikel dienen dann als Kristallisations- keime für Wolken.
Riesige Bambus- und Eukalyptusplantagen sollen Co
2 absorbieren.
anschließend werden die Baumstämme unter Luftabschluss vergraben.
Milliarden Siliziumscheiben im Erdorbit sollen die Strahlung der Sonne um etwa zwei Prozent reduzieren, verschossen mit riesigen elektromag- netischen Schienenkanonen von der Erde aus.
A P o K A L Y P T I S C H
DAS SzENARIo IST
34
Das ist interessant, weil Kieselalgen die neues-
ten Pflanzenden Ozean sind. Sie sind deswegen
für die Abkühlung verantwortlich, die in den
letzten 50 Mio. Jahren vonstatten gegangen ist.
Das heißt, ohne Kieselalgen kann man wohl
kaum CO2 versenken.
Und Sie wussten nicht, dass die Kie-selalgen zu dem Zeitpunkt, als Sie das Experiment machten, gerade nicht dort waren, wo Sie Eisenspäne in das Meer gekippt haben?
VICToR SMETaCEK Es gibt eine Rei-
he anderer Algen, die dafür auch infrage gekom-
men wären. Wir haben also jetzt festgestellt,
dass wir diese anderen Algen, die ebenso infrage
gekommen sind, die zum Beispiel in Küstennä-
he Blüten bilden – in der Nordsee gibt es große
Blüten von Nicht-Kieselalgen jedes Jahr – dort
nicht beobachtet haben. Die konnten sich nicht
aufbauen, weil sie weggefressen wurden.
Herr Prof. ott, wie sieht der Technik-philosoph, wie sieht der Philosoph dieses Experiment? Wie ist denn Ihre Einschätzung, Ihre Sichtweise?
KonRaD oTT Wenn ich mich nur zum
LOHAFEX-Experiment äußern soll, würde ich
sagen, es war ein hochinteressantes Experiment
in Bezug auf marine Ökosysteme. Da hat es eine
ganze Menge interessante Neuigkeiten erbracht.
In Bezug auf diese Möglichkeit, CO2 zu spei-
chern, war es eher enttäuschend. Aber ich den-
ke, diese Option ist nicht die brisanteste Option.
Wenn wir über Geo-Engineering reden, sollten
wir vielleicht unser moralisches Augenmerk auf
die Optionen lenken, die im Bereich der tech-
nischen Machbarkeit sind und mit erheblichen
langfristigen Risiken verknüpft sind. Zum Bei-
spiel Sulfataerosole großflächig in die Strato-
sphäre einzubringen. Meines Erachtens sollte
da unser moralisches Augenmerk liegen.
Herr Claussen, Sie sind Meteorologe und kennen das System atmosphäre einigermaßen gut. Was halten Sie aus Ihrer Sicht, als jemand, der versucht die Vorgänge nachzuvollziehen, von einer option, wie Sie Herr ott gerade angesprochen hat?
MaRTIn CLaUSSEn Zunächst ein-
mal betrachte ich nicht nur das Atmosphäre,
das wäre viel zu kurz gegriffen. Wir arbeiten mit
Klimasystem- oder Erdsystemmodellen, zu de-
nen neben der Atmosphäre auch der Ozean ge-
hört, der Kohlenstoffkreislauf, die terrestrische
Biosphäre, Vegetation, denn die nimmt auch
Kohlenstoff auf. Wir können natürlich als eine
Möglichkeit versuchen, den CO2-Eintrag oder
die CO2-Konzentration zu mindern, indem wir
aufforsten oder abholzen. Im Allgemeinen wird
eher auf den Kohlenstoffkreislauf geblickt, aber
die anderen Effekte der Landnutzung werden
eher vergessen. Daran forschen wir gerade.
Aber kommen wir tatsächlich auf das zu
sprechen, was Herr Ott gerade ansprach, die
etwas heikleren Experimente. Das Einbringen
von Aerosolen möglichst in die Stratosphäre
ist schon eine etwas ältere Idee. In einem Band
Climated Change hatte unser Nobelpreisträger
Paul Cutzen im Jahr 2006 diese Idee wieder auf-
gebracht und gesagt, die Natur macht uns das ja
vor. Hin und wieder bricht auch mal ein Vulkan
aus. Pina Tubo ist ein gut vermessenes Beispiel
für die Naturforscher, ein wirklich schönes Be-
sipiel. Pina Tubo hat zunächst mal 10 Mio. Ton-
nen Schwefel hochgejagt und dann über längere
Zeit – etwa 6 Monate – Pi mal Daumen 6 Mio.
Tonnen Schwefel. Daran kann man ungefähr
abschätzen, wie das gewirkt hat und hoch skalie-
ren. Nun haben wir uns hingesetzt und gefragt:
Stimmt das so? Wissen wir eigentlich genug?
Dann spielt man eben mit seinen Klimasystem-
modellen.
Und man kann sagen: Da funktioniert das
eigentlich ganz prächtig. Wir können also mit
CO2 Gas geben, das Klimasystem schön warm
machen und dann mit der Aerosol-Bremse auf
die Bremse treten und somit sehr schön ausba-
lancieren, jede Temperatur einstellen, die wir ha-
ben wollen. Aber, nun kommen die großen vie-
len Abers: Zunächst einmal spielen wir hier mit
Herr Smetacek, Sie sind Co-Leiter der Polarexpedition LoHaFEX gewesen, die die Wirkung von Eisendüngung auf das algenwachstum und den Kohlendioxidgehalt im südlichen ozean erforscht hat. Haben sich die Erwar-tungen, die Sie mit diesem Experiment gemacht haben, erfüllt?
VICToR SMETaCEK Es kommt darauf
an, was Sie mit »Erwartungen« meinen. Diese
Experimente sind für uns sehr wertvolle Me-
thoden. Die Fragestellung, ob Plankton-Koh-
lendioxid in großem Maße aufnehmen und in
den Ozean sequestrieren kann, ist eine Grund-
lagenforschungsfrage, weil wir wissen, dass in
den Eis- und Warmzeiten riesige CO2-Mengen
zwischen Ozean und Atmosphäre hin- und
hergetauscht worden sind. Die Frage ist: Wo,
wie und wann geschah das und was waren die
Mechanismen. Das haben wir auch erforscht.
Aus wissenschaftlicher Sichtweise war dieses
Experiment ein Erfolg, weil wir es bis zum Ende
durchführen konnten. Wir konnten diesen ge-
düngten Fleck verfolgen und unsere Messungen
darin durchführen. Aus Sicht des Geo- Enginee-
ring war das vielleicht eine Enttäuschung, weil
man zeigen konnte, dass in dem Gebiet, wo wir
zu der Jahreszeit waren, keine nennenswerten
Mengen von CO2 aufgenommen oder versenkt
werden konnten. Für uns war das ein sehr inter-
essantes Ergebnis, weil es gezeigt hat, dass das in
Abwesenheit bestimmter Stoffe nicht passiert.
» Es gibt noch ein ganz
wichtiges Problem, das
häufig übersehen
wird. «
» Das funktioniert eigentlich
ganz prächtig. «
35
zwei Antrieben. Einmal nehme ich CO2 raus und
vermindere den Antrieb. Ich gehe also vom Gas
runter. Beim anderen, beim Aerosol-Experi-
ment, drücke ich auf die Bremse. Und sie wirken
unterschiedlich: wenn ich auf die Aerosolbremse
drücke, sehe ich in allen Modellrechnungen, die
dazu gemacht worden sind, dass sich trotzdem
die nördlichen, die hohen Breiten im Winter er-
wärmen, ganz einfach deswegen, weil Aerosole
blenden die Sonne aus.
Das funktioniert nur dann, wenn die Sonne
scheint. Wohingegen CO2 auf die Wärmestrah-
lung reagiert und beeinflusst und dieses eben
zu jeder Zeit – Nacht, Tag, Winter, Sommer
– funktioniert. Das heißt also, ich kann tatsäch-
lich – wenn ich behutsam Gas gebe und brem-
se – immer noch eine kräftige Erwärmung in
hohen Breiten erzeugen. Selbst wenn ich sage,
ich bremse nur ein klein wenig ab, dann kann es
sein, dass es in hohen nördlichen Breiten immer
noch warm genug wird, dass dann die Gletscher
abschmelzen. Ich habe eben einige Effekte nicht
kompensiert. Zwar kann ich die globale Mittel-
temperatur kompensieren, aber regionale Effek-
te kriege ich nicht kompensiert. Wir erwarten,
dass in hohen nördlichen Breiten die Tempera-
tur weiter anwächst. Wir erwarten auch, dass
sich der Wasserkreislauf ändert. Wir wissen aus
der Klimageschichte, dass große Vulkanaus-
brüche, zum Beispiel Laki, das war 1783/84, zu
Hungersnöten in Monsungebieten geführt hat.
So sehen wir auch in den Klimamodellen, dass
der globale Wasserkreislauf ein Stück zurück-
geht, gerade in den Monsungebieten etwas zu-
rückgeht. Also, wir treiben quasi den Teufel mit
dem Belzebub aus.
aber Sie deuten schon an, wenn wir gleichzeitig aufs Gaspedal und auf die Bremse treten, drücken wir uns vor dem Problem, dass wir weiter Treibhausgase ausstoßen?
MaRTIn CLaUSSEn Es gibt noch ein
ganz wichtiges Problem, das häufig übersehen
wird. In der ganzen Diskussion habe ich nur ein-,
zweimal gelesen, nämlich bei Meteorologen, die
wissen, dass Wetter und Klima dynamisch sind:
Die Systeme haben eine hohe Unsicherheit.
Wir sehen es jetzt gerade wieder. Die globale
Mitteltemperatur im Jahresmittel kann deutlich
schwanken. Wenn wir die letzten 150 Jahre be-
trachten, kann es im globalen Mittel Jahr für Jahr
mal 0,3 Grad hochgehen, aber auch 0,3 Grad
runter gehen.
Das sind kräftige Signale von Jahr zu Jahr.
Da kann auch mal die globale Erwärmung ein
klein wenig ausbleiben. Und schon sagen die
Leute: Wo ist der Klimawandel? Das stimmt
doch alles gar nicht mit dem CO2. Nun müssen
Sie sich vor dem Hintergrund überlegen: Ich ver-
suche ein System vorsichtig anzubremsen, das
System schwankt aber sehr kräftig. Wir reden
zur Zeit über eine globale Erwärmung von etwa
0,7 Kelvin pro 100 Jahre. Das sind also 0,007
Kelvin pro Jahr. Dann beschleunigt sich der glo-
bale Wandel vielleicht um den Faktor 3, Faktor 5.
Herr Klepper, hat Herr Claussen damit eigentlich das Thema jetzt beerdigt nach dem Motto: Das ist kein System, was man so wie seine Stereoanlage oder sein auto tunen kann und dann weiß man, wie es läuft, welche Geschwindigkeiten es fährt oder wie es reagiert? oder gibt es Projekte, wo man sagt, die sind unproblema-tisch, und es gibt welche, die sind hoch- problematisch, sogar lebensgefährlich oder überlebensgefährlich?
GERnoT KLEPPER Herr Claussen
hat es schon angesprochen. Es gibt zwei Syste-
me, die man unterscheiden sollte. Das eine ist
die Beeinflussung der solaren Einstrahlung,
also die Aerosole, die Weltraumsonnenschir-
me. Und das andere ist die Frage, ob man CO2
aus der Atmosphäre raus nimmt und irgendwo
verbringt - im Boden, im Ozean oder fixiert, was
auch angedacht wird. Die zwei Möglichkeiten
haben grundsätzlich unterschiedliche Wirkun-
gen. Bei der Herausnahme des CO2 aus der At-
mosphäre würden wir ja das Gleiche tun, was
heute aktuell schon mit den CO2-freien Kraft-
werken diskutiert wird. Wir nehmen das CO2
aus dem Schornstein und wollen es irgendwo
verklappen, zum Beispiel vor Norwegen in der
Nordsee, wo das heute schon gemacht wird.
» Und schon sagen die
Leute: Wo ist der
Klimawandel, das stimmt doch alles
gar nicht? «
» Die Forscher sagen, dazu
braucht man etwa einen
Baum von der Größe eines
Fernseh- bildschirms. «
» Gibt es Situatio-nen, in denen
wir keinen Ausweg mehr haben? «
Dann sind es immer noch ungefähr ein Zehntel
der möglichen Schwankungen von Jahr zu Jahr.
Vor diesem Hintergrund versuche ich zu brem-
sen. Es kann natürlich zufälligerweise sein, dass
das Klimasystem etwas wärmer wird. Dann sa-
gen die Leute, hoppla, ihr bremst zu wenig, also
weiter. Oder es wird zu kalt: Nehmt den Fuß von
der Bremse! Ich weiß nicht, wie die Steuerung
unter derartigen Unsicherheiten funktionieren
soll. Das ist eins meiner größeren Probleme.
36
Das Gleiche kann man natürlich auch aus der At-
mosphäre tun. Es gibt Forschungen in den USA,
die sagen, das ist technisch möglich, das kann
man machen.
Synthetische Bäume. Die Forscher sagen
dazu, man braucht etwa einen Baum von der
Größe eines Fernsehbildschirms, um die CO2-
Emission eines Menschen einzufangen. Also,
technisch ist diese Frage möglich. Wenn wir
über Preise sprechen, ist es weit jenseits dessen,
was wir an sinnvoller Klimapolitik betreiben
könnten ohne diese Option. Aber ich glaube,
die Fragestellung ist nicht: Können wir mit Geo-
Engineering Klimapolitik ersetzen? Sondern
die Frage kann höchstens sein, wenn man sie
überhaupt stellt: Gibt es Situationen, in denen
wir keinen Ausweg mehr haben außer Geo-
Engineering? Also, Plan A ist, Klimapolitik be-
treiben, versuchen das Zwei-Grad-Ziel zu errei-
chen, wie es auch immer nur möglich ist.
Doch es kann immer noch passieren, dass
das System, wie Herr Claussen es angespro-
chen hat, mit einer geringen Wahrscheinlichkeit
trotzdem vollkommen aus dem Ruder läuft. Das
kann auch bei geringen Emissionen passieren.
Dann stellt sich die Frage: Was tun wir, wenn wir
der Katastrophe ins Auge sehen in 20, 30 oder
40 Jahren? Man muss sich natürlich ernsthaf-
terweise die Frage stellen: Gibt es die Option,
das CO2 irgendwie wieder rauszunehmen oder
müssen wir zu radikalen und möglicherweise
gefährlichen Maßnahmen greifen und tatsäch-
lich die Sonne abschirmen oder die Erde vor der
Sonne schützen? Wobei ich in der Tat sehe, dass
die Nebeneffekte wahrscheinlich riesengroß
sind. Das gängige Argument, es geht nur darum
die Kosten der Aerosoleinbringung in die Atmo-
sphäre zu messen und dann sind die gesamtwirt-
schaftlichen Kosten erfasst, ist natürlich Unfug.
Das wäre billig. Aber die Nebeneffekte, die man
hat, verursachen auch Kosten. Herr Claussen
hat die Dürren angesprochen. Wenn wir das
im Weltmaßstab machen, wenn die Nahrungs-
mittelproduktion 10 % zurückgeht, dann haben
wir eine Explosion der Nahrungsmittelpreise.
Und das würde Milliarden von Menschen in den
Hunger treiben. Es entstehen ganz andere Di-
mensionen von Kosten. Da muss man sich in der
Tat die Frage stellen, ob so ein Experiment oder
so eine Politik überhaupt noch vertretbar ist.
Herr Kriegler, das klingt ein bisschen, als wäre Geo-Engineering der Plan B. Sie kümmern sich um Klimamodelle und auch die Frage nach politischen oder wirtschaftlichen Motivationen. Glauben Sie, dass es möglicherweise jetzt schon, heute, morgen oder in naher Zukunft eine Motivation, einen anreiz gibt, Geo- Engineering schon einzusetzen oder stark voranzutreiben?
ELMaR KRIEGLER Wir beobachten
eine zunehmende Debatte über Geo-Enginee-
ring in verschiedenen Foren, die sich aus ver-
schiedenen Dingen speist - zum einen aus der
Wahrnehmung, dass es auf politischer Ebene,
was die Vermeidungsoptionen angeht, nicht gut
vorangeht. Es gibt viele Proponenten von Geo-
Engineering, die darauf hinweisen, dass der so
genannte Plan A, also die Vermeidungsoption,
nun auch wirklich einzusetzen, gar nicht mehr
realistisch ist, wir sozusagen schon auf Plan B
zusteuern. Dem würde ich widersprechen, da
wir bisher noch keinen Kohlenstoffpreis in ei-
nem Umfang gesehen haben, der tatsächlich
die Innovationen, die wir brauchen, um die
Vermeidungsoptionen auch zur Marktreife zu
bringen, befördert. Das zweite Argument, was
man oft hört, ist, dass die Klimaziele eigentlich
noch ambitionierter sein müssten. So sieht man
hier einen Zusammenhang von Klimazielen,
der Einschätzung, wie realistisch die Vermei-
dungsoption ist, und der Geo-Engineering-Op-
tion. Was wir im Moment wirklich diskutieren
sollten, ist die Frage: Wollen wir Forschung in
Geo-Engineering zulassen, um zum Beispiel für
einen Plan B auch die Mittel zu haben, ihn dann
umzusetzen, um das Wissen zu haben, die Risi-
ken einschätzen zu können?
Oder wollen wir das eher nicht zulassen, weil
wir einen kategorischen Unterschied zwischen
Vermeidungsoption und Geo-Engineering se-
hen? Ich möchte noch mal auf die Unterschei-
dung, die hier bereits gemacht wurde, eingehen.
Es ist ganz wichtig zu unterscheiden zwischen
den Optionen, in den Strahlungshaushalt ein-
zugreifen, also die stratosphärischen Aerosole
einzusetzen, und diesem Eingriff in den Kohlen-
stoffkreislauf, wo ich das CO2 durch chemische
Lösungsmittel zum Beispiel aus der Luft heraus-
nehme, diese künstlichen Bäume einsetze, ob-
wohl die eigentlich gar nicht so viel mit Bäumen
zu tun haben. Die ethische Debatte läuft meiner
Meinung nach vollkommen unterschiedlich, je
nach dem, worüber ich rede. Was den Eingriff
in den Strahlungshaushalt der Atmosphäre an-
geht, stimme ich meinen Vorrednern zu, dass
das eine sehr unsichere und mit sehr viel Risi-
ken behaftete Option ist, auf der anderen Seite
gleichzeitig für manche auch sehr attraktiv, weil
sie erst mal sehr billig zu sein scheint – die weni-
gen ökonomischen Abschätzungen, die es bisher
gibt, deuten auf Kosten hin, die mit dem Faktor
10 unter dem liegen, was wir im Bereich Vermei-
dung sehen – und weil man zweitens einen rela-
tiv schnellen Effekt dadurch erzielen kann, dass
die Temperatur relativ schnell abgesenkt werden
kann, was natürlich den Notfallgedanken er-
neut stärkt zu sagen: okay, wenn die Temperatur
jetzt zu hoch springt. Aber man hat zahlreiche
Probleme, nämlich dass man das auch zum Bei-
spiel aufrecht erhalten muss, dass man das nicht
» Die ethische Debatte läuft meiner
Meinung nach vollkommen unterschiedlich,
je nach dem, worüber ich rede. «
37
irgendwann plötzlich stoppen kann. Und das
zweite Problem ist, dass ich nicht das Problem
an der Wurzel packe, also vom Gas runter gehe,
sondern gleichzeitig auf das Gaspedal und die
Bremse drücke und manche Probleme, die durch
den CO2-Gehalt in der Atmosphäre alleine be-
dingt sind, wie zum Beispiel die Ozeanversaue-
rung, damit erst gar nicht in den Griff bekomme.
TILo WIRTZ Ich würde gern noch mal auf
die Frage der Regulierung zurückkommen. Wir
reden die ganze Zeit von dem Klima, von der
Klimakatastrophe, von dem Problem, was wir
lösen müssen. Ich würde gern den Fokus darauf
lenken, wer hier eigentlich mit welcher Legiti-
mität spricht. Herr Ott hat eben schon darauf
verwiesen, dass man über die Frage, ob man
Geo-Engineering betreiben möchte oder nicht,
im Rahmen der Vereinten Nationen entscheiden
TILo WIRTZarbeitet als wissenschaft-
licher Mitarbeiter am
Geographischen Institut
in Heidelberg in der
Abteilung für Anthropo-
geographie.
ELMaR KRIEGLERist Physiker und forscht am
Potsdamer Institut
für Klimafolgenforschung.
sollte, auf Grundlage eines globalen Konsens.
Nun wird es den wohl kaum geben, weil weder
die Folgen vom Klimawandel regional homogen
sind, noch die Auswirkungen von Geo-Engi-
neering. Die Frage ist also: Ist nicht Geo-Engi-
neering in sich schon ein Projekt, was mit einem
gewissen Hegemonieanspruch dadurch verbun-
den ist, dass eine gemeinsame Logik notwen-
dig wäre, um zu entscheiden, jetzt können wir
eingreifen, jetzt ist die Katastrophe da und jetzt
müssen wir das. Wer kann diese Entscheidung
dann wirklich treffen?
KonRaD oTT Dazu kann ich wenig
mehr sagen, als ich vorhin gesagt habe. Bestimm-
te Optionen haben globale langfristige Auswir-
kungen mit sehr ungewissen Nebenwirkungen.
Niemand anderes als die Weltgemeinschaft sel-
ber kann letztlich befugt sein zu entscheiden.
Das gehört im Grunde vor die Vereinten Nati-
onen. Dann kann man natürlich sagen: Wollen
wir so etwas mit Mehrheitsbeschluss beschlie-
ßen? Haben irgendwelche Leute ein Veto-Recht,
dass man sagen kann, wenn einige nicht wollen,
dann kann es nicht gemacht werden? Gibt es so
was wie Minderheitenschutz?
Also, wir sind da ganz am Anfang, überhaupt
über Governance-Strukturen und über Legiti-
mität nachzudenken. Aber alle Publikationen
sagen, im Bereich von Governance-Strukturen,
von Legitimitätsbedingungen liegen die ent-
scheidenden normativen Fragestellungen da-
bei. Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel: Dürfte
man bestimmte Formen von Geo-Engineering
dann und nur dann machen, wenn man über eine
überzeugende Exit-Strategie verfügt, über eine
überzeugende Abbruchstrategie, dass man sa-
gen kann: okay, wenn bestimmte Nebenwirkun-
gen auftreten, dann wissen wir aber auch, wie
wir gewissermaßen den geordneten Rückzug
aus einer solchen Option antreten können.
Die Royal Commission sagt: Kein Geo-En-
gineering ohne eine durchgefeilte, sehr plausible
Exit-Strategie! Das wäre jetzt zum Beispiel eine
normative Randbedingung. Man könnte überle-
gen, unter welchen normativen Randbedingun-
gen bestimmte Optionen in Betracht gezogen
werden können. Das finde ich eine sehr, sehr
spannende Debatte. Einen Satz noch zu Ihnen:
Bauchgefühle nennen wir in der Philosophie In-
tuitionen. Mir ist es auch manchmal so, dass ich
sage, oh, oh, mir ist aber mulmig zumute oder
ich hab ein ungutes Bauchgefühl.
Nur ein mulmiges Gefühl ist noch kein Argu-
ment. Es reicht einfach nicht. Was wir versuchen
müssen, ist, anhand der besten Modelle und der
besten Daten und der besten Argumente zu ver-
suchen, unsere mulmigen Gefühle in zählbare
Argumente zu übersetzen. Wir fangen häufig
mit mulmigen Gefühlen an, manche bestätigen
sich. Aber es könnte auch durchaus passieren,
dass sich manche mulmigen Gefühle eben nicht
bestätigen. Das heißt, als Ausgangspunkt ist das
okay, aber es ist im Grunde der Ausgangspunkt
nicht das Ergebnis einer Diskussion. ●
» Da muss man sich in der
Tat die Frage stellen, ob
so ein Experiment oder so eine
Politik überhaupt noch vertretbar ist. «
VICToR SMETaCEK
ist Meeresbiologe am
Alfred-Wegner-Institut für
Meeresforschung und
konnte schon Erfahrung
mit Geo-Engineering
weit draußen auf dem Meer
sammeln.
MaRTIn CLaUSSEnist Meteorologe und Direktor
am Max Planck Institut
für Meteorologie in Hamburg.
KonRaD oTTist Philosoph, hat bei Jürgen
Habermas promoviert.
Er arbeitet an der Universität
Greifswald und beschäftigt
sich unter anderem mit
Themen der Umweltethik.
GERnoT KLEPPERist Ökonom und Sprecher
des Kiel Earth Institute.
Er ist auch Vorsitzender des
Nationalen Komitees
des Global Change Institute.
38
39
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all habitats sink beneath the waves, droughts elsewhere lead to hostile environmental con-ditions, storms, unknown degree of severity and frequency threaten our settlement pat-terns - all of this to an extent that the reinsu-rer can cringe. The man in his hunger for pow-er and mobility exploits the resources of the world's fossil combustion processes emitted by carbon dioxide, which is blamed along with other greenhouse gases for the apparent be-ginnings of this apocalypse. no wonder then that solutions for the avert this disaster are being sought. Can now be geo-engineering such a solution? Is it possible to intervene in a technical way in climate effects such that glo-bal warming is stopped?There is no shortage of suggestions that seem plausible on a small scale, beyond the thought of a mega-scale greenhouse action but the largely manageable. Here are increa-sing doubts about it were made . Thus, besi-des well-known proponents of geoenginee-ring also many who understand this approach as a game with an uncertain outcome. We talking about the visions of five scientists. They are representatives of different discip-lines that come with the geo-engineering in touch - either because they think about the technology or the political or economic con-sequences of a possible investigation and im-plementation.
ANAPoCALYPTIC
SCENARIo
40
Mr. Smetacek, you are the co-head of the Polar Expedition LoHaFEX that stu-died the effect of iron fertilization on the growth of algae on carbon dioxide in the Southern ocean. Did your expectations with this experiment get satisfied?
VICToR SMETaCEK It depends on
what you mean by "expectations". These experi-
ments are very valuable tools for us. The questi-
on of whether plankton carbon dioxide absorb a
large extent and sequestration in the ocean can
be a fundamental research question, because we
know that in the glacial and interglacial periods
vast quantities of CO2 between ocean and at-
mosphere have been changed back and forward.
The question is: Where, how and when this hap-
pened and what were the mechanisms. We have
also explored. From a scientific point of view,
this experiment was a success because we were
able to perform it until the end. We could follow
these fertilized patch and perform our measure-
ments in it.
From the perspective of the geo-engineering
that was probably a disappointment, because
we could show that in the area where we were at
that time of year, no significant amounts of CO2
could be absorbed or sunk. For us this was a very
interesting result because it shows that this is not
happening in the absence of certain substances.
That's interesting, because diatoms are the latest
planting ends Ocean. You are therefore respon-
sible for the slowdown that has gone in the last
50 million years vonstatten. That is, without dia-
toms can hardly sink of CO2.
and you did not know that there were no diatoms at the time when you dumped the iron ffertilizers into the sea for the experiment?
VICToR SMETaCEK There are a num-
ber of other algae, which would also come to the
question. So we have now determined that we
these other algae, which are also come into ques-
tion, for example in the form coastal blooms -
have not seen there - in the North Sea there are
large non-diatom blooms every year. They could
not build themselves, because they were eaten.
Professor ott, how does the philosopher judge this experiment? What is your point of view?
KonRaD oTT When I want to say
anything just to LOHAFEX experiment, I'd say
it was a very interesting experiment in terms of
marine ecosystems. Since it has provided a lot
of interesting news. In relation to this option to
save CO2, it was rather disappointing. But I do
not think this option is the most explosive Opti-
on.Wenn we talk about geoengineering, perhaps
we should focus our attention on the moral op-
tions that are in the field of technical feasibility
and associated with significant long-term risks.
For example, sulfate aerosols contribute extensi-
vely to the stratosphere. I think that because our
moral attention lie.
Mr. Claussen, you are a meteorologist and you do know the system of the at-mosphere fairly well. What do you think, as someone who tries to understand the procedures, of a proposal as Mr. ott just mentioned?
MaRTIn CLaUSSEn First of all, I con-
sider not only the atmosphere, that would be
very short-sighted. We work with the climate
system or Earth System models, which include
besides the atmosphere and the ocean, the car-
bon cycle, terrestrial biosphere, vegetation, be-
cause the carbon absorbs well. We can of course
try as a way to reduce the CO2 input or the con-
centration of CO2, or cut down by reforestation.
In general, it is rather looked on the carbon cycle,
but the other effects of land use are more likely to
forget. This is what we are currently researching.
But we actually come to speak to what Mr.
Ott spoke just a little more delicate the experi-
ments. The introduction of aerosols into the
stratosphere, as is already an older idea. In a
band climated change our Nobel Prize winner
Paul Cutzen in 2006 had raised the idea again
and said that nature makes us before, yes. From
time to time also breaks from a volcano. Pina
Tubo is a good example of presumptuous scien-
tist, a really nice Besipiel. Pina Tubo has blown
up initially by 10 million tons of sulfur and then
for a long time - about 6 months - rule of thumb
6 million tons of sulfur. There can be estimated
approximately, and has acted as the high scale.
Now we have sat down and asked that correct?
Do we really enough? Then you just play with
his climate system models.
And you can tell them that it works really
quite magnificent. So we can give with CO2
gas, making the climate system nice and warm
and then contact the aerosol on the brakes and
brake balance so very nice to set any tempera-
ture we want. But now come the large number
of buts: First of all, we play with
Dismiss two drives. Once I take CO2 out
and diminish the drive. So I go down on the gas.
In others, the aerosol experiment, I press on the
brake. And they act differently: when I press
the aerosol brake, I see in all model calculations
have been made to the fact that nevertheless the
north, the warming at high latitudes in winter,
simply because aerosols hide the sun.
This works only when the sun shines.
Whereas CO2 reacts to the heat radiation and
influences and this just at any time - night, day,
winter, summer - works. So that means I can
actually - if I give gas and brake gently - still pro-
duce a strong warming at high latitudes. Even if
I say, I brake just a little off, then it may be that
in high northern latitudes is still warm enough
to melt the glaciers then. I have not compensa-
ted for just a few effects. Although I can com-
pensate for the global mean temperature, but
regional effects can not I get compensated. We
expect that increases in high northern latitudes
in temperature. We also expect that will change
the water cycle. We know from the history of
climate that large volcanic eruptions, eg Laki,
the 1783/84 has led to famine in monsoon are-
as. Thus we see in the climate models show that
the global water cycle goes back a bit, especially
in the monsoon regions something back. So,
we do speak, the devil with Beelzebub from the.
But you already suggest, even if we are also on the accelerator as on the bra-kes, we still don't face the problem that we continue emitting greenhouse gas?
MaRTIn CLaUSSEn There is still a
very important issue that is often overlooked.
Throughout the discussion I've only once or
41
twice read, namely, meteorologists, who know
that weather and climate are dynamic: the sys-
tems have a high dexgree of uncertainty. We
see it again right now. The global mean annual
temperature means may vary considerably. If we
look at the past 150 years, the global average, it
can go up each year by 0.3 degrees, 0.3 degrees
are also going down.
These are strong signals from year to year.
Because sometimes, the global warming fail
a little. And then people say: Where is climate
change? That's all true but not with the CO2.
Now you have to think against the background:
I am trying to slow down a system of care, the
system varies but very strong. We talk about the
time a global warming of about 0.7 ° C per 100
years. So those are 0.007 Kelvin per year. Then,
perhaps accelerating global change by a factor of
3, 5 times.Then there are still about one-tenth
of the potential fluctuations from year to year.
Against this background, I try to brake. It may be
coincidence, of course, that the climate system is
a little warmer. Then people say, oops, it slows
down enough, so on. Or it is too cold: Take your
foot off the brake! I do not know how to function
under the control of such uncertainties. This is
one of my major problems.
Mr. Klepper, did Mr. Claussen now alread burry the issue with the motto: It's not a system, you can easily tune like your stereo or your car where you know how it goes, which speeds it runs or howit reacts? or are there any projects wit-hout any problems? and there are the-re any who are high-problematic, even dangerous or life threatening?
GERnoT KLEPPER Mr. Claussen has
been addressed. There are two systems should
be distinguished. One is the influence of solar
radiation, so the aerosols, space umbrellas. And
the other is the question of whether to take out
CO2 from the atmosphere and spends anywhe-
re - in soil, ocean, or fixed, which is also being
considered. The two methods have fundamen-
tally different effects. With the removal of CO2
from the atmosphere, we would indeed do the
same thing that is currently being discussed
already today with theCO2-free power plants.
We take the CO2 from the stack and dump it so-
mewhere want, for example, in the North Sea off
Norway, where it is today done it.
The same can of course do so from the at-
mosphere. There is research in the U.S. who say
that this is technically possible, you can do that.
Synthetic trees. The researchers say, it takes
around a tree the size of a television screen to
capture the CO2 emissions of an individual. So,
technically, this question is possible. When we
talk about pricing, it is far beyond what we could
carry on meaningful climate policy without this
option. But I think the question is not: Can we re-
place it with geo-engineering climate policy? But
the question can not exceed, if they ever makes:
Are there situations in which we have no way out
except geoengineering? So, Plan A is to run cli-
mate policy, try the two-degree target to achieve,
as it is always possible.
But it can still happen that the system, as Mr.
Claussen has addressed it, with a low probabi-
lity is still completely out of control. This can
happen even with low emissions. Then the ques-
tion arises: What do we do when we face up to
the catastrophe in 20, 30 or 40 years? One must,
of course, it seriously ask the question: Is there
an option to increase the CO2 somehow get out
again or we must resort to radical and potentially
dangerous actions and actually shield the sun
or protect the earth from the sun? Where I see
in fact that the side effects are likely to be huge.
The usual argument that it's all about the cost of
the aerosol contribution to be measured in the
atmosphere and then the total economic cost is
included, of course, nonsense.
That would be cheap. But the side effects that
you have, cause and cost. Mr. Claussen has res-
ponded to the droughts. If we do that on a global
scale, if food production declines 10%, then we
have an explosion in food prices. And the billi-
ons of people would go out of hunger. It caused
quite different dimensions of cost. You have to
imagine, in fact, the question whether such an
experiment or as a policy is at all justifiable.
Mr. Kriegler, that does sound a bit as if geo-engineering is a secondary plan. you take care of climate models and the question of political or economic moti-vations. Do you think it is possible today,
tomorrow or in the near future, to find a motivation that increases the chan-ces to already use geo-engineering, or push it further?
ELMaR KRIEGLER We are seeing a
growing debate about geo-engineering in va-
rious forums, which feeds on various things
- first, from the perception that the political
level, in terms of mitigation options, not going
on well. There are many proponents of geoen-
gineering, indicating that the so-called Plan A,
thus avoiding the option now to use really, no
longer realistic to say we are heading already
on Plan B. I would object to this because we've
never seen a carbon price to an extent, the fact
that innovation, we need to bring the avoidance
options and ready for market, transported. The
second argument that is heard often is that the
climate would actually be even more ambitious
goals. Thus one sees a connection between cli-
mate goals, assessing how realistic option is to
avoid, and the geo-engineering option. What
we should really discuss at the moment is the
question: Do we want to allow research into
geoengineering, to have such a plan B for the
means to implement it then to have the know-
ledge to be able to assess the risks?
Or rather, we want to let that happen, be-
cause we see a categorical distinction between
avoidance and geo-engineering option? I want
to again address the distinction that was made
here already. A distinction must be very im-
portant between the options in the radiation
budget to intervene, then use the stratospheric
aerosols, and this encroachment on the carbon
cycle, where I CO2 presume to chemical sol-
vents, for example, from the air, these artificial
trees einsetze, although the fact not so much to
do with trees have. The ethical debate is in my
opinion, completely different, depending on
what I'm talking about. As for the interference
in the radiation budget of the atmosphere, I
agree with previous speakers that this is a very
uncertain and very risky option, on the other
side at the same time for some very attracti-
ve because they seem only to be sometimes
very cheap - the few economic assessments
that currently exists, indicate costs higher by
a factor of 10 below what we see in the area of
42
prevention - and secondly because you can achieve
a relatively quick effect in that the temperature is
lowered relatively quickly are, of course, is what
strengthens the emergency thoughts again to
say: okay, now when the temperature is too high
jump. But it has many problems, namely the one
that will also be maintained, for example, that
you can not stop suddenly at some point. And the
second problem is that I was not the problem at
its root pack, so the gas going down, but at the
same time press on the accelerator and the bra-
ke and some problems with the CO2 content in
the atmosphere itself due to such example, ocean
acidification, so do not even get a grip.
TILo WIRTZ I would like to come back
again to the question of regulation. We talk all
the time from the air, from air disaster of the pro-
blem, what we have to solve. I would like to draw
the focus on who actually speaks with what legi-
timacy. Mr. Ott has just been pointed out that the
question of whether one wants to pursue geo-
engineering, or not, should decide at the United
Nations, on the basis of a global consensus. Now
there will be the unlikely because neither the
consequences of climate change are regionally
homogeneous, nor the impact of geo-enginee-
ring. So the question is: Is not geo-engineering in
itself a project, which is associated with a certain
hegemony claim by a common logic would be
necessary to decide now, we can intervene, now
is the catastrophe there, and now we have to das.
who can then make this decision really?
KonRaD oTT this I can say no more, as
I said earlier. Certain options have global long-
term effects of very uncertain side effects. No
one else but the world community itself may ulti-
mately have the power to decide. This is basically
to the United Nations. Then of course you can
say: we want to decide anything by majority deci-
sion? People have a right to veto any that you can
say, if some do not want, then it can not be done?
Is there such thing as protection of minorities?
So, we're there at the very beginning to think
at all about governance structures and legiti-
macy. But saying all publications in the field of
governance structures, conditions of legitimacy
are the decisive normative questions. I'll give you
another example: make If it may be some forms
of geoengineering if and only if one has a convin-
cing exit strategy, with a convincing demolition
strategy that you can say okay, if you experience
certain side effects, you know But let us also how
we can begin an orderly withdrawal from a sense
of such an option.
The Royal Commission says: No geo-engi-
neering without a tuned interplay of very plau-
sible exit strategy! Now that would be as a nor-
mative constraint. One could speculate on what
may be considered normative constraints speci-
fic options considered. I think that's a very, very
exciting debate. A set of more to you: Gut fee-
lings we call intuitions in philosophy. I also some-
times like I say, oh, oh, I do but I have a queasy or
uncomfortable gut feeling. Only a queasy feeling
is not an argument. It is not easy. What we need
to try is to try to determine the best models and
the best data and the best arguments to translate
our queasy feelings in countable arguments. We
often start with queasy feelings, some are con-
firmed. But it could happen quite that confirm
some queasy feelings do not. In other words, is
the starting point is okay, but it is basically the
starting point not the result of a discussion. ●
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