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Vater Vater - Kind Kind - Bindung als Bindung als Chance Chance Fachtag „Väter und frühe Bindung“ Deutsches Jugendinstitut, München Fachgruppe Nationales Zentrum Frühe Hilfen Dr. Andreas Eickhorst Wuppertal, 11.09.2017 Chance Chance

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Vater Vater -- Kind Kind -- Bindung als Bindung als

ChanceChance

Fachtag „Väter und frühe Bindung“

Deutsches Jugendinstitut, MünchenFachgruppe Nationales Zentrum Frühe Hilfen

Dr. Andreas Eickhorst

Wuppertal, 11.09.2017

ChanceChance

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Vorneweg: Warum Väter als Thema?

• Lange Zeit wenig Interesse an Vätern

• Bevorzugtes Interesse an der Mutter aus gesellschafts-historischen Wertvorstellungen und praktischen Erwägungen

• Dennoch Vater gleichwertiger Elternteil wie Mutter

• Vater „wirkt“ immer auf Kind und Familie

• Mutter-Kind-Bindung ist in aller Munde

Was ist eigentlich mit der Vater-Kind-Bindung…?

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Mögliche Betrachtungsweisen zu Väterna) In der Wissenschaft

Frühe Phase der Vaterforschung „Können Väter das überhaupt?“

Zweite PhaseAuswirkungen von Vaterabwesenheit

Dritte PhaseForschung über Unterschiede zwischen Vätern und Müttern

Vierte Phase (heute)- Vater-Kind-Bindung und Interaktion- Besonderheiten väterlicher Interaktion (Subjektives Erleben von Vaterschaft; Rolle der Väter in verschiedenen Familien)- Der „Neue Vater“

(Nach Seiffge-Krenke)

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Väter als Ressource

Väter als Risiko

als Unterstützung für Mütter

Mögliche Betrachtungsweisen zu Väternb) Für Fachkräfte

als Unterstützung für Mütter

als (gleichwertiger) Elternteil

als unterstützenswert

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• 18. JahrhundertVater als strenger moralischer Erzieher und Wertevermittler („patriarchalische“ Strukturen mit zumeist familiären Manufakturen; starke Autorität

als notwendig für das effektive Funktionieren des Haushaltes angesehen)

• Industrialisierung (Anfang bis Mitte des 19. Jhd.): Vater als Ernährer (vermehrt außerhäusliche Arbeit, Trennung Wohnsitz und

Vaterrollen im Wandel der Zeit

Vater als Ernährer (vermehrt außerhäusliche Arbeit, Trennung Wohnsitz und

Arbeitsplatz; Mutter zuhause, Vater arbeitet)

• Ab ca. 1900Vater als Erzieher und insbesondere als Rollenmodell männlicher Identitätsentwicklung (also insbesondere Engagement für die

Söhne)

• Ab dem II. WeltkriegSehr viel Vaterabwesenheit ( Fehlen des Rollenmodells als Ursache von

vielen kindlichen psychischen und sozialen Problemen )

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Der „Neue Vater“

• Typus seit Ende 1970er/Anfang 1980er Jahre präsent

• Grenzt sich von traditionellen Rollenvorstellungen ab

• Lebt gleichberechtigte Partnerschaft; trägt zu Haushalt und Kinderpflege/-erziehung bei

• Verhält sich ggü. den Kindern warm, zärtlich, körperbetont• Verhält sich ggü. den Kindern warm, zärtlich, körperbetont

• Ist gerne Vater und betont diese Haltung auch in der Öffentlichkeit

• Vermischung von Forderung und tatsächlichem Auftreten

Vaterschaft und väterl. Engagement mit hoher eigenerWertigkeit

Mehr als nur Unterstützung der Partnerin

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Väterliche Präsenz, Bindungund Feinfühligkeit

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Väterliche Präsenz

• Mutter- und Vaterschaft an sich sind Produkte der Evolution, ihre Ausprägung Produkte der Kultur

• Kinder können auch ohne Vater (oder Mutter) großwerden

• Aber: potentiell Probleme bei väterlicher • Aber: potentiell Probleme bei väterlicher Abwesenheit

• Vorteile bei Präsenz: Dies führt (im besten Fall) zu sozial kompetenten und selbstbewussten Kindern

• Präsenz (und konkretes Tun!) an sich wichtiger als die Familienform

• Bindung und Feinfühligkeit wichtige Konzepte dabei

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Sind Väter genauso kompetent im Umgang mit (kleinen) Kindern wie Mütter?

Gleiche Fähigkeiten (emotional, kognitiv, praktisch) wie Mütter in

Pflege und Versorgung

Interaktion und

Erziehung ab dem Säuglingsalter

Keine Unterschiede Keine Unterschiede

im intuitiven Elternverhalten

in generellen Kompetenzen

Wie ist es mit der Bindung…?

Gleiche prinzipielle Fähigkeiten bezüglich Elternschaft wie Mütter

Aber zum Teil andere Motivation und tatsächliches Verhalten als Mütter

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Was ist Bindung?

• Psychologische Bindungstheorie von Bowlby (1958)

• Angeborene und überlebensnotwendige Motivation enger Zuwendung zur Bezugsperson

• Sichert Trost und Beruhigung für das Kind

• Universell vorhanden in ungeklärten kulturellen Formen

• Entwickelt sich (spätestens) ab Geburt in einem längerfristigen Prozess

• Sichere Bindung, unsichere Bindung und Bindungsstörungen werden definiert

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Bindung bei Vätern

Mary Ainsworth, Pionierin der Bindungsforschung:

„Die Interaktion eines Vaters mit seinem Baby „Die Interaktion eines Vaters mit seinem Baby hat eine ganz besondere Qualität, welche eine Intensität der Bindung entstehen lässt, die in keinem Verhältnis zu der Häufigkeit ihrer Interaktion steht.“ (Ainsworth, 1967, S.352)

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Bindung zum Vater genauso vorhanden wie zur

Mutter

Vergleichbare Verteilung von Bindungsmustern

Am bedeutsamsten ist die Bindung zur Hauptbezugs-

person, aber mehrere Bindungsbeziehungen gleichzeitig

Bindung bei Vätern

person, aber mehrere Bindungsbeziehungen gleichzeitig

sind möglich und sinnvoll

Zusammenhänge zu späterer Entwicklung geringer als

bei mütterlicher Bindung (Ausnahme Exploration)

Aber: Einfluss unklar Hauptbezugsperson

beachten!

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Wichtigster Bestandteil ist promptes, angemessenes und zuverlässiges Reagieren, z.B. durch Mimik, Gestik, Lächeln etc.

Ermöglichst durch angeborenes intuitives Elternverhalten

Feinfühligkeit

… bei Vätern gleiche Grundannahmen zu Vätern wie Müttern, aber auch hier andere Verhaltensschwerpunkte anzunehmen

Insbesondere durch feinfühlige Unterstützung von Explorationbeeinflussen Väter die sozio-emotionale Entwicklung

Im direkten Vergleich ist die väterliche Feinfühligkeit oft geringer ausgeprägt

Aber: Haben wir auch die richtigen Mess-Methoden für Väter…?

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Mehr als Vater und Kind: Triadische Interaktionen

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Das erste Dreiersystem –die “primäre Triade”

Familiensystem aus Säugling, Mutter und Vater

Erweiterung der üblichen dyadischen Perspektive

Säuglinge zeigen ab 3 Monaten ein sensitives Reagieren auf das Miteinander der Eltern

Systemische Perspektive: Das Familiensystem besteht nicht nur aus Addition von Zweier-Beziehungen, sondern hat eigene Dynamik und Qualität

Die Zusammenarbeit von Mutter und Vater mit dem Kind kann nur in triadischen Situationen direkt beobachtet werden

In der primären Triade wird die Entwicklung sozialer und kommunikativer Kompetenzen des Kindes angeregt

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Väter in der primären Triade

• Mütter und Väter sind vergleichbar in ihrem triadischen Verhalten und der Beteiligung

• Sind ebenfalls genauso aufmerksam und feinfühlig in triadischen Interaktionen, auch bei weniger Zeit mit den Kindern

• Väter aus unglücklichen Beziehungen sind weniger involviert in gemeinsame Spiele zu dritt in der Familie

• Allerdings gibt es Hinweise auf Lerneffekte in dem Sinne, dass der Vater vom Verhalten der Mutter lernt

Einbezug dieser Perspektive ermöglicht gut die gleichberechtigte Beteiligung der Väter

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1) Co - Parenting

• Gemeinsame Interaktion mit gleicher Beteiligung beider Eltern

• Wichtig z. Erlernen gemeinamer Interaktion, Kooperation und Konkurrenz

• Starker Zusammenhang mit Partnerschafts-Zufriedenheit

• Väterliche Beteiligung ist abhängig von den Fähigkeiten, die

„Es gehören immer Zwei dazu…“

• Väterliche Beteiligung ist abhängig von den Fähigkeiten, die die Partnerin bei ihm sieht

2) „Gate Keeping“

Mögliche Ursachen: Vermutete o. tatsächlich fehlende Kompetenz beim Vater , trad. Rollenverständnis, konfliktreiche Paarbeziehung

Mögliche Folgen: Ausschluss des Vaters; tatsächliche geringeres Engagement / mangelnde Fähigkeiten des Vaters

nach Schröck & Eickhorst, 2016

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Resümee

• Väter sind von Natur aus gleichwertiger Elternteil

• Haben eigenständige Eigenschaften und Verhaltensweisen

• Der große Bereich väterlicher Präsenz und der Vater-Kind-Interaktion birgt viele Chancen für die kindliche Kind-Interaktion birgt viele Chancen für die kindliche Entwicklung

• Bindung und Feinfühligkeit als wichtige und fördernswerte psychologische Mechanismen auch bei Vätern

• All dies ist wichtig für unsere professionelle Arbeit mit Vätern und sollte entsprechend berücksichtigt werden

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Vielen Dank fürIhre Aufmerksamkeit!

Dr. Andreas EickhorstDeutsches Jugendinstitut, München

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