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VKM - Verlag für Kybernetische Medizin Therapie bei Schwindel, Sturzprophylaxe Ein Ratgeber Dr. med. Hans Garten

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VKM - Verlag für Kybernetische Medizin

Therapie bei Schwindel, SturzprophylaxeEin Ratgeber

Dr. med. Hans Garten

Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungenunterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern un-sere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medika-mentöse Therapie anbelangt. Der Leser darf darauf vertrauen,dass der Autor und der Verlag große Sorgfalt darauf verwandthaben, dass die Angaben dem Wissensstand bei Fertigstellungdes Werkes entspricht. Jeder Benutzer ist angehalten, nach Konsultation eines Spezia-listen festzustellen, ob die hier gegebenen Empfehlungen fürihn anwendbar und verträglich sind. Für Fehler in der Anwen-dung der Übungen und etwaige Nebenwirkungen übernimmtweder der Autor noch der Verlag Verantwortung. Autor und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auf-fallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht beson-ders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinwei-ses kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einenfreien Warennamen handele.Die Broschüre einschließlich aller seiner Teile ist urheberrecht-lich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzendes Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlagesunzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Mikroverfil-mungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektroni-schen Systemen.

Therapie bei Schwindel, SturzprophylaxeEin Ratgeber

AnschriftDr. med. Hans GartenNederlinger Str. 35D-80638 MünchenTel.: +49-(0)89-1595951Email: [email protected]: www. DrGarten.de

© 2011 Verlag für Kybernetische MedizinNederlinger Str. 35D-80638 MünchenPrinted in GermanyFotos: Ralf Kruse, MünchenZeichnungen, falls nicht anders angegeben: Hans GartenLayout: Friedrich Duar, KlagenfurtDruck: Flyeralarm, Würzburg

ISBN 978-3-9814333-0-2

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Schwindeltherapie und SturzprophylaxeEinleitungDer Begri! „Schwindel“ wird von Betro!enen für alle möglichenSensationen von Benommenheit, Standunsicherheit, Gangunsi-cherheit bis zu echtem Schwindel gebraucht, der sich als Dreh-oder Schwankschwindel äußert. Dieser Text soll Sie etwas ge-nauer über die Hintergründe und Ursachen informieren undtherapeutische Maßnahmen erklären.

Epidemiologisch und sozialmedizinisch spielt diese Störungeine wichtige Rolle, Sturzprophylaxe wird bei zunehmendem Al-tersdurchschnitt der Bevölkerung immer bedeutsamer. BeiStürzen erlittene Frakturen können bei älteren Menschen inva-lidisieren oder gar tödlich ausgehen.

Wir stellen die Anleitung zu den Übungen, die wir Ihnen zurSturz- und Schwindelprophylaxe sowie –therapie empfehlen,voran. Bei Interesse können Sie die Hintergrundinformationenzum Thema Schwindel auf den darauf folgenden Seiten lesen.Am Ende der Broschüre finden Sie eine Beschreibung von ein-fachen und nützlichen Trainingsgeräten.

Dr. med. Hans Garten, im Frühjahr 2011

Übungen: Vorbeugen und HeilenDie hier dargestellten Übungen sind in jedem Alter geeignet, Siebezüglich Ihrer Gleichgewichtsreaktionen fit zu halten. Natürlichwird ein entsprechendes Training immer bedeutsamer, je „häu-figer Sie die Sonne umrundet haben“, d.h. je mehr „FrühlingeSie erlebt haben“. Fangen Sie rechtzeitig an, Vorbeugen ist auchhier besser als Heilen. Ihr Arzt führt mit Ihnen die notwendigenUntersuchungen durch, die auch kleinere neurologische Defiziteaufdecken können, um diese dann spezifisch zu therapieren.

Es gibt aber auch junge Patienten mit Störungen des Gleichge-wichtssystems. Auch hier ist eigenständiges spezifisches Training neben der Behandlung durch den Therapeuten ent-scheidend: Ihr Therapeut wird die geeigneten Übungen mitIhnen besprechen.

Die Übungen beinhalten sehr unterschiedliche Schwierigkeits-grade: Je nachdem, ob Sie sonst so gut wie gesund sind oderaber gerade einen Schlaganfall oder einen Ausfall des Gleich-gewichtsorgans erlitten haben, sind einzelne Übungen viel zueinfach oder viel zu schwer für Sie. Beraten Sie sich mit IhremTherapeuten und tre!en Sie eine individuelle Auswahl.

Die Übungen sollten in wechselnder Reihenfolge für wenigstens20 Minuten gemacht werden. Ob dies täglich, mehrmals täglichoder seltener geschieht, hängt sicher neben den Zwängen IhresAlltags auch von der Beratung Ihres Therapeuten ab. Mehr Übenist nicht immer gleichbedeutend mit besserem Resultat, dennIhr Muskel-, Kreislauf- und Nervensystem hat eine individuelleKapazität, die respektiert werden muss. Also: wenn Sie z.B. 20 Minuten Training zu stark erschöpfen oder irgendwelcheSymptome schlechter werden, machen Sie weniger und fragenSie Ihren Therapeuten. Wenn Sie mehr machen könnten undsich gut dabei fühlen, nehmen Sie sich die Freiheit, es zu tun.

Inhalt:Auf dem Stuhl sitzenAuf einen Stuhl setzen und aufstehenStehübung 2

Auf dem Gymnastik-Ball „tanzen“Kopfdrehübungen auf dem GymnastikballEinbeinstand 3

EinbeinhüpfenEinbeinhüpfen und Ball fangenBalance-Brett, Therapiekreisel, Balance-Pad 4

Gymnastik-Ball aufhebenGymnastik-Ball kreisenTrampolin: SchwankenTrampolin-Gang 5

Trampolin RotationEinbeinstand auf dem TrampolinGehen mit geschlossenen Augen an der Wand entlangGehen mit geschlossenen Augen auf einer LinieAuf dem Balancierholz gehen 6

Gehen mit KopfbewegungenGehen mit Richtungswechsel: Hindernis-ParcoursGehen-StoppBuchstabierübung 7

BlickfolgeübungSakkadenübungGegensakkaden 8

KonvergenzübungKnie-Handstand-ÜbungGymnastikballübung 9

Kopf und Ziel gegeneinander bewegenVisuelles StimulationsprogrammHaltungsreaktionstrainingSchwingstab 10

DrehübungPosturomed und Schwingplatten (Galileo etc.)Befreiungsmanöver bei gutartigem Lagerungsschwindel 11

Das Gleichgewichtssystem 12-13

Schwindelursachen 14-16

Anamnestische Daten bei SchwindelQualität, Verlauf, Modalitäten 16-17

Untersuchungstechniken 18-19

TherapieLiteratur (Auswahl) 20

Kleine Materialkunde für das häusliche Training 21

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Stehübungen auf demBalance Pad

Stehübung• Schulterbreit stehen, in den Spiegel schauen

Stehen Sie aufrecht mit den Füßen schulterbreit mit Blickgeradeaus gerichtet, die Arme an der Seite vor einemSpiegel und nehmen Sie in dieser Position wahr, wie Sieruhig stehen und halten Sie diese Position für ca. eine Mi-nute. Richten Sie dabei wieder den Oberkörper auf, indemSie sich von dem vorgestellten Seil am Brustbein hochzie-hen lassen.Richten Sie den Blick auf Ihr Spiegelbild.In derselben Position stehend blicken Sie während einerMinute auf ein Ziel an der Wand.Führen Sie die Folge (Blick zum Spiegel, Blick zum Ziel ander Wand) sukzessive mit erhöhtem Schwierigkeitsgraddurch:

• Füße zusammenstellen, Hacke vor die Zehen stellen(Seiltänzerstand)Zunächst stellen Sie die Füße nebeneinander, dann vorei-nander, d.h. annähernd Ferse zu Zehenspitze; halten Siezunächst die Arme balancierend zur Seite, dann eng amKörper. Halten Sie jede Position für 30 Sekunden.

• Seiltänzerstand mit Kopfbeugung und -streckungWiederholen Sie die obigen Übungen mit 30° nach vornund dann 30° nach hinten geneigtem Kopf.

• Seiltänzerstand mit geschlossenen AugenWiederholen Sie alle Übungen mit geschlossenen Augen,visualisieren Sie dabei, wie Sie sich vorher vor dem Spie-gel gesehen haben, dass Sie gerade stehen können.

• Alles wiederholen auf Schaumsto!matteWiederholen Sie alle Übungen auf einer Schaumsto!un-terlage stehend.Lassen Sie sich bei Bedarf unbedingt von Ihrem Helfer ab-sichern, damit Sie nicht umfallen und folgen Sie ihm, wenner der Meinung ist, dass Sie zu schnell die schwierigenÜbungen machen.

Auf dem Stuhl sitzen • Sitzen Sie ruhig auf einem Stuhl und atmen Sie einige

Male tief ein und aus, entspannen Sie sich.• Konzentrieren Sie sich auf das Körpergefühl mit Kontakt

zu dem Stuhl. Sie können einen Spiegel zur visuellen Un-terstützung benutzen. Richten Sie dabei den Oberkörperauf, indem Sie sich von einem virtuellen Seil am Brustbeinhochziehen lassen, richten Sie den Kopf geradeaus.

• Schließen Sie als nächstes die Augen und konzentrierensich wieder 10 Sekunden auf das Gefühl, auf dem Stuhl zusitzen: Die Beine, das Gesäß, der Rücken haben Kontaktzum Stuhl, die Füße stehen sicher auf dem Boden.

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Auf einen Stuhl setzen und aufstehen (Nicht machen bei orthostatischer Dysregulation, also wennIhnen dabei schwarz vor Augen wird). • Sitzen Sie aufrecht und stehen Sie vom Stuhl auf, indem

Sie den Oberkörper so wenig wie möglich nach vorn beu-gen, also wirklich die Oberschenkel- und Gesäßmuskula-tur benutzen.

• Nur notfalls sollten Sie die Hände, mit denen Sie sich aufIhren Oberschenkeln abstützen, zur Hilfe nehmen.

Auch das Aufstehenvon einem Stuhlkann man üben.

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Auf dem Gynastik-Ball „tanzen“ • Setzen Sie sich bequem auf einen Gymnastikball, die Füße

stabil am Boden.• Bewegen Sie sich zunächst nach vorn, dann nach hinten.

Dann von links nach rechts und zurück.• Wenn Ihnen das gelingt, nehmen Sie jeweils einen der

Füße vom Boden hoch und halten Sie so die Balance, auchwieder das Gewicht verlagernd.

• Setzen Sie sich bei so vielen Tätigkeiten wie möglich aufden Gymnastikball. Die Instabilität, die dabei entsteht, for-dert dauernd Gleichgewichtsreaktionen. Das stabilisiertdie Rumpfmuskulatur, es fällt Ihnen schwer, dabei„krumm“ zu sitzen.

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Einbeinstand • Stehen Sie abwechselnd auf dem linken und auf dem rechten

Bein mit geö!neten Augen. Verwenden Sie rutschfesteSchuhe oder Socken. Versuchen Sie, so lange wie möglich zustehen und sich zu steigern.

• Wenn dies gelingt, machen Sie den Einbeinstand mit ge-schlossen Augen. Schließen Sie die Augen, nachdem Sie mito!enen Augen sicher stehen. Führen Sie die Übung zunächstmit Unterstützung einer Hilfsperson durch.

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Gewichtsverlage-rung auf dem Gym-nastikball. Wenndieser nicht so starkaufgepumpt ist, wieauf der Abbildung,ist die Balance etwasleichter zu halten.

Einbeinstand linksund rechts

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Kopfdrehübungen auf dem Gymnastikball • Gehen Sie so vor, dass Sie den Daumen Ihrer rechten Hand

ansehen, während Sie die Hand nach rechts bewegen. IhrDaumen ist das Ziel, die Augen führen darauf gerichtet dieKopfrotation. Versuchen Sie den Kopf den Augen nach zu be-wegen. Wenn Sie an der Grenze angekommen sind, nehmenSie den Kopf zusätzlich noch in den Nacken. Wechseln Sierechts und links ab, keine Eile dabei! Das zuweilen empfohleneKopfkreisen erscheint uns nicht als besonders geeignet.

Kopfdrehübungenmit Blickbahnung

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Einbeinhüpfen • Tun Sie dies, wenn es Ihre Gelenke zulassen. Zum Abfedern

ist es günstig, eine Gymnastikmatte zu verwenden. VersuchenSie auf einer Stelle zu hüpfen, sehr präzise und gut abgefe-dert. Wechseln Sie die Beine z.B. alle drei Hüpfer.

Einbeinhüpfen: DieGymnastikmatte fe-dert die Stöße zu-sätzlich ab.

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Einbeinhüpfen und Ball fangen • Auf dem rechten Bein hüpfen und einen leichten Ball senk-

recht hoch werfen und fangen.• Anschließend auf dem linken Bein hüpfen und den Ball

werfen und fangen.Achten Sie auch hier darauf, dass Sie möglichst präzise auf einer Stelle hüpfen.

Einbeinhüpfen undBall fangen: Versu-chen Sie möglichstkontrolliert auf einerStelle zu hüpfen.

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Balance-Brett, Therapiekreisel, Balance-Pad• Stellen Sie sich vorsichtig auf einen Therapiekreisel,

indem Sie sich zunächst an der Wand abstützen. Versu-chen Sie, auf diese Stütze mit zunehmender Sicherheit zuverzichten. Wenn Ihnen das zu wackelig ist, verwenden Sieein Schaumsto!kissen (kaufen Sie im Schaumsto!handeleine feste Qualität oder einen Aerix-Balance Pad).

• Neigen Sie den Kreisel langsam nach vorn und zurück, Be-wegungen in der Hüfte sollten Sie vermeiden.

• Neigen Sie ihn von Seite zu Seite.• Die Übungen wiederholen, dieses Mal Beugung der Hüfte

zulassen.• Wenn Unterstützung nötig ist, führen Sie die Übungen vor

dem Spiegel durch.• Machen Sie leichte Kniebeugen, versuchen Sie den Ein-

beinstand auf den Geräten.• Versuchen Sie auf einem Bein stehend den Rumpf waage-

recht nach vorn zu neigen, das freie Bein waagerecht nachhinten, so wie das in Abb. 15 auf dem Trampolin gezeigtist: Sämtliche hier beschriebenen Übungen können auchauf dem Trampolin gemacht werden.

• Schließen Sie, wenn möglich, bei den Übungen die Augen,nachem Sie sie mit o!enen Augen beherrschen. Vielleichtsollten Sie eine Hilfsperson um Unterstützung bitten,wenn Sie damit beginnen.

Therapiekreisel, ab-gestützt. Stellen Siesicher, dass derKreisel nicht aufdem Boden und IhreFüße nicht auf demKreisel rutschen.Auf der Gymnastik-matte ruht der Krei-sel etwas sicherer.

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Trampolin: Schwanken • Schwanken Sie auf einem Trampolin hin und her

Hin-und-Herschwan-ken auf dem Trampolin

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Trampolin-Gang • Gehen Sie auf dem Trampolin im Kreis: im Uhrzeigersinn,

dann gegen den Uhrzeigersinn.

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Gehen auf demTrampolin

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Gymnastik-Ball aufheben• Machen Sie dies aus den Knien heraus, der Rücken sollte

gerade aufgerichtet werden. Heben Sie den Ball über IhrenKopf und legen Sie ihn wieder auf den Boden. Am bestenSie stehen dabei auf dem Balance-Pad.

Gymnastik-Ball aufheben

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Gymnastik-Ball kreisen • Stehen Sie mit den Füßen schulterbreit mit gleichmäßig

verteiltem Gewicht. Heben Sie einen Ball oder weiches Ob-jekt auf. Halten Sie die Arme gestreckt und bewegen Sieden Ball in einem vollen Kreis nach rechts und nach links(im Uhrzeigersinn und gegen den Uhrzeigersinn). Bewe-gen Sie den Kopf mit im Kreis, fixieren Sie den Ball ständig.Kreisen Sie mindestens eine Minute lang.

• Wenn Schwindel auftreten sollte, stoppen Sie, bis dieserwieder aufhört.

• Wenn die Unsicherheit zu groß ist, führen Sie dieselbenÜbungen auf einem Stuhl sitzend durch.

Gymnastikball kreisen

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Trampolin Rotation • Drehen Sie sich auf dem Trampolin im Kreis: links herum,

anschließend rechts herum

Drehen auf demTrampolin. Mit ge-schlossenen Augensollten Sie dies nurtun, wenn Sie sichausreichend sicherfühlen.

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Einbeinstand auf dem Trampolin • Stehen Sie mit o!enen Augen auf dem rechten und ab-

wechselnd auf dem linken Fuß auf dem Trampolin, versu-chen Sie so lange wie möglich zu stehen.

• Eine Steigerung ist der Einbeinstand bei mehr oder waa-gerechtem Körper wie die Abbildung 15b erläutert.

Einbeinstand auf dem Trampolin

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Gehen mit geschlossenen Augen an der Wand entlang • Gehen Sie zunächst mit o!enen Augen an der Wand ent-

lang. Registrieren Sie genau die Umgebung und Bodenbe-scha!enheit.Berühren Sie mit den Fingern bei ausgestreckten Armendie Wand.

• Gehen Sie mit geschlossenen Augen und hoch gehaltenemKopf an der Wand entlang, indem Sie diese mit den Fin-gern als Führung benutzen. Stellen Sie sich eine geradeLinie vor, der Sie entlang gehen. Immer wenn Sie das Ge-fühl haben, umzufallen, ö!nen Sie die Augen. Gehen Sieerst weiter, wenn Sie die Balance wiedergefunden haben.

Gehen auf dem Bal-ken, vorwärts undrückwärts

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Gehen mit geschlossenen Augen auf einer Linie• Dies kann eine gedachte oder besser eine tatsächliche

Linie sein. Machen Sie die Übung in gesicherter Umge-bung, am besten mit einer Begleitperson.

• Setzen Sie langsam den linken Fuß vor den rechten auf dieLinie. Halten Sie die Augen dauernd nach vorn gerichtet.Falls nötig, die Arme zum Balancieren benutzen.

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Auf dem Balancierholz gehen• Gehen Sie vorwärts und wenn möglich rückwärts auf

einem am Boden liegenden Holz von 2 Meter länge. Diesessollte etwa 10 cm breit sein, die Höhe können Sie wählenentsprechend ihren Fähigkeiten. 3 cm sind ausreichend,eine größere Höhe (wie auf der Abbildung) hat besonderseinen psychologischen E!ekt.

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Gehen-Stopp • Gehen Sie noch mal durch Ihren Parcours, stoppen Sie an

einem „Hindernis“ abrupt ab, wenn Ihr Helfer das ansagt;gehen Sie mit Richtungswechsel weiter.

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Buchstabierübung • Sie können ein Buch vor sich hinstellen oder eine Zeitung

halten und wackeln einmal pro Sekunde den Kopf hin undher. Fixieren Sie dabei den Text und buchstabieren SieWort für Wort zunächst vorwärts, dann rückwärts.Dies verbessert den vestibulo-okulären Reflex und dieBlicksicherheit.

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Kopf hin und her drehen und einzelne Worte oder Text lesen,vorwärts und rückwärts buchstabieren.

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Gehen mit Kopfbewegungen • Gehen Sie geradeaus und drehen dabei den Kopf alle drei

Schritte nach links und rechts, Ihr Helfer kann zur Sicher-heit neben Ihnen gehen.

• Fokussieren Sie beim Gehen unterschiedliche Objekte (je-weils seitlich).

• Bewegen Sie den Kopf allmählich schneller und ausge-prägter.Führen Sie diese Übung etwa 2 Minuten lang durch.

• Führen Sie diese Übung mit Kopfbewegungen nach obenund unten durch.

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Gehen mit Richtungswechsel: Hindernis-Parcours • Legen Sie Gegenstände (Kissen, Papierkörbe, Bleistifte

u.ä.) in unregelmäßiger Formation auf den Boden.• Gehen Sie nach einem vorgegebenen Weg durch diesen

Hindernis-Parcours.• Nehmen Sie in der Folge ein Objekt nach dem anderen

vom Boden auf, während Sie daran vorbeigehen.• Verändern Sie den Weg durch den Parcours, damit keine

Routine aufkommt.• Dazu kann Ihnen Ihr Helfer immer wieder einen Ball zu-

werfen, den Sie dann au!angen sollten.

Gehen mit Richtungswechsel und abrupten Stopps im Hinder-nisparcours

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Folgebewegungen mit den Augen in den beiden Diagonalen

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Sakkadenübung • Ein Übungspartner sitzt Ihnen gegenüber. Sie fixieren die

Nase Ihres Partners, der beide Hände so vor sich hinhält,dass Sie beide die Finger im linken und rechten Gesicht-feld gut sehen können. Ihr Partner bewegt nach dem Zu-fallsprinzip den Zeigefinder der linken oder rechten Hand,Sie blicken möglichst ohne Verzögerung so genau darauf,dass Sie die Hautlinien gut erkennen können und anschlie-ßend zurück zur Nase Ihres Partners,

• Suchen Sie sich anschließend vier Objekte im Raum inner-halb Ihres Gesichtsfeldes (d.h. so, dass Sie nicht den Kopfbewegen müssen, um sie zu fixieren). Schließen Sie dieAugen und blicken Sie mit geschlossenen Augen nachIhrer räumlichen Erinnerung zu jeweils einem der Objektenach dem Zufallsprinzip wechselnd. Ö!nen Sie die Augenund korrigieren im Bedarfsfalle die Augenposition. Trai-nieren Sie dieses so lange, bis Sie keine Nachkorrekturmehr benötigen.

Sakkaden-Training:Blicken Sie zum Fin-ger, der sich bewegtund zurück zum Aus-gangspunkt.

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Blickfolgeübung • Stellen Sie sich auf das Balance-Pad oder ein Trampolin

bzw. sitzen Sie auf dem Gymnastik-Ball und führen IhreHand mit einem Blickfixationsobjekt, das möglichst detail-liert ist, durch Ihr Gesichtsfeld,. Folgen Sie dem Objekt aus-schließlich mit den Augen (Kopf gerade halten). Wenn Sieam Ende der Bewegung angekommen sind, schließen Siedie Augen und bewegen die Hand wieder an den Aus-gangspunkt. Fixieren Sie das Objekt neu, seien Sie daraufbedacht, sofort genau „zu tre!en“. Wiederholen Sie das fürjede Richtung fünf Mal.• Mit der rechten Hand diagonal von links unten nach

rechts oben• Mit der rechten Hand diagonal von rechts unten nach

links oben• Mit der linken Hand diagonal von rechts unten nach links

oben• Mit der linken Hand diagonal von links unten nach rechts

oben• Die Bewegungsrichtungen können von Ihrem Therapeu-

ten entsprechend den bei Ihnen diagnostizierten Anfor-derungen modifiziert werden, denn hier könnenspezifische Großhirn- und Kleinhirnfunktionen gezieltangesprochen werden.

• Alternativ lassen Sie das Objekt von einen Helfer bewe-gen.

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Gegensakkaden • Hierzu brauchen Sie ebenfalls einen Übungspartner: Die-

ser sitzt oder steht Ihnen gegenüber mit beiden Händenin Ihrem Gesichtsfeld und bewegt in unregelmäßiger Rei-henfolge die Finger einer Hand. Blicken Sie zu den Fingern,die sich NICHT bewegen. Bei dieser Übung geht es umBlickkontrolle (eine präfrontale Funktion, die auch mit Auf-merksamkeit und Arbeitsgedächtnis gekoppelt ist).

Antisakkaden-Trai-ning: Ihr Blicksprunggeht zu den Fingern,die sich NICHT bewe-gen.

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Gymnastikball-Übung Dies ist eine stabilisierende Übung, die die tiefe Rückenmus-kulatur stärkt, die ausschließlich reflektorisch (über dasGleichgewichtssystem) angesprochen werden kann. Dabeiwird gleichzeitig das Gleichgewicht trainiert.Als positiver Nebene!ekt wird der Beckenboden stabilisiert,was besonders von Damen mit Stressinkontinenzproblemendankbar wahrgenommen wird.• Machen Sie auf einem Gymnastikball von 65 cm Durch-

messer auf dem Bauch liegend (das Becken liegt auf demBall) gekreuzte Übungen. Dabei wird der rechte Arm unddas linke Bein gleichzeitig bis zur Waagerechten angeho-ben. Der Kopf ist ebenfalls in der Waagerechten zu halten,oder Sie blicken nach unten zum Ball. Anschließend hebenSie den linken Arm und das rechte Bein an, wechseln Siezügig etwa einmal pro Sekunde. Es ist günstig, das Beindabei gestreckt zu halten, da dadurch die Übung wirksa-mer wird.

• Machen Sie so viele Wiederholungen wie Sie scha!en, Zielist ca.100 mal (nach oben o!en).

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Gekreuzte Übungen auf dem Gymnastikball. Auf dem wenigerfest aufgeblasenen Ball liegen Sie etwas stabiler. Die weitervorn abgestützten Hände machen die Übung anstrengenderund natürlich e!zienter. Halten Sie die Beine möglichst ge-streckt und heben Sie sie nur bis zur Waagerechten.

Gekreuzte Übungen im Knie-Handstand

Knie-Handstand-Übung Dies ist eine Rücken-stabilisierende Übung ebenso wie eineKoordinationsübung. • Sie knien auf der Matte und stützen sich mit den Händen

so ab, dass in der Hüfte und den Schultern ein Winkel vonca. 110° entsteht (der Po ist weiter vorn als das Knie). Ma-chen Sie gekreuzte Übungen. Dabei wird der rechte Armund das linke Bein gleichzeitig bis zur Waagerechten an-gehoben (der Kopf ist ebenfalls in der Waagerechten zuhalten), anschließend der linke Arm und das rechte Bein.

• Machen Sie so viele Wiederholungen wie Sie scha!en, Zielist ca.100 mal (nach oben o!en). Die entsprechende Übungauf dem Gymnastikball ist die Steigerung bezüglich derAnforderung an das Gleichgewichtssystem.

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Konvergenzübung • Fixieren Sie ein Objekt bei ausgestrecktem Arm, bringen

Sie dieses bis 10 cm vor Ihre Nase. Versuchen Sie, es soscharf wie möglich zu sehen. Führen Sie das Objekt wiederzurück zur Ausgangsposition. 20 Wiederholungen

Konvergenzübung

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Visuelles Stimulationsprogramm • Sie bekommen eine CD, die Sie laut Anleitung installieren;

Sitzen Sie 40 cm vor dem Bildschirm und folgt dem Balloder den Streifen nur mit den Augen.

Programm „Hemistim“,eingestellt für eine Stimulation desrechten Schläfen- und Scheitellappens und des linken Klein-hirns: Folgebewegung von links oben nach rechts unten undRückstellsakkade nach links oben.

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Haltungsreaktionstraining • Es gibt Posturographiegeräte zum Messen, die auch Trai-

ningsprogramme anbieten (s. Abb.). Die Fa. Nintendo (Wii)und andere bieten entsprechende Trainingsgeräte an, dievon manchen (auch gesetzlichen) Krankenkassen auf An-trag erstattet werden: http://de.wikipedia.org/wiki/Wii_Sports

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Die Haltungstrainings-einheit in Aktion

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Schwingstab • Am besten auf dem Balance-Pad stehend halten Sie in

aufgerichteter Position einen Schwingstab (Powerblade,Propriomed usw.) vor dem Körper und bringen diesen zurSchwingung. Das trainiert das gesamte Haltungssystem,die Koordination und die Rückenmuskulatur.

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Kopf und Ziel gegeneinander bewegen • Sie können auf dem Balance-Pad stehen oder auf dem

Gymnastik Ball sitzen. Bewegen Sie Ihren Daumen bzw.ein Objekt mit gestrecktem Arm nach rechts. Drehen Sieden Kopf gleichzeitig nach links und fixieren Sie das Objektmit den Augen. Anschließend das Objekt nach rechtsbewegen, den Kopf nach links.

Das Objekt wird nach links bewegt, der Kopf gegenläufig nachrechts, während Sie das Objekt mit den Augen fixiert halten.

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32Das Training auf derSchwingplatte kannmit der Übung mitdem Schwingstabkombiniert werden

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Drehübung • Verwenden Sie einen Drehstuhl, halten Sie Ihren Daumen

vor sich und fixieren Sie ihn. Drehen Sie sich nach links,anschließend nach rechts, bis gerade eben ein geringesSchwindelgefühl auftritt. Machen Sie Pause, bis dasSchwindelgefühl vollständig beseitigt ist. Ihr Therapeutkann u.U. die Zahl der Drehungen nach links oder rechtsin der Zahl variieren, je nachdem, welches Vestibulummehr Stimulation braucht.

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Übung auf der Schwing-platte

Posturomed und Schwingplatten (Galileo etc.) • Diese Geräte sind etwas aufwändiger; fragen Sie nach in

Reha-Studios, Physiotherapie- und Arzt-Praxen. Vielleichtkönnen Sie eine günstige Schwingplatte erwerben (im In-ternet recherchieren), die Anscha!ung lohnt sich für dieganze Familie: Rücken und Beinmuskulatur werdenebenso trainiert wie der Beckenboden (was im übrigen beiKontinenzproblemen der Blase und des Darmes wesent-lich e"zienter als die übliche Beckenbodengymnastik ist).

• Die Geräte können mit Schwingstäben in Kombination be-nutzt werden (s. Abb. 32).Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie aufrecht stehen(lassen Sie sich wenigstens einmal von einem kompeten-ten Therapeuten korrigieren). Je mehr Sie die Knie beugen,desto mehr Training für die Beinmuskulatur kommt he-raus, je weiter Sie die Füße auseinander platzieren, destogrößer die Schwingamplitude. Je weniger die Knie gebeugtwerden, desto mehr Vibration kommt in der Wirbelsäuleund dem Beckenboden an, aber auch im Kopf, was mögli-cherweise unangenehm und unerwünscht ist.

33 Befreiungsmanöver bei gut-artigem LagerungsschwindelEs handelt sich hier um eine ei-gene, genau definierte Formvon Schwindel, die häufiger di-agnostiziert wird, als sie tat-sächlich vorliegt. Die guteNachricht dabei ist, dass dieÜbungen diesen Schwindelwirklich heilen können und beiandern Schwindelformen ehernützen als schaden.Am häufigsten sind die senk-recht stehenden Bogengängebetro!en, die hier dargestellteÜbung (nach Sémont) ist die fürden rechten hinteren Bogen-gang spezifische (s. S. 13).

Noch ein Hinweis: Die Schwindelambulanz München bieteteinen Film zum Download zum Gleichgewichtstraining an:http://www.schwindelambulanz-muenchen.de/Bilder/vestibu-lar-exercises.swf

In sitzender Ausgangspositionwird der Kopf um 45 Grad zumnicht betro"enen ("gesunden")Ohr gedreht.

Lagerung des Patienten nach rechts, d.h. zum betro"enen Ohrunter Beibehaltung der Kopfposition durch schnelles „Umfallen“.Dabei tritt nach 20 Sekunden Schwindel auf, der nach 45 Sekun-den etwa wieder aufhört. Eine Minute liegen bleiben.

Im nächsten Schritt kippt der Patient, unter Beibehaltung derKopfdrehung, im raschen Schwung zum nicht betro"enen Ohr,wobei nun die Nase nach unten zeigt. Ca. eine Minute liegen blei-ben. Auch hier tritt nach 20 Sekunden Schwindel auf, der nach45 Sekunden wieder aufhört.

Behandlungsfrequenz: Jeweils 3 mal morgens, mittags undabends.Die Lagerungsübungen bzw. Befreiungsmanöver beim Lager-ungsschwindel führen in fast allen Fällen sofort zu einer Linde-rung und innerhalb weniger Tage zur Beschwerdefreiheit.

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Das GleichgewichtssystemDas Gleichgewicht wird durch drei sensorische Komponentengarantiert (Abb. 1):1. Das Gleichgewichtsorgan (Vestibulärorgan)2. Die Propriozeption (Körpereigenwahrnehmung durch Infor-

mationen aus Muskeln und Gelenken).3. Das AugeDas Gefühl von Schwindel entsteht, wenn die Informationen ausden drei Sinnesbereichen nicht übereinstimmen („Mismatch“),ungleichgewichtig sind (z.B. rechtes- und linkes Gleichgewichts-organ) oder die zentrale Verarbeitung in den Hirnzentren feh-lerhaft ist.

GleichgewichtsorganEr besteht aus Urticulus und Sacculus sowie den drei Bogen-gängen (s. Abb. 2)

Wenn bei Schwindel das Gefühl von Schwanken besteht,d.h, Sie nicht das Gefühl haben, sich im Raum zu drehen oderdass der Raum sich um Sie herum dreht, dann ist dies eineWahrnehmung, die von Utriculus bzw. Sacculus des Gleichge-wichtsorgans ausgeht (Lagesinnesorgan in der Abb. 2).Die Rezeptoren (Haarzellen) finden sich dort auf der sog. Maculautriculi parallel zur Schädelbasis angeordnet, an der sog. Ma-cula sacculi vertikal. Die Haarfortsätze der Rezeptoren sind ineine gelatinöse Masse eingebettet, die Kristalle aus Kalzium-

Abb.1: Die Organe bzw. Körperregionen, die an der Gleichge-wichtserhaltung beteiligt sind.

karbonat enthält, die sog. Otolithen („Ohrsteinchen“). Von denHaarzellen werden statische Impulse, die die Lage des Kopfesim Raum vermitteln, zu den Gleichgewichtsnerven (N. vestibu-laris, 8. Hirnnerv) gesandt. Diese Impulse haben direkt Einflussauf den Muskeltonus, besonders der Strecker. Sie geben Ihnenalso das Gefühl für die Schwerkraft und sorgen mit dafür, dassSie ohne bewusste Mühe aufrecht stehen können.Andererseits vermitteln diese Rezeptoren das Gefühl für Line-arbeschleunigung: Horizontal, vertikal und mit schrägen Ach-sen. Wenn Sie mit dem Auto anfahren, und dabei die Augenschließen (als Beifahrer), merken Sie die Anfahrbeschleunigung,ebenso wenn Sie mit dem Aufzug rauf- oder runterfahren.

Wenn bei Schwindel das Gefühl von Drehen besteht,ein Gefühl, sich im Raum zu drehen oder dass der Raum sichum Sie herum dreht, wird dies von den Bogengängen desGleichgewichtsorgans vermittelt (Abb. 2). Die Richtung hängt davon ab, welche Seite betro!en ist und wel-cher der Bogengänge.Die drei Bogengänge haben an ihren Enden jeweils eine Erwei-terung, die Ampulle, in der sich die sog. Cristae ampullaris be-finden, die die Rezeptoren tragen.Diese sind empfindlich für Drehbeschleunigung. Die Flüssigkeitin den Bogengängen (Endolymphe) bleibt bei Kopfrotation ent-sprechend der Trägheit zurück und lenkt damit die Haare derRezeptorzellen aus. Rechtsdrehung des Kopfes führt zu Reizungdes rechten horizontalen Bogenganges, Neigung des Kopfesnach hinten rechts zu einer Reizung des rechten hinteren Bo-gengangs, nach vorn rechts des rechten vorderen Bogengangesund entsprechend für links.

Abb. 2: Gleichgewichtsorgan (mod. aus Sobotta, Elsevier, 2007)

Propriozeptive Kontrolle aus Muskeln und GelenkenPropriozeption heißt Wahrnehmung der Körperposition und – bewegung durch Rezeptoren (Fühler), die die Muskelspannungund – länge sowie die Gelenkstellung registrieren. Die Längen-bzw. Spannungsmesser der Muskulatur sind die Muskelspin-deln. Die Gelenkrezeptoren messen die Winkelgrade der Beu-gung der Gelenke. Diese Rezeptoren finden sich in besondershoher Dichte in den Muskeln und Gelenken der oberen Halswir-

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belsäule (Kopfgelenke), den Füßen und Unterschenkelmuskelnsowie den Kreuz-Darmbein- und Lendenwirbelsäulengelenken(in dieser Reihenfolge). Störungen der Halswirbelsäule könnenzu gerichtetem Schwindel führen (sog. zervikaler Schwindel),ebenso wie Störungen der Fußgelenkmechanik (beide Füßehaben zusammen 52 Knochen). Ein typischer Befund ist eineFallneigung zur Seite einer Fehlfunktion des Würfelbeins desFußes, da diese zu einer Hemmung einer aufsteigenden Mus-kelkette am Bein führt.

Beitrag der AugenVon selbst erklärt sich, dass die Augen mit ihren Informationenüber die örtlichen Gegebenheiten über die Beziehung des Kör-pers zum Raum Daten liefern. Schließen Sie die Augen und dre-hen Sie sich zweimal um die eigenen Achse, um diesesauszuprobieren. Wissen Sie noch genau, wie Sie im Bezug zuIhrer Umgebung im Raum stehen?

Ein typischer Schwindelmechanismus ist der sog. optokineti-sche Schwindel: Dabei kommt es beispielsweise beim Gehendurch die Regalreihen eines Supermarktes zu Schwindel, da dierelative Bewegung der stationären Regale zu eine Bewegungs-illusion führt, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.

Zentrale IntegrationDie Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan, den Körper-sensoren und den Augen (sowie den Ohren) werden in den vierVestibulariskernen, Anhäufungen von Nervenzellen im Hirn-stamm auf beiden Seiten, verarbeitet. Von dort gehen die Infor-mationen aus, die zu reflektorischer Haltungskorrektur undentsprechenden Augenbewegungen führen. Dies ermöglicht,dass die Augen einen Punkt weiter fixieren können, wenn sichder Kopf oder der Körper bewegen. Dadurch können Sie IhreZeitung auch im fahrenden Bus lesen, der Sie durch die Gegendschuckelt. Man spricht von vestibulo-okulären und zerviko-oku-

lären Reflexen, also Steuerung von Augenbewegungen durchImpulse der Gleichgewichtsorgane und der Halswirbelsäule.

Haltungsreaktionen auf Ausfälle des GleichgewichtsorgansAkuter Ausfall des linken horizontalen Bogenganges führt zueiner Überstimulation von Seiten des rechten horizontalen Bo-genganges, welcher einen Nystagmus (Ruckbewegung derAugen) produziert, dessen langsame Phase nach links gerichtetist. Dieser wird der Konvention entsprechend als ein rechts-schlägiger Nystagmus bezeichnet nach der schnellen Rückstell-phase.

Die Wahrnehmung der Körperbewegung ist von der Seite desAusfalls weggerichtet, d.h. im Beispiel fühlt sich der Patientnach rechts rotieren ohne dass dies tatsächlich der Fall wäre.

Die zweite mögliche Beschreibung von Wahrnehmungen beidiesen Patienten ist eine objektivierbare, messbare Destabili-sierung zur Seite des Ausfalls hin. Die damit zusammenhängenden Haltungsreaktionen, die durch die sog. vestibulospi-nalen Reflexe vermittelt sind (s. Abb. 3: Verbindung zwischenGleichgewichtsorgan und Wirbelsäulenmuskulatur), sind übli-cherweise durch eine Falltendenz zur Seite des Ausfalls ge-kennzeichnet.

Haltungsreaktionen durch (Fehl-)Informationen aus der HalswirbelsäuleBei Säulingen kann man beobachten, dass bei Seitneigung desKopfes im Liegen die Arme und Beine auf der Seite der Seitnei-gung gestreckt werden, die der Gegenseite gebeugt. Dieses Ver-halten wird beim Erwachsenen durch höhere Gehirnzentrenübersteuert, es handelt sich um sogenannte „primitive Reflexe“.Im pathologischen Falle kommt es zu einer Fallneigung zurSeite der Minderstimulation aus der Halswirbelsäule (oder ent-gegen der Seite der Überstimulation). Dabei spielen die zervi-kookulären Reflexe eine Rolle.

Informationen ergänzen sich und könnensich gegenseitig ersetzenBlinde sind besonders sensitiv in anderen Sinnesbereichen, wiedem Tastsinn und dem Gehör. Ebenso ist dies im Bereich desGleichgewichts. Vereinfacht dargestellt ist das alles Entschei-dende die Harmonie, die Balance im Bereich der Vestibularis-kerne im Hirnstamm links und rechts. Wenn das linke Gleichgewichtsorgan ausfällt (durch Unfall, Ent-zündung o.ä), kommt es für wenige Wochen wegen des Wegfallseines großen Teils der Informationen in die linken Vestibularis-kerne zu starkem Schwindel. Dieser hört nach ca. 3 Wochen auf,weil das Zentralnervensystem die Vestibulariskerne der gesun-den rechten Seite „herunterfährt“ und damit ein neues Links-Rechts-Gleichgewicht herstellt. Sollte dann das zweiteGleichgewichtsorgan auch noch ausfallen, kommt es erneut zuSchwindel, der dann nach ein paar Wochen wieder aufhört, daein neues Gleichgewicht hergestellt wird. Dann kann sich derMensch immer noch aufrecht halten, und kann auch bei ge-schlossenen Augen stehen, da die Körpersensoren ihn über dieKörperposition im Raum informieren. Er wird aber auf Be-schleunigung im Kreis oder geradeaus nicht mehr so sicherreagieren können, das Zeitungslesen im Bus wird schwerfallen,da die Automatismen fehlen.

Abb. 3: Das Gleichgewichtsorgan hat eine direkte reflektorischeVerbindung zu den Augen und der Wirbelsäulenmuskulatur (Abb.aus (Garten 2004).

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SchwindelursachenIn der Münchener überregionalen Spezialambulanz für Schwin-del waren die häufigsten Diagnosen bei 7205 ausgewerteten Patienten (in absteigender Reihenfolge):1. Benigner (gutartiger) peripherer paroxysmaler (anfallsarti-

ger) Lagerungsschwindel (BPPV) 18,6%2. Phobischer Schwankschwindel 15,6%3. Zentral-vestibuläre Schwindelformen 12,4%4. Basiläre Migräne 10,2%5. Morbus Menière 9,4%6. Neuritis vestibularis 7,4%Au!allend ist dabei, dass eine der häufigsten Schwindelformen,nämlich diejenige mit propriozeptiven (d.h. aus den Muskel- undGelenkrezeptoren des Bewegungssystems stammenden) Ursa-chen nicht gelistet ist. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Andie Liste ist also anzufügen:7. Propriozeptiver Schwindel Wie oben bereits gesagt, ist die normale Funktion der für dieHaltungsreaktionen mitverantwortlichen Regionen des Halses,des Beckens und der Füße für einen sicheren Stand und sichereBewegungen essenziell. Fehlfunktionen des Kauapparates(durch seine funktionelle Koppelung mit den Kopfgelenken) undder Füße spielen dabei eine besondere Rolle.Weiterhin muss Schwindel oder besser Benommenheit durchtoxische Wirkungen aus der In-und Umwelt gelistet werden (Gä-rungs- und Fäulnisprodukte, Umweltgifte):8. Toxisch verursachter Schwindel, welcher genauer als Be-

nommenheit bezeichnet werden sollte.Naturgemäß können wir für beide Formen keine Häufigkeits-zahlen im Sinne obiger Statistik angeben. Ein guter Teil dieserPatienten dürfte in der Gruppe der „phobischen Schwank-schwindel“ diagnostisch falsch untergebracht sein. Patientenmit propriozeptiv oder toxisch verursachten Schwindel mögenin dieser Statistik gar nicht in die Kategorie „Schwindel“ einge-ordnet worden sein, da sie weder ein Schwanken noch ein Dreh-gefühl definitiv bestätigen können, sondern „nur“ ungerichteteGang- und Haltungsunsicherheit.

Peripherer und zentraler SchwindelPropriozeptiver Schwindel, Schwindel durch Störung der Au-genbewegungen (Okulomotorik) und Schwindel durch Störun-gen der Gleichgewichtsorgane inkl. Gleichgewichtsnerv (VIII.Hirnnerv) werden als peripher bezeichnet, denn die Ursacheliegt nicht im Zentralnervensystem. Liegt die Störung im Bereich des Zentralnervensystems, d.h. imBereich des Hirnstamms (Vestibulariskerne, okulomotorischeKerne), im Kleinhirn und manchmal auch im Bereich des Schei-tel- und Schläfenlappens, so spricht man von einer zentralenSchwindelursache.

Propriozeptiver Schwindel (peripher)Wie oben bereits gesagt, ist die normale Funktion der für dieHaltungsreaktionen (zervikookulärer Reflex, zervikokollischerReflex) mitverantwortlichen Regionen des Halses, des Beckensund der Füße für einen sicheren Stand und sichere Bewegungenessenziell.

Besondere Rolle des sog. Kraniomandibulären SystemsLetzteres besteht aus dem Schädel, dem Unterkiefer, der Hals-

wirbelsäule und dem Schultergürtel sowie der alle diese knö-chernen Strukturen verbindenden Muskulatur. Dabei ist die Na-ckenmuskulatur und die vordere Halsmuskulatur, die u.a. aucham Zungenbein ansetzt, von besonderer Bedeutung. Eine Fehl-spannung im Bereich der Zungen- und Mundbodenmuskulaturkann demnach zu Gleichgewichtsproblemen führen. Das Zun-genbein wird zuweilen auch als der „Kreiselkompass“ des Kör-pers bezeichnet. Die Diagnostik ist in diesen Fällen vor allem eine manualmedi-zinische.

TherapieDie Therapie erfolgt mit osteopathisch-chirotherapeutischenMitteln, evtl. kombiniert mit Akupunktur. Es gibt Fälle, in denen der Zahnarzt oder Kieferorthopäde hin-zugezogen werden muss, der mit Hilfe einer Aufbissschieneeine Bisskorrektur durchführt, die zunächst zu einer Umpro-grammierung der Muskulatur führt. Unter Umständen mussdann eine definitive Bisskorrektur durch Überkronungen oderkieferorthopädische Korrekturen erfolgen.

Die besondere Rolle der FüßeNicht nur Neuropathien, d.h. Störungen der Leitung der Infor-mationen aus den Sensoren der Füße und der muskulären Im-pulse führen zu Gang- und Standunsicherheit. Auch funktionelleStörungen wie Blockierungen der Fußgelenke und muskuläreFehlfunktionen der Füße, die in den fehlfunktionierenden Fuß-gelenken selbst oder auch andernorts (z.B. Hals- und Brustwir-belsäulenübergang) ihre Ursache haben können, sind Ursachenhierfür.

TherapieWirbelsäulenstörungen und Fußgelenksstörungen werden ma-nuell (chirotherapeutisch) gelöst. Mit Hilfe propriozeptiver Ein-legesohlen können individuell definierte Regionen der Füßestimuliert werden, die die Mechanik des Fußes ebenso wie dasgesamt Haltungsprogramm verändern können. Diese Einlege-sohlen arbeiten mit spezifisch für Sie platzierten Stimulations-elementen („Sensopads“), die die Rezeptoren derFußmuskulatur stimulieren und dadurch aufsteigend die ge-samte Kette der Haltungsmuskulatur harmonisieren können.

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Abb. 4: Propriozeptiv wirksame Einlegesohlen (www.einlagen-restart.de oder entsprechende andere Modelle

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Lagerungsschwindel (peripher)Diese Sonderform von Schwindel ist gutartig, weil relativ leichtdurch Übungen zu behandeln. Deshalb wird die Diagnose auchrelativ „gerne“ gestellt. Was Sie dazu wissen müssen ist, dassimmer dieselbe Art von Bewegung den Schwindel auslöst (z.B.vom Sitzen seitlich hinlegen). Der Schwindel tritt 10 bis 15 Sekunden nach dem Hinlegen aufund dauert ca. 30 Sekunden an. Das müssen Sie unbedingt wis-sen, denn wenn Sie kurz nachdem der Schwindel angefangenhat aus lauter Angst sich wieder hinsetzen, dann provozierenSie ihn erneut. Jede erneute Bewegung kann dies prinzipiell tun.Versuchen Sie statt über die Seite sich hinzulegen, sich rück-wärts oder die andere Seite hinzulegen. Dies kann klappen,denn Sie stimulieren damit andere Bogengänge. Entscheidendist, dass Sie im Zweifelsfall die 15 Sekunden Schwindel durch-stehen, er hört wieder auf (!), aber nur wenn Sie nicht erneutdie Position wechseln.Überbrücken Sie so die Zeit, bis Sie einen Arzt eine genaue Di-agnose stellen lassen können und sich von ihm Übungen zeigenlassen können, die vermögen, diesen Schwindel zu heilen.

Prüfen Sie selbstSetzen Sie sich auf die Bettkante oder Sofakante. Aus sitzenderPosition legen Sie sich dann mit 45° nach rechts oder links ge-drehtem Kopf zur Seite hin. Liegt der gestörte Vestibulärapparatunten, so treten akuter Schwindel und ein kurzer Nystagmusauf (automatische Augen-Ruckbewegungen). Wenn der Nystagmus nach 10 – 15 Sekunden Verzögerung ein-tritt und ungefähr 30 Sek. dauert und zum nach unten liegendenOhr gerichtet ist (schnelle Phase), dann handelt es sich umeinen benignen Typ einer Lagerungsreaktion.Tritt der Nystagmus sofort auf und hält er solange an wie dieLage beibehalten wird, dann liegt eher eine andere, (wahr-scheinlich) zentrale Störung zugrunde. Dann bleibt die Diagnos-tik ohnehin den Ärzten vorbehalten.

TherapieDie Abb. 35 a-c des Übungsteils, Seite 11 geben Anleitung fürÜbungen, die Sie selbst ausführen können. Sie sind für die häu-figste Form des Lagerungsschwindel beschrieben, der beimHinlegen nach rechts oder links und hinten auftritt. In der Praxiswerden diese für Sie individuell angepasst.

Morbus Menière (peripher)Beim M. Menière besteht ein endolymphatischer Hydrops. Diesbedeutet, dass der Druck der Endolymphe im membranösen La-byrinth des Innenohres erhöht ist. Die Ursache des Hydrops istbisher nicht genau bekannt. Die Menière'sche Krankheit tritt amhäufigsten zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf, kann aberauch jüngere Menschen betre!en. Etwa 0.2% der Bevölkerungleiden wohl an dem Syndrom, auf Grundlage von Fehldiagnosensind aber etwa zehn mal so viele der Au!assung, an dieser Er-krankung zu leiden. Vorausgegangene Virusinfekte, Allergien,Rauchen, Stress, Übermüdung, Alkoholmissbrauch und die Ein-nahme von Aspirin begünstigen möglicherweise das Auftreteneines Menière'schen Syndroms. Akute Episoden des M. Menièretreten meist mit einer Frequenz zwischen 6-11 mal pro Jahrauf, die Zeiten der Symptomfreiheit kann aber auch mehrereMonate oder Jahre betragen. Zwischen den einzelnen Attackensind die meisten Patienten symptomfrei oder haben einen leich-ten Tinnitus (Ohrensausen), bzw. einen leichten Schwindel. Inden meisten Fällen verschwinden die Schwindelattacken ir-gendwann völlig.

30-45% der Patienten berichten eine Aura, die der Attacke umwenige Minuten vorausgeht. Die Aura besteht aus leichterenoder Teilsymptomen der Attacke mit Tinnitus, Hörminderung,Ohrdruck oder Völlegefühl im Ohr. Bei den meisten Patiententreten diese Symptome anfangs nur einseitig auf. Nach der kur-zen Aura tritt dann das Vollbild der Attacke mit heftigen Symp-tomen auf. Bei ca. 3% der Patienten ist Tinnitus das ersteSymptom einer beginnenden oder drohenden Attacke, bei ca.42% der Hörverlust, bei ca. ca. 11% der Drehschwindel, bei denübrigen etwa 44% tritt der Schwindel und der Hörverlust gleich-zeitig auf. Meistens kommt es zum plötzlich einsetzenden Ohr-druck mit Hörminderung, Ohrgeräusch (Tinnitus) sowie einemheftigen Drehschwindel (der Betro!ene sieht die Umgebungsich Drehen) mit Übelkeit, Schweißausbruch und Erbrechen.Diese Beschwerden klingen über Minuten bis Stunden langsamab. Leichtere Gleichgewichtsstörungen können mehrere Tagenach der Attacke anhalten.

TherapieTraditionell wird Betahistin, das in Vasomotal® oder in Aequamen®enthalten ist, verordnet. Die moderne medikamentöse Therapiesetzt auf ganz bestimmte wassertreibende Mittel, die im Ohr wir-ken und auch auf den gezielten und kurzzeitigen Einsatz von Cor-tison. Daneben kommen operative Verfahren in Frage.Die Auslösung von Menière-Attacken kann wahrscheinlichdurch eine Reduzierung der Stressoren in den übrigen Syste-men, d.h. eine Optimierung der Halswirbelsäulenfunktion unddes visuellen Systems, sowie vor allem eine Beseitigung toxi-scher Belastungen vermindert werden.

Neuritis vestibularis (peripher)Der akute Labyrinthausfall tritt durch plötzlichen Schwindel undÜbelkeit mit Erbrechen in Erscheinung. Die Bezeichnung alsNeuritis rührt aus der Annahme her, dass ein entzündlicher Pro-zess des Gleichgewichtsnervs (Nervus vestibularis, Abb. 2)) dieUrsache sei, z.B. durch eine Virusinfektion oder -reaktivierung.Dies konnte bisher nicht zweifelsfrei belegt werden. Ebensowenig konnte bisher die Annahme einer Durchblutungsstörungausreichend geklärt werden. Die Betro!enen haben schwerem Drehschwindel und habeneine Fallneigung beim Sitzen, Stehen oder Gehen in Richtungder erkrankten Seite. Einher geht dies mit Übelkeit und Erbre-chen. Diagnostisch lässt sich ein horizontal rotierender Spon-tannystagmus mit der schnellen Komponente zum gesundenOhr hin beobachten. Es kommt zuweilen eine Lagerungskomponente vor.Die Prognose ist gut, nach ca. 3 Wochen hat sich auch bei mög-licherweise bleibendem Ausfall eines Gleichgewichtsorgans einneues Gleichgewicht eingestellt und der Patienten ist beschwer-defrei. Meist bleibt ein Funktionsungleichgewicht beider Seitenzurück, welches vom Zentralnervensystem ausgeglichen wird.Erst bei erneuter Neuritis der einen oder der anderen Seitewürde wieder Schwindel auftreten.

Di!erenzialdiagnose SchlaganfallBei einem Schlaganfall oder anderen Ursachen im Zentralner-vensystem findet sich zwar oft auch ein Spontannystagmus,dieser ist aber im Gegensatz zur Neuritis vestibularis meistnicht rein horizontal, sondern hat vertikale oder rotatorischeKomponenten und ändert seine Richtung in der Regel je nachBlickrichtung, was ebenfalls bei der Neuritis vestibularis nichtder Fall ist.

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TherapieSymptomatisch Schwindelmittel (z.B. Vomex A®) für max. dreiTage. Gegen die Schwellung des Nerven kann Cortison, z.B. Me-thylprednisolon 100 mg pro Tag angewandt werden. Sinnvollsind Mittel, die die Fließeigenschaften des Blutes verbessernwie HAES® oder Rheomakrodex®.

Die Kompensation und zentrale Anpassung kann durch Lage-rungstraining und Rotationsübungen und andere physiothera-peutische Rehabilitationsmaßnahmen nach Anleitung desArztes beschleunigt werden.

Phobischer Schwankschwindel (nicht organisch zentral)Er ist einer der häufigsten Schwindelformen, im mittleren Alterdie häufigste und gleichzeitig die Form, die am schlechtestendiagnostiziert wird (per Ausschlussdiagnose). Im Vordergrundstehen ungerichteter oder Schwankschwindel und subjektiveStand-/Gangunsicherheit, Sturzangst ohne Sturz, oft ausgelöstdurch typische Situationen, begleitet von Angst und vegetativenMissempfindungen. Bei leichtem Alkoholkonsum kann es beimanchen Patienten besser werden. Diese Schwindelform kannsich bei Patienten mit Angststörungen und entsprechend prä-disponierten Personen entwickeln, wenn einmal eine Schwin-delerfahrung gemacht wurde. Die Ursache ist dabei unerheblichund kann von einer Lebensmittelvergiftung über eine Halswir-belsäulenstörung bis zu einer tatsächlichen Erkrankung derGleichgewichtsorgans reichen.

Die Betro!enen entwickeln häufig ein Vermeidungsverhalten, einmöglicher Mechanismus ist eine bewusste Übersteuerung vonautomatisierten, natürlichen Haltungsreaktionen, die dann demerwähnten Missmatch bei der zentralen Verarbeitung führen.

Die neurologischen Untersuchungen sind dabei normal oder an-nähernd normal (kalorische Testung, Lagerungsversuch, opto-kinetische Testung, Posturographie), was zuweilen die Diagnoseschulmedizinisch zu leicht stellen lässt.

Di!erenzialdiagnostisch muss betrachtet werden, ob Sie einepropriozeptive Ursache (Kauapparat, Halswirbelsäule, Füße sinddie häufigsten) oder aber eine toxische Ursache haben. Hierzuzählen eine Darmfehlbesiedelung, die zur Bildung giftiger Fäul-nis- und Gärungsprodukte führt, und Belastungen mit Schwer-metallen oder chemischen Schadsto!en.

TherapieWenn Sie als Betro!ene(r) könnten, würden Sie den Versuch,Ihre angeborenen und erlernten Haltungsreaktionen zu kontrol-lieren, unterlassen. Die Aufgabe Ihrer Ärzte ist es, den Mechanismus zu für Sie zuklären und Ihnen das Vertrauen zu Ihrem „inneren Mentor“ wie-der zu geben, wenn sie gefunden haben, dass Sie wirklich keineder weiter oben genannten organischen Ursachen aufweisen. Die Patienten sollten die für sie Schwindel auslösenden Situa-tionen nicht meiden, sondern suchen. Gleichzeitig hat sich regelmäßiger leichter Sport und spezifisches Gleichgewichts-training (mit und ohne technische Hilfen, s. die Anfangsseitendieser Broschüre) als hilfreich erwiesen, um den Betro!enenwieder Vertrauen zum eigenen Gleichgewicht zu geben.

Zentrale Schwindelformen Schlaganfall Dreh- oder Schwankschwindel mit oder ohne Übelkeit unter-schiedlicher Dauer treten meist mit Begleitsymptomen wie Dop-pelbilder, Missempfindungen um den Mund, Gesichtslähmung,Schluck-, Sprechstörungen, Sensibilitätsstörungen an Armenund Beinen, Lähmungen und Gangunsicherheit auf.

Vestibuläre MigräneHier steht nicht wie bei der klassischen Migräne der Schmerzim Vordergrund sondern der Schwindel. Ursache ist eine anfall-sartige Durchblutungsstörung im Bereich des Hirnstamms.Kennzeichnend sind Drehschwindel- oder Schwankschwindel-attacken von Minuten bis Stunden. In zwei Drittel der Fälle sindsie von Kopfschmerzen begleitet.Im Intervall kommen leichte zentrale Augenbewegungsstörun-gen vor.

TherapieWie bei anderen Migräneformen muss die Gefäßregulation nor-malisiert werden. Dazu sind manualmedizinische (chirothera-peutische, osteopathische, atlastherapeutische) Maßnahmenangezeigt, ebenso wie solche zur Optimierung der Zellenergie-versorgung (Beseitigung nitrosativen Stresses) und Maß-nahmen der Entgiftung (Darmfehlbesiedelungen, Nahrungsmit-telunverträglichkeiten, Schwermetallbelastungen und chemischtoxische Belastungen).

Anamnestische Daten bei Schwindel Qualität, Verlauf, Modalitäten Anhand der unten aufgeführten Tabelle können Sie eine gewisse Vordiagnose tre!en, welcher Art Ihre Gleichgewichtsstörung ist,wir stellen dann eine genaue Diagnose.

Qualität

Gleichgewichtsstörung in Ruhe?

Störungen des Gleichgewichtsorgans (inkl. Gleichgewichtsnerv) oder zentral (Hirnstamm) wahr-scheinlich, durch Augenstörungen möglich (Oszillopsie, eine Erkrankung mit Augenspontanbe-wegungen).

Gleichgewichtsstörung vermehrt bei geschlossenen Augen?

Bestätigt vestibulären (Gleichgewichtsorgan inkl. Nerv) oder propriozeptiven (Haltungssystem) Schwindel, schließt Ursache des Sehsystems relativ aus.

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Drehen Sie sich, wenn Sie ruhig sitzen oder stehen oder dreht sich Ihre Um-gebung?

In welche Richtung?Immer in dieselbe Richtung?

Die Umwelt dreht sich subjektiv weg vom gestörten Gleichgewichtsorgan (die Augen drehen sich hin zum gestörten Gleichgewichtsorgan), der Patient dreht sich subjektiv hin zum gestörten Gleichgewichtsorgan.

Fallneigung hin zum gestörten Gleichgewichtsorgan.

Gleichgewichtsstörung wenn Sie sich bewegen?

Besonders bei Drehungen, weniger beim Gehen, Laufen: Alte oder subakute vestibuläre Stö-rung (Gleichgewichtsorgan inkl. Nerv), zentral (Hirnstamm) möglich.Beim Geradeausgehen aber auch beim Drehen: Möglicher propriozeptiver Schwindel (von der Halswirbelsäule und dem Kauapparat über die Lendenwirbelsäule bis zu den Füßen), s. unten: Fallneigung zu einer Seite, bevorzugte Straßenseite.Bei Lagewechsel: Gutartiger Lagerungsschwindel: Wird immer durch dieselbe Bewegung, z.B. seitlich nach hinten hinlegen, ausgelöst. Beginnt nach ca. 15 Sekunden und hört nach weiteren ca. 30 Sekunden auf, wenn Sie den Mut haben, in derselben Position zu verharren.

Auf welcher Seite der Straße gehen Sie lieber?

Fallneigung zur Seite des schwachen Gleichgewichtsorgans. Dysbalance vestibulärer Integrati-on mit Schwäche bzw. Minderstimulation vestibulärer, propriozeptiver und visueller Qualität auf der Seite der Fallneigung. Ein blockiertes Fußgelenk, welches zu Muskelhemmung des Beines führen kann, kann ebenso wie andere mechanische Störungen die Ursache sein.

Haben Sie Schwindel, wenn Sie in Gängen im Supermarkt gehen?

Optokinetische Stimulation (wie beim Blick aus dem Eisenbahnfenster) z.B. aber auch bei vermehrter Abhängigkeit von visuellen Eindrücken bei vestibulärer Störung

Beim Aufstehen aus dem Liegen oder Sitzen

Orthostatischer Schwindel: Fehlerhafte Anpassung des Blutdrucks an die aufrechte Körperposi-tion. Häufi g bei Blutdruckmedikamenten, aber auch anderen Medikamenten.

Zeitlicher Verlauf

Beginn plötzlich peripher (Gleichgewichtsorgan)

allmählich zentral

Latenz 12-15 sec. nach Positionswechsel (Hinlegen, vom Liegen wieder hinsetzen)

Gutartiger Lagerungsschwindel (BPPV)

Dauer 15 bis 45sec. nach Hinlegen oder Hinsetzen (kann subjektiv wie über Stunden oder Tage empfunden werden)

Gutartiger Lagerungsschwindel(BPPV)

weniger als 1 Minute nach Hinstellen orthostatische Reaktion (Blutdruckfehlregulation, besonders auch durch Medikamente)

mehrere Minuten periphere vestibuläre Störungenpassagäre ischämische Attacken (Durchblutungsstörung)Migräne

Stunden mit allmählichem Nachlassen Menière (Hydrops), Labyrinthitis, Neuritislänger als 24 Std. ohne NachlassenZNS-Erkrankung, psychiatrische Erkrankung

Häufi gkeit Immer wieder Gutartiger Lagerungsschwindel

Modalitäten

Auftreten oder Verschlechterung durch Veränderung der Kopfposition oder mit geschlossenen Augen

periphere Störung

nur im Stehen orthostatische Dysregulationpropriozeptive Störung

nur im Gehen kompensierte vestibuläre Störungorthopädische (propriozeptive Störung)

völlig unabhängig von der Position zentrale Störung

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UntersuchungstechnikenPosturographische UntersuchungVerschiedene Messsysteme ermöglichen neben der Registrie-rung der Standstabilität (des Schwankens), auch Aufzeichnun-gen der Fußmechanik beim Stehen und Gehen.Besonders bei der Diagnostik von propriozeptivem und zervi-kalen Schwindel ist dies von Nutzen.Romberg-Versuch (Stand)

Der Stehversuch mitgeschlossenen Augenwird auf harter undauf weicher Unterlagedurchgeführt sowiemit Kopfpositionenwie Links-rechts-Ro-tation, Beugung-Stre-ckung sowieSeitneigung. Dies gibt Auskunftüber die vor allempropriozeptiv gesteu-erte Haltungsstabili-tät.

Kalorische PrüfungEs werden standardisierte Temperaturen (per Thermostat) ver-wendet: 30° Celsius für die Kalt-Prüfung, 44° Celsius für dieWarm-Prüfung. Sie liegen auf der Liege mit 30 Grad angehobe-nem Kopf, was den horizontalen Bogengang senkrecht stellt. Eswerden bis zu 250 ml Wasser in 40 Sekunden in den Gehörganggespült.Sie tragen während der Untersuchung eine Video-Okulographie-Brille, sodass die Nystagmusbewegungen genau aufgezeichnetwerden können. Dies ist für eine genaue Diagnostik, die die An-sprechbarkeit der beiden Gleichgewichtsorgane prüft, von Be-deutung. Die normale Nystagmusdauer beträgt 2 Minuten +/-15 Sekunden. Dies wird als relativ unangenehm empfunden, daes mit Schwindelgefühl einhergeht. Andererseits kann die kalorische Nystagmusprüfung das(akute) Ungleichgewicht ausgleichen und den Schwindel besei-tigen, wenn die Ursache von Schwindel eine (akute) Dysbalancevon Kleinhirn oder Gleichgewichtsorgan ist. Dies gibt dann di-rekten Hinweis auf die therapeutische Maßnahme. Diese kann in Rotationsübungen bestehen aber auch z.B. in chi-rotherapeutischen Maßnahmen, denn man kann das Gleichge-wicht der Vestibulariskerne u.a. mit Impulsen aus dem Bereichder Wirbelsäule beeinflussen (s. Abb. 3).Die kalorische Prüfung kann mehr und mehr durch den sog.Kopf-Impuls-Test (KIT, Head Impuls Test, HIT, Halmagyi-Curt-hoys-Test, s.o.) ersetzt werden, denn dieser ist weniger belas-tend.

Abb. 5: Posturographi-sche Untersuchung

Video-Okulographie (VOG)Video-Okulographie ist eine Methodik, mit der die Augenbewe-gung bei Lageänderung, Temperaturstimulation sowie bei opti-scher Stimulationen aufgezeichnet wird. Dies lässt Schlüsse zuüber die Funktion des Gleichgewichtsorgans, des Kleinhirns, be-stimmter Hirnstammabschnitte und Großhirnareale.

Halmagyi-Curtoys Test (Head impuls test, HIT, Kopf-Impuls-Test KIT)Er beinhaltet eine schnelle, passive Rotation des Kopfes des Pa-tienten, während dieser ein Objekt fixiert:Im pathologischen Fall kommt es zu einer Korrektursakkade beiDrehung zur Seite der Störung des horizontalen Bogengangs.

Abb. 6: Kopfimpuls-Test mit Video-OkulographieAbb. 7: Kalorischer Nystagmus, Augenbewegungen und Tonus-veränderung der Halswirbelsäulenmuskeln (aus Garten, 2004)

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Positionierungsversuche bei gutartigem LagerungsschwindelSie werden in den Ebenen der einzelnen Bogengänge bewegt,was bei Lagerungsschwindel einen Nystagmus und Schwindelauslöst, die nach ca. 15 sek. eintreten und nach maximal 45 sek.wieder aufhören. Das Ziel ist die Diagnose des betro!enen Bo-gengangs und die Ableitung spezifischer Übungen für diesen.

Stirnlappens, des Kleinhirns und den Brücken-Kernen. Genera-lisierte Kleinhirn-Erkrankungen oder Vergiftungen mit Medika-menten im Alter führen zu sakkadierter („ruckeliger“) Blickfolge.

SakkadenSakkaden sind Blickrichtungsbewegungen, welche mit hohenWinkelgeschwindigkeiten durchgeführt werden. Der Reiz ist einBild auf der peripheren Retina des Auges, welches willkürlichoder reflektorisch fixiert wird. Damit wird es auf die Fovea cen-tralis, die Stelle schärfsten Sehens, gebracht. Kriterien für dieGüte der Sakkaden sind die Latenz vom Zeitpunkt der Reizset-zung bis zur Fixierung, die Geschwindigkeit der Blickrichtungs-bewegung und die Präzision (Metrik).Abnormale Sakkadengeschwindigkeiten, besonders verlang-samte, werden besonders augenscheinlich, wenn der Patientgezwungen wird, viele, repetitive Sakkaden zu machen (optoki-netischer Versuch) um ein vorbeiziehendes Objekt neu zu fixie-ren (s.u.). Bei Abweichung muss die Lokalisation der Störung der sakka-dischen Augenbewegung gefunden werden.• Verlangsamte Auslösung, verlangsamte Geschwindigkeit0 Frühes Parkinson-Zeichen und Parkinson-ähnliche Bewe-

gungsstörungen0 Medikamente (Antidepressiva, Tranquillanzien, Antikonvul-

siva).• Hypermetrische (überschießende) Sakkaden0 Schwäche des Kleinhirns in Bewegungsrichtung

• Hypometrische (zu kurz greifende) Sakkaden0 Formatio reticularis der Brücke, Frontalhirn, Kleinhirn

Optokinetische Testung (OKT)Es wird prinzipiell der Eisenbahnnystagmus ausgelöst, den Siebeim Blick aus dem Fenster des fahrenden Zuges erleben. Fol-gebewegung und Rückstellsakkade folgen aufeinander inschneller Folge.Die Befunde, die dabei zu erheben sind, betre!en Zentren desGroß- und Kleinhirns sowie des Hirnstammes.Verlust der vertikalen Sakkaden ist ein sensibles Zeichen fürFrontallappen-Degeneration (Stirnlappen) bei Progressiver su-pranukleärer Blickparese (Parkinson-ähnliche schwere dege-nerative Erkrankung), aber auch bei Parkinson und andernBewegungsstörungen.

Abb. 8: Positionierungsversuch bei gutartigem Lagerungs-schwindel

Okulomotorische Prüfungen (Augenbewegungen)Die okulomotorischen Tests spielen bei der Schwindeldiagnostikeine große Rolle. Da höhere Zentren (Großhirn) für die Okulo-motorik relevant sind, spielt die optokinetische Testung jedochauch bei der Diagnostik kognitiver Störungen (Demenz, Lern-störungen, Verhaltensstörungen wie ADS, ADHS, Asperger, Au-tismus) und bei neurodegenerativen Erkrankungen wieParkinson und parkinsonartigen Erkrankungen eine ausge-prägte Rolle.

FolgebewegungenFolgebewegungen sollten harmonisch (glatt) sein. Dies ist ab-hängig von der Funktion des Scheitellappens, aber auch des

Abb. 9: Aufzeichnung der Folgebewegung Abb. 10: Vertikale Optokinese-Prüfung mit Video-Okulographie.

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TherapieDie Therapie besteht in Maßnahmen, die in der Praxis des Arztesdurchgeführt wird, ebenso wie in einem Übungsprogramm inder physiotherapeutischen Praxis und möglichst auch zu Hause.

Maßnahmen in der PraxisMedikamentöse TherapieHierzu wurde bei der Besprechung der Schwindelformen etwasgesagt. Daneben kommt homöopathische oder orthomolekulareTherapie in Frage.

Chirotherapie, Osteopathie, Atlastherapie, AkupunkturNotwendig ist die Behandlung sämtlicher Fehlfunktionen derWirbelsäule, speziell der Kopfgelenke mittels chirotherapeuti-scher und osteopathischer Techniken sowie Atlastherapie nachArlen. Dies erfolgt nach funktionell neurologischen Gesichts-punkten, geprüft mittels manualmediziischer Untersuchung,neuromuskulärem funktionellen Assessments und evtl. Profes-sional Applied Kinesiology. Das Ziel ist die normale Funktion desMesssystems in Muskulatur und Gelenken sowie eine Tonisie-rung der Muskulatur, um gezielt die Gleichgewichts-Informatio-nen aus der Muskulatur zu verbessern und quantitativ zuerhöhen, um bei etwaigen vestibulären Verlusten kompensato-risch wirken zu können.In diesem Sinne kann auch Akupunktur hilfreich sein.

Spiraldynamik und andere Haltungsschulende MethodenSpiraldynamik ist eine physiotherapeutische Methode, welcheaufrichtend arbeitet und gezielt das Haltungsbewusstsein ver-bessert.

Trainingsprogramm zu Hause und in der physiotherapeuti-schen PraxisAm Anfang dieser Broschüre finden Sie ein Übungsprogramm,welches speziell für die Behandlung von Schwindel und die Vor-beugung von Stürzen zusammengestellt ist. Unabhängig davonsind körperliche, koordinative Übungen essenziell für die Erhal-tung der geistigen Funktion.Nicht nur bei älteren Menschen sind körperliche Übungen hier-für noch besser geeignet, als „Hirntraining“, „Hirnjogging“ (Sudoku, Kreuzworträtsel und die verschiedenen Hirntrainings-angebote des Internets). Das Kind lernt Denken mit Bewegungund der alternde Mensch sollte das Denken durch Bewegungs-mangel nicht verlernen.Sturzprophylaxe und Schwindeltraining sind also auch Traininggeistiger Frische!

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Literatur (Auswahl)1. Brandt, T. (2000). Vertigo, its Multisensory Syndromes. Lon-

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3. Garten, H. (2004). Applied Kinesiology: Muskelfunktion, Dys-funktion, Therapie. München, Urban und Fischer.

4. Garten, H. and G. Weiss (2007). Systemische Störungen - Pro-blemfälle lösen mit Applied Kinesiology. München, Urban und Fi-scher.

5. Hülse, M., W. L. Neuhuber, et al. (1998). Der kranio-zervikaleÜbergang. Berlin, Springer.

6. Hülse, M., N. WL., et al. (2005). Die obere Halswirbelsäule.Berlin, Springer Iwasaki, S., K. Ito, et al. (2004). "Prediction ofcanal paresis using head-shaking nystagmus test." Acta Oto-laryngol 124(7): 803-806.

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Kleine Materialkunde für dashäusliche TrainingWas ist empfehlenswert, anzuscha!en? Sicher kommt es da-rauf an, wieviel Sie investieren können und wollen. Hier isteine Liste, die ungefähr nach Prioritäten geordnet ist.1. Gymnastikmatte 180 x 100 cm, ca. 40 Euro (z.B. Sport

Thieme)

2. Gymnastikball 65 cm ø, ca. 20 Euro (z.B. Sport Thieme)

3. Balancierkreisel, Therapiekreisel mit Antirutsch-Unterlage,ca. 30 Euro (z.B. Sport Thieme)

4. Schaumsto!matte 50x50 cm, 6-10 cm dick, festes Material(RG40); Schaumsto"aden (ca. 12 -25 Euro) oder die Stan-dard-Airex®-Matte, ca. 50 Euro (z.B. Sport Thieme)

5. Balancierholz 2m lang, 10 cm breit, 3 cm hoch. Baumarkt

6. Schwingstab: Artzt Vitality Bioswing Koordinationstrainer,150 cm, ca. 150 Euro oder Flexibar Sport (ca. 90 Euro), z.B.Sport Thieme.

7. Schwingplatte (Powerplate, Vibra Plate, Skandika, Powrxu.v.a) ab ca. 500 Euro, suchen Sie im Internet, z.B. bei Ama-zon.de und achten Sie unbedingt darauf, dass ein links-rechts-alternierender Hub geboten wird. Wenn zusätzlicheine senkrechtes Auf-und-ab drin ist, ist das natürlich nichtvon Schaden sondern erhöht die Anwendungsflexibilität.

Sport-Thieme: http://www.sport-thieme.de und Telefon: +49-5357-18181Amazon: http://www.amazon.de, kein Telefon

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VKM - Verlag für Kybernetische Medizin, www.applied-kinesiolog.org

Therapie bei Schwindel, SturzprophylaxeDer Begriff „Schwindel“ wird von Betroffenen für alle möglichen Sensationen von Benommenheit,Standunsicherheit, Gangunsicherheit bis zu echtem Schwindel gebraucht, der sich als Dreh- oderSchwankschwindel äußert. Dieser Text soll Sie etwas genauer über die Hintergründe und Ursacheninformieren und therapeutische Maßnahmen erklären.

Epidemiologisch und sozialmedizinisch spielt diese Störung eine wichtige Rolle, Sturzprophylaxe wirdbei zunehmendem Altersdurchschnitt der Bevölkerung immer bedeutsamer. Bei Stürzen erlitteneFrakturen können bei älteren Menschen invalidisieren oder gar tödlich ausgehen.Wir stellen die Anleitung zu den Übungen, die wir Ihnen zur Sturz- und Schwindelprophylaxe sowie –therapie empfehlen, voran. Bei Interesse können Sie die Hintergrundinformationen zum ThemaSchwindel auf den darauf folgenden Seiten lesen. Am Ende der Broschüre finden Sie eine Beschrei-bung von einfachen und nützlichen Trainingsgeräten.

Dr. med. Hans Garten führt die Zusatzbezeichnungen Akupunktur, Chirotherapie, Naturheilverfahren.Er ist Diplomate des International Board of Applied Kinesiology, Diplomate des American ChiropracticNeurology Board (rehabilitative Neurologie, DACNB) und Fellow des American College of FunctionalNeurology (FACFN) sowie Diplomate in Osteopathy (DAAO).