Eine Hochschule im Aufbruch · und bewirtschaftet diese in eigener Verantwortung, • eine Vielzahl...

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- VON BRITTA MERSCH 33 000 Studierende, über 500 Professoren, 2200 wissenschaftli- che Mitarbeiter: Die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main gehört zu den zehn größten Hochschulen Deutschlands. In Rankings ergat- tert die Hochschule am Main Spitzenplätze am laufenden Band. Die Betriebswirtschaftler und Volkswirtschaftler schneiden in einem aktuellen Wirtschafts- ranking als beste staatliche Universität ab. „Eine klare Be- stätigung des von uns eingeschla- genen Weges“, sagt Rainer Klump, Dekan der wirtschaftswissen- schaftlichen Fakultät, und ver- weist auf die Bachelor- und Master-Reform, die an der Universität in vollem Gange ist. Neben einer ausgeprägten Forschungsorientierung habe sich vor allem die Betreuungssituation der Studenten verbessert. Zudem profitieren die Studiengänge von einer starken Anbindung an zahl- reiche Unternehmen in der Region. House of Finance Die Wirtschaftswissenschaften sind auf dem Campus Bocken- heim angesiedelt – der größte Standort der Universität und einer mit Tradition: Hier wurde die Universität einst gegründet. Trotz- dem soll dieser Campus in den kommenden Jahren schrittweise aufgegeben werden. Die juristi- schen und wirtschaftswissen- schaftlichen Fächer ziehen noch in diesem Jahr, die Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften sowie die Geographen und Psychologen 2011 zum Campus Westend. Im alten I.G.-Farben- Haus mit seinen sechs Flügeln fin- den sich schon jetzt die meisten Geisteswissenschaftler der Uni- versität. Das Gebäude soll künftig das Zentrum der Universität bil- den. Daneben entsteht auf dem Campus Westend das „House of Finance“. Der neue Bau wird im Bereich der Finanzwirtschaft inter- disziplinäre Forschung und Lehre miteinander vereinen. Rund 23 Millionen Euro stellt das Land für den Bau bereit. Sie stammen aus dem HEUREKA-Hochschulbaupro- gramm, bei dem Hessen rund drei Milliarden Euro für seine Hoch- schulen zur Verfügung stellt. In den nächsten Jahren sollen insgesamt noch rund 600 Millionen Euro in die Infrastruktur der Frankfurter Universität fließen – ein riesiges Programm, das ein Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro umfasst. Im House of Finance werden mehr als 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Rechts- und Wirtschaftswissen- schaften arbeiten. Hier werden wissenschaftliche Renommierein- richtungen wie das Center for Financial Stu- dies, das Insti- tute for Law and Finance, das E-Finance-Lab und das von der Bundesbank-Stiftung „Geld und Währung“ finanzierte Institut für Geld- und Finanz- stabilität unter einem Dach ver- eint. „Diese universitäre Ein- richtung soll zu einem der führen- den europäischen Zentren im Bereich der Finanzwirtschaft wer- den“, lobt Hessens Wissenschafts- minister Udo Corts das Vorhaben. Universitätspräsident Rudolf Steinberg sieht in dem House of Finance ein „einmaliges Leucht- turmprojekt mit großen Chancen für Universität, Politik und Gesellschaft“. Zahlreiche Persön- lichkeiten aus Politik, Finanz- wirtschaft und Hochschule bilden das Kuratorium der neuen Einrichtung. Zu ihnen zählen Bundesfinanzminister Peer Stein- brück, Bundesbankpräsident Axel Weber und der hessische Ministerpräsident Roland Koch – selbst Absolvent der Frankfurter Universität. Direktor des House of Finance ist der Finanzexperte Paul Bernd Spahn. Campus Riedberg Eine solche Aufbruchstimmung gibt es auch auf dem Campus Riedberg. Alle naturwissenschaftli- chen Institute werden sich hier in Zukunft ansiedeln. Die Ein- richtungen sind dort in guter Gesellschaft: In unmittelbarer Nähe liegen das Max-Planck- Institut für Biophysik, das Frankfurter Innovationszentrum Biotechnologie (FIZ) sowie das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS). Der Neubau für das Max-Planck-Institut für Hirnforschung ist in Planung. Gemeinsam bilden sie auf dem Campus Riedberg eine eigene „Science City“ mit mehr als 110 000 m 2 Fläche für Büros und Labore. Eine Entwicklung, von der auch das direkte Umfeld profitiert. Ende 2008/Anfang 2009 soll im Riedberger Stadtzentrum ein neuer Platz mit Einkaufs- möglichkeiten, Cafés und Arzt- praxen entstehen. Neben der Umstrukturierung der Standorte verfolgt die Universität zeitgleich ein zweites ambitionier- tes Projekt. Die Umwandlung der Hochschule zur Stiftungsuni- versität ist die größte Reform der vergangenen 50 Jahre. „Neben dem Hochschulentwicklungsplan hilft uns die Stiftung, unsere Spitzenstellung in den kommen- den Jahren weiter auszubauen“, sagt Rudolf Steinberg. Rückendeckung bekommt die Universität dabei vom Land Hessen. Neben einem Grund- betrag von 20 Millionen Euro erhält die Universität nach dem so - genannten Matching-Fund-Prin- zip zusätzliche Mittel von bis zu 50 Millionen Euro. Zusammen mit 15 Millionen Euro, die die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth als Beitrag der Stadt angekündigt hat, und 32 Millionen Euro der Kassel- Stiftung startet die Stiftungs- universität mit einem beachtli- chen Kapital. Mit den Erträgen dieses Vermögens kann die Hochschule Forschung und Lehre gezielt fördern. Erfahrung mit Stiftern Dabei hat die Universität mit Stiftern bereits viele Erfahrungen gesammelt. Ein Beispiel sind die Stiftungslehrstühle, von denen es in Frankfurt mittlerweile knapp 30 gibt – mehr als an jeder ande- ren deutschen Hochschule. Eine der jüngsten dieser Einrichtungen ist der Lehrstuhl der Messe Frankfurt. Zum 100. Jahrestag der Neuorganisation des Frankfurter Messewesens stiftete sie der Universität einen mit mehr als drei Millionen Euro dotierten Lehrstuhl für internationale Wirtschaftspolitik. Dieser soll die internationale Messewirtschaft stärker mit der akademischen Forschung vernetzen. „Wenn das Marketinginstrument Messe erfolgreich bleiben soll, muss es für einen adäquaten Führungs- nachwuchs sorgen“, sagt Michael von Zitzewitz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Frankfurt GmbH. Viele Unternehmen haben an der Universität Frankfurt bereits Stiftungsprofessuren eingerichtet, darunter die Dresdner Bank im Bereich Wirtschaftsrecht, die Degussa für Organische Synthetik oder die Aventis Foundation mit ihrer Stiftungsprofessur für chemi- sche Biologie. „Die Unternehmen nutzen die Möglichkeit, unsere Fachbereiche wissenschaftlich zu ergänzen“, sagt Rudolf Steinberg, „sie sind Ausdruck der Verbunden- heit mit der Hochschule.“ Aber Stiftungsprofessuren kommen auch von Privaten wie der Ehrensenatorin Johanna Quandt, die eine Professur für die Grundlagenforschung im Bereich der Lebenswissenschaften am FIAS stiftete. So ist derzeit an der Universität Frankfurt vieles in Bewegung – und ganz nebenbei glänzt die Hochschule noch in anderen Bereichen. In der Exzellenz- initiative, bei der Bund und Länder insgesamt bis zu zwei Milliarden Euro für die deutsche Spitzen- forschung zur Verfügung stellen, konnte die Universität gut abschneiden. Rund 103 Millionen Euro kann die Hochschule hier in den kommenden fünf Jahren für sich verbuchen. Sie verteilen sich auf je ein Exzellenz-Cluster in der Medizin, den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften. „Es ist uns also auch hier gelungen, unser Forschungsprofil deutlich zu verbessern“, sagt der für For- schung zuständige Vizepräsident Werner Müller-Esterl – selber Sprecher des naturwissenschaftli- chen Clusters. Insgesamt bietet die Universität den Wissenschaftlern also einen guten Nährboden – und das hat in Frankfurt schon Tradition. Seit ihrer Gründung hat die Hoch- schule bereits sechs Nobel- preisträger und neun Leibniz- Preisträger hervorgebracht. Ein zehnter – der Historiker Bernhard Jussen – hat gerade einen Ruf an die Goethe-Universität an- genommen. UNIVERSITÄT Stiftungsuniversität Mehr Freiheit bei allen akademischen Entscheidungen, bessere Chancen im Wettbewerb um kluge Forscher und groß- zügige Mäzene, ein neues Wir-Gefühl – der Wandel zur Stiftungshochschule ist für die Universität gleichermaßen eine Rückkehr zu den Wurzeln und ein Aufbruch in neue Zeiten. Seite 2 Exzellenz Frankfurter Forscher sorgen mit ihren Ergebnissen regelmäßig für Aufsehen. Dass an der Goethe-Universität herausragende Wissenschaft betrieben wird, hat jetzt auch der Exzellenz-Wettbewerb des Bundes und der Länder bestätigt. Mehr als 100 Mio. Euro fließen an den Main. Als er nach mehrjährigem Auslands- aufenthalt das Angebot bekam, an die Universität Frankfurt zu wech- seln, musste der Biochemiker Alexander Gottschalk nicht lange überlegen: „Hier gibt es für mich optimale Bedingungen“, sagt der 38- Jährige. Seite 5 NR. 1 • JANUAR 2008 • EINE BEILAGE DER JOHANN WOLFGANG GOETHE-UNIVERSITÄT FRANKFURT IN ZUSAMMENARBEIT MIT DER RHEINMAINMEDIA Als autonome Stiftungsuniversität auf dem Weg zur Spitze Eine Hochschule im Aufbruch Die Johann Wolfgang Goethe-Universität steht vor großen Reformen Seite 4 Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht der schönste Campus Europas Die Hessische Landesregierung hat mit der Änderung des Hochschulgesetzes im September 2007 den Weg für die umfassende Reform der Goethe-Universität freigemacht. Als Hochschule des Landes unterliegt sie zwar weiterhin dem Landesrecht, sie kann sich im akademischen Betrieb jedoch frei entfalten. Das neue Gesetz über die Stiftungsuniversität verschafft der Goethe-Universität Spielräume autonomer Gestaltung: • Sie beruft eigenständig ihre Professorinnen und Professoren, • sie kann ihre Studierenden selber auswählen, • sie wird Dienstherrin bzw. Arbeitgeberin ihrer Beschäftigten, • sie wird Eigentümerin der von ihr genutzten Liegenschaften und bewirtschaftet diese in eigener Verantwortung, • eine Vielzahl staatlicher Zustimmungs- und Genehmigungs- vorbehalte wie auch die Fachaufsicht entfallen, • durch die Schaffung einer mitgliedsschaftlichen Stiftungs- struktur werden die traditionellen akademischen Mitwirkungs- rechte für Mitglieder und Organe der Universität gestärkt. In Niedersachsen und Brandenburg sind – bei Unterschieden in rechtlichen Details – bereits einzelne Hochschulen in Stiftungs- universitäten umgewandelt worden. Mit der Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes und neuen Freiheiten in den Bundesländern bekommen die deutschen Hochschulen mehr Möglichkeiten, eigene Wege zu gehen. Die Umwandlung in eine Stiftung sehen viele Präsidenten und Rektoren als attraktive Option, da sie den Autonomiestatus ihrer Universität deutlich erhöhen können. Zu den Vorreitern in Deutschland gehörten die Hochschulen in Niedersachsen. Bereits 2002 verabschiedete die damalige SPD- Landesregierung ein Gesetz, das es den Hochschulen erlaubte, als ihre Träger Stiftungen öffentlichen Rechts zu gründen. Fünf Hochschulen haben diese Chance bislang genutzt: die Universitäten Göttingen, Hildesheim und Lüneburg, außerdem die Tierärztliche Hochschule Hannover und die Fachhochschule Osnabrück. Hinzu gekommen ist in Brandenburg die Universität in Frankfurt/Oder. Die Autonomie der Goethe-Universität geht jedoch über diese Modelle hinaus. Außerdem ist es diesen Hochschulen – soweit ersichtlich bisher nicht gelungen, ein nennenswertes Stiftungsvermögen aufzubauen. Bessere politische Rahmenbedingungen Förderung Das Ehepaar Kassel stiftet ein Millionenerbe .........................................................................................Seite 2 Stifter und Stiftungsprofessuren .........................................................................................Seite 2 Präsident Rudolf Steinberg über die Zukunft der Universität und Wissensgesellschaft .........................................................................................Seite 6 Wissenschaft als Ehren-Sache .........................................................................................Seite 6 Forschung Spitzenforschung in Frankfurt .........................................................................................Seite 4 Junge Forscher an der Frankfurter Universität .........................................................................................Seite 5 Neue Forschungsstrategie .........................................................................................Seite 5 Universitätshistorie Der Weg zur Stiftungsuniversität .........................................................................................Seite 3 Bau-Boom: Mehr Raum für kluge Köpfe .........................................................................................Seite 3 Studienbedingungen Verbesserung der Studienbedingungen: Seminare, Ausstattung, Service und Beratung .........................................................................................Seite 7 Studierendenmeinungen „Mir gefällt, dass es hier weltstädtischer zugeht“ .........................................................................................Seite 8 „Forschungsprofil deutlich verbessert“ Forschung

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Page 1: Eine Hochschule im Aufbruch · und bewirtschaftet diese in eigener Verantwortung, • eine Vielzahl staatlicher Zustimmungs- und Genehmigungs-vorbehalte wie auch die Fachaufsicht

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VON BRITTA MERSCH

33 000 Studierende, über 500Professoren, 2200 wissenschaftli-che Mitarbeiter: Die JohannWolfgang Goethe-Universität inFrankfurt am Main gehört zu den zehn größten HochschulenDeutschlands. In Rankings ergat-tert die Hochschule am MainSpitzenplätze am laufenden Band.Die Betriebswirtschaftler undVolkswirtschaftler schneiden ineinem aktuellen Wirtschafts-ranking als beste staatlicheUniversität ab. „Eine klare Be-stätigung des von uns eingeschla-genen Weges“, sagt Rainer Klump,Dekan der wirtschaftswissen-schaftlichen Fakultät, und ver-weist auf die Bachelor- undMaster-Reform, die an derUniversität in vollem Gange ist.Neben einer ausgeprägtenForschungsorientierung habe sichvor allem die Betreuungssituationder Studenten verbessert. Zudemprofitieren die Studiengänge voneiner starken Anbindung an zahl-reiche Unternehmen in derRegion.

House of FinanceDie Wirtschaftswissenschaften

sind auf dem Campus Bocken-heim angesiedelt – der größteStandort der Universität und einermit Tradition: Hier wurde dieUniversität einst gegründet. Trotz-dem soll dieser Campus in denkommenden Jahren schrittweiseaufgegeben werden. Die juristi-schen und wirtschaftswissen-schaftlichen Fächer ziehen noch indiesem Jahr, die Gesellschafts-und Erziehungswissenschaftensowie die Geographen undPsychologen 2011 zum CampusWestend. Im alten I.G.-Farben-Haus mit seinen sechs Flügeln fin-den sich schon jetzt die meistenGeisteswissenschaftler der Uni-

versität. Das Gebäude soll künftigdas Zentrum der Universität bil-den.

Daneben entsteht auf demCampus Westend das „House ofFinance“. Der neue Bau wird imBereich der Finanzwirtschaft inter-disziplinäre Forschung und Lehremiteinander vereinen. Rund 23Millionen Euro stellt das Land fürden Bau bereit. Sie stammen ausdem HEUREKA-Hochschulbaupro-gramm, bei dem Hessen rund dreiMilliarden Euro für seine Hoch-schulen zur Verfügung stellt. In dennächsten Jahren sollen insgesamtnoch rund 600 Millionen Euro indie Infrastruktur der FrankfurterUniversität fließen – ein riesigesProgramm, das ein Gesamtvolumenvon 1,2 Milliarden Euro umfasst.

Im House of Finance werdenmehr als 130 Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler aus denRechts- und Wirtschaftswissen-schaften arbeiten. Hier werdenwissenschaftliche Renommierein-richtungen wiedas Center forFinancial Stu-dies, das Insti-tute for Law andFinance, das E-Finance-Lab unddas von der Bundesbank-Stiftung„Geld und Währung“ finanzierteInstitut für Geld- und Finanz-stabilität unter einem Dach ver-eint. „Diese universitäre Ein-richtung soll zu einem der führen-den europäischen Zentren imBereich der Finanzwirtschaft wer-den“, lobt Hessens Wissenschafts-minister Udo Corts das Vorhaben. Universitätspräsident RudolfSteinberg sieht in dem House ofFinance ein „einmaliges Leucht-turmprojekt mit großen Chancenfür Universität, Politik undGesellschaft“. Zahlreiche Persön-lichkeiten aus Politik, Finanz-wirtschaft und Hochschule bildendas Kuratorium der neuen

Einrichtung. Zu ihnen zählenBundesfinanzminister Peer Stein-brück, Bundesbankpräsident AxelWeber und der hessischeMinisterpräsident Roland Koch –selbst Absolvent der FrankfurterUniversität. Direktor des House ofFinance ist der Finanzexperte PaulBernd Spahn.

Campus RiedbergEine solche Aufbruchstimmung

gibt es auch auf dem CampusRiedberg. Alle naturwissenschaftli-chen Institute werden sich hier inZukunft ansiedeln. Die Ein-richtungen sind dort in guterGesellschaft: In unmittelbarer Nähe liegen das Max-Planck-Institut für Biophysik, dasFrankfurter InnovationszentrumBiotechnologie (FIZ) sowie dasFrankfurt Institute for AdvancedStudies (FIAS). Der Neubau für das Max-Planck-Institut für Hirnforschung ist in Planung.Gemeinsam bilden sie auf

dem CampusRiedberg eineeigene „ScienceCity“ mit mehrals 110 000 m2

Fläche für Büros und Labore. Eine Entwicklung, von der auchdas direkte Umfeld profitiert. Ende2008/Anfang 2009 soll imRiedberger Stadtzentrum einneuer Platz mit Einkaufs-möglichkeiten, Cafés und Arzt-praxen entstehen.

Neben der Umstrukturierung derStandorte verfolgt die Universitätzeitgleich ein zweites ambitionier-tes Projekt. Die Umwandlung derHochschule zur Stiftungsuni-versität ist die größte Reform dervergangenen 50 Jahre. „Nebendem Hochschulentwicklungsplanhilft uns die Stiftung, unsereSpitzenstellung in den kommen-den Jahren weiter auszubauen“,sagt Rudolf Steinberg.

Rückendeckung bekommt dieUniversität dabei vom LandHessen. Neben einem Grund-betrag von 20 Millionen Euroerhält die Universität nach dem so -genannten Matching-Fund-Prin-zip zusätzliche Mittel von bis zu 50 Millionen Euro. Zusammen mit15 Millionen Euro, die dieFrankfurter OberbürgermeisterinPetra Roth als Beitrag der Stadt angekündigt hat, und 32 Millionen Euro der Kassel-Stiftung startet die Stiftungs-universität mit einem beachtli-chen Kapital. Mit den Erträgendieses Vermögens kann dieHochschule Forschung und Lehregezielt fördern.

Erfahrung mit StifternDabei hat die Universität mit

Stiftern bereits viele Erfahrungengesammelt. Ein Beispiel sind dieStiftungslehrstühle, von denen esin Frankfurt mittlerweile knapp30 gibt – mehr als an jeder ande-ren deutschen Hochschule. Eineder jüngsten dieser Einrichtungenist der Lehrstuhl der MesseFrankfurt. Zum 100. Jahrestag derNeuorganisation des FrankfurterMessewesens stiftete sie derUniversität einen mit mehr als drei Millionen Euro dotiertenLehrstuhl für internationaleWirtschaftspolitik. Dieser soll dieinternationale Messewirtschaftstärker mit der akademischenForschung vernetzen. „Wenn dasMarketinginstrument Messeerfolgreich bleiben soll, muss esfür einen adäquaten Führungs-nachwuchs sorgen“, sagt Michaelvon Zitzewitz, Vorsitzender derGeschäftsführung der MesseFrankfurt GmbH.

Viele Unternehmen haben ander Universität Frankfurt bereitsStiftungsprofessuren eingerichtet,darunter die Dresdner Bank imBereich Wirtschaftsrecht, die

Degussa für Organische Synthetikoder die Aventis Foundation mitihrer Stiftungsprofessur für chemi-sche Biologie. „Die Unternehmennutzen die Möglichkeit, unsereFachbereiche wissenschaftlich zuergänzen“, sagt Rudolf Steinberg,„sie sind Ausdruck der Verbunden-heit mit der Hochschule.“ AberStiftungsprofessuren kommenauch von Privaten wie derEhrensenatorin Johanna Quandt,die eine Professur für dieGrundlagenforschung im Bereichder Lebenswissenschaften amFIAS stiftete.

So ist derzeit an der UniversitätFrankfurt vieles in Bewegung –und ganz nebenbei glänzt dieHochschule noch in anderenBereichen. In der Exzellenz-initiative, bei der Bund und Länderinsgesamt bis zu zwei MilliardenEuro für die deutsche Spitzen-forschung zur Verfügung stellen,konnte die Universität gutabschneiden. Rund 103 MillionenEuro kann die Hochschule hier inden kommenden fünf Jahren fürsich verbuchen. Sie verteilen sichauf je ein Exzellenz-Cluster in derMedizin, den Naturwissenschaftenund den Geisteswissenschaften.„Es ist uns also auch hier gelungen,unser Forschungsprofil deutlich zuverbessern“, sagt der für For-schung zuständige VizepräsidentWerner Müller-Esterl – selberSprecher des naturwissenschaftli-chen Clusters.

Insgesamt bietet die Universitätden Wissenschaftlern also einenguten Nährboden – und das hat inFrankfurt schon Tradition. Seitihrer Gründung hat die Hoch-schule bereits sechs Nobel-preisträger und neun Leibniz-Preisträger hervorgebracht. Einzehnter – der Historiker BernhardJussen – hat gerade einen Rufan die Goethe-Universität an-genommen.

UNIVERSITÄT

StiftungsuniversitätMehr Freiheit bei allen akademischenEntscheidungen, bessere Chancen imWettbewerb um kluge Forscher und groß-zügige Mäzene, ein neues Wir-Gefühl –der Wandel zur Stiftungshochschule ist fürdie Universität gleichermaßen eineRückkehr zu den Wurzeln und einAufbruch in neue Zeiten.

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ExzellenzFrankfurter Forscher sorgen mit ihrenErgebnissen regelmäßig für Aufsehen. Dassan der Goethe-Universität herausragendeWissenschaft betrieben wird, hat jetztauch der Exzellenz-Wettbewerbdes Bundes und der Länderbestätigt. Mehr als 100 Mio.Euro fließen an den Main.

Als er nach mehrjährigem Auslands-aufenthalt das Angebot bekam, andie Universität Frankfurt zu wech-seln, musste der BiochemikerAlexander Gottschalk nicht langeüberlegen: „Hier gibt es für michoptimale Bedingungen“, sagt der 38-Jährige.

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NR. 1 • JANUAR 2008 • EINE BEILAGE DER JOHANN WOLFGANG GOETHE-UNIVERSITÄT FRANKFURT IN ZUSAMMENARBEIT MIT DER RHEINMAINMEDIA

Als autonome Stiftungsuniversität auf dem Weg zur Spitze

Eine Hochschule im AufbruchDie Johann Wolfgang Goethe-Universität steht vor großen Reformen

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Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht der schönste Campus Europas

Die Hessische Landesregierung hat mit der Änderung desHochschulgesetzes im September 2007 den Weg für die umfassendeReform der Goethe-Universität freigemacht. Als Hochschule desLandes unterliegt sie zwar weiterhin dem Landesrecht, sie kann sichim akademischen Betrieb jedoch frei entfalten.

Das neue Gesetz über die Stiftungsuniversität verschafft derGoethe-Universität Spielräume autonomer Gestaltung:

• Sie beruft eigenständig ihre Professorinnen und Professoren,• sie kann ihre Studierenden selber auswählen,• sie wird Dienstherrin bzw. Arbeitgeberin ihrer Beschäftigten,• sie wird Eigentümerin der von ihr genutzten Liegenschaften

und bewirtschaftet diese in eigener Verantwortung,• eine Vielzahl staatlicher Zustimmungs- und Genehmigungs-

vorbehalte wie auch die Fachaufsicht entfallen,• durch die Schaffung einer mitgliedsschaftlichen Stiftungs-

struktur werden die traditionellen akademischen Mitwirkungs-rechte für Mitglieder und Organe der Universität gestärkt.

In Niedersachsen und Brandenburg sind – bei Unterschieden inrechtlichen Details – bereits einzelne Hochschulen in Stiftungs-universitäten umgewandelt worden. Mit der Abschaffung desHochschulrahmengesetzes und neuen Freiheiten in denBundesländern bekommen die deutschen Hochschulen mehrMöglichkeiten, eigene Wege zu gehen. Die Umwandlung in eineStiftung sehen viele Präsidenten und Rektoren als attraktive Option, dasie den Autonomiestatus ihrer Universität deutlich erhöhen können.

Zu den Vorreitern in Deutschland gehörten die Hochschulen inNiedersachsen. Bereits 2002 verabschiedete die damalige SPD-Landesregierung ein Gesetz, das es den Hochschulen erlaubte, alsihre Träger Stiftungen öffentlichen Rechts zu gründen. FünfHochschulen haben diese Chance bislang genutzt: die UniversitätenGöttingen, Hildesheim und Lüneburg, außerdem die TierärztlicheHochschule Hannover und die Fachhochschule Osnabrück. Hinzugekommen ist in Brandenburg die Universität in Frankfurt/Oder.Die Autonomie der Goethe-Universität geht jedoch über dieseModelle hinaus. Außerdem ist es diesen Hochschulen – soweitersichtlich – bisher nicht gelungen, ein nennenswertesStiftungsvermögen aufzubauen.

Bessere politischeRahmenbedingungen

FörderungDas Ehepaar Kassel stiftet ein Millionenerbe

.........................................................................................Seite 2

Stifter und Stiftungsprofessuren.........................................................................................Seite 2

Präsident Rudolf Steinberg über die Zukunft der Universität und Wissensgesellschaft

.........................................................................................Seite 6

Wissenschaft als Ehren-Sache.........................................................................................Seite 6

ForschungSpitzenforschung in Frankfurt

.........................................................................................Seite 4

Junge Forscher an der Frankfurter Universität.........................................................................................Seite 5

Neue Forschungsstrategie.........................................................................................Seite 5

UniversitätshistorieDer Weg zur Stiftungsuniversität

.........................................................................................Seite 3

Bau-Boom: Mehr Raum für kluge Köpfe.........................................................................................Seite 3

StudienbedingungenVerbesserung der Studienbedingungen: Seminare, Ausstattung, Service und Beratung

.........................................................................................Seite 7

Studierendenmeinungen„Mir gefällt, dass es hier weltstädtischer zugeht“

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„Forschungsprofil

deutlich verbessert“

Forschung

Page 2: Eine Hochschule im Aufbruch · und bewirtschaftet diese in eigener Verantwortung, • eine Vielzahl staatlicher Zustimmungs- und Genehmigungs-vorbehalte wie auch die Fachaufsicht

UNIVERSITÄT AUSGABE 1 • JANUAR 20082 -

Stiftungsprofessur Stifter/in

Dresdner Bank-Stiftungsprofessur für nationales und internationales Wirtschaftsrecht/Law & Finance

Dresdner Bank

DekaBank-/Helaba-Stiftungsprofessur für Bankrecht/Law and Finance

DekaBank/Helaba/Uni Frankfurt

Geld-, Währungs- und Notenbankrecht der Stiftung Geld und Währung

Stiftung „Geld und Währung“ derBundesbank

Betriebswirtschaftslehre, insbes. Financial Economics der Stiftung Geld und Währung

Stiftung „Geld und Währung“ derBundesbank

Volkswirtschaftslehre, insbes. Monetäre Ökonomie der Stiftung Geld und Währung

Stiftung „Geld und Währung“ derBundesbank

Stiftungsjuniorprofessur für Betriebswirtschaftslehre, insbes. E-Finance und Service Science

E-Finance Lab e.V.

BVI-Stiftungsprofessur für BWL, insbes. Investment, Portfolio Management und Alterssicherung

BVI Bundesverband Investment und AssetManagement e.V.

T-Mobile-Stiftungsprofessur für M-Commerce T-Mobile International AG & Co. KG

Hans Strothoff-Stiftungsprofessur für Handelsmarketing Hans Strothoff-Stiftung

UBS-Stiftungsprofessur für Finance UBS Deutschland AG

UBS-Stiftungsprofessur für Management UBS Deutschland AG

Messe Frankfurt-Stiftungsprofessur für Internationale Wirtschaftspolitik

Messe Frankfurt

Stiftungsprofessur für Islamische Religion der Anstalt fürReligion Diyanet, Türkei

Anstalt für Religion Diyanet, Türkei

Beilstein-Stiftungsprofessur für Chemie-InformatikBeilstein-Institut zur Förderung derChemischen Wissenschaften

Stiftungsprofessur für Anorganische und Analytische Chemie City Solar AG

Degussa-Stiftungsprofessur für Organische Synthetik Evonik Degussa GmbH

Stiftungsprofessur für Biotechnologie Merck KGaA

Aventis-Stiftungsprofessur für chemische Biologie Aventis Foundation

Stiftungsprofessur für Neurobiologie der HonigbienePolytechnische Gesellschaft Frankfurt amMain

Stiftungsprofessur für Experimentelle pädiatrische Onkologie und Hämatologie

der Frankfurter Stiftung für krebskranke KinderFrankfurter Stiftung für krebskranke Kinder

Stiftungsprofessur für Gerontopsychiatrie der BHF-Bank-Stiftung

BHF-Bank-Stiftung

Hertie-Stiftungsprofessur NeuroonkologieHertie-Stiftung und Dr. SenckenbergischeStiftung

Stiftungsprofessur Interdisziplinäre Onkologie Stiftung Hospital zum heiligen Geist

Kerckhoff-KliniksprofessurStiftung William G. Kerckhoff Herz- undRheumazentrum Bad Nauheim

Johanna Quandt-Forschungsprofessur im Bereich derGrundlagenforschung der Lebenswissenschaften

Johanna Quandt

Stiftungsprofessur für prädiktive molekulare Marker in der gastroenterologischen Onkologie und Hepatologie

Roche Pharma AG

VON BRITTA MERSCH

Über zwanzig Jahre lang hütetedie Bankiers-Gattin Gertrud

Kassel ein Geheimnis. Im Jahr1975 starb ihr Mann Alfred, einFrankfurter Bankier. Er hinterließseiner Frau ein Vermögen vonetwa vier Millionen Mark, das erin Aktien angelegt hatte. GertrudKassel verwahrte das Geld. Weilsie keine Kinder hatte, überlegtesie viele Jahre, wer von dem Geldprofitieren könnte, wenn sie ein-mal sterben würde.

Der Frankfurter Vermögens-verwalter Ekkehardt Sättele, dermit dem Kassel-Ehepaar befreun-det war, machte ihr, unterstütztvon dem damaligen Universitäts-präsidenten Klaus Ring und demPhysiker Walter Greiner, einenVorschlag: Gertrud Kassel könneeine Stiftung gründen, mit der siedie Frankfurter Universität unter-stütze. „Sie fand die Idee wunder-bar, weil ihr Mann viel Sinn fürdie Wissenschaft hatte“, erinnertsich Ekkehardt Sättele. Schon1986 arbeitete der Steuerberatereine entsprechende Satzung fürdie Stiftung aus, die er lange Jahreruhen ließ. Erst nach ihrem Todsollte die Öffentlichkeit von demVorhaben erfahren, hatte sichGertrud Kassel gewünscht. „Siewar eine bescheidene Dame, dienicht gerne in der Öffentlichkeitstand“, sagt Ekkehardt Sättele. Dieaber gleichzeitig einen ausgepräg-ten Geschäftssinn hatte.

Das Kassel-Ehepaar genossschon in den sechziger Jahrenhohes Ansehen unter den Frank-furter Börsianern. Gleich nach sei-ner Banklehre bei der DeutschenEffecten- und Wechsel-Bank inFrankfurt entdeckte Alfred Kasselseine Begeisterung für den Wert-papierhandel. Für die BerlinerFiliale einer Frankfurter Bankbaute er eine Börsenabteilung auf,1932 machte er sich selbstständig.

Nach dem Krieg wurde ihm vonden sowjetischen Alliierten eindreijähriges Berufsverbot erteilt.Als er drei Jahre später zurücknach Frankfurt kam, gründete ererneut ein eigenes Bankgeschäft.

Von morgens bis mittags Handelauf dem Parkett, nachmittagsdann die Arbeit in seinem Büro inder Niederräder Paul-EhrlichStraße – die Börse bestimmte dasLeben von Alfred Kassel. Kollegenbewunderten sein „Gespür fürprofitable Werte“ und nanntenihn einen „flotten Denker undRechner“. An seinem Schreibtischaus Mooreiche wickelte er nach-mittags die Geschäfte ab. Zu sei-nen Mitarbeiterinnen gehörteauch Gertrud Siewert, die er spä-ter heiratete. Sie teilte denGeschäftssinn ihres Mannes, ver-arbeitete Börsennotizen und führ-te die Depot-Bücher.

Das Börsengeschäft zog sich wieein roter Faden durch das Lebendes Kassel-Ehepaars. Trotz ihrerBekanntheit im Frankfurter Bank-geschäft lebten sie zurückgezogenund bescheiden, erst in derGartenstraße in Sachsenhausenund später auf dem Lerchesberg.Als Alfred Kassel 1975 an denFolgen eines Herzinfarktes starb,übertrug seine Frau Gertrud dieGeschäfte ihres Mannes auf dasBankhaus Metzler, mit dem ihrMann eng zusammengearbeitethatte.

Das Vermögen, das ihr Mann ihrvererbt hatte, hütete sie gut. Sogelang es ihr, die vier MillionenMark über die Jahre zu vervielfa-chen. Noch im hohen Alter verfolg-te Gertrud Kassel täglich dieBörsenkurse – und als sie imFebruar vergangenen Jahres starb,hatte sich ein Vermögen von 33Millionen Euro angehäuft. „MitKursschwankungen konnte sie gutumgehen“, sagt Ekkehardt Sättele,„vor allem, weil sie von denUnternehmen überzeugt war, in die

sie investierte.“ Ihr Rezept war dieAnlage ausschließlich in deutscheUnternehmen – eine Strategie, dieihr Mann bereits in den siebzigerJahren verfolgt hatte und die ganzoffenbar erfolgreich war.

Das Geld wandert nun, nachihrem Tod, komplett in die Gertrudund Alfred Kassel-Stiftung, diekünftig die Wege der Universitätunterstützt. Die Erträge aus demStiftungskapital kommen Lehreund Forschung zugute, etwa der

Förderung von begabten Studentenund Nachwuchsforschern. DieSumme von über 30 MillionenEuro ist für die deutscheBildungslandschaft enorm hoch.„Es handelt sich um die höchsteprivate Finanzzuwendung, die dieUniversität seit ihrer Gründung1914 bekommen hat“, sagtPräsident Rudolf Steinberg. Er hatsie einer Frau zu verdanken, die in„gescheite junge Leute“ investierenwollte, wie sie es formuliert hatte.

Das Ehepaar Kassel stiftet ein Millionenvermögen

Sinn für die Wissenschaft: Das Ehepaar Kassel hinterließ derJohann Wolfgang Goethe-Universität ein Millionenerbe

Die Stiftungshauptstadtam Main

Besonders in Frankfurt fälltder Stiftungsgedanke auffruchtbaren Boden. In den vergangenen hundert Jahrenhat sich in der Stadt eine breiteStiftungslandschaft etabliert.Über 456 Stiftungen mit einemGesamtvermögen von rund 5,5 Milliarden Euro gibt es hier. Alleine im vergangenenJahr sind 29 neue Stiftungengegründet worden. In denJahren zuvor waren es imSchnitt zwanzig.

Stifterpersönlichkeiten gestern und heute

Hilmar KopperCarlo und Karin Giersch Josef Buchmann

Johanna QuandtWilhelm Merton und Franz Adickes

Beste Frankfurter Tradition: Die Stifter-Tafel der Johann Wolfgang Goethe-Universität

Page 3: Eine Hochschule im Aufbruch · und bewirtschaftet diese in eigener Verantwortung, • eine Vielzahl staatlicher Zustimmungs- und Genehmigungs-vorbehalte wie auch die Fachaufsicht

UNIVERSITÄTAUSGABE 1 • JANUAR 2008 3-

VON DANIELA SCHNEIDER-PIECK

Die Universität Frankfurt kehrtzu ihren Ursprüngen zurück:

1914 war sie als erste Stif-tungsuniversität Deutschlands ge-gründet worden. Der damaligeOberbürgermeister Franz Adickessorgte für die politische Um-setzung, Unternehmerpersönlich-keiten wie Wilhelm Merton undArthur von Weinberg gehörtendamals zu den ersten BürgernFrankfurts, die der Universitäteinen Teil ihres Vermögens zurVerfügung stellten. So entstandeine Hochschule, die aus rein pri-vaten Mitteln finanziert wurde.

Viele bekannte Wissenschaftlerlehrten in den Anfangsjahren ander Frankfurter Universität: derNobelpreisträger und MedizinerPaul Ehrlich, die Physik-Nobel-preisträger Max Born, Otto Sternund Max von Laue, der Ökonomund Soziologe Franz Oppen-heimer – Doktorvater von LudwigErhard – und der Religions-philosoph Martin Buber. MitHitlers Machtübernahme erlebteauch die Universität Frankfurteine schwere Zeit. 100 jüdischenWissenschaftlern wurde ihreLehrerlaubnis entzogen, weitere16 Dozenten mussten aus politi-schen Gründen gehen. Nach demKrieg verlor die Johann WolfgangGoethe-Universität ihren Stif-tungscharakter und wurde Endeder 1960er Jahre eine staatlicheHochschule.

Anknüpfen an GründerzeitSeit diesem Jahr nun knüpft sie

an die Gründerzeit an. Zum erstenJanuar wurde die größte organisa-torische Veränderung der vergan-genen fünfzig Jahre umgesetzt.Die Hochschule wurde in eineStiftungsuniversität umgewandelt:

„Wir sind nun eine weitgehendautonome Hochschule“, sagt Uni-versitätspräsident Rudolf Stein-berg, „unsere Entscheidungenkönnen wir nun unabhängig vomLand treffen.“ Zwar wird dieHochschule auch in Zukunft mitrund 300 Millionen Euro – diebeträchtlichen Baumittel sind hiernoch nicht berücksichtigt – dengrößten Teil ihrer Mittel vom Land

Hessen erhalten und eine Hoch-schule des Landes bleiben. Dochder Status einer Stiftungshoch-schule ermöglicht ihr mehr Frei-heit als zuvor. Mit 20 MillionenEuro beteiligt sich das Land amAufbau eines Stiftungsvermögens.Abhängig vom privaten Spenden-aufkommen erhöht sich der Lan-desanteil noch um weitere 50 Mil-lionen Euro. Eine erste große Fi-nanzzuwendung konnte die Uni-versität bereits im vergangenenJahr verbuchen: Die im Februar2007 verstor-bene Bankiers-gattin GertrudKassel vermach-te der Universität ein Vermögen von insgesamt32 Millionen Euro, das in eineStiftung zur Förderung derHochschule fließt (siehe Portrait).

Eines der größten Projekte dervergangenen Jahre war dieGründung der „Universitätsstif-tung“ im Januar 2004, die von der

Vereinigung von Freunden undFörderern der Universität Frank-furt angeschoben wurde. UmVerwechslungen mit der Stiftungs-universität zu vermeiden, wird siegerade in „Pro Universitate“ um-benannt. Das Startkapital betrug150000 Euro. Mittlerweile hat dieUniversitätsstiftung ein Vermögenvon knapp drei Millionen Euroangehäuft und wurde schon insGoldene Buch der Stadt Frankfurteingetragen. Bei diesem Anlasslobte der hessische Minister-präsident Roland Koch dieUniversitätsstiftung als beispiel-haft: „Die Verantwortlichen habeneindrucksvoll unter Beweis ge-stellt, dass sie das Vertrauen derLandesregierung verdienen.“ Undauch der Frankfurter BankierHilmar Kopper beglückwünschtedie Mitglieder der Universität: „InFrankfurt kann nun ein geistigesund wissenschaftliches Zentrummit großer Strahlkraft ins Auslandentstehen.“ Als Vorsitzender derUniversitätsstiftung hatte er dasProjekt maßgeblich auf den Weggebracht.

Die Verantwortlichen habensich viel vorgenommen. Die Stif-tung soll im Laufe der Zeit zu einerder wichtigsten Einrichtungendieser Art heranwachsen: „Wennsich der Staat aus den Kernauf-gaben zurückzieht, sind die Bür-ger gefragt“, sagt Hilmar Kopper,

„wir hoffen des-halb, möglichstviele vermö-gende Bürger zueiner Spende zu

bewegen.“Zur Universitätsstiftung gehören

die drei großen Stiftungen vonHans und Elisabeth Kleber,Margarete und Herbert Puschmannsowie die von Hans Strothoff miteinem Stiftungsvermögen vonjeweils über 300 000 Euro.

Daneben existieren unter demDach der Universitätsstiftung achtStiftungsfonds. Zusätzlich dazugibt es noch viele kleineStiftungen, die die Vereinigungvon Freunden und Förderern derUniversität Frankfurt treuhände-risch verwaltet. „Wir sind begei-stert von dem, was zurzeit in derUniversität passiert“, sagtGeschäftsführer Alexander Trog,„es ist eine gute Sache, das berufli-che Fortkommen des Nach-wuchses zu ermöglichen und dieZukunft der Universität mitzuge-stalten.“

Stiftungen undStifterpersönlichkeiten

Eine alte Stiftung der Uni-versität stellt die „Stiftung zurFörderung der internationalenwissenschaftlichen Beziehungender Johann Wolfgang Goethe-Universität“(Kelm-Stiftung) miteinem siebenstelligen Stiftungs-vermögen dar. Sie fördert unterder Leitung des früheren Uni-versitätspräsidenten Hartwig Kelmeinzelne Projekte vor allem auchdes wissenschaftlichen Nach-wuchses und verwaltet die beidenrepräsentativen Gästehäuser derUniversität. Daneben haben ver-schiedene Bürger Frankfurts eige-ne kleine Stiftungen gegründet,

mit denen sie dieUniversität unterstützen.So hat der internationalrenommierte Immo-bilienunternehmer JosefBuchmann einen Stipen-dienfonds ins Lebengerufen, der herausra-gende Nachwuchsfor-scher bei ihren Vorhabenunterstützt. Das Frank-furter Ehepaar Carlo undKarin Giersch schenkteder Universität eine Villa– mit der Auflage, dass

die Universität das Haus für wis-senschaftliche Zwecke oder nahe-stehende Forschungs- undLehreinrichtungen verwendet.Zurzeit nutzt das FrankfurtInstitute for Advances Studies(FIAS) die Villa als Gästehaus undKommunikationszentrum. DasFIAS ist eine von der UniversitätFrankfurt gegründete Stiftung desprivaten Rechts mit Forschungs-schwerpunkt in den theoretischenNaturwissenschaften. Das neueFIAS-Institutsgebäude auf demCampus Riedberg hat im letztenJahr die Stiftung Giersch errichtet.

Wegen seines Engagements imBereich Bildung wurde CarloGiersch 2006 mit einer Ehren-professur des Landes Hessen aus-gezeichnet: „Carlo Giersch hateine Vielzahl von Projekten zur Förderung der Hochschulenund der Kunst beharrlich vor-angetrieben“, lobte Udo Corts,Wissenschaftsminister in Hessen,das Engagement des FrankfurterUnternehmers, „es gibt nur weni-ge Persönlichkeiten, die aus eige-ner Kraft eine derart prägendeWirkung entfalten.“ Seine FrauKarin wurde ebenfalls ausge-zeichnet. Sie erhielt im vergange-nen November die Ehren-senatorenwürde der UniversitätFrankfurt.

Der Weg zur StiftungsuniversitätWie private Gelder die Hochschule nach vorne bringen

Der Campus Westend zählt heute schon zu den schönstenUniversitätsstandorten Europas. Das vom Architekten Hans Poelzig1929 für die I.G. Farben errichtete Gebäude ist eines derbedeutendsten Verwaltungsbauwerke dieser Epoche. In Verbindungmit dem zur Hofseite gelegenen Casino mit den dazwischenliegen-den Wasserspielen und dem Garten vermittelt die Anlage denEindruck ungewöhnlicher Großzügigkeit bei gleichzeitiger Intimität.Im April 2001 konnten die Geisteswissenschaften der Universität indas aufwendig sanierte Ensemble einziehen.

Bis zum 100. Geburtstag der Johann Wolfgang Goethe-Universitätim Jahr 2014 soll der Campus Westend rund um das Poelzig-Ensemble zum Zentralcampus ausgebaut werden. Gleichzeitig ent-steht durch die Zusammenführung der naturwissenschaftlichenDisziplinen auf dem Campus Riedberg eine „Science City“ mit unge-ahnten Möglichkeiten. Für mehr als 600 Mio. Euro erhält dieGoethe-Universität ein neues Gesicht, das ihrem Anspruch aufSpitzenleistungen auch baulich Gewicht und Gestalt verleiht.Gleichzeitig werden für die Medizin am Main mehr als 250 Mio.Euro in neue Gebäude für Forschung, Lehre und Krankenver-sorgung investiert.

Bau-Boom:Mehr Raum für kluge Köpfe

Eröffnungsveranstaltung 1914

Bibliothek in der Gründerzeit der Universität

„Wenn sich der Staat aus den

Kernaufgaben zurückzieht,

sind die Bürger gefragt.“

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UNIVERSITÄT AUSGABE 1 • JANUAR 20084 -

Modernes Seminar-Feedback – Vorlesungs-TED

Was die Zuschauer bei Günther Jauchs Publikumsfrage machen, daskönnen Frankfurter Studierende schon lange. Theo Dingermann,Biologieprofessor an der Goethe-Uni, stellt seinen Studenten nämlich während der Vorlesungen immer mal wieder Fragen undlässt dann die Nachwuchs-Akademiker auf einer Art Fernbedienung zwischen drei möglichen Antworten wählen. Das Ergebnis wirdschließlich als farbiges Balkendiagramm für alle sichtbar angezeigt.Ganz wichtig: Noten gibt es dafür nicht; die Antworten werden nuranonym ausgewertet, so dass niemand Angst vor einer Blamagehaben muss. Er wolle damit eben auch kein Wissen abfragen, sondern die Studenten einbinden und ihnen die Möglichkeit desdirekten Feedbacks geben, sagt Dingermann: „Dabei sind gerade die falschen Antworten interessant, denn sie zeigen, wo die Schwierig-keiten des Stoffs liegen. Darauf kann ich dann in der Vorlesungnachdrücklicher eingehen.“ Der Vorlesungs-TED also als direkteRückmeldung für die Vermittlungsleistungen des Professors – undfür die Studierenden bieten die Abstimmungen die Chance, daseigene Wissen sofort zu überprüfen und falsche Einschätzungen alsHinweis zu interpretieren, jetzt besonders gut aufzupassen. „Manmuss sich schon während der Vorlesung Gedanken machen“, bestä-tigt eine Studentin. Und man werde so nicht mehr so leicht abge-hängt, weil man womöglich an einer entscheidenden Stelle geistigabgedriftet war. „Interactive Voting System“ heißt der Ab-stimmungs-Computer mit den Fernbedienungen offiziell – und fürden Biologieprofessor ist er eine ideale Ergänzung in seinenLehrveranstaltungen. Dass er Seminare und Vorlesungen nicht nurals lästige Pflicht begreift, merkt man Theo Dingermann schnell an.Kein Wunder, dass er kürzlich mit dem 1822-Preis für exzellenteLehre ausgezeichnet wurde. Und egal, wie das Voting der Studentenin den Vorlesungen auch ausgehen mag – vor der regulären Lehr-Evaluation zum Ende des Semesters muss sich Dingermann ganzsicher keinerlei Sorgen machen.

Meldung

Herausgeber:Der Präsident der Johann Wolfgang Goethe-Universität

Redaktion:Dr. Olaf Kaltenborn v. i. S. d. P., Universität Frankfurt

Texte:Britta Mersch, Armin Himmelrath

Mitarbeit:Miroslav Brohn, Daniele Schneider-Pieck

Fotos:Elke Födisch, Michael Dettmar

Projektleitung:Holger Kranz

Layout und Gestaltung:RMM-Verlagsproduktion

Druck:Frankfurter Societäts-DruckereiKurhessenstraße 4-664546 Mörfelden-Walldorf

Impressum

Spitzenforschung in FrankfurtDie Universität als Heimat innovativer WissenschaftlerDas Ziel ist ehrgeizig: Bis zumJubiläum 2014 soll die JohannWolfgang Goethe-Universität indie Spitzengruppe der deutschenHochschulen vorgestoßen sein.Dass sie das Zeug dazu hat, stell-te sie bereits beim Exzellenzwett-bewerb unter Beweis.

VON ARMIN HIMMELRATH

Als am 19. Oktober vergangenenJahres in Bonn die neun deut-

schen Elite-Universitäten ernanntwurden, gehörte die UniversitätFrankfurt nicht zu diesenForschungs-Leuchttürmen. Geju-belt wurde in der Hochschule abertrotzdem: Denn nachdem es schon2006 in der ersten Runde des Exzellenzwettbewerbs vonBund und Ländern die Zusage fürzwei Forschungsnetzwerke – sogenannte Cluster – und damit für rund 70 Millionen EuroFörderung gegeben hatte, kam imvergangenen Herbst ein weiteresdieser Exzellenz-Cluster hinzu.Mehr als 100 Millionen Euro – unddamit über fünf Prozent desGesamt-Preisgelds im Elite-Wett-bewerb – fließen in den kommen-den Jahren an die JohannWolfgang Goethe-Universität.

„Damit stehen wir in der erstenReihe der wissenschaftlichen Ex-zellenz in Deutschland“, gibt sichUni-Präsident Rudolf Steinbergselbstbewusst. Und den Schön-heitsfehler, dass nicht gleich diegesamte Universität zur Elite erklärtwurde, will er bis zum 100-jährigenBestehen der Einrichtung in sechsJahren auch ausgebügelt haben.Kein unerreichbares Ziel, wennman bedenkt, dass die bei derExzellenzinitiative eingesetztenGutachter zu 80 Prozent aus demAusland kamen und damit nachinternationalen Maßstäben ge-urteilt haben. Mit anderen Worten:Wer als Forscher in diesem Elite-Wettbewerb besteht, der kann sichzu Recht zur Weltspitze zählen.

Frankfurt bei Exzellenzinitiative erfolgreich

„Die Exzellenzinitiative ist imBereich der Forschung zum wich-tigsten Impuls für die Differen-zierung der Universitätslandschaftgeworden“, sagt Peter Stroh-schneider. Als Vorsitzender desWissenschaftsrats ist er davonüberzeugt, mit dem Wettbewerbdie deutsche Hochschulland-schaft „umgekrempelt“ zu haben:„Schon allein durch die Be-teiligung an der Ausschreibunghaben die Universitäten ihreStrategiefähigkeit deutlich verbes-sert, und diese gehört zum Leit-bild einer autonomen Universität.“Eine Einschätzung, die fraglosauch auf Frankfurt zutrifft: DieErfolge im Elite-Wettbewerbzeichnen letztlich die Leistungenvon Wissenschaftlerinnen undWissenschaftlern aus, die bereitsseit Jahren für ein starkes Frank-furter Forschungsprofil sorgen.

„Der Erfolg bestätigt die heraus-ragende wissenschaftliche Qualität

der bisherigen geistes- und sozial-wissenschaftlichen Forschung inder Region Frankfurt“, sagt auchKlaus Günther, Professor fürRechtsphilosophie und Koordi-nator des Cluster-Antrags in denGeistes- und Sozialwissenschaften.Doch auf der Auszeichnung könneman sich natürlich nicht ausru-hen, sondern müsse sie alsAnsporn und Verpflichtung fürweitere Höchstleistungen verste-hen: „Mit neuen Professuren,einer anspruchsvollen Nachwuchs-förderung und verbessertenForschungsbedingungen werdenwir uns nun dafür einsetzen, dassdieser Erfolg in die Zukunft ver-längert und Frankfurt zu eineminternational beachteten Zentrumder Geistes- und Sozialwissen-schaften wird.“

Genau um ein solches Strebennach Exzellenz und um neuenSchwung im verkrusteten For-schungssystem ging es denInitiatoren des Wettbewerbs vonAnfang an. „Es ist beeindruckendzu beobachten, wie weit mancheLänder und Universitäten bereitsmit der Beseitigung strukturellerHindernisse vorangekommensind”, urteilt Matthias Kleiner,Präsident der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG), „dieüberfällige Differenzierung undProfilbildung in der Hochschul-landschaft wird vorangebracht.”Ein gutes Beispiel für diesen Auf-bruch zu neuen strukturellen undinhaltlichen Ufern ist die Frank-furter Uni, wo die Bestleistungen inder Forschung von einer Neuorga-nisation des gesamten Hochschul-systems flankiert werden.

Bei so viel Veränderung gehtmanchmal fast unter, dass es auch außerhalb der im Exzellenzwettbewerb ausgezeich-neten Projekte hervorragende For-schung in Frankfurt gab und gibt.Da sind einmal die zahlreichenNobelpreisträger, die hier seit derGründung 1914 entweder Lehr-stühle innehatten oder einen Teilihrer wissenschaftlichen Laufbahnin Frankfurt verbrachten. Zuihnen zählen unter anderem PaulEhrlich (Medizin), die PhysikerMax Born, Otto Stern, HansBethe, Horst Störmer und GerdBinnig, die Mediziner GünterBlobel und Christiane Nüsslein-Volhard sowie Paul Karrer undHartmut Michel (Chemie). ZweiFrankfurter Professoren erhieltenden Balzan-Preis, den „Nobelpreisder Kulturwissenschaften“: derHistoriker Lothar Gall und derRechtshistoriker Michael Stolleis.Und der Physiker Horst Schmidt-Böcking wurde 2007 von derAmerican Physical Society alserster Deutscher mit demDavisson-Germer-Preis geehrt, diehöchste in den USA vergebeneAuszeichnung auf dem Gebiet derAtomphysik, Optik und Ober-flächenphsik.

Daneben gibt es auch noch denhöchstdotierten deutschen For-schungsförderpreis, den Leibniz-Preis der DFG. 1985 eingeführt,

ging er bereits neun Mal nachFrankfurt – zuletzt an StefanieDimmeler, Professorin für Mole-kulare Kardiologie, die sich auf dieBiologie der Blutgefäße speziali-siert hat und die biologischen und pathologischen Prozesse in den Gefäßwän-den erforscht,um damit dieGrundlagen fürneue Behandlungsmethoden beiHerz-Kreislauf-Erkrankungen zuschaffen. Und gerade hat einLeibniz-Preisträger des Jahres 2007,der Historiker Bernhard Jussen, denRuf an die Goethe-Universitätangenommen. Auch der Nobel-preisträger für Physik des Jahres2007, Peter Grünberg, verbrachte inden 1950er und 1960er Jahrenimmerhin wesentliche Teile seinesStudiums an der UniversitätFrankfurt.

„Die Wissenschaftler an derJohann Wolfgang Goethe-Uni-versität haben lange unter schwie-rigen Bedingungen lehren undforschen müssen“, sagt PräsidentRudolf Steinberg: „Sie haben den-noch energisch an der For-schungsprofilierung der Universitätund an der Studienreform gearbei-tet. Die Universität erhält nunnicht allein durch die großange-legte Campusneugestaltung, son-dern auch durch die Ex-zellenzförderung ein neues Gesichtund überregionale Anerkennung.“

Das sind die erfolgreichen Ex-zellenzcluster der UniversitätFrankfurt im Elite-Wettbewerb:Erfolgreich (I):Excellenz-Cluster „Cardio-pulmo-nary System“ (gemeinsam mit derJustus-Liebig-Universität Gießen)

Im Zentrum dieses Forschungs-netzwerks stehen Erkrankungendes Herzens und der Lunge, zwi-schen denen ein enger funktionel-ler Zusammenhang besteht. DieseErkrankungen sind zusammen fürmehr als die Hälfte aller Todesfällevor dem 75. Lebensjahr und fürmehr als 50 Prozent aller Gesund-

heitskosten in Deutschland ver-antwortlich. Wissenschaftler derUniversitäten in Frankfurt undGießen gehören auf diesem Felddurch ihre innovativen For-schungsansätze bereits seit Jah-ren zur internationalen Spitze. Zu-

sammen mitdem Max-Planck-Institutfür Herz- und

Lungenforschung in Bad Nauheimwurde jetzt eine schlagkraftigeForschungsallianz geschmiedet, indie auch das jüngst gegründeteHessische Zentrum für Herz- undLungenforschung eingebunden ist.Die Ergebnisse, die dieses Exzel-lenz-Cluster in der Grundlagen-forschung und in der krankheits-bezogenen klinischen Forschunghervorbringt, können auf dieseWeise zügig in die Entwicklungneuer therapeutischer Strategieneinfließen. Experten bezeichneneine solche Struktur als„Translational Research Center“,weil damit die schnelle Überset-zung wissenschaftlicher Ergebnissein konkrete Anwendungen mög-lich wird.Erfolgreich (II):Excellenz-Cluster „Makromoleku-lare Komplexe“

Viele biologisch wichtige Mole-küle erfüllen ihre fundamentalenAufgaben in allen lebenden Orga-nismen im Verbund, also in einerArt von Teamwork. Die Zell-biologen bezeichnen solche Zu-sammenarbeit als makromolekula-re Komplexe. Das Wissen darüber,wie solche Komplexe – und dabeiinsbesondere die großen, umfang-reichen Verbundstrukturen – funk-tionieren, ist jedoch begrenzt, dader experimentelle Zugang zu gro-ßen Komplexen bisher nochschwierig ist. Hiesige Wissen-schaftler haben die FrankfurterUniversität jedoch bereits in derVergangenheit zu einem internatio-nal ausgewiesenen Zentrum imBereich der Strukturbiologie ge-macht. Sie sind spezialisiert auf die

dreidimensionale Struktur biolo-gisch wichtiger Moleküle, etwa Pro-teine oder Proteinkomplexe in bio-logischen Membranen. Aufbauendauf diesen herausragenden Vorer-fahrungen, werden im Rahmendieses Exzellenz-Clusters nun großeProteinkomplexe in der gesamtenZelle in den Fokus genommen.Dabei geht es um die Struktur, dieFunktion und die Mechanismen beider Bildung makromolekularerKomplexe. Mittelfristiges Ziel ist es,damit zur Entwicklung neuerMedikamente beizutragen.Erfolgreich (III):Excellenz-Cluster „Die Herausbil-dung normativer Ordnungen“

Warum kommt es immer malwieder zu schnellen und konflikt-reichen Wandlungsprozessen ingesellschaftlichen Ordnungssys-temen? Welche Rolle spielen dabeiThemen wie die Menschenrechte,die Folgen der Globalisierung oderdie Gerechtigkeit zwischen derNord- und der Südhalbkugel? Wieverläuft der Wandel von autoritä-ren Regimen zu demokratischenRechtsstaaten? Dies sind einige derFragen, denen die FrankfurterWissenschaftler in Zusammen-arbeit mit zahlreichen in- und aus-ländischen Forschungsinstitutennachgehen. Im komplexen Ge-flecht ökonomischer, kultureller,machtpolitischer und religiöserUrsachen nationaler und interna-tionaler Konflikte sind die Über-zeugungen und Rechtfertigungender beteiligten Konfliktpartner oft-mals der auslösende Faktor unddie treibende Kraft: Menschenkämpfen immer wieder mitWorten oder mit Gewalt um vonihnen als gerecht empfundeneLebens- und Herrschaftsverhält-nisse. Im Exzellenz-Cluster wer-den nun in vier miteinander ver-netzten Forschungsfeldern diephilosophischen, historischen,politikwissenschaftlichen und juri-stischen Dimensionen des Streitsum die Rechtfertigung von nor-mativen Ordnungen untersucht.

Horst Schmidt-Böcking

Stefanie Dimmeler

Lothar Gall

Bernhard Jussen

Theo Dingermann, 1822-Preisträger für exzellente Lehre

„Ein neues Gesicht

für die Universität“

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UNIVERSITÄTAUSGABE 1 • JANUAR 2008 5-

VON ARMIN HIMMELRATH

Chemie-Studium in Frankfurtund Marburg, Max-Planck-

Postdoc, Aufenthalte an den Unis Edinburgh (Schottland) undSan Diego (USA): AlexanderGottschalks Lebenslauf weist aufeine echte Forscher-Natur hin.Dass der Biochemiker nach drei-einhalb Jahren Forschung in denUSA wieder an die Goethe-Universität zurückkehrte, hält erselber zwar für „unspektakulär“,sagt aber auch: „Hier gibt es fürmich optimale Bedingungen, ichbin mit meiner Arbeitsgruppe völlig unabhängig.“ AlexanderGottschalk ist seit Anfang 2003Juniorprofessor für molekulareMembranbiologie, und spezia-lisiert hat er sich auf die Unter-suchung des Fadenwurms, genau-er: auf die 302 Nervenzellen vonCaenorhabditis elegans, wie dieexakte biologische Bezeichnungfür den Fadenwurm lautet. In die-sem Modellorganismus beschäftigter sich unter anderem mit derArbeitsweise von Nikotin-Rezep-toren, „denn die haben in Nerven-systemen eine wichtige Funktion“,erklärt Gottschalk.

Für den Laien wahrscheinlichnoch spannender klingt ein ande-res Projekt der Forschungsgruppe:Durch das Einbringen einesbestimmten Proteins sind dieWissenschaftler in der Lage, imFadenwurm lichtsensitive Zellenentstehen zu lassen. Und weil derWurm durchsichtig ist, lässt er sichanschließend von außen steuern:„Wenn wir die Tiere mit blauemLicht bestrahlen, können wirdamit die Zellaktivität beeinflus-sen“, sagt Alexander Gottschalk.

Mittlerweile seien die Forschersogar in der Lage, einzelne Zellenentsprechend zu sensibilisieren –und können durch das An- undAusschalten der Zellfunktion derFrage nachgehen, welche Funk-tion die jeweilige Zelle innerhalbdes Nervensystems hat.

Forschungsarbeiten, die nur im Team möglich sind, betontGottschalk. Da sei einmal die „aus-gesprochen gute Arbeitsatmo-sphäre“ in der Gruppe und an derUniversität, andererseits aber auchdie Vernetzung etwa mit demMax-Planck-Institut für Biophysikund anderen Einrichtungen, sagtder 38-jährige Juniorprofessor:„Hier in Frankfurt stimmt alles –Expertise, Interesse und Förde-rung.“ Kein Wunder, dass er auchin eines der drei FrankfurterExzellenz-Cluster eingebundenist, die von der DeutschenForschungsgemeinschaft (DFG) imRahmen der bundesweiten Ex-zellenzinitiative für eine millio-

nenschwere Förderung ausge-wählt wurden.

Unterstützung von der DFGbekommt auch Frank Brenker.2005 wurde er zunächst Stipendiatim von der DFG ausgeschriebenenHeisenberg-Programm, knapp zweiJahre später wurde dieses Sti-pendium dann in eine Professurumgewandelt. Wer hier Förder-gelder beantragt, muss gleichzeitigauch eine Hochschule in Deutsch-land benennen, an der er seineForschungen durchführen will –„und mit Frankfurt bin ich an denbestmöglichen Ort gegangen“, sagtFrank Brenker selbstbewusst. Der Professor am Institut für Geowissenschaften, SpezialgebietNano-Geoscience, zählt etwa dieNASA zu seinen Forschungs-kunden: Mitte Februar erwartet ereine Lieferung interstellarenStaubs, der von einer NASA-Sonde im All gesammelt wurde.„Das ist schon ein ganz besondererStaub“, sagt Brenker: „Der stammt

aus einem anderen Sonnensystemund war gewissermaßen auf derDurchreise bei uns.“ Trotz aufwän-digster Raumfahrttechnik ist dasMaterial eine absolute Rarität:Gerade einmal 30 bis 40 Staub-körnchen erbrachte die NASA-Mission, jedes einzelne mit einemDurchmesser von nur 100 Nano-metern. Ein Nanometer entsprichteinem Milliardstel Meter. „Wir sindmit unserem Wissen und unserenMaschinen in der Lage, diese klei-nen, seltenen Partikel zerstörungs-frei zu untersuchen“, berichtetFrank Brenker. Und die Vorfreudeauf die besondere Staublieferungaus den USA sei bei allenBeteiligten „riesengroß“.

Weltweit gibt es nur wenigeLabors, die auf ähnlich hohemNiveau wie die FrankfurterGeowissenschaftler arbeiten. Obkosmischer Staub aus demKometen „Wild 2“ oder Sternen-staub – wer mehr darüber erfahrenwill, was diese Kleinst-Botschafteraus dem All möglicherweise überdas Entstehen des Sonnensystemsund über die Bausteine des Lebenserzählen können, ist bei FrankBrenker an der richtigen Adresse.Ihm sei es aber auch wichtig, seineArbeiten der Öffentlichkeit vorzu-stellen, betont der Sternenstaub-Experte: „Von unserem Thema las-sen sich die Menschen immer wie-der sehr schnell begeistern.“ KeinWunder, wenn man bedenkt, wielange die Sternen-Teilchen schondurchs Universum schwirren undwelchen Aufwand die amerikani-sche Raumfahrtbehörde betriebenhat, um sie zur Erde zu bringen –im Labor der Frankfurter Forschergeben sie schließlich einen Teilihrer Geheimnisse preis.

Status quoAn der Johann Wolfgang Goethe-Universität existieren herausra-gende Forschungsverbünde, die ihr Potenzial bei der Akquisitionvon Drittmitteln aus nationalen und internationalenForschungsförderungsverfahren extensiv nutzen.Wesentliche Eckdaten des Drittmittelbudgets der Goethe-Universitätsind derzeit: • Drittmitteleinwerbungen von mehr als 100 Millionen Euro im

Jahr 2006, davon nahezu die Hälfte (47 Millionen) durch dieDeutsche Forschungsgemeinschaft

• Drei Exzellenz-Cluster in Lebens-, Natur- und Geisteswissen-schaften (Kardiopulmonäre Systeme; Makromolekulare Kom-plexe; Normative Ordnungen)

• Sieben Sonderforschungsbereiche/Transregios, acht Forscher-gruppen, neun Graduiertenkollegs und Teilnahme an vierSchwerpunktverfahren; ca. 470 Projekte im Normalverfahren(Stand 2007)

• Koordination von neun großen EU-Verbundprojekten; ca. 90 EU-Teilprojekte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Stand2006)

ZieleAngesichts des zunehmenden Wettbewerbs der Universitäten unter-einander will die Johann Wolfgang Goethe-Universität ihreSpitzenforschung • durch gezielte Berufungspolitik nachhaltig ausbauen, • ihre Forschungsschwerpunkte stärker als bisher akzentuieren und • ihre Drittmitteleinwerbung in Breite und Spitze deutlich verbessern.

StrategieUm eine in Deutschland führende Forschungsuniversität zu werden,verfolgt die Johann Wolfgang Goethe-Universität die Strategie,Anschubfinanzierungen von zentraler Stelle zu gewähren, die eineerfolgreiche Einwerbung von Forschungsmitteln – bevorzugt voninterdisziplinären Verbünden – erleichtern. Darüber hinaus setzt sieauf die Bildung leistungsfähiger Zentren, mit denen wissenschaftli-che Aktivitäten gebündelt und international wettbewerbsfähiggemacht werden. Beispiele dafür sind das Frankfurt Institute forAdvanced Science (FIAS), das Forschungskolleg Human-wissenschaften, das House of Finance (HoF) sowie das Zentrum fürArzneimittelforschung, -entwicklung und -sicherheit (ZAFES). Ein wesentlicher Aspekt der Forschungsstrategie ist die Förderungdes wissenschaftlichen Nachwuchses. Hier setzt die der Goethe-Universität auf die qualifizierte Ausbildung von Doktorand/innen inGraduiertenkollegs und -schulen, die durch die Deutsche For-schungsgemeinschaft gefördert oder in Zusammenarbeit mit derMax-Planck-Gesellschaft betrieben werden. Für promovierteAkademiker, die eine Karriere an der Hochschule anstreben, werdengezielt Nachwuchsgruppen oder Juniorprofessuren eingerichtet, umeine frühe Eigenständigkeit zu fördern. Auf der Ebene derProfessuren sind es so genannte Tenure-Track-Verfahren, die fürzunächst befristete Stellen die Möglichkeit einer dauerhaften Über-nahme nach Leistungsbewertung eröffnen.

Neue Forschungsstrategie „Ich bin an den bestmöglichen Ort gegangen“Junge Forscher und ihre Entscheidung für Frankfurt

Heisenberg-Professuren

Die Heisenberg-Professuren der Deutschen Forschungs-

gemeinschaft (DFG) gibt es seit 2005. Sie bieten exzellenten

Forschern, die ihre Berufungsfähigkeit bereits erreicht haben, fünf

Jahre lang eine von der DFG finanzierte Stelle, die – nach einer

positiven Zwischenevaluation – unbefristet verlängert wird.

Zielgruppe sind unter anderem Wissenschaftler, die bereits von der

DFG gefördert wurden, sowie Forscher, die im Ausland gearbeitet

haben und nach Deutschland (zurück-)kommen möchten. Wer im

Heisenberg-Programm gefördert wird, muss eine Wunsch-

hochschule benennen, an der er die für eine erfolgreiche

Forschung notwendigen Voraussetzungen und Perspektiven sieht. Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)

House of Finance

Neubau Physik

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UNIVERSITÄT AUSGABE 1 • JANUAR 20086 -

Eine spannende Zeit ging am 1. Januar zu Ende – und eine

spannendere Zeit hat ihrenAnfang genommen. Denn dieJohann Wolfgang Goethe-Uni-versität wurde wieder, was sie beiihrer Gründung 1914 war: eineStiftungshochschule. Die Uni-versität Frankfurt verändert sich,vielleicht stärker als je zuvor, unddaran haben alle Anteil, die mituns in den vergangenen Monatendiskutiert und debattiert habenund die die Universität seit Jahrenideell und finanziell unterstützen.

Die Chance für die Umwandlungin eine Stiftungsuniversität bestandwohl nur für einen kurzen Zeit-raum. Wenn man von der Richtig-keit eines Weges überzeugt ist,dann muss man ihn auch konse-quent gehen. Das haben wir imvergangenen Jahr getan mit demklaren Ziel, die Universität Frank-furt zukunftsfähig zu machen.Davon werden Studierende undLehrende, Mitarbeiter und Mit-arbeiterinnen ebenso profitierenwie Stadt und Region.

Die Johann Wolfgang Goethe-Universität wird ihren Weg – sozu-sagen „Zurück in die Zukunft“ derStiftungsuniversität auch weiterhinals Volluniversität mit breitemFächerspektrum gehen. Es ist dabeiein besonderer strategischer Vorteil,dass sich diese Breite nicht allein imLehrangebot, sondern auch in denForschungsschwerpunkten spie-gelt. Dies hat nicht zuletzt dasAbschneiden in der Exzellenz-initiative gezeigt. Mit drei Ex-zellenz-Clustern – einem naturwis-senschaftlichen, einem medizini-schen und einem geisteswissen-schaftlichen – ist es uns gelungen,eine Balance der Exzellenz inner-

halb der Universität herzustellen.Mit diesem Forschungsprofil gehö-ren wir in die Spitzengruppe derdeutschen Universitäten – auchwenn der Titel einer „Eliteuni-versität“ uns noch fehlt. Wollen wirdiese Position weiter ausbauen unduns zugleich international profilie-ren, benötigt die Universität einenmodernen Rahmen, in dem sie sichentfalten und flexibler als bisherhandeln kann.

Internationale Vergleiche zeigen:Autonomie ist eine wesentlicheVoraussetzung für die Steigerungvon Qualität in Forschung undLehre. Auf die Fragen, ob sich eineWeltklasse-Universität wie Yaleauch in Europa errichten lasse, ant-wortete ihr Präsident RichardLevin: „Das Geheimnis unseresErfolges in Amerika ist der Verzichtauf staatliche Kontrolle. Es warenautonome und unabhängige Ein-richtungen, die uns am weitestenvorangebracht haben. Wir haben inden USA dadurch Exzellenz ge-schaffen, dass die Regierung nurwenig und wenn, dann sehr weiseinterveniert hat.“ Den Grund fürden „Niedergang des deutschenHochschulwesens“ sieht er darin,dass es „unter staatlicher Führungimmer Tendenzen zur Uniformitätund Gleichheit“ gebe.

Mit der Umwandlung in eineStiftungsuniversität erhält dieGoethe-Universität ein für einedeutsche Hochschule einzigartigesMaß an Autonomie: sei es in derBerufung von Professorinnen undProfessoren oder in der Auswahlder Studierenden, sei es im Dienst-und Tarifrecht oder in der eigen-verantwortlichen Bewirtschaftungder Liegenschaften, die mit derUmwandlung in das Eigentum der

Universität übergegangen sind. DerStaat zieht sich aus der Detail-steuerung der Universität vollstän-dig zurück. Zugleich wird die Uni-versität in die Lage versetzt, sich inhöherem Maß als bisher privatenMäzenen und Stiftungen zu öffnen.Schon jetzt nimmt die Goethe-Universität mit rund 45 Stiftungs-

und Stiftungsgastprofessuren – wasden Anteil privater Finanzierungangeht – unter deutschen Hoch-schulen einen vorderen Platz ein.Jedoch kann sich die FrankfurterStiftungsuniversität trotz diesesErfolges natürlich nicht mit eineramerikanischen Eliteuniversitätund deren milliardenschweremStiftungsvermögen vergleichen.Wir werden auch in Zukunft nichtauf die öffentliche Finanzierungverzichten können, zu der dasLand Hessen sich ausdrücklich ver-pflichtet hat. Dieser Landeszuschusswird weder durch die Einwerbungzusätzlicher Mittel abgesenkt, nochwerden solche zu einer Erhöhungder Studienplatzzahl führen. Die

Goethe-Universität will in allenBelangen besser, nicht aber größerwerden. Ein bloßes „Mehr“ an pri-vaten Zuwendungen ist keinSelbstzweck, eröffnen diese Mitteldoch entscheidende Spielräumezur Profilierung der Universität –etwa wenn es darum geht, einenSpitzenforscher zu gewinnen, einStipendienprogramm zur Nach-wuchsförderung einzurichten oderein innovatives Forschungsinstitutzu gründen,

Was für Universität Frankfurtgilt, gilt auch für das deutscheHochschulsystem im Ganzen. Nurwenn es in Deutschland gelingt,systematisch und in nennenswer-tem Umfang private Mittel in dieUniversitäten zu lenken, werdenwir in der Lage sein, den Abstandzu den wichtigsten Konkurrentenauf dem internationalen Hoch-schulmarkt zu verringern. DerVergleich der OECD-Länder zeigt,dass in Ländern mit dem höchstenAnstieg der privaten Finanzierungauch der höchste Anstieg deröffentlichen Bildungsausgaben zuverzeichnen ist. Die privateFörderung führt damit gerade nichtzur Substitution, sondern zurErgänzung der öffentlichen Aus-gaben.

Doch eröffnet die Stiftungsuni-versität nicht nur neue strukturelleGestaltungsmöglichkeiten und diedringend benötigten finanziellenSpielräume. Sie kann zugleich zueinem besonderen Zeichen werdenfür die Verbindung von Wissen-schaft und Gesellschaft, von Uni-versität und Bürgerschaft. Wissennämlich entsteht aus dem wechsel-seitigen Austausch zwischenWissenschaft und gesellschaftli-chem Umfeld. Die Universität lebt

aus genau dieser Spannung zwi-schen Gegenwartsinteresse auf dereinen und Zweckfreiheit derWissenschaft auf der anderenSeite. Nichts zeigt dies besser als die Geschichte der Frankfurter Uni-versität:

1914 von Stadt und FrankfurterBürgern gegründet und institutio-nell als Stiftung organisiert, zähltesie zu einer der finanziell bestaus-gestatteten Hochschulen Deutsch-lands. Im Großen Rat und imKuratorium wirkten Stadt undStifter am Aufbau der Hochschulemit. Sie legten Wert auf eineneuartige Fakultätseinteilung: So wurden in Frankfurt erstmals dieNaturwissenschaften in einerFakultät zusammengefasst, und esentstand – als sogenannte fünfte –eine eigene Fakultät für dieWirtschafts- und Sozialwissen-schaften, mit dem ersten Lehrstuhlfür Soziologie in Deutschland.Stifter und Mäzene stellten hierkeineswegs nur materielleRessourcen zur Verfügung. Siewaren vielmehr Impulsgeber, dieweit über den unmittelbarenStiftungszweck und Stiftungsanlasshinaus Wissen anregten, ja ganzeForschungsfelder neu anstießen.An diese Tradition knüpft dieGoethe-Universität heute bewusstan. Sie will sich denjenigenBürgern öffnen – die wie bei ihrerGründung vor fast 100 Jahren –erneut Verantwortung für ihreHochschule übernehmen möchten.Die Stiftungsuniversität ist hierfürdie geeignete Form, denn sie bildetdie moderne Wissensgesellschaft inihrer Dynamik ab und ist damit einzukunftsträchtiges Modell für dieUniversität in der Gesellschaft – inFrankfurt wie andernorts.

„Zurück in die Zukunft der Stiftungsuniversität“Rudolf Steinberg, Präsident der Johann Wolfgang Goethe-Universität,über die Stiftungsuniversität als Modell für die Wissensgesellschaft

Universitäts-Präsident Rudolf Steinberg

„Ich wünsche mir, dass (...) die Förderung von Wissenschaft undForschung in Deutschland gleichsam zur Ehren-Sache der Bürgerwird.“ (Bundespräsident Horst Köhler)

Die Bürgerschaft der Stadt Frankfurt und die Johann WolfgangGoethe-Universität verbindet seit ihrer Gründung 1914 ein starkeshistorisches Band: Die Goethe-Universität ist die ersteStiftungshochschule Deutschlands. Bürgergeist hat ihren Aufstieg zueiner Institution mit Weltruf ermöglicht.Inzwischen übernehmen immer mehr Frankfurter Bürger undUnternehmen wieder Verantwortung für „ihre“ Universität. Siemachen die Hochschule zu ihrer bürgerlichen „Ehren-Sache“, umBundespräsident Horst Köhler zu zitieren. Sie wissen: DieUniversität Frankfurt bietet gute Voraussetzungen, um künftig einenPlatz unter den besten Hochschulen Europas zu erreichen.Mit dem Namen der Stifterin oder des Stifters untrennbar verbun-den bleiben seine Visionen und sein Engagement. Sie leben inZukunft weiter.Wir laden Sie ein, die Goethe-Universität kennen zu lernen. Und wirfreuen uns, Sie kennen zu lernen und Sie für unsere Ziele zu begei-stern. Vielleicht entscheiden Sie sich, die Universität zu unterstüt-zen. Jeder Beitrag zählt. Ihr Engagement hilft uns, auf derGrundlage einer einzigartigen Tradition Neues zu schaffen und denKreis der universitären Gemeinschaft zu erweitern. Investitionen indie Bildung sind das Kapital für die Zukunft unseres Landes.Die Goethe-Universität eröffnet Freunden und Förderern vielfältigeMöglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen:

• als Mitglied der Freunde und Förderer• als Alumnus oder Alumna• als Stifter oder Zustifter

„Patenschaften“ helfen der Goethe-Universität in folgendenBereichen:

• Hörsäle und Gebäude• Stipendien• Institute• Stiftungsprofessuren• Veranstaltungen

Wissenschaft als EhrensacheWas können Sie für die Ihre Universität tun?

Ihre Ansprechpartnerin ist Frau Lucia Lentes

Telefon: (069)798-22756, E-Mail: [email protected]

Johann Wolfgang Goethe-Universität

Abteilung Marketing und Kommunikation

Senckenberganlage 31 • 60325 Frankfurt am Main

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UNIVERSITÄTAUSGABE 1 • JANUAR 2008 7-

„Ihre Mithilfe ist gefragt!“ Sowirbt die Johann WolfgangGoethe-Universität um Unter-stützung für eine neu erschlos-sene, gleichwohl aber höchstumstrittene Finanzierungs-quelle: die Studiengebühren. Sokönnten die Studierenden „nochschneller und erfolgreicher stu-dieren“, verspricht Uni-PräsidentSteinberg – und fordert dazu auf,Mängel zu melden.

VON MIROSLAV BROHN

500 Euro pro Semester – sovielkostet seit Oktober auch inHessen ein Studium. Für dieFrankfurter Universität bedeutetdas rund elf Millionen Eurozusätzlich für das laufendeWintersemester. Geld, das aus-schließlich in die Verbesser-ung der Studienbedingungen fließen soll. Und die Student-innen und Studenten sind aufgefordert, die bestehendenMängel zu benennen: „Wenn Siebemerken, dass die Studien-bedingungen an bestimmtenStellen noch nicht hinreichendverbessert wurden, dann schickenSie uns bitte eine E-Mail“, fordertdie Uni ihre Studenten auf.Besonders wichtig seienHinweise, wenn es irgendwoProbleme mit der regulärenStudierbarkeit eines Faches gebe.

Doch solche Mängel, da ist sich die Uni-Spitze sicher, dürftennicht allzu häufig sein. Schließ-lich hatte die Hochschule schonim Vorfeld des Wintersemesters3,6 Millionen Euro aus eigenenHaushaltsmitteln in die Ver-besserung der Studienbedin-gungen investiert. Das liege, soUni-Präsident Rudolf Steinberg,„deutlich über den gesetzlichenMindeststandards“. Und er ver-spricht den Studierenden unteranderem, dass…

… Veranstaltungen mit einerbegrenzten Teilnehmerzahldurchgeführt werden, dieeine intensive Mitarbeit derStudierenden ermöglicht

… es genug Parallelveran-staltungen gibt, damit nie-mand wegen fehlenderSeminare in Zeitverzug gerät

… die Dozenten eine fachlichfundierte und didaktisch gutpräsentierte Lehre anbieten

… die Öffnungszeiten derBibliotheken und das gene-relle Beratungsangebot aus-gebaut werden

… in den Seminaren die neues-ten technischen und didakti-schen Hilfsmittel benutztwerden und

… neben der Grundlagenver-mittlung auch Soft Skills wieetwa das wissenschaftlicheSchreiben gefördert werden.

Dazu wurde schon in der vorle-sungsfreien Zeit im Herbst in vie-len Seminarräumen und Hörsälenkräftig gewerkelt. „Die Aufgabe,die Studienbedingungen anHessens größter und Deutschlandsfünftgrößter Universität spürbarzu verbessern, war für uns alle einbeispielloser Kraftakt“, sagt Vize-präsident Andreas Gold. Insbe-sondere die Hochschulverwaltunghabe dabei „Großartiges“ geleistet.Bei einem Besuch des hessischenJustizministers Jürgen Banzer(CDU), der sich ein eigenes Bildvon den verbesserten Studien-bedingungen machen wollte, prä-sentierte die Universität unteranderem rund 150 Tutorien imFachbereich Rechtswissenschaftenund neue Hochdeputatsstellen fürdie Durchführung juristischerRepetitorien als Beispiele dafür,wie sich mit den Einnahmen ausden Studienbeiträgen die Be-dingungen deutlich verbessern.Damit, so Banzer, würdenStudierende „auch finanziell spür-

bar entlastet“, weil sie keineexternen Repetitoren mehr inAnspruch nehmen müssten. Aufdiesem Wege trage die Hochschuleauch zu einer breiteren Akzeptanzder Gebühren bei.

Von Akzeptanz, sagen jedochdie Kritiker der Studienbeiträge,könne keine Rede sein – denn dieversprochene Verbesserung derStudienbedingungen sei nur ver-einzelt zu spüren. „Am chroni-schen Raummangel können auchGebühren nichts ändern“, sagtetwa Dirk Reheis, Referent fürStudienbedingungen beim AStAder Goethe-Universität.

Dabei bescheinigen auch dieStudentenvertreter der Uni, etwaim Fachbereich Neuere Philo-logien tatsächlich neue Lehr-stellen geschaffen und „die längstüberfälligen Renovierungsarbeiten“durchgeführt zu haben. Doch esgebe immer noch überfüllteVeranstaltungen, bei denen Nach-wuchsakademiker gezwungenseien, dem Seminar vom Fensteraus beizuwohnen.

Kritik, die bei RudolfSteinberg angekommen ist. „Beieiner Universität mit 33 000 Stu-dierenden wird in der erstenPhase der Umsetzung sicher

noch nicht alles ganz rund laufen“, sagt der Uni-Präsident.Dafür bittet er seine Stu-dierenden ausdrücklich umVerständnis und appelliert anihren Pioniergeist: „Sehen Siemöglicherweise auftretende Pro-bleme auch als Chance, dieStudienbedingungen an IhrerUniversität zu verbessern.“ ImÜbrigen, so Steinberg, sei er sichsicher, dass die Einführung desStudienbeiträge zu keiner sozia-len Schieflage an der UniversitätFrankfurt führen würden. Dafürgebe es einerseits eine groß-zügige Härtefall-Regelung sowieein Darlehensmodell und ande-rerseits die gesetzliche Vorgabe,dass das leistungsmäßig besteZehntel der Studenten von denZahlungen befreit werde.

Die Debatte ist damit aber nochlängst nicht beendet. Denn hessi-sche Studentenvertreter hoffen,die Studiengebühren landesweitvor Gericht zu Fall zu bringen.Aus Sicht der Studenten wäre dasdie Verhinderung einer bildungs-politischen Barriere – für dieHochschulleitung dagegen eineverpasste Chance zur unmittel-baren Verbesserung der Studien-und Lernbedingungen.

Uni verspricht: Bessere StudienbedingungenKleine Seminare, bessere Ausstattung, mehr Service und Beratung

Dialogorientierte Studienbedingungen

Betreuungsmöglichkeiten für die Kleinsten, Studierendenwohnheim und Unibibliothek

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UNIVERSITÄT AUSGABE 1 • JANUAR 20088 -

Caroline Richter (22), Studentin im Fachbereich Geschichte und Germanistik auf Lehramt

Dass die Uni bald zum Campus Westend umzieht, finde ich super. Ich habe durchmeine Fächer schon die meiste Zeit meines Studiums dort verbracht. Der Campus ist schön grün und gepflegt, die Gebäude liegen ja direkt neben dem Palmengarten.Klar gibt es auch mal überfüllte Hörsäle, aber das lässt sich an einer Uni wohl kaumvermeiden. Dass viel passiert, merkt man schon: Es gibt mehr Lehrpersonal undSeminare. Ob das an den Studiengebühren liegt oder an der Stiftungsuniversität,kann ich gar nicht sagen. 500 Euro sind eine ganze Menge Geld. Es ist in Ordnung,für das Studium zu zahlen. Die Hälfte hätte es aber auch getan. Vor allem, dassBAföG-Empfänger diesen hohen Betrag zahlen müssen, ohne dass der BAföG-Satzerhöht oder die Verdienstgrenze angehoben wird, finde ich absolut nicht inOrdnung.

Tobias Röben (25), Student im Fachbereich Politikwissenschaften auf Diplom

Frankfurt hat zwar nicht das Flair einer typischen Universitätsstadt, aber mirgefällt, dass es hier etwas weltstädtischer zugeht. Ich studiere auf dem CampusBockenheim, und leider gehören die Sozialwissenschaftler zu den letzten, die insWestend ziehen. Dass Frankfurt jetzt eine Stiftungsuniversität ist, halten viele füreine gute Idee. Allerdings fragen sich viele Studenten, ob nicht vor allem dieJuristen, BWLer und VWLer von den privaten Geldern profitieren. Wenn dieUniversität dafür sorgt, dass alle etwas abbekommen, freuen wir uns. Es ist eineChance, eine stärkere Praxisorientierung einzubauen.

Klaus Troglauer (24), Student im Fachbereich Volkswirtschaft auf Diplom

In meinem Fachbereich haben wir gute Kontakte zur Wirtschaft. Viele Dozentenarbeiten etwa bei der Europäischen Zentralbank oder der Deutschen Bank. Wirbekommen viele Stellenausschreibungen und Praktikumsangebote – das ist sehrpositiv. Natürlich gibt es auch einige schlechte Sachen zu berichten. DieUmstellung auf die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge wirkt sich ungüns-tig auf das Lehrangebot aus. Einige Kurse, die man früher immer belegen konn-te, finden jetzt nur noch alle zwei Semester statt. Insgesamt bin ich mit derAusstattung der Uni aber zufrieden. Total überfüllte Hörsäle kenne ich zumGlück nicht.

„Mir gefällt, dass es hier weltstädtischer zugeht“Was sagen Studierende zur Neuordnung der Goethe-Universität?