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Eine Information der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (DGN)

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Nuklearmedizinische Verfahren zur frühzeitigen Diagnostik…

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Das menschliche Herz ist ein großer Hohlmuskel, der täglichrund 100 000 mal kontrahiert, also zusammenzieht, und dabeietwa 9000 Liter Blut durch den Körper pumpt. Um diese Lei-stung zu vollbringen, benötigt es – in Relation zu seiner Größe– mehr Energie als jedes andere Organ im Körper. Das Herz istdurch eine Scheidewand in eine rechte und eine linke Hälfteunterteilt, die ihrerseits wieder in Vorhof (Atrium) und Haupt-kammer (Ventrikel) getrennt sind. Jeweils zwischen Vorhof

F Das Herz und die großen zu- und abführenden Gefäße

Haupt-schlagader

Lungenschlagader

obereHohlvene

linkerVorhof

rechterVorhof

untere Hohlvene rechte Kammerlinke

Kammer

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und Hauptkammer und zwischen den Kammern und den gro-ßen Blutgefäßen sitzen ventilartige Strukturen (Herzklappen,Aortenklappe), die sicherstellen, dass das Blut jeweils nur indie gewünschte Richtung strömen kann. Im Einzelnen siehtdas folgendermaßen aus: Das dunkelrote, sauerstoffarme, ve-nöse Blut gelangt über die großen Venen aus Kopf und Körperin den rechten Vorhof. Durch Kontraktion des Vorhofes strömtes weiter in die rechte Hauptkammer. Diese kontrahiert und

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Hauptschlagader

Lungen-schlagader

obere Hohlvene

linkerVorhof

rechterVorhof

linke Kammer

rechte Kammer

Herzmuskeluntere Hohlvene

F Längsschnitt durch das Herz.

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F Sequenz eines Herzschlages:

F (1) Diastole: Die Vorhöfe füllen sich (rechts mit sauerstoffreichem,links mit sauerstoffarmen Blut).

F(2) Das Blut strömt in die Hauptkammern.

F(3) Systole: Der Rückfluss in die Vorhöfe ist durch die Herzklappen ver-sperrt. Die Herzkammern sind gefüllt.

F(4) Die Klappen zu den den beiden Hauptschlagadern öffnen sich,wenn das Herz sich zusammenzieht und das Blut austreibt.

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F Bei der Koronarangiographie werden über die Venen (beginnend in Leiste oder Ellenbogen) dünne Schläuche (Katheter) in die Herz-kammern geführt, so dass Röntgen-Kontrastmittel direkt in die Herz-kranzgefäße gespritzt werden kann. In der Röntgenaufnahme ist gutzu sehen, wo in den großen Herzkranzgefäßen ein Engpass (Pfeil)oder gar ein Verschluss aufgetreten ist.

presst dadurch das Blut in den Lungenkreislauf. Der Weg zu-rück wird jeweils durch die oben genannten „Ventile“ ver-sperrt.In den Lungen wird es mit Sauerstoff angereichert und änderthierdurch seine Farbe (hellrot). Es strömt zurück in den linkenVorhof und von dort in die linke Hauptkammer. Durch derenKontraktion (zeitgleich mit der zuvor beschriebenen Kontrak-tion der rechten Hauptkammer) gelangt das Blut über die gro-ßen Schlagadern in den Körperkreislauf, über den die innerenOrgane, die Muskulatur und das Gehirn und Nervensystemversorgt werden. Auf diesem Weg wird ihm Sauerstoff entzo-gen, es wird aber gleichzeitig mit Nährstoffen angereichert. Die Phase der Kontraktion des Herzmuskels nennt man Systo-le, die der Entspannung – das Blut strömt in die Herzkammern– Diastole. Der Herzmuskel selbst wird über die feinverzweig-ten Herzkranzgefäße mit Blut und damit mit Sauerstoff undNährstoffen versorgt.

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Die Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems sind die häufigsteTodesursache in Deutschland: 1994 starben von 100000 Ein-wohnern jeweils 449 Männer und 601 Frauen an einer Erkran-kung des Herz-Kreislaufsystems. Darunter waren 123 Männerund 91 Frauen, die einen akuten Herzinfarkt erlitten. Dem-gegenüber stehen zunehmend bessere therapeutische Mög-lichkeiten, Herzerkrankungen zu heilen oder in der Auswir-kung zu mindern. Voraussetzung dafür ist allerdings einemöglichst frühzeitige und präzise Diagnose.

Alarmsignale für eine Erkrankung der Herzkranzgefäße, diesogenannte Koronare Herzkrankheit (KHK), sind Symptome,die mehr oder weniger typisch sein können. Dazu zählenDruckgefühl oder Brennen in der Brust eventuell mit Aus-strahlung in den linken Arm oder EKG-Befunde (Elektrokar-diogramm) im Rahmen einer Routineuntersuchung. Proble-matisch ist dabei einerseits, dass solche Beschwerden auchdurch ganz andere Erkrankungen hervorgerufen werden kön-nen wie beispielsweise Wirbelsäulen- und Speiseröhrener-krankungen. Andererseits kann eine KHK auch lange Zeitohne diese Symptome verlaufen.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Problematisch bei der KHK ist, dass sie selbst dann, wenn ein-zelne Herzkranzgefäße schon zur Hälfte oder sogar vollkom-men verschlossen sind, noch nahezu beschwerdefrei verlau-fen kann. Nur unter Belastung – Stress oder körperlicher An-strengung – können Atemnot oder Schmerzen im Brustbe-reich auftreten. Der Arzt muss erfragen, ob die Beschwerdenals typische Angina pectoris (Brustenge) oder atypische Brust-

F Folgen eines Herzinfarktes: Um die Kernzone (dunkelgrau)bildet sich eine Zone mit Schädigungen am Myokard(mittelgrau) und ein minderdurchbluteter Bereich (hellgrau).

Zone des Infarktes

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schmerzen einzustufen sind. Eine frühzeitige, fundierte Dia-gnose bei Verdacht auf eine KHK ist dringend erforderlich.

Dazu werden zunächst Elektrokardiographie-Untersuchungen(EKG) unter Ruhe- und Belastungsbedingungen durchgeführt.Ergeben sich dabei Hinweise auf eine Herzerkrankung, sokann der Kardiologe (Arzt für Herzkrankheiten) weitere Unter-suchungen durchführen. Diese können von sogenanntennicht-invasiven Verfahren wie der Herzultraschall-Untersu-chung und der Myokardszintigraphie bis hin zu den invasivenVerfahren der Koronarangiographie (Herzkatheter) reichen.

Bei der Koronarangiographie wird durch einen dünnenSchlauch (der Herzkatheter) Kontrastmittel direkt in die Gefä-ße gespritzt, die den Herzmuskel mit Blut versorgen. Der Weg,auf dem das Kontrastmittel durch diese sogenannten Herz-kranzgefäße strömt, wird mit einer speziellen Röntgenanlageaufgezeichnet. Gefäßverengungen (Stenosen) sowie Gefäß-verschlüsse werden so sichtbar.

In vielen Fällen ist der Einsatz eines nicht-invasiven Untersu-chungsverfahrens wegen der deutlich geringeren Belastungfür den Patienten angezeigt, in anderen Fällen hingegen beieindeutiger Symptomatik und EKG-Befundlage primär die Ko-ronarangiographie.

In der Nuklearmedizin stehen zur Herzuntersuchung im We-sentlichen drei Verfahren zur Verfügung, die je nach Frage-stellung zum Einsatz kommen:

1. Myokardszintigraphie

2. Radionuklidventrikulographie

3. Positronen-Emissions-Tomographie

Myokardszintigraphie

Das Myokard, also das Herzmuskelgewebe, wird von einemdichten Netz von Gefäßen, den Herzkranzgefäßen, mit Sauer-stoff und Nährstoffen versorgt. Verengt sich eines dieserHerzkranzgefäße beispielsweise durch Fettablagerungen inder Gefäßwand, kommt es in der Region des Herzmuskels, dievon diesem Gefäß versorgt wird, zu einer Unterversorgung.Der Herzmuskel kann nicht mehr mit voller Leistung arbeitenund auf körperliche Belastungen nicht mehr ausreichend rea-gieren.

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Wird ein wichtiges Herzkranzgefäß weitgehend oder vollstän-dig verschlossen, droht der gefürchtete Herzinfarkt. Imschlimmsten Fall stirbt das Herzmuskelgewebe, das von die-sem Gefäß versorgt wurde, vollständig ab. Es entsteht eineHerzmuskelschädigung, die jedoch von noch lebensfähigemGewebe umgeben sein kann (sogenanntes winterschlafendesoder, englisch, hibernating Myokard). Ob dies der Fall ist odernicht, entscheidet über die weitere Therapie.

Hier gibt die Myokardszintigraphie Antworten. Bei dieserUntersuchung handelt es sich heute in der Regel um eineschichtweise Untersuchung des Herzens (Tomographie) mitder sogenannten SPECT – Single Photon Emission ComputerTomography. Zur Untersuchung der Herzmuskelfunktion wer-den dem Patienten schwach radioaktiv markierte Substanzen

F Beispiel einer Myokardszintigraphie am gesunden Herzen: Gezeigt werden drei einzelne Schichten. „short axis“ bezeichnet einen Schnitt senkrecht zur Herzlängsachse,„long axis“ den parallel zur Herzlängsachse. (HW = Herzhinterwand, VW = Vorderwand, LW = Lateralwand = Seitenwand, AP = Apex = Herzspitze)

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F In dieser Aufstellung ist gut zu erkennen, wie die in der Myokards-zintigraphie sichtbaren Schnitte entstehen: Es werden meist mehrereSchnittebenen durch den Herzmuskel zusammengestellt, um vielInformation zu erhalten.

(die sogenannten Radiopharmaka) in die Blutbahn einge-spritzt, die sich im Herzmuskel je nach Durchblutung anrei-chern.

Ihre Verteilung im Herzmuskel kann – aufgrund der radioakti-ven Markierung – von außen mit einer speziellen Kamera(Gamma-Kamera, SPECT-Kamera) Schicht für Schicht gemes-sen und als zwei- oder dreidimensionales Bild sichtbar ge-macht werden.

Dieses Bild – das Szintigramm – gibt die Durchblutung desHerzmuskels wieder. Dabei werden jedoch nicht – wie etwabei der Koronarangiographie – die einzelnen, größeren Herz-

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gefäße dargestellt; stattdessen wird die Auswirkung einerGefäßveränderung auf die gesamte Muskeldurchblutungsichtbar gemacht: Die radioaktiv markierten Substanzen kön-nen schwach durchblutetes Gewebe erheblich schlechter er-reichen als gesundes, gut durchblutetes Myokard. Im späte-ren Szintigramm erscheinen solche unterversorgten Herzmu-skelregionen daher schwächer „angefärbt“. Dadurch lässtsich gut erkennen, wie groß der betroffene Bereich des Herz-muskels und wie stark die Durchblutung reduziert ist.

Gerade wenn vorhergehende Untersuchungen eher vage Hin-weise auf eine KHK liefern, ist eine Myokardszintigraphie fürdie endgültige, exakte Diagnose von großer Bedeutung. Auchbei Vorliegen von Risikofaktoren für eine KHK (beispielsweiseRauchen oder Übergewicht) und bestimmten EKG-Befunden(zum Beispiel sogenannte Schenkelblockbilder) kann dieDurchführung einer Myokardszintigraphie sinnvoll sein. Be-

F 62jähriger Patient mit koronarer Herzkrankheit: a. Myokardszintigra-phie nach Injektion der radioaktiv markierten Substanz Tc-99m MIBI.b. Szintigraphie im Ruhezustand und unter Wirkung von Herzmedika-mente. Deutlich zu sehen ist in der Herzspitze (rechts) die Minderver-sorgung des Myokards unter Belastung.

a

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sonders wichtig ist die Methode für die Risikoabschätzungbzw. Behandlung von Patienten, bei denen das EKG durch be-stimmte Herzmedikamente (Digitalis-Präparate), einen Herz-schrittmacher oder in Folge von Rhythmusstörungen oder ei-nes stattgefundenen Herzinfarktes nur wenig Aussagekrafthat.Mindestens ebenso wichtig wie die Möglichkeit, eine KHKnachzuweisen, ist in vielen Fällen die beruhigende Gewiss-heit, die die Myokardszintigraphie den Betroffenen gebenkann: Ein unauffälliger, also in keiner Weise krankhafter Be-fund in der Myokardszintigraphie bedeutet, dass das Risiko,in den folgenden Jahren ein Herzereignis zu erleiden, unter ei-nem Prozent liegt.Ist bereits bekannt, dass eine KHK vorliegt, dient die Myo-kardszintigraphie dazu, das Ausmaß der Durchblutungsstö-rungen in den einzelnen Herzkranzgefäßen anhand der (mög-licherweise fehlenden) Versorgung des Herzmuskelgewebeszu erfassen. Dadurch kann eine Behandlung, zum Beispieleine Aufweitung des Gefäßes durch die sogenannte Ballon-dilatation, gezielt vorgenommen werden.

c

d

F c. (Belastung) und d. (Ruhe)zeigen die entsprechenden3-D-Darstellungen. Dabeiist die Berechnung sogewählt, dass normaldurchblutetes Herzgewebedargestellt wird, minder-durchblutetes nicht. In c. „fehlt“ daher die Herz-spitze und die angrenzen-den Anteile von Vorder-wand und Herz-scheidewand.

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Andererseits lassen sich unnötige und gefährliche Eingriffevermeiden, wenn die Myokardszintigraphie zeigt, dass eineVerbesserung der Herzfunktion dadurch nicht zu erzielen ist.

Wie läuft eine Myokardszintigraphie ab?

Vorbereitung: Vor einer Myokardszintigraphie muss der Pa-tient oder die Patientin mindestens drei Stunden, besser überNacht nüchtern bleiben. Dies verhindert, dass der durch Ver-dauungstätigkeit stark durchblutete Darm das Herz „überla-gert“.

Ergometrie: Dahinter verbirgt sich die gesteuerte „Arbeits-belastung“ des Herzens während der Untersuchung. Um eineDurchblutungsstörung empfindlich nachweisen zu können,muss die Durchblutung des Herzmuskels durch körperlicheAnstrengung (auf dem Fahrradergometer) oder, falls dieswegen der Erkrankung nicht möglich ist, durch Medikamentestimuliert werden. Während der maximalen Belastung desHerzmuskels wird die radioaktiv markierte Substanz in dieArmvene injiziert. Je nach verwendeter Substanz muss eineunterschiedlich lange Zeit gewartet werden, bis die Messungan der Gammakamera durchgeführt werden kann. Diese Zeitkann zwischen fünf und 60 Minuten variieren.

Ruheuntersuchung: Um Aussagen über den unterschied-lichen Durchblutungszustand des Herzmuskels in Ruhe undunter Belastung machen zu können, wird eine zweite Unter-suchung im Ruhezustand des Patienten durchgeführt. Diesekann entweder am gleichen oder an einem späteren Tag erfol-gen. Dazu können zusätzlich durchblutungsfördernde Medi-kamente verabreicht werden, um optimale Durchblutungs-bedingungen zu schaffen.

Die Ruheuntersuchung soll vor allen Dingen die Frage be-antworten, ob eine Durchblutungsminderung in der Herz-muskelregion bestehen bleibt (narbentypisch) oder sich nor-malisiert (typisch für belastungsbedingt schwach durch-blutetes Herzmuskelgewebe). Definitiv ist dies allerdings sehrhäufig erst nach einer PET-Untersuchung zu klären (10 bis 30Prozent, siehe unten).

Ist die Untersuchung belastend für den Patienten?

Eine Fastenzeit (es darf keine Nahrung aufgenommen wer-den) von mindestens drei Stunden, besser über Nacht stellt in

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der Regel keine große Belastung dar. Bei Diabetikern sollte In-sulin entsprechend geringer dosiert oder eine leichte, nichtbelastende Zwischenmahlzeit nach Rücksprache mit dem Arzteingenommen werden.Wichtig für eine gute Aussagekraft der Myokardszintigraphieist eine ausreichende körperliche Belastbarkeit des Patienten,damit eine hohe Herzfrequenz erreicht wird. Bei ungenügen-der körperlicher Belastbarkeit kann eine Belastung mit Medi-kamenten simuliert werden, die nebenwirkungsarm und gutsteuerbar sind (beispielsweise Adenosin oder Dobutamin).Der zeitliche Aufwand für den Patienten ist relativ groß, daBelastungsphase (rund 20 Minuten), Wartezeit bis zur Auf-nahme (bis zu 60 Minuten) und Untersuchungszeiten von 20bis 30 Minuten einen mehr als zweistündigen Aufenthalt beimArzt notwendig machen. Problematisch kann für einige Pa-tienten die Armhaltung werden, da die Arme nach oben vomKörper weggestreckt werden müssen. Zwar liegt der Patientauf einer Liege, jedoch erfordert diese Haltung eine gewisseBeweglichkeit in den Schultergelenken.Die Strahlenexposition liegt wie bei den meisten nuklearme-dizinischen Untersuchungen in der Größenordnung der natür-lichen Strahlenexposition, die man in einem Jahr durch Strah-lung aufnimmt, die von der Erde, der Nahrung und der Atmo-sphäre ausgeht. Größenordnungsmäßig entspricht dies einerRöntgen-Computertomographie (CT) der Lunge.

Was leistet die Myokardszintigraphie für den Patienten?Mit der Myokardszintigraphie ist es möglich, nicht-invasiv(also ohne jeden Eingriff in den Körper) und ohne ein erhöhtesRisiko für den Patienten die Durchblutungssituation im Herz-muskel zu bestimmen. Dadurch ist eine gefährliche Durchblu-tungsstörung früh und mit großer Sicherheit nachzuweisen,so dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden können, seies mit Herzmedikamenten, durch Gefäß-Erweiterung odereine Bypass-Operation. Dadurch wird nicht nur die Leistungs-fähigkeit des Herzmuskels und damit des Patienten verbes-sert, sondern es kann auch die Überlebenszeit deutlich erhöhtwerden.

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Radionuklidventrikulographie (RNV)

Mit Hilfe der Radionuklidventrikulographie lässt sich einer-seits die Wandbewegung des Herzens sichtbar machen, ande-rerseits die Menge des vom Herzen pro Herzschlag in die gro-ße Körperschlagader gepressten Blutes bestimmen (EF, diesogenannte Ejektionsfraktion).

Als Spezialuntersuchung wird die RNV mit radioaktiv markier-ten roten Blutkörperchen durchgeführt. Haupteinsatzgebietesind heute der Nachweis einer Herzschädigung durch herz-schädigende Substanzen sowie die Aorteninsuffizienz, alsoein unvollständiger Schließvorgang der Herzklappe (Ventil-funktion!) zwischen der linken Herzkammer und der großenKörperschlagader. Dadurch kann Blut aus der Schlagader insHerz zurückströmen, statt in den Körperkreislauf gepresst zuwerden.

Der Vorteil der Radionuklidventrikulographie liegt darin, dassein Rückfluss des Blutes nicht nur qualitativ, sondern auchquantitativ, also mengenmäßig bestimmt werden kann. Eineneue Entwicklung im Bereich der Myokardszintigraphie, diesogenannte gated SPECT, erlaubt – durch EKG gesteuerteAufnahmen der Herzdurchblutung – Aussagen über diePumpfunktion des Herzens, die denen der Radionuklidventri-kulographie sehr ähnlich sind. Diese Technik findet derzeitzunehmenden Einsatz als Alternative zur Radionuklidventri-kulographie.

Wie läuft die Radionuklidventrikulographie ab?

Vorbereitung: Vor der Radionuklidventrikulographie ist einebesondere Vorbereitung seitens des Patienten nicht erforder-lich. In der Regel wird die Untersuchung im Ruhezustand undunter Belastung durchgeführt. Die Markierung des Bluteskann durch Gabe von Medikamenten direkt erfolgen, oder eswird Blut entnommen, außerhalb des Körpers markiert undwieder injiziert.

Untersuchung: Die Untersuchung erfolgt auf einer Liege mitBelastungseinheit (sozusagen ein Liegefahrrad). Vor der Brustwird die Kamera positioniert, so dass das markierte Blut, dasdas Herz durchströmt, gemessen werden kann. Zeitgleichwird ein EKG angefertigt, über das auch die Kamera gesteuertwerden kann. Die Aufnahmezeiten, die durch das EKG ausge-

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F Bei diesem 51jährigen Pa-tienten war im EKG eineleicht eingeschränkte Funk-tion der linken Herzkammerzu sehen. In der Abbildungist oben die RNV-Darstellungder maximal gefüllten Herz-kammern zu sehen (End-diastole) (RV = rechte Herz-kammer; LV = linke Herz-kammer; Ao = Körperschlag-ader; Pa = Lungenschlag-ader), unten die minimalgefüllten (Endsystole). Ausdiesen beiden Abbildungenlässt sich der quantitativeUnterschied des Blut-volumens berechnen.

löst werden, betragen den Bruchteil eines Herzschlages, sodass pro Herzschlag mehrere Bilder „geschossen“ werden,die anschließend zu einem „Film“ zusammengesetzt werden.Was man sieht, ist der typische Ablauf eines Herzschlages.Zunächst erfolgt die Ruheuntersuchung, dann die Belastung.Dabei muss der Patient konstant eine hohe Belastungsstufeauf dem Liegefahrrad (Ergometer) erbringen, so dass eine kon-stant hohe Pulsfrequenz über die ganze Aufnahmezeit hin-weg gehalten wird. Je nach Fragestellung werden Aufnahmenaus bis zu drei verschiedenen Perspektiven aufgezeichnet.

Bedeutet die Untersuchung eine Belastung für den Patienten?Für die Untersuchung ist eine körperliche Belastung notwen-dig (etwa fünf bis zehn Minuten lang). Die Lagerung ist je-doch komfortabel. Der Oberkörper muss über die gesamteZeit der Aufnahme ruhig gehalten werden. Die Aufnahmezei-ten liegen bei jeweils fünf bis zehn Minuten für die Ruhe- unddie Belastungsuntersuchung. Der gesamte Zeitaufwand liegtbei etwa einer Stunde.

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PET–Positronen-Emissions-Tomographie

Bei einigen Fragestellungen ist nicht nur die Durchblutungdes Herzmuskels für die genaue Diagnose interessant, son-dern auch seine Versorgung mit Nährstoffen. Um diese sicht-bar zu machen, muss man den Zuckerstoffwechsel im Muskel-gewebe darstellen. Gegenüber gesundem Gewebe ändertsich die Glukose-Aufnahme (Glukose = Traubenzucker) im ge-schädigten Herzmuskelgewebe, dem Myokard, deutlich.

Am besten für die Darstellung der Nährstoffversorgung desHerzmuskels geeignet ist die Positronen-Emissions-Tomogra-phie – kurz PET – geeignet. Bei diesem Verfahren wird demPatienten eine geringfügig modifizierte, radioaktiv markierteForm des Traubenzuckers injiziert – das sogenannte FDG –,die sich – abhängig von der Nährstoffaufnahme – in den Herz-muskelzellen anreichert.

Misst man mit der PET-Kamera von außen die Verteilung desFDG im Herzmuskel, sind die gesunden Herzmuskelanteilekräftig „angefärbt“. Geschädigte Herzmuskelanteile weichendagegen in ihrer FDG-Anreicherung und damit in ihrer Dar-stellung im PET-Bild deutlich davon ab. Sind einzelne Bereichedes Herzmuskels überhaupt nicht „angefärbt“ zu sehen, liegthier Narbengewebe vor, das beispielsweise nach einem Herz-infarkt zurückbleiben kann.

Ein solcher PET-Befund leistet wichtige Dienste bei der Pla-nung von – am offenen Herzen nach wie vor riskanten – Ope-rationen, insbesondere wenn die Funktion der linken Herz-kammer stark eingeschränkt ist. Wird beispielsweise eine Mus-kelregion nach einem Herzinfarkt nur noch sehr schwachdurchblutet, ist dies möglicherweise mit der Koronarangio-graphie (Röntgen-Katheter-Untersuchung mit Kontrastmittel)nicht mehr nachweisbar, da diese nur Veränderungen an dengroßen Herzkranzgefäßen anzeigt (Makrozirkulation), nichtjedoch an den kleinen (Mikrozirkulation).

Dennoch ist das Gewebe noch lebensfähig, solange noch Glu-kose verstoffwechselt wird. In einer solchen Situation ist bei-spielsweise eine Bypass-Operation erfolgversprechend. Ge-lingt es, dadurch die Durchblutung dieses „winterschlafen-den“ Herzmuskelgewebes zu verbessern, kann das Gewebesich wieder erholen.

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F 55jähriger Patient nach einem Herzinfarkt in der Hinterwand desHerzens: Im oberen Bild mit der Myokardszintigraphie die Durch-blutung des Herzmuskels dargestellt. Zu sehen ist die reduzierteDurchblutung der Hinterwand (gelbe Pfeile). Im unteren Bild wirdmittels der FDG-PET der Stoffwechsel sichtbar gemacht. Deutlich istzu sehen (gelbe Pfeile), dass gerade in den minderdurchblutetenBereichen der Stoffwechsel erhöht ist. Hier spricht man von einersogenannten Mismatch-Situation: Die beiden Befunde stimmen nichtüberein. Dies spricht in diesem Fall für lebensfähiges, winter-schlafendes Herzmuskelgewebe, das z. B. von einer Bypass-Operation profitieren würde.

Findet hingegen im geschädigten Gewebe kein Glukosestoff-wechsel mehr statt, wäre eine Bypass-Operation unter Um-ständen nicht nur sinnlos – sie würde für den ohnehin ge-schwächten Patienten auch ein erhebliches, überflüssiges Ri-siko darstellen. Für diese Gruppe von Patienten kommen eher konservative-medikamentöse Therapien und nicht-operative Eingriffe mitZugang über die Gefäße (Stent, Laser, PTCA) in Frage. InschwerstenFällenbleibt nur die Herztransplantation.

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Wann wird eine PET-Untersuchung durchgeführt?Die PET wird am Herzen vor allem dann eingesetzt, wenn esum die Entscheidung für oder gegen eine riskante oder sehraufwendige Operation geht. Vor der Planung einer eventuellnotwendigen Herztransplantation wird sehr häufig eine PET-Untersuchung durchgeführt.

Wie läuft eine PET-Untersuchung ab?Vorbereitung: Häufigste Anwendung der PET ist der Nach-weis der Lebensfähigkeit des Herzmuskelgewebes. Dazu wirdin der Regel das Traubenzucker-Derivat FDG eingesetzt. Dazumuss der Patient einige Stunden auf die Nahrungsaufnahmeverzichten, also beispielsweise die letzte Mahlzeit vor derUntersuchung am Morgen am Abend zuvor einnehmen. Nichtkalorienhaltige Getränke (Wasser, ungesüßter Tee) sollte manjedoch auch am Untersuchungstag reichlich zu sich nehmen.Auch durchblutungsfördernde Medikamente müssen weitereingenommen werden.Untersuchung: Bei der PET-Aufnahme liegt der Patient ruhigauf einer Liege im PET-Gerät. Dieser Tomograph besteht auseinem Kameraring mit großem Durchmesser, in den die Liegehineingeschoben wird. Alles ist recht geräumig, so dass auchPatienten, die unter Platzangst leiden, in der Regel keinerleiProbleme haben.Die Brustregion wird über eine Länge von etwa 40 cm „ge-scannt“, also vom Kameraring abgetastet, so dass die Vertei-lung des markierten Traubenzuckers im Herzmuskel dreidi-mensional dargestellt werden kann. Diese Aufnahme dauertetwa 20 Minuten. Während dieser Zeit muss der Patient ganzruhig liegen.

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Stellt die PET eine Belastung für den Patienten dar?Die größte Belastung liegt bei der PET-Untersuchung mit FDGin der langen Fastendauer von mindestens acht Stunden. In-sulinpflichtige Patienten müssen die Injektion von Insulin ent-sprechend umstellen. Außerdem müssen bestimmte Medika-mente eingenommen werden, die dafür sorgen, dass derHerzmuskel sich zum Zeitpunkt der Messung über Trauben-zucker versorgt und nicht über andere Substanzen. Die Unter-suchung dauert insgesamt rund drei Stunden, die einzelnenMessungen jedoch nur 20 Minuten. Sie wird in komfortablerLagerung durchgeführt.Die Strahlenexposition liegt wie bei den meisten nuklearme-dizinischen Untersuchungen in der Größenordnung der natür-lichen Strahlenexposition, der man in einem Jahr durch Strah-lung aus der Umgebung (Erdoberfläche, Nahrung, Atmosphä-re) ausgesetzt ist.

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Wo kann ich mich beraten lassen:Die Frage, ob ein nuklearmedizinisches Untersuchungs-verfahren in Ihrem konkreten Fall sinnvoll ist, kann jeder Nuklearmediziner beantworten, der für diese Verfahren ausgebildet ist.Adressen in der Nähe Ihres Wohnortes bekommen Siebei der Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V.:Heike Jordan c/o vokativ GmbHFriedländer Weg 7 • 37085 GöttingenFon 0551 / 370753-85 • Fax 0551 / 370753-79eMail: [email protected]

Impressum:V.i.S.d.P.: Arbeitsgemeinschaft Kardiovaskuläre Nuklearmedizin der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e. V.

Bildnachweis:Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universität zu KölnKlinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universität MünsterDeutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V.

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