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POSTGRADUALE FERNSTUDIENGÄNGE HUMAN RESOURCES STUDIENBRIEF OE0110 EINFÜHRUNG IN DIE ORGANISATIONSENTWICKLUNG AUTOR DR. ULRICH ERHARDT PROF. DR. MARTIN ELBE

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Postgraduale FernstudiengängeHuman resources

studienbrieF oe0110

einFüHrung in die organisationsentwicklung

autor dr. ulricH erHardtProF. dr. martin elbe

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Kaiserslautern 2018 (1. Auflage).

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I Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis IV

Tabellenverzeichnis V

Glossar VI

Kurzinfo zu den Autoren XII

Literaturverzeichnis XIV

Kompetenzziele XXIV

Einleitung: Relevanz der Organisationsentwicklung 1

1 Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung 5

1.1 „Organisation“ und „Organisationsentwicklung“ 5

1.2 Organisation – ein kurzer historischer Abriss 7

1.3 Vom Organization Building zur Organizational Development 13

1.4 OE-Prinzipien: Einbinden, Verstehen, Gestalten 16

2 Das Fundament der Organisationsentwicklung 19

2.1 Ursprünge, Wegbereiter, wissenschaftliche Quellen 19

2.1.1 Scientific Management 20

2.1.2 Der Human-Relations-Ansatz 21

2.1.3 „Drei-Phasen-Modell“ und Methoden der

Aktionsforschung

23

2.1.4 Soziotechnische Systeme 25

2.1.5 Der Aufbau lernender Organisationen 26

2.1.6 Organisationsentwicklung und Changemanagement 29

2.1.7 Verbreitung der OE in Deutschland und Europa 30

2.2 Bedarf für OE und ihre drei wichtigsten Formen 31

2.2.1 OE als Indiz für gesellschaftlichen Wandel 32

2.2.2 Klassische Organisationsberatung 34

2.2.3 Systemische Beratung 35

2.2.4 Organisationsentwicklung 36

2.2.5 Die Konvergenzhypothese 37

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II Inhaltsverzeichnis

2.2.6 Prozessberatung und Organisationsentwicklung 38

2.3 Prinzipien der OE: Einbinden, Verstehen, Gestalten 41

2.3.1 Einbinden 42

2.3.2 Verstehen 43

2.3.3 Gestalten 44

3 Der Mensch: Die soziale Effizienz in der Organisation 46

3.1 Einbinden: Betroffene beteiligen und aktivieren 46

3.1.1 Grundlagen der Moderation 47

3.1.2 Moderationsphasen 50

3.1.3 Dramaturgie und Grenzen der Moderation 57

3.2 Verstehen: Arbeit als soziale Beziehung 61

3.3 Gestalten: Personal Mastery als Selbstführung 63

4 Die Organisation: Die ökonomische Effizienz und

Strategie 70

4.1 Einbinden: Entwicklung von Visionen und Zielen 70

4.1.1 Was ist eine Vision? 71

4.1.2 Ziele, Vision und Missionen 72

4.1.3 Funktionen der Visionen in Organisationen 73

4.1.4 Visionen und Problemlösungen 74

4.1.5 OE-Verfahren zur Visionenentwicklung:

Praxisbeispiele 75

4.2 Verstehen: Organisationsdiagnose – Probleme und Verfahren 77

4.2.1 Grundprobleme 77

4.2.2 Wahrnehmungsbarrieren 79

4.2.3 Methoden 80

4.2.4. Großgruppenverfahren zur Diagnose 82

4.2.4.1 Open Space 82

4.2.4.2 World Café 83

4.2.4.3 Zukunftskonferenzen 86

4.3 Gestalten: Teamentwicklung und Organisationsentwicklung 88

4.3.1 Kurze Geschichte der TE 90

4.3.2 Definitionen von TE 91

4.3.3 Anlässe für TE 92

4.3.4 Ziele von TE 94

4.3.5 Konzepte und Methoden der TE 95

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III Inhaltsverzeichnis

5 Das Lernen: Die dynamische Effizienz der

Organisation 100

5.1 Einbinden: Lernpotenziale aktivieren (Selbstlernen/-

organisieren) 100

5.2 Führung als Lernprozess (sense making) 102

5.3 Gestalten: Lernkultur befördern (knowledge in making) 104

6 Professionalisierung der Organisationsentwicklung 108

6. 1 Rahmen einer OE: Auftrag, Aufbau, Architektur 108

6.1.1 Auftragsklärung 108

6.1.2 Aufbaustruktur 112

6.1.3 Architektur 113

6.2 Rollen und Handlungskompetenzen der

Organisationsentwickler/-innen

117

6.2.1 Der oder die OE-Beratende als Prozessbegleiter/-in der

lernenden Organisation

118

6.2.2 Förderliche Haltungen im OE-Prozess 118

6.2.3 Rollen und Kompetenzen eines OE-Beraters oder einer

OE-Beraterin

119

6.3 Professionalisierung der Organisationsentwicklung 122

6.3.1 Professionalisierung in Kinderschuhen 122

6.3.2 Vergleich mit der Schweiz und Österreich 123

7 Ausblick: Herausforderungen für OE: „Reinventing

Organizations“ 126

Musterlösungen zu den Übungsaufgaben 134

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IV Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Zyklen soziotechnischen Wandels 11

Abb. 2: Organisation und Konjunktur 12

Abb. 3: Bauplan verstehender Organisationsentwicklung 14

Abb. 4: Das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin 24

Abb. 5: Ursprünge, Wegbereiter und Quellen der

Organisationsentwicklung

31

Abb. 6: Formen der Organisationsberatung 33

Abb. 7: Experten- und Prozessberater/-in 41

Abb. 8: Sachlogisch-chronologisches Prozessmodell der Beratung 44

Abb. 9: Der Moderationszyklus 50

Abb. 10: Zielklärung 51

Abb. 11: Brainstorming-Ergebnis aus einem

Teamentwicklungsworkshop

53

Abb. 12: Von der Kartenabfrage zum Clustern 54

Abb. 13: Maßnahmenplan 56

Abb. 14: Stimmungsmatrix 57

Abb. 15: Der Moderationsplan 59

Abb. 16: Personal Mastery als Disziplinen der lernenden Organisation 64

Abb. 17: Ziele, Vision, Mission 72

Abb. 18: Visionenentwicklung als Disziplin der lernenden Organisation 73

Abb. 19: Die Visionsschaukel 75

Abb. 20: Der diagnostische Zirkel 79

Abb. 21: Das Eisbergmodell 81

Abb. 22: World Café 84

Abb. 23: Grundlegenden Aspekte der Zukunftskonferenz 87

Abb. 24: Der Team/Identitätsbaum 97

Abb. 25: Innovation und lernförderliche Arbeitsgestaltung 105

Abb. 26: Die „acht W-Fragen. 109

Abb. 27: Zeitteilung eines Auftragsklärungsgesprächs 112

Abb. 28: Prozessarchitektur) 116

Abb. 29: Acht Beraterrollen aus dem Rollenmodell 120

Abb. 30: Organisationen und die Stufen des Bewusstseins der

Menschen

130

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V Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Organisationsentwicklung und Chancemanagement 30

Tab. 2: Das idealtypische Vorgehen eines klassischen

Organisationsberaters oder einerklassischen

Organisationsberaterin

35

Tab. 3: Das idealtypische Vorgehen eines Organisationsentwicklers

oder einer Organisationsentwicklerin

37

Tab. 4: Auf Teamentwicklung spezialisierte Consulting-Firma 93

Tab. 5: Indikatoren der Lokomotion und Kohäsion 95

Tab. 6: Beratungsdesign 117

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VI Glossar

Glossar

Das Glossar umfasst eine Auswahl an zentralen Begriffen, die bei der Lektüre die-

ses in die Organisationsentwicklung einführenden Studienbriefs immer wieder von

Interesse sein könnten. Es handelt sich hier lediglich um eine Auswahl, die zwar

nicht zufällig, aber eben auch nicht vollständig sein kann.

Agilität

Agilität ist die Fähigkeit eines Unternehmens, sich kontinuierlich an seine kom-

plexe, turbulente und unsichere Umwelt anzupassen. Um diese Fähigkeit zu errei-

chen bedarf es zum Teil weitreichender Veränderungen.

Aktionsforschung

Aktionsforschung ist die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung im sozialen Feld,

unter Beteiligung der Betroffenen als gleichberechtigte Partner/-innen und der

Annahme, dass durch die Forschung das soziale Feld und somit der For-

schungsgegenstand sich verändern.

Artefakte

Artefakte sind physische Handlungsprodukte im sozialen Feld, zum Beispiel

Schriftstücke, Maschinen, Handbücher, Büroausstattung, Gebäude, Kunstgegen-

stände.

Autonomie

Autonomie bedeutet so viel wie Selbstverantwortung. Eine Person gibt sich selbst

(„auto“) ihr Gesetz („nomos“). Autonomiestreben ist die wesentliche Grundlage

des aufklärerischen Denkens, welches nach Kant dem „Mut“ folgt, sich des eige-

nen Verstandes „ohne fremde Hilfe“ zu bedienen.

Autopoiese

Autopoiese meint die Selbstreferenzialität von Systemen. In diesem Sinn können

Systeme zwar irritiert, nicht aber zielgerichtet verändert werden.

Befragung

Die Befragung ist eine Methode der empirischen Sozialforschung und der Organi-

sationsdiagnose, bei der mithilfe von Fragebögen in Interviews oder Gruppendis-

kussionen Informationen direkt unter Beteiligung von Betroffenen erhoben wer-

den.

Beobachtung

Die Beobachtung ist eine Methode der empirischen Sozialforschung und der Or-

ganisationsdiagnose, bei der geschulte Beobachter/-innen Informationen unter

Nichtbeteiligung von Betroffenen erheben.

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VII Glossar

Berater-Klienten-System

Berater-Klienten-System bezeichnet das temporäre Kommunikationssystem, das

durch eine Beratungsbeziehung entsteht.

Beratung

Beratung im hier verwendeten Sinn ist eine spezifische Interaktionsordnung: Es

gibt eine Person, die Rat sucht, und eine andere Person, die Rat erteilt.

Change Agent

Change Agent ist ein interner oder externer Berater oder eine interne oder externe

Beraterin, der oder die einen zu steuernden Veränderungsprozess begleitet. Er o-

der sie bietet keine fertigen Diagnosen und Lösungen, sondern stellt das eigene

Wissen so zur Verfügung, dass die Organisation in der Lage ist, ihr Problem selbst

zu verstehen und zu lösen.

Changemanagement

Mit Changemanagement wird der Prozess des geplanten sozialen Wandels in Or-

ganisationen unter Berücksichtigung von ökonomischer und sozialer Effizienz und

Effektivität bezeichnet, wobei der Projektcharakter des Changemanagements

hervorzuheben ist.

diagnostischer Zirkel

Diagnostischer Zirkel ist eine sich wiederholende Abfolge von Datensammlung,

Datenauswertung, Interpretation und gegebenenfalls auch Veränderungsmaßnah-

men, die auf der Aktionsforschung beruht.

Design Thinking

Design Thinking ist eine Innovationsmethode mit iterativer Vorgehensweise und

wesentlichem Fokus auf den potenziellen Nutzer oder die potenzielle Nutzerin ei-

ner Innovation. Weiterhin steht das Prototypisieren, also das schnelle Ausprobie-

ren von Ideen im Vordergrund.

Disruption

Disruption bedeutet Unterbrechung und beschreibt die radikale Infragestellung

etablierter Geschäftsmodelle.

Evaluation

Evaluation ist der Prozess der Beurteilung eines Produkts oder Programms. Sie

dient als Planungs- und Entscheidungshilfe, ist ziel- und zweckorientiert.

Feedback

Feedback meint die Rückspiegelung der Ergebnisse im Rahmen eines Kommuni-

kations- oder Austauschprozesses von Individuen oder Systemen.

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VIII Glossar

Gruppe

Gruppe ist ein spezifischer Systemtyp, der zwischen dem Individuum und der Or-

ganisation vermitteln und aus Perspektive der neueren Systemtheorie nicht direkt

von außen gesteuert werden kann.

Gruppendynamik

Gruppendynamik stellt die Interaktionsbeziehungen innerhalb der Gruppe in das

Zentrum der Entwicklung sozialer Systeme. Neben Kurt Lewin waren Jacob Mo-

reno und Muzafer Sherif sowie die Hawthorne-Gruppe um Elton Mayo in den

1930er-Jahren die Begründer der experimentellen Gruppenforschung.

Idealtypen

Idealtypen sind Vorstellungen, die als Hypothesen im Verstehensprozess wirken,

also Gedankenexperimente, die in der Organisationsdiagnose jeweils Startpunkte

im diagnostischen Zirkel markieren.

Inhaltsberatung

Inhaltsberatung meint ein Beratungsvorgehen, das Inhalte vermittelt und dem Kli-

enten oder der Klientin konkrete Lösungsvorschläge anbietet.

interpretieren

Interpretieren ist das deutende Verstehen von Handlungen, Erleben oder Motiven

anderer Menschen oder auch von Artefakten (siehe Artefakte).

Intervention

Intervention ist als eine zielgerichtete Kommunikation zu verstehen, die die Auto-

nomie des Systems, in das interveniert wird, respektiert. Entsprechend ist Inter-

vention die Kunst, in einem grundsätzlich nicht beherrschbaren Feld kalkulierbare

Wirkungen zu erzielen.

Klient/-in

Ein Klient oder eine Klientin ist eine Person oder Organisation, bei der Hilfebe-

darf besteht. Sie kann erwarten, dass die Beratung aufgrund inhaltlicher und/oder

methodischer Expertise erteilt wird und dass der Berater oder die Beraterin keine

weiteren eigenen Interessen oder Interessen Dritter verfolgt.

Konstruktivismus

Konstruktivismus ist eine Erkenntnistheorie, die davon ausgeht, dass der Mensch

die Welt durch seine Wahrnehmung selbst konstruiert. Zwar wird das Bestehen

einer im Außen existenten Wirklichkeit von Konstruktivisten und Konstruktivis-

tinnen nicht geleugnet, sie weisen allerdings nachdrücklich auf den Sachverhalt hin,

dass dieses Außen den Beobachtern und Beobachterinnen nur zu den Bedin- gungen

und Mechanismen der menschlichen Wahrnehmung zugänglich sei.

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IX Glossar

Laboratoriumsmethode

Siehe T-Groups.

Moderation

Moderation ist eine Form der Führung in Gruppen, die davon bestimmt ist, dass der

Moderator oder die Moderatorin die Gruppe nur für den Zeitraum der Auf-

rechterhaltung der gemeinsamen themenspezifischen Kommunikation leitet. Mo-

deration gehört zu den Kernkompetenzen eines Organisationsentwicklers oder ei-

ner Organisationsentwicklerin.

Organigramm

Organigramm ist eine Darstellungsform von geplanten, hierarchischen

(Weisungs-)Strukturen in Organisationen.

Organisationsdiagnose

Organisationsdiagnose ist die Erfassung, Analyse und Interpretation des Erlebens

und Verhaltens von Menschen in Bezug auf Organisationen.

Organisationsentwicklung

„Die Gesellschaft für Organisationsentwicklung GOE versteht Organisationsent-

wicklung als einen längerfristig angelegten, organisationsumfassenden Entwick-

lungs- und Veränderungsprozess von Organisationen und der in ihr tätigen Men-

schen. Der Prozess beruht auf Lernen aller Betroffenen durch direkte Mitwirkung

und praktische Erfahrung. Sein Ziel besteht in einer gleichzeitigen Verbesserung

der Leistungsfähigkeit der Organisation (Effektivität) und der Qualität des Ar-

beitslebens (Humanität).“ (Becker & Langosch 2002, , S. 6).

Personalentwicklung

Unter Personalentwicklung ist im Sinne der Gestaltung betrieblicher Sozialisati-

onsprozesse die individuelle Förderung von Mitarbeitenden zu verstehen.

Prozessberatung

In der Organisationsberatung als helfender Beziehung (vgl. Schein 2000) besteht

der Erfolg letztlich darin, es dem Klienten oder der Klientin zu ermöglichen, selbst

Probleme zu erkennen und angemessene Lösungen hierfür zu entwickeln.

selbstreferenziell

Selbstreferenziell beschreibt die Gegebenheit, dass Systeme weitgehend „ge-

schlossen“ funktionieren, d. h., nicht linear auf Außenimpulse (z. B. Marktent-

wicklungen, Führungsinterventionen) „reagieren“, sondern aus einer Logik her-

aus, welche Ausdruck ihrer inneren Gegebenheiten, Routinen und „Gewissheiten“

ist.

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X Glossar

Selbstreflexion

Selbstreflexion bezeichnet die Fähigkeit, über die Angemessenheit von eigenen

Deutungen, Interpretationen und Beurteilungen – kurz: „Gewissheiten“ – in einer

so grundlegenden Weise nachzudenken, dass die eigenen Wahrnehmungsroutinen

mehr und mehr ins Bewusstsein treten und der jeweilige Beobachter oder die je-

weilige Beobachterin (z. B. eine Führungskraft) die Verantwortung für die eigene

Konstruktion der Wirklichkeit zu übernehmen vermag.

Soziogramme

Soziogramme sind das Ergebnis von soziometrischen Analysen und zeigen die

grafische Darstellung der Beziehungen in einer Gruppen.

Supervision

Supervision ist eine helfende Beziehung im professionellen Kontext, in dessen

Verlauf berufliches Handeln anhand konkreter Situationen reflektiert wird.

Survey-Feedback

Survey-Feedback ist ein zyklischer Veränderungsansatz, bei dem Daten von Be-

troffenen erhoben und mit diesen gemeinsam interpretiert werden.

System

System ist die analytische Perspektive auf natürliche und soziale Gegebenheiten,

die von der Konstruktion von Grenzen, ggf. auch von Beziehungen und Elemen-

ten geprägt ist.

Systemik

Systemik steht als Begriff für die eher pragmatischen Bemühungen, die Funkti-

onsmechanismen komplexer sozialer Systeme (in Familien, Beziehungen und Or-

ganisationen) zu verstehen und diesem Verständnis gemäß mit ihnen „umzuge-

hen“ (z. B. als Lehr- oder Führungskräfte). Die systemischen Konzepte wurden in

Deutschland stark durch Helm Stierlin zunächst in die Familientherapie einbezo-

gen, dann aber auch – z. B. im Umfeld des Carl-Auer-Verlages in Heidelberg – für

die Gestaltung von Führungs-, Lern – und OE-Prozessen genutzt.

systemische Organisationsberatung

Systemische Organisationsberatung teilt sich in ein irritatives Konzept Luh-

mann’scher Prägung und ein interventionistisches Konzept, welches den Grunds-

ätzen der Organisationsentwicklung verhaftet bleibt.

T-Groups

T-Groups bedeutet: Im Laboratorium wird ein gruppendynamischer Entwick-

lungsprozess in einer Trainingsgruppe (mit ca. fünf bis zehn Teilnehmern und

Teilnehmerinnen) mit ein oder zwei Beratern oder Beraterinnen (Trai-

nern/Moderatoren oder Trainerinnen/Moderatorinnen) durchlebt.

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XI Glossar

verstehen

Verstehen ist als wissenschaftliches Konstrukt eine Form der reflexiven Verarbei-

tung von Informationen aufgrund von Interpretationen.

Widerstand

Widerstand ist ein Sinnausdruck, der Ängste und Potenziale aufzeigt und auf

Problemfelder hindeutet, die zu bearbeiten sind. Widerstand im Beratungsprozess

ist ein zentraler Ansatzpunkt für die Veränderung.

Workshop

Workshop bezeichnet eine spezifische Form der moderierten Gruppenarbeit, bei der

Themen erschlossen, Probleme bearbeitet, Konflikte gelöst oder Entscheidun- gen

gefällt werden sollen.

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XII Kurzinfos zu den Autoren

Kurzinfos zu den Autoren

Dr. Ulrich Erhardt

Dr. Ulrich Erhardt studierte Erziehungswissenschaft, Soziologie und Psychologie

in Heidelberg und promovierte über „Bildung und Demokratie in Costa Rica“. Er

verbrachte Studienaufenthalte in Stanford (USA) und San José (Costa Rica).

Seit 2012 Fachlicher Leiter des Masterstudiengangs Organisationsentwicklung am

Distance and Independent Studies Center (DISC) der Technischen Universität

Kaiserslautern.

2007 Ernennung zum Professor für Interkulturelles und Internationales Manage-

ment an der Fachhochschule für angewandtes Management in Erding, wo er bis

2009 unterrichtete.

An den Universitäten München (LMU), Heidelberg, Freiburg Tätigkeit als Lehr-

beauftragter zum Thema Organisationsentwicklung.

Seit 1998 Gesellschafter der denkmodell GmbH Berlin, eines auf Organisations-

entwicklung spezialisierten internationalen Beratungsunternehmens.

Von 1989 bis 1997 Dozent am Erziehungswissenschaftlichen Fort- und Weiter-

bildungsinstitut EFWI der Evangelischen Kirche in Landau in der Pfalz mit

Schwerpunkt Organisationsentwicklung von Schulen.

Dr. Ulrich Erhardt ist ausgebildet in Organisationsentwicklung, seit 2006 zertifi-

zierter Exzellenz-Assessor des Qualitätsmanagementsystems European Foundati-

on Quality Management (EFQM) der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ).

Kontakt: [email protected]

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XIII Kurzinfos zu den Autoren

Prof. Dr. Martin Elbe

Prof. Dr. Martin Elbe forscht am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissen-

schaften der Bundeswehr (ZMSBw) und lehrt an den Universitäten Potsdam und

Krems. Bis 2016 Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der

HMKW Berlin.

Studium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Universität der

Bundeswehr (Dipl.-Kaufmann) sowie der Soziologie und Psychologie an der

Ludwig-Maximilians-Universität in München (Dipl.-Soziologe). Ausbildungen

zum Industriekaufmann und Bundeswehroffizier, Weiterbildungen u. a. zum QM-

Auditor.

Arbeitsschwerpunkte: Arbeit und Personal, Organisation und Gesundheit, Verste-

hen und Sozialisation.

Kontakt: [email protected]

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XIV Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis

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BDU (Bundesverband deutscher Unternehmensberater) (2018). Online unter:

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XXIV Kompetenzziele

Kompetenzziele

Organisationsentwicklung ist ein sozialwissenschaftlich fundierter prozessorien-

tierter Ansatz zur Unterstützung organisationalen Wandels. Der vorliegende Stu-

dienbrief dient zur Einführung in die Organisationsentwicklung.

Ziel des Studienbriefes ist es,

Sie mit der Relevanz der Organisationsentwicklung (OE) als ein

prozessorientierter Ansatz zur Unterstützung organisationalen Wandels vertraut

zu machen,

Sie in die Entstehungsgeschichte, Begriffe und Konzepte sowie die Prinzipien

der OE – Einbinden, Verstehen und Gestalten – einzuführen,

Ihnen die drei Handlungsebenen, in denen OE Anwendung findet – nämlich

Mensch, Organisation und Lernkultur – darzustellen,

Ihre Fähigkeit, Organisationen zu verstehen und OE-Probleme zu diagnostizie-

ren, zu differenzieren,

Ihnen spezifische Verfahren, Instrumente und Methoden zur Durchführung von

OE-Maßnahmen an die Hand zu geben,

Ihre Handlungskompetenz als Organisationsentwickler/-in im Sinne einer wei-

teren Professionalisierung zu stärken und

Ihnen eine Grundlage zu geben für Ihr zweijähriges Master-Studium in Organi-

sationsentwicklung am Distance and Independent Studies Center (DISC) der

Technischen Universität Kaiserslautern.

Hinweis:

Durch Übungsaufgaben am Ende jedes Kapitels wird Ihr Reflektieren und Üben

unterstützt. Musterlösungen zu den Übungsaufgaben finden Sie am Ende des Stu-

dienbriefs.

Page 27: einFüHrung in die organisationsentwicklung · Siehe T-Groups. Moderation Moderation ist eine Form der Führung in Gruppen, die davon bestimmt ist, dass der Moderator oder die Moderatorin

1 Einleitung: Relevanz der Organisationsentwicklung

Einleitung: Relevanz der

Organisationsentwicklung

„Unsere Gesellschaft ist in ihrer Leistungs-, Entwicklungs- und Integrationsfähigkeit von

der Gestaltungskraft, der Veränderungs- und Lernfähigkeit ihrer Organisationen abhängig“.

Ulrich Erhardt und Martin Elbe

Organisationen sind für unsere Gesellschaft von zentraler Bedeutung, so sehr, dass

Sozialwissenschaftler/-innen gelegentlich vorschlagen, unsere Gesellschaft wegen

ihres wachsenden Organisationsgrads als „Organisationsgesellschaft“ zu

kennzeichnen. So schreibt der Soziologe Uwe Schimank:

„Die moderne Gesellschaft ist wahrhaft eine Organisationsgesellschaft. Unter-

nehmen, staatliche Verwaltungen, Schulen und Hochschulen, Krankenhäuser, Ge-

richte, Forschungsinstitute, das Militär, Kirchen, Museen, Zeitungen, Fernseh-

sender, politische Parteien, Verbände, Genossenschaften, Vereine. Diese Auflis-

tung ist auch ohne Bemühen um Vollständigkeit schlagend.“ (Schimank 2005, S.

278).

Aus der Sicht des Jahres 2018 scheint es uns nötig, das geschilderte „Organisati-

onspanorama“ weiter auszumalen, z. B. mit: zivilgesellschaftlichen Organisatio-

nen, dem Sektor mit der gegenwärtig höchsten Wachstumsrate und einer erhebli-

chen gesellschaftlichen Innovationskraft; oder mit internationalen Organisationen

– die Gestaltung der internationalen Beziehungen führt zu einem immer differen-

zierteren Netz staatlicher-, supranationaler- und Nichtregierungsorganisationen

(NGOs) (vgl. Grossmann et al. 2015, S. 8).

Auch unser individuelles Leben – von der Wiege bis zur Bahre – hängt in steigen-

dem Ausmaß von Organisationen ab. Ein Großteil unserer Lern- und Arbeitszeit

verbringen wir in Organisationen und wir sind bei den meisten unserer Probleme

von Dienstleistungen von Organisationen abhängig.

Mehr als je zuvor sind Menschen und Gesellschaften auf gut funktionierende Or-

ganisationen angewiesen. Ob Antworten auf die drängenden Herausforderungen

unserer Zeit gefunden werden – die Stichworte lauten: Globalisierung, Digitalisie-

rung, Demografie, Ökologie, Verschuldung, Ungleichheit und wachsende Kom-

plexität –, hängt wesentlich davon ab, dass es gelingt, bestehende Organisationen

wirksamer zu gestalten, zu verbessern, zu verändern, neu zu erfinden oder zu

schließen, sollten sie sich als wirkungslos oder überflüssig erwiesen haben.

Die Dynamik der wirtschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen (di-

gitale Transformation, Industrie 4.0, agiles Management, disruptive Innovations-

prozesse), aber auch der staatlich-administrativen Rahmenbedingungen (u. a. die

wachsende Verrechtlichung) stellen erhebliche Herausforderungen für Organisati-

onen dar. Öffentliche wie private, Profit- wie Non-Profit-Einrichtungen, regional

Page 28: einFüHrung in die organisationsentwicklung · Siehe T-Groups. Moderation Moderation ist eine Form der Führung in Gruppen, die davon bestimmt ist, dass der Moderator oder die Moderatorin

2 Einleitung: Relevanz der Organisationsentwicklung

wie international tätige Organisationen sehen sich gleichermaßen mit Anpas-

sungsanforderungen an eine durch hohe Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und

Ambiguität (VUKA-Welt) gekennzeichnete Umwelt konfrontiert. Es entsteht die

Notwendigkeit der fortlaufenden Überprüfung der strategischen Ausrichtung,

eingespielter Routinen in der Arbeitsorganisation, der Strukturen und Prozesse in

der Personalentwicklung sowie in der internen und externen Kommunikation ei- ner

Organisation. Anpassungs- und Neudefinitionsprozesse werden zur Standard-

anforderung sowohl für Individuen als auch für Organisationen und ihre Positio-

nierung im gesellschaftlichen Kontext.

In Deutschland existieren gegenwärtig ca. zwei Millionen Organisationen, in Eu-

ropa ca. 20 Millionen (vgl. Malik 2015, S. 35) in vielfältigsten Erscheinungsfor-

men – Wirtschaftsorganisationen, öffentliche Organisationen, soziale Organisati-

onen. Maliks Befund bezüglich der Leistungsfähigkeit der meisten dieser Organi-

sationen fällt kritisch aus. Malik schreibt:

„Der wichtigste Grund für die Krise der Gegenwart sind nicht ideologische Sys-

teme, sondern es sind die bestehenden Organisationen und ihre immer deutlicher

hervortretenden Funktionsmängel. Diese Krisenursache blieb (im gesellschaftli-

chen Diskurs UE) bisher so gut wie unbeachtet. Die Logik der heutigen Organisa-

tion stammt tief aus dem letzten Jahrhundert. Daher sind sie den neuen Heraus-

forderungen von Komplexität und Dynamik bei weitem nicht mehr gewachsen.“

(Malik 2015, S. 35)

Es scheint auf der Hand zu liegen: Unsere Gesellschaft ist in ihrer Leistungs-,

Entwicklungs- und Integrationsfähigkeit von der Veränderungs- und Lernfähig-

keit ihrer Organisationen abhängig. Organisationale Veränderungen wirksam zu

gestalten, ist daher eine, wenn nicht die zentrale Herausforderung der Organisati-

onen des beginnenden 21. Jahrhunderts.

Siehe Kapitel 2.2

Es überrascht daher nicht: „Organisationsentwicklung OE hat Konjunktur: erstens

für die innere Entwicklung von Organisationen, zweitens für die Kooperation mit

anderen Organisationen und drittens für die Einflussnahme von zivilgesellschaft-

lichen Organisationen und sozialen Bewegungen auf öffentliche und private Or-

ganisationen.“ (Grossmann et al. 2015, S. 9) OE sieht sich einer von Jahr zu Jahr

wachsenden Nachfrage gegenüber (vgl. Kap. 2.2), auch wenn OE, verglichen mit

der klassischen Organisationsberatung (Boston Consulting, McKinsey u. a.), ca. 10

Prozent des Umsatzes erwirtschaftet (eigene Schätzung). Auch die von Jahr zu Jahr

wachsende Zahl der Publikationen der Forscher/-innen und Praktiker/-innen zu

Organisationsentwicklung – als wichtigstes Medium gilt dabei die seit über 35

Jahren bestehende Zeitschrift „OrganisationsEntwicklung. Zeitschrift für Unter-

nehmensentwicklung und Changemanagement“ – belegt die hohe gesellschaftli-

che Relevanz von OE.

Page 29: einFüHrung in die organisationsentwicklung · Siehe T-Groups. Moderation Moderation ist eine Form der Führung in Gruppen, die davon bestimmt ist, dass der Moderator oder die Moderatorin

3 Einleitung: Relevanz der Organisationsentwicklung

Organisationsentwicklung als ein sozialwissenschaftlich fundierter prozessorien-

tierter Ansatz zur Unterstützung organisationalen Wandels hat sich spätestens seit

den 1980er-Jahren im deutschsprachigen Raum etabliert (vgl. Kap. 2.1). In den

meisten größeren Organisationen ist OE mittlerweile eine Selbstverständlichkeit

geworden.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Tätigkeitsfeld des OE-

Beraters und der OE-Beraterin als interessant wahrgenommen wird. So kon- statiert

Sita Schanne (2010) in ihrer empirischen Untersuchung: „Auch als Ar- beitsmarkt

für Sozialwissenschaftler ist Organisationsentwicklung zunehmend at- traktiv,

nicht zuletzt aufgrund der Vorstellung, dass sich in diesem Feld ökonomi- sche und

soziale Fragestellungen zur nachhaltigen Veränderung einer Organisati- on

verbinden lassen und ein berufliches Auskommen sowie Gestaltungsmöglich-

keiten im Sinne des Faches ermöglichen“ (Schanne 2010, S. 2).

Doch es wachsen auch die Erwartungen von Organisationen und Führungskräften

an OE, ihre wissenschaftliche Fundierung zu konsolidieren und ein wirksames,

professionell gestaltetes, sozialwissenschaftlich fundiertes Handlungskonzept zur

Gestaltung, Steuerung und Begleitung von Veränderungsprozessen bereitzustel-

len. Die Einrichtung des Masterstudiengangs Organisationsentwicklung im Jahr

2012 und seine Re-Zertifizierung im Jahr 2018 erfolgten vor diesem Hintergrund.

Dieser Studienbrief dient zur Einführung in die Grundlagen, Methoden und An-

wendungsfelder der OE und ist zugleich ein Plädoyer für eine „verstehende Orga-

nisationsentwicklung“ (Elbe & Peters 2016; Elbe 2016a; die Studienbriefe OE0120,

OE0220, OE0510), die grundlegende Perspektiven (Einbinden, Verste- hen und

Gestalten) mit den Handlungsfeldern (Mensch, Organisation und Lern- kultur)

verbindet. Die Gliederung greift das Bild des OE-Hauses auf, das einen

Gesamtüberblick über die Inhalte des Studienbriefs gibt (zur Explikation des Hau-

ses, siehe Kap. 1, Abb. 3).

Siehe Kapitel 2.1

Siehe Studienbriefe

OE0120, OE0220,

OE0510

Siehe Kapitel 1,

Abb. 3

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Page 31: einFüHrung in die organisationsentwicklung · Siehe T-Groups. Moderation Moderation ist eine Form der Führung in Gruppen, die davon bestimmt ist, dass der Moderator oder die Moderatorin

5 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

1 Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Im ersten Kapitel definieren wir zunächst die Begriffe Organisation und Organisa-

tionsentwicklung (Kap. 1.1), beschreiben anschließend Organisationen als prä-

gende Sozialstrukturen des 20. Jahrhunderts (Kap. 1.2) und skizzieren dann den

Übergang vom Aufbau von Organisationen (Organization Building) zu ihrer Ent-

wicklung von Organisationen (Organizational Development) (Kap. 1.3). Ab-

schließend erläutern wir die drei Prinzipien der Organisationsentwicklung: Ein-

binden, Verstehen und Gestalten.

1.1 „Organisation“ und „Organisationsentwicklung“

Was sind Organisationen?

Während es eine breitere, unspezifische Bedeutung des Begriffs „organisieren“ und

„Organisation“ gibt, die etwa planen und umsetzen meint (z. B. die Organisa- tion

einer LAN-Party oder einer Ferienreise), bezieht sich die Organisationssozio- logie

mit dem Begriff „Organisation“ auf eine besondere Sozialform, die sich von

anderen sozialen Gestalten wie Familien, Peergroups oder auch informellen Fan-

Communitys unterscheidet.

Als einer der ersten Soziologen hat Max Weber sich aus soziologischer Perspekti-

ve mit Mechanismen und Abläufen in Organisationen beschäftigt und insbesonde-

re die „bürokratische Organisation“ ins Zentrum seiner Soziologie gestellt. Wie in

vielen Feldern der Gesellschaftstheorie stammen auch zur Organisationstheorie

wichtige, bis heute gültige Analysen und Formulierungen von Talcott Parsons. Er

sah in der Organisation „den wichtigsten Mechanismus für eine hochdifferenzierte

Empfehlenswerte Literatur u. a.

Becker, H. & Langosch, I. (2002): Produktivität und Menschlichkeit: Or-

ganisationsentwicklung und ihre Anwendung in der Praxis. 5. Aufl. Stutt-

gart.

Das klassische Überblickbuch zur Organisationsentwicklung.

Elbe, M. & Peters, S. (2016): Die temporäre Organisation. Berlin.

Grundlagenwerk zu Kooperation, Gestaltung und Beratung.

Schein, E. (2000): Prozessberatung für die Organisation der Zukunft. Der

Aufbau einer helfenden Beziehung. Köln.

Ein Muss! Gewissermaßen „die Bibel“ der Prozessberatung.

Senge, P. (1996): Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Or-

ganisation. Stuttgart.

Schlüsselwerk zu Theorie und Praxis der lernenden Organisation.

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6 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Gesellschaft, um das System ‚in Gang zu halten‘ und Ziele zu verwirklichen, die

die Möglichkeiten des Einzelnen übersteigen“ (Parsons 1960).

Der Bielefelder Organisationsforscher Stefan Kühl (2000 und 2002) hebt vier

Merkmale als zentral für Organisationen im Unterschied zu anderen Gruppen und

Gemeinschaften hervor:

Mitgliedschaft: Organisationen können über den Eintritt und Austritt von Perso-

nen entscheiden. Sie können die Mitgliedschaft an Bedingungen knüpfen, die ver-

bindlich gelten. Für die Mitgliedschaft können spezifische Regeln z. B. hinsicht-

lich des Verhaltens, der Kommunikationsformen festgelegt werden, deren Nicht-

beachtung sanktioniert werden kann.

Zweckbindung: Organisationen knüpfen sich an Zwecke, an denen sie Entschei-

dungen ausrichten. Damit verbunden ist eine Fokussierung auf bestimmte Aspekte

der Wirklichkeit oder des sozialen Lebens – auch wenn ursprüngliche Zweckset-

zungen bisweilen überlagert und in den Hintergrund gerückt werden können.

Hierarchien: In Organisationen spielen Hierarchien, d. h. festgelegte Über- und

Unterordnungsverhältnisse der Mitglieder eine Rolle. Dabei wird aber in der or-

ganisationssoziologischen Forschung darauf hingewiesen, dass die formale Hie-

rarchiearchitektur durch informelle Machtquellen, über die auch hierarchisch weit

unten angesiedelte Mitglieder verfügen können, unterlaufen, im Extremfall sogar

ausgehebelt werden kann.

Entscheidungsautonomie: Damit wird die Tatsache bezeichnet, dass Organisati-

onen über ihre Zwecke, Hierarchien und Mitgliedschaften – zumindest weitestge-

hend – selbstständig entscheiden können. Auch wenn selbstverständlich jede Or-

ganisation sich im Rahmen eines bestimmten historischen, gesellschaftlichen und

juristischen Umfelds bewegt und somit nicht beliebige Regularien festlegen kann.

Was bedeutet Organisationsentwicklung?

Je besser Sozialwissenschaftler/-innen – u. a. Soziologen/Soziologinnen, Psycho-

logen/Psychologinnen, Managementforscher/-innen – die Bedeutung und Wir-

kung von Organisationen verstehen, umso mehr nehmen auch die Versuche zu,

Organisationen zu beeinflussen, zu gestalten, zu verändern oder zu transformie- ren.

Es folgen zwei Definitionen von OE:

French und Bell (1990) definieren in ihrem Standardwerk „Organisationsentwick-

lung“ OE als „eine langfristige Bemühung, die Problemlösungs- und Erneue-

rungsprozesse in einer Organisation zu verbessern, vor allem durch eine wirksa-

mere und auf Zusammenarbeit gründende Steuerung der Organisationskultur –

unter besonderer Berücksichtigung der Kultur formaler Arbeitsteams durch die

Hilfe eines OE-Beraters oder Katalysators und durch Anwendung der Theorie und

Technologie der angewandten Sozialwissenschaften unter Einbeziehung der Akti-

onsforschung“ (French & Bell 1990, S. 31).

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7 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Die Gesellschaft für Organisationsentwicklung e. V. (GOE) definiert OE als „ei-

nen längerfristig angelegten, organisationsumfassenden Entwicklungs- und Ver-

änderungsprozess von Organisationen und der in ihr tätigen Menschen. Der Pro-

zess beruht auf Lernen aller Betroffenen durch direkte Mitwirkung und praktische

Erfahrung. Sein Ziel besteht in einer gleichzeitigen Verbesserung der Leistungs-

fähigkeit der Organisation (Effektivität) und der Qualität des Arbeitslebens (Hu-

manität)“ (GOE 2012).

Im Unterschied zu French und Bell betont die Definition der GOE stärker das in-

dividuelle und organisationale Lernen, das Lernen aller Betroffenen, und zielt, in

der Tradition des OE-Klassikers „Produktivität und Menschlichkeit“ (Becker &

Langosch 2002) explizit auf eine doppelte Zielstellung: Verbesserung der Leis-

tungsfähigkeit der Organisation und der Qualität des Arbeitslebens.

Beiden Definitionen liegt ein Menschenbild zugrunde, dass der Nestor der deut-

schen Organisations- und Wirtschaftspsychologie Lutz von Rosenstiel (vgl. Ro-

senstiel 1992, S. 420) wie folgt beschreibt: „Organisationsentwicklung ist an der

‚Theorie Y‘ von McGregor (…) orientiert: Der Mensch wird als verantwortungs-

suchend, auf Erweiterung seiner Möglichkeiten bedacht und als eigeninitiativ ver-

standen.“ Demgegenüber steht die „Theorie X“ McGregors, wonach der durch-

schnittliche Mensch Arbeit zu vermeiden versucht, weshalb er, um effektiv zu ar-

beiten, kontrolliert und mit Strafe bedroht werden muss (vgl. McGregor 1971). Die

„Theory Y“ liegt als wertgebundene Vorstellung den beiden obigen Definiti- onen

von Organisationsentwicklung zu Grunde. Jedoch scheint die „Theorie X“ auch

heute noch das soziale Führungsverhalten vieler Führungskräfte zu bestim- men –

hier sehen wir einen ersten Ansatzpunkt für Maßnahmen der Organisati-

onsentwicklung (vgl. Elbe 2016a, S. 103).

1.2 Organisation – ein kurzer historischer Abriss

Organisationen waren die prägenden Sozialstrukturen des 20. Jahrhunderts. Die

Industrialisierung hatte sich durchgesetzt und die Arbeits- und Sozialbeziehungen

der Menschen hatten sich (zumindest in den Städten und Industriezentren) so sehr

verändert, dass neue Kooperationsformen und neuer Koordinationsbedarf entstan-

den waren. Traditionelle Hierarchien eigneten sich immer weniger zur Abstim-

mung des Handelns in wesentlichen Sphären der Gesellschaft. In der privaten

Wirtschaft ebenso wie in der öffentlichen Verwaltung, in der politischen Interes-

senvertretung und im Sozialsystem, aber zunehmend auch in Feldern der interna-

tionalen Kooperation entstand ein Bedarf nach neuen Koordinationsformen. Be-

reits 1913 war die deutsche Übersetzung von F. W. Taylors „Principles of Scienti-

fic Management“ erschienen, das in Deutschland für die Praxis der Unternehmen

rasch einen ähnlichen Stellenwert erhielt wie in den USA (vgl. Elbe & Peters 2016).

Rationalisierung wurde durch die neuen arbeitswissenschaftlichen Metho- den zur

handhabbaren Technik in der alltäglichen Gestaltung von Arbeit in den

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8 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Betrieben. Handarbeit als ausführende Tätigkeit wurde von Kopfarbeit als dispo-

nierender Tätigkeit getrennt, nun gab es nicht nur individuelle Spezialisten für die

Koordination, es entstand vielmehr eine neue, durch formale Bildung zur Koordi-

nation berufene und berechtigte Schicht in den Organisationen: das Management.

Demgegenüber wurde auch die Spezialisierung der ausführenden Tätigkeiten wei-

ter vorangetrieben, hin zu einer gleichmäßigen, insgesamt aber möglichst redu-

zierten Belastung der Arbeiter/-innen. Dies sollte einerseits Bewegungsabläufe

optimieren (und somit Fehlbelastungen vorbeugen), andererseits aber auch einen

effizienten Arbeitsablauf ermöglichen. Durch diese analytische Arbeitsgestaltung

des „Taylorismus“ wurden auf organisationaler Ebene gewaltige Rationalisie-

rungsgewinne ermöglicht.

Für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aber bedeutete diese radikale Spe-

zialisierung auf wenige motorische Abläufe eine physisch und psychisch einseiti-

ge, monotone Belastung und zugleich eine Dequalifizierung. Die Organisationen,

die unter dem Tayloristischen Rationalisierungspostulat das frühe 20. Jahrhundert

prägten, wurden für die Menschen buchstäblich zu „stahlharten Gehäusen“ – ein

Begriff, mit dem Max Weber (1980) bereits um 1920 die auf äußere Gewinnma-

ximierung gerichtete Mentalität des Kapitalismus bezeichnete. Charlie Chaplin

führte es 1936 in seinem Film „Moderne Zeiten“ eindringlich vor Augen:

„An besagtem Fließband treffen wir Charlie, wie er in gekünsteltem Ernst ver-

sucht, sein Soll zu erfüllen. Der Tramp ist zum Fabrikarbeiter geworden und das

bekommt ihm gar nicht gut. Wenn das Fließband für eine kurze Pause an-

gehalten wird, so führt uns der Film in slapstick-haften Szenen vor, welche De-

formationen diese Art von Arbeit in den Menschen hinterlässt. Charlies Körper

bleibt in der Bewegung. Noch immer zucken seine Arme im Reflex, auch wenn es

jetzt gar keine Schrauben mehr anzuziehen gilt. Als Charlie sich zu einer kurzen

Raucherpause auf die Toilette zurückziehen will, scheucht ihn der Chef, der

gleich einem ‚Big Brother‘ über seine Bildschirme die ganze Firma kon-

trolliert, zurück an die Arbeit.

Die kurzen Pausen dienen vor allem zum Essen. Und das Essen in jeder Form,

der Hunger und das Verlangen nach Nahrung sind ein zentrales Motiv des

ganzen Films. Das Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme, das Verlangen den

Hunger zu stillen ist das kreatürlichste Bedürfnis des Menschen. Wenn wir den

Menschen von allen sonstigen Attributen reduzieren, so bleibt am Ende als

letztes Bedürfnis das Essen übrig. In einer grandiosen Szene treibt Chaplin seine

satirische Kritik auf die Spitze. Der Chef erhält nämlich Besuch von ei- nem

Vertreter, der ihm als neueste Erfindung eine Ernährungsmaschine (Fee- ding

Machine) vorführen möchte. Von einem Band spielt er uns die nötigen

Produktinformationen vor: Die Ernährungsmaschine macht Pausen überflüssig

und senkt die Lohnkosten. Natürlich wird Charlie als Versuchskaninchen aus-

gewählt und wir sehen ihn in die Maschine eingepasst, wie ihm die Suppe di-

rekt aus dem Teller einflößt wird, wie ihm der Speisenschieber mundgerechte

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9 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Stücke in den Mund schiebt und wie der Maiskolbenhalter den Maiskolben an

seinem Mund entlangführt. Leider brennt die Maschine durch und Charlie wird

regelrecht gefoltert, auch wenn das Ganze gleichzeitig äußerst komisch insze-

niert ist. Bei einem zweiten Versuch erhält er gar irrtümlich Schrauben statt

Nahrung in den Mund geschoben.

Natürlich ist die Ernährungsmaschine eine aberwitzige Übertreibung, aber in

dieser Übertreibung wird deutlich, wie menschenunwürdig die Arbeiter behan-

delt werden. Am Nachmittag wird das Tempo des Bandes nochmals gesteigert

und ist nun endgültig nicht mehr zu schaffen. Charlie wird bei dem Versuch seine

Schrauben noch anzuziehen von der Maschine erfasst und symbolisch ge-

fressen. Er gerät zwischen die Zahnräder wie in einen Verdauungstrakt. Als er

aus dem Bauch der Maschine wieder befreit wird, ist er verrückt geworden. Die

Arbeit an und in der Maschine hat ihn zerstört und gleichzeitig befreit. Sein

Irrsinn kann nämlich zugleich als eine Flucht verstanden werden, der Irr- sinn

als der letzte Bereich, den die funktionale Ordnung des Systems noch nicht

erfasst hat. In diesen Szenen gewinnt Charlie die Unbefangenheit und die

Anarchie des Tramps zurück. Er tanzt durch die Hallen und bis auf die Straße

und er richtet ein maximales Chaos an. Dann wird er ins Irrenhaus eingelie-

fert“ (König 2014)

Obwohl die schlechte soziale Lage der Arbeiter/-innen im Zuge der Industrialisie-

rung bereits im 19. Jahrhundert von sozialistischen Theoretikern und Theoretike-

rinnen sowie von Vertretern und Vertreterinnen der Arbeiterbewegung beklagt

worden war, entstand nun noch eine neue Dimension der Entfremdung. Die tech-

nischen Möglichkeiten und die Chancen der Rationalisierung hatten einen Stand

erreicht, der die Menschen vollständiger ökonomischer Effizienz unterwarf und

Arbeit zum Produktionsfaktor herabstufte, ohne soziale Aspekte weiter zu berück-

sichtigen. Die humanistischen Anteile und die Betrachtungen zur Verteilungsge-

rechtigkeit, die Taylor (1913) in seinem Werk ebenso angestellt hatte, wurden in

der betrieblichen Praxis nicht weiter beachtet.

Offensichtlich verlaufen die technologisch-organisationale und die sozial-

kulturelle Entwicklung nicht in gleichem Tempo – zu dieser Erkenntnis kamen

Anfang des 20. Jahrhunderts verschiedene Sozialwissenschaftler/-innen, die die

Diskussion um Wandel weiter prägen sollten. Der russische Wirtschaftswissen-

schaftler Nikolai Kondratjeff analysierte 1926 die langen Wellen der Konjunktur,

wobei er zu dem Ergebnis kam, dass technische Innovationen nicht die Ursachen,

sondern die Folgen langfristiger konjunktureller Entwicklungen (langer Zyklen von

40 bis 60 Jahren) seien. Solche Basisinnovationen treten dann auf, wenn durch

Rationalisierung allein keine weiteren Produktivitätssteigerungen mehr er- reichbar

sind. Der technologische Wandel erscheint damit als Folge des sozioöko-

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10 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

nomischen Wandels.1 Während die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts dem

3. Kondratjeff-Zyklus (Maschinenbau und Massenproduktion) zuzuordnen ist, be-

finden wir uns momentan im 5. Kondratjeff-Zyklus (Informationstechnologie). Und

was kommt dann? Die sozioökonomische Entwicklung in den industrialisier- ten

Ländern verweist auf den Bereich der Gesundheit und damit verbunden die

Biotechnologie – aber das ist natürlich Spekulation.

Einen anderen Erklärungszusammenhang findet in den 1920er-Jahren der ameri-

kanische Soziologe William F. Ogburn (1969). Er geht in seiner Theorie der kul-

turellen Phasenverschiebung (cultural lag) davon aus, dass der technische und or-

ganisatorische Fortschritt schneller voranschreitet als die sozialen Anpassungs-

prozesse, dass also die kulturellen Muster des Alltagsverhaltens nicht mehr den

technischen Gegebenheiten zu einem bestimmten Zeitpunkt entsprechen.2 Die hier

entstehenden Spannungen erzeugen einen Anpassungsbedarf, der sich durch so-

zialen Wandel im Sinne von Reformen sozialer Praktiken oder aber durch revolu-

tionäre Umbrüche realisieren kann.

Werden diese Überlegungen zusammengefasst, so wird deutlich, dass sozioökono-

mische Entwicklungen und technisch-organisatorische Innovationen sich in einem

stetigen Wechselspiel verhalten, wobei infolge des Ansatzes des „Scientific Ma-

nagements“ von Taylor (1913) eine technisch-effizienzorientierte Gestaltungsper-

spektive auf Organisationen im 20. Jahrhundert dominant blieb. Organisieren

wurde eine ingenieurswissenschaftliche Tätigkeit, die auch institutionell abgesi-

chert wurde: 1921 wurde das Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit in Industrie

und Handwerk (RKW) und 1924 der Reichsausschuss für Arbeitszeitermittlung

(REFA) gegründet – beide Vereine haben auch heute noch eine große Bedeutung.

Hiermit wurde der organisatorische Wandel sowohl von der inhaltlichen Ausrich-

tung als auch in der Ausbildung von Beratern und Beraterinnen im Sinne des Sci-

entific Managements vereinheitlicht (vgl. Faust 2000). Ende der 1920er-Jahre ent-

stand in der Human-Relations-Bewegung ein arbeitspsychologisch motiviertes

Gegenprogramm zur Tayloristischen Organisationsauffassung, die ab Ende der

1940er-Jahre auch im deutschsprachigen Raum rezipiert wurde (vgl. Elbe & Pe-

ters 2016). Hiermit wurde „das Soziale“ des sozialen Wandels eine eigenständige

Perspektive, die zwar technische Entwicklungen nicht ignorierte, die zwischen-

menschlichen Beziehungen und die individuellen Bedürfnisse aber explizit mitbe-

rücksichtigte. Die Gestaltung soziotechnischen Wandels kann somit eben sowohl

technische als auch sozialpsychologische Einflussfaktoren berücksichtigen und das

gilt insbesondere für Organisationen als die zentralen Orte des Wandels im

20. Jahrhundert. Ausgangspunkt von Wandlungsprozessen sind echte Neuerun-

1 Die Ernährungsmaschine aus Charlie Chaplins „Moderne Zeiten“ kann auch vom Ansatz her

nicht als Basisinnovation verstanden werden, sondern ist den Rationalisierungsmaßnahmen

zuzuordnen.

2 Dieser Vorstellung scheint auch Charlie Chaplin in „Moderne Zeiten“ zu vertreten.

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11 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

gen, Entdeckungen, Erfindungen – kurz: Inventionen. Diese können, müssen aber

nicht, zu soziotechnischen Wandlungsprozessen führen. Um umfassende Wand-

lungsprozesse einzuleiten, bedarf es der Durchsetzung als Neuerung (Innovation)

und der Verbreitung durch Imitation. Wobei zwischen Innovation und Imitation

keine feste Reihenfolge angegeben werden kann. Es entstehen Wandlungsprozes-

se, die sowohl technisch als auch sozial begründet sein können. Abbildung 1 zeigt

diesen Veränderungszusammenhang als zyklischen Prozess (in Anlehnung an El-

be 2016a).

Invention

Innovation Imitation

Innovation Imitation

Abb. 1: Zyklen soziotechnischen Wandels

Sowohl für die Gesellschaft an sich als auch für gesellschaftliche Gruppen, Orga-

nisationen und Individuen entsteht im Rahmen dieser Zyklen die Notwendigkeit der

aktiven Gestaltung des soziotechnischen Wandels, wenn der Wandel nicht als

schicksalhaft, sondern als aktives Werden, als Chancen eröffnende Konjunktur

verstanden werden soll. Diese Perspektive ist der Organisationsforschung seit den

1920er-Jahren bekannt – bereits der Volkswirt und Soziologe Johann Plenge er-

kannte 1918 das Problem der Individualisierung in Verbindung mit der technisch-

ökonomischen Entwicklung. Abbildung 2 stellt den Zusammenhang zwischen

Konjunktur und Organisation dar (nach Elbe 2002, in Anlehnung an Plenge 1965).

Invention

Page 38: einFüHrung in die organisationsentwicklung · Siehe T-Groups. Moderation Moderation ist eine Form der Führung in Gruppen, die davon bestimmt ist, dass der Moderator oder die Moderatorin

12 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Abb. 2: Organisation und Konjunktur

Organisation (als gestaltete Form) wird zum Gegenpol der Konjunktur (als Chaos)

und damit zum aktiven Versuch, Wandlungsprozesse kollektiv zu gestalten (vgl.

Plenge 1965; Elbe 2002). Die Organisation bietet damit dem Individuum den

Rahmen, den es benötigt, um in der zunehmenden Dynamik der Moderne dem so-

ziotechnischen Wandel standzuhalten.3 Der soziotechnische Wandel tritt also so-

wohl in Wirtschaft und Gesellschaft generell auf (dann als ungerichtete Konjunk-

tur), derer sich die Politik anzunehmen hat, als auch in den einzelnen Organisatio-

nen, die für die Menschen Orte der aktiven Gestaltung sozialer und wirtschaftli-

cher Prozesse in der Moderne sind. Organisationen sind somit spezifische Felder,

in denen sich Menschen konkret verhalten, und dieses Verhalten kann eben nur im

Kontext des jeweiligen Feldes (der jeweiligen Organisation) verstanden werden. Im

Sinne Kurt Lewins (1982) ist dieses Verhalten als Kraft zu verstehen, die ziel-

gerichtet in der Organisation wirkt und das Feld mitprägt. Damit wird die Gestal-

tung des soziotechnischen Wandels in Organisationen die zentrale Herausforde-

rung für die oder den Einzelnen, da dies der Ort der alltäglichen Lebensführung ist

– nur eben segmentiert: nach Arbeit, Konsum, Bildung, Gesundheit usw.

Die Anforderung, Organisationen nach sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen in

ihren technischen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten zu gestalten, In-

novationsprozesse anzustoßen und damit die Organisation insgesamt weiter zu

entwickeln, ist die zentrale Aufgabe der Organisationsentwicklung als sozialwis-

senschaftlichem Ansatz zur Gestaltung des soziotechnischen Wandels.

Der vorliegende Text dient zur Einführung in die Grundlagen, Methoden und

Anwendungsfelder der Organisationsentwicklung und ist zugleich ein Plädoyer für

eine integrale Organisationsentwicklung, die grundlegende Perspektiven (Ein-

3 Diese sah Charlie Chaplin offensichtlich kritisch – für ihn war die Organisation nicht

Heilmittel, sondern Erfüllungsinstrument neuer Formen der Ausbeutung und Entfremdung.

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13 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

binden, Verstehen und Gestalten) mit den Handlungsfeldern Mensch, Organisati-

on und Lernkultur verbindet.

1.3 Vom Organization Building zur Organizational

Development

Wenn Organisationen als zentrale, segmentierte Handlungsfelder – die modernen

Gesellschaften strukturieren – ernst genommen und weiterentwickelt werden sol-

len, dann sind ihre Strukturen, ihre Funktionalität, ihre Identität in den Blick zu

nehmen. Analog zum Aufbau großer, staatlicher Strukturen bedarf es auch bei der

Neugründung und bei der Gestaltung des sozialen Wandels von Organisationen

einer Vorstellung davon, was die Organisation eigentlich ausmacht, welches Feld

sie bestimmt – und hierauf bezogen ist der Wandel zu gestalten. Die Gliederung

greift das Bild des Organisationsentwicklungshauses auf.

Kapitel 1 stellt eine Einleitung dar und macht mit dieser Metapher vertraut. Das 2.

Kapitel stellt das Fundament dar, die Kapitel 3 bis 5 die Stockwerke des Hauses

(nach Effizienzbereichen), in denen Organisationsentwicklung aktiv wird, und das

Kapitel 6 schließlich stellt die Gemeinsamkeit, das Dach, dar.

Im Herzstück dieses Studienbriefs greifen wir das Grid-Modell (vgl. Blake &

Mouton 1968) auf und interpretieren dieses neu. Es sind eben nicht nur zwei Di-

mensionen (Mitarbeiter- vs. Aufgabenorientierung), die das Feld der OE bestim-

men, sondern die neun Felder unseres Modells stellen jeweils eigene Dimensionen

dar, die sich aus der Überlagerung der Tätigkeitsbereiche (Einbinden, Verstehen,

Gestalten) und der Handlungsebenen (Mensch, Organisation, Lernkultur) ergeben.

Ergänzt werden die Tätigkeitsbereiche und Handlungsebenen um die grundsätzli-

che Prozessperspektive der Aktionsforschung, die der Organisationsentwicklung

zugrunde liegt.

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14 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Abb. 3: Bauplan verstehender Organisationsentwicklung

Mit diesem Bauplan hat das OE-Haus nicht nur ein klares Fundament, sondern auch

einen Entwicklungsplan, der sowohl einzelne Maßnahmen einzuordnen hilft, als

auch einen Gesamtplan für komplexe und umfassende OE-Projekte zu liefern

vermag. In diesem Sinn stellt der Bauplan eine Art Anleitung für die Organisati-

onsentwicklung dar, zugleich betont aber der Begriff des „Organization Building“

den prozesshaften Charakter (vgl. Schein 2000) jeder Organisationsentwicklung.

Was für die Arbeit an einem Wohnhaus – oder um es noch deutlicher zu machen:

an einem Dom (nehmen wir den Kölner Dom -> Aufgabe: Recherchieren Sie die

Baugeschichte des Kölner Doms. Was hat das für die OE zu bedeuten?) – gilt, gilt

auch für die Organisation: Die Arbeit an dem Gebäude wird niemals vollständig

eingestellt, denn damit würde bereits der Verfall einsetzen.

Der OE-Prozess ist also ein andauernder – einzelne Beratungs- oder Verände-

rungsprojekte mögen zwar als formal abgeschlossen gelten, sie wirken aber nach,

nur darf dies jetzt ggf. nicht mehr offiziell thematisiert werden. Nach den Prinzi-

pien der Organisationsentwicklung verändert sich das Gesamtsystem beständig,

auch wenn einzelne Veränderungsmaßnahmen für beendet erklärt werden. Diese

Prinzipien der Organisationsentwicklung reichen zurück bis in die späten 1920er-

Jahre (Human-Relations-Bewegung). Sie wurden in den 1940er-Jahren weiter

ausgearbeitet (Schule von Kurt Lewin) und fanden im letzten Viertel des 20. Jahr-

hunderts eine breite Anwendung in Organisationen aller Sektoren. Aber: Werden

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15 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Organisationen auch im 21. Jahrhundert ihre überragende Bedeutung für die

Handlungsabstimmung von Menschen und als Ordnungsgarant in Wirtschaft und

Gesellschaft behalten? Auch diese Frage werden wir im Zuge dieser Einführung in

die Organisationsentwicklung diskutieren.

Wenn wir der Metapher des Bauplanes weiter folgen, dann ist es von grundlegen-

der Bedeutung, die Kriterien zu kennen, nach denen dieser Plan entwickelt wurde.

Die entscheidende Frage hier ist: Warum und wozu soll Organisationsentwicklung

betrieben werden?

Eigentlich sind hier zwei unterschiedliche Fragen angesprochen, die auch klar ge-

trennt werden sollten. Die erste Frage lautet: Warum soll Organisationsentwick-

lung betrieben werden? Diese Frage zielt auf einen ursächlichen Grund, einen An-

stoß für den Veränderungsprozess. Hier liegt eine Kausalität zugrunde, eine Ursa-

che, die feststellbar ist und somit in ihrer Begründung in der Vergangenheit liegt

(vgl. Elbe 2002). Es wird sozusagen ein Baumangel festgestellt. Mit der kausalen

Perspektive können Ursache-Wirkungs-Beziehungen offengelegt werden: Weil die

Kollegin mir neulich über den Mund gefahren ist, lade ich sie nicht zum nächsten

Workshop ein. Oder: Je häufiger Kollegen miteinander kommunizieren, desto

vertrauter gehen sie miteinander um. Oder: Je besser die Vorgesetzte die Abtei-

lung führt, desto effizienter arbeiten die Mitarbeiter. Weil und je … desto sind ty-

pische Relationsausdrücke kausaler Erklärungen. Aus psychologischer Perspekti-

ve sind es von außen wirkende Umstände, die auf eine Person einwirken und da-

mit ihr Verhalten beeinflussen.

Die zweite Frage lautet: Wozu soll Organisationsentwicklung betrieben werden?

Diese Frage ist in die Zukunft gerichtet und steckt auch ein Ziel in der Antwort-

erwartung ab. Gefragt wird nach einer Erwartung, einer Veränderungshoffnung, die

zu begründen ist. Hier wird nach dem teleologischen Grund gesucht (abgelei- tet

vom griechischen Wort teleos = das Ziel). Mit der teleologischen Perspektive

können Zielbeziehungen (vertikaler und horizontaler Art, als Zielhierarchien oder

Präferenzketten etc.) deutlich gemacht werden. Hier wird nicht der äußere Um-

stand als Grund für ein Handeln angegeben, sondern der innere Wille (vgl. Elbe

2002). Beispiele: Um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, binde ich die Kollegin mit

ein. Ein Vorgesetzter muss seine Mitarbeiterinnen motivieren, um maximale Leis-

tung zu erreichen. Für teleologische Erklärungen ist der typische Relationsaus-

druck um … zu. Aus psychologischer Perspektive sind es innere Zustände und

Wünsche, Motive und Handlungsantriebe, die eine Person veranlassen, ein be-

stimmtes Verhalten zu zeigen und damit ihre Umwelt zu beeinflussen. Dies kann

folgendermaßen formalisiert werden: Vt = P → U; teleologisches Verhalten lässt

sich aus der Perspektive der Person erklären, die auf ihre Umwelt einwirkt.

Offensichtlich können sowohl die kausale als auch die teleologische Erklärung nur

jeweils Teile des Verhaltens erfassen. In der Realität aber ist das Verhalten jeweils

von kausalen und teleologischen Anteilen geprägt und eine Teilerklärung

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16 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

muss immer defizitär bleiben. Die zwei Ursachen des Verhaltens können also

formal zusammengefasst werden: V = Vk + Vt. Umwelt und Person wirken dabei

wechselseitig aufeinander ein, eine unmittelbare Relation ist hierbei nicht angeb-

bar. Mit Lewin (1982) können wir aber sagen, dass das Verhalten eine Funktion aus

Person und Umwelt ist: V = F (P;U). Dies erscheint noch etwas abstrakt, Kurt Lewin

hat es deshalb konkretisiert: Der Mensch handelt in seinem konkreten Le- bensraum

(L) wechselwirkend mit der relevanten Umwelt: [V = F (P,U) = F (L)] (vgl. Lewin

1982, S. 196).

Diese etwas abstrakt wirkende Herleitung führt uns zurück zur einleitenden Frage:

Warum und wozu soll Organisationsentwicklung betrieben werden? Ausgehend

vom „Begründer der Organisationsentwicklung“ (Kurt Lewin) geht es darum, so-

wohl die Ziele der Beteiligten als auch die äußeren Umstände bei der Verände- rung

des sozialen Feldes (z. B. einer Organisation, einer Arbeitsgruppe) mit zu be-

rücksichtigen, insgesamt also den jeweiligen Lebensraum – und das kann durch-

aus der Arbeitsplatz einer oder eines Mitarbeitenden und ihr oder sein relevantes

Umfeld sein – in den Veränderungsprozess mit einzubeziehen und hierbei aktiv zu

beteiligen. Die inhaltliche Antwort auf die erste Teilfrage lautet somit: Organisa-

tionsentwicklung sollte eingesetzt werden, weil sich Person und Umwelt gegensei-

tig beeinflussen und hierbei Veränderungspotenziale (z. B. in Form von Konflik-

ten, mikropolitischen Prozessen, Frustrationen, Aggressionen) entstehen. Auf die

zweite inhaltliche Teilfrage lautet die Antwort: Organisationsentwicklung sollte

eingesetzt werden, um diese Veränderungspotenziale für die Organisation und das

Individuum positiv (effektiv und effizient) zu gestalten. Oder anders formuliert:

Veränderungen gibt es immer, aber wir haben die Möglichkeit, diese bewusst zu

gestalten und zielführend zu nutzen.

1.4 OE-Prinzipien: Einbinden, Verstehen, Gestalten

Nachhaltige Veränderung funktioniert nur, wenn wir die Betroffenen (in Lewins

Formel „P“) auch am Veränderungsprozess beteiligen, sie in den geplanten sozia-

len Wandel einbinden. Werden sie nicht beteiligt, erreichen wir keine Verhaltens-

änderung. Durch die Einbindung der Betroffenen, die dadurch zu Beteiligten wer-

den, können gemeinsame Visionen und Ziele definiert und realisiert werden. Zu-

gleich werden individuelle und kollektive Lernpotenziale erschlossen. Einbindung

beschreibt das erste Tätigkeitsfeld (und damit auch Prinzip) der Organisations-

entwicklung.

Das zweite OE-Prinzip bezieht sich auf das Tätigkeitsfeld des Verstehens. Im Kom-

plex kausaler und teleologischer Verhaltensgründe erschließt sich das Gesamtverhal-

ten nur, wenn wir die Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt (hierzu gehören

auch andere Personen) nachvollziehen können, also verstehen. Im Organisationskon-

text heißt dies, dass Arbeit als soziale Beziehung in einem spezifischen System aufge-

fasst wird. Das System kann in Strukturen (auch Ressourcen) und Prozessen (Um-

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17 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

weltdynamik) zergliedert werden, hier zeigen sich Aufbau- und Ablauforganisation, die

verstanden werden müssen. Das bedeutet für die Organisationsentwicklung, dass sie

ein spezifisches Instrumentarium im Rahmen der Organisationsdiagnose bereit- stellen

muss, um dieses Verstehen systematisch zu ermöglichen. Dies gilt es an die Zwecke

der Organisation, der Arbeitsgruppe, der sozialen Beziehung zurück zu bin- den, also

zu reflektieren, ob Verhalten, Hierarchien und formelle Kommunikations- prozesse

ebenso wie Gruppendynamik oder auch Klatsch und informelle Führung noch

zielförderlich sind. Im Großen wie im Kleinen wird hier der Sinn der Organisa- tion im

alltäglichen Arbeitsleben hinterfragt und erschaffen (sense making).

Das Tätigkeitsfeld des Gestaltens stellt das dritte Prinzip der Organisationsent-

wicklung dar. OE bedeutet planvolle Veränderung unter Beteiligung der Betroffe-

nen. Das bedeutet, dass auf der individuellen Ebene die Möglichkeit geschaffen

wird, dass das Individuum seine Kompetenzen (seine Selbststeuerung im Sinne des

Personal Mastery) nach seinen Möglichkeiten und Bedürfnissen, zum Nutzen der

Gruppe und des Prozesses weiterentwickelt. Dies ist keine Vorgabe von außen (vom

Berater/Organisationsentwickler oder von der BErate-

rin/Organisationsentwicklerin), sondern zentraler Aspekt der Beteiligung der Be-

troffenen. Damit verändern sich aber auch die Prozesse und Strukturen auf der

Organisationsebene (system building), und die Lernkultur der Organisation insge-

samt wird gestärkt.

Die drei Prinzipien/Tätigkeitsfelder der Organisationentwicklung (Einbinden, Ver-

stehen, Gestalten) finden somit auf drei Handlungsebenen (Mensch, Organisation,

Lernen) Anwendung und werden auf allen drei Ebenen wirksam. Das macht den

Kern unseres sozialwissenschaftlichen Ansatzes der Organisationsentwicklung aus:

Alle drei Prinzipien kommen auf allen drei Handlungsebenen zum Einsatz. Organi-

sationsentwicklung ist somit durch ein verstehendes, sozialwissenschaftliches Vor-

gehen geprägt, dass diesen Ansatz von anderen Formen organisationaler Verände-

rungsstrategien (z. B. klassische betriebswirtschaftliche oder ingenieurwissenschaft-

liche Optimierung oder aufgrund rational-sozialwissenschaftlicher Organisations-

analyse, oder systemische OE-Beratung) unterscheidet.

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18 Kapitel 1: Organisation – vom Aufbau zur Entwicklung

Übungsaufgaben

Übungsaufgabe 1:

Wie definieren Sie die Begriffe „Organisation“ und „Organisationsentwick-

lung“?

Übungsaufgabe 2:

Warum und wozu soll Organisationsentwicklung betrieben werden?

Übungsaufgabe 3:

Erläutern Sie die drei Prinzipien/Tätigkeitsfelder der Organisationsentwicklung

Einbinden, Verstehen, Gestalten.

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19 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

2 Das Fundament der

Organisationsentwicklung

Im folgenden Kapitel skizzieren wir das Fundament der Organisationsentwick-

lung. Zunächst werden Ursprünge, Wegbereiter und wissenschaftlichen Quellen

erläutert (Kap. 2.1), anschließend definieren wir Organisationsentwicklung im

Unterschied zu anderen Formen der Organisationsberatung (Kap. 2.2), bevor wir

abschließend auf die drei Prinzipien und Tätigkeitsfelder der OE – Einbinden,

Verstehen und Gestalten – näher eingehen.

2.1 Ursprünge, Wegbereiter, wissenschaftliche Quellen

Organisationsentwicklung als ein sozialwissenschaftlich geprägter Ansatz zur Ge-

staltung von Organisationen hat seine Wurzeln in der amerikanischen Human-

Relations-Bewegung der 1930er-Jahre. Im Jahrzehnt vor der „Großen Depression“

entfaltete sich der Ansatz einerseits in kritischer Auseinandersetzung mit dem von

Taylor entworfenen „Scientific Management“. Andererseits liegen die Ursprünge

der OE auch darin begründet, den Nationalsozialismus und die Bedingungen für

eine demokratische Gesellschaft zu verstehen. Vor diesem Hintergrund boomte ab

Mitte der 1940er-Jahre die sozialpsychologische Führungs-, Gruppen- und Orga-

nisationsforschung – hierbei spielte Kurt Lewin (1982) eine erhebliche Rolle. Der

„bedeutendste Psychologe des 20. Jahrhunderts“ – so der Psychologe und Nobel-

preisträger Daniel Kahneman (2013) – legte mit seinen Forschungen das bis heute

gültige Fundament der Organisationsentwicklung, insbesondere durch folgende

Konzepte und Methoden: das „Drei-Phasen-Modell“ der Veränderung, die Labo-

ratoriumsmethode, die Survey-Feedback-Methode und die Aktionsforschung. Des

Weiteren ist der aus England stammende soziotechnische Systemansatz zu nen-

nen. Für die in diesem Studienbrief entfaltete integrale Organisationsentwicklung

sind vor allem die Theorie der lernenden Organisation (vgl. Senge 1996), der An-

satz der Prozessberatung (vgl. Schein 2000) und der Ansatz der verstehenden Or-

ganisationsberatung (vgl. Elbe & Peters 2016) als wissenschaftliche Quellen rele-

vant.

All diese „Wegbereiter“ der OE (Gairing 2017) führten in den vergangenen 50

Jahren im deutschsprachigen Raum zu einem bis heute anwachsenden und sich

zunehmend professionalisierenden Organisationsentwicklungsansatz, der sich „als

angewandte Sozialwissenschaft im Kontinuum von Gruppendynamik und Akti-

onsforschung“ versteht (Gairing 2017, S. 42). Im Folgenden werden die genann-

ten Quellen und Wegbereiter der Organisationsentwicklung genauer beschrieben.

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20 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

2.1.1 Scientific Management

Organisationsentwicklung entstand in kritischer Auseinandersetzung mit dem

„Scientific Management“, das auf Frederic Winslow Taylor (1856–1915) zurück-

geht (vgl. Taylor 1911). Im Zentrum seines Konzepts der wissenschaftlichen Be-

triebsführung steht die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der „Maschine Orga-

nisation“. Rationalisierung der Arbeitsstrukturen, Verbesserung der Arbeitspro-

zesse und eine optimale Zuordnung von Personen zu Aufgaben sollten die Effizi-

enz von Organisationen verbessern. Die Rationalisierungsgewinne sollten als „Ver-

söhnung von Management und Mitarbeitenden“ beiden Seiten zugutekommen.

Hohe Löhne als materielle Anreize seien Motivation zu hoher Leistung und Zu-

friedenheit. Arbeitsteilung zwischen „Kopf und Hand“, zwischen Management und

Mitarbeitenden, und die Dominanz der Unternehmensziele gegenüber indivi-

duellen Ansprüchen und Empfindungen sind kennzeichnend für das Scientific

Management. Aufgabe der Organisationsgestaltung ist gemäß dieser Theorie pri-

mär die Schaffung einer leistungsoptimalen und gleichzeitig kostengünstigen

Aufbau- und Ablauforganisation Die Bedürfnisse der Mitarbeiter/-innen spielen nur

insoweit eine Rolle, als diese der Erreichung eines mechanistisch verstande- nen

Optimums der Organisation dienen.

Zur Erreichung dieses Ziels entwickelte Taylor Methoden zur Analyse von Ar-

beitsprozessen, um den gesamten Arbeitsprozess in möglichst kleine Aufgaben-

elemente zu zergliedern, die dann von verschiedenen Arbeitern und Arbeiterinnen

erledigt werden konnten. „Taylors Augenmerk galt ausschließlich der funktiona-

len Optimierung der Arbeitsabläufe – eine Methode, die im Übrigen heute vom

Verband für Arbeitsstudien (REFA) weiter gepflegt und angewandt wird – um da-

mit eine Verbesserung der Arbeitsökonomie und der Produktivität zu erreichen.

Dabei waren für Taylor neben der Produktionstechnologie die Arbeiter nur funk-

tionale ‚Stellgrößen‘ zur optimalen Konfiguration des Arbeitsprozesses.“ (Gairing

2017, S. 19 f.)

Der Taylorismus geht grundsätzlich von der „Machbarkeit“ der zielorientierten Ge-

staltung einer Organisation aus. Dabei wird unterstellt, dass der Arbeiter oder die

Arbeiterin das „Arbeitsleid“ um des Arbeitslohnes willen erträgt. Interesse am Pro-

dukt, an der Verbesserung der Produktionsprozesse und der Zusammenarbeit müsse

ihm oder ihr, so die Argumentation, durch äußeren Zwang abgerungen werden. Hie-

rarchie, Anweisung und Kontrolle, geregelte Dienstwege und beschränkte Autono-

mie sind Kennzeichen derartiger klassischer Organisationskonzepte. Insgesamt do-

miniert ein misanthropisches Menschenbild, das seinen Ausdruck u. a. im Fließband

fand – symbolträchtig verkörpert z. B. in den Schlachthöfen von Chicago oder den

Autofabriken von Detroit.

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21 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

Lexikalische Notiz: Definition Taylorismus

Wissenschaftliche Betriebsführung, Scientific Management, benannt nach Fre-

derick Winslow Taylor (1856–1915), einem amerikanischen Ingenieur und Be-

triebsberater.

„1. Charakterisierung: Ziel ist die Steigerung der Produktivität menschlicher

Arbeit. Dies geschieht durch die Teilung der Arbeit in kleinste Einheiten, zu de-

ren Bewältigung keine oder nur geringe Denkvorgänge zu leisten und die auf-

grund des geringen Umfangs bzw. Arbeitsinhalts schnell und repetitiv zu wie-

derholen sind. Grundlage der Aufteilung der Arbeit in diese kleinsten Einheiten

sind Zeit- und Bewegungsstudien. Funktionsmeister übernehmen die disponie-

rende Einteilung und Koordination der Arbeiten. Der Mensch wird lediglich als

Produktionsfaktor gesehen, den es optimal zu nutzen gilt.

Taylor ging davon aus, dass eine geregelte Tätigkeit den Menschen zufrieden

stellt. Zur Arbeitsmotivation dienen zusätzlich v. a. monetäre Anreize: Ein spe-

zielles Lohnsystem (Leistungslohn) soll zur Steigerung der subjektiven Arbeits-

leistung führen.

2. Kritik: Taylorismus wird in der Diskussion um die Humanisierung der Arbeit

als der Inbegriff inhumaner Gestaltung der Arbeit betrachtet, da die Kennzei-

chen des Taylorismus einseitige Belastungen durch immer wiederkehrende

gleiche Bewegungsformen (Monotonie), Fremdbestimmtheit, minimaler Ar-

beitsinhalt und dadurch die Unterforderung der physischen und psychischen

Möglichkeiten des Menschen sind. Häufige Folge sind Fehlzeiten.

3. Historisch wurde der Taylorismus durch die Human-Relations-Bewegung

(Human Relations) abgelöst.“ (Nissen 2018)

2.1.2 Der Human-Relations-Ansatz

In Abgrenzung vom Scientific Management entstand in den 1920er-Jahren mit dem

Human-Relations-Ansatz erstmals eine Management- und Organisationstheorie, für

die der Mensch, sein Verhalten und seine Beziehungen im Mittelpunkt des

Arbeitsprozesses stehen. Eine besondere Rolle spielten in diesem Kontext die so-

zialpsychologischen Hawthorne-Studien zur Arbeitsoptimierung (1924–1932), die

in den amerikanischen Hawthorne-Werken (spezialisiert auf die Montage von Te-

lefonrelais in der Nähe von Chicago) unter der Leitung der Forscher Mayo, Ro-

ethlisberger und Dickson durchgeführt wurden. Die umfangreichen empirischen

Studien in den Werken der Western Electric Company markieren den Ausgangs-

punkt der Human-Relations-Bewegung. Die Studien verfolgten das Ziel, die

Auswirkungen der Arbeitsbedingungen auf die Leistung der Mitarbeiter/-innen und

deren Produktivität zu analysieren (vgl. Roethlisberger/Dickson 1939, S. 15 ff.).

Die für die Organisationsentwicklung zentrale Erkenntnis der Hawthorne- Studien

bestand darin, dass die Arbeitsleistungen in erheblichem Ausmaße von

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22 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

den Sozialbeziehungen abhängig sind, die zwischen Vorgesetzten und Mitarbei-

tenden bestehen. Die Wiederentdeckung der sozialen zwischenmenschlichen As-

pekte für Leistungsfähigkeit und Zusammenarbeit ist das bleibende Verdienst der

Hawthorne-Experimente.

Für die Praxis in Organisationen rückte damit der Mitarbeiter oder die Mitarbeite-

rin als soziales Wesen mit den eigenen individuellen Bedürfnissen, Werten, Ein-

stellungen und Gefühlen in den Fokus. Arbeitsmotivation und -zufriedenheit tra-

ten in den folgenden Jahrzehnten zunehmend in den Vordergrund – als Vorausset-

zung für eine produktive Arbeitsleistung. Neben der „technischen Organisation“ –

also den mit Taylor optimierten Verwaltungs-, Produktions- und Logistik-

Prozessen – ist auch die „humane Organisation“ zu gestalten: Effizienz und Hu-

manität, Produktivität und Menschlichkeit sind von nun an zusammen zu denken

und zu gestalten – das zentrale Credo der Organisationsentwicklung war geboren.

Lexikalisches Stichwort:

Kurt Lewin: Der Begründer der Organisationsentwicklung

„Lewin, Kurt, Psychologe, 9.9.1890 Mogilno (Posen) – 12.2.1947 Newtonville,

Massachusetts, lehrte 1921–32 an der Universität und am Psychologischen

Institut Berlin, 1933 Emigration in die USA, 1935 Professor für Kinderpsycho-

logie an der University of Iowa, 1945 Professor der Psychologie und Direktor des

Research Center for Group Dynamics am Massachusetts Institute of Tech-

nology in New Haven.

Als Vertreter der Berliner Schule der Gestaltpsychologie und beeinflusst vom

mathematisch-naturwissenschaftlichen Denken hat Lewin entscheidend zur

Entwicklung der Psychologie und insbesondere der Sozialpsychologie beigetra-

gen. Zahlreiche Begriffe seiner dynamischen Psychologie sind in die sozialwis-

senschaftliche Terminologie eingegangen: Feld, Gruppendynamik und Grup-

penatmosphäre, Aufforderungscharakter, Quasibedürfnisse, Anspruchsniveau

u. a. m. Das Verhalten des Individuums muss aus seinem ‚Lebensraum‘ heraus

verstanden werden, einem je bestimmten Feld verschiedenartiger Kräfte (Feld-

theorie). Die Wahrnehmungen, Gefühle und Verhaltensweisen des Einzelnen

werden vor allem von sozialen Gruppen, denen er angehört, beeinflusst. Zu den

Schwerpunkten von Lewin zählte die experimentelle Kleingruppenforschung. In

experimentellen Gruppensituationen variierte er planmäßig den Führungsstil:

autoritär, demokratisch, laisser-faire. Die demokratisch geführte Gruppe ist auf-

fällig spannungsloser, zeigt weniger Aggressivität und größeren Arbeitserfolg als

die autoritär geführte Gruppe. Die Lösung sozialer Konflikte in der Demo- kratie

erfordert die Ausbildung demokratisch orientierter Gruppenführer. Sozio-

logisch bedeutsam ist sein Hinweis auf den „Selbsthass“ von Minoritäten (z. B.

Juden, Schwarzen), der häufig durch Übernahme negativer Vorurteile von Ma-

joritäten entsteht.“ (Hillmann 2007, S. 501)

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23 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

2.1.3 „Drei-Phasen-Modell“ und Methoden der Aktionsforschung

Für die Sozialwissenschaften erlangte Lewin inhaltlich besondere Bedeutung durch

die Feldtheorie (wonach Verhalten durch die „im Feld“ wirkenden Kräfte

determiniert wird), den Ansatz der Aktionsforschung (die Personen in zu erfor-

schenden Systemen werden aktiv mit einbezogen) und der hieraus folgenden Er-

kenntnis, dass ein System sich durch die Erforschung verändert. Drei konkrete

Methoden der Organisationsentwicklung sind im Wesentlichen durch Lewin ent-

standen und prägen sie bis heute entscheidend:

Das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin

Das 3-Phasen-Modell (im Englischen bekannt unter dem Titel resistance to change)

von Kurt Lewin ist ein einfaches Modell für soziale Veränderungen in einer Gesell-

schaft. Dieses Modell ist im Zuge seiner Studien zu dem Thema „Lösung sozialer

Konflikte“ entstanden und basiert im Kern auf der Abfolge von drei Phasen:

Auftauen (Unfreezing)

Hier geht es um das Vorbereiten einer Veränderung. Es werden Pläne erstellt und

gemeinschaftlich diskutiert und alle betroffenen Akteure werden involviert. Es geht

im Grunde vor allem um die Zeit, sich auf die anstehende Veränderung vor-

zubereiten. Denn Lewin ging davon aus, dass Organisationen durch das Wechsel-

spiel von Veränderungskräften („driving forces“) und Beharrungskräften („rest-

raining forces“) geprägt sind. Solange diese beiden Kraftfelder im Gleichgewicht

sind, wird es kaum zu tiefergehenden Veränderungen kommen. Erst wenn es ge-

lingt, dass die „driving forces“ gestärkt und die „restraining forces“ geschwächt

werden, kann eine Veränderungsdynamik Platz greifen, in der Bewußtheit ent-

steht, Energie für die Veränderung frei wird, Aktionen umgesetzt und ‚Grenzver-

schiebungen‘ stattfinden.

Bewegen (Transforming oder Moving)

In dieser zweiten Phase können neue Verhaltensmuster, neue Kommunikationssti-

le, neue Konzepte und Strategien etc. entwickelt und umgesetzt werden. Tatsäch-

liche Änderungen finden statt. Auch diese Phase wird durch direktes Eingreifen der

Verantwortlichen und durch Training verstärkt und der Prozess der Verände- rung

wird beobachtet und begleitet.

Einfrieren (Refreezing)

Die letzte Phase dient dem „Umgewöhnen“ der Gruppe, oder vielleicht kann auch

gesagt werden, dem „Ankommen“ in dem veränderten Zustand. Der neue Prozess

muss sich etablieren und natürlich verstetigt werden.

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24 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

Abb. 4: Das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin (eigene Darstellung; Quelle: Lewin 1947)

Edgar Schein (2000) hat dieses Modell dann von „reinen Gruppenprozessen“ auf

Organisationen übertragen und dort ähnliche Muster wiedergefunden und nach-

gewiesen.

Inwieweit die Metapher des „Wiedereinfrierens“ heute tatsächlich noch eine gül-

tige Beschreibung von OE-Prozessen ist, wird kontrovers diskutiert. Es finden sich

Positionen, die eher von einer permanenten Veränderungsbereitschaft ausge- hen

und alle Fixierungen und Erstarrungen als problematisch ansehen. Anderer- seits

müssen gerade neue Handlungsmuster auch durch Wiederholung und Routi-

nebildung sich im Organisationsalltag verstetigen, um wirklich dauerhaft wirksam

zu werden. Ein unablässiges Über-den-Haufen-Werfen und Neuerfinden wird zwar

im aufgeheizten Start-up-Fieber unserer Zeit gerne als Erfolgsvoraussetzung

propagiert. Andererseits funktionieren weder Menschen noch Organisationen ohne

ein Mindestmaß an verlässlich verfügbaren Handlungsroutinen und Ablaufmus-

tern.

Die Laboratoriumsmethode

Kurt Lewin führte schon in den 1930er-Jahren Experimente durch, in denen Rol-

lenspiele und Gruppendiskussionen zur Anwendung kamen. Die Laboratoriums-

methode entstand aus der Suche nach einer lebensnahen und effektiven Methode,

soziale Kompetenz zu erwerben. Sie kann als eine Form von „Erfahrungslernen“

bezeichnet werden, bei der die Trainingsteilnehmer/-innen eine bestimmte Zeit in

einer Gruppe zusammenarbeiten, um durch Gruppendynamik, Feedback und

Selbstreflexion zu lernen, Gruppenprozesse besser zu verstehen und kompetenter

zu steuern. Das Material, an und aus dem gelernt wird, ist das Erleben und Ver-

halten in der Gruppe. Die Gruppe übt und reflektiert sozusagen in einem sozialen

Laboratorium.

Hinweis zur Praxis: Auch in der OE-Beratung durchlaufen wir diese drei Pha-

sen: Wir „tauen auf“, indem wir Vertrauen aufbauen, Ziele der Beratung festle-

gen etc., „bringen in Bewegung“, während wir mit dem Kunden oder der Kun-

din arbeiten, und sorgen dafür, dass der Prozess wieder „einfriert“ in dem Sinn,

dass wir ein stabiles Kundensystem zurücklassen, wenn unsere Intervention be-

endet ist

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25 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

An dieser Methode lassen sich folgende typische Elemente der OE aufzeigen:

Lernen ist in der Organisationsentwicklung „Erfahrungslernen“. Es wird kein

Wissen von Experten und Expertinnen vermittelt, sondern an den eigenen Erfah-

rungen der Einzelnen, der Teams in der Organisation gelernt. Die Verhaltensände-

rungen werden auch nicht durch ein sozialtechnisches Einüben erreicht, sondern

durch die Reflexion über Verhaltensweisen, Einstellungen, Werte und Motive. Im

wichtigen Arbeitsfeld der „Teamentwicklung“ finden diese Prinzipien bis heute

ihren Niederschlag.

Die Survey-Feedback-Methode und die Aktionsforschung

Auch die Datenerhebungs- und Rückkopplungsmethode geht im Kern auf Lewin

zurück. Bei dieser Methode werden zunächst mit durchaus herkömmlichen Me-

thoden der Sozialforschung (Befragung, Einstellungsmessung etc.) Daten erhoben

(Survey Research) und anschließend an die Befragten rückgemeldet (Feedback).

Diese überprüfen und bewerten sodann die Informationen und versuchen, auf der

Grundlage dieser Bewertung selbst Lösungsvorschläge zu entwickeln. Die Sur-

vey-Feedback-Methode wird häufig im Rahmen der Aktionsforschung eingesetzt,

d. h., dass Veränderungen aufgegriffen werden können, die sich durch die Inter-

vention eventuell schon ereignen. Gleichzeitig steht der Forscher oder die For-

scherin bzw. der Berater oder die Beraterin den Menschen bzw. der Organisation,

in der er oder sie arbeitet nicht als externer unbeteiligter Experte oder externe un-

beteiligte Expertin gegenüber. Kennzeichen für diese Forschung ist vielmehr, dass

Forscher/-innen und Betroffene (Berater/-innen und Organisationsmitglieder) ge-

meinsam die Probleme, welche der Anlass für eine OE sind, zu klären und zu lö-

sen versuchen. Der OE-Berater oder die OE-Beraterin erhebt für den Klienten o-

der die Klientin keine Daten und entwickelt für ihn oder sie keine Maßnahmen.

Vielmehr wird unter Nutzung von Erhebungsdaten ein gemeinsamer Problemlö-

sungsprozess durchgeführt, in dem Phasen der Forschung und Aktion systema-

tisch abwechseln.

2.1.4 Soziotechnische Systeme

Die Untersuchungen des Londoner Tavistock-Instituts stellen, neben den oben ge-

schilderten Arbeiten von Kurt Levin, wichtige historische Wurzeln „humaner“

Organisationsentwicklung dar. Was hatten diese Forscher/-innen vor Augen? Sie

blickten in den Jahren ab 1949 auf die Auswirkungen der Mechanisierung und

Arbeitsteilung im Kohlebergbau und beobachteten, dass die Bergarbeiter/-innen

eine Kombination traditioneller Gruppenarbeit mit der damals modernen Bergbau-

technik entwickelt hatten. Dadurch konnten die Arbeitsteilung und die Auflösung

der Arbeitsgruppen vermieden werden. Die Forscher/-innen verglichen daraufhin

die beiden Formen der Arbeitsorganisation. Es zeigte sich, dass die Kombinati-

onslösung, die durch geringe Arbeitsteilung gekennzeichnet war, mit höherer

Leistung und geringeren Abwesenheitsraten verbunden war. Auf Basis dieser Er-

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26 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

kenntnisse entwickelte sich der soziotechnische Systemansatz des Tavistock-

Instituts. Die Untersuchungen machten deutlich, dass es bei der Einführung neuer

Technologien nicht genügt, die technische Arbeitsorganisation zu optimieren.

Vielmehr ist das technische und soziale System im Spannungsfeld von Markt,

Technik und sozioethischen Erfordernissen mitzugestalten. Die Organisation wur-

de in der Folge als offenes System betrachtet, das die Elemente Mensch, Arbeit und

Technik umfasst, die über ihre Primäraufgaben miteinander verbunden sind (vgl.

Comelli 1985, S. 72). Es entstand somit eine ganzheitliche Sicht auf Organi-

sationen, der soziotechnische Systemansatz war geboren. Aspekte der Produktivi-

tätssteigerung wurden kombiniert mit Ideen der Qualitätsverbesserung sowie der

Humanisierung der Arbeit, integriert zu einem offenen soziotechnischen Sys-

temansatz. Diese zweifache Wurzel der Organisationsentwicklung – Produktivität

und Menschlichkeit (vgl. Becker & Langosch 2002) – wirkt bis heute. Sie unter-

scheidet sich von anderen Ansätzen der Beratung, insbesondere der klassischen

Organisationsberatung, die den strukturellen Aspekt in den Vordergrund stellt. Die

Organisationsentwicklung berücksichtigt zwar strukturelle Probleme, kon- zentriert

sich aber auf den Menschen in der Organisation, indem davon ausgegan- gen wird,

dass Anpassungsfähigkeit letztlich von der Einsicht der oder des Ein- zelnen, von

ihrer oder seiner Flexibilität, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktver- halten und

Motivation abhängig sind.

In diesem Zusammenhang kommt auch Katz und Kahn (1966) eine besondere

Bedeutung zu, vor allem deshalb, weil sie soziologische und psychologische An-

sätze und Theorien, ohne die eine gegen die andere Perspektive auszuspielen, mit-

einander kombinieren und für das Verständnis organisationaler Prozesse einerseits

und für die Konzeptionalisierung von Gestaltungs- und Veränderungsprozessen

andererseits fruchtbar gemacht haben.

2.1.5 Der Aufbau lernender Organisationen

In der Theorie und Praxis der Organisationsentwicklung wird in den vergangenen

drei Jahrzehnten der „lernenden Organisation“ eine immer größere Bedeutung zu-

gemessen (vgl. Senge 1996 und 2011) Nach Peter Senge, renommierter OE-

Forscher und -Berater, kommt für es für Organisationen heute in erster Linie da-

rauf an, ihre Lernfähigkeit zu steigern und zu beschleunigen: „Wenn etwas nötig

ist, dann ist es heute wichtiger denn je, zu verstehen, wie Organisationen lernen und

dieses Lernen zu beschleunigen. Die alten Zeiten sind vorbei, da ein Henry Ford,

Alfred Sloan oder ein Tom Watson für die Organisation lernte. In einer zu-

nehmend dynamischen, voneinander abhängigen Welt und nicht vorhersehbaren

Welt ist es schlichtweg niemandem mehr möglich, alles an der Spitze zu durch-

denken. Das alte Modell ‚Die Spitze denkt und der vor Ort handelt‘ hat jetzt integ-

rierendem Denken und Handeln auf allen Ebenen zu weichen“ (Senge 1996, S.

146).

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27 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

Beim organisationalen Lernen kommt es darauf an, dass sich das Lernen der ein-

zelnen Mitglieder und das Lernen der Organisation komplementär zueinander

verhält, gegenseitig stützt und dadurch erst die „lernende Organisation“ kreiert.

Damit eine lernende Organisation sich entfalten kann, postuliert der Systemiker

Senge fünf Disziplinen der lernenden Organisation, die im Folgenden kurz erläu-

tert werden.

Persönliche Entwicklung (Personal Mastery)

„Je heller der oder die Einzelne, desto heller das Ganze.“ So könnte die erste Dis-

ziplin zusammengefasst werden, d. h., Organisationen lernen nur dann, wenn die

Menschen in ihnen lernen. Selbststeuerung und Entfaltung der eigenen Persön-

lichkeit bilden das Zentrum der ersten Disziplin. Hierzu ist es notwendig, dass

Mitarbeiter/-innen ihre persönlichen Kompetenzen verbessern, um Ergebnisse zu

erzielen, die ihnen wirklich wichtig sind. Eine Bedingung hierfür ist eine kreative

und offene Organisationskultur, damit die Mitarbeiter/-innen ihre selbstbestimm-

ten Ziele und Vorstellungen entwickeln können. „Personal Mastery bedeutet, dass

man seine persönliche Vision kontinuierlich klärt und vertieft, dass man seine

Energien bündelt, Geduld entwickelt und die Realität objektiv betrachtet.“ (Senge

2011, S.16) Es geht also um die Schnittstelle zwischen Organisationslernen und

individuellem Lernen.

Veränderung der mentalen Modelle

Mentale Modelle sind tiefsitzende Hintergrundüberzeugungen, die unser individu-

elles Denken und Handeln bestimmen. Viele Veränderungen werden in Organisa-

tionen nicht umgesetzt, weil sie mit unseren mentalen Modellen kollidieren, die sich

hinter unserem Rücken immer wieder durchsetzen. Es gilt nach Senge, ver- traute

Denk- und Handlungsweisen, die den Menschen Sicherheit im Handeln ge- ben,

infrage zu stellen. Um diese zu verändern, ist „Verlernen“, notwendig, denn

Menschen halten an vertrauten Modellen auch dann noch fest, wenn diese nicht

mehr passungsfähig sind. Mentale Modelle sind nach Senge die Bilder, Annah- men

und Geschichten, die wir von uns selbst, von unseren Mitmenschen, auch von

unseren Organisationen und von jedem anderen Aspekt der Welt in unseren Köpfen

tragen. Menschliches Wissen wird in Form von mentalen Modellen reprä- sentiert,

in ihrer Gesamtheit bilden sie das subjektive Weltbild jedes Menschen. Nach Senge

muss sich jede Person der eigenen mentalen Modelle bewusstwerden, nur dann

kann sie neue Ideen hervorbringen.

Gemeinsame Visionen

Nach Senge (2011) ist schöpferisches Lernen daran gebunden, dass Menschen nach

etwas streben, dass ihnen fundamental wichtig ist, d. h., wahrhaft am Herzen liegt.

Es geht also um eine gemeinsame Vision und in der Folge um eine Verände- rung

der Unternehmenskultur in Richtung dieser gemeinsamen Vision. Lernende

Organisationen sind in der Lage, eine gemeinsame Vision als erstrebenswertes

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28 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

Bild der Zukunft zu entwickeln, dem sie sich verpflichtet fühlen und das dauerhaft

Energie freigesetzt. Lernen in Organisationen bedeutet deshalb, persönliche Visi-

onen mit gemeinsam geteilten Visionen in Zusammenhang zu bringen.

Teamlernen

Lernende Organisationen können nur wachsen, wenn es gelingt, aus Arbeitsgrup-

pen Teams zu bilden, die gemeinsam Probleme lösen. Hierzu müssen Führungs-

kräfte und Mitarbeitende ihre Dialogfähigkeit entwickeln. Was Senge mit Team

Learning bezeichnet, ereignet sich, wenn sich gemeinschaftliches Verstehen voll-

zieht. Hier besteht die Möglichkeit, dass jedes Teammitglied im Rahmen der

Teamarbeit über sich selbst hinauswächst und eine persönliche und fachliche

Kompetenzerweiterung erfährt. Gleichermaßen wird das Bewusstsein dafür ge-

schärft, dass in der Zusammenarbeit mehr erreicht werden kann als als Einzel-

kämpfer/-in, und so entsteht eine Art kohärente, lernende Einheit.

Systemisches Denken

Organisationen sind keine trivialen Maschinen, sondern komplexe Systeme. Da-

her gilt es, das systematische Denken zur übergeordneten Disziplin zu machen –

dies ist Peter Senges zentrale Botschaft in seinem OE-Klassiker „Die fünfte Dis-

ziplin“. Es ist diese fünfte zentrale Disziplin, die in allen anderen Aspekten wieder

auftaucht und „sie zu einer ganzheitlichen Theorie und Praxis zusammenführt“

(Senge 2011, S. 21).

Lexikalische Notiz

„Peter Michael Senge (* 1947 in Stanford) ist Senior Lecturer of Behavioral and

Policy Sciences am MIT, er war Direktor des 1991 gegründeten Center for

Organizational Learning an der MIT Sloan School of Management in Cambridge

(Massachusetts) und ist Vorsitzender der 1997 gegründeten Society for

Organizational Learning (SoL). Sein Forschungsgebiet ist die Organisati-

onsentwicklung und Systemforschung. Er gilt als einer der einflussreichsten

Management-Vordenker.

Senge gilt als Vordenker der Lernden Organisation. Insbesondere sein Werk The

Fifth Discipline: The Art and Practice of the Learning Organization will

Führungskräften und Unternehmern Antworten auf die Frage zeigen, weshalb

immer wieder ‚die gleichen Fehler‘ gemacht werden. Hierzu bietet er theore-

tisch fundierte, schlüssige Lösungsansätze aus diesem Teufelskreis. Das Werk,

mittlerweile ein Management-Klassiker („Eines der bahnbrechenden Manage-

ment-Bücher der letzten 75 Jahre“, Harvard Business Review), wurde bisher in

20 Sprachen übersetzt und weltweit über eine Million Mal gedruckt.“ (Wikipe-

dia o. J.)

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29 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

2.1.6 Organisationsentwicklung und Changemanagement

Organisationsentwicklung als ein sozialwissenschaftlich basiertes Handlungskon-

zept, das die Planung, Gestaltung und Steuerung von Veränderungen in Organisa-

tionen umfasst, ist heute fest etabliert. Ziele der OE sind zum einen, die Selbstent-

faltung und die Persönlichkeitsentwicklung der oder des Einzelnen im Kontext der

eigenen Arbeit zu fördern (Humanisierung der Arbeitswelt) und zum anderen zu-

gleich auch die Leistung und Wettbewerbsfähigkeit der Organisation (Produktivi-

tät, Effektivität und Effizienz) zu erhöhen. Eine hilfreiche Darstellung zur präzi-

sen Unterscheidung zwischen Organisationsentwicklung und Changemanagement

(klassische Organisationsberatung) hat Gairing (2017, S. 15) vorgelegt.

Organisationsentwicklung Changemanagement

Hintergrund des Begriffs sozialwissenschaftlich Sammelbegriff aus

geprägtes Konzept, für umgangssprachlicher

geplanten Wandel in ei- Perspektive für jegli-

ner Organisation, betrifft che Veränderungen in

i. d. R. die gesamte Orga- einer Organisation

nisation

Organisationsverständnis ganzheitliche Perspektive oftmals funktional-

aus personeller (z. B. technisches Verständ-

Führung, Kommunikati- nis von Veränderung

on, Organisationskultur) analog zu Projektma-

und struktureller Perspek- nagement und Verän-

tive (Strukturen, Prozes- derung technischer

se, Technologien, Finan- Systeme

zen); Organisation als so-

ziales System

Schwerpunkte längerfristig angelegter Optimieren mit unter-

Veränderungsprozess mit schiedlichen Schwer-

substanziellen und nach- punkten, z. B. Kosten-

haltigen Änderungen senkung, Restrukturie-

rung, neue Technolo-

gien/IT, Qualitätsma-

nagement

Zeitliche Perspektive mittel- bis langfristig kurz- bis mittelfristig

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30 Kapitel 2: Das Fundament der Organisationsentwicklung

Akteure Organisations- und Pro-

zessberater/-innen, oft mit

sozialwissenschaftlichem

Hintergrund

Unternehmensberater/-

innen, oft mit be-

triebswirtschaftlichem

oder ingenieurswis-

senschaftlichem Hin-

tergrund

Zentrale Annahmen Partizipation, das Streben

aller Menschen nach

Weiterentwicklung; Bera-

ter/-innen als „Hilfe zur

Selbsthilfe“

Steuerbarkeit und Be-

herrschbarkeit sozialer

Systeme analog zu

technischen Systemen

Tab. 1: Organisationsentwicklung und Chancemanagement (Gairing 2017, S. 15)

Diese optimistisch emanzipatorische Grundidee der OE wird natürlich gelegent-

lich als „sozial-romantisch“ kritisiert, sie ist aber u. E. weiterhin gültig – auch wenn

die Formel Changemanagement (vgl. Doppler & Lauterburg 2014) den Be- griff

OE in den letzten Jahren etwas in den Hintergrund gedrängt hat.

2.1.7 Verbreitung der OE in Deutschland und Europa

Organisationsentwicklung wurde, wie oben gezeigt, in den USA und in England

„erfunden“ und fand als Konzept zunächst in diesen beiden Ländern Anwendung.

In Deutschland und in anderen westeuropäischen Ländern hat die Organisations-

entwicklung sich spätestens seit den 1970er-Jahren durchgesetzt (vgl. Richter

1994). Zunächst noch stark orientiert an amerikanischen Konzepten, dem „Orga-

nizational development“ steht sie jedoch mittlerweile auf eigenen Füßen und ist fest

etabliert (vgl. Elbe 2016a; Schiersmann & Thiel 2014; Krizanits 2009). In

modernen europäischen Organisationen ist Organisationsentwicklung weit ver-

breitet und „eine Selbstverständlichkeit“ (Schanne 2010, S. 2) geworden. Private

Unternehmen, ebenso wie staatliche Verwaltungen, soziale Institutionen, Kom-

munen, Banken, Schulen, Weiterbildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Kirchen,

Parteien, Gewerkschaften und Verbände nehmen OE-Beratung von externen

Dienstleistern in Anspruch oder verfügen – sofern es sich um größere Unterneh-

men handelt – sogar über eigene interne OE-Abteilungen. Zusammenfassend kön-

nen wir konstatieren: In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich die Or-

ganisationsentwicklung unter Bezug auf den Diskurs der lernenden Organisation

(vgl. Senge 1996), der Prozessberatung (vgl. Schein 2000) und der verstehenden

Organisationsentwicklung (vgl. Elbe & Peters 2016 und Elbe 2016b) neben der

„klassischen Organisationsberatung“ und später der „systemischen Organisations-

beratung“ als dritter Ansatz der Organisationsberatung verbreitet. Die Grundlagen

der Organisationsentwicklung werden im folgenden Kapitel 2.2 erläutert.