Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft

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Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft Vorlesung PD Dr. Manana Tandaschwili WS 2006/07, FB 09, Institut für Vergleichende Sprachwissenschaft J.W.Goethe-Universität Frankfurt am Main

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Einführung in die Allgemeine

Sprachwissenschaft

Vorlesung PD Dr. Manana TandaschwiliWS 2006/07, FB 09,

Institut für Vergleichende SprachwissenschaftJ.W.Goethe-Universität Frankfurt am Main

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Aspekt

• Aspekt– binäre Kategorie des Verbsystems in Aspektsprachen

(deren Verbsystem strukturell durch die Aspektkorrelation charakterisiert ist).

– Als Prototyp für Aspektsprache gilt das Russische (morphologisch markierte Opposition zwischen perfektiven und imperfektiven Verbformen).

– Die Aspektkorrelation im Russischen charakterisiert den vom Verb bezeichneten Sachverhalt im Prinzip tempusneutral entweder als perfektiv, d.h. als abgeschlossen, oder als imperfektiv, d.h. unabgeschlossen.

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Aspekt

– написать napisať (perf.) vs. написывать napisyvať (imperf.)

– дать dať (perf.) vs. давать davať (imperf.)– взять vz’at’ (perf.) vs. брать brať (imperf.)

(Suppletivpaar)

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Aspekt

Aspekt: Flexionskategorie oder

Derivationskategorie?

– In der Lexikographie: Sind die Aspektpaare als selbständige lexikalische Einheiten oder als ein Lexem mit zwei Verbstämmen zu behandeln?

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Verbalstruktur

– Infinite vs. finite Verben• Infinite Verben

– schreiben, beschreiben, aufschreiben

• Finite Verben: – schreib-e, schreib-st, schreib-t– be-schreib-e, be-schreib-st, be-schreib-t– ?

Abtrennbare vs. nichtabtrennbare Präverbien:

umarmen, umkreisen, abhängen, versprechen, auflegen...

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Funktionen von Präverbien

• Aspektbildung:– Imperfektiv vs. perfektiv

» Russ. pisat‘ vs. na-pisat‘ „schreiben“ vs. „zu Ende schreiben“

• Direktionale Modifikation– Richtungsdifferenzierung

» Geor. mo-vid-a vs. ga-mo-vid-a„er kam her“ vs. „er kam heraus“

• Semantische Modifikation– schreiben vs. ab-schreiben

• Wortbildung– stehen vs. ver-stehen

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Aktionsart

• Art und Weise des Ablaufs des Bezeichneten Vorgangs: – delimitativ, durativ, perdurativ vs. momentan,

punktuell;

• Einmaligkeit vs. Wiederholbarkeit: – egressiv, evolutiv, finitiv, inchoativ, ingressiv,

momentan, resultativ, semelfaktiv, gnomisch, iterativ;

• Grad der Intensität des Vorgangs:– intensiv-iterativ, intensiv-semelfaktiv vs. attenuativ,

diminutiv-iterativ.

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Aktionsart

• Delimitativ – Aktionsart, die ausdrückt, dass ein Vorgang oder Zustand eine gewisse, nicht näher bestimmte Zeit andauert, ohne dass eine zeitliche Beschränkung oder qualitative Bewertung vorgenommen wird. – z.B. Russ.:

• spat’ „schlafen“ vs. pospat’ „etwas schlafen“,

• Durativ – Aktionsart, die den im Verbstamm ausgedrückten Vorgang oder Zustand als kontinuierlich und gleichmäßig über einen größeren Zeitraum erstreckt charakterisiert. – z.B. Griech.:

• apothanein „sterben“ vs. apothnēskein „im Sterben liegen“

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Aktionsart

• Perdurativ - Aktionsart, die den Abschluss des im Verbstamm ausgedrückten Vorgangs oder Zustands nach einer bestimmten Dauer kennzeichnet.– z. B. russ.

• zit’ „leben“ vs. prozit’ „ein ganzes Leben leben“, • spat’ „schlafen“ vs. prospat’ „(die ganze Nacht über) schlafen“;

• Evolutiv – Aktionsart, die den Beginn, die Anfangsphase des im Verbstamm ausgedrückten Vorgangs und die Entwicklung zu diesem Vorgang hin charakterisiert.– z.B. russ.

• šumet’ „lärmen“ vs. razšumet’sja „Anfang zu lärmen und dann richtig Krach machen“,

• boltat’ “schwätzen“ vs. proboltat’sja „ins Schwätzen geraten“

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Aktionsart

• Finitiv – Aktionsart, die den Abschluss, das Aufhören oder den Abbruch des im Verbstamm ausgedrückten Vorgangs oder Zustands charakterisiert.– z.B. russ.

• otdezurit’ „den Dienst beenden“, • otpilit’ „absägen“;

• Inchoativ - Aktionsart, die den Beginn des im Verbstamm ausgedrückten Vorgangs oder Zustands charakterisiert.– z.B. russ.

• pojti „losgehen“, • slabet’ „schwach werden“;

• Punktuell –Zusammenfassende Bezeichnung für egressive, ingressive, momentane bzw. semelfaktive Aktionsarten

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Aktionsart

• Egressiv – Aktionsart, die den Abschluss, das Aufhören des im Verbstamm ausgedrückten Vorgangs oder Zustandes markiert.– z. B. russ. otvyknut’ „sich abgewöhnen“ (Vgl. finitiv);

• Ingressiv - Aktionsart, die den Ausgangspunkt, das Einsetzen des im Verbstamm ausgedrückten Vorgangs oder Zustands charakterisiert. – z.B. russ. ljubit’ „lieben“ poljubit’ „lieb gewinnen“, kricat’

„schreien“ zakricat’ „losschreien“;

• Momentan - Aktionsart, die einen singulären, momentan ablaufenden Vorgang markiert.– z.B. russ. kricat’ „schreien“ kriknut’ „aufschreien“, tolkat’

„stoßen“ tolknut’ „einen Stoß versetzen“;

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Aktionsart

• Resultativ – Aktionsart, die den (erfolgreichen) Abschluss des in Verbstamm ausgedrückten Vorgangs oder Zustands charakterisiert.– z.B. Russ.

• pisat’ „schreiben“ vs. dopisat’ „zu Ende schreiben“;

• Iterativ – Aktionsart, die ausdrückt, dass sich der im Verbstamm ausgedrückte Vorgang oder Zustand regelmäßig wiederholt.– z.B. Russ.:

• govorit‘ „sagen“ vs. govarivat‘ „zu sagen pflegen“• Lat.: facere „tun“ vs. facitare „gewöhnlich tun“

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Reflexive Verben

Unterklasse der Verben, die syntaktisch und semantisch durch Koreferenz von Subjekt und Objekt des Verbs gekennzeichnet sind.

• Dt.– Ich strenge mich an

Obligatorische Reflexivverben (Reflexiva tantum): – sich schämen partimreflexive Verben– Jenny zieht sich aus vs. Jenny zieht Lukas

aus.

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Komitativität

Morphologische Kategorie z.B. in den Westkaukasischen Sprachen, die durch Affixe markiert wird und ausdrückt, dass die im Verbstamm bezeichnete Tätigkeit gemeinsam mit (einer) weiteren Personen ausgeführt wird.

Adygeische: – sƏ-b-da- k⁰a (zu da- k⁰a-n “mitgehen”)

„Ich (sə-) gehe mit (-da-) dir (-b-)“

Vgl. k°ă-n „gehen“ vs. dă-k°ă-n “mitgehen”

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Reziprozität

Eine (in manchen Sprachen morphologisch ausgedrückte) Kategorie des Verbs, durch die die Wechselseitigkeit einer Handlung bezeichnet wird.

Adygeisch: tǝ-ză-łă-k°ă (zu łă-k°ă „besuchen“)

„Wir (-tǝ-) einander (-ză-) besuchen“

Reciproca tantum: sich anfreunden, sich einigen, sich verbrüdern

Vgl. lieben vs. sich lieben

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Soziativität

• Adygeisch– za- da -bana- ġa-x „gemeinsam kämpften sie“

Vgl. za- da -bana-n „gemeinsam kämpfen“ bana-n „kämpfen“

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Involuntativität

• Adygeisch– s-ʾac a -wƏc a -ġ „Ich habe ungewollt getötet“

Vgl.ʾac"´a -wƏc" a -n „versehentlich töten“ wƏc" a -n „töten“

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Genus verbi

• Genus verbi (Diathese) – Das Genus verbi repräsentiert eine Verbalkategorie,

deren Glieder (Aktiv, Passiv, Medium/Mediopassiv) es ermöglichen, einen Sachverhalt in unterschiedlicher Sicht auf die Aktanten auszudrücken.

– Alle Subkategorien des Genus verbi dienen in einer Sprache zur Realisierung zweier Perspektiven, der Handlungsperspektive und der Geschehensperspektive:

• Vordergrund vs. Hintergrund.

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Aktiv- bzw. transitive Verben

• Das Aktiv als Genus verbi ist eine grundlegende Diathese, die normalerweise eine morphosyntaktisch einfachere Konstruktion ergibt und als neutrale, unmarkierte Form des Verbs gilt.

• Transitiv – syntaktisch begründete Klasse von Verben in Nominativsprachen, die dadurch bestimmt ist, dass transitive Verben ein obligatorischen direktes (Akkusativ-)Objekt haben, das bei Passivierung in die Position des Subjekts rückt.– Vgl.

• Frank schreibt einen Brief.• Frank läuft einen Kilometer.

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Intransitive und Passiv-Verben

• Intransitive Verwendung von transitiven Verben liegt vor, wenn das direkte Objekt aktuell nicht realisiert wird.– Vgl.: Er liest ein Buch vs. Er liest viel.

• Passiv ist die verbale Ausdrucksform zur geschehensbezogenen Wiedergabe eines Sachverhalts.

Im Deutschen unterscheidet man zwischen zwei Arten von Passiv:– Vorgangspassiv:

• Der Mann wurde informiert– Zustandspassiv:

• Der Mann ist informiert

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Transitivierung

• Ableitung eines transitiven Verbs von einer intransitiven Basis.– Dt.: - Präfigierung durch be- und er-:

• gehen vs. begehen • betteln vs. erbetteln

• Transitiv oder intransitiv?– bekommen, kriegen, kosten

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Passivierung

a) Peter kehrte in sein Dorf zurück.

b) Eines Tages versammelte der König das Volk dieses Landes.

c) Herr Direktor hat eine gute Nachricht für Sie.

d) Peter hat eine gute Nachricht erhalten.

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Verbalkonstruktionen

• Intransitive oder „faktitive“ Verben– Passivverben, Mediale Verben, Statische Verben

• Transitive oder„agentive“ Verben– Aktivverben

• Affektive Verben oder verba sentiendi– Kognitive Verben– Wahrnehmungsverben– Emotionale Verben

• Possessive Verben oder verba habendi– Absolutive vs. relative Existenzverben.

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Verbalkonstruktionen

• Nominativkonstruktion– Dt.:

• Der Arzt operiert den Patienten S.: Nom. V tr. O.: Akk.

• Ergativkonstruktion– Georg.

• monadire-m mokla irem-i S.: Erg. V tr. O.: Nom. „Der Jäger tötete den Hirsch.“

• Dativkonstruktion– Georg.

• deda-s esmis xmaur-i S.: Dat. V sentiendi O.: Nom. „Die Mutter hört den Lärm.“

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Verbalkonstruktionen

• Genitivkonstruktion– Udisch

• me čoban-i baṭakej sa čubux.

DemPr. S.: Gen. V habendi Zahl. O.: Abs.

„Dieser Hirte hatte eine Frau“

• Lokativkonstruktion– Avar.

• Vac:asa-da qvaze l‘ala

S.: Lok. O.: Abs. V facultatis

„Der Bruder kann schreiben“