Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter:...

9
Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD) A. Korte Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Klinikum der LMU München Einleitung: Trauma PTSD Epidemiologie Klassifikation und Diagnose Entwicklungspsychologische Aspekte Besonderheiten der PTSD-Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen Neurobiologische Aspekte Psychodynamische Aspekte Therapeutische Aspekte Trauma Bewältigung Integration Kompensation Anpas- sungs- störung PTSD Akute Belastungs- reaktion Depression Angststörung Somatisierung Sucht Dissoziation Persönlichkeits- störung (komplexe PTSD) » ...vitales Diskrepanzerleben zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglich- keiten, welches mit dem Gefühl der Hilflosigkeit und schutz- losen Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt « (Fischer u. Riedesser 1999) Psychisches Trauma - Definition

Transcript of Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter:...

Page 1: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter:

Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

A. Korte

Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und PsychotherapieKlinikum der LMU München

• Einleitung: Trauma → PTSD

• Epidemiologie

• Klassifikation und Diagnose

• Entwicklungspsychologische Aspekte

• Besonderheiten der PTSD-Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen

• Neurobiologische Aspekte

• Psychodynamische Aspekte

• Therapeutische Aspekte

Trauma

Bewältigung

IntegrationKompensation

Anpas-sungs-störung

PTSD

AkuteBelastungs-

reaktion

DepressionAngststörungSomatisierung

Sucht Dissoziation

Persönlichkeits-störung

(komplexe PTSD)

» ...vitales Diskrepanzerleben zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglich-

keiten, welches mit dem Gefühl der Hilflosigkeit und schutz-losen Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte

Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt «

(Fischer u. Riedesser 1999)

Psychisches Trauma - Definition

Page 2: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

Epidemiologie• Häufigkeit eines traumatischen Ereignisses (USA):

Männer → 60 %, Frauen → 50 %(Kessler et al.1995)

PTSD: Epidemiologie

• Prävalenz der PTSD nach Trauma:Männer → ca. 8 %, Frauen → ca. 20 %(Kessler et al.1995; Breslau et al. 1997,1998)

• Lebenszeit-Prävalenz der PTSD:Männer → ca. 5 %, Frauen → ca. 10 %(Kessler et al.1995; Breslau et al. 1998)

PTSD nach Trauma (Lebenszeitprävalenz)

Häufigkeit des Traumas

Art des Traumas(Kessler et al. 1995)

N = 5877

7,0%

7,6%

11,5%

19,3%

38,8%

35,4%

55,5%

25%

19,4%

9,5%

7,5%

3,2%

4,0%

5,5%

• Zeuge von Unfällen / Gewalt

• Unfälle

• körperl. Gewalt

• sexuelle Belästigung

• Krieg

• Misshandlung/Missbrauch

• Vergewaltigung

Klassifikation

F 43.0 Akute Belastungsreaktion

F 43.1 Posttraumat. Belastungsstörung

F 43.2 Anpassungsstörungen

F 43.20 • kurze depressive Reaktion (max. 1 Mon.)

F 43.21 • längere depressive Reaktion (max. 2 J.)

F 43.22 • Angst und depressive Reaktion

F 43.23 • vorw. Beeintr. anderer Gefühle (regr. Verh.)

F 43.24 • vorw. Störung des Sozialverhaltens (SV)

F 43.25 • mit gemischter Störung von Gefühlen / SV

F 43.28 • mit sonstigen spezif. deutlichen Symptomen

F 43.8 Sonst. Reak. auf schw. Belastung

308.3 Acute Stress disorder

309.81 PTSD

309 Adjustment disorder

309.0 • Depressed Mood

[ 309.24 • Anxiety ]

309.28 • Mixed Anxiety & Depressed Mood

-

309.3 • Disturbance of Conduct

309.4 • Mixed Dist. of Conduct & Emotions

[ 309.9 • Unspecified ]

DSM-IVICD-10 Anpassungsstörung (F 43.2)

• identifizierbare psychosoziale Belastung von nicht außergewöhnlichen (katastrophalen) Ausmaß

• Beginn der Symptome innerhalb 1 Monats

• Symptome wie bei:→ affektiven Störungen (F3) → neurot., dissoz., somatoformer oder Angststörung (F40-48) → Störung des Sozialverhaltens (F91)

• Kriterien einer einzelnen der o.g. Störungen nicht erfüllt

• max. 6 Monate (bzw. 2 J. → längere depressive R.)

Page 3: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

Akute Belastungsreaktion (F 43.0)

• unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit außerge-wöhnlicher Belastung (Symptome innerhalb 1 h)

• obligat: Symptome der generalisierten Angststörung (F41.1)

• fakultativ:sozialer Rückzug, Einengung der Aufmerksamkeit, Des-orientierung, Ärger, verbale Aggression, Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit, Überaktivität, außergew. Trauer

• mindestens 8 und höchstens 48 Stunden

Acute Stress Disorder (DSM-IV 308.3)

• emotionale Stumpfheit, emotionale Reaktionsfähigkeit ↓

• Einengung der Aufmerksamkeit

• Depersonalisations-/ Derealisationserleben

• dissoziative Amnesie

• Intrusionen (flashbacks, Wiedererinnern, Träume)

• Vermeidungsverhalten

• Angst / erhöhtes Arousal

• mindestens 2 Tage und höchstens 4 Wochen

Posttraumat. Belastungsstörung (F 43.1)

• Wdh. unausweichliches Wiedererleben des Ereignisses in Gedächtnis, (Tag-) Träumen (Intrusionen, flashbacks)

• Abflachung der allgemeinen Reagibilität und Vermeidungsverhalten

• Peristierende Symptome des Hyperarousals (z.B. Schlaf-störung, Irritabilität, Schreckhaftigkeit, Konz.-schwäche)

• partielle oder totale Amnesie

• innerhalb von 6 Mon. nach Trauma (Dauer: > 1 Mon.)

• Trauma Typ-ISinguläres Trauma: Unfall, Naturkatastrophe etc.

→ „einfache“ PTSD

• Trauma Typ-IIMultiple Traumen: physischer u. psychischer Mißbrauch, Kriegserfahrungen etc..→ „komplexe“ PTSD (Herman 1993; van der Kolk 1992; Pelcovitz et al. 1997)

PTSD: einfach oder komplex?

Komplexe PTSD: Diagnosekriterien

1. Störung der Affektregulation→ chronische Affektdysregulation→ übermäßiger Ärger→ impulsives Verhalten

2. Störung der Aufmerksamkeit u. des Bewußtseins→ Amnesie→ Dissoziation

3. Somatisierung

Komplexe PTSD: Diagnosekriterien

4. Chronische Persönlichkeitsveränderungen→ Schuldgefühle, Selbstvorwürfe→ Veränderungen der zwischenmenschl. Beziehungen

(Opferrolle / Täterverhalten)

5. Selbstschädigende Verhaltensweisen

6. Veränderungen in Bedeutungssystemen→ Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit→ Verlust der bisherigen Lebensüberzeugungen

Page 4: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

Entwicklungs-psychologische

Aspekte

PTSD - Entwicklungspsychologische Aspekte (1)

• Persönlichkeitsentwicklung und Selbstwert-Konsolidierung → besondere Vulnerabilität

• starke Intersubjektvariabilität → prädisponierende vs. relevante protektive Faktoren ?

• Bedeutung des „social referencing“→ Eltern als Modell für Coping-Strategien

PTSD - Entwicklungspsychologische Aspekte (2)

• Kumulativ-Traumata, Belastung durch Entwicklungsaufgaben→ subklinische Störung kann sich zum Vollbild ausweiten

• „Traumatisierungspotential“ abhängig von der intellektuell-kognitiven und emotional-affektiven Entwicklungsstufe → Auswahl und Effektivität der Bewältigungsstrategien

• unterschiedl. Entwicklungsaufgaben in verschiedenen Phasen → Interferenz: „Trauma“ / anstehende Entwicklungsaufgabe

PTSD: Risiko- und Verlaufsprädiktoren• Art und Dauer des Traumas / Intentionalität (Kessler et al. 1995)

• Schweregrad des Traumas (Schepker 1995)

• peritraumatische Dissoziation (Harvey 1998)

• prämorbide Entwicklung / frühere traumatische Erlebnisse (Silva 2000)

• Stand der kognitiven und sozio-emotionalen Entwicklung (Pynoos & Nader 1993)

• Nähe des Kindes zum Geschehen / Verhältnis zum Täter oder anderen Opfern(Fischer & Riedesser 1999, Yule 2000)

• evt. auftretende Schuldgefühle des Opfers (Fischer & Riedesser 1999)

• Ausmaß der elterlichen Stressbelastung / emotionale Reaktion der Bezugspersonen(Foy et al. 1996, Pfefferbaum 1997)

• Vorhandensein protektiver Faktoren (Foy et al. 1996)

• Auswirkungen des traumatischen Ereignisses auf den Lebensalltag (Goenijan 1997)

• andere postexpositorische Einflüsse (Stigmatisierung, Reviktimisierung)

• genetische Faktoren, Geschlecht (Stein et al. 2002)

Symptomatik: altersabhängig!

• Intrusionen→ Wiedererleben des traumatischen Ereignisses (wiederkehrende Gedanken, Erinnerungen, Tag-/Träume)

• Vermeidung→ traumaspezif. Stimuli (Aktivitäten, Orte, Menschen) und sozio-emotionaler Rückzug (vermindertes Interesse, Affekteinschränkung, Gefühl des Losgelöstseins)

• Hyperarousal→ Zustand der vegetativen Übererregtheit

PTSD: Symptomatik (1)

Page 5: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

• jüngere Kinder (Vorschulalter):→ ausgeprägtes Vermeidungs- / ängstliches Verhalten,

Panikattacken → Alpträume, Schlafstörungen → Entwicklungsrückschritte (Schwarz & Kowalski 1991)

DD:∗ einfache oder generalisierte Angststörung∗ Anpassungsstörung∗ emotionale oder depressive Störung∗ Bindungsstörung (F94.1/F94.2) ∗

PTSD: Symptomatik (2)

• ältere Kinder (Schulalter):→ häufiger intrusives Erleben und Hyperarousal→ intellektuelle Leistung ↓ / schulische Fähigkeiten ↓→ Aufmerksamkeitsprobleme / motorische Unruhe→ oppositionell-aggressives Verhalten(Schwarz & Kowalski 1991; McCloskey & Walker 2000)

DD / Komorbidität:∗ Aufmerksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitätssyndrom (F90)∗ Störungen des Sozialverhaltens (F91)∗ umschriebene Entwicklungsstörungen schul. Fertigkeiten (F81)

PTSD: Symptomatik (3)

• Adoleszente (postpubertäre Jugendliche):→ klassische PTSD-Trias→ Unterschiede: Trauma-Typ-I vs. -Typ-II (Terr 1991)

bzw. akute vs. chronische PTSD (Famularo et al. 1996)

→ “komplexe PTSD” (Herman 1991)

→ Dissoziation, Derealisation / Depersonalisation, Amnesie, Impulskontrolle ↓, Selbstverletzung, Substanzmissbrauch

DD / Komorbidität:∗ depressive / somatoforme / Angststörungen, Substanzmissbrauch ∗∗ dissoziative Störungen, parasuizidale Handlungen, B-PS ∗

PTSD: Symptomatik (4)

(ca. 80% d.F.; w > m)

• Depressionen

• Angsterkrankungen

• Suchterkrankungen

• Somatisierungsstörungen

• Sexuelle Störungen(Breslau et al. 1997)

PTSD: Komorbidität

Neurobiologische Aspekte

Thalamus

Amygdala

explizit-kognitives / deklarativesGedächnis

implizit-emotionales/ prozeduralesGedächnis

Kortex

kognitive Integration

sensorische Integration

unbewußt

bewußt

Kortex

Hippocampus

sensorischer Stimulus

AmygdalaHippocampusKortex

Page 6: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

sensorischer Stimulus

AmygdalaHippocampusKortex

→ in traumatischer Situation arbeiten implizit-emotionales (pro-zedurales) und explizit-kognitives (deklaratives) Gedächnis-system unabhängig parallel

→ Überwiegen der implizit-emotionalen Erinnerung u. (stressbe-dingtes) Versagen der deklarativen Informationsverarbeitung

→ Fehlen explizit-kognitiver, d.h. bewußter Erinnerungen(Jacobs & Nadel 1985; LeDoux 1996; Kirsch 1999)

→ Behinderung der Verarbeitung der traumatischen Situation

→ dissoziative Störung, PTSD

PTSD: Hypothetisches Modell

Thalamus

explizit-kognitives / deklarativesGedächnis

implizit-emotionales/ prozeduralesGedächnis

Kortex

kognitive Integration

sensorische Integration

unbewußt

bewußt

Kortex

Hippocampus

Hypo-physe

NNRHypo-

thalamusACTH

Cortisol

Cortisol

Amygdala

Noradrenalin

Noradrenalin

Nucleuscoeruleus

Nucleuscoeruleus

Tegmen-tum

CRF

––

+

±

+

–+

+ +–

+–

Psychodynamische Aspekte

Psychodynamische Aspekte spezieller Traumakonstellationen (1)

• traumakompensatorisches Reaktionsmuster als→ pathologische Abwehrformen bzw. missglückte

Bewältigungsversuche

• Im allgemeinen keine Spezifität→ d.h. posttraumatische Symptomatik nicht pathognomonisch

für bestimmte Traumata→ pathognomonisch vielmehr hinsichtlich der Art der verwen-

deten unreifen Abwehrmechanismen: Verleugnung, Spaltung, primitive Idealisierung / Entwertung(Kernberg 1978,1990)

Psychodynamische Aspekte spezieller Traumakonstellationen (2)

• Deprivation oder Gewalterfahrung im Kleinkindalter→ frozen watchfulness: freezing and avoidance (Fraiberg 1982)→ Bindungsstörung (Pfeiffer u. Lehmkuhl 2003)

• „Beziehungstrauma“ durch Verlust, längerfristige Trennung oder ständige Wechsel der Bezugsperson, massive Überstimulation→ fehlendes „Urvertrauen“ (Erikson 1976) → fehlende positive Selbst-/Objektrepräsentanz (Winnicott 1965)→ „abwesende Anwesenheit“ (Field 1994)

Page 7: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

Psychodynamische Aspekte spezieller Traumakonstellationen (3)

• körperliche Misshandlung→ Vernichtungs- und Verlassenheitsängste→ Ambivalenz: Aggressor vs. geliebtes Objekt→ primitive Idealisierung, Identifikation mit dem Aggressor→ Beziehungsgestaltung nur über verletzenden Kontakt

• sexueller Missbrauch→ Übergriffe als „Bestätigung der eigenen Verdorbenheit

und gleichzeitig deren Bestrafung“ (Ehlert u. Lorke 1988)→ Verkennung als „Liebesbeweise“, Gefühl des Andersseins→ Internalisierung, Identifikation, Introjektion→ Selbstbezichtigung, Verantwortungsübernahme

Psychodynamische Aspekte spezieller Traumakonstellationen (4)

• subtilere Formen von Missbrauch und Misshandlung→ seelische Grausamkeit (Entwertung / Erniedrigung) → narzisstischer Missbrauch des Kindes durch die Eltern

• gravierende somatische Erkrankungen oder Unfälle sowie Verstümmelungen durch therapeutische Eingriffe (OP, Chemo)→ Gefühl des Verlassen-/ „Im-Stich-gelassen-werden“→ Ohnmachtsgefühl / Bedrohung durch körperliche Schmerzen→ libidinöse / narzisstische Besetzung des eigenen Körpers ↓

Therapeutische Aspekte Therapieziele:

• Aufhebung der symptomstabilisierenden Vermeidung

• Exposition → Habituation an emotionale Symptomatik• Selbstmanagement

• Elaboration eines expliziten Traumagedächnisses

• Integration → Neustrukturierung → Remoralisierung

Therapievoraussetzungen:• Schutz vor Eigengefährdung (Suizid) oder Bedrohung• Diagnosesicherung / Ausschluß DIS, Psychose u.a.

• Behandlungshirarchie (z.B. Substanzmittelmißbrauch)• Information und Aufklärung vorab

• Konfrontation (Exposition in-sensu und in-vivo)• Kognit. Restrukturierung (Detailanalysen, sokratischer Dialog)

(Maerker 1997; Marks et al. 1998; Tarrier et al. 1999)

• Rationaler Diskurs: Beeinflussungsmöglichkeit? (Ehlers 1999)

• „konstruktiv-narrativer“ Therapieansatz (Meichenbaum 1999)

• „Written emotional expression“ (Smyth 1998)

• Eye Movement Desentization and Reprocessing (Shapiro 1989; Eschenröder 1997; Jensen 1994; Lamprecht u. Lempa 1997; Kleinknecht u. Morgan 997; Wolpe u. Abrams 1997; Titze 1997)

• Kognitiv-behaviorale Gruppentherapie (+ Einzelsitzungen) (Resick et al. 1993,1999; Chard et al. 1997; Boos et al. 1999)

Therapiemethoden:

• Drei Therapiephasen:→ I. Beziehungsaufbau / Stabilisierung → II. Traumaexposition und -synthese→ III. Trauer und Reintegration (Allgem. Psychotherapie)

• Allgemeine Prinzipien:→ therapeutischer Eklektizismus→ keine Übertragungsbeziehung→ Förderung von Selbstheilungskräften (Resourcen!)→ besondere Bedeutung imaginativer Verfahren→ Nutzung der (primitiven) Abwehrmechanismen

Traumaspezifische tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

(Reddemann u. Sachsse 1996,1997,1998; Reddemann 2000)

Page 8: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

• Entwicklung stabiler therapeutischer Arbeitsgemeinschaft

• pharmakologische Behandlung

• Aufklärung und Information

• Selbstmanagement-, evt. auch Entspannungstechniken

• Imaginative Übungen (Flashback-Management)→ Sicherer Ort→ Innerer Helfer→ resourcenreiche Zustände→ Baum-Übung, Licht-Übung, Spirale→ Innerer Tresor→ aktive Dissoziation (evt. aber auch Unterbrechung!)→ Inneres Kind

I. Stabilisierung

• Voraussetzung:→ hinreichende Stabilisierung / ∅ schweren Dissoziationen→ Traumaspezialist !→ kein Täterkontakt (auch indirekt !)

• Prinzip:→ Konfrontation – Sich-Trösten – Distanzierung

• einleitend Selbstberuhigung und positive innere Bilder

• fraktionierte Traumaarbeit mit Stabilisierungsintervallen

• Techniken:→ Bildschirmtechnik→ EMDR→ (VT-Techniken)

II. Traumaexposition

• nicht traumaspezifisch, folgt Richtlinien der → Allgem. tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie

• Konfliktbearbeitung mittels→ Übertragungsanalyse und Deutung

• Bearbeitung von Entwicklungspathologien und strukturellen Ich-Störungen→ psychoanalytisch-interaktionelle Techniken

• Ziele:→ Verbesserung der interpersonellen Beziehungen, → Selbstwertstärkung, Entw. defizitärer Ich-Funktionen→ Fähigkeit der Abgrenzung, Entlastung v. Schuldgefühlen → evt. Konfrontation mit Täteranteilen (cave!)

III. Trauer und Reintegration

• SSRI Sertralin→ Reduktion von Angst, Anspannung, Unruhe→ komorbide Symptomatik

(van Etten u. Taylor 1998)

• atypisches Antipsychotikum (z.B. Olanzapin)→ Therapieversuch bei starken Intrusionen→ bei überwertigen Ideen→ bei sehr starker Anspannung

Psychopharmakologische Optionen:

Fazit

Zusammenfassung I

• mögliche Folgen traumatischer bzw. belastender Ereignisse→ akute Belastungsreaktion, PTSD und Anpassungsstörung

• komplexe PTSD (Typ II), Borderline-PS, DESNOS und DIS („Multiple Persönlichkeit“) als → Spektrumserkrankungen

• PTSD-Symptome (Intrusionen, Amnesien) als Folge einer → traumat. bedingten Störung des expliziten Gedächnissystems

Page 9: Einleitung: Trauma PTSD - kjp.med.uni-muenchen.de · Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter: Zur Problematik der Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTSD)

Zusammenfassung II

• Grenzen der Anwendbarkeit der Erwachsenenkriterien der PTSD auf das Kindes- und Jugendalter → spezifische Besonderheiten der PTSD-Symptomatik bei

Kindern und Jugendlichen in den verschiedenen Altersgruppen

• neuro-anatomisch: → Überaktivierung der Amygdala, Unteraktivierung des

präfrontalen Cortex und des Hippocampus (Atrophie)

• spezifische Behandlung durch Neuerleben des Traumas→ Elaboration eines expliziten Traumagedächnisses,

Umstrukturierung, Remoralisierung