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EINLEITUNG
2. Einleitung 2.1 Bau und Systematik der Gattung Trichobilharzia 2.1.1 Zur Systematik der Gattung Trichobilharzia Die Familie der Schistosomatidae zählt zu den parasitischen Plathelminthes und ist der
Klasse der Trematoda mit ihrer Unterklasse Digenea zugeordnet. Wie die Bezeichnung Di-
genea bereits andeutet, ist ihr Lebenszyklus durch einen Generationswechsel mit zwei Ver-
mehrungsphasen charakterisiert. Die Familie Schistosomatidae zeichnet sich dabei durch die
für Plathelminthes ungewöhnliche Zweigeschlechtlichkeit mit einem z.T. ausgeprägtem Se-
xualdimorphismus aus. Schistosomatidae sind Parasiten von Säugern (Schistosomatinae)
und Vögeln (Bilharziellinae), wurden aber mit einer Art auch in dem Reptil Crocodylus
johnstoni nachgewiesen, was eventuell das Einrichten einer weiteren Unterfamilie erfordert
(PLATT et al., 1991, SNYDER et al., 2001). Zusammen mit der Familie Sanguinicolidae werden
die Schistosomatidae zu den Schistosomatoidea zusammengefasst, deren Vertreter in den
Blutgefäßen ihrer vertebraten Endwirte leben. Weitere Merkmale der Schistosomatoidea
sind: der den Adulti wie den Cercarien fehlende Pharynx, 2 Paare Protonephridien bei den
Miracidien, die Cercarien sind vom Typus der Furcocercarie, der Endwirt wird percutan befal-
len und der Entwicklungszyklus ist auf zwei Wirte beschränkt.
Die Gattung Trichobilharzia (Bilharziellinae) ist eine der artenreichsten Gattungen innerhalb
der Schistosomatidae, obwohl die genaue Anzahl aufgrund der Existenz von Synonymen,
unvollständigen Beschreibungen und fehlerhafter Bestimmung nicht exakt angegeben wer-
den kann. BLAIR & ISLAM (1983) geben 40 Arten an, HORAK et al. (2003) führen 45 Arten auf.
Wie ODENING (1996) zusammenfasst, ist ein Hauptgrund für die bei der Bestimmung auftre-
tenden Unsicherheiten die unzureichende Beschreibung der für die Gattung namensgeben-
den Art Trichobilharzia ocellata (s. Kap. 2.2.4). Als Ausweg aus dem Dilemma legt ODENING
(1996) zwei Möglichkeiten nah. Entweder findet eine Einigung auf eine der genausten Be-
schreibungen für T. ocellata (MCMULLEN & BEAVER, 1945, NEUHAUS, 1952, CHIKAMI, 1961)
statt, oder man fasst T. ocellata als einen Artenkomplex auf, der nach und nach durch ge-
nauere Beschreibung einzelner Arten reduziert wird. In der vorliegenden Arbeit soll dabei der
zweiten Möglichkeit Rechnung getragen werden, da die Cercariendermatitis (s.u.) von (so-
weit bekannt) allen Arten der Gattung Trichobilharzia hervorgerufen wird (HORAK et al., 2003)
und da bisher keine Einigung auf eine der oben angeführten Artbeschreibungen erfolgt ist
(s.auch Kap. 2.2.4).
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EINLEITUNG
Um die Verwirrung bezüglich der Validität der Arten der Gattung Trichobilharzia abzubauen,
empfehlen MÜLLER & KIMMIG (1994) und HORAK et al. (2003) berechtigter Weise für die Zu-
kunft Charakterisierungen von Arten nur durch Kombination der Kenntnis des Lebenszyklus
inklusive aller Entwicklungsstadien, der Zwischen- und Endwirte sowie morphologischer Da-
ten zu treffen. HORAK et al. (2003) betonen, dabei zusätzlich Erkenntnisse cytogenetischer
und molekularbiologischer Untersuchungen einfließen zu lassen. In der Praxis ist die Umset-
zung dieser berechtigten Forderungen zurzeit nur schwer zu leisten, da insbesondere die
Aufklärung eines Lebenszyklus mit allen Entwicklungsstadien und Wirten aufgrund der Kom-
plexität digeneischer Lebenszyklen und einer ausgeprägten Wirtsspezifität häufig nur schwer
durchzuführen sein wird. Auch der Einbezug cytogenetischer und molekularbiologischer Er-
kenntnisse stellt sich problematisch dar, da bis jetzt nur für wenige Digenea entsprechende
Erkenntnisse und/oder Verfahren existieren.
2.1.2 Bau und Bestimmungsmerkmale der Gattung Trichobilharzia Nachfolgend wird auf den Bau und die Merkmale der zu Artbestimmung wichtigen Adultsta-
dien und der Cercarie eingegangen. Auf eine entsprechende Darstellung der Eier, Miracidien
und Sporocysten wird verzichtet, da sie für die Differenzierung der Arten von geringerer Be-
deutung sind. Für eine Beschreibung dieser Stadien sei auf HORAK et al. (2003) verwiesen.
a) Adulti Die Beschreibung der Gattung erfolgt nach FARLEY (1971), BLAIR & ISLAM (1983) und KHALIL
(2002). Alle Adulti der Gattung Trichobilharzia parasitieren im Blutgefäßsystem von Vögeln.
Ihre Gestalt ist fadenförmig bei einer Körperlänge von i.d.R. 5 – 10 mm und einer Körperbrei-
te von 15 – 100 µm. Männchen und Weibchen bilden ein spatelförmig oder dreilappig ver-
breitertes Körperende aus. Der Canalis gynaecophorus ist relativ kurz und befindet sich in
der vorderen Körperhälfte. In beiden Geschlechtern sind Mund- und Bauchsaugnäpfe aus-
gebildet. Der Darmtrakt teilt sich zunächst in zwei Schenkel, um sich dann wieder zu vereini-
gen und bis zum Körperende zu verlaufen. Die Männchen zeichnen sich durch zahlreiche
Hoden aus, die links und rechts des wiedervereinigten Caecums hinter dem Canalis gynae-
cophorus beginnend bis zum Körperende angeordnet sind. Das längliche Samenvesikel ist
im vorderen Körperabschnitt zwischen dem Acetabulum und dem Canalis gynaecophorus
lokalisiert. Der Cirrus ist relativ klein und am vorderen Ende des Canalis gynaecophorus über
eine Genitalpapille ausstülpbar. Das Weibchen zeichnet sich durch ein längliches, gedreht
erscheinendes Ovarium aus, das im vorderen Körperabschnitt liegt. Der Ootyp liegt vor dem
Ovarium, an den wiederum direkt der Uterus anschließt, der knapp hinter der Acetabulum
nach außen mündet. Unmittelbar posterior des Ovariums befindet sich das Receptaculum
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seminis. Der Hinterleib des Weibchens ist von den Vitellarien ausgefüllt. Abb. 2.1 (s. a. Anh.
S. 157) zeigt die allgemeine Morphologie adulter Trichobilharzien am Beispiel von T. regenti.
Abb. 2.1: Vorder- und Hinterende eines männlichen (links) und weiblichen (rechts) Adultus von T. regenti. Maßstab: 100 µm. (verändert nach HORAK et al., 1998). AC: Acetabulum C: Caecum CG: Canalis gynaecophorus DG: Dottergang E: Ei eSV: externes Samenvesikel iSV: internes Samenvesikel GO: Genitalöffnung GP: Genitalpapille H: Hoden MS: Mundsaugnapf OD: Oviduct OE: Oesophagus OT: Ootyp OV: Ovarium RS: Receptaculum seminis U: Uterus VI: Vitellarien
RS
VI
OV
ODOT
E H
CG C
GP
iSV
eSV
AC
U C DGGO
AC
OEOE
MSMS
Merkmale, die der Unterscheidung der Arten dienen, sind die Länge des Canalis gynae-
cophorus, die Orte der Bifurkation und der Wiedervereinigung des Caecums, die Anzahl der
Hoden, die Position der Genitalpapille, die Oberflächenstruktur des Teguments, die Proporti-
onen der Organe, Zwischenwirte u.a..
Die nachfolgend angegebenen wichtigsten Differenzierungsmerkmale von T. ocellata fassen
Erkenntnisse der Arbeiten von MCMULLEN & BEAVER (1945), NEUHAUS (1952), BOURNS et al.
(1973), MÜLLER & KIMMIG (1994) und ODENING (1996) zusammen. Demnach sind die Adulti
von T. ocellata wie folgt charakterisiert (Abb. s. a. Anh. S. 157):
Körperlänge: 1,7 mm – ca. 5 mm Körperbreite: 15 µm – 48 µm Bifurkationspunkt vor dem Acetabulum Wiedervereinigung des Caecums beim Männchen posterior dem Acetabulum und anterior
dem Samenvesikel Wiedervereinigung des Caecums beim Weibchen am hinteren Ende des Ovariums Caecum reicht bis an das Körperende Tegument ohne Stacheln Anzahl der Hoden: 57-76 die Eier sind gekrümmt spindelförmig Lokalisation der Adulti: Portal- und Mesenterialvenen und Venen der Submucosa Zwischenwirt: Lymnaea stagnalis L.
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b) Cercarien Die Cercarien der Gattung Trichobilharzia (und auch die einiger nah verwandter Gattungen)
zeichnen sich durch eine hohe Homologie bezüglich ihrer morphologischen Merkmale aus
(SZIDAT, 1942, DÖNGES, 1965, MÜLLER & KIMMIG, 1994). Allen gemeinsam ist (soweit be-
kannt), dass sie beim Menschen Cercariendermatitiden hervorrufen können.
Die Cercarien der Gattung Trichobilharzia gehören zu den apharyngaten ocellaten Furcocer-
carien (s. Abb. 2.2). Die Cercarie gliedert sich dabei in einen Körper und einen Schwanz mit
zwei Furcaästen (s. Abb. 5.15.a). Ein typisches Merkmal sind die zwei unpigmentierten Ocel-
len, die nach VAN DE ROEMER & HAAS (1984) im Dienste der ausgeprägten Phototaxis stehen.
Charakteristisch für die Cercarien ist das Kopforgan, das aus dem nicht mehr vorhandenen
Pharynx und dem Mundsaugnapf hervorgegangen ist. Es ist ausgesprochen muskulös und
beweglich und wirkt entscheidend beim mechanischen Vordringen während der Penetration
des Endwirts mit (HAAS & VAN DE ROEMER, 1998). Am Kopforgan münden die Ausführgänge
der posterior und anterior des Bauchsaugnapfes gelegenen, paarweise angeordneten 10
Penetrationsdrüsen. Die Anordnung dieser Drüsenzellen ist charakteristisch: zwei Paare lie-
gen oberhalb des Acetabulums, während drei Paare im distalen Bereich des Körper ange-
ordnet sind. Über den Körper verteilt finden sich weitere kleine Drüsenzellen, die ebenfalls im
Bereich des Kopforgans münden (NEUHAUS, 1952). Das Darmsystem der Cercarien ist un-
auffällig und endet kurz nach der Bifurkation vor dem Acetabulum. Das Protonephridial-
system besteht aus 14 Wimpernflammen, die entsprechend der Protonephridialformel
2{[1+1+1]+[3+(1)]} = 14 angeordnet sind (DUBOIS, 1929, ODENING, 1996) (s. Kap. 4.3.2.2).
Abweichend davon existieren nach BLAIR & ISLAM (1983) und ISLAM (1986) Arten, die 16 oder
12 Terminalzellen aufweisen.
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Abb. 2.2: Körper einer Cercarie von T. ocellata. AGP: Ausführgänge der
Penetrationsdrüsen BS: Bauchsaugnapf EG: Exkretionsgänge KO: Kopforgan OC: Ocelle PD: Penetrationsdrüsen S: Schwanzstamm TZ: Terminalzelle des
Protonephridial-systems
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2.2 Die Biologie der Gattung Trichobilharzia unter besonde-rer Berücksichtigung von T. ocellata (La Valette 1855) Brumpt 1931
2.2.1 Der Lebenszyklus der Gattung Trichobilharzia
An dieser Stelle soll nur eine kurze Darstellung des Lebenszyklus der Gattung Trichobilhar-
zia mit den wichtigsten Aspekten erfolgen. Eine umfassende Abhandlung zum Lebenszyklus
findet sich z.B. bei HORAK et al. (2003). Die den Gattungsnamen festlegende Art Trichobil-
harzia ocellata (La Valette 1855) Brumpt 1931 ist die mit Abstand am weitesten erforschte
Art innerhalb der Gattung der Trichobilharzia. Die nachfolgend aufgeführten detaillierteren
Erkenntnisse zum Lebenszyklus gehen daher, soweit nicht anders erwähnt, auf Untersu-
chungen an diesem Organismus zurück.
Der Lebenszyklus der Arten der Gattung Trichobilharzia zeichnet sich durch eine Vermeh-
rung in zwei Wirten aus, wobei als Endwirt Vögel und als Zwischenwirt Süsswassergastro-
poden genutzt werden. Wie bei allen Vertretern der Schistosomatoidea umfasst ihr Lebens-
zyklus keinen zweiten Zwischenwirt, sondern die aus dem Zwischenwirt austretenden Lar-
valstadien (Cercarien) infizieren auf direktem Wege percutan ihren Endwirt. An die Infektion
des Endwirtes schließt sich unmittelbar eine Umdifferenzierung der Cercarie zum Schisto-
somulum statt, dass eine Anpassung an das neue Habitat im Wirtsorganismus darstellt
(BOURNS et al., 1973). Nachfolgend beginnt eine Wanderung des Schistosomulums durch
den Wirtsorganismus zum endgültigen Aufenthaltsort, die begleitet wird von einer Differen-
zierung zum Adultus, wobei die Gravidität erst am Bestimmungsort erreicht wird (BOURNS et
al., 1973).
Bei der Wanderung durch den Wirtsorganismus werden je nach Art unterschiedliche Wege
eingeschlagen. So wird entweder das Blutkreislaufsystem genutzt, um an den Bestim-
mungsort zu gelangen (s.u.), oder es findet eine Orientierung anhand von Nervengewebe
des peripheren und zentralen Nervensystem statt (HORAK et al., 1998, HORAK et al., 1999).
Aufgrund dieser unterschiedlichen Wege durch den Endwirt und den daraus resultierenden
verschiedenen endgültigen Aufenthaltsorten der Adulti können zwei Gruppen innerhalb der
Gattung Trichobilharzia unterschieden werden: die visceralen Formen (z.B. T. ocellata) nut-
zen das Blutkreislaufsystem und siedeln sich zumeist in den Venen des Mesenteriums oder
des Colons an, während die nasalen Formen (z.B. T. regenti, T. australis) den Weg über das
Nervensystem einschlagen und in den Blutgefäßen der Nasalregion ihren Bestimmungsort
finden.
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Der genaue Migrationsweg durch den Endwirt ist für die visceralen Trichobilharzia - Arten
bisher unbekannt. Da aber der endgültige Aufenthaltsort der Adulti vergleichbar dem der
Gattung Schistosoma in Säugetieren ist, kann eine ähnliche Wanderung eventuell auch für
Trichobilharzia – Arten angenommen werden. BAYSSADE-DUFOUR et al. (1994) stellen die
Migrationsroute für S. haematobium ausführlich vor, die über das Lymphgefäßsystem oder
das venöse Blutkreislaufsystem, die rechte Herzkammer, die Lunge, die linke Herzkammer
und den Körperkreislauf schließlich zum artspezifischen Bestimmungsort führt.
Die Paarung der beiden Geschlechter findet am Bestimmungsort statt. Nachfolgend beginnt
die Eiproduktion. Zur Ablage der Eier suchen die Weibchen der visceralen Formen die Kap-
pilaren ihres Bestimmungsortes auf und legen ihre Eier in ihnen ab (NEUHAUS, 1952, RAU et
al., 1975). Anschließend gelangen die Eier über ulzerative Prozesse in das Lumen der Aus-
scheidungsorgane und werden mit dem Faeces abgegeben. Nach Abgabe in ein Gewässer
findet der Schlupf der bereits in den Eiern fertig entwickelt vorliegenden Miracidien statt
(NEUHAUS, 1952). Die nasalen Formen dringen zur Eiablage in die Mucosa der Nase vor und
deponieren ihre Eier. Die Miracidien schlüpfen bereits im Wirtsgewebe und warten bis Kon-
takt mit dem Wasser eintritt, um dann den Wirt zu verlassen (HORAK et al., 1998). Die Miraci-
dien suchen nachfolgend einen geeigneten Zwischenwirt (Süsswassergastropoden) auf
(s. Kap. 2.2.4) und penetrieren ihn zumeist im Bereich des Kopffußes. Wie aus der Arbeit
von PAN (1965, 1996) über Schistosoma mansoni hervorgeht, findet noch im Gewebe des
Kopffußes eine Differenzierung in die Muttersporocyste statt. Ähnliches kann auch für die
Gattung Trichobilharzia angenommen werden. Wie am Beispiel von T. ocellata in L. stagnalis
durch SLUITERS et al. (1980) und SLUITERS (1981) gezeigt werden konnte, wandern die aus
der Muttersporocyste hervorgehenden Tochtersporocysten in den Bereich des Hepato-
pankreas und der Zwitterdrüse, wo eine weitergehende Differenzierung der Tochtersporo-
cysten erfolgt. In ihnen werden schließlich Cercarien gebildet, die die Schnecke verlassen,
um einen Endwirt zu infizieren.
2.2.2 Die Wirtsspezifität der Gattung Trichobilharzia
Wie zumeist bei den Digenea zeichnen sich auch die Vertreter der Gattung Trichobilharzia
durch eine ausgeprägte Wirtsspezifität gegenüber dem (ersten) Zwischenwirt aus. Bisher
wurden nur Arten der Familien Lymnaeidae (weltweit) und Physidae (meist Nordamerika) als
mögliche Zwischenwirte gefunden (HORAK et al., 2003). Nach BLAIR & ISLAM (1983) wurde
mit T. corvi in Semisulcospira libertina (Pleuroceridae) die bisher einzige Ausnahme festge-
stellt. Die Spezifität der Gattung Trichobilharzia gegenüber dem Zwischenwirt ist dabei so
ausgeprägt, dass häufig nur eine bestimmte Art als Zwischenwirt fungieren kann, während
nah stehende andere Arten nicht kompatibel sind. Dies zeigten Arbeiten von BLAIR & ISLAM
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(1983), MÜLLER & KIMMIG (1994), HORAK ET AL. (1998). Bei manchen Trichobilharzia-Arten
sind auch nah verwandte Arten als Zwischenwirte möglich, werden aber dann vom Parasit
mit deutlich niedrigerer Häufigkeit als Zwischenwirt genutzt (KOCK, 2001). Für T. ocellata (La
Valette 1855) Brumpt 1931 scheint als einziger Zwischenwirt z.Z. Lymnaea stagnalis (MÜL-
LER & KIMMIG, 1994, ODENING, 1996) wahrscheinlich. Als einzige Ausnahme wurde bisher
T. jequitibaensis beschrieben, der nach LEITE et al. (1979) sowohl Aplexa rivalis wie auch
Lymnaea columella als Zwischenwirt nutzt.
Gegenüber den Endwirten, scheint verglichen mit den Zwischenwirten, innerhalb der Gattung
Trichobilharzia eine geringere Spezifität zu herrschen. Obwohl aufgrund des Habitats der
Zwischenwirte zunächst Anseriformes als nahe liegende Möglichkeit potentieller Endwirte
angesehen und bestätigt wurden, konnten ebenso Podicipediformes (FAIN, 1956) Ciconiifor-
mes (FAIN, 1955), Coraciiformes (FAIN, 1956), Passeriformes (YAMAGUTI, 1941, MCMULLEN &
BEAVER, 1945) Columbiformes und Galliformes (MCMULLEN & BEAVER, 1945) als mögliche
Endwirte (z.T. durch experimentelle Infektionen) identifiziert werden. Ob allerdings auch auf
Artebene ein weites Wirtsspektrum bezüglich des Endwirts existiert, ist nicht eindeutig zu
klären, da die Funde in Wildtieren selten sind. Für die Artbeschreibungen wurden zumeist
Cercarien aus den verschiedenen Zwischenwirtschnecken gewonnen und dann die Adulti
per experimenteller Infektion in leicht zu haltenden Versuchstieren wie Enten, Hühnern oder
Kanarienvögeln gezüchtet. Die Tatsache, dass auf diese Art und Weise teilweise Adulti er-
halten wurden, mag aber auf eine geringere Spezifität bezüglich des Endwirtes hindeuten.
Auch die Fähigkeit der Cercarien, in nahezu jeden warmblütigen Wirt einzudringen (HAAS &
VAN DE ROEMER, 1998), trägt vermutlich zur Etablierung in verschiedenen Endwirten bei und
kann als Anpassung an ein weites Wirtspektrum interpretiert werden.
Bezüglich T. ocellata (La Valette 1855) Brumpt 1931 sind als Endwirte bekannt: Anas pla-
tyrhynchos L. ( BRUMPT, 1931, MCMULLEN & BEAVER, 1945, NEUHAUS, 1952, RAU et al.,
1975, MEULEMAN et al., 1984), Anas crecca L. (FARLEY, 1971), Anas querquedula L. (SKRJA-
BIN & ZHAKAROV, 1920), Anas rubripes Brewster 1902 (MCCLELLAND & BOURNS, 1969, RAU et
al., 1975), Mergus merganser L. (LOKEN et al., 1995), Serinus canaria L. (MCMULLEN & BEA-
VER, 1945), Columba sp. (MCMULLEN & BEAVER, 1945). Dabei ist zu beachten, dass es sich
bei allen Quellen zu A. platyrhynchos, A. rubripes, S. canaria und Columba sp. um experi-
mentelle Infektionen handelt . Lediglich für A. crecca, A. querquedula und M. merganser sind
Wildfunde bekannt.
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Eine abschließende Einschätzung der Wirtsspezifität zu Zwischen- und Endwirt lässt sich für
T. ocellata aufgrund der bestehenden systematischen Unsicherheiten bezüglich der Art und
aufgrund der wenigen Funde in Wildtieren nur schwer treffen.
2.2.3 Mechanismen der Wirtsfindung der Cercarien von T. ocellata
Das Auftreten von Cercariendermatitiden steht mit den Mechanismen der Wirtsfindung der
Cercarien von T. ocellata in unmittelbarem Zusammenhang, da das aus diesen Mechanis-
men resultierende Verhalten der Cercarien zu einer nicht beabsichtigten und für den Parasi-
ten vergeblichen Penetration des Fehlwirtes Mensch führt (s. Kap. 2.3). Die Mechanismen
der Wirtsfindung sollen daher an dieser Stelle näher erläutert werden. Die folgende Be-
schreibung beruht dabei auf Erkenntnissen, die, soweit nicht anders vermerkt, anhand von
T. ocellata ermittelt wurden. Da alle bekannten Arten der Gattung Dermatitiden hervorrufen
und morphologisch in den meisten Fällen nicht zu differenzieren sind, sind diese Erkenntnis-
se vermutlich auf andere Arten der Gattung übertragbar.
Ziel der aus den Zwischenwirtschnecken freigesetzten Cercarien ist es, einen geeigneten
Endwirt aufzufinden und diesen erfolgreich zu infizieren. Zunächst begibt sich die Cercarie
aufgrund einer positiv phototaktischen und negativ geotaktischen Orientierung an die Ober-
fläche des Gewässers, den Aufenthaltsort potentieller Endwirte (NEUHAUS, 1952, HAAS,
2003). Ihr Verhalten, bei Beschattung, Wasserbewegung oder Berührung vorwärts zu
schwimmen, gewährleistet nachfolgend eine hohe Wahrscheinlichkeit des Kontakts mit ei-
nem Endwirt (FEILER & HAAS, 1988). Nach diesem initialen Wirtfindungsverhalten erfolgen
nachfolgend die Erkennung des Endwirtes und seine Invasion über die Haut. Nach HAAS &
VAN DE ROEMER (1998) besitzen die Cercarien von T. ocellata dabei die Möglichkeit, in nahe-
zu jedes warmblütige Wirbeltier einzudringen.
Eine dauerhafte Anheftung erfolgt nach Erstkontakt nur an Oberflächen, die die physikali-
schen und chemischen Merkmale einer warmblütigen Vertebratenhaut aufweisen. So werden
bereits Temperaturabweichungen von 1°C durch T. ocellata erkannt (FEILER & HAAS, 1988).
Auch chemischen Bestandteilen der Haut kommt eine hohe Bedeutung bei der Erkennung
eines geeigneten Wirtes zu. So findet in Gegenwart von Oberflächenlipiden wie
N-Acylsphingosin (Ceramid) und Cholesterol eine Intensivierung des Kontakts zur Oberflä-
che der Haut durch Anheftung statt (FEILER & HAAS, 1988).
Das Vorkommen verschiedener Fettsäuren wie z.B. Linolsäure bewirken nach FEILER & HAAS
(1988), HAAS & VAN DE ROEMER (1998) und GRACZYK & SHIFF (2000) die Initiierung des Pe-
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netrationsprozesses. Die Wärme der Haut stellt hingegen keinen Penetrationsreiz dar. Für
Schistosoma mansoni wurden durch HAAS et al. (2002) für L-Arginin eine Schlüsselrolle bei
Erkennung und Invasion der Wirtshaut nachgewiesen. Eine entsprechende Funktion konnte
für T. ocellata bisher nicht gezeigt werden. Allerdings merken HAAS et al. (2002) an, dass
L-Arginin kein typisches Merkmal der Säugetierhaut ist und vermuten daher einen Zusam-
menhang des Stoffes bei Orientierung des Parasiten im Wirtsorganismus nach der Penetra-
tion.
Die Penetration des Wirtes beginnt mit dem Abwurf des Schwanzes. Nachfolgend kommt es
zu einem Entleeren der Penetrationsdrüsen (HAAS & VAN DE ROEMER, 1998), die nach BAH-
GAT & RUPPEL (2002) proteolytische Enzyme enthalten. Als Folge kommt es zu einer Aufwei-
chung des Stratum corneums und begleitet von kontaktilen Bewegungen des Cercarienkör-
pers, dringt der Parasit innerhalb von 4 – 5 min in die Haut ein (BOURNS et al. 1973, HAAS &
VAN DE ROEMER, 1998). Anschließend beginnt die Umstrukturierung der Cercarie zum
Schistosomulum.
2.2.4 Anmerkungen zum Lebenszyklus von T. ocellata Der für T. ocellata zurzeit allgemein akzeptierte Lebenszyklus beschreibt als Zwischenwirt
Lymnaea stagnalis L. und als Endwirt A. platyrhynchos L.. Allerdings weist diese Vorstellung
einige Unsicherheiten und Ungereimtheiten auf, die nachfolgend aufgeführt werden sollen.
Zunächst bestehen Unsicherheiten bezüglich des Zwischenwirtes Lymnaea stagnalis. Der-
zeit kann nicht genau gesagt werden, ob es sich bei Lymnaea stagnalis um den einzigen
möglichen Zwischenwirt handelt, oder ob andere Arten ebenfalls als solche fungieren kön-
nen. Diese unklare Sachlage ist natürlich verknüpft mit dem im weiteren Verlauf erläuterten
unsicheren taxonomischen Status von T. ocellata, sowie der bereits erwähnten weitgehen-
den Konformität morphologischer Merkmale der Cercarien (s. Kap. 2.2.2), die die Gefahr der
irrtümlichen Identifikation von T. ocellata birgt. So berichten BEER & GERMAN (1994) und
BEER et al. (1995) von Funden von T. ocellata in verschiedenen Lymnaeiden und Anisus sp.
(Planorbidae). Offensichtlich folgen die Autoren dabei ODENING (1996), der T. ocellata als
Artenkomplex auffasst (s. Kap. 2.1.1), was bei einer solch weit gefassten Interpretation zu
missverständlichen Ergebnissen führt. MCMULLEN & BEAVER (1945) geben L. stagnalis
apressa als Zwischenwirt an, NEUHAUS (1952) L. stagnalis und Radix ovata. KILIAS & FRICK
(1964) nennen verschiedene Arten der Lymnaeidae, Planorbidae und Bithynidae als mögli-
che Zwischenwirte. SCOTT & BURT (1976) fassen die Ergebnisse verschiedener Autoren zu
Ausbrüchen der Cercariendermatitis zusammen und führen für T. ocellata die Lymnaeidae
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EINLEITUNG
Stagnicola palustris 1, L. obrussa, L. stagnalis apressa, L. stagnalis jugularis und L. stagnalis
perampla 2 auf. LOKEN et al. (1995) geben als Zwischenwirt für T. ocellata Stagnicola elrodi
an. ZBIKOWSKA (2003) konnte T. ocellata aus L. stagnalis und Radix auricularia isolieren.
Ein Grund für die Vielzahl der angegeben Zwischenwirte mag in der unklaren taxonomischen
Stellung der Lymnaeidae begründet liegen. Die Bestimmung der Basommatophora beruht
traditionell auf der Analyse von Schalenmerkmalen und morphologischen Merkmalen, wobei
insbesondere dem Aufbau des Geschlechtsapparates hohe Bedeutung zukommt (HUBEN-
DICK, 1978). Aufgrund einer hohen morphologischen Konvergenz innerhalb der Lymnaeidae
sind diese Merkmale häufig nicht ausreichend, um eine Differenzierung verschiedener Spe-
zies zu treffen. Dies zeigen z.B. Arbeiten von OVIEDO et al. (1995) für die Wirtsschnecken
von Fasciola hepatica, oder die Schwierigkeiten bei der Differenzierung der verschiedenen
Stagnicola-Arten (KILIAS, 1992), sowie die Unsicherheit bezüglich der Validität der Arten Ra-
dix ovata Müller 1774 und Radix peregra Draparnaud 1805 (GLÖER & MEIER-BROOK, 1998,
GLÖER, 2002, REMIGIO, 2002). Diese Unsicherheiten führen u.a. dazu, dass einige Autoren
eine Aufspaltung der Lymnaeidae in eine Vielzahl von Gattungen vollziehen (MALEK, 1980),
während andere lediglich eine umfassende Gattung Lymnaea Lamarck 1799, mit einer Viel-
zahl von Arten bevorzugen (HUBENDICK, 1978). Dies zieht Schwierigkeiten bei der Nomen-
klatur nach sich.
Viel versprechende Ansätze zur Klärung taxonomischer Schwierigkeiten liefern z.Z. phyloge-
netische Untersuchungen, die molekularbiologische Methoden nutzen. So konnten BARGUES
& MAS-COMA (1997) und BARGUES et al. (2001) durch die Analyse von 18s rDNA und ITS-
Sequenzen3 zeigen, dass innerhalb der Lymnaeidae die Gattungen Stagnicola und Lymnaea
eine Cluster bilden, während die Gattung Radix und die Gattung Galba je ein weiteres for-
men. REMIGIO & BLAIR (1997) und REMIGIO (2002) nehmen nach der Analyse mitochondrialer
16s rDNA Sequenzen an, dass innerhalb der Art L. stagnalis genetisch getrennte Populatio-
nen existieren, die zumindest den Status von Unterarten besitzen. Interessanterweise ist die
in Nordamerika vorkommende L. stagnalis - Population nah verwandt mit denen in Deutsch-
land und Rumänien, wohingegen die italienische L. stagnalis eine Schwesterpopulation dar-
stellt. Weiterhin zeigt sich, dass die nordamerikanische L. stagnalis – Population nur entfernt
1 Nach KILIAS (1992) muss Stagnicola palustris aufgrund mangelhafter Differenzierungsmöglichkeiten zwischen den Arten als Artenkomplex aufgefasst werden. 2 Lymnaea stagnalis L. zeigt in Anpassung an Umweltbedingungen eine ausgesprochen hohe Variabi-lität bezüglich ihrer Gehäusegröße und –formen, was verschiedene Autoren zur Einrichtung der Un-terarten L. stagnalis apressa , L. stagnalis jugularis, L. stagnalis sanctaemariae, L. stagnalis perampla und L. stagnalis stagnalis veranlasste, die vor allem im nordamerikanischen Raum Anwendung findet. 3 Internal Transcribed Spacer
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mit den übrigen Arten der Gattung Lymnaea in Nordamerika verwandt ist und eine Abstam-
mung von den europäischen Populationen wahrscheinlich ist.
Wie bereits zuvor erwähnt, ist der taxonomische Status der Art T. ocellata unklar und beruht
nach ODENING (1996) zum Teil auf den unzureichenden Darstellungen der Erstbeschreiber.
Dabei stellt sich als problematisch dar, dass Cercarien und Adulti von verschiedenen Auto-
ren entdeckt und beschrieben worden sind. Aufgrund der nicht eindeutigen Charakterisierun-
gen kam es nachfolgend zur mehrfachen Beschreibung der Art unter verschiedenen Namen
bzw. zur Zuordnung anderer Arten zur Art T. ocellata. Insbesondere dem Merkmal der aus-
geprägten Wirtsspezifität innerhalb der Gattung Trichobilharzia wurde dabei zu wenig Beach-
tung geschenkt. Umfangreiche Differentialdiagnosen dieser historischen Vorgänge sind
ODENING (1996) und HORAK et al. (2003) zu entnehmen. Nach den schlüssigen Ausführun-
gen von ODENING (1996) stellen die in Tab. 2.1 aufgeführten Arten Synonyme von T. ocellata
(La Valette 1855) Brumpt 1931 dar. Eine entsprechende Ansicht wurde auch für die vorlie-
gende Arbeit übernommen.
Artname
Cercarien Cercaria ocellata La Valette 1855
Cercaria elvae Miller 1923
Cercaria szidati Neuhaus 1952
Adulti Trichobilharzia kossarewi Skryabin & Zakharov 1920
Trichobilharzia szidati Neuhaus 1952
Trichobilharzia elvae (Miller 1923) McMullen & Beaver, 1945
Tab. 2.1: Synonyme von T. ocellata (La Valette 1855) Brumpt 1931 (nach ODENING, 1996).
Die für T. ocellata dargestellte taxonomische Situation ist innerhalb der Digenea kein Einzel-
fall und erschwert die Artbestimmung von Cercarien und Adulti bei einer Vielzahl von Arten
(s. a. Kap. 4.3.2.2).
Als Endwirt für T. ocellata ist allgemein A. platyrhynchos L. akzeptiert. Bei genauer Analyse
des Lebenszyklusses von T. ocellata unter Einbezug dieses Endwirtes fallen jedoch einige
Ungereimtheiten auf, die eine gewisse Skepsis gegenüber dieser Meinung rechtfertigen. Auf-
fällig ist zunächst, dass viele Autoren aufgrund experimenteller Infektionen A. platyrhynchos
als Endwirt angeben. Da Stockenten i.d.R. einfach zu haltende Tiere sind und im Lebens-
raum von L. stagnalis zumeist häufig sind, war und ist die Stockente ein nahe liegender Kan-
didat künstlicher Infektionsversuche. So gründen die noch heute allgemein anerkannten Be-
schreibungen der Adulti von T. ocellata aus den Arbeiten von BRUMPT (1931) MCMULLEN &
BEAVER (1945) NEUHAUS (1952) RAU et al. (1975) MEULEMAN et al. (1984) auf Individuen, die
14
EINLEITUNG
durch experimentelle Infektionen von Stockenten gewonnen wurden. Eine tatsächliche Funk-
tion der Stockente als Endwirt des Parasiten lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.
Folgende Indizien sprechen hingegen dafür, dass A. platyrhynchos kein idealer Endwirt für
T. ocellata ist. Zunächst wurde in allen verfügbaren Arbeiten zur Parasitenfauna der Stock-
ente (Anas platyrhynchos L.) in keinem Fall eine Infektion mit Trichobilharzia-Arten nachge-
wiesen, obwohl insgesamt über 2000 Tiere untersucht wurden (BEZUBIK, 1956, BEVERLEY-
BURTON, 1961, BUSA, 1962, ZAJICEK & PAV, 1963, AVERY, 1966, NERADOVA, 1966, BEVER-
LEY-BURTON, 1972, EOM et al., 1984, BIROVA et al, 1989, SPAKULOVA et al., 1989, KULISIC &
LEPOJEV, 1994, ZUCHOWSKA, 1997). Denkbar ist, dass diese aufgrund der schwierigen Diag-
nose und Präparation, die in der kryptischen Lebensweise der Adulti in den Mesenterialve-
nen des Blutgefäßsystems begründet liegt, bei der Sektion übersehen wurden. Allerdings
konnte in 3 der 12 Arbeiten Bilharziella polonica (Schistosomatidae) nachgewiesen werden,
der das gleiche Habitat nutzt wie T. ocellata. Eine Erklärung für das Fehlen adulter Parasiten
in der Stockente könnte die von BOURNS et al. (1973) und RAU et al. (1975) gemachte Fest-
stellung sein, dass die Infektion von T. ocellata in der Stockente i.d.R. nur bis zu 6 Wochen
andauert, wobei die Abgabe von Eiern nur für 3 Wochen erfolgt. Anschließend sind keine
Adulti mehr nachzuweisen. NEUHAUS (1952) und MEULEMAN et al. (1984) stellten weiterhin
fest, dass adulte Enten nicht mehr erfolgreich von T. ocellata infiziert werden können, was
durch eigene Erfahrungen unserer Arbeitsgruppe bei dem Versuch der Etablierung des Le-
benszyklus von T. ocellata bestätigt wurde.
Zur Erhaltung ihrer Art sind Parasiten allgemein darauf angewiesen, erfolgreich geeignete
Wirte zu infizieren. Zu den mit Risiko behafteten Phasen im Lebenszyklus von Parasiten
zählt i.d.R. ein Wirtswechsel, weshalb zumeist ein enormer Aufwand betrieben wird, um die
Wahrscheinlichkeit der Infektion eines geeigneten Wirtes zu erhöhen. Insbesondere ausge-
prägte r-Strategen, zu denen auch die Digenea zählen, betreiben einen enormen Reproduk-
tionsaufwand, um die Etablierung der nächsten Generation zu gewährleisten. In diesem Zu-
sammenhang ist es ausgesprochen günstig, wenn nicht gar essentiell, eine möglichst hohe
Anpassung an einen Wirt zu erreichen, um in ihm langfristig zu überleben und ihn möglichst
lange als Ressource zu nutzen. Auch bei den Schistosomatidae ist eine ausgesprochen en-
ge Anpassung an die Wirte zu beobachten, für die zum Teil enormer Aufwand betrieben
werden muss. Sind doch die Adulti durch ihren Lebensraum im Blutgefäßsystem den unmit-
telbaren Einwirkungen des Immunsystems ausgesetzt (RUPPEL, 1995). Diese hohe Anpas-
sung zeigen z.B. humanpathogene Schistosomen, die mehrere Jahre in ihren Wirten per-
sistieren können (LANG, 2000). Auch Bilharziella polonica, der nah mit T. ocellata verwandt
ist, scheint zumindest mehrere Monate im Endwirt zu leben. So wurde bei eigenen Untersu-
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EINLEITUNG
chungen von in der Jagdsaison Winter 2002 geschossenen Stockenten ca. ein Viertel als mit
graviden Parasiten besetzt nachgewiesen, die bei Infektion der Tiere im Frühjahr/Sommer
zumindest mehrere Monate alt waren und offensichtlich in ihrem Wirt überwinterten. Bezüg-
lich des Zwischenwirtes zeigt auch T. ocellata eine ausgesprochen enge Anpassung, wes-
halb die Lebenserwartung von infizierten L. stagnalis nicht reduziert wird, sondern sogar an-
steigt (MCCLELLAND & BOURNS, 1969, SLUITERS et al., 1980)(s. Kap. 5.5).
In dieses Bild einer guten Anpassung der Schistosomatidae an ihre Wirte passt hingegen
nicht, dass der angenommene Endwirt von T. ocellata, A. platyrhynchos, nur in seiner Ju-
gend infizierbar ist und anschließend die Infektion nur für ca. drei Wochen patent ist. Zumal
bei dieser Beschränkung auf Jungtiere die Verbreitung des Parasiten in andere Gewässer
aufgrund der anfänglich eingeschränkten Flugfähigkeit schwierig erscheint. Hingegen wäre
gerade für T. ocellata eine lang andauerndes Parasit-Wirt-Verhältnis besonders wichtig, da
er im Vergleich mit anderen Schistosomatidae eine ausgesprochen niedrige Reproduktions-
leistung von ca. 10 Eier pro Tag aufweist (RAU et al., 1975). Auch nach Massenbefall von
Stockenten, in die zwischen 160 und 1100 Cercarien eingedrungen waren, wurden durch-
schnittlich nur 45 Eier pro Tag und Ente abgegeben. Demnach würden bei Massenbefall ei-
ner Stockente nur rund 1000 Eier in drei Wochen produziert. Verglichen mit der Produktions-
leistung anderer Schistosomatidae mit ähnlicher Epidemiologie ist diese Menge verschwin-
dend gering und lässt als Ausgleich eine lange Lebensdauer im Endwirt essentiell erschei-
nen. Die humanpathogenen Schistosomen S. haematobium und S. mansoni zeichnen sich
mit 200 – 1000 bzw. 250 – 400 abgegebenen Eiern pro Tag (LANG, 2000) ebenfalls durch
eine in Relation zu anderen Arten geringe Eiproduktion aus, die aber deutlich höher als bei
T. ocellata liegt. Da beide Arten einen bis auf End- und Zwischenwirte mit T. ocellata identi-
schen Lebenszyklus aufweisen und dementsprechend vergleichbare epidemiologische Ver-
hältnisse vorliegen, kann ein Vergleich mit der Lebensdauer dieser Schistosomatidae ver-
mutlich annährend Auskunft über eine zu erwartende Lebensdauer von T. ocellata geben.
Für S. mansoni und S. haematobium werden dabei im Endwirt Mensch mehrere Jahre
angegeben. Die maximal festgestellte Lebensdauer betrug 18 Jahre (LANG, 2000, VERMUND
et al., 1983). Für T. ocellata ist demnach eine Lebensdauer deutlich über den festgestellten
sechs Wochen (s.o.) anzunehmen.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass bei Untersuchung zweier Ausbrüche von Cerca-
riendermatitis in Nordamerika der Gänsesäger (Mergus merganser) mit außerordentlich ho-
hen Infektionsraten von 89% (n = 27) bzw. 83,9% (n = 87) als Träger von Trichobilharzia sp.
bzw. T. ocellata identifiziert wurde (BLANKESPOOR & REIMINK, 1991, LOKEN et al., 1995). Mög-
16
EINLEITUNG
licherweise stellen Sägerarten (Mergus) geeignetere Endwirte für T. ocellata dar. Erkenntnis-
se dazu gibt es derzeit nicht.
2.3 Cercariendermatitis Die Cercariendermatitis ist Folge einer perkutanen Invasion durch die Cercarien bestimmter
Trematodengattungen, von denen der Gattung Trichobilharzia mit ihren in Mitteleuropa weit
verbreiteten Arten T. ocellata, T. franki und T. regenti die größte Bedeutung zukommt (KOLA-
ROVA et al. (1997). Das Syndrom der Cercariendermatitis ist seit langem bekannt und viel-
fach beschrieben, weshalb nachfolgend nur eine kurze Darstellung folgt. Eine ausführliche
Beschreibung, Informationen zur Pathologie und umfangreiche Literaturhinweise zur Thema-
tik finden sich in HORAK et al. (2003).
Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch maculo-papulöse Hautreizungen (s. Abb.
2.3), die durch intensives Hautjucken be-
gleitet werden. Dieses Syndrom beruht
dabei auf der Abwehrreaktion des Immun-
systems gegenüber den eingedrungenen
Cercarien bzw. auf teilweise auftretenden
allergischen Reaktionen. Bei empfindlichen
Personen ist bereits nach ca. einer Stunde
ein leichtes Hautprickeln an den betroffe-
nen Hautstellen zu bemerken, welches
aber nach eigener Erfahrung nicht zwin-
gend auftritt. Innerhalb der folgenden 10 –
15 Stunden p.i. bilden sich typische, bis zu
einer Größe von 5 mm messende Papeln
aus, die von einem erythematösen Hof
umgeben sind. Bis zum dritten Tag p.i.
bildet sich auf den Papeln häufig ein zent-
rales Bläschen aus, das i.d.R. nach dem 4.
Tag verschwindet und einen von VOGEL
(1930) als „flohstichartig“ beschriebenen zentralen Blutpunkt hinterlässt. Begleitet werden die
Hauterscheinungen von einem intensiven Juckreiz, der phasenweise auftritt und zu Schlaflo-
sigkeit führen kann. Die Symptome können 1 – 3 Wochen anhalten. Masseninfektionen kön-
Abb. 2.3: Makulo-papulöse Hauterscheinungen der Cercariendermatitis an der rechten Hand eines Betroffenen ca. 24 h p.i.. Schwarze Pfeile: betroffene Bereiche.
17
EINLEITUNG
nen nach EKLU-NATEY et al. (1985) zu Fieber, Schwellung der Lymphknoten, Durchfall und
Schwindelanfällen führen. Die Therapie beschränkt sich in der Regel auf Linderung der
Symptome durch Antihistaminikia ähnlich der Behandlung von Insektenstichen. Nur bei mas-
sivem Krankheitsbild kommen systemische Antihistaminikia und Corticosteroide zur Anwen-
dung (BAIRD & WEAR, 1987).
Der Mensch ist kein geeigneter Endwirt für die Bilharziellinae, da in ihm keine Weiterentwick-
lung zum Adultus erfolgen kann. Er stellt somit einen Fehlwirt für den Parasiten dar. Zu-
nächst verwunderlich ist dabei, dass T. ocellata nach Untersuchungen von HAAS & VAN DE
ROEMER (1998) eine höhere Affinität zur Menschenhaut zeigt als zur Vogelhaut, da diese
einen höheren Anteil an Fettsäuren enthält (s. Kap. 2.2.3). Für die Reproduktionsrate des
Parasiten ist dies aber wahrscheinlich nur von geringer Bedeutung, da der Mensch im Ver-
gleich eher selten im Wasser anzutreffen ist.
Die irrtümlich in die Haut des Menschen eingedrungen Cercarien werden nachfolgend vom
Immunsystem des Körper erkannt und schon in der Oberhaut abgetötet. Ein weiteres Vor-
dringen über die Epidermis hinaus gelingt i.d.R. nicht, da die Basallammina bei gleichzeitig
einsetzender Immunantwort zumeist ein unüberwindbares Hindernis darstellt. Allerdings
greift diese Abwehrreaktion des Körpers erst nach einer Immunisierung. Bei Erstkontakt und
daher fehlender Immunität stellten HORAK et al. (1999) für T. regenti fest, dass sich die Cer-
carien in Mäusen erfolgreich in Schistosomula umwandelten und in das ZNS vordrangen, wo
sie schließlich abstarben (HORAK & KOLAROVA, 2001, HRADKOVA & HORAK, 2002). Bei Mas-
seninfektionen ließen sich dabei neurologische Ausfälle der Versuchstiere beobachten. In-
wieweit T. regenti in nicht immunisierten Menschen überlebt, ist bisher nicht erforscht. Auch
fehlen weitergehende Kenntnisse zum Überleben von visceralen Bilharziellinae in nicht im-
munisierten Fehlwirten. Ein längeres Überleben und weiteres Vordringen der Parasiten als
bisher angenommen kann aber zurzeit nicht ausgeschlossen werden.
2.4 Epidemiologische Aspekte der Cercariendermatitis Die Cercariendermatitis ist eine weltweit in gemäßigten und tropischen Klimaten verbreitete
Erkrankung (HOEFFLER, 1982), die bereits in den 1920er und 1930er Jahren ausführlich be-
schrieben wurde und auf eine Infektion von Cercarien verschiedener Bilharziellinae zurück-
zuführen ist (NAEGLI, 1923, CORT, 1928, VOGEL, 1930, BRUMPT, 1931). In unseren Regionen
tritt sie regelmäßig in den Sommermonaten auf, wobei eine Häufung der Fälle in den Mona-
ten Juli und August sowie nach längeren Schönwetterperioden zu beobachten ist (KIMMIG &
18
EINLEITUNG
MEIER, 1985, MÜLLER & KIMMIG, 1994, PILZ et al., 1995, BECHTOLD et al., 1997). Dabei wird
vermutet, dass diese Häufung aufgrund der Badegewohnheiten des Menschen auftritt und
nicht mit der vermehrten Abgabe von Cercarien in diesem Zeitraum zusammenhängt.
Sie ist in Asien als häufige Erkrankung bei Reisbauern bekannt (MATSUMARA et al., 1983,
KULLAVANIJAVA & WONGWAISAYAWAN, 1993). In Deutschland waren regelmäßig Mitarbeiter
von Fischzuchtbetrieben betroffen (NEUHAUS, 1952). In Europa und Nordamerika wird die
Cercariendermatitis heute vor allem als Problem in Zusammenhang mit wassergebundenen
Freizeitaktivitäten gesehen (BLANKESPOOR & REIMINK, 1991, KOLAROVA et al., 1992, ALLGÖ-
WER & MATUSCHKA, 1993, BEER & GERMAN, 1994, BEER et al., 1995, LOKEN et al., 1995, PILZ
et al., 1995, DE GENTILE et al., 1996, BECHTOLD et al., 1997, CHAMOT et al., 1998, GOLO et
al., 1998, LINDBLADE, 1998, KOLAROVA et al., 1999, THORS & LINDER, 2001, LEVESQUE et al.,
2002, ZBIKOWSKA, 2003, BOUREE & CAUMES, 2004, VERBRUGGE et al., 2004, ZBIKOWSKA,
2004).
Die Verbreitung der Erkrankung ist abhängig vom Vorkommen der Zwischenwirtschnecken.
Zumeist tritt die Erkrankung in Zusammenhang mit limnischen Lebensräumen auf. Wie Bei-
spiele aus Nordamerika, Neuseeland und Australien zeigen, stellen aber auch marine Le-
bensräume Habitate für Zwischenwirtschnecken dar (HOEFFLER, 1982). DE GENTILE et al.
(1996) schätzen die Cercariendermatitis als in Ausbreitung begriffen ein, da eine zunehmen-
de Eutrophierung von Gewässern zu verbesserten Lebensbedingungen für die Zwischen-
wirtschnecken führt. Gerade die als Zwischenwirte für verschiedene Trichobilharzia-Arten
fungierenden Arten Lymnaea stagnalis und Radix ovata / Radix peregra sind ausgesprochen
anspruchslose Arten, die in den meisten Gewässern anzutreffen sind. Auch die durch Rena-
turierungsmaßnahmen zunehmend angelegten Kleingewässer erhöhen die Anzahl der Habi-
tate für Süsswasserschnecken. Der Trend der Anlage naturnaher Schwimm- oder Gartentei-
che in vielen Gärten trägt ebenfalls zu einer Zunahme möglicher Lebensräume bei.
Wasservögel dienen den Bilharziellinae als Endwirte und übernehmen vermutlich eine wich-
tige Funktion bei Verbreitung der Parasiten. Bereits in den 1950er Jahren stellten JARCHO &
VAN BURKALOW (1952) und CHU (1958) fest, dass die Verbreitung der Fälle von Cercarien-
dermatitis den Hauptwanderrouten der Zugvögel zu folgen scheint. Ob ähnliche Verhältnisse
entlang der palaearktisch-afrikanischen Wanderrouten anzutreffen sind, ist bisher nicht er-
forscht. Der Eintrag der Parasiten in neue Habitate kann dabei vermutlich über die Abgabe
von Eiern durch infizierte Endwirte oder über die Verschleppung infizierter Zwischenwirte
erfolgen (WESSELINGH et al., 1999).
19
EINLEITUNG
Unbefriedigend stellt sich zurzeit die Situation dar, dass die Cercariendermatitis nicht diag-
nostiziert werden kann, bevor Fälle auftreten. Vielmehr ist es so, dass erst nach Auftreten
der Erkrankung Maßnahmen getroffen werden. Dabei wird zumeist das Baden im betroffe-
nen Gewässer für längere Zeit untersagt, was entsprechende Verdienstausfälle bei kommer-
ziell betriebenen Badeseen nach sich zieht. Einen schnellen und kostengünstigen Befund
über das Vorkommen der Cercariendermatitis in einem Gewässer zu treffen ist derzeit nicht
möglich, da die bisher existierenden Methoden (s. Kap. 2.5) zeitaufwendige Untersuchungen
(Sektion, Cercarienschlupftest) mit z.T. nur geringer Aussagekraft darstellen. Serologische
Untersuchungen an Betroffenen dienen nur der Verifikation der Diagnose Cercariendermati-
tis. Gefordert ist in diesem Zusammenhang eine Methodik, die schnell und mit hoher Genau-
igkeit (und im besten Fall auch kostengünstig) eine Aussage über ein aktuell bestehendes
Risiko in einem Gewässer macht, um entsprechenden offiziellen Stellen Handlungskompe-
tenz zur gewährleisten. Eine Methode, die eine Prädiagnostik ermöglicht und damit zur tat-
sächlichen Verhinderung des Auftretens von Cercariendermatitiden beiträgt, wäre der Ideal-
fall.
2.5 Methoden zur Erfassung epidemiologischer Daten von
Trematodeninfektionen unter besonderer Berücksichti-gung von T. ocellata
2.5.1 Der Nachweis eines Befalls der Wirte Eine Infektion des Endwirtes lässt sich über die abgegeben Vermehrungsstadien des Parasi-
ten nachweisen. In Abhängigkeit von der vermuteten Menge an ausgeschiedenen Eiern er-
folgt der Nachweis über die Eier, oder, bei nur geringer Anzahl, über die Miracidien.
Traditionell kann eine Isolierung von Trematodeneiern über ein Aussieben mittels Mikrome-
ter-Sieben erfolgen. Die nachfolgend aufgeführte Methode der Sedimentation ist aufgrund
ihrer geringeren Nachweisgrenze jedoch vorzuziehen. Bei der Sedimentation wird eine Kot-
probe (oder mazerierte Gewebeprobe) mit physiologischer Kochsalzlösung versetzt. Da
Trematodeneier eine hohe spezifische Dichte aufweisen, sinken sie schneller zu Boden als
Gewebe oder Kotbestandteile und sammeln sich verhältnismäßig schnell am Boden des Ge-
fäßes an. Durch mehrfache Sedimentation erreicht man eine Aufreinigung der Eier, die an-
schließend pipettiert und analysiert werden können. Diese Methode wird seit langem in unse-
rer Arbeitsgruppe zur Isolierung von Schistosomen-Eiern aus Gewebe angewandt und kann
,ausführlich beschrieben, der Arbeit von SIMON (1995) entnommen werden. Die häufig bei
20
EINLEITUNG
Cestodeneiern durchgeführte Methode der Flotation versagt bei Trematodeneiern aufgrund
der hohen spezifischen Dichte der Eier.
Da einzelne Eier mit Hilfe der Sedimentation nicht zuverlässig nachgewiesen werden kön-
nen, kann zum Erreichen einer höheren Sensitivität ein Miracidienschlupftest durchgeführt
werden. Dabei wird zunächst der Schlupf der Miracidien aus den Eiern induziert und an-
schließend ihre positive Phototaxis und negative Geotaxis zu einer Konzentration der Sta-
dien ausgenutzt. Geeignete Versuchskonstruktionen sind z.B. MCMULLEN & BEAVER (1945),
NEUHAUS (1952) oder DÖNGES (1988) zu entnehmen. Dieses Verfahren ist aber nur für jene
Trematoden geeignet, deren Miracidien bei Abgabe bereits vollständig entwickelt und
schlupfbereit in ihren Eiern vorliegen und eine entsprechende Phototaxis und Geotaxis zei-
gen, wie dies bei den Miracidien der Schistosomatidae der Fall ist.
Eine weitere Möglichkeit des Nachweises einer Infektion des Endwirts stellt die Sektion dar.
Für T. ocellata umfasst diese Methode einige Schwierigkeiten, da sie aufgrund ihres Lebens-
raumes nur schwer zu entdecken sind. MCMULLEN & BEAVER (1945) und NEUHAUS (1952)
geben an, dass die Parasiten teilweise in den Venen der Submucosa anzutreffen sind, was
eine Entdeckung und Präparation ausgesprochen schwierig gestaltet. Die Anfertigung von
Quetschpräparaten ermöglicht teilweise den Nachweis von Bilharziellinae, wie eigene Erfah-
rungen mit dem Nachweis von B. polonica gezeigt haben. Molekularbiologische Methoden
wie z.B. Polymerasekettenreaktionen, die einen spezifischen Nachweis der Parasiten in Ge-
webeproben erbringen würden, wären eine sinnvolle Ergänzung der Sektion (s.u.).
Der indirekte Immunfluoreszenztest (IFAT) weist in einen Wirt eingedrungene Cercarien
durch gegen bestimmte Strukturen der Cercarienhülle gebildeten Antikörper nach. KOLAROVA
et al. (1994) übertrugen den bei humanen Schistosomeninfektionen angewandten Test auf
die Cercariendermatitis und konnten die Invasion von T. ocellata anhand der Sera Betroffe-
ner nachweisen. Eine Erprobung des T. ocellata-IFAT bei Wasservögeln zur Ermittlung epi-
demiologischer Daten wurde bisher nicht durchgeführt. Eventuell ist eine Anwendung auch
bei der Erhebung epidemiologischer Daten zu Wasservögeln durchführbar. Allerdings weist
der Test lediglich den Kontakt mit der Cercarie nach und macht keine Aussage über eine
Infektion. Aussagekräftiger wäre in dieser Hinsicht ein immunologischer Nachweis von Anti-
Ei-Antikörpern, wie er für Schistosoma mansoni existiert (DOENHOFF et al., 2003). Ein ent-
sprechender Test für T. ocellata wurde bisher nicht entwickelt. Auch der direkte Nachweis
adulter humanpathogener Schistosomen über Antigen-Antikörper-Reaktionen ist etabliert
(HAMILTON et al., 1998) und würde bei Übertragung auf T. ocellata vermutlich den Nachweis
des Befalls von Wasservögeln aufgrund serologischer Tests ermöglichen.
21
EINLEITUNG
Weitere Methoden, die einen Nachweis von Parasiten im Endwirt ermöglichen, beruhen auf
dem Nachweis spezifischer Gensequenzen. Auf die Methode der Hybridisierung soll an die-
ser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da sie aufgrund des hohen Arbeits- und Zeit-
aufwandes sowie der i.d.R. niedrigeren Sensitivität gegenüber den nachfolgend aufgeführ-
ten, auf der Polymerasekettenreaktion (PCR) beruhenden Methoden, benachteiligt ist.
PCR-Methoden zum Nachweis von Parasiten im Endwirt sind bereits seit den 1990er Jahren
etabliert. Nachfolgend sind einige Arbeiten zum Nachweis helminthischer Parasiten und/oder
ihrer Stadien in Gewebe und Faeces aufgeführt (DINKEL, 1998, VERWEIJ et al., 2000, PONTES
et al., 2002, WONGRATANACHEEWIN et al., 2002, NUNES et al., 2003). In der Praxis haben sich
dabei besonders auf einer nested-PCR (nPCR) basierende Methoden bewährt, da sie eine
hohe Unempfindlichkeit gegenüber PCR-hemmenden Stoffen und großen Mengen Fremd-
DNA sowie eine hohe Sensitivität vereinen (DINKEL, 1998, KRUX, 2001). Bezüglich der Dige-
nea ist eine nPCR-basierende Nachweismethode bisher nur für Schistosoma mansoni entwi-
ckelt (HANELT et al., 1997). Eine praktische Erprobung dieser Methode steht jedoch bisher
aus. Eine entsprechende Methode für T. ocellata könnte sowohl zur Detektion des Parasiten
im Gewebe der Endwirte dienen, als auch koproskopische Nachweise des Parasiten erbrin-
gen. Koproskopische Untersuchungen haben dabei den entscheidenden Vorteil, dass sie
eine Aussage über einen Befall zulassen, ohne dass der Wirt getötet werden muss. Aller-
dings werden nur patente Infektionen erfasst.
Trematodeninfektionen des Zwischenwirtes werden bisher über die Methoden der Sektion
und des Cercarienschlupftests nachgewiesen. Die durch eine Sektion ermittelte Infektionsra-
te gibt dabei die Prävalenz des Parasiten an. Nachteilig bei der Sektion ist, dass die unter-
suchten Tiere getötet werden müssen. Weiterhin lassen sich durch die Sektion zumeist nur
Infektionen während eines fortgeschrittenen Infektionsstadiums entdecken; kürzlich erfolgte
Infektionen werden nicht nachgewiesen. Auch die Artbestimmung ist bei Trematodeninfekti-
onen durch eine Sektion zumeist erst im fortgeschrittenen Stadium möglich (s. Kap. 5.2).
Die über einen Cercarienschlupftest ermittelte Infektionsrate macht eine Aussage über die
Patenz des Parasiten. Nicht reife oder ruhende Infektionen werden durch ihn nicht erfasst.
Ein Vorteil ist, dass die Tiere nicht getötet werden müssen. Auch lässt sich ermitteln, ob für
den untersuchten Zeitpunkt ein tatsächliches Infektionsrisiko besteht oder nicht (s. Kap. 5.2).
Eine Beschreibung des Cercarienschlupftestes ist Kap. 4.3.2 zu entnehmen.
Weiterhin bestehen für verschiedene Erreger PCR-basierende Testverfahren, die eine sensi-
tive Methode des Nachweises von Digenea im Zwischenwirt bei gleichzeitiger Spezifität er-
22
EINLEITUNG
möglichen (KAPLAN et al., 1995, HANELT et al., 1997, HAMBURGER et al., 1998b, HERTEL et
al., 2003, MOSTAFA et al., 2003, VELUSAMY et al., 2004). Eine nPCR, die gegenüber anderen
Verfahren die oben genannten Vorteile aufweist, existiert dabei bisher nur für S. mansoni
(HANELT et al., 1997).
2.5.2 Der Nachweis infektiöser Stadien im Gewässer Von den im Gewässer befindlichen Stadien des Miracidiums und der Cercarie kann bis zum
jetzigen Zeitpunkt lediglich das Stadium der Cercarie nachgewiesen werden (s.u.). Allerdings
ist die Cercarie das für den Endwirt infektiöse Stadium und daher von besonderer Bedeu-
tung.
Das häufig angewandte Verfahren der Cercariometrie weist Stadien aus einem Gewässer
nach, die zuvor durch eine Filtration gewonnen wurden (KLOOS et al., 1982, THERON, 1986,
AOKI et al., 2003). Durch zusätzliche Zentrifugation zur schnelleren Anreicherung des Plank-
tons lässt sich die Effektivität der Methode steigern (YOUSIF et al., 1996). Ein Vorteil der Me-
thode ist die gute Praktikabilität in Feldversuchen, da nur einfache Gerätschaften benötigt
werden. Gegenüber der Sektion von Zwischenwirten hat sie den Vorteil, dass diese häufig
nur schwer aufzufinden sind und die Analyse der Schnecken vor Ort keine Cercarien erfasst,
die aus einem anderen Gewässerabschnitt mit der Strömung eingetragen wurden (OUMA et
al., 1989). Ein entscheidender Nachteil ist die nur geringe Sensitivität des Tests, die nur bei
relativ hohen Parasitenlasten positive Nachweise erbringt (KLOOS et al., 1982, PRENTICE,
1984, OUMA et al., 1989, YOUSIF et al., 1996). Auch die bisweilen durchgeführte Exposition
von Mäusen und der nachfolgende Nachweis des Parasiten über serologische Tests oder
durch Anzucht ist wenig sensitiv, obwohl gegenüber der Cercariometrie eine Steigerung er-
reicht wird. Zudem dauert es relativ lange, bis Daten zur Verfügung stehen (PRENTICE, 1984,
YOUSIF et al., 1996). Die Methode, Cercarien mit Hilfe von Lockstoff-Fallen zu konzentrieren,
kann für stehende und langsam fließende Gewässer eine Alternative sein, scheitert aber bei
schneller fließenden Gewässern (SHIFF et al., 1993, AHMED et al., 2002).
Molekularbiologische Methoden, wie z.B. PCR-basierende Methoden, sind den oben vorge-
stellten Methoden dabei bezüglich der Nachweisgrenze weit überlegen. Dabei ist der be-
schränkende Faktor nicht der Nachweis über die PCR, sondern die Gewinnung aussagekräf-
tiger Planktonproben. Auch müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden, um Kreuz-
kontaminationen zu vermeiden. Entsprechende Verfahren zum Nachweis von Cercarien aus
Planktonproben sind bereits für S. mansoni (HAMBURGER et al., 1998a, HERTEL et al., 2004)
und T. ocellata (HERTEL et al., 2002) entwickelt worden, jedoch wurde deren Praktikabilität in
23
EINLEITUNG
Felduntersuchungen bisher nicht erprobt. PCR-basierende Methoden eignen sich prinzipiell
auch zum Nachweis von Miracidien im Gewässer, wobei jedoch eine Möglichkeit der Unter-
scheidung von Cercarien gefunden werden muss.
2.6 Zur Ökologie von Trematodeninfektionen Häufig werden in der medizinischen und parasitologischen Literatur Parasit-Wirt-
Beziehungen als isolierte Phänomene betrachtet. So empfiehlt DÖNGES (1988) in seinem
parasitologischen Standardwerk: “Zwar kann kein biologisches System als wirklich vollstän-
dig geschlossen gelten, doch ist es nützlich, das (Endo-)Parasit-Wirt-Verhältnis einmal in
einem Denkmodell als ein (nahezu) geschlossenes System zu betrachten.“ Diese Sichtweise
fördert natürlich die Konzentration auf ein Thema und trägt zur Vereinfachung der Verhält-
nisse bei, blendet aber wichtige Aspekte von Parasit-Wirt-Beziehungen aus. Tatsächlich sind
viele Vorgänge in Parasit-Wirt-Systemen nur über eine ökologische Sichtweise zu verstehen,
wobei die Mechanismen der Verbreitung und Wirtsfindung über Vektoren und deren ökologi-
schen Abhängigkeiten nur die am nächsten liegenden Beispiele sind.
Auch die Parasitierung von Lymnaea stagnalis durch Trichobilharzia ocellata kann nicht iso-
liert betrachtet werden, da neben T. ocellata andere Digenea in der gleichen Schnecke para-
sitieren und eine gegenseitige Beeinflussung der Parasiten wahrscheinlich ist. Verschiedene
Autoren berichten dabei von einer Konkurrenz verschiedener Digenea um die Ressource
Schnecke (LIM & HEYNEMAN, 1972, KURIS, 1990, FERNANDEZ & ESCH, 1991, SOUSA, 1992,
SOUSA, 1993, KURIS & LAFFERTY, 1994, ESCH et al., 2001), wobei KURIS (1990) und FERNAN-
DEZ & ESCH (1991) eine Dominanzreihenfolge innerhalb der Parasiten ausmachten. Wie Un-
tersuchungen von NIEWIADOMSKA et al. (1997), VÄYRYNEN et al. (2000) und LOY & HAAS
(2001) zeigen, nutzen eine Vielzahl unterschiedlicher Digenea L. stagnalis als Wirtsschne-
cke. Arbeiten von MEIER (1999) und REDECKER (1999) untersuchten stichprobenartig
L. stagnalis Bielefelder Kleingewässer auf Trematodenbefall und stellten insgesamt 5 Trema-
todenarten fest. Die Zusammensetzung der jeweiligen Trematodenfauna einer Schnecke ist
dabei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die häufig nur schwer eindeutig zuzuordnen
sind, weshalb auch die Schwankungen, die bei der Artzusammensetzung und der Abundanz
einzelner Arten zu beobachten sind, oft nur unzureichend (falls überhaupt) erklärt werden
können (VÄYRYNEN et al., 2000, Esch et al., 2001, LOY & HAAS, 2001).
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EINLEITUNG
Weiterhin stehen die Parasiten in Abhängigkeit vom Lebenszyklus ihrer Wirte und sind ge-
zwungen, ihre Vermehrungs- und Ernährungsstrategien an diese anzupassen. Für
L. stagnalis existieren dabei widersprüchliche Angaben zu Lebenszyklen, wobei sowohl ein-
jährige als auch mehrjährige Zyklen beschrieben sind (MCDONALD, 1969, BERRIE, 1965,
BOAG & PEARLSTONE, 1978, CALOW, 1978). In diesem Zusammenhang ist auch die Frage zu
sehen, ob T. ocellata im Falle mehrjähriger Zyklen in seinem Zwischenwirt den Winter über
persistiert, oder ob vielmehr eine Überwinterung im Endwirt stattfindet. GOATER et al. (1989)
beobachtete bei Untersuchung der Trematodenfauna von Helisoma anceps, dass ca. ein
Viertel der Infektionen während der Winterpause verloren gingen und das Immunsystem der
Schnecke diese erfolgreich bekämpft hatte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass digeneische Parasiten häufig eine Kastration ihrer
Wirtsschnecke hervorrufen, die damit für die Reproduktion ausfällt. Für L. stagnalis wurde
dies von SLUITERS (1981) und SCHALLIG et al. (1991) beschrieben. Nach LAFFERTY (1993)
reduzieren digeneische Parasiten die Populationsdichte ihrer Wirtsschnecke Cerithidea cali-
fornica, da die von ihnen parasitierten Schnecken nicht mehr reproduktionsfähig sind, aber
mit den fertilen Individuen um beschränkte Futterressourcen konkurrieren. Hinzu kommt eine
Erhöhung der Mortalität. Damit verringert sich für die Parasiten die Anzahl möglicher Wirte.
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