ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

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Manuskript zur Vorlesung ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) von Prof. Dr.-Ing. Thomas Leibfried WS 2014 / 2015 Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik Prof. Dr.-Ing. Thomas Leibfried

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Manuskript zur Vorlesung

ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN)

von

Prof. Dr.-Ing. Thomas Leibfried

WS 2014 / 2015

Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik Prof. Dr.-Ing. Thomas Leibfried

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Elektrische Energienetze Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

1  Struktur der elektrischen Energieversorgung 2 

1.1 Erzeugung elektrischer Energie in Deutschland 2 1.1.1  Klimaziele und Folgen der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2 1.1.2  Veränderung in der Struktur der Stromerzeuger 3 1.1.3  Konsequenzen für die elektrische Energieversorgung 4 

1.2 Das elektrische Energienetz 7 1.2.1  Aufbau und Aufgabe des elektrischen Energienetzes 7 1.2.2  Aus- und Umbau des Übertragungsnetzes 10 1.2.3  Aus- und Umbau des Verteilnetzes 13 

1.3 Das Drehstromsystem 17 

2  Berechnung von Energieübertragungsnetzen 19 

2.1 Aufbereitung des Netzes 19 2.1.1  Auftrennung des Netzes 19 2.1.2  Erstellen des Ersatzschaltbildes für den Netzausschnitt 20 2.1.3  Normierung auf bezogene Netzdaten (per-unit-Werte) 22 

2.1.3.1  Wahl der Bezugsgrößen 22 2.1.3.2  Bezogene Werte (per-unit-Werte, pu-Werte) 23 

2.2 Analyseverfahren 25 2.2.1  Überlagerungssatz 25 2.2.2  Stern-Dreieck-Umwandlung 27 2.2.3  Knotenpunkt-Verfahren (Knotenpotenzialverfahren) 28 

2.2.3.1  Vollständige Knotenpunkt-Admittanz-Matrix (KAM) 28 2.2.3.2  Verkürzte Knotenpunkt-Admittanz-Matrix (VKAM) 30 2.2.3.3  Beispiel 1: Berechnung eines 110-kV-Teilnetzes 32 2.2.3.4  Transformatoren mit dem Übersetzungsverhältnis ü 34 2.2.3.5  Hybridmatrix 38 

2.3 Leistungsflußberechnung 40 2.3.1  Leistungsgleichungen 40 2.3.2  Stromiteration 43 

2.3.2.1  Algorithmus 43 2.3.2.2  Beispiel 2: Leistungsflußberechnung durch Stromiteration 45 

2.3.3  Newton-Raphson-Iteration 46 2.3.3.1  Grundlegender Ansatz 46 2.3.3.2  Algorithmus ohne Generatorknoten 47 2.3.3.3  Algorithmus mit Generator-, Leistungs- und Bilanzknoten 55 2.3.3.4  Entkoppeltes Verfahren 56 2.3.3.5  DC-Leistungsfluss 57 

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Inhaltsverzeichnis Elektrische Energienetze

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2.3.3.6  Berechnung der in einem Netz umgesetzten Wirk- und Blindleistung 59 2.3.3.7  Beispiel 3: Leistungsflußberechnung durch Newton-Raphson-Iteration 61 

2.4 Optimaler Leistungsfluss (Optimal Power Flow, OPF) 64 2.4.1  Grundsätzliche Problemstellung 64 2.4.2  Verfahren zur Lösung des nichtlinearen Optimierungsproblems 66 2.4.3  Einfache und iterative Verfahren 67 

2.4.3.1  Optimaler Leistungsfluss ohne Netzverluste 67 2.4.3.2  Beispiel 4: Optimale Lastverteilung ohne Netzverluste 69 2.4.3.3  Optimaler Leistungsfluss bei Berücksichtigung von Netzverlusten 69 2.4.3.4  Beispiel 5: Optimaler Leistungsfluss bei Berücksichtigung von Netzverlusten 71 

2.4.4  Quadratische Optimierung mit DC-Leistungsfluss 73 2.4.4.1  Theoretischer Ansatz 73 2.4.4.2  Beispiel 6: quadratische Optimierung mit DC-Leistungsfluss 75 

2.4.5  Optimierung mit AC-Leistungsfluss 76 2.4.5.1  Problemformulierung 76 2.4.5.2  Arbeiten mit MATPOWER 77 2.4.5.3  Beispiel 7: Optimierung mit DC- und AC-Leistungsfluss mit MATPOWER 80 

2.5 Vereinfachte Netzberechnung im Mittel- und Niederspannungsnetz 84 2.5.1  Einseitig gespeiste Leitung 84 

2.5.1.1  Wechselstromleitung mit einer Abnahme 84 2.5.1.2  Drehstromleitung mit einer Abnahme 86 2.5.1.3  Drehstromleitung mit zwei Abnahmen 87 2.5.1.4  Drehstromleitung mit n Abnahmen 88 

2.5.2  Zweiseitig gespeiste Leitung 89 2.5.2.1  Verwerfen eines Stromes 89 2.5.2.2  Verwerfen einer Leistung 91 2.5.2.3  Drehstromleitung mit n Abnehmern und zweiseitiger Speisung 92 

3  Der 3-polige Kurzschluss 96 

3.1 Bedeutung und Arten der Netzkurzschlüsse 96 3.1.1  Klassifizierung der Netzkurzschlüsse 96 3.1.2  Generatornaher 3-poliger Kurzschluss 97 

3.1.2.1  Generator-Reaktanzen während des Kurzschlusses 97 3.1.2.2  Zeitlicher Verlauf des Kurzschlussstromes 101 

3.1.3  Generatorferner 3-poliger Kurzschluss 104 3.1.3.1  Reaktanzen während des Kurzschlusses 104 3.1.3.2  Zeitlicher Verlauf des Kurzschlussstromes 104 

3.2 Berechnung der Kurzschlußströme 105 3.2.1  Ersatzspannungsquelle an der Kurzschlussstelle 105 3.2.2  Berechnung über das Knotenpotential-Verfahren 109 

3.2.2.1  Theoretischer Ansatz 109 3.2.2.2  Beispiel 8: Kurzschluss in einem 110-kV-Netz 112 

3.2.3  Kurzschlußimpedanzen der elektrischen Betriebsmittel 115 

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Elektrische Energienetze Inhaltsverzeichnis

III

3.3 Charakteristische Kurzschlußgrößen 119 3.3.1  Anfangs-Kurzschlußwechselstrom Ik

’’ 119 3.3.2  Stosskurzschlussstrom IS 120 3.3.3  Ausschaltstrom Ib 120 3.3.4  Dauerkurzschlußstrom Ik 122 3.3.5  Kurzschlussleistungen 123 

4  Unsymmetrische Fehler in Drehstromnetzen 124 

4.1 Mathematische Behandlung von Drehstromsystemen 124 4.1.1  Allgemeines Drehstromsystem 124 4.1.2  Diagonalisierung der Systemmatrizen 125 

4.2 Komponentensysteme und ihre Transformationen 129 4.2.1  Symmetrische Komponenten 129 

4.2.2  0-Komponenten 132 

4.2.3  dq0-Komponenten 132 

4.3 Symmetrische Komponenten und ihre physikalische Interpretation 134 

4.4 Ersatzschaltungen in symmetrischen Komponenten 137 4.4.1  Symmetrische Spannungsquelle mit Innenwiderstand 137 4.4.2  Symmetrische Verbraucher in Sternschaltung 138 4.4.3  Symmetrische Verbraucher in Dreieckschaltung 138 4.4.4  Allgemeiner Drehstromknoten 139 4.4.5  Symmetrische Leitung 140 4.4.6  Synchrongeneratoren 143 4.4.7  Drehstromtransformatoren 145 

4.4.7.1  Zweiwicklungstransformatoren in Stern-Stern-Schaltung 145 4.4.7.2  Zweiwicklungstransformatoren in Stern-Dreieck-Schaltung 147 4.4.7.3  Zweiwicklungstransformatoren mit einer Zick-Zack-Schaltung 148 4.4.7.4  Dreiwicklungstransformatoren 149 4.4.7.5  Übertragung symmetrischer Komponenten über Transformatoren 153 4.4.7.6  Ersatzschaltbilder für Transformatoren in symmetrischen Komponenten 155 

4.5 Ströme bei unsymmetrischen Netzkurzschlüssen (Querfehler) 157 4.5.1  Prinzipielle Vorgehensweise 157 4.5.2  3-poliger Kurzschluß 158 4.5.3  2-poliger Kurzschluß 160 4.5.4  1-poliger Kurzschluß 162 4.5.5  Beispiel: 2-poliger Kurzschluß an der Unterspannungsseite eines Transformators 163 

4.6 Unsymmetrische Längsfehler und Leitungsunterbrechungen 165 4.6.1  1-poliger Längsfehler und 1-polige Leitungsunterbrechung 165 4.6.2  2-poliger Längsfehler und 2-polige Leitungsunterbrechung 169 

5  Literatur 173 

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Inhaltsverzeichnis Elektrische Energienetze

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Equation Section 1

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1 Grundlagen der Hochspannungstechnik

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1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

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1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

1.1 Erzeugung elektrischer Energie in Deutschland

1.1.1 Klimaziele und Folgen der Nuklearkatastrophe von Fukushima

Der Entwurf und die Gestaltung des zukünftigen Energieversorgungssystems gehören zu den großen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Eine Verringerung der CO2-Emissionen er-scheint notwendig, um die drohende globale Klimaveränderung abzuwenden. Bereits in der Vergangenheit führten monetäre Anreize und gesetzliche Regelungen (Erneuerbare Energien Gesetz in Deutschland) weltweit zu einem steigenden Anteil an dezentral erzeugter Energie aus regenerativen Quellen, allen voran Wind- und Solarenergie.

Entsprechend dem Energiekonzept der Bundesregierung sollen

die CO2-Emmissionen bis 2020 um 40% und bis 2050 um mindestens 80% reduziert werde,

der Primärenergieverbrauch soll bis 2020 um 20%, bis 2050 um 50% reduziert werden,

der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung soll 35 % bis 2020 und 80 % bis 2050 betragen,

der Stromverbrauch soll um 10 % bis 2020 und um 25 % bis 2050 gesenkt werden,

bis 2020 sollen 1 Mio. und bis 2030 sollen 5 Mio. Elektrofahrzeuge zugelassen sein.

Die Reduktionenbeziehen sich auf den Stand von 1990. Als direkte Folge der Nuklearkatastrophe von Fukushima (Japan) am 11. März 2011 beschloss der Bundestag am 30. Juni 2011 mit großer Mehrheit das „13. Gesetz zur Änderung des Atom-gesetzes“, das die Beendigung der Kernenergienutzung und Beschleunigung der Energiewende regelt. Insbesondere erlischt die Betriebsgenehmigung für acht Kernkraftwerke in Deutschland; die Laufzeit der übrigen neun Kraftwerke ist zeitlich gestaffelt, wobei die letzten Kernkraftwerke Ende 2022 abgeschaltet werden. Zum 6. August 2011 verloren damit folgende acht deutsche Kernreaktoren ihre Betriebserlaubnis:

Kernkraftwerk Biblis Blöcke A und B

Kernkraftwerk Brunsbüttel

Kernkraftwerk Isar Block I

Kernkraftwerk Krümmel

Kernkraftwerk Neckarwestheim Block I

Kernkraftwerk Philippsburg Block I

Kernkraftwerk Unterweser Die übrigen neun deutschen Kernreaktoren sollen nach folgendem Zeitplan vom Netz gehen (jeweils zum 31.12.):

2015: Kernkraftwerk Grafenrheinfeld

2017: Kernkraftwerk Gundremmingen Block B

2019: Kernkraftwerk Philippsburg Block II

2021: Kernkraftwerke Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen Block C

2022: Kernkraftwerke Isar Block II, Neckarwestheim Block II und Emsland

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1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

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Der in Folge des Reaktorunfalls in Fukushima in Deutschland beschlossene Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie bis zum 2022 verstärkt und beschleunigt den grundlegenden Umbau der Energieversorgungssysteme. Die verstärkte Nutzung dezentraler Energieerzeugungseinhei-ten auf der Basis regenerativer Primärenergiequellen, deren CO2-Emissionen über den Lebens-zyklus der Anlagen gering sind, wird als einzige Möglichkeit angesehen, diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Als Energiewende wird die Realisierung einer Nachhaltigen Energieversorgung in den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität mit Erneuerbaren Energien bezeichnet. Hierzu zäh-len die Windenergie, Biomasse (Bioenergie, einschließlich Deponiegas und Klärgas), Wasser-kraft, Sonnenenergie (Solarthermie, Photovoltaik), Geothermie und Meeresenergie, die als Alternative zu fossilen Energieträgern (Öl, Kohle, Erdgas) und Kernbrennstoffen (Uran) dienen sollen.

1.1.2 Veränderung in der Struktur der Stromerzeuger

Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) haben Stromerzeuger aus regenerativen Quel-len (Windenergieanlagen, PV, Biomasse, etc.) Vorrang in der Stromeinspeisung. Als Merit-Order (engl. für Reihenfolge der Leistung) bezeichnet man die Einsatzreihenfolge der Kraftwer-ke. Diese wird durch die Grenzkosten der Stromerzeugung bestimmt. Die Grenzkosten sind in der Betriebswirtschaftslehre die Kosten, die durch die Produktion einer zusätzlichen Einheit eines Produktes entstehen. Mathematisch ist die Grenzkostenfunktion die erste Ableitung (Stei-gung) der Kostenfunktion nach der Zahl produzierter Einheiten. Bild 1.1 zeigt den Verlauf der Grenzkosten in €/MWh über der installierten Leistung und geord-net nach ansteigenden Grenzkosten. Demnach steigen die Grenzkosten von Kernkraftwerken über Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke bis zu den GUD- und Gaskraftwerken und den am oberen Ende stehenden Ölkraftwerken.

Bild 1.1 Grenzkosten der Stromerzeugung für den deutschen Kraftwerkspark (Quelle: Öko-

Institut e.V., 2013)

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Beginnend mit den niedrigsten Grenzkosten werden solange Kraftwerke mit höheren Grenzkos-ten zugeschaltet, bis die Nachfrage gedeckt ist. An der Strombörse bestimmt das letzte Gebot, das noch einen Zuschlag erhält, den Strompreis (Market Clearing Price). Der Preis für Strom wird also durch das jeweils teuerste Kraftwerk bestimmt, das noch benötigt wird, um die Strom-nachfrage zu decken. Dieses Kraftwerk wird auch als Grenzkraftwerk bezeichnet. Als Merit-Order-Effekt wird die Verdrängung teuer produzierender Kraftwerke durch den Markt-eintritt eines Kraftwerks mit geringeren Grenzkosten bezeichnet. Die aggregierte Angebotfunkti-on bildet sich aus den Geboten einzelner Stromanbieter und entspricht im Allgemeinen deren Grenzkosten. Die Nachfrage ist unelastisch und wird zunächst aus den Quellen nach dem EEG befriedigt, so dass nur die Restnachfrage - die sogenannte residuale Last - von den konventio-nellen Stromerzeugern getragen wird, wobei die teuersten nicht mehr zum Zuge kommen. Auf diese Weise senken erneuerbaren Energien den Strompreis an der Börse, weil teure Spitzen-lastkraftwerke immer seltener das preisbestimmende Kraftwerk am Markt sind, sondern Kraft-werke mit geringeren Grenzkosten. Damit reduziert sich der Deckungsbeitrag der günstigen Grundlastkraftwerke wie z. B. Laufwas-ser-, Kern- und Braunkohlekraftwerke, die durch den Merit-Order-Effekt einen geringeren Über-schuss erwirtschaften. Der Merit-Order-Effekt kann damit den Börsenpreis für Strom zu Lasten der Kraftwerksbetreiber senken. Dies hat Folgen für den Einsatz konventioneller Kraftwerke:

Selbst hochmoderne GUD-Kraftwerke kommen seltener zum Einsatz als bei ihrem Bau geplant. Das für einen Einsatz von mindestens 5000 h/a geplante Kraftwerk Irsching Block 5 (Inbetriebnahme 2010, Wirkungsgrad 59,7%) läuft derzeit ca. 1500 h/a und ist daher unrentabel.

Konventionelle Kraftwerke werden zukünftig dynamischer an- und abgefahren als bisher. Die Folge sind höhere Belastungen aller Komponenten dieser Kraftwerke.

Konventionelle Kraftwerke stellen mit der rotierenden Masse ihrer Turbo-Sätze (= Turbi-nen + Synchrongenerator) die sogenannte Momentanreserve. Diese wird benötigt, um die Differenz zwischen der momentanen Nachfrage und der Lastprognose zu speisen. Eine Verringerung der Momentanreserve gefährdet die Systemstabilität, insbesondere die Frequenzstabilität des Netzes.

Für die Energieversorgungsunternehmen lohnt sich derzeit der Zubau an konventionel-len Kraftwerken in Deutschland nicht mehr.

1.1.3 Konsequenzen für die elektrische Energieversorgung

Die Stromerzeugung aus Windenergie- und PV-Anlagen ist hoch volatil. Beispielsweise betrug der höchste Leistungsrückgang im Jahr 2011 1104 MW innerhalb von 15 Minuten am Abend des 26.5.2011; die größte Leistungssteigerung um 1138 MW innerhalb von 15 Minuten trat am 12.4.2011 auf (Quelle Fraunhofer IWES, Windenergiereport 2011). Bild 1.2 zeigt beispielhaft die eingespeiste Leistung aus Windenergieanlagen am 6.3.2013. Deutlich erkennbar sind die erheblichen Gradienten der Leistung von aufeinander folgenden 15-Minuten-Werten sowie die über den Tag hinweg stark schwankende Einspeiseleistung aus Windenergieanlagen.

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Bild 1.2 Windenergieeinspeisung im Bereich der deutschen Übertragungsnetzbetreiber, 15-

Minuten-Leistungswerte, beginnend bei 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr am 6.3.2013 und Differenz der eingespeisten Leistung aufeinander folgender 15-Minuten-Werte (Quelle: http://www.transparency.eex.com)

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der durch Photovoltaik-Anlagen eingespeisten Leistung (Bild 1.3). Je nach Wetterlage, insbesondere Bewölkung, nimmt die Einspeiseleistung bis ca. 13:00 Uhr kontinuierlich zu, um danach wieder abzusinken. In den Nachtstunden fehlt die PV-Einspeisung völlig.

Im Laufe der Zeit konnten die Werkzeuge zur Prognose der eingespeisten Wind- und PV-Leistung zwar erheblich verbessert werden. Dennoch kommt es immer wieder zu deutlichen Abweichungen zwischen Prognose und tatsächlich eingespeister Leistung aus Wind- und PV-Anlagen, die dann durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden müssen.

Neben der zeitlichen Volatilität der eingespeister Leistung aus Wind- und PV-Anlagen speilt auch die räumliche Verteilung der Energiequellen eine Rolle. Der Schwerpunkt der Windener-gieerzeugung befindet sich im Norden Deutschlands während die Stromerzeugung aus PV-

Zeit in Minuten

Pi – Pi-15

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Anlagen vorwiegend im Süden Deutschlands lokalisiert ist. Dies führt insgesamt dazu, dass die Erzeugung und der Verbrauch elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen sowohl zeitlich als auch räumlich nicht zusammenfallen.

Durch den Wegfall der Kernkraftwerke fehlt vor allem im Süden Deutschlands Erzeugungska-pazität. Regenerativ durch Offshore-Windenergieanlagen erzeugter Strom muss zur Deckung des Bedarfs vom Norden in den Süden Deutschlands transportiert werden. Dies erfordert neue Stromübertragungsstrecken, die im Netzentwicklungsplan der vier Übertragungsnetzbereiber in Deutschland geplant sind.

Bild 1.3 PV-Einspeisung im Bereich der deutschen Übertragungsnetzbetreiber, 15-Minuten-

Leistungswerte, beginnend bei 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr am 28.7.2013 und Differenz der eingespeisten Leistung aufeinander folgender 15-Minuten-Werte (Quelle: http://www.transparency.eex.com)

Zeit in Minuten

Pi – Pi-15

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1.2 Das elektrische Energienetz

1.2.1 Aufbau und Aufgabe des elektrischen Energienetzes

Bild 1.4 zeit die Struktur des Stromnetzes in Deutschland, das traditionell als Einbahnstraße konzipiert wurde. Das Höchstspannungs- oder Übertragungsnetz transportiert den Strom aus Großkraftwerken über größere Entfernungen zu den Verbrauchsschwerpunkten. Die Hoch-spannungsnetze verteilen den Strom in einer größeren Region auf die Mittelspannungsnetze. Von dort fließt er in die lokalen Niederspannungsnetze, an die kleine Stromverbraucher ange-schlossen sind. Ein Transport großer elektrischer Leistungen über weite Strecken von vielen 100 km oder gar 1000 km war in der Vergangenheit nicht notwendig, da die (konventionellen) Kraftwerke in der Nähe der Verbraucherzentren gebaut wurden. Auf diese Weise kam es stets zu einem Leistungsfluss von den übergeordneten Netzen, auch als Übertragungsnetz bezeich-net, in die unteren Netzebenen, auch als Verteilnetz bezeichnet.

Bild 1.4 Struktur des elektrischen Energienetzes in Deutschland

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Im europäischen Verbund ist das 400-kV- Übertragungsnetz europaweit gekoppelt. In der ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity) haben sich derzeit 41 Übertragungsnetzbetreiber aus 34 europäischen Nationen zusammengeschlossen. Bild 1.5 zeigt die wesentlichen Daten der ENTSO-E. Aufgaben der ENTSO-E sind (aus VERORDNUNG (EG) Nr. 714/2009 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Strom-handel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003))

Ausarbeitung und Einführung von „Grid Codes“ Die ENTSO-E formuliert Regeln für den Betrieb des Netzes (sog. grid codes). Dies be-trifft Regeln für - Netzsicherheit und -zuverlässigkeit einschließlich der Regeln für technische Über-

tragungsreservekapazitäten zur Sicherstellung der Netzbetriebssicherheit; - den Netzanschluss; - den Netzzugang Dritter; - den Datenaustausch und die Abrechnung; - die Interoperabilität; - operative Verfahren bei Notfällen; - Kapazitätsvergabe und Engpassmanagement; - den Handel in Bezug auf die technische und operative Bereitstellung der Netzzu-

gangsdienste und den Austausch von Ausgleichsenergie zwischen Netzen. - Transparenzregeln; - Regeln für den Austausch von Ausgleichsenergie, einschließlich netzbezogener

Regeln für die Reserveleistung; - Regeln für harmonisierte Übertragungsentgeltstrukturen, die ortsabhängige Preis-

signale einbeziehen, und Regeln für den Ausgleich zwischen den Übertragungs-netzbetreibern;

- Energieeffizienz bei Stromnetze

Beispielsweise legen Regeln zur Netzsicherheit verbindlich fest, wie und wann ein Netz-betreiber einspeisende Kraftwerke abregeln darf, um Spannung und Frequenz im Stromnetz stabil zu halten.

gemeinsame Instrumente zum Netzbetrieb zur Koordinierung des Netzbetriebs im Nor-malbetrieb und in Notfällen,

alle zwei Jahre einen nicht bindenden gemeinschaftsweiten zehnjährigen Netzentwick-lungsplan („gemeinschaftsweiter Netzentwicklungsplan“), einschließlich einer europäi-schen Prognose zur Angemessenheit der Stromerzeugung,

Jährliche Veröffentlichung eines Jahresberichts sowie jährliche Sommer- und Winter-progosen zur Angemessenheit der Stromproduktion.

Ziele der ENTSO-E sind die Sicherstellung des Netzbetriebes und die Schaffung der Voraus-setzungen für einen Europäischen Energiemarkt. Hinzu kommen die Förderung relevanter Forschung sowie die öffentliche Akzeptanz der zur Energiebereitstellung notwendigen Infra-struktur.

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Bild 1.5 Kurzübersicht: ENTSO-E

Bild 1.6 Transportnetzbetreiber in Deutschland und ihre Eigentümer sowie die zugehörigen Netzgebiete

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1.2.2 Aus- und Umbau des Übertragungsnetzes

Durch den Ausbau vor allem der Windenergie ergibt sich für das Netz die Anforderung, große elektrische Leistungen über ein weite Strecke zu transportieren. Hierzu gibt es mehrere Ansät-ze:

Ausbau des AC-Übertragungsnetzes Rund 35 000 Kilometer Höchstspannungsleitungen vernetzen Deutschland. In Bild 1.7 ist das 220-kV- und das 400-kV-Netz in Deutschland dargestellt. Um vor allem die an Land und vor der Küste geplanten Windparks optimal in das Stromnetz zu integrieren und die Weiterleitung des dort erzeugten Stroms in die Verbrauchszentren zu gewähr-leisten, ist ein weiterer Ausbau erforderlich: Bis 2020 muss das Höchstspannungsnetz laut Studien der Deutschen Energieagentur (dena) um bis zu 4 300 Kilometer ausgebaut werden, damit der Windstrom von Nord nach Süd fließen kann (Bild 1.7). Zahlreiche Projekte werden allerdings durch lange Planungs- und Genehmigungsverfahren verzögert. Insbesamt erscheint es deshalb frag-lich, ob die nötigen Übertragungskapazitäten bereitstehen, wenn die Kernkraftwerke im Jahr 2022 endgültig abgeschaltet werden.

Aufbau von HVDC-Übertragungsstrecken Hochspannungsgleichstrom-Übertragungsstrecken existieren bereits seit einigen Jahr-zehnten. Diese vornehmlich in China realisierten HVDC-Übertragungstrecken basieren auf netzgeführten Thyristorstromrichtern (LCC, Line Commutated Converter), mit denen sehr große Leistungen von mehreren GW mit Übertragungsspannungen von derzeit

800 kV und Strömen bis 4000 A übertragen werden können. Neuere Konzepte basie-

ren auf selbstgeführten Umrichtern mit Spannungszwischenkreis (VSC, Voltage Source Converter). Für HVDC-Übertragungstrecken ist dabei vor allem die Multi-Level-Technologie (MMC, Multi Level Converter) interessant, weil dadurch die Sinusform des Netzes sehr gut nachgebildet wird und sich so die Netzrückwirkungen nahezu vollstän-dig vermeiden lassen.

Vorteil der HVDC-Technologie ist die gute Steuerbarkeit der Leistungsübertragung im Gegensatz zu einer HVAC-Übertragung, bei welcher stets die Wirk- und Blindleistungs-bilanz stimmen muss. Dies führt neben einer Kopplung der Wirk- und Blindleistungs-übertragung zu Engpässen in der Energieübertragung bei langen Übertragungsstrecken.

Zur Netzverstärkung sind gemäß dem von den 4 Übertragungsnetzbetreibern vorgeleg-ten Netzentwicklungsplan 2012 4 Korridore für HVDC-Verbindungen vorgesehen. Ge-mäß dem Netzentwicklungsplan 2012 existieren mehrere Szenarien, z. B. Szenario A 2022, Leitszenario B 2022, und weitere. Demgemäß sind 4 Korridore für HVDC-Verbindungen vorgesehen:

Korridor A: Niedersachsen – Nordrhein-Westfalen – Baden-Württemberg

Korridor B: Niedersachsen – Hessen – Baden-Württemberg

Korridor C: von Schleswig-Holstein und Niedersachsen nach Baden-Württemberg und Bayern

Korridor D: Mecklenburg-Vorpommern – Sachsen Anhalt – Bayern

Die einzelnen Szenarien unterscheiden sich im Wesentlichen in den geplanten Übertra-gungsleistungen.

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Bild 1.7 Das deutsche Höchstspannungsnetz (220 kV und 400 kV) sowie die geplanten Erweiterungen (Stand 2012)

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Bild 1.8 Ausbau des Übertragungsnetzes gemäß dem Netzentwicklungsplan 2012, Szenario A 2022 (Quelle: NEP 2012, Stand: Mai 2012, www.netzentwicklungsplan.de)

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Bei den bisherigen HVDC-Übertragungsstrecken handelt es sich ausschließlich um Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. HVDC-Netze gibt es bislang noch nicht. Mit Einführung des Multilevel-Technologie bei Spannungszwischenkreisumrichtern anstelle der netzge-führten Stromrichter erscheint es technisch und wirtschaftlich erreichbar, HVDC-Netze zu realisieren. Sie sind derzeit Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen. Hierbei geht es insbesondere die Systemführung solcher Netze, die notwendige Umrichtertech-nologie und insbesondere auch um die Beherrschung von Fehlern im Netz.

1.2.3 Aus- und Umbau des Verteilnetzes

Der in Deutschland in der Vergangenheit insebsondere durch Regelungen des EEG (Erneuer-bare-Energieen-Gesetz) vorangetriebene Ausbau der Photovoltaik hat auch zu neuen Anforde-rungen an die Verteilnetze geführt. Im Verteilnetz können sich Leistungsflüsse zeitweise um-kehren, d. h. die Einspeisung erfolgt vom Niederspannungnetz in übergeordnete Netzebenen. Solche umgekehrten Leistungsflüsse treten regional vermehrt an sonnigen Tagen am Wochen-ende auf, weil dann industrielle Verbraucher wegfallen. In ländlichen Regionen kann es aber über den Sommer hinweg immer wieder zu Leistungsflussumkehr kommen. Die Umkehr der Leistungsflüsse kann zu Verletzungen des Spannungsbandes führen. Im Ver-

teilnetz muss die Spannung gemäß EN 50160 innerhalb eines Bandes von 10% der Nenn-

spannung liegen. Im Verteilnetz kann eine Leitung sehr gut durch das in Bild 1.10 dargestellte Ersatzschaltbild bestehend aus einer Reaktanz und einem ohmschen Leitungswiderstand be-

schrieben werden. Aufgrund der Leitungsimpedanz kommt es zu einem Spannungsabfall U längs der Leitung entsprechend dem über die Leitung fließenden Strom I. Mit guter Näherung

kann man den an sich komplexen Spannungsabfall U auf den sogenannten Längsspannungs-

abfall U reduzieren, da der Leitungswinkel im Verteilnetz sehr gering ist.

Bild 1.9 Vereinfachte Ersatzschaltung einer Leitung im Verteilnetz

U

Z U1 U2

R X

I

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1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

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Bei fehlender Einspeisung kommt es zu einem Spannungsgefälle von der Einspeisestelle (Mit-telspannungstransformator 110/20 kV) bis zum jeweiligen Leitungsende. Die Einspeisung muss so ausgelegt sein, dass bei Volllast die Spannung am Leitungsende um nicht mehr als 10%

gegenüber der Nennspannung absinkt (207 V = 0,9230V). Es kann jedoch auch Situationen geben, bei denen bei gleichzeitiger Schwachlast eine hohe Einspeisung auftritt, wodurch sich

die Stromrichtung umkehrt. Der Spannungsabfall U längs der Leitung ist demnach vom Lei-

tungsende zur Einspeisestelle hin gerichtet (Bild 1.10a). Es hängt nun von den eingespeisten

Leistungen ab, ob die Summe aus den Spannungsabfällen ULast und UErz innerhalb des

Spannungsbandes von 10% der Nennspannung (UN) liegt, d. h. es muss stets gelten:

0,2Last Erz NU U U . (1.1)

a.

b.

Bild 1.10 Spannungsbandproblematik im Verteilnetz a. Beispeilhafter Netzplan b. Erklärung der Spannungsbandproblematik im Mittel- und Niederspannungsnetz

400 V

20 kV

110 kV

Page 21: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

15

Bei genauer Betrachtung steht den erneuerbaren Energien im Niederspannungsnetz ein maxi-maler Spannungshub von 3% zu (Bild 1.10b). Es wird mit einem Spannungsabfall von je 5% im Mittel- und Niederspannungsnetz gerechnet. Hinzu kommen ca. 1,5% Spannungsabfall und 1,5% Einstellgeneuigkeit am Ortsnetztransformator, so dass man ausgehend von -10% bei +3% Spannungsniveau der Nennespannung am Mittelspannungstransformator endet. Dessen Stu-fung beträgt typischerweise etwa 2%, die von den verbleibenden 7% abgezogen werden müs-sen, sodass 5% Spannungsreserve nach oben verbleiben. Davon werden im Mittelspannungs-netz ca. 2% benötigt, so dass für das Niederspannungsnetz nur 3% verbleiben.

Bei zunehmender dezentraler Einspeisung insbesondere durch PV-Anlagen in das Niederspan-nungsnetz treten immer häufiger Situationen auf, bei denen das Spannungsband zeitweise verletzt wird. Dies ist gemäß geltenden Normen unzulässig und führt zu Fehlfunktionen von Anlagen und Geräten. Die Spannung auf der 20-kV-Seite des Mittelspannungstransformators (110/20 kV) kann durch einen unter Last schaltbaren Stufenschalter, der in den Transformator eingebaut ist, angepasst werden. Ortsnetztransformatoren (20/0,4 kV) besitzen bisher jedoch nur einen sogenannten Umsteller. Dieser muss Vor Ort von Hand betätigt werden und ist nicht von einer Leitwarte aus fernsteuerbar. Somit kann man nur an der Mittelspannungs-Einspeisestelle (hier 20 kV) auf eine sich verändernde Einspeisesituation reagieren. Dies gilt jedoch auch nur dann, wenn entspre-chende Daten über den Verteilnetzstrang erfasst und zur Steuerung des Stufenschalters des Mttelspannungstransformators verwendet werden. Ein neuer Ansatz ist deshalb der Einsatz sogenannter Regelbarer Ortsnetztransformatoren (RONT). Die Übersetzung von RONT’s kann auf der 400-V-Seite den Erfordernissen des Nie-derspannungsnetzes angepasst werden, d. h. die Übersetzung des RONT kann unter Last geändert werden. Ein RONT kann auf der 20-kV-Seite in seiner Übersetzung mit einer Stufung von typischerweise 4% angepasst werden. Dadurch kann auch ohne übergeordnete Steuerung eine deutlich bessere Spannungsreserve nach oben erreicht werden (11% gemäß Bild 1.11). Wenn noch die momentane Last- und Einspeisesituation im Niederspannungsnetz berücksich-tigt werden würde, könnte man durch eine „Regelung nach oben“ oder „Regelung nach unten“ den gesamten Bereich des Spannungsbandes ausnutzen. Regelbare Ortsnetztransformatoren wurden in den letzten Jahren von verschiedenen Herstel-lern entwickelt. Die eigentliche Herausforderung ist dabei die Änderung der Übersetzung unter Last mit einem möglichst wartungsfreien Schaltkonzept, das eine hohe Anzahl von Schaltvor-gängen zulässt. Eine weitere Anforderung ist die Unterbringung des Schalters im Gehäuse (Kessel) des Transformator, dessen Abmessungen nicht größer als die bisher verwendeten Gehäuse sein soll. Damit soll der einfache Austausch bestehender Ortsnetztransformatoren in entsprechenden Transformatorhäuschen durch RONT’s möglich werden. Bild 1.12 zeigt den Aufbau eines RONT am Beispiel des Produktes GRIDCON TRANSFORMER der Fa. Maschi-nenfabrik Reinhausen GmbH. Als Schaltelement kommt hier ein speziell entwickelter Vakuum-schalter zum Einsatz.

Page 22: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

16

Bild 1.11 Wirkunsgweise eines regelbaren Ortsnetztransformators (RONT)

Bild 1.12 Aufbau eines regelbaren Ortsnetztransformators (RONT) am Beispiel des

GRIDCON TRANSFORMERS der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH

Page 23: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

17

Ein weiteres Probelem im Verteilnetz ist neben der Spannungsbandproblematik die zunehmen-de Auslastung der Betriebsmittel. Bild 1.13 zeigt hierzu als Beispiel den Vergleich des Wo-chenlastgangs einer Transformatorstation im ländlichen Bereich in den Jahren 2003 und 2006. Hierbei bedeuten negative Leistungen einen umgekehrt gerichteten Leistungsfluss. Man er-kennt, dass im Jahr 2012 erhebliche Leistungsspitzen durch die PV-Einspeisung entstehen, die weit über die reine Last bei geringer Verbreitung der Photovoltaik hinausgehen. Dies kann regional einen Netzausbau erfordern.

Bild 1.13 Wochenlastgang einer Transformatorstation im ländlichen Gebiet der LEW-Verteilnetz GmbH in den Jahren 2003 und 2012

1.3 Das Drehstromsystem

In der elektrischen Energietechnik spielt das symmetrische Drehstromsystem eine zentrale Rolle. Die wesentlichen Vorteile des Drehstromes sind:

konstante Wirkleistungsübertragung (im Gegensatz zum einphasigen Wechselstrom)

geringere Leiterquerschnitte im Vergleich zum einphasigen Wechselstrom bei gleicher übertragener Leistung

einfache Spannungserzeugung durch Drehfeldmaschinen

im Gegensatz zum Gleichstrom kann bei Wechsel- und Drehstrom das auf dem Induktions-gesetz beruhende transformatorische Prinzip angewandt werden und dadurch auf einfache Weise eine Spannungsanpassung erfolgen.

Bild 1.14 zeigt die Orientierung der Sternspannungen im Dreiphasensystem. Mathematisch lassen sich die einzelnen Zeiger wie folgt darstellen:

-50

-150

-100 P

kW 2012

Page 24: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

1 Struktur der elektrischen Energieversorgung

18

( 0 )

2( 120 ) 3

4 2( 240 ) 3 3

o

o

o

j t j tU UU

j tj t

V VV

j t j tj t

W W WW

U U e U e

U U e U e

U U e U e U e

. (1.2)

In der Zeigerdarstellung bedeutet

je

Drehung gegen den Uhrzeigersinn für > 0

Drehung in Richtung des Uhrzeigersinns für < 0. Die Phasenfolge U, V und W ist in Richtung des Uhrzeigersystems orientiert, d. h. ausgehend

von UU folgt um 120 versetzt UV in Richtung des Uhrzeigersinns und wiederum um 120 ver-

setzt zu UV folgt UW.

Bild 1.14 Sternspannungen im Dreiphasensystem

Formelabschnitt 2

UU

UV UW 120

120

Page 25: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

19

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

2.1 Aufbereitung des Netzes

Voraussetzungen:

symmetrische Betriebsweise des Netzes

sämtliche Betriebsmittel im Netz und alle Verbraucher sind in ihrem dreiphasigen Aufbau

vollkommen symmetrisch

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so genügt eine einphasige Nachbildung des Netzes und seiner Betriebsmittel.

2.1.1 Auftrennung des Netzes

Die jeweiligen Verbundnetze stellen eine Einheit dar, innerhalb der alle Kraftwerke, Teilnetze und Verbraucher den Leistungsfluß bestimmen. Für die Berechnung eines Teilnetzes muß deshalb ein Ausschnitt des Netzes mit sinnvollen Trennstellen gewählt werden. Für abgetrennte Netzteile wird eine Übergabeleistung Si in das zu berechnende Teilnetz vorgegeben.

Netz 1

Netz 3

Netz 2

~

Netzeinspeisung

Übergabeleistung

Leitungen

betrachteterNetzteil

S 10

11

10

9

S 11

S 9

8

7

6

3

1

4S 1

S 4 S 7 S 12

S 3

2

S 212

S 5

5

Bild 2.1 Netzausschnitt mit Größen zur Lastflußberechnung

Page 26: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

20

2.1.2 Erstellen des Ersatzschaltbildes für den Netzausschnitt

Topologie des Netzes Es werden Knotenpunkte eingeführt und durchnummeriert:

- alle Einspeisepunkte

- alle Abnahmepunkte

- alle Übergabestellen

- die Verbindungspunkte von Netzelementen wie Leitungen, Transformatoren, Drossel-spulen, Kondensatoren und Generatoren und bei sehr detailreichen Studien auch Messwandler und Nachbildungen von Sammelschienen der Schaltanlagen.

Netzelemente

Die Netzelemente werden durch ihre Ersatzschaltungen (gemäß Kapitel 2) dargestellt und als per-unit-Werte auf eine Spannungsebene umgerechnet. Es gelten die in Bild 2.2 für die wichtigsten Netz-Betriebsmittel zusammengestellten Ersatzschaltungen und die zugehöri-gen Grundgleichungen.

Generatoren und Netzeinspeisungen Generatoren werden, soweit möglich, zusammengefaßt und ihre Einspeiseleistungen Si

angegeben. Für Netzeinspeisungen wird ihre Leistung Si angesetzt. Da die Spannung nur wenig von der Nennspannung abweicht, wird die Leistung Si über den Strom Ii dieses Kno-tenpunktes berechnet (keine Ersatzspannungsquelle).

Verbraucher Einzelne Verbraucher werden zu Netzlasten in Knotenpunkten zusammengefaßt (evtl.

durch Verwerfen). Man unterscheidet verschiedene Spannungsabhängigkeiten der Ver-braucherleistungen:

- S ~ U0: Die meisten motorischen Verbraucher nehmen nahezu spannungsunabhängig

die von der Maschine benötigte Leistung auf.

- S ~ U1: Einige Verbraucher sind durch den aufgenommenen Strom gekennzeichnet.

- S ~ U2: Einige Verbraucher sind durch ihre Admittanzen bzw. Impedanzen gekenn-

zeichnet. Dies gilt beispielsweise für ungeregelte Beleuchtungs- oder Wider-standsheizanlagen.

Bei der Langzeitnachbildung von Netzen rechnet man üblicherweise mit einer Vorgabe von komplexen Scheinleistungen S = P + jQ, die unabhängig von der Spannung sind. Diese Modellierung ist einerseits für eine ganzen Reihe von Verbrauchern passend, andererseits lässt sich ein Leistungsmangel in der Energieversorgung durch eine Spannungsabsenkung nur sehr kurzzeitig kompensieren.

Für die Richtung der Leistungen oder Ströme in Knotenpunkte wird das Verbraucherzähl-pfeilsystem angesetzt und damit folgende Regelung vereinbart:

- Ströme: + abfließender Strom (d. h. aus dem Knoten heraus)

- zufließender Strom (d. h. in den Knoten hineinfließend)

- Leistungen: + abfließende Leistung

- zufließende Leistung

Page 27: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

21

Betriebsmittel und Nenngrößen

Größen im Ersatzschaltbild

bezogene Werte per-unit-Werte

Schalt- zeichen

Ersatz- schaltung

Freileitung und Kabel Leitungsbeläge RB', XB', GB', CB'

Leitungslänge

' '

' '1

2

B BL

B BQ

Z R j L

Y G j C

2

2

L BL L

B Bm

Q BmQQ

B B

Z Sz Z

Z U

Y Uy Y

Y S

Transformator Nennspannungen UN1 und UN1

Bezugsspannungen UB1 und UB1 Nennleistung SN relative Kurzschluss-spannung uk

2

2

( )

k kk

Nr x

N

Nk k

N

Z R j L

Uu j u

S

Uj u jX

S

2

2

2

2 2

2 1 2

1 1 2

( ) N Br xk

N Bm

N B Bk k

N Bm Bm

B B

B B

U Sz u j u

S U

U S Sj u j X

S U U

UU Ut ü

U U U

Paralleldrosselspule Nennspannung UN Nennscheinleistung SND

Nennblindleistung QN Verlustleistung PVD

2 20

2

DRN N

DN ND

ND

VD

U UX

Q S

UR

P

2

2 2 2

2 2( )

BD DD

Bm

N N B N B

VD N NDBm Bm

Sz R j X

U

U U S U Sj j

P Q SU U

Seriendrosselspule Nennspannung UN Nennleistung SND Nennspannungsabfall

uND

2

0 03

ND ND

ND

D D

UX u

S

R , X

2

2

2

2

2

(0,03 )

BD D

Bm

N BND

ND Bm

N BND

ND Bm

Sz Z

U

U Sj u

S U

U Sj u

S U

Parallelkondensator Nennspannung UN Nennleistung QNC

21 1

3N N

CNC NC

U UX

I Q C

2

2 2B N B

C CNCBm Bm

S U Sz Z j

QU U

Reihenkondensator Nennspannung UN Nennleistung QNC Nennstrom IN

2

2 2

1

33

NC NC

NC

NC C N N

UX u

Q C

Q X I IC

2

2

2

BC C

Bm

N BNC

NC Bm

Sz Z

U

U Sj u

Q U

Synchrongenerator Nennspannung UN Nennleistung SNC bezogene synchrone Reaktanz xd

2N

d ddNG

UZ j X j x

S

oft: 113

NGP

UU c c ,

2

2N B

ddNG Bm

NGPP

Bm Bm

U Sz j x

S U

U Uu c

U U

Netzeinspeisung Nennspannung UN Anfangs-Kurzschluß- wechselstromleistung S’’k,Q am Anschluss-punkt Q

2

2

mit 1 13

0 1 0 995

NQ

NQQ ''

k ,Q

Q QQ

N''k ,Q

UU c c ,

c UZ j X j

S

Z R j X

c U, j ,

S

2

'' 2,

2

'' 2,

mit 1,1

0,1 0,995

Q NQ

Bm Bm

N BQ

k Q Bm

N BQ

k Q Bm

U Uu c c

U U

c U Sz j

S U

c U Sz j

S U

Verbraucher Nennspannung UN Wirkleistung PV

Blindleistung QV Leistungsfaktor cosV induktiv V > 0 kapazitiv V < 0

2 2

mit

1( )

tan

V VV

N N

V V V

V V V

Z R j X

U Uj

P Q Y

Q P

2

2 2

2

mit

( )

tan

BV VV

Bm

N N B

V V Bm

V V V

Sz R j X

U

U U Sj

P Q U

Q P

Bild 2.2 Zusammenstellung der Ersatzschaltungen der wichtigsten Betriebsmittel

YQ YQ

ZL

Zk

ü : 1

ZQ UQ

Zd UP

ZC

ZC

XD

ZD

XD

RD

ZV

G 3

Page 28: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

22

2.1.3 Normierung auf bezogene Netzdaten (per-unit-Werte)

Bei der Berechnung von Spannungen, Strömen oder Leistungen für einen bestimmten Betriebs-fall elektrischer Energieversorgungsnetze, z. B. Lastflußberechnungen oder Kurzschlußberech-nungen, werden die Ersatzelemente der Betriebsmittel auf eine Spannungsebene bezogen. Dadurch werden die Nennübersetzungen der Transformatoren automatisch berücksichtigt. Die Umrechnung auf eine Spannungsebene kann durch die Einführung bezogener Größen (per-Unit-Werte, pu-Werte) erfolgen.

Hauptvorteil der Verwendung von pu-Werten: Alle Spannungen eines Systems besitzen im stationären Betrieb etwa den Wertebereich von

1 0,15 unabhängig von der jeweiligen Spannungsebene. Bezogene Spannungen und Ströme nehmen auf beiden Seiten eines Transformators etwa gleiche Werte an. Artgleiche Systempa-rameter liegen innerhalb eines engen Bereichs. Abweichende Größen können dadurch schnell als falsch erkannt werden.

Allgemein gilt für bezogene Größen:

physikalische Größe

bezogene GrößeBezugsgröße

(2.1)

Vereinbarung: u, i, z, s: Kleinbuchstaben für bezogene Größen

U, I, Z, S: Großbuchstaben für wahre Größen

2.1.3.1 Wahl der Bezugsgrößen

Grundgleichungen der Netzberechnung sind das ohmsche Gesetz U = ZI und die Leistungs-

gleichung S = 3UI*. Zur vollständigen Normierung genügt die Wahl von 2 Bezugsgrößen:

- Bezugsleistung SB

- Bezugsspannung UB.

Bezugsleistung SB (Drehstromleistung):

Man wählt einen für die Rechnung günstigen Wert, z. B. SB = 100 MVA. Eine andere Möglich-keit ist die Nennleistung eines besonders wichtigen Betriebsmittels (Generator, Transformator).

Bezugsspannung UB (verkettete Spannung):

Für jedes Teilnetz m wird eine Bezugsspannung UBm gewählt. Üblicherweise ist UBm gleich der Nennspannung UN des Teilnetzes m.

Bezugsstrom IBm und Bezugsimpedanz ZBm

Mit der Bezugsleistung SB und der Bezugsspannung UBm gilt für den Bezugsstrom IBm:

3

BBm

Bm

SI

U

, (2.2)

und für die Bezugsimpedanz ZBm gilt:

21 1

3 3Bm Bm Bm

Bm BmBm B

B

B B

m

m m

U U UZ Z

I I S

U

U . (2.3)

Page 29: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

23

2.1.3.2 Bezogene Werte (per-unit-Werte, pu-Werte)

Spannung

Für die tatsächliche Sternspannung UYm (Effektivwert) im Teilnetz m erhält man die bezogene Spannung als

3

Ym

Bm

Uu

U

. (2.4)

Für die tatsächliche Leiterspannung Um (Effektivwert) im Teilnetz m erhält man die bezogene Spannung als

m

Bm

Uu

U . (2.5)

Bei der Betrachtung der Leiterspannungen eines Netzwerkes wird zur Normierung und Entnor-mierung die verkettete Nennspannung des Teilnetzes m gewählt; bei der Betrachtung von Sternspannungen wählt man den Nennwert der Sternspannung des betrachteten Teilnetzes als Bezugsspannung für die Normierung und Entnormierung.

Strom

Für den tatsächlichen Strom Im im Teilnetz m erhält man den bezogenen Strom zu

3m Bm

mBBm

I Ui I

I S

. (2.6)

Leistung

Aus der tatsächlichen komplexen Leistung S erhält man die bezogene Leistung s durch

3

3

**

B Bm Bm

S U Is u i p j q

S U I

. (2.7)

Impedanz Die tatsächliche Impedanz Z1 eines Betriebsmittels mit der Nennleistung SN ergibt sich für die Spannungsebene U1 aus der bezogenen Impedanz z zu:

21

1N

UZ z

S . (2.8)

Um die auf SB bezogene Impedanz für die Spannungsebene UBm zu erhalten, muß Z1 zunächst von der Spannungsebene U1 auf die Spanungsebene UBm umgerechnet und dann auf ZB bezo-gen, d. h. durch ZB dividiert werden:

2 2 2

1 11

12

1 1

2

2

1 Bm Bm BB B

NBm B

m B

Bm NmB

S UU U U Sz Z Z z

Z U

Sz

UU SU U S

. (2.9)

Page 30: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

24

Damit erhält man aus der für eine Spannungsebene U1 gegebenen Impedanz Z1 (z. B. von Leitungen) oder einer bezogenen Impedanz eines Betriebsmittels (z. B. Transformatoren und Generatoren) die auf SB bezogene Impedanz für die Spannungsebene UBm aus

211

für Leitungen

für Transformatoren und GeneratorenB

B

N

BZ

zS

S

U

zS

. (2.10)

Leitungen: Z1 = (R’ + jX’) mit den Leitungsbelägen R’ und X’

Transformatoren: z = uk bezogene Kurzschlußspannung

U1 ist die (verkettete) Nennspannung jener Spannungsebene, für welche die Transformatorimpedanz berechnet werden soll.

Synchrongeneratoren: z = jxd bezogene synchrone Reaktanz, für Dauerbetrieb wirk-

sam.

z = jx‘d bezogene transiente Reaktanz, einige Zeit nach Eintritt eines Kurzschlusses wirksam.

z = jx‘‘d bezogene subtransiente Reaktanz, direkt nach Eintritt

eines Kurzschlusses wirksam.

Transformator-Übersetzung

Ausgangspunkt ist die Übersetzung eines Längs-, Quer- oder Schrägregeltransformators ge-mäß Gleichung mit

1

2 1 2

1j

U k k e

(2.11)

Führt man die Bezugsspannungen UB1 und UB2 für die beiden Spannungsebenen ein, die durch den Transformator miteinander gekoppelt werden, so kann für die Übersetzung ü auch ge-schrieben werden:

1 1 1

22 1 22

12B B

B

B

B B

U U Uü t

U U U

U

U

U

U

. (2.12)

Darin ist t die so genannte per-unit-Übersetzung, für die gilt:

1 2 2 2

1 1 12 1 2

1B B Bj

B B B

U U U Ut ü

U U U Uk k e

. (2.13)

Die überwiegende Anzahl von Transformatoren sind als Längsregeltransformatoren ausgeführt. Die Spannung U2 ist identisch mit der Nennspannung UN2, die Spannung U1 kann in gewissen Grenzen eingestellt werden und daher von U1N abweichen. Sinnvollerweise wählt man – wenn möglich – die Bezugsspannung UB2 identsich mit der Nennspannung UN2 und man erhält:

Page 31: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

25

2 2

30 302 2 1 2

1 1 2 11 2

30 301 2 1

2 1 1

1 o o

B No o

jK jKB B Bj

B B B

U UjK jKB

N B B

U U U Ut ü e e

U U U Uk k e

U U Ue e

U U U

. (2.14)

Da die Phasendrehung K30o fest ist und sich nicht verändert, kann für die Rechnung die Pha-sendrehung auch weggelassen werden, wodurch man für t eine reelle Größe erhält:

1

1B

Ut t

U . (2.15)

Falls der Stufenschalter auf seiner Nennstellung steht, dann ist zusätzlich die Bezugsspannung UB1 mit der Nennspannung UN1 identisch und man erhält:

1

1

1N

B

Ut t

U . (2.16)

Die Normierung hat hier ganz konkret den Vorteil, dass im speziellen Fall des Längsregel-Transformators, dessen Stufenschalter in der Nennstellung steht, die Übersetzung des Trans-formators nicht extra berücksichtigt werden muss. Obwohl dies einen Spezialfall darstellt, wird doch sehr häufig mit den genannten Annahmen gerechnet.

2.2 Analyseverfahren

Im Folgenden werden Verfahren zur Analyse von Schaltungen der Energietechnik diskutiert, die je nach Komplexität des Problems angewandt werden können.

2.2.1 Überlagerungssatz

Eingeprägte Ströme und Spannungen, d. h. Spannungs- und Stromquellen sind Ursachen für die Wirkungen, d. h. für die Spannungen und Ströme in einem Netzwerk.

Bei linearen und zeitinvarianten Netzwerken gilt dann der Überlagerungssatz:

Die Wirkung auf alle Ursachen ergibt sich als Summe der einzelnen Ursachen. Konkret bedeu-tet dies, dass die Spannungen und Ströme in einem Netzwerk mit mehreren Strom- und Span-nungsquellen durch Überlagerung (Addition) der Wirkungen der einzelnen Strom- und Span-nungsquellen berechnet werden können. Betrachtet an die Wirkung einer Quelle (Spannungs- oder Stromquelle), so müssen die anderen Quellen unwirksam gemacht werden. Dazu werden die anderen Spannungsquellen kurzgeschlossen, Stromquellen werden aufgetrennt.

Das folgende Beispiel (Bild 2.3) verdeutlicht die Vorgehensweise:

Wirkung der Spannung U10

11 10

1 2

ZU U

Z Z

.

Page 32: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

26

Wirkung der Spannung U20

11 20

1 2

ZU U

Z Z

.

Wirkung des Stromes I0

1 1 2 2 1 2 01 2

1 201

1 2und damit

U U I Z I Z I I I

Z ZU I

Z Z

.

Das Gesamtergebnis ergibt sich aus der Überlagerung (Addition) aller drei Teilergebnisse:

1 1 1 2 10 0 21 10 20 10 20

1 2 1 2 1 2 1 2

Z Z Z Z ZU U U I U U I Z

Z Z Z Z Z Z Z Z

.

b.

Bild 2.3 Beispiel für die Anwendung des Überlagerungssatzes, Stern-Dreieck-Umwandlung a. Beispielschaltung und Teilschaltungen zur Berechnung der Spannung U1 b. Anwendung der Stern-Dreieck-Umwandlung

U20 U10 Z1 Z2

I0

U1

U10 Z1

Z2 I0

U1

U20 Z2 Z1

U1

Z2

Z1

U1

a.

Z12 1

2

3

Z31

Z23

1

3 2

Z1

Z3

Z2

Page 33: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

27

2.2.2 Stern-Dreieck-Umwandlung

Manchmal ist eine Stern-Dreieck-Umwandlung oder Dreieck-Stern-Umwandlung hilfreich, um eine Schaltung so zu vereinfachen, dass sie mit einem einfachen Analyseverfahren (Span-nungsteiler, Überlagerungssatz etc.) analysiert werden kann.

Für die Stern-Dreieck-Umwandlung gilt:

Y

3132212II

2

2II

31

1

2II

23

3

2II

12

mit ZZZZZZZZ

ZZ

Z

ZZ

Z

ZZ

. (2.17)

Für die Dreieck-Stern-Umwandlung gilt:

Y

3123122331

3

12232

31121

mit ZZZZZ

ZZZ

Z

ZZZ

Z

ZZZ

gesges

ges

ges

. (2.18)

Für symmetrische Verhältnisse, d. h. bei gleichen Spannungen und Strömen vereinfacht sich die Rechnung mit

ZZZZ

ZZZZ

312312

Y321 . (2.19)

zu

Y3 ZZ . (2.20)

Page 34: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

28

2.2.3 Knotenpunkt-Verfahren (Knotenpotenzialverfahren)

2.2.3.1 Vollständige Knotenpunkt-Admittanz-Matrix (KAM)

Bei diesem Verfahren sind folgende Schritte notwendig:

Durchführung der Normierung, d. h. Berechnung der bezogenen Größen. Im Folgenden

wird mit pu-Werten gerechnet, d. h. es werden eine Bezugsleistung SB und eine Bezugs-spannung UB eingeführt.

Aus den Impedanzen der Netzelemente zwischen den Knoten werden Admittanzen gebil-det. Für die Admittanz zwischen den Knoten i und k eines Netzwerkes gilt:

1

ikik

yz

(2.21)

Die Queradmittanzen yQ aller an den Knoten j angrenzenden Leitungen und Transformato-ren werden zu einer Queradmittanz yj0 des Knotens j zusammengefaßt. Transformatoren können abhängig von ihrer per-unit-Übersetzung t Queradmittanzen aufweisen.

Die Berücksichtigung der Übersetzung von Transformatoren wird in Kapitel 2.2.3.4 gezeigt.

An sämtlichen Knoten werden die abfließenden Ströme Ij eingetragen. Abfließende Ströme (Lastströme) sind positiv, speisende Ströme sind negativ anzusetzen.

Die Neutrale ist der Bezugsknoten 0 mit dem Potential 0. Die Spannungen uj sind die Potential-differenzen zwischen den Knotenpunkten j und dem Bezugsknoten 0. In diesem Sinne sind die Spannungen als Sternspannungen des Dreiphasensystems zu verstehen. Aufgrund der im Folgenden durchgeführten Normierung gibt es keinen Unterschied zwischen Leiter- und Stern-spannung. Allerdings ist bei der Entnormierung darauf zu achten, dass die Bezugsspannung für die Sternspannung verwendet wird, um die physikalischen Sternspannungen zu bestimmen.

Die inneren Ströme im Netzwerk lassen sich durch die Spannungen uj und uk und die Admittan-zen yjk ausdrücken. Sie treten im Gleichungssystem nicht auf. Bild 2.4 Beispielnetz

y14

1

4

3

2 y12

y24

y23

y34

y10 y40

y20 y30

i1

i2

i4

i3

u1

u4

u2 u3

Neutrale u = 0 0

Page 35: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

29

Für den Knoten 4 gilt:

44 3 4 2 4 1 440 34 24 14

4 4 3 2 140 34 24 14 34 24 14

oder

( ) ( ) ( )

( )

i u y u u y u u y u u y

i u y y y y u y u y u y

(2.22)

Eine derartige Gleichung läßt sich für jeden der Knotenpunkte aufstellen, damit ist das Netz-werk vollständig beschrieben:

41 2 3

11410 12 14

212 20 12 23 24 23 24

323 30 23 34 34

424 34 40 14 24 34

12

14

0

0

u u u

y i

y y y y y y y i

y y y y y i

y y y y y y i

u

y

y

y y y

(2.23)

In Matrizenform geschrieben ergibt sich

1111 12 1

2221 22 2

1 2

oder

n

n

nnn n nn

g g g u i

g g g u i

g g g u i

g u = i

(2.24)

g wird als Knoten-Admittanz-Matrix (KAM) bezeichnet und ist die Knoten-Admittanz-Matrix der normierten Admittanzen. Für die praktische Anwendung des Verfahren sollte stets auf ein ein-fach anzuwendendes Bildungsgesetz zurück gegriffen werden.

Bildungsgesetz der KAM

Außenelemente gik mit i k: mit positivem Vorzeichen:

Koppeladmittanzen vom Knoten i zum Knoten k.

Diagonalelemente gii : mit negativem Vorzeichen: Summe aller Admittanzen, die mit dem Knoten i verbun-

den sind. Dies ist die Summe der Koppeladmittanzen zu den anderen Knoten plus die Admittanz des Knotens i gegen Erde, also

01

( )n

ik iiikk i

G Y Y

(2.25)

Die angegebenen Vorzeichen hängen von der vereinbarten Stromrichtung ab. Hier wurden abfließende Ströme (Lastströme) positiv und speisende Ströme negativ angesetzt. Macht man es umgekehrt, so entspricht das einer Multiplikation jeder Gleichung mit -1 und die Vorzeichen des Bildungsgesetzes kehren sich um.

Page 36: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

30

2.2.3.2 Verkürzte Knotenpunkt-Admittanz-Matrix (VKAM)

Wenn die Queradmittanzen yi0 = 0 sind, so ist die Determinante der KAM gleich Null, d. h. das obige Gleichungssystem (2.24) ist überbestimmt und hat deshalb keine eindeutige Lösung.

In den Netzen der elektrischen Energieversorgung sind die Querverbindungen zwar vorhanden, aber die Admittanzen yi0 sind klein gegenüber allen übrigen Admittanzen. Die KAM ist daher

fast singulär, d. h. die Determinante der KAM ist 0. Das Gleichungssystem ist zwar lösbar, die Lösungen können aber mit erheblichen Fehlern behaftet sein.

Diese Problematik wird vermieden, indem man an einem Knotenpunkt die Spannung ui (Refe-renzspannung) vorgibt. An dem Knoten n mit der Referenzspannung un, dem Potentialknoten, kann keine Leistung vorgegeben werden, diese ergibt sich aus einer anschließenden Leistungs-flußberechnung. Man wählt deshalb hierfür einen Knoten mit einem leistungsfähigen Kraftwerk als Bilanzkraftwerk (engl.: Slack-Generator), damit dieses die Leistungsbilanz des Netzes erfül-len kann.

Durch die Vorgabe der Spannung an einem Knoten reduziert sich das Gleichungssystem; es tritt die verkürzte Knotenpunkt-Admittanz-Matrix gV auf, die nicht singulär ist und deshalb inver-tiert werden kann. Damit ist das Problem eindeutig lösbar.

Im obigen Beispiel sei am Knotenpunkt n dieser Slack-Generator angeschlossen. Damit wird eine Unbekannte (hier die Spannung un) festgelegt. Aus der Gleichung (2.24) folgt dann mit

1111 12 1 1

2221 22 2 2

1 2

1 2

mit 1

m n

m n

mm

nnn n

m m m

nm n

m

n

mn

g g g g u

g g g g u i

g g g g u i

g g g g u

n

i

i

m

(2.26)

Die letzte Zeile der Gleichung (2.26) lautet

1 2 31 2 3n m nn n n mn nni u g u g u g u g u g . (2.27)

Da un und in bekannt sind, kann Gleichung (2.27) aus dem System (2.26) herausgenommen werden und (2.26) wird zu

1111 12 1 1

2221 22 2 2

1 2

m n

m n

mmm m mm mn

n

ug g g g i

ug g g g i

ug g g g i

u

. (2.28)

Page 37: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

31

Für eine Inversion der Admittanzmatrix muß diese symmetrisch sein. Die Symmetrie kann auf mehrere Arten erzeugt werden.

1. Die Anteile yin un jeder Gleichung des Systems (2.26) werden auf die andere Seite ge-bracht. Daraus folgt dann

1111 12 1 1

2221 22 2 2

1 2

oder

m n

m nn

mmm m mm mn

n

g g g gu i

g g g gu iu

g g g gu i

u

VVV ng u i g

. (2.29)

2. Untersucht man die Summe der Admittanzen der KAM in einer Zeile (Zeile i), so ergibt sich unter Verwendung der Gleichung (2.23):

1 2 3 0

1 2 3 0

oder

i i i im in i

in i i i im i

g g g g g y

g g g g g y

. (2.30)

Die einzelnen Gleichungen des Systems (2.29) lauten damit:

1 2 31 2 3

1 2 3 0mit 1 2

mi i i im

i n in

i n ni i i im i

u g u g u g u g

i u g

i u g g g g u y i , , , m

. (2.31)

Damit kann das Gleichungssystem (2.29) zu

11 1011 12 1

22 2021 22 2

01 2

oder

nm

nmn

mm n mm m mm

n

yg g g u u i

yg g g u u iu

yg g g u u i

u

VV nV 0g u u i y

(2.32)

umgeschrieben werden. Die Darstellungen gemäß (2.29) und (2.32) sind gleichwertig.

Page 38: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

32

2.2.3.3 Beispiel 1: Berechnung eines 110-kV-Teilnetzes

Daten des Beispielnetzes:

Leiterimpedanz: Z‘ = (0,157 + j0,410) /km

Bezugsspannung: UB = 110 kV

Bezugsleistung: SB = 100 MVA

Knoten 4 ist der Potentialknoten mit u4 = 1

Bild 2.5 110-kV-Freileitungsnetz Berechnung der bezogenen Größen:

69,04712

12 12 2 2

100MVA(0,157 0,410) 55km 0,0714 0,1864 0,19961

km 110kV

ojB

Bm Bm

Z Sz Z j j e

Z U

,

69,04713

13 13 13 142 2

1 100MVA(0,157 0,410) 55km 0,0357 0,0932 0,0998

2 km 110kV

ojB

Bm Bm

Z Sz Z j j e z z

Z U

,

69,04723

23 23 2 2

100MVA(0,157 0,410) 69km 0,0895 0,2338 0,25035

km 110kV

ojB

Bm Bm

Z Sz Z j j e

Z U

,

69,04734

34 34 2 2

100MVA(0,157 0,410) 46km 0,0597 0,1559 0,16694

km 110kV

ojB

Bm Bm

Z Sz Z j j e

Z U

.

Daraus folgt für die Admittanzen:

69,047 69,047 69,047 69,04712 13 14 23 34

5 10 4 6o o o oj j j jy e y y e y e y e .

i4

i1 i2

i3

u1 u2

u4 u3

Einfachleitung

Doppelleitung12 55km

14 55km

13 55km

34 46km

23 69km

Page 39: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

33

Die vollständige KAM und die verkürzte VKAM lauten:

12 13 14 12 13 14

12 12 23 23 69,047

13 23 13 23 34 34

14 34 14 34

12 13 14 12 13

12 12 23 23

13 23 13

( ) 25 5 10 10( ) 0 5 9 4 0

( ) 10 4 20 6

10 0 6 160 ( )

( )

( )

(

oj

y y y y y y

y y y ye

y y y y y y

y y y y

y y y y y

y y y y

y y y

V

g

g 69,047

23 34

25 5 10

5 9 4

10 4 20)

oje

y y

In dem vorliegenden Beispiel gibt es keine Querimpedanzen. Daraus folgt: 00

y

Gleichung (2.32) vereinfacht sich daher zu VV nVg u u i

und mit Zahlenwerten

1 11 4 169,047 69,047

2 22 4 2

3 33 4 3

oder

25 5 10 25 5 10 1

5 9 4 5 9 4 1

10 4 20 10 4 20 1

o oj j

u u i u i

e u u i e u i

u u i u i

.

Gibt man Ströme gemäß

1 1 1

2 2 2 6

3 3 3

oder

300 50 300 50 0,5716 0,09533 3 110000

100 100 0,1905100 10

200 20 200 20 0,3811 0,03811

B

B

I j i I j jU

I A i IS

I j i I j j

Vi

vor, so erhält man mit

69 047

7 1304 6 0870 4 78261

6 0870 17 3913 6 5217100

4 7826 6 5217 8 6957

oj ,

, , ,

, , , e

, , ,

1V

g

für die Spannungen o-j3,7186

1 1 1

2 2 2

3 3 3

oder

106,5631 e0,9667 0,0628 0,9667 0,0628

0,9591 0,0837 0,9591 0,0837 110kV 105,90

0,9666 0,0653 0,9666 0,0653B

u j U u j

u j U u U j

u j U u j

V Vu U

o

o

-j4,9864

-j3,8627

03 e kV

106,5662 e

.

Die Entnormierung erfolgt hier mit der Bezugsspannung UB als verketteter Spannung und man erhält als physikalische Größe dann natürlich auch wieder eine verkettete Spannung. Der Strom I4 kann aus der letzten Gleichung der KAM bestimmt werden:

4 4 4 41 3 414 34 14 34( ) 1,1432 0,1334 oder (600 70)

3B

BB

Si u y u y u y y j I i I i j A

U

.

Einfacher ist aber: AjAjAAjIIII )70600()20200()100()50300(3214 .

Berücksichtigung von Freileitungskapazitäten: CB‘ = 9 nF/km, d. h. YB‘ = j2,8310-6 1/(km)

oder in normiert darstellung für ein 69 km lange Freileitung: yB = j0,0236.Damit wird deutlich, daß bei Freileitungen die Kapazitätsbeläge meist unerheblich sind.

Page 40: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

34

2.2.3.4 Transformatoren mit dem Übersetzungsverhältnis ü

Transformatoren sind charakterisiert durch

die relative Kurzschlußimpedanz uk oder die Kurzschlußimpedanz ZT

21N

T kN

UZ u

S , (2.33)

und die komplexe Übersetzung ü mit

1 1

2 2

und speziell NN

N

U Uü ü

U U . (2.34)

Hierin sind U1 und U2 die Leerlaufspannungen des Transformators. Die komplexe Überset-zung berücksichtigt neben dem Verhältnis der Windungszahlen insbesondere auch eine eventuelle Drehung von U2 gegenüber U1. Diese Drehung liegt bei Schaltgruppen abwei-chend von Yy0 vor. Sie liegt auch bei Quer- und Schrägregeltransformatoren vor und muß dort auch mit der komplexen Übersetzung berücksichtigt werden. Eine Phasendrehung infol-ge der Schaltgruppe braucht nicht unbedingt mit einem komplexen ü berücksichtigt zu wer-den, da die Phasendrehung der Spannungen und Ströme zwischen OS und US aus der Kennzahl der Schaltgruppe ja bekannt ist.

Bild 2.6 Ersatzschaltbild für Transformatoren

Aus Bild 2.6 kann man direkt ablesen:

1 2 1

2 2 1

11

22

oder

'T

' 'T

T T' '

T T

I U U Y

I U U Y

U IY Y

Y Y U I

. (2.35)

Für einen Transformator mit einer komplexen Übersetzung ü gilt allgemein:

2 2

22

1' 'U Iü

*U I ü . (2.36)

U1

I1

U2‘

ZT

U2

I2 I2‘

ü : 1

Page 41: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

35

Damit wird aus (2.35):

11

222

T T

T T

UY ü Y I

* Uü Y ü Y I

. (2.37)

Rechnet man in per-unit-Werten, so kann man mit den Bezugsspannungen UB1 und UB2 der angrenzenden Spannungsebenen die pu-Übersetzung

2

1

B

B

Ut ü

U (2.38)

definieren. Damit modifiziert sich die Beziehung (2.37) zu

11 22

222

mitT T

T T

y t y u it t

*t y t y u i

. (2.39)

Anwendung bei der Netzberechnung:

Bild 2.7 zeigt einen Ausschnitt aus einem Netz.

Bild 2.7 Ausschnitt aus einem Netzwerk mit einem Transformator

Es ergibt sich folgender Ausschnitt aus der KAM:

0

20

j k

jji jh j

kkm kn k

T T

*T T

u u

y y y i

y

y t

y y i

y

t y t y

(2.40)

Anschließend kann mit dieser KAM gemäß Gleichung (2.24) weitergerechnet werden, d. h. die Spannungen werden aus der invertierten Matrix und den Strömen bestimmt.

ij yT

ijk ikj

ik

uk uj

tk

m

n

i

h

j

y0ky0j

Page 42: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

36

Modifikation des Vektors y0

Ausgangspunkt ist Gleichung (2.32). Die Summe der Admittanzen in den Zeilen j und k der KAM ergibt:

1 2 3 0

21 2 3 0

und

j j j jm jn j T T

k k k km kn k T T

g g g g g y y t y

*g g g g g y t y t y

(2.41)

Die Gleichung in der Zeile j des Systems (2.32) lautet damit:

1 21 2

1 2 0

j k mj j jj jk jm

j n jn

j n nj j jj jk jm j T T

u g u g u g u g u g

i u g

i u g g g g g u y y t y

. (2.42)

Die Gleichung der Zeile k ist

1 21 2

21 2 0

j k mk k kj kk km

k n kn

k n nk k kj kk km k T T

u g u g u g u g u g

i u g

*i u g g g g g u y t y t y

. (2.43)

Der Vektor y0 modifiziert sich also nach folgendem Schema:

10

20

0

0

0

1

1

j T

k T

m

y

y

y y t

*y y t t

y

0y

. (2.44)

Die verkürzte Knotenadmittanzmatrix (VKAM, gV) wird gemäß (2.32) gebildet. Dann kann mit Gleichung (2.32) und dem modifizierten Vektor y0 gemäß (2.44) weitergerechnet werden.

Für den Ströme ijk und ikj ergibt sich aus Bild 2.7:

2

jk j kT

kj jk k jT

i y u t u

* *i t i y t u t u

. (2.45)

Page 43: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

37

Setzt man das normierte Übersetzungsverhältnis des Transformators als reelle Größe an, d. h. t = t, so erhält man aus Gleichung (2.40)

2

0

0

j k

jji jh j

kkm kn

T T

T Tk

u u

y y y i

y y

y t y

t y t yy i

(2.46)

Diese Gleichung lässt sich durch die in Bild 2.8 dargestellte -Ersatzschaltung beschreiben.

Aus obiger Gleichung geht direkt hervor, dass im Verbindungszweig zwischen den Knoten j und

k die Admittanz y2 = tyT wirksam sein muss. Die Summe der Queradmittanzen ergibt sich dann aus Gleichung (2.46) zu .mit obiger Gleichung:

21 2 2 3T T

y y y y y t y . (2.47)

Bei bekannter Längsadmittanz y2 = tyT lassen sich daraus die Queradmittanzen berechnen:

21 2 3 2

1 1T T T T

y y y y t y t y y t y t . (2.48)

Für einen Transformator mit komplexem Übersetzungsverhältnis t (ü) ist die Darstellung als -

Ersatzschaltung nicht möglich, weil in Gleichung (2.40) sowohl tyT als auch t*yT als Längsele-ment auftritt. Dies ist nur für t = t identisch.

Bild 2.8 -Ersatzschaltung eines Transformators mit reellem Übersetzungsverhältnis t (ü)

ij y2 = tyT ik

uk uj

k

m

n

i

h

j

y0ky0j y1 y3

yT t

tyT (t-1)

tyT

yT (1-t)

Page 44: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

38

2.2.3.5 Hybridmatrix

Es gibt Problemstellungen, bei denen für einen Teil der Knoten die Spannungen und für den Rest der Knoten die Ströme bekannt sind. Die jeweils unbekannten Spannungen und Ströme sollen berechnet werden. Hierfür eignen sich weder die Admittanzmatrix gV noch die invertierte Admittanzmatrix. Man benötigt hierfür die so genannte Hybridmatrix H. Sie stellt eine teilinver-tierte Admittanzmatrix dar. Dies sei an dem folgenden Beispiel erläutert: gegeben ist folgende 220-kV-Freileitungsanordnung in einem größeren Kraftwerkskomplex.

Gemäß Gleichung (2.23) ist

12 13 14 12 13 141 1

12 12 24 242 2

13 13 34 343 3

14 24 34 14 24 344 4

0

0

Y Y Y Y Y Y uI

Y Y Y Y uI

Y Y Y Y uI

Y Y Y Y Y Y uI

. (2.49)

In Zahlenwerten ergibt sich mit den Admittanzen des Beispiels:

11

22

33

44

10 3 5 2

3 5 0 2

5 0 6 1

2 2 1 5

j

u I

u Ie

u I

u I

. (2.50)

220-kV-Freileitung:

m1000

3,0' X

Y -1

Y12 3e-j

Y13 5e-j

Y14 2e-j

Y24 2e-j

Y34 1e-j

Gegeben: U1, U2, I3, I4 Gesucht: I1, I2, U3, U4

Bild 2.9 Beispiel zur Demonstration der Anwendung einer Hybridmatrix

12=1111 m

14=1666 m

24=1666 m

34=3333 m

13=666 m

4

1

2

3

I3

I4

U1

U2

Page 45: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

39

Die Größen U3 und U4 stehen auf der falschen Seite. Deshalb muß zunächst die 3. Gleichung nach U3 aufgelöst und in die anderen Gleichungen eingesetzt werden. Danach wird die 4. Glei-chung nach U4 aufgelöst und ebenfalls in die anderen Gleichungen eingesetzt. In den folgenden Gleichungen wird von einer beliebig komplexen Leitungsimpedanz ausgegangen, d. h. der

Spezialfall des rein induktiven Längsbelages ( = /2) wird durch Ansatz einer beliebigen Pha-

sendrehung verallgemeinert.

Löst man die 3. Gleichung nach U3 auf und setzt sie in die anderen Gleichungen ein, so ergibt sich:

11

22

3 3

44

35 5 173

6 6 6

3 5 0 2

5 1 10

6 6 617 1 29

26 6 6

j j j

j j j

j

j j j

e e eU I

e e e U I

I UeU I

e e e

. (2.51)

Das Problem ist gelöst, nachdem die 4. Gleichung nach U4 aufgelöst und in die anderen Glei-chungen eingesetzt wurde:

11

22

3 3

4 4

121 121 27 17

121 121 2 121

29 27 2 5

17 12 6

j j

j j

j j

j j

e e IU

IUe e

UIe eUIe e

. (2.52)

Das Problem der partiellen Inversion einer Matrix kann auch allgemein durch Anwendung der folgenden Regeln (Austauschverfahren) erfolgen. Das Diagonalelement wird Pivotelement genannt und steht im Schnittpunkt von Pivotzeile und Pivotspalte:

1. Ersetze das zu invertierende Diagonalelement (Pivotelement) durch seinen Reziprokwert,

2. Multipliziere alle nichtdiagonalen Elemente der Pivotspalte mit dem Reziprokwert Pivotele-mets,

3. Multipliziere alle nichtdiagonalen Elemente der Pivotzeile mit dem negativen Reziprokwert Pivotelemets,

4. Subtrahiere von jedem außerhalb der Pivotzeile und -spalte liegenden Element das Produkt der zugehörigen Elemente in der Pivotzeile und der Pivotspalte dividiert durch das zu inver-tierende Pivotelement.

Zu beachten: Man kann nur Gleichungen invertieren, deren Diagonalelement 0 ist. Tritt bei

einer Gleichung ein Diagonalelement (Pivotelement) 0 auf, so kann man die

Reihenfolge der Zeilen des Gleichungssystems vertauschen, was einer Umnum-merierung der Knoten entspricht.

Page 46: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

40

Wendet man diese Regeln auf die markierten Elemente der 44-Matrix G an, so ergibt sich die Hybridmatrix H gemäß:

11 12 14

21 22 24

41 42 44

13 31 13 32 13 3411 12 13 14

33 33 33 33

23 31 23 32 23 3421 22 23 24

33 33 33 33

31 32 3433 3

13

23

31 32 34

4

3

3

3 3

3

3

1

1

1 1 1 1

G G G

G G GG

G G G

G G G G G GG G G G

G G G G

G G G G G

G

G

G G G

GG G G G

G G G GH

G G GG G

G

G

G

33

43 31 43 32 43 3441 42 43 44

33 33 33 33

1

G

G G G G G GG G G G

G G G G

. (2.53)

2.3 Leistungsflußberechnung

2.3.1 Leistungsgleichungen

Bisher wurde davon ausgegangen, dass in einem Netz die Spannungen und/oder die Ströme bekannt sind. Über die Hybridmatrix konnte auch ein gemischtes Problem behandelt werden. Die Knotenströme stehen jedoch üblicherweise nicht zur Verfügung, da die Verbraucher und die

Erzeuger überwiegend durch ihre Scheinleistungen (Wirkleistung und cos() oder Wirk- und Blindleistung) charakterisiert sind. Die Ströme können auch nicht aus den Leistungen berechnet werden, da die exakten Knotenspannungen ebenfalls unbekannt sind. Die Lösung dieser Prob-lematik erfolgt durch die Anwendung iterativer Verfahren zur Berechnung der Knotenspannun-gen bei gegebenen Leistungen an den Knoten. Bei positiver Zählung abfließender Leistungen gilt für die aus einem Knotenpunkt i fließende Leistung si

11

2 2mit oder

0 0

0 01 2 3

0 0

*

**ii i

*nn

iu

u is u i i , , ,...,n

u i

*diags u i

. (2.54)

Pivotspalte

Pivotzeile

Pivotelement

Page 47: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

41

Der Faktor 3 oder 3 entfällt in obiger Gleichung, da die Größen normiert sind. In der Literatur findet man teilweise auch nicht normierte Darstellungen, bei denen dann abhängig davon, ob

Leiter- oder Sternspannungen verwendet werden, entweder der Faktor 3 oder 3 angesetzt

werden muss.

Mit Gleichung (2.24)

i g u (2.55)

folgt aus obiger Gleichung

* * * *11 12 1 11* * * *

2 221 22 2

** * *1 2

...0 ... 0

0 ... 0 ...

... ... ... ... ...... ... ... ...0 0 ...

...

n

n

nnn n nn

g g g uu

u g g g u

u ug g g

* *diags u g u . (2.56)

Die gik sind Elemente der KAM in normierter Darstellung. Sie beinhalten daher auch die Admit-tanzen der Knoten gegen Erde, z. B. Kapazitäten von Kabeln.

Die einzelnen Zeilen der Matrix s der Leistungen, die über die Admittanzen in die Knoten flie-ßenden lassen sich auch noch wie folgt darstellen

* *

1

* *

für

mit

1, 2, ...,

i k ik

n

i i kikk

j j ji k ik ik iki k ik

s u g u i n

u u e u u e g g e G jB

. (2.57)

Dies lässt sich zur so genannten „Leistungsflussgleichung des Knotens i“ zusammenfassen. Die Leistungsflussgleichung kann in Polarkoordinaten

1

1

mit 1 2i k ik

i k ik

nj j j

i ik kik

nj

i ik kk

s u g u e e e i , , ..., n

u g u e

(2.58)

oder kartesischen Koordinaten geschrieben werden:

1

1

1

mit 1, 2, ...,

cos( ) sin( ) sin( ) cos( )

i k

i k

nj j

i k ik ikik

nj

i k ik ikk

n

i k ik i k ik i k ik i k ik i kk

s u u G jB e e i n

u u G jB e

u u G B j G B

(2.59)

Page 48: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

42

Die Leistungsflussgleichung kann vorteilhafterweise in Realteil (Wirkleistung) und Imaginärteil (Blindleistung) aufgespalten werden. Auch hierbei ist wieder die Darstellung in Polarkoordinaten

1

1

Re cos

Im sin 1, 2, ...,

n

i i ik k i k ikik

n

i i ik k i k ikik

p s u g u

q s u g u i n

(2.60)

oder kartesischen Koordinaten möglich:

1

1

Re cos sin

Im sin cos 1 2

n

i i k ik i k ik i kik

n

i i k ik i k ik i kik

p s u u G B

q s u u G B i , , ..., n

. (2.61)

Diese Gleichungen sind nichtlinear, da sie das Produkt zweier Spannungen enthalten. Sie können daher nur iterativ gelöst werden. Abhängig von der Problemstellung wird innerhalb des Iterationsverfahrens unterschiedlich vorgegangen. Jeder Netzknoten i wird durch die 4 Größen

Wirkleistung pi

Blindleistung qi

Spannungsbetrag ui

Phasenwinkel der Spannung i

gekennzeichnet. Zur Leistungsflußberechnung muss ein Bilanzknoten eingeführt werden, da die Summe aus eingespeister und abgenommener Wirk- und Blindleistung unter Berücksichtigung der Verluste gleich Null sein muß. Zunächst sind die Verluste aber noch nicht bekannt, da zu Beginn der Berechnung die Spannungen und Ströme an den einzelnen Knoten noch nicht bekannt sind.

Der Bilanzknoten ist ein leistungsstarkes Kraftwerk, für das üblicherweise u = 1 und = 0 ange-

setzt werden kann. Physikalisch gesehen ist das Bilanzkraftwerk in der Lage, eine derartige Wirk- und Blindleistung zu liefern, dass die Kraftwerksregelung stets die angesetzte Spannung

(u = 1 und = 0) am Anschlusspunkt des Kraftwerks an das Netz einstellen kann. Das Bilanz-kraftwerk liefert also exakt die Differenzleistung zwischen der eingespeisten Leistung aus den anderen Kraftwerken einerseits und den Verbraucherleistungen und den Verlustleistungen andererseits, d. h. der Bilanzknoten sorgt für den Ausgleich der Leistungsbilanz.

Je nach Problemstellung sind 2 der 4 Kenngrößen eines Netzknotens bekannt, die anderen beiden sind unbekannt. Die folgende Tabelle zeigt typische Problemstellungen.

Page 49: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

43

Knotenart Gegeben Gesucht

Leistungsknoten (PQ-Knoten) +P, +Qind oder -Qkap U,

Speiseknoten (PU-Knoten) (auch Generatorknoten oder spannungs-geregelter Knoten)

-P, U Q,

Bilanzknoten (n) (auch Slack-Knoten oder Bezugsknoten)

Un, n = 0 P, Q

Bild 2.10 Knotenarten in einem Netz sowie die jeweils gegebenen und gesuchten Größen

2.3.2 Stromiteration

2.3.2.1 Algorithmus

Zunächst ( = 1) werden die Ströme in die Knoten aus

mit 1 2 11 1

i ,soll i ,soll i ,solli

i i

s p j qi i , , ..., n

u u

(2.62)

berechnet. Die Spannungen werden im ersten Schritt (-1 = 0) geschätzt, bei den weiteren

Iterationsschritten entstammen sie dem letzten Iterationsschritt -1. Als Schätzung für den

ersten Schritt kann ui() = 1 (i = 1, 2, 3,…, n-1) gesetzt werden, da die Spannungen sicher nicht stark von der Nennspannung des Netzes abweichen werden. Im nächsten Schritt werden die neuen Spannungen aus

1nu

V 0V nVu g i y u (2.63)

bestimmt. Die Leistungen berechnen sich aus den Spannungen und Strömen des -ten Iterati-onsschrittes zu

* mit( ) ( ) ( ) 1,2,..., 1ii is u i i n . (2.64)

Abschließend wird geprüft, ob das Abbruchkriterium

, mit( ) 1,2,..., 1i i solls s i n . (2.65)

erfüllt ist. Falls nein, so wird erneut ein Stromvektor berechnet und die nächste Iteration be-rechnet.

Bild 2.11 zeigt das Flussdiagramm des Stromiterations-Verfahrens. Ein Vorteil des Stromitera-tions-Verfahrens ist seine einfache Programmierbarkeit. Nachteilig ist, dass Generatorknoten nur sehr umständlich berücksichtigt werden können. Bei dem nachfolgend beschriebenen Newton-Raphson-Verfahren ist die Berücksichtigung von Generatorknoten wesentlich einfa-cher, außerdem zeigt es eine deutlich schnellere Konvergenz.

Page 50: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

44

Bild 2.11 Flußdiagramm zur Leistungsflussberechung durch Stromiteration

Um Generatorknoten mit den Vorgaben uGKN und pGKN beim Stromiterationsverfahren berück-

sichtigen zu können, muss zunächst ein Startwert qGKN,soll(=0) für die Blindleistung am Genera-

torknoten geschätzt werden. Nach jedem Interationsschritt muss der Wert für die Spannung am Generatorknoten korrigiert werden. Dazu geht man davon aus, dass der Winkel für die Span-nung am Generatorknoten durch Gleichung (2.63) richtig berechnet wurde. Die berechnete Spannung am Generatorknoten wird dann durch Division mit ihrem Betrag auf 1 normiert und mit dem vorgegebenen Betrag der Spannung am Generatorknoten uGKN multipliziert (meist ist uGKN = 1). Dies ergibt die folgende Korrektur:

,

,

( ) GKN berechnetGKNGKN

GKN berechnet

uu u

u . (2.66)

Anschließend werden die Ströme, insbesondere der Strom in den Generatorknoten, aus der KAM g und dem Spannungsvektor berechnet:

( ) ( ) i g u . (2.67)

Berechnung der Ströme *, , ,

* *mit( ) 1,2,..., 1

( 1) ( 1)

i soll i soll i solli

i i

s p jqi i n

u u

Berechnung der Spannungen

Berechnung der Leistungen

Erstellen und Berechnen der Netzdaten, Aufbau der KAM und der VKAM

Schätzung der Spannungen im ersten Schritt, z. B. u = [1, 1, … , 1]

1nu

V 0 nV Vu g i y u

* mit( ) ( ) ( ) 1,2,..., 1ii is u i i n

Prüfen ob

Berechnung aller Leitungsströme und Leistungsflüsse über die Leitungen

, mit( ) 1,2,..., 1i i solls s i n

Page 51: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

45

Mit Hilfe des Stromes in den Generatorknoten iGKN() wird schließlich der Sollwert für die Blind-leistung am Generatorknoten berechnet

*, ( ) Im ( ) ( )

GKNGKN soll GKNq u i , (2.68)

der dann im darauffolgenden Iterationsschritt +1 als Vorgabe verwendet wird. 2.3.2.2 Beispiel 2: Leistungsflußberechnung durch Stromiteration

110-kV-Netz gemäß Bild 2.5

Netztopologie und Netzdaten wie in dem Beipiel gemäß Bild 2.5

Vorgegebene Leistungen: P1 = 150 MW, cos = 0,93

P2 = 75 MW, cos = 0,93

P3 = -180 MW, cos = 0,93 (zufließende induktive Leistung)

Knoten 4 ist der Referenzknoten mit u4 = u4 = 1 und 4 = 0

Abbruckkriterium: = 0,001 (0,1 %) Berechnung der normierten Leistungen:

1 2 3mittan( )

1, 2, 3 1,5 0,593 0,75 0,296 1,8 0,711i ii

B B

P Ps j i s j s j s j

S S

.

Mit den bereits angegebenen Zahlenwerten erhält man:

11 4

69,04722 4

33 4

7.1304 6,087 4,78261

6,087 17,3913 6,5217100

4,7826 6,5217 8,6957

oj

u u i

u u e i

u u i

-1VV n V

u u g i .

Bild 2.12 Beispiel zur Leistungsflussberechung: 110-kV-Freileitungsnetz

s4

s1 s2

s3

u1 u2

u4 u3

Freileitung

Doppelleitung

69,04712

5ojy e

69,04713

10ojy e

69,04723

4ojy e

69,04734

6ojy e

69,04714

10ojy e

Page 52: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

46

Das Ergebnis der Stromiteration ist: Spannungen: u1 u2 u3 0. Schritt: 1.0000 1.0000 1.0000 1. Schritt: 0.9517 - 0.0527i 0.9242 - 0.0827i 1.0261 + 0.0284i 2. Schritt: 0.9336 - 0.0518i 0.8952 - 0.0809i 1.0076 + 0.0291i 3. Schritt: 0.9317 - 0.0532i 0.8915 - 0.0837i 1.0069 + 0.0293i 4. Schritt: 0.9311 - 0.0532i 0.8904 - 0.0837i 1.0065 + 0.0293i Ströme: i1 i2 i3 0. Schritt: 0 0 0 1. Schritt: 1.5000 - 0.5930i 0.7500 - 0.2960i -1.8000 + 0.7110i 2. Schritt: 1.5370 - 0.7083i 0.7766 - 0.3898i -1.7721 + 0.6438i 3. Schritt: 1.5665 - 0.7221i 0.8013 - 0.4031i -1.8053 + 0.6534i 4. Schritt: 1.5685 - 0.7261i 0.8031 - 0.4074i -1.8066 + 0.6536i Leistungen: s1 s2 s3 0. Schritt: 1.5000 + 0.5930i 0.7500 + 0.2960i -1.8000 - 0.7110i 1. Schritt: 1.4587 + 0.4853i 0.7176 + 0.2115i -1.8267 - 0.7807i 2. Schritt: 1.4717 + 0.5816i 0.7268 + 0.2861i -1.7669 - 0.7004i 3. Schritt: 1.4979 + 0.5894i 0.7481 + 0.2923i -1.7987 - 0.7107i 4. Schritt: 1.4991 + 0.5926i 0.7491 + 0.2956i -1.7991 - 0.7108i

Der Strom i4 kann aus der letzten Gleichung der KAM bestimmt werden:

4799,0565,0)(341443431414 jyyuyuyui .

Die Leistung s4 ergibt sich dann zu

*4 44 0,565 0,4799s u i j .

Diese Leistung hat negatives Vorzeichen und muß deshalb am Knoten 4 eingespeist werden.

Die Berechnung der Leistung aus der Summe gemäß

4 1 2 3( ) 0,4491 0,1774s s s s j

ist deshalb falsch, weil in dem Netzwerk Wirkleistung verbraucht wird. Dies wird bei der einfa-chen Aufsummierung der Leistungen nicht berücksichtigt.

2.3.3 Newton-Raphson-Iteration

2.3.3.1 Grundlegender Ansatz

Basis für die Rekursionsformeln des Newton-Raphson-Verfahrens ist die Taylor-Reihen-entwicklung einer Funktion mehrerer Veränderlicher. Für eine Veränderliche x lautet die Taylor-Reihenentwicklung einer Funktion f(x) um einen Wert x0:

20 0 0 0 01 1

1! 2!f x f x f x x x f x x x . (2.69)

Anfangswert = Sollwert

Page 53: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

47

Bricht man nach dem linearen Glied ab, so ergibt sich

0 0

0 0 0 0 0 01

1! x x x x

f ff x f x f x x x f x x x f x x

x x

. (2.70)

Etwas umgeformt wird daraus

0

1

0 0undx x

ff x f x x x x x

x

. (2.71)

Damit erhält man die folgende Rekursionsformel zur Bestimmung des Wertes für x, bei dem die Funktion f(x) einen bestimmten Wert annimmt, z. B. f(x) = K

1

1undx x

fx K f x x x x

x

. (2.72)

Die Konvergenz des als Newton-Verfahren zur Bestimmung von Nullstellen von Funktionen

bekannten Verfahrens hängt wesentlich von den Startwerten x(=0) ab.

Die Leistungsflussgleichungen gemäß können als Funktion mehrerer Veränderlicher, nämlich

der gesuchten Spannungen nach Betrag (u) und Phase (), aufgefasst werden. Die Span-

nungen können nach obigen Prinzip bestimmt werden, wenn man den Funktionswert f(x) = K als Sollwerte der Leistungen versteht.

2.3.3.2 Algorithmus ohne Generatorknoten

Der einfachste Fall ist gegeben, falls das Netzwerk außer dem Bilanzknoten nur noch aus Leis-tungsknoten besteht. Das Netzwerk wird so durchnummeriert, dass der Knoten n der Bilanzkno-ten ist. Für den Bilanzknoten existiert eine Vorgabe der Spannung nach Betrag und Phase,

meist un = 1 und n = 0. Ferner existieren n-1 Leistungsknoten, für die eine Vorgabe der Wirk-

und Blindleistung pi,soll und qi,soll (i = 1, 2,…,n-1) existiert. Die Reihenentwicklung der Leistungsflußgleichungen lautet analog zu Gleichung (2.69):

1 1 1 11 1 1 1

1 1 1 11 1 1 1

i

i

p

i i i ii i n n

n n

i i i ii

( )

q ( )

i n nn n

p p p pp p u u

u u

q q q qq q u u

u u

mit 1 2 1i , , , n

. (2.73)

Die Leistungsdifferenzen ergeben sich zu

mit 1 2 1

i i i i ,soll i

i i i i ,soll i

p p p p p

q q q q q i , , , n

. (2.74)

Page 54: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

48

Für den Bilanzknoten existiert keine Vorgabe von Wirk- und Blindleistung, ferner ist n = 0 und

un = 0. Somit entfällt eine Gleichung in der Form von (2.73) für den Bilanzknoten. Die Leistung

am Bilanzknoten n kann nach Abschluß der iterativen Berechnung der Knotenspannungen aus der vorgegebenen Spannung un = un = 1 und dem sich aus Gleichung (2.55) durch

i g u

ergebenden Strom in aus

* *n nnn ns u i u i (2.75)

berechnet werden.

Die Gleichungen (2.73) und (2.74) können durch die folgende Darstellung in Matrizenform zusammengefaßt werden:

2( 1) 1 2( 1) 12( 1) 1

2( 1) 1

2( -1) 2( -1)

oder

- ( ) ∆ ( ) ( ) ∆ ( )

( ) ∆ ( )

( ) ∆ ( )

∆ ( )

∆ ( )

n nn

n

n n

soll

soll

s s s J usoll

p p p

q q q

p p

u

uq q

u

. (2.76)

J() ist eine (n-1)x(n-1)-Matrix der ersten Ableitungen; sie wird als Jacobi-Matrix bezeichnet.

Ganz ausführlich geschrieben lautet Gleichung (2.76):

1 1 1 1

1 1 1 1

1

1 1 1 1

1 1 1 11

1 1 1 1 1

1 1 1 1

1

1 1 1

1 1 1

n n

n n n n

n nn

n n

n

n n n

n

p p p p

u u

p

p p p p

u up

q q q q q

u u

q

q p p

u

2 1 2 1

1

1

1

1

1

1n n

n

n

n

n

u

u

p

u

. (2.77)

Page 55: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

49

Ziel ist die Berechnung der Spannungen nach Betrag und Phase. Dazu wird die Matrixgleichung

durch Linksmultiplikation mit J()-1 nach u() aufgelöst:

1

-1 -1

oder

( ) - ( ) ( ) ∆ ( ) ∆ ( )

( ) ∆ ( )

( ) ∆ ( )

soll

soll

J s s J s usoll

p ppu p

q q uq qu

. (2.78)

Ausgehend von den Werten des letzten Iterationsschrittes () berechnen sich die „neuen“ Werte

des Iterationsschrittes (+1) aus

( 1) ( ) ∆ ( )

( 1) ( ) ∆ ( )

u u u

. (2.79)

Die Berechnung der Jacobi-Matrix J() muss bei jedem Iterationsschritt von neuem erfolgen, da die einzelnen Elemente arbeitspunktabhängig sind. Zur einfachen Berechnung der Jacobi-Matrix wird diese in 4 Untermatrizen aufgeteilt:

2 1 2 1

( ) ( )( )

( ) ( )

( n- ) ( n- )

p pu A B

JC Dq q

u

, (2.80)

Zur Bildung der einzelnen Abeitungen eignet sich besonders die Darstellung der Leistungs-flussgleichungen in Polarkoordinaten, getrennt nach Wirk- und Blindleistung gemäß Gleichung (2.60). Beispielhaft seien die Leistungsflussgleichungen für p2 und q2 ausgeschrieben:

2 2 21 1 2 1 21 22 2 2 2 22

23 3 2 3 23

2, 1 1 2 1 2, 1

2 2 21 1 2 1 21 22 2 2 2 22

23 3 2 3 23

2, 1 1

cos( ) cos( )

cos( )

...

cos( )

sin( ) sin( )

sin( )

...

sin

n n n n

n n

p u g u g u

g u

g u

q u g u g u

g u

g u

2 1 2, 1( )n n

. (2.81)

Im Folgenden sind einige der notwendigen partiellen Ableitungen für p2 und q2 angegeben, die ein Verständnis der allgemeinen Gesetzmäßigkeit dieser Ableitungen erleichtern sollen:

Page 56: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

50

11

22 2 2 2 2

22 21 1 2 1 21

1

22 21 2 1 21

1

22 21 1 2 1 21

2

23 3 2 3 23

2, 1 1 2 1 2, 1

2

2

sin

cos

sin( )

sin( )

1

sin

.

Wir

.

kleistun

.

s

g

)

)

in(

(

n n n n

pu g u

pu g

u

pu g u

g u

g

u

p

u

g

u

u

221 1 2 1 21

2

22 2 2 2 22

23 3 2 3 23

2, 1 1

2 22 2 2 2 22

22

2 1 2, 1

22 2 2 2 22 2

cos

cos

cos

sin( )

1

...

cos

cos

n n n n

u g u

uu

u

pg u

u

g u

g u

g u

g u

. (2.82)

22 2 2 2 2

22 21 1 2 1 21

2

2

2 23 3 2 3 232 21 1 2 1 211

2, 1 1 2 1 2, 1

2

2 22 2 2

2

2

1

22

1

cos( )

cos( )

Blin

cos( )cos

dleistu

cos( )

1

ng

...

cos( )n n n n

qu g u

q g

q

uu g u

g u

qu

u

g u

u g u

u

221 1 2 1 21

2

22 2 2 2 22

23 3 2 3 232 21 2 1 21

2, 1 1 2 1 2, 1

22 2 2 2

2

2 2

1

2

2 sin

sin

sinsin...

in

s

1

s

in

n n n n

qg u

u

g u

g

uu

ug

g u

g u

u

u

. (2.83)

Page 57: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

51

Allgemein ergeben sich die Differentiale zu

1

1

sin

sin si

Wirkleist

n

cos

cos

1

n

1

u g

ii ij j i j ij

j

ni

i ik k i k ik

jj

i ii i i i iii k

ii ij i j ij

j

ni

ik k i k iki k

ii

pu g u

pu g u u

u

g u

pu g

u

pg u

u

u

uuu

1

Blindlei

1

1

st

cos

cos

cos cos

s

un

n

g

i

i ii i i ii

ii ij j i j ij

j

ni

i ik k i k ik i ii i i i iii k

ii ij i j ij

j

i

i

i

i

jj

g

qu g u

qu g u u g u

qu g

q

u

u

uu

u

u

1

sin sinn

ik k i k ik i ii i ik

i i iig u u gu u

(2.84)

Die Ableitungen der Wirk- und Blindleistungen nach den Phasenwinkeln führt wieder auf Leis-tungsbeziehungen. Durch die Erweiterung der Ableitung nach den Spannungen mit Spannun-gen erhält man ebenfalls Leistungen.

Betrachtet man beispielhaft die Beziehungen für die Wirkleistung p, so fällt auf, dass die Ne-benelemente mit Ausdrücken der Form

sin

1cos

ii ij j i j ij

j

ii ij j i j ij

j j

pu g u

pu g u

u u

Daher bietet es sich an, Hilfsmatrizen mit den Elementen

e

1e

i j ij

i j ij

jij i ij j

jij i ij j

j

a u g u

a u g uu

zu definieren. Durch Bildung des Real- und Imaginärteils erhält man obige Ausdrücke mit den Winkelfunktionen, die dann noch durch zusätzliche Terme in den Hauptdiagonalelementen ergänzt werden.

Page 58: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

52

Zur Berechnung der Teilmatrizen A(),B(),C() und D() wird die (n)x(n)-Hilfsmatrix Z1() mit

1 1 11 1 2 12 1 1

2 1 21 2 2 22 2 2

1

1 11 1 1 12 2 1 1

2 21 1 2 22 2 2 2

1 1

( ) ( ) ( )

e e e

e e e

e

n n

n n

n

j j jn n

j j jn n

jn n

u g u u g u u g u

u g u u g u u g u

u g u

* *1 diag,n diag,nZ u g u

1 2 22 2

1 11 12 1

2 21 22 2

1 2

e e

( ) 0 0

0 ( ) 0

0 0 ( )

n n n n n nnj jn n n nn n

* * *

n

* * *

n

* * *n n n nn

u g u u g u

u ... g g ... g

u ... g g ... g

... ... ... ... ... ... ... ...

... u g g ... g

1

2

( ) 0 0

0 ( ) 0

0 0 ( )

*

*

*n

u ...

u ...

... ... ... ...

... u

(2.85)

eingeführt. Eine weitere (n)x(n)-Hilfsmatrix Z2() erhält man mit der normierten Diagonalmatrix

ediag,n() der Spannungen durch

*1

* * * 111 12 11 ** * * 2

2 21 22 22

* * *1 2

( ) ( ) ( )

( )0 ... 0

( )...( ) 0 ... 0( )

0 ( ) ... 0 0 ... 0...( )

... ... ... ... ... ... ... ...... ... .0 0 ... ( )

...

n

n

nn n nn

u

ug g guu

u g g gu

ug g g

* *2 diag,n diag,nZ u g e

*

.. ...

( )0 0 ...

( )n

n

u

u

. (2.86)

Beide Matrizen lassen sich sehr einfach aus der Diagonalmatrix der Spannungen, der KAM sowie der konjugiert komplexen Diagonalmatrix der Spannungen berechnen. Vergleicht man die

Ableitungen gemäß Gleichung (2.84) mit den Ausdrücken der Hilfsmatrizen Z1() und Z2(), so erkennt man folgenden Zusammenhang

( ) Im ( ) ( )

1( ) Re ( ) ( )

( ) Re ( ) ( )

1( ) Im ( ) ( )

n diag qi

diag pin ui

diag pin

diag qin ui

1

2

1

2

pA Z

pB Z

u

qC Z

qD Z

u

, (2.87)

Page 59: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

53

mit

1 1 1 1

1 1

1 1 ( ) ( )

( ) ( )1 1 1 1

1 1

1

1 1

n n

n n n n

n n n n

n n

n n

n n n n

n n n n

p p p p

u u

p p p p

u u

q q q q

u u

q p p p

u u

A B

C D

( )

+J (2.88)

Die Matrizen diag{…} sind nur in der Hauptdiagonalen besetzt, alle anderen Elemente haben den Wert Null, beispielhaft ist

1( ) 0 01

11

0 ( ) 01 2( ) 2

10 0 ( )

qu

qudiag qiui

qnun

. (2.89)

Zur Berechnung der Leistungen an den Knoten kommt Gleichung (2.56) zur Anwendung. Hier-bei ist zu beachten, dass die Berechnung mit den vollständigen (n)x(n)-Matrizen durchgeführt werden muss.

* * * *11 12 1 11* * * *

2 221 22 2

** * *1 2

...0 ... 0

0 ... 0 ...

... ... ... ... ...... ... ... ...0 0 ...

...

n

n

nnn n nn

g g g uu

u g g g u

u ug g g

* *diags u g u .

Aus den Gleichungen (2.77) und (2.88) ersieht man, dass sich die Jacobi-Matrix J() aus der

Matrix J+() durch Streichen der n-ten Spalte und n-ten Zeile sowie der 2n-ten Spalte und 2n-

ten Zeile ergibt. Dies ist gleichbedeutend mit dem Streichen der letzten (n-ten) Spalte und der

letzten (n-ten) Spalte der Teilmatrizen An(),Bn(),Cn() und Dn(), wodurch sich die Teilmatri-

zen A(),B(),C() und D() ergeben.

Alternativ dazu können die Matrizen A(),B(),C() und D() auch bestimmt werden, indem zur Bildung der Hilfsmatrizen die um eine Zeile und eine Spalte reduzierten Spannungsdiagonalma-trizen sowie die VKAM (verkürzte Knotenadmittanzmatrix) eingesetzt werden:

1 1 1 1( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) * * * *1 2diag,n diag,n diag,n diag,nV V

Z u g u Z u g e . (2.90)

Die Gleichung (2.90) leifert dann direkt die Matrizen A(),B(),C() und D().

Page 60: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

54

Bild 2.13 zeigt das Flussdiagramm zur Lastflussberechnung mit Hilfe der Newton-Raphson-Iteration.

Bild 2.13 Flußdiagramm zur Lastflussberechung durch Newton-Raphson-Iteration

Erstellen und Berechnen der Netzdaten, Aufbau der KAM und der VKAM

Schätzung der Spannungen im ersten Schritt, z. B. u = [1, 1, … , 1]

Berechnung der Spannungsmatrizen udiag,n-1(), udiag,n-1*() und ediag,n-1

*()

Berechnung der Leistungen

* * * *11 12 1 11* * * *

2 221 22 2

** * *1 2

...0 ... 0

0 ... 0 ...

... ... ... ... ...... ... ... ...0 0 ...

...

n

n

nnn n nn

g g g uu

u g g g u

u ug g g

* *diags u g u

Berechnung der Jacobi-Matrix

( ) ( ) ( )

( ) ( ) ( )

* *1 diag,n-1 diag,n-1V

* *2 diag,n-1 diag,n-1V

Z u g u

Z u g e

( ) Im ( ) ( )

1( ) Re ( ) ( )

( ) Re ( ) ( )

1( ) Im ( ) ( )

diag qi

diag piui

diag pi

diag qiui

1

2

1

2

A Z

B Z

C Z

D Z

( ) ( )( )

( ) ( )

A B

JC D

Berechnung der Differenz von Soll- und Istwert der Leistungen, Berechnung der Winkel- und Betragsdifferenzen, Berechnung der neuen Werte für die Spannungen

-1 ( ) ∆ ( )( )

( ) ∆ ( )

soll

soll

p pJ

q q u

( 1) ( ) ∆ ( )

( 1) ( ) ∆ ( )

u u u

Prüfen ob

Berechnung aller Leitungsströme und Leistungsflüsse über die Leitungen

, mit( ) 1,2,..., 1i i solls s i n

Page 61: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

55

2.3.3.3 Algorithmus mit Generator-, Leistungs- und Bilanzknoten

Im Folgenden soll angenommen werden, dass der Knoten k ein Generatorknoten ist; der Kno-ten n ist nach wie vor der Bilanzknoten. Für diesen Knoten sind die Wirkleistung pk,soll und die Spannung uk vorgegeben; während ein Sollwert qk,soll für die Blindleistung nicht existiert und der

Phasenwinkel k gesucht ist. Betrachtet man die Reihenentwicklung der Leistungsflussglei-

chungen gemäß (2.73), so ergibt sich für die Wirkleistung mit uk = 0, da uk durch das Kraftwerk

an der Anschlussstelle an das Netz geregelt wird und damit konstant ist:

1 11 1

1 11 1

mit 1 2 1

k k kk ,soll k k n

k n

i k ik n

k n

p p pp p

p p pu u u i , , , n

u u

. (2.91)

Da kein Sollwert für die Blindleistung am Generatorknoten existiert, entfällt die Blindleistungs-gleichung für den Knoten k komplett. Mit diesen Überlegungen wird klar, dass die ursprüngliche Beziehung gemäß Gleichung (2.77) modifiziert werden muss, indem

die Spalte mit den partiellen Ableitungen nach der Spannung uk (…/uk) gestrichen wird,

die Zeile mit den partiellen Ableitungen der Blindleistung qk (qk/…) gestrichen wird

und man erhält:

1 1 1 1 1 1 1

1 1 1 1 1 1

1 1 11

1

1

1

1

1

1

k n k k n

k k k k

k n

k

n

k

k

k

k

n

p p p p p p p

u u u u

p p p p

up

p

p

q

q

q

q

p

u

q

1 1 1

1 1 1 1 1 1 1

1 1 1 1 1 1

1 1 1 1 1 1 1

1 1 1 1 1 1

1

1

k k k

k k n

n n n n n n n

k n k k n

k n k k n

k

k

n

k

k

p p p

u u u

p p p p p p p

u u u u

q q q q q q q

u u u

u

u

p

u

p

q

u

1 1 1 1 1 1 1

1 1 1 1 1 1

1

1

1 1 1 1 1

1

1

1

1 1

k

k

k k k k k k k k

k

k k k k k k k

k n k k

n k k k n

n

k k k k

k n

q

u

q q q q q

q q q q q q q

u

q q q

u u u

u u u

q q q q

u u

1 1 1 1

1 1

1

1

1 1

1 1 1 1 1 1 1

1 1 1 1 1 1

k k k

k k

n n n n n n

k

k

n

k

n

k n k k n

q q q

u u u u

q q q

q

u

qp q q p

u u u u u

1

1

1

1

1

1

k

n

k

k

k

n

u

u

u

u

u

. (2.92)

Die (n-1+k)-te Zeile und die (n-1+k)-te Spalte sind zu streichen, wenn der Generator am Knoten k angeschlossen ist.

0

Page 62: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

56

Der Vektor der Phasenwinkel und Spannungsbeträge ergibt sich zu

1 1 1 1 1 1

1 1 1 1

1 1 1 1 1 1 1

1 1 1 1

1

1 1

1 1

1

1

1

1

1

k k

k k

k

n n

n n n n n n

n n

n

k

n

p p p p p p

u u u u

p p p p p p

u u u u

q

u

u

u

u

1 1 1 1 1

1 1 1 1

1 1 1 1

1 1

1 1 1 1 1 1

1 1 1 1 1

1 1

1 1

11 1 1

1

k k

k k

k

k k k k k k

k k k k k

n n

n n

n k

k

n

q q q q q

u u u u

q q q q q q

u u u u

q q q q q q

u u u u

q

1

1

1

1 1

1

1

1

1 1 1 1

1 1 1 1 1

k

n

n n n n n

n

k

k k

p

p

q

q

q

q p q q p

u u u u

-1

1nq

. (2.93)

Im Zuge der Programmierung dieses Verfahrens kann es sinnvoll sein, den vollständigen Span-nungsvektor nach Phase und Betrag wiederherzustellen. Dazu kann an der (n-1+k-1)-Zeile des

Spannungsvektors uk = 0 eingefügt werden.

2.3.3.4 Entkoppeltes Verfahren

Beim entkoppelten Verfahren gilt folgende Annahme:

und0 0i i

j j

p q

u

(2.94)

Die Änderung der Wirkleistung aufgrund einer Spannungsänderung wird also vernachlässigt; ebenso die Änderung der Blindleistung aufgrund einer veränderlichen Phasendrehung der Spannungen. Mit Hilfe dieser Annahmen vereinfacht sich die Jacobi-Matrix ganz erheblich:

1 1 1

1 2 1

2 2 2

1 2 1

1 1 1

1 2 1

1 1 1

1 2 1

2 2 2

1 2 1

1 1 1

1 2 1

0 0 0

0 0 0

0 0 0

0 0 0

0 0

0 0 0

n

n

n n n

n

n

n

n n n

n

p p p

p p p

p p p

q q q

u u u

q q q

u u u

q q q

u u u

J

.

(2.95)

Page 63: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

57

Aus Gleichung (2.95) werden 2 Teilgleichungen, eine zur Berechnung der Änderung der Pha-sendrehung und die zweite zur Berechung der Änderung der Spannungsamplituden:

1 1 1 1

1 1 1 11 1 1 1

1 1 1 11 1 1 1

1 1 1 1

n n

n n n nn n n n

n n

p p q q

u up q u

p q up p q q

u u

. (2.96)

Von der entkoppelten Berechnung von Betrag und Phase der Spannungen an den Netzknoten hat das Verfahren seine Bezeichnung. Das entkoppelte Verfahren ist hinsichtlich der Program-mierung etwas einfacher. Es sind allerdings deutlich mehr Iterationen im Vergleich zum voll-ständigen Verfahren notwendig, bis die gewünschten Ergebnisse erreicht sind. 2.3.3.5 DC-Leistungsfluss

Der DC-Leistungsfluss ist eine Vereinfachung und besonders im Hinblick auf Optimierungs-rechnungen von Interesse. Die Leistungsgleichungen können durch 3 Annahmen vereinfacht werden.

1. Annahme: Für die Übertragungsleitungen in dem untersuchten Netz gilt mit guter Näherung: R << X. Die Elemente gDC,ik der zu verwendenden Knotenadmittanzmatrix berechnen sich aus den Elementen der Knotenadmittanzmatrix des Netzwerks gik wie folgt:

2,

1 1 1

2,

1

2

Im Im , 1, 2, ...,

Im

ik ikn n nr x j

DC ik ik ik ikk k k

n jj

DC ikikk

g g j g e g i k n

g e g e

. (2.97)

Für die Leistungsflussgleichungen folgt daraus:

1 1

1 1

Re cos sin

Im sin co

2

2s

1, 2, ...,

n n

i i ik k i k i ik k i kik k

n n

i i ik k i k i ik k i kik k

p s u g u u g u

q s u g u u g u

i n

. (2.98)

2. Annahme:

Bei kleinen Winkeldifferenzen (i - k) folgt sin(i - k) ≈ (i - k) und cos(i - k) ≈ 1. Für die Leistungsflussgleichungen folgt daraus:

1

1

Re

Im 1, 2, ...,

n

i i ik k i kik

n

i i ik kik

p s u g u

q s u g u i n

. (2.99)

Page 64: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

58

3. Annahme: Die Beträge der Spannungen sind an allen Knoten sehr ähnlich und nahe der Bemes-sungsspannung. Für normierte Größen gilt daher ui ≈ uk ≈ 1 Für die Leistungsflussgleichungen folgt daraus:

1 1

1 1

Re

Im 1, 2, ...,

n n

i ik i k ik i kik k

n n

i ik ikik k

p s g B

q s g B i n

. (2.100)

Schreibt man obige Gleichung zeilenweise auf und separiert die einzelnen Winkel, so erhält man:

1 11 12 1 1 11 1 12 2 1

2 21 22 2 2 21 1 22 2 2

1 2 1 1 2 2

... ...

... ...

...

... ...

n n n

n n n

n n n nn n n n nn n

p B B B B B B

p B B B B B B

p B B B B B B

. (2.101)

oder in Matrixschreibweise

11

11 12 1 1 11

221 22 2 1 212

11 1 2 1 1 111

11 2

1

0 0 0

0 0 0

0 0 0

0 0 0

n

,kk

n ,n ,n

,k,n ,nk

nn , n , n ,n n ,nn

n ,kk

n, n, n,nn

n

n,kk

B

B B B BpB

B B B Bp

B B B BpB

B B Bp

B

1

2

1

1

oder

n

n,n nB

p= B φ

. (2.102)

Durch Nullsetzen der letzten Spalte der Matrix B kann man den Bilanzknoten n mit n = 0 be-

rücksichtigen:

11

11 12 1 11

21 22 2 12 21

11 1 2 1 11

11 2 1

1

0 0 0

0

0

0

0

0

0

0 0

0 0 0

0 0 0

n

,kk

,nn

,n,kk

n , n , n ,nn n

n ,kn, n, n,nn k

BB B Bp

B B Bp B

B B Bp

B B B Bp

1

2

1

oder

n

n

modp=B φ

. (2.103)

Page 65: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

59

Bei Vorgabe der Wirkleistungen p1, p2, … pn erhält man die Phasenwinkel der Spannungen u1, u2,…, un-1 durch Lösung des linearen Gleichungssystems

-1modφ= B p . (2.104)

Die Matrix Bmod kann invertiert und das Problem gemäß obiger Gleichung gelöst werden. Aus den Phasenwinkeln können die Knotenspannungen berechnet werden, da deren Amplituden zu ui = uk = 1 festgelegt wurden. 2.3.3.6 Berechnung der in einem Netz umgesetzten Wirk- und Blindleistung

In einem abgeschlossenen Netz ergibt sich die Summe der in dem Netz umgesetzten Wirklei-stung pV (=Verlustleistung) und der Blindleistung qV aus der Summe der zu- und abfließenden Wirk- und Blindleistungen. Für die Summe der komplexen zu- und abfließdenden Scheinlei-stungen in ein Netz mit n Knoten gilt:

1

21 2

1 1

*

n n ** T *kk kV V N

k k

*N

i

ip jq s u i u u u u i

i

. (2.105)

Mit Gleichung (2.32), die letztlich auf dem ohmschen Gesetz beruht, erhält man folgende Be-ziehung für die Spannungen an den Knoten in Abhängigkeit der Ströme in die Knoten und der Spannung un am Bilanzknoten

1TTT

n n nu u u VV nV 0

u u g i y u . (2.106)

Für die in dem Netz umgesetzte Wirk- und Blindleistung folgt aus obiger Gleichung

1

1

1

*TT *

n nV V *n

T* *

nn n

T* * *

nn n

p jq u ui

u u i

u u i

VV nV 0

V VnV 0

V V VnV 0

iu i g i y u

g i y u i

g i y i u i

. (2.107)

Für den Fall, dass keine Admittanzen gegen Erde vorliegen, d. h. y0 = 0 vereinfacht sich dies:

1 T * * *nnV V

T * * *nn

p jq u i

u i

V V VnV

V V V Vn

g i i u i

z i i u i

. (2.108)

Die Matrix zV ist die Inverse der verkürzten Knotenadmittanzmatrix gV. Man erstellt daher zunächst die Knotenadmittazmatrix (KAM), reduziert sie zur verkürzten Knotenadmittanzmatrix (VKAM) und invertiert diese.

Page 66: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

60

Die Aufspaltung der komplexen Größen Strom und Impedanz in Real- und Imaginärteil führt auf:

T * * *nnV V

T *nnVP VQ VP VQ VP VQ

p jq u i

j j j j u i

V V V Vn

n

z i i u i

i i r x i i u i i . (2.109)

Für die in dem Netz umgesetzte Wirkleistung (Verlustleistung) und Blindleistung ergibt sich:

1 1 1

1 1 1

1 1

1 1

T T T TP,nnV P P Q P P Q Q Q VP

T TP,nnP P Q Q V ,P

n n n

P,nn njk VP, j VP,k VQ, j VQ,k VP, jj k j

n n

njk VP, j VP,k VQ, j VQ,kj k

p u i

u i

r i i i i u i u i

r i i i i u i

n

n

i r i i x i i x i i r i u i

i r i i r i u i

1

n

P, jj

, (2.110)

1 1 1

1 1 1

1

1

T T T TQ,nnV VQ VP VQ VQ VP VQ VP VP VQ

T TQ,nnVQ VQ VP VP VQ

n n n

Q,nn njk VP, j VP,k VQ, j VQ,k VQ, jj k j

n

jk VP, j VP,k VQ, j VQ,kj k

q u i

u i

x i i i i u i u i

x i i i i

n

n

i r i i x i i r i i x i u i

i x i i x i u i

1

1 1

n n

n Q, jj

u i

, (2.111)

wobei sich die Ergebnisse der Matrixmultiplikationen in Form einer Doppelsumme und einer Einfachsumme schreiben lassen. Man erkennt, dass sich die Doppelsumme der Wirkleistung und der Blindleistung nur durch die Größen rjk und xjk unterscheidet. Insbesondere die Strom-terme sind identisch. Ergebnisse der weiteren Schritte zur Berechnung der Wirkleistung pV können daher auf die Berechnung der Blindleistung qV übertragen werden. Für die Leistung an einem Knoten lässt sich der folgende Ausdruck schreiben:

* cos sin

cos sin sin cos

iii i i i i Pi Qi

i Pi i i Qi i i Pi i i Qi i

p jq u i u j i j i

u i u i j u i u i

. (2.112)

Daraus erhält man

cos sin sin cosi iPi i Qi i Pi i Qi i

i i

p qi i i i

u u . (2.113)

Diese beiden Gleichungen können nach den Strömen iPi und iQi aufgelöst werden:

1 1sin cos cos sinQi i i i i Pi i i i ii i

i p q i p qu u

. (2.114)

Page 67: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

61

Setzt man diese Gleichung in die Doppelsumme zur Berechnung der Gesamtverluste in einem Netz ein, so erhält man

1 1

, , , , ,1 1 1

1 1

1

cos sin cos sin1

sin cos sin cos

1cos sin

1

n n n

nV jk VP j VP k VQ j VQ k P jj k j

N Nj j j j k k k k

jkj kj k

j j j j k k k k

n

n j j j jjj

jkj

p r i i i i u i

p q p qr

u u p q p q

u p qu

ru u

1 1

1

cos cos sin sin

sin cos cos sin

1cos sin

N Nj k j k j k j k

kj kj k j k j k j k

n

n j j j jjj

p p q q

q p p q

u p qu

. (2.115)

Die Produkte der Winkelfunktionen können umgeschrieben werden:

1 1

1 1

1

cos( ) sin( )

1cos sin

n njk

V j k j k j k j k j k j kj kj k

n

n j j j jjj

rp p p q q q p p q

u u

u p qu

. (2.116)

Auf ähnliche Weise kommt man zu der in dem Netz umgesetzten Blindleistung

1 1

1 1

1

cos( ) sin( )

1sin cos

n njk

V j k j k j k j k j k j kj kj k

n

n j j j jjj

xq p p q q q p p q

u u

u p qu

. (2.117)

2.3.3.7 Beispiel 3: Leistungsflußberechnung durch Newton-Raphson-Iteration

110-kV-Netz gemäß Bild 2.5

Netztopologie und Netzdaten wie in dem Beipiel gemäß Bild 2.5

Vorgegebene Leistungen: P1 = 150 MW, cos = 0,93

P2 = 75 MW, cos = 0,93

P3 = -180 MW, cos = 0,93 (zufließende induktive Leistung)

Knoten 4 ist der Referenzknoten mit u4 = u4 = 1 und 4 = 0

Abbruckkriterium: = 0,001 (0,1 %)

Page 68: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

62

1. Newton-Raphson-Iteration: nur Leistungsknoten

Die Newton-Raphson-Iteration zeigt eine (deutlich) schnellere Konvergenz als die Stromiterati-on. Bereits nach 3 Schritten wird das Gütekriterium erfüllt und die Iteration kann abgebrochen werden.

Spannungen: u1 u2 u3 0. Schritt: 1.0000 1.0000 1.0000 1. Schritt: 0.9503 - 0.0501i 0.9210 - 0.0764i 1.0256 + 0.0292i 2. Schritt: 0.9316 - 0.0531i 0.8913 - 0.0833i 1.0069 + 0.0293i 3. Schritt: 0.9310 - 0.0533i 0.8902 - 0.0838i 1.0064 + 0.0293i

Ströme: i1 i2 i3 0. Schritt: 0 0 0 1. Schritt: 1.4812 - 0.6142i 0.7185 - 0.3296i -1.7723 + 0.7404i 2. Schritt: 1.5669 - 0.7238i 0.7992 - 0.4052i -1.8040 + 0.6561i 3. Schritt: 1.5696 - 0.7267i 0.8041 - 0.4082i -1.8076 + 0.6538i

Leistungen: s1 s2 s3 0. Schritt: 1.5 + 0.5930i 0.75 + 0.296i -1.8 – 0.711i Sollwerte 1. Schritt: 1.4384 + 0.5094i 0.6870 + 0.2487i -1.7961 - 0.8111i 2. Schritt: 1.4982 + 0.5910i 0.7461 + 0.2945i -1.7973 - 0.7135i 3. Schritt: 1.5000 + 0.5930i 0.7500 + 0.2960i -1.8000 - 0.7110i

2. Newton-Raphson-Iteration: Leistungsknoten und Generatorknoten

Betrachtet man die Knoten (1) und (2) als Generatorknoten, so entfällt bei der Sollwertvorgabe die Blindleistung. Es wird nur die Wirkleistung vorgegeben. Für die Spannungen ergeben sich die Sollwertvorgaben: u1 = 0.932517921 und u2 = 0.89413292. Im Vergleich zum letzten Ergeb-nis ergeben sich hier exakt die selben Endlösungen für Strom, Spannung und Leistung, ledig-lich die Zwischenwerte der einzelnen Iterationen unterscheiden sich.

Spannungen: u1 u2 u3 0. Schritt: 0.9325 0.8941 1.0000 1. Schritt: 0.9312 - 0.0502i 0.8906 - 0.0794i 1.0094 + 0.0324i 2. Schritt: 0.9310 - 0.0532i 0.8902 - 0.0838i 1.0064 + 0.0293i 3. Schritt: 0.9310 - 0.0533i 0.8902 - 0.0838i 1.0064 + 0.0293i

Ströme: i1 i2 i3 0. Schritt: 0 0 0 1. Schritt: 1.5571 - 0.7614i 0.7963 - 0.4211i -1.8404 + 0.7023i 2. Schritt: 1.5696 - 0.7269i 0.8041 - 0.4082i -1.8077 + 0.6540i 3. Schritt: 1.5696 - 0.7267i 0.8041 - 0.4082i -1.8076 + 0.6538i

Leistungen: s1 s2 s3 0. Schritt: 1.5 0.75 -1.8 – 0.711i Sollwerte 1. Schritt: 1.4881 + 0.6309i 0.7426 + 0.3118i -1.8350 - 0.7686i 2. Schritt: 1.5000 + 0.5931i 0.7500 + 0.2960i -1.8001 - 0.7112i 3. Schritt: 1.5000 + 0.5930i 0.7500 + 0.2960i -1.8000 - 0.7110i

Page 69: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

63

3. Entkoppelte Newton-Raphson-Iteration: nur Leistungsknoten

Bei der entkoppelten Newton-Raphson-Iteration müssen wesentlich mehr Rechenschritte durch-laufen werden, bis das Gütekriterium erfüllt wird. Spannungen: u1 u2 u3 0. Schritt: 1.0000 1.0000 1.0000 1. Schritt: 0.9694 - 0.0692i 0.9499 - 0.1066i 1.0144 + 0.0390i 2. Schritt: 0.9228 - 0.0624i 0.8804 - 0.0948i 1.0057 + 0.0264i 3. Schritt: 0.9246 - 0.0510i 0.8818 - 0.0816i 1.0026 + 0.0293i 4. Schritt: 0.9324 - 0.0518i 0.8916 - 0.0825i 1.0069 + 0.0309i 5. Schritt: 0.9317 - 0.0536i 0.8908 - 0.0840i 1.0070 + 0.0291i 6. Schritt: 0.9308 - 0.0534i 0.8901 - 0.0838i 1.0063 + 0.0290i 7. Schritt: 0.9309 - 0.0532i 0.8902 - 0.0838i 1.0063 + 0.0294i 8. Schritt: 0.9310 - 0.0532i 0.8902 - 0.0838i 1.0064 + 0.0294i Ströme: i1 i2 i3 0. Schritt: 0 0 0 1. Schritt: 1.7170 - 0.0485i 0.8455 - 0.0567i -2.0564 + 0.0637i 2. Schritt: 1.7582 - 0.8133i 0.8594 - 0.4352i -1.9192 + 0.7264i 3. Schritt: 1.5557 - 0.8168i 0.8061 - 0.4382i -1.7853 + 0.6857i 4. Schritt: 1.5481 - 0.7111i 0.8047 - 0.4039i -1.8152 + 0.6413i 5. Schritt: 1.5722 - 0.7175i 0.8038 - 0.4085i -1.8091 + 0.6566i 6. Schritt: 1.5715 - 0.7289i 0.8028 - 0.4084i -1.8043 + 0.6552i 7. Schritt: 1.5692 - 0.7274i 0.8042 - 0.4075i -1.8077 + 0.6527i 8. Schritt: 1.5695 - 0.7265i 0.8044 - 0.4082i -1.8082 + 0.6537i Leistungen: s1 s2 s3 0. Schritt: 0 0 0 1. Schritt: 1.6678 + 0.0717i 0.8092 + 0.0363i -2.0836 - 0.1448i 2. Schritt: 1.6733 + 0.6407i 0.7979 + 0.3017i -1.9109 - 0.7813i 3. Schritt: 1.4801 + 0.6759i 0.7466 + 0.3207i -1.7699 - 0.7398i 4. Schritt: 1.4803 + 0.5828i 0.7508 + 0.2937i -1.8079 - 0.7018i 5. Schritt: 1.5032 + 0.5842i 0.7503 + 0.2964i -1.8027 - 0.7139i 6. Schritt: 1.5017 + 0.5945i 0.7488 + 0.2962i -1.7966 - 0.7118i 7. Schritt: 1.4996 + 0.5937i 0.7500 + 0.2954i -1.7999 - 0.7099i 8. Schritt: 1.4999 + 0.5928i 0.7503 + 0.2960i -1.8006 - 0.7110i

4. Vergleich: Newton-Raphson-Iteration und DC-Leistungsfluss

Spannungen: u1 u2 u3 Netwton-Raphson-Verfahren, 3. Schritt: 0.9310 - 0.0533i 0.8902 - 0.0838i 1.0064 + 0.0293i DC-Leistungsfluss: 0.9975 - 0.0712i 0.9938 - 0.1115i 0.9993 + 0.0384i

Ströme: i1 i2 i3 Netwton-Raphson-Verfahren, 3. Schritt: 1.5696 - 0.7267i 0.8041 - 0.4082i -1.8076 + 0.654i DC-Leistungsfluss: 1.5085 + 0.5510i 0.7628 + 0.2487i -1.8111 - 0.655i

Aufgrund der deutlichen Absenkung der Spannungsamplituden im vorliegenden Beispiel – vor allem an Knoten 2, ergeben sich vor allem dort nicht unerhebliche Abweichungen der Ströme. Beim Knoten 3 hingegen sind die Abweichungen eher gering, dort bleibt auch die Spannungs-amplitude nahe am Wert 1.

Page 70: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

64

5. Berechnung der in dem Netz umgesetzten Wirk- und Blindleistung

Schließlich soll noch die in dem Netz umgesetzte Wirkleistung pV und Blindleistung qV berech-net werden. Hierzu dienen die Spannungen und Leistungen

u1 = 0.9310 - 0.0533i s1 = 1.5000 + 0.5930i

u2 = 0.8902 - 0.0838i s2 = 0.7500 + 0.2960i

u3 = 1.0064 + 0.0293i s3 = -1.8000 - 0.7110i

u4 = 1 s4 = -0.56607 - 0.48111i

Mit den Gleichungen (2.116) und (2.117) erhält man für die in dem 110-kV-Netz umgesetzte Wirk- und Scheinleistung:

pV + jqV = - 0.11607 - 0.303114i .

Eine andere Möglichkeit zur Bestimmung der in dem Netz umgesetzten Wirk- und Scheinlei-stung besteht darin, die Summe aller in sämtliche Knoten zu- und abfließenden Wirk- und Scheinleistungen zu bestimmen

s1 + s2 +s3 +s4 = - 0.11607 - 0.30311i ;

was auf dasselbe Ergebnis wie die oben genannten Gleichungen führt.

2.4 Optimaler Leistungsfluss (Optimal Power Flow, OPF)

2.4.1 Grundsätzliche Problemstellung

Durch die Leistungsflussberechnung können Leistungsknoten, d. h. Verbraucher, und Genera-torknoten, d. h. Kraftwerkseinspeisungen berücksichtigt und sämtliche Spannungen und Leis-tungen an allen Netzknoten berechnet werden. Ein Bilanzknoten ist notwendig, um in dem Netz die Wirk- und Blindleistungsbilanz sicherzustellen. Vom wirtschaftlichen Standpunkt stellt sich die Frage, mit welcher Abgabeleistung die Kraftwerke sinnvollerweise betrieben werden müs-sen. Gesucht ist also das wirtschaftliche Optimum des Kraftwerkseinsatzes unter der Randbe-dingung einer zuverlässigen Versorgung der Verbraucher, d. h. die an den Leistungsknoten geforderte Wirk- und Blindleistung muss sicher zur Verfügung stehen.

Für die Gesamtheit aller Kraftwerke in einem Netz wird dazu eine Kostenfunktion definiert:

1

GN

ges i ,ges G,ii

C K (P )

. (2.118)

Die Gesamtkosten Cges setzen sich aus der Summe der Einzelkosten Ki der NG Kraftwerke zusammen. Grundsätzlich setzen sich die Kosten der Stromprodution in einem Kraftwerk aus den fixen und den variablen Kosten zusammen. Die variablen Kosten ergeben sich aus den Kosten für die Primärenergie, dem Heizwert des Brennstoffs und dem Betriebspunkt des Kraft-werks, d. h. der abgegebenen Leistung PG,i, von der auch der Wirkungsgrad des Kraftwerks abhängt. Aufgrund dessen ergibt sich ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen den variablen Kosten K(PGi) eines Kraftwerks und der vom Kraftwerk abgegebenen Leistung PGi. Von Bedeu-tung für die Optimierung sind nur die variablen Kosten eines Kraftwerks K(PGi), da diese sich durch den Betriebspunkt, d. h. die abgegebene Leistung PG,i beeinflussen lassen.

Page 71: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

65

Im Weitern soll anstatt der physikalischen Größe PG,i wieder die normierte Größe pG,i betrachtet werden. Aufgabe der Optimierung ist es, die Summe C(pG,i) der variablen Kosten K(pG,i) aller Kraftwerke zu minimieren, d. h.

1

G

G,i G,i

N

G,i i G,iP P i

min C( p ) min K ( p )

; (2.119)

wegen des nichtlinearen Zusammenhangs der variablen Kosten K(pG,i) von der abgegebenen Leistung K(pG,i) handelt es sich um eine nichtlineare Optimierung. Weiterhin müssen Nebenbedingungen berücksichtigt werden. In dem Netz müssen grundsätz-lich die Leistungsflussgleichungen (2n Gleichungen mit der Anzahl n der Netzknoten) erfüllt sein. Für jeden Knoten i muss die Bilanz aus eingespeister und abfließender Wirk- und Blind-leistung erfüllt sein:

, , , ,1

, , , ,1

cos 0

sin 0 1, 2, ...,

n

L i G i i L i G i i ik k i k ikk

n

L i G i i L i G i i ik k i k ikk

p p p p p u g u

q q q q q u g u i n

. (2.120)

Dabei sind die Größen pL,i, pG,i, qL,i und qG,i positiv. Die Differenz daraus ist die aus dem Knoten i herausfließende Leistung pi gemäß den Leistungsflussgleichungen. Weitere Nebenbedingungen sind Begrenzungen durch die Kraftwerke, die nur innerhalb be-stimmter Grenzen Wirkleistung einspeisen können. Auch hinsichtlich der Blindleistungen sind Grenzen durch die Kraftwerksgeneratoren gegeben. Ferner müssen sich die Spannungsbeträge innerhalb vorgegebener Grenzen bewegen:

G,i ,min G,i G,i ,maxp p p . (2.121)

G,i ,min G,i G,i ,maxq q q . (2.122)

i ,min i i ,maxu u u . (2.123)

Zusätzlich können auch Limitierungen hinsichtlich der Übertragungskapazität von Freileitungen und Kabeln bestehen. Mathematisch handelt es sich bei dieser Aufgabenstellung um ein Opti-mierungsproblem, zu dessen Lösung eine Reihe von Verfahren existieren, abhängig davon, wie komplex das zu lösende Problem angesetzt wird. Die allgemeine mathematische Formulierung für dieses nichtlineare Optimierungsproblem lautet:

0

min f ( )

mit g( )

x

min max

x

x

x x x

. (2.124)

Page 72: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

66

2.4.2 Verfahren zur Lösung des nichtlinearen Optimierungsproblems

Zur Lösung des nichtlinearen Optimierungsproblems existieren eine Reihe von Verfahren, die hier kurz beschreiben werden sollen:

I. Lineare Programmierung Die lineare Programmierung behandelt das Optimierungsproblem, indem die Zielfunktion linea-risiert wird. Die Simplex-Methode ist ein effektives Verfahren zur Lösung von LP-Probleme.

II. Newton-Verfahren Aufgrund der nichtlinearen Ziefunktion sind iterative Verfahren zur Lösung des Optimierungs-problems einsetzbar. Das Gradientenverfahren und das Quasi-Newton-Verfahren nutzen die 1. Ableitungen, das Newton-Verfahren verwendet auch die 2. Ableitungen (Hesse-Matrix). Vorteil des Newton-Verfahrens ist seine schnelle Konvergenz.

III. Innere-Punkte-Verfahren Das Innere-Punkte-Verfahren zeichnet sich durch bessere theoretische Eigenschaften und schnellere Konvergenz für sehr große dünnbesetzte Probleme, wie z. B. Netzberechnungen, aus. Ein Nachteil ist, dass sie vergleichweise ungeeignet zum Lösen einer Serie von Optimie-rungsaufgaben sind (was für viele Algorithmen der ganzzahligen Optimierung wichtig ist).

IV. Quadratische Programmierung Die quadratische Optimierung ist eine spezielle Form der nichtlinearen Optimierung mit einer quadratischen Zielfunktion.

V. Einfache Verfahren Das nichtlineare Optimierungsproblem kann vereinfacht werden, wenn man die Nebenbedin-gungen und die Restriktionen vereinfacht. Betrachtet man z. B. nur die Wirkleistungen mit dem Ansatz, dass die Kraftwerkskosten ausschließlich durch die Wirkleistungen bestimmt werden, so können die Gleichungen der Blindleistungen entfallen. Eine weitere Vereinfachung ist die Vernachlässigung von Verlusten in dem Netz. Ein Sonderfall für die nichtlineare Zielfunktion ist die quadratische Modellierung der Kostenfunk-tion K(PGi) eines Kraftwerks in Abhängigkeit der abgegebenen Leistung PGi gemäß

2

1 1

G GN N

ges i ,ges G,i i i G,i i G,ii i

C K ( p ) a b p c p

. (2.125)

Für die im Folgenden betrachteten variablen Kosten erhält man

2 2

0G,i ges G,i

i i G,i i G,i i G,i i G

ge

i

,

s

,i

i G i

C( p ) C ( p )

a b p c p b p c p

K ( p )

C ( )

a

. (2.126)

Page 73: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

67

2.4.3 Einfache und iterative Verfahren

Eine wesentliche Vereinfachung der Nebenbedingungen, nämlich der Leistungsflussgleichun-gen besteht darin, dass die Blindleistungen nicht betrachtet werden. Argument dafür ist, dass für die Kosten der Stromerzeugung nur die abgegebene Wirkleistung maßgeblich ist. Damit entfallen alle Gleichungen welche die Blindleistung betreffen. Als Nebenbedingung verbleibt daher die Bilanz der Wirkleistungen, d. h. die Summe aus eingespeister Generatorleistung, Verbraucherleistung und Verlustleistung muss Null sein:

1 1

0GN n

G,i L,k Vi k

p p p

. (2.127)

2.4.3.1 Optimaler Leistungsfluss ohne Netzverluste

Zunächst sollen die Netzverluste pV vernachlässigt werden. Damit muss lediglich ein Glei-chgewicht zwischen abgenommener und eingespeister Leistung herrschen. Das Optimie-rungsproblem kann durch Definition einer modifizierten Kostenfunktion:

2

1 1 1 1 1

G G G GN N n N N*

i G,i G,i L,k i G,i i G,i G,i Li i k i i

C K ( p ) p p b p c p p p

(2.128)

gelöst werden. Darin bezeichnet den Lagrange’schen Multiplikator. Um das Optimum zu finden, müssen die folgenden Gleichungen gelöst werden:

2

1

1

2 1 2

0

G

G

N*

i G,i i G,i i i G,i GiG,i G,i

N*

G,i Li

dC b p c p b c p i , ,...,N

p dp

C p p

. (2.129)

Diese Optimierungsgleichungen ergeben bei dem Ansatz 2. Ordnung für die Kosten Ki als Funktion der vom Kraftwerk erzeugten Wirkleistung ein lineares Gleichungssystem mit insge-samt NG+1 Gleichungen. Die letzte Gleichung beinhaltet das Verhalten des Netzes im sta-

tionären Betrieb. Unbekannte sind die Leistungen pG,i der NG Kraftwerke sowie der Parameter .

Diese Gleichung kann auch in Matrix-Form geschrieben werden:

11 1

22 2

2 0 0 1

0 2 0 1

0 0 2 1

1 1 1 0GG G

G

G

NN GN

L

bc p

bc p

bc p

p

A X = b

. (2.130)

Der Term d/dpGi(Ki) sind die Zuwachskosten, also die Zunahme der Kosten mit der Steigerung von pGi. Bei Ansatz einer quadratischen Kostenfunktion stehen die Zuwachskosten in einem linearen Zusammenhang mit der Leistung pGi. Bild 2.14 verdeutlich dies für verschiedene Kraftwerke mit ihren jeweiligen Leistungsbegrenzungen pGi,max. Die für alle Kraftwerke identi-

schen Zuwachskosten (engl.: equal incremental rate) sind durch den Lagrange-Multiplikator

gegeben und so zu wählen, dass die Summe aller Einspeisungen die Summe pL der Lasten ergibt.

Page 74: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

68

Bild 2.14 Verlauf der Zuwachskosten der Kraftwerke in Abhängigkeit der erzeugten Leistung Müssen Grenzbedingungen für die Einspeiseleistung eines Kraftwerks der Form (2.121) berücksichtigt werden, so findet das folgende Verfahren Anwendung:

Die Berechnung wird zunächst ohne Berücksichtigung der Grenzbedingungen durchge-führt.

Sobald ein Kraftwerk seine Maximalleistung erreicht (in Bild 2.14 das Kraftwerk 4) wird es auf diesem Wert festgehalten, also pG4 = pG4,max und für die weitere Optimierung nicht weiter berücksichtigt. Das zu lösende lineare Gleichungssystem verändert sich dadurch: Nopt ist die Zahl der zu optimierenden Kraftwerke, die restlichen Kraftwerke (NG - Nopt) arbeiten an ihrem Limit.

1

2 0 1 2

0opt G

opt

i i G,i opt

N N

G,i G,i ,max Li i N

b c p i , ,...,N

p p p

. (2.131)

Die Matrix-Gleichung verändert sich, indem die Zeilen und Spalten der am Limit operie-renden Kraftwerke gestrichen werden. Die folgende Gleichung verdeutlicht dies am Bei-spiel des Kraftwerkes 1. Von der Summe der Last (pL) muss die Summe der Leistung der am Limit operierenden Kraftwerke angezogen werden.

1

1 12

2 2

2 0 0 1

0 2 0 1

0 0 2 1

1 1 1 0

G

G G G

opt

G

G

red red redN

N GN N

L G,i ,maxi N

bc p b

c p

bc p

p p

A X = b

. (2.132)

pGi

pG1,max pG2,max pG3,max

pG4,max i G,i

G,i

dK ( p )

dp

pG1 pG2 pG3 pG4

4 3 1 2

Page 75: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

69

2.4.3.2 Beispiel 4: Optimale Lastverteilung ohne Netzverluste

Gegeben seien drei Kraftwerke mit den folgenden Charakteristiken:

21 1 1

22 2 2

23 3 3 1 2 3

6 0 5 0 0006

5 0 6 0 0005

3 0 4 0 0007 800

G, G, G,

G, G, G,

G, G, G, G, G, G,

C(P ) . P . P

C(P ) . P . P

C(P ) . P . P P P P

.

Die Last, welche durch die drei Kraftwerke gespeist werden soll, beträgt 800 MW. Für die drei Kraftwerke gelten folgende Beschränkungen:

1

2

3

100 MW 250 MW

100 MW 250 MW

100 MW 350 MW

G,

G,

G,

P

P

P

.

Die Berechnung kann hier, da neben den Leistungen keine weiteren Größen, z. B. Spannun-gen, in den Gleichungen vorkommen, direkt auf Basis der physikalischen Größen erfolgen. Die Lösung der Gleichung (2.130) ergibt für das vorliegende Beispiel die folgenden Werte:

1 2 3271 03 MW 225 23 MW 303 74 MW =0,82523G, G, G,P . P . P . .

Für das Kraftwerk 1 wird die maximale Leistung überschritten. Seine Leistung wird daher auf dem Wert PG1 = 250 MW festgehalten. Das zu lösende Gleichungssystem lautet nunmehr:

2

3

0 001 0 1 0 6

0 0 0014 1 0 4

1 1 0 550

G

G

. P .

. P . .

Die Lösung dieses Gleichungssystems lautet:

1 2 3250 MW 237 5 MW 312 5 MW =0,8375G, G, G,P P . P . .

2.4.3.3 Optimaler Leistungsfluss bei Berücksichtigung von Netzverlusten

Im Unterschied zur vorherigen Betrachtung muss nun die modifizierte Kostenfunktion um die Netzverluste pV erweitert werden:

1 1 1

2

1 1

G G

G G

N N N*

G,i i G,i G,i L,k Vi i k

N N

i i G,i i G,i G,i L Vi i

C ( p ) K ( p ) p p p

a b p c p p p p

. (2.133)

Das zu lösende Gleichungssystem hat nun die folgende Form:

1

0 1 2

0G

* VG,i i G,i G

G,i G,i G,i

N*

G,i G,i L Vi

pdC ( p ) K ( p ) i , ,...,N

p dp p

C ( p ) p p p

. (2.134)

Page 76: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

70

Der Term pV/pGi beschreibt die Änderung der Übertragungsverluste bei Änderung der Kraft-werkseinspeisungen. Die Einspeiseleistung pGi (>0) fließt in den Knoten i und die Last pLi (>0) fließt ab. Mit der Vorzeichenregelung gemäß Gleichung (2.120) folgt dann unter der Annahme, dass die Last an jedem Knoten konstant bleiben soll:

V V V

G,i iL,i i

p p p

p pp p

, (2.135)

d. h. die Ableitung kann nach der ingesamt in den Knoten fließenden Leistung erfolgen. Mit Gleichung (2.116) gilt für den Fall y0 = 0 und damit g0 = 0 und b0 = 0:

1 1

1 1

1

1

1

cos( ) sin( )

1cos sin

cos2 cos( ) sin( )

n njkV

j k j k j k j k j k j ki i j kj k

n

n j j j jj ij

nik i

k i k k i k ni k ik

rpp p q q q p p q

p p u u

u p qu p

rp q u

u u u

. (2.136)

Das Vorgehen zur Berechnung einer optimalen Lastverteilung ist nun wie folgt:

1) Berechnung des Leistungsflusses für das gegebene Netz unter Berücksichtigung von Leistungsknoten, Generatorknoten und Bilanzknoten.

2) Berechnung der Netzverluste pV und der Inkremental-Netzverluste Di = pV/pi.

1 1

1 1

1

cos( ) sin( )

1cos sin

n njk

V j k j k j k j k j k j kj kj k

n

n j j j jjj

rp p p q q q p p q

u u

u p qu

1

1

cos2 cos( ) sin( )

nV ik i

i k i k k i k ni i k ik

p rD p q u

p u u u

3) Lösen des Gleichungssystems:

1

2 1 0 1 2

0G

i i G,i i G

N

G,i L Vi

b c p D i , ,...,N

p p p

. (2.137)

4) Berechnung des Leistungsflusses mit den Ergebnissen für die von den Kraftwerken ein-zuspeisenden Leistungen als Vorgabe.

Diese Schrittfolge wird so lange wiederholt, bis eine Konvergenz des Iterationsverfahrens fest-zustellen ist.

Page 77: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

71

2.4.3.4 Beispiel 5: Optimaler Leistungsfluss bei Berücksichtigung von Netzverlusten

In Anlehnung an das bereits betrachtete Beispeil soll die Lastverteilung in einem 110-kV-Netz optimiert werden (Bild 2.15). Die folgenden Daten sind gegeben:

Vorgegebene Leistungen: P1 = 120 MW mit cos = 0,93, P2 = 60+j20 MVA

normierte Leistungen: 1 21,2 0,593 0,6 0,2s j s j

Knoten 3 ist ein Generatorknoten mit u3 = u3 = 1

Knoten 4 ist der Referenzknoten mit u4 = u4 = 1 und 4 = 0 Bild 2.15 Beispiel zur Leistungsflussberechung: 110-kV-Freileitungsnetz

Die Kapazität der Kabel beträgt 0,3 F/km. Daraus ergibt sich eine bezogene Admittanz von

y0 = j0,63 für die beiden Kabelstrecken 1-3 und 1-4. Verteilt auf die Knotenpunkte erhält man

die Erdadmittanzen y01 = j0,63; y03 = j0,63/2 = j0,315 und y04 = j0,63/2 = j0,315. Die vollständige KAM lautet:

12 13 14 12 13 14

12 12 23 23

13 23 13 23 34 34

14 34 14 34

122,815 69,047 55

01

03

04

55

69,047 110,953 69,047

( )

( ) 0

( )

0 ( )

22,3507 e 5 e 9 e 9 e

5 e 9 e 46 e 0

9 e

o o o o

o o o

j j j j

j j j

j

y y y y y y

y y y y

y y y y y y

y y y y

y

y

y

g

55 69,047 118,055 69,047

55 69,047 119,994

4 e 18,5793 e 6 e

9 e 0 6 e 14,6183 e

o o o o

o o o

j j j

j j j

s4

s1 s2

s3

u1 u2

u4 u3

Freileitung

Kabel

69,04712

5ojy e

5513

9ojy e

69,04723

4ojy e

69,04734

6ojy e

5514

9ojy e

Page 78: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

72

Die Kostenstruktur sieht (in normierter Form) wie folgt aus:

2

3 3 3

24 4 4

6 0 5 0 1

5 0 6 0 05

C( p ) . p . p

C( p ) . p . p

.

Das Kraftwerk am Knoten 3 hat also einen im Vergleich zum Bilanzkraftwerk an Knoten 4 gerin-geren linearen Anstieg der Kosten mit der abgegebenen Wirkleistung, der quadratisch anstei-gende Anteil ist allerdings höher. Berechnet werden soll die aus wirtschaftlicher Sicht günstigste Leistungaufteilung zwischen dem Kraftwerk am Generatorknoten 3 und dem Bilanzkraftwerk am Knoten 4. Das zu lösende Gleichungssystem für die Optimierung hat als Unbekannte die Leistungen der

beiden Kraftwerke und den Lagrange-Faktor . Die letzte Zeile sagt aus, dass die beiden Kraft-

werke die Gesamtleistung, die an den Knoten 1 und 2 abfließt sowie die Verluste in dem Netz-werk decken müssen.

3 3

4 4

0 2 0 1 0 5

0 0 1 1 0 6

1 1 0 1 8 V

. D p .

. D p .

. p

.

In Bild 2.16 sind die Ergebnisse der Berechnung zusammengestellt. Hinsichtlich der Vorzei-chen gilt für den Newton-Raphson-Algorithmus die eingeführte Konvention (zufließende Leis-tungen erhalten ein negatives Vorzeichen, abfließende Leistungen ein negatives Vorzeichen). Bei der Optimierungsrechnung sind die Vorzeichen generell positiv.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aufgrund der vorgegebenen Kostenstruktur eine Präferenz des Kraftwerks am Generatorknoten 3 gegenüber dem Bilanzkraftwerk.

Ergebnis 1. Iterationsschritt 2. Iterationsschritt 3. Iterationsschritt

u1 0.9451 - 0.0578i 0.9440 - 0.0687i 0.9440 - 0.0692i

u2 0.9158 - 0.0850i 0.9142 - 0.0995i 0.9142 - 0.1001i

u3 1.0000 + 0.0032i 0.9998 - 0.0178i 0.9998 - 0.0186i

u4 (Bilanzknoten) 1 1 1

s1 1.2000 + 0.5930i 1.2000 + 0.5930i 1.2000 + 0.5930i

s2 0.6000 + 0.2000i 0.6000 + 0.2000i 0.6000 + 0.2000i

s3 -1.2000 + 0.0401i -0.9987 - 0.0556i -0.9907 - 0.0596i

s4 -0.6917 + 0.2022i -0.8953 + 0.2944i -0.9035 + 0.2980i

Lösung der Optimierung

0.3415 0.3418 0.3418

p3 0.9987 0.9907 0.9904

p4 0.8930 0.9033 0.9038

Gesamtverluste im Netz: pV = -0.0942 (negativ, d. h. pV muss eingespeist werden)

Bild 2.16 Ergebnis der Kraftwerkseinsatzoptimierung am Beispiel des Netzes gemäß Bild 2.15 bei Berücksichtigung von Netzverlusten

Page 79: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

73

2.4.4 Quadratische Optimierung mit DC-Leistungsfluss

2.4.4.1 Theoretischer Ansatz

Die variablen Kosten eines Kraftwerks gemäß

2 2

1 1 1

G GN N

G,i i ,ges G,i i G,i i G,i i G,i i G,i i

n

ii

C( p ) K ( p ) b p c p b p c p

(2.138)

sind durch den Ausdruck

1

2G,iC( p ) T Tx H x f x (2.139)

darstellbar. Diese Darstellung ist nur bei Ansatz eines Polynoms 2. Grades für die Kostenfunk-tion möglich, daher die Bezeichnung “quadratische Optimierung”. Optimierungsprobleme der Form

1

2min mit

T T

x

min max

x H x f x A x b

C x d

x x x

. (2.140)

lassen sich geschlossen lösen. Zur Darstellung von Gleichung (2.138) werden die folgenden Matrizen und Vektoren definiert:

11 1

11 1

1

1

2 2

2 0 0 0 0 0

0 2 0 0 0 0

0 0 2 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

G

G,nn n

G,nn n

n

nn n

pc b

pc b

pc b

H f x

. (2.141)

Die Summierung in Gleichung (2.138) kann über sämtliche n Knoten erfolgen. Wenn an einem Knoten k kein Kraftwerk angeschlossen ist, so ist bk = 0 und ck = 0. Zur Lösung des Problems muss nun noch eine Gleichung der Form

A x b (2.142)

aufgestellt werden, welche die Eigenschaften des Netzes berücksichtigt. Dabei ist x der in Gleichung (2.141) verwendete Vektor der unbekannten Generatorleistungen und Winkel der Spannungen. Die Leistungsflussgleichungen sind nichtlinear. Durch Vereinfachungen – insbe-sondere den Verzicht auf ohmsche Anteile in den Admittanzen – entstehen die linearen Glei-chungen des DC-Leistungsflusses. Diese können auf eine Form gemäß Gleichung (2.142) gebracht werden. Dadurch wird die quadratische Optimierung überhaupt erst anwendbar. Ma-thematisch gesehen, hat sie eine durch lineare Gleichungen bestimmbare Lösung. Aufgrund dessen hat sich der DC-Leistungsfluss bei Optimierungrechnungen etabliert. Durch die Anwen-dung des DC-Leistungsflusses werden jedch keine Verluste in dem Netzwerk berücksichtigt.

Page 80: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

74

Grundlage der folgenden Betrachtung ist die DC-Leistungsflussberechnung gemäß Gleichung (2.100). Gemäß Bild 2.17 werden in einen Knoten Leistungen eingespeist (PGi > 0) und Leis-tungen entnommen (PLi > 0), die Differenz daraus ist die Leistung pi, die positiv aus dem Knoten i herausfließt. Gemäß der DC-Leistungsfluss-Gleichung wird die Leistung pi von den Blindleit-

werten Bik und der Differenz der Phasenwinkel i-k bestimmt. Für jeden Knoten gilt daher die folgende Leistungsbilanz:

1

1

oder 1, 2, ...,

n

Li Gi i ik i kk

n

Gi ik i k Lik

p p p B

p B p i n

. (2.143)

In Matrix-Schreibweise erhält man

G mod Lp B φ p (2.144)

mit

1

11 1 11 1 11 1

11 1 11 1 1 1

1

1 1 2 1

0

0

0 0

0 0

0 0 0

G

n

,k ,nk G,n

G,n

n

n ,n n , n ,k n ,nk

n,n n, n,n n n n

n

p

a B B Bp

p

a B B B

a B B

A

1

2

1

1

2 1

0 falls 0mit

1 falls 0

L

L

Ln

Ln n

n

G, jjj

G, j

p

p

p

p

pa

p

b

x

. (2.145)

Bild 2.17 Leistungen an einem Knoten; pGi > 0: eingespeiste Leistung, pLi > 0: abfließende Leistung (Last), pi: Differenz zwischen pGi und pLi, die sich aus den Leistungsfluss-gleichungen ergibt

pi

Bik k

i pGi

pLi

Bik k

i

Page 81: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

75

2.4.4.2 Beispiel 6: quadratische Optimierung mit DC-Leistungsfluss

Der Kraftwerkseinsatz des bereits in Beispiel 5 betrachteten 110-kV-Netzes soll durch die quad-ratische Optimierung berechnet werden (Bild 2.15). Die folgenden Daten sind gegeben:

Vorgegebene Leistungen: P1 = 120 MW mit cos = 0,93, P2 = 60+j20 MVA

normierte Leistungen: 1 21,2 0,593 0,6 0,2s j s j

Knoten 3 ist ein Generatorknoten mit u3 = u3 = 1

Knoten 4 ist der Referenzknoten mit u4 = u4 = 1 und 4 = 0 Die vollständige KAM ist Beispiel 5 zu entnehmen. Die daraus abgeleitete Knotenadmittanz-matrix für die DC-Leistungsflussberechnung lautet:

18.784 -4.669 -7.372 -7.372

4,669 8.405 -3.735 0Im

7.372 3.735 16.396 -5.603

7.372 0 -5.603 12.660

DC

g g

Die von der quadratischen Optimierung benötigten Matrizen und Vektoren lauten:

1

2

3

4

1

2

3

8 8

0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 2 0 5

0

0 1 0 6

0 0

G

G

G

G

P

P

P

P

. .

. .

H f x

und

4 8

0 0 0 0 -19.414 4.669 7.372 0 1 2

0 0 0 0 4.669 -8.405 3.735 0 0 6

0 0 1 0 7.372 3.735 -16.711 0 0

0 0 0 1 7.372 0 5.603 0 0

.

.A b

.

In MATLAB steht die Routine quadprog zur Verfügung, die mit dem Befehl

[x,fval] = quadprog(H,f,C,d,A,b,xmin,xmax)

aufgerufen wird. Dabei ergeben sich C und d aus der in Gleichung (2.140) genannten Unglei-chungsbedingung. In dem vorliegenden Beispiel liegen keine Ungleichungsbedingungen vor, so dass sich der Befehl modifiziert:

[x,fval] = quadprog(H,f,[],[],A,b,xmin,xmax) .

Page 82: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

76

Vergleicht man das Ergebnis aus Beispiel 5 (p3 = 0,9904 und p4 = 0.9038) mit dem Ergebnis

der quadratischen Optimierung, so erkennt man, dass die quadratische Optimierung aufgrund der Vernachlässigung der Netzverluste (DC-Leistungsfluss) Abweichungen zeigt. Diese liegen bei Generator 3 bei 100%*(0,9904-0,9333)/0,9904 = 5,8% und bei Generator 4 bei 4,1%, wobei die Einspeisewerte um die Verlustleistung im Netz zu gering sind. Aufgrund der Vernachläs-sigung der Netzverluste ist die Summe aus pG3 und pG4 exakt die Summe der Lasten an den Knoten 1 und 2.

1

2

3

4

1

2

3

0000

0 93330 93330 86670 8667 1-5.866-0.1024 2

-0.1371 -7,858-0.0199 -1.144

0 0 0

G

G

G

Go var G,i

o

o

p

p.p ..p .

fval C ( p )

T Tx x H x f x 1 11133.

2.4.5 Optimierung mit AC-Leistungsfluss

2.4.5.1 Problemformulierung

Die Leistungsflussgleichungen stellen ein System nichtlinearer Gleichungen dar. Bei der Opti-mierung mit AC-Leistungsflussgleichungen handelt es sich um eine nichtlineare Ziefunktion mit nichtlinearen Nebenbedingungen. Die mathematische Formulierung für dieses nichtlineare Optimierungsproblem lautet:

2 3

1 1

1

1

1 2

0

0 1 2

G

G,i G,i

N n

i ,ges G,i i G,i i G,i i G,ip pi i

n

L,i G,i i ik k i k ikk

n

L,i G,i i ik k i k ikk

min K ( p ) min b p c p d p ... i , , ..., n

mit p p u g u cos

q q u g u sin i ,

G,i ,min G,i G,i ,max

G,i ,min G,i G,i ,max

i ,min i i ,max

, ..., n

p p p

q q q

u u u

. (2.146)

Zur Lösung dieses Problems existiert eine Reihe von Algorithmen, von denen einige in Absch-nitt 2.4.2 genannt sind.

Page 83: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

77

2.4.5.2 Arbeiten mit MATPOWER

Das Softwarepakte MATPOWER wurde speziell zur Berechnung des Leistugsflusses (PF) und des optimalen Leistungsflusses (OPF) erstellt. Diese Software wurde am Power Systems Re-search Center (PSERC) erstellt [*], einer nationalen Forschungsgemeinschaft, an der mehrere US-Universitäten beteiligt sind. Sie ist frei zugänglich und kann unter http://www.pserc.cornell.edu/matpower heruntergeladen und in die MATLAB-Umgebung ein-gebunden werden. Hierbei können eine Reihe von Optimierungsverfahren ausgewählt werden und sowohl der DC-Leistungsfluss als auch der AC-Leistungsfluss berechnet werden. Zunächst muss das Problem definiert werden. Dies geschieht in der Funktion, in diesem Fall “case_skript_BEE”. Diese Funktion enthält die 3 Bereiche

mpc.bus zur Beschreibung der Knoten und ihrer Leistungsabgänge

mpc.gen zur Beschreibung der Kraftwerke und Generatoren

mpc.branch zur Beschreibung des Netzes

sowie

mpc.gencost zur Beschreibung der Kosten der einzelnen Kraftwerke und Generatoren

Sämtliche Funktionen verfügen über eine Vielzahl von Optionen, die man nutzen kann, die im einfachsten Fall aber außer Acht gelassen werden können. In Bild 2.18 und Bild 2.19 werden die erforderlichen Parameterspezifikationen angegeben, mit denen das Problem beschrieben wird. Bild 2.21 zeigt beispielhaft das File zur Beschreibung des in Bild 2.15 dargestellten Netzwerkes. * R. D. Zimmerman, C. E. Murillo-Sánchez, and R. J. Thomas, "MATPOWER Steady-State

Operations, Planning and Analysis Tools for Power Systems Research and Education,", IEEE Transactions on Power Systems, vol. 26, no. 1, pp. 12-19, Feb. 2011.

Page 84: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

78

a.

b.

Bild 2.18 Problembeschreibung mit dem Softwarepaket MATPOWER

a. Bus data (mpc.bus) zur Beschreibung der Knoten und ihrer Eigenschaften b. Generator data (mpc.gen) zur Beschreibung der Kraftwerke und Generatoren

Page 85: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

79

a.

b.

Bild 2.19 Problembeschreibung mit dem Softwarepaket MATPOWER

a. Branch data (mpc.branch) zur Beschreibung des Netzes

b. Generator cost data (mpc.gencost) zur Beschreibung der Kosten der einzelnen Kraftwerke und Generatoren

Page 86: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

80

2.4.5.3 Beispiel 7: Optimierung mit DC- und AC-Leistungsfluss mit MATPOWER

1) quadratische Optimierung mit DC-Leistungsfluss

Zunächst soll das Beispiel 6 noch einmal aufgegriffen werden. MATPOWER stellt die Routine

qps_mips zur Verfügung, deren Aufruf dem von quadprog sehr ähnlich ist. Allerdings werden

die Nebenbedingungen etwas anders formuliert:

1

2min

mit

T T

x

min max

x H x f x

d A x b

x x x

.

Der Aufruf lautet:

[x,fval,exitflag,output,lambda] = qps_mips(H,f,A,d,b,xmin,xmax,x0,opt)

Die Lösung des konkreten Problems

[x,fval,exitflag,output,lambda] = qps_mips(H,f,A,b,b,[],[],[],[]);

führt auf das bereits bekannte Ergebnis. Ein Startvektor x0 wird nicht vorgegeben, wenn nur

Gleichheitsbedingungen der Form A x = b vorliegen, so ist d = b zu setzen.

2) Optimierung mit AC-Leistungsfluss

Im folgenden soll das Beispiel 5 noch einmal aufgegriffen werden, dessen Lösung iterativ unter Benutzung des AC-Leistungsflusses bereits berechnet wurde:

Vorgegebene Leistungen: S1 = 120+j59,3 MVA, S2 = 60+j20 MVA

Knoten 3 ist ein Generatorknoten mit u3 = u3 = 1

Knoten 4 ist der Referenzknoten mit u4 = u4 = 1 und 4 = 0

Bild 2.20 Beispiel zur Leistungsflussberechung: 110-kV-Freileitungsnetz

s3

s1 s2

s4

u1 u2

u3 u4

Freileitung

Kabel

69,04712

5ojy e

5513

9ojy e 69,047

234

ojy e

69,04734

6ojy e

5514

9ojy e

14,00.63y j 13,0

0.63y j

Page 87: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

81

Bild 2.21 zeigt die Eingaben für das Beispiel, im Folgenden sind noch einige beachtenswerte Hinweise angegeben. Bei den anzugebenden Parametern handelt es sich sowohl um normierte als auch um nicht-normierte Größen.

mpc.bus

Es gibt 3 Knoten-Typen: PQ (1), PV (2) und Bilanzknoten (3).

Für jeden Knoten müssen die Nummer, der Knotentyp und die jeweiligen Wirk- und Blind-leistungen in MW und Mvar angegeben werden. Ein weiterer wichtiger Parameter ist die Bezugsspannung in kV.

mpc.gen

Für jeden Generator (Kraftwerk) müssen der jeweilige Anschlussknoten, die Ausgangsleis-tungen sowie die Begrenzungen angegeben werden. Die Ausgangsleistungen werden je-doch bei der OPF-Berechnung neu berechnet, d. h. optimiert.

mpc.branch

Die in Bild 2.20 gegebenen normierten Admittanzen müssen in normierte Impedanzen umgerechnet werden.

In Bild 2.20 sind zum besseren Verständnis die Querleitwerte der Kabel 1-4 und 1-3 (y14,0

und y13,0) eingetragen. Diese werden als Eingabe bei mpc.branch direkt benötigt.

mpc.gencost

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die in normierter Form gegebenen Kostenfunktionen

2

3 3 3

24 4 4

6 0 5 0 1

5 0 6 0 05

C( p ) . p . p

C( p ) . p . p

aus Beispiel 5 in eine nicht-normierte Form gebracht werden müssen:

22 5 23 3

3 3 3 3 3

22 6 24 4

4 4 4 4 4

6 0 5 0 1 6 0 5 0 1 6 0 005 1 10

5 0 6 0 05 5 0 6 0 05 5 0 006 5 10

B B

B B

P PC(P ) . p . p . . . P P

S S

P PC(P ) . p . p . . . P P

S S

.

Prinzipiell könnten die Kostenfunktionen auch durch ein Polynom höherer Ordnung als 2. Grades oder durch stückweise lineare Funktionen modelliert werden.

Page 88: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

82

function mpc = case_skript_BEE %zugrundegelegt wird die Schaltung BEE-Skript, Beispiel 7 %% MATPOWER Case Format : Version 2 mpc.version = '2'; %%----- Power Flow Data -----%% %% system MVA base mpc.baseMVA = 100; %% bus data % bus_i type Pd Qd Gs Bs area Vm Va baseKV zone Vmax Vmin mpc.bus = [ 1 1 120 59.3 0 0 1 1 0 110 1 1.1 0.9; 2 1 60 20 0 0 1 1 0 110 1 1.1 0.9; 3 2 0 0 0 0 1 1 0 110 1 1.0 1.0; 4 3 0 0 0 0 1 1 0 110 1 1.0 1.0; ]; %% generator data % bus Pg Qg Qmax Qmin Vg mBase status Pmax Pmin Pc1 Pc2 Qc1min Qc1max Qc2min Qc2max ramp_agc ramp_10 ramp_30 ramp_q apf mpc.gen = [ 3 100 0 300 -300 1 100 1 500 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0; 4 100 0 300 -300 1 100 1 500 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0; ]; %% branch data % fbus tbus r x b rateA rateB rateC ratio angle status angmin angmax mpc.branch = [ 1 2 0.07152 0.18677 0 500 500 500 0 0 1 -360 360; 1 3 0.06373 0.09101 0.63 500 500 500 0 0 1 -360 360; 1 4 0.06373 0.09101 0.63 500 500 500 0 0 1 -360 360; 3 4 0.05960 0.15564 0 500 500 500 0 0 1 -360 360; 2 3 0.08940 0.23346 0 500 500 500 0 0 1 -360 360; ]; %%----- OPF Data -----%% %% generator cost data % 2 startup shutdown n c(n-1) ... c0 mpc.gencost = [ 2 0 0 3 1e-5 0.005 6; 2 0 0 3 5e-6 0.006 5; ];

Bild 2.21 Problembeschreibung des in Bild 2.20 dargestellten Netzwerkes und der im Beispiel verwendeten Kostenfunktionen der Kraftwerke an Knoten 3 und 4

Page 89: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

83

Zunächst wird noch einmal der DC-Leistungsfluss berechnet. Der entsprechende Aufruf lautet:

[results, success] = rundcopf(case_skript_BEE) .

Als Ergebnis (Bild 2.22) erhält man

1

2

3

4

3

4

-4.049050 070669

0 107760 -6.174220 014043 -0.80462

0 00 93333 0 933330 86666 0 86666

o

o

o

G

G

.

.

.

p . .p . .

result.x

Die Winkel der MATPOWER-Berechnung mit rundcopf sind leicht niedriger als die Berechnung mit den beiden anderen Verfahren. Nun soll die Optimierung des Beispiels 5 mit dem AC-Leistungsfluss berechnet werden. Der entsprechende Aufruf lautet:

[results, success] = runopf(case_skript_BEE) .

Als Ergebnis erhält man für die Ergebnisse der Berechnung mit runopf und dem iterativen

Verfahren gemäß Beispiel 5 im Vergleich:

runopf Ergebnisse Beispiel 5

1

2

3

4

1

2

3

4

3

4

3

4

-4.1174-0.071863

-0.107337 -6.1499-0.016298 -

0

0.94656

0.91965

1

1

1.01261

0.8811

0.04884

-0.28810

o

o

u

u

u

u

p

p

q

q

result.x

1

2

3

4

1

2

3

4

3

4

3

4

-4.19094

-6.25082

0.9338 -1.0669

0 0

0.94656 0.946

0.91965

1

1

1.01261

0.8811

0.04884

-0.28810

o

o

o o

u

u

u

u

p

p

q

q

x

52

0.91964

1

1

0.9904

0.90383

0.05971

-0.29809

.

Die mit den beiden Berechnungsverfahren erzielten Ergebnisse sind sehr ähnlich. Die Abwei-chungen in den berechneten Leistungen liegen bei ca. 2%. Hinweis zum Ergebnisvektor x aus Beispiel 5: Die Vorzeichen wurden so geändert (umgekehrt), dass sie der Vorzeichenkonvention von MATPOWER entsprechen.

Page 90: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

84

Bild 2.22 Ergebnisse der Leistungsflussberechnung mit dem Softwarepaket MATPOWER

2.5 Vereinfachte Netzberechnung im Mittel- und Niederspannungsnetz

Hier sollen elektrisch kurze Leitungen betrachtet werden, vorwiegend im Mittel- und Nieder-spannungsnetz mit l < 100 km. Dabei können die kapazitiven Beläge vernachlässigt werden.

2.5.1 Einseitig gespeiste Leitung

Es soll die Spannungsdifferenz zwischen der Spannung U1 an Anfang der Leitung und der Spannung U2 am Ende der Leitung untersucht werden.

2.5.1.1 Wechselstromleitung mit einer Abnahme

Mit der Vernachlässigung des kapazitiven Belages der Leitung ergibt sich das in Bild 2.23a dargestellte Ersatzschaltbild. An ihrem Ende wird die Leitung mit einem Verbraucher der Scheinleistung S belastet. Damit gilt:

*2

2 2

mit

undcos( ) sin( ) tan( )

S U I P j Q

P U I Q U I P

. (2.147)

Aus dem Zeigerdiagramm Bild 2.23b ergibt sich für den Spannungsabfall längs der Leitung

1 2

( cos sin ) ( sin cos )

qU U U U j U

I R X j I R X

. (2.148)

Page 91: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

85

Für den Betrag der Spannung U1 am Anfang der Leitung ergibt sich aus dem Zeigerdiagramm:

2 2 21 2 2

2mit

( ) ( ) 1 tan

tan

q

q

U U U U U U

U

U U

. (2.149)

Der Leitungswinkel ist üblicherweise klein. Daher kann der Term tan2 vernachlässigt werden und es gilt mit guter Näherung:

1 2 oder( )U U U U U . (2.150)

Setzt man in die Gleichung (2.148) die Beziehung (2.147) ein, so erhält man

2 2 2

tanP P Q

U U R X R XU U U

. (2.151)

Mit dem Widerstands- und Induktivitätsbelag (R’ und X’) der Leitung erhält man bei einer Lei-

tungslänge

' ' '

2 2tan

P PU U R X

U U . (2.152)

Die Größe ’ wird als belastete Längsimpedanz bezeichnet. In der Größe ’ ist die Hin- und die

Rückleitung zu berücksichtigen. a. b. Bild 2.23 Wechselstromleitung mit einer Annahme a. Ersatzschaltbild b. Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme

I

U1

U2

Uq

U RI

jXI U

Z U1 U2

R X

I

Page 92: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

86

2.5.1.2 Drehstromleitung mit einer Abnahme

In der Praxis tritt eine Drehstromleitung mit einer Abnahme z. B. bei der Versorgung abgelege-ner Bauernhöfe oder Gewerbegebiete auf (Bild 2.24). R’ und X’ sind die Betriebs-Impedanzbeläge der Leitung. Für die Sternspannungen gilt dann:

' '( cos sin )U U I R X . (2.153)

Mit der Drehstromleistung

23 cosP U I (2.154)

folgt aus (2.148) analog zu (2.152)

' 'Y

2tan

3

PU U R X

U

. (2.155)

UY ist die Differenz der Sternspannungen.

Die Differenz der Leiterspannungen U ist demnach

' 'Y

23 tan

PU U R X

U

. (2.156)

Nimmt man weiterhin an, dass am Verbraucher etwa die Nennspannung des Systems ansteht, so gilt

' ' 'Y

2 2tan

3 3N N

P PU U R X

U U

, (2.157)

wobei ’ die belastete Längsimpedanz des Drehstromsystems ist. U2N ist die Nenn-Leiter-

spannung des Systems. Bei induktiven Verbrauchern ist tan >0. Bild 2.24 Typische Netzkonfiguration, bei der eine Drehstromleitung mit einer Abnahme be-

trieben wird

Begrenztes Versorgungs-gebiet (Wohngebiet, Gewerbepark, Bauernhof)

Ortsnetztransformator typ. 20 kV / 400 V oder 110 KV / 20 kV

Page 93: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

87

2.5.1.3 Drehstromleitung mit zwei Abnahmen

In der Praxis treten solche Anordnungen oft in Randgebieten von Städten auf. Eine Leitung versorgt 2 Verbraucher, die aufgrund ihres Abstandes nicht mehr zu einer Einheit zusammen-gefaßt werden können, wie dies in der Konfiguration gemäß Bild 2.24 der Fall war. Bild 2.25a zeigt die Ersatzschaltung einer solchen Anordnung und in Bild 2.25b ist das zugehörige Zei-gerdiagramm dargestellt. Die Leitung hat einen konstanten Widerstandsbelag (R’) und einen

konstanten Induktivitätsbelag (X’) über der ganzen Länge 2. Analog zu Gleichung (2.156) gilt

' ' '2 212 2 2 1 2 1

' ' '1 2 1 21 12 1 1

tan ( ) ( )

tan

N N

qN N

P PU R X

U U

P P P PU R X

U U

. (2.158)

a. b. Bild 2.25 Drehstromleitung mit 2 Annahmen (einphasiges Ersatzschaltbild) a. Ersatzschaltbild b. Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme

U1 U2

Iq

S1 Uq

I1 I2

S2

RIq

I2

U1

U2 Uq1

jXI2

U

2

RI2

jXIq

I1

1

Uq

U1212

Iq

Page 94: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

88

Für die Spannung am jeweiligen Knotenpunkt wird die Nennspannung UN (Leiterspannung)

angesetzt. Dann sind U12 und Uq1 ebenfalls Leiterspannungen.

Bei ungefähr gleichen Winkeln 1 und 2 werden diese gleich m gesetzt. Mit

1 1 2 2

1 2

cos coscos m

P P

P P

(2.159)

erhält man für die mittlere belastete Längsimpedanz

' ' ' tanm mR X . (2.160)

Die gesamte Spannungsdifferenz U ist dann die Summe aus U12 und Uq1:

' '

2 2 1 1 2 1 1 1 2 2( ) ( )m m

N NU P P P P P

U U

. (2.161)

2.5.1.4 Drehstromleitung mit n Abnahmen

Diese Anordnung tritt auf, wenn z. B. ein Wohn- oder Gewerbegebiet durch eine einzige Netz-station gespeist wird, wie dies in Bild 2.26a dargestellt ist.

Analog zu Gleichung (2.161) kann die Spannungsdifferenz U zwischen Anfang und Ende einer

Leitung mit n Abnehmern gemäß

'

1

' ' ' 1

1

mit und

cos

tan cos

nm

k knN k

k kk

m m m n

kk

U PU

P

R X

P

. (2.162)

berechnet werden (Bild 2.26b). Die Spannungsdifferenz vom Leitungsanfang bis zum Knoten k kann man sich zusammengesetzt denken aus den Spannungsabfällen längs der einzelnen Leitungsteilstücke:

' ' '

1 2 1 3 21 2 3

' '

1 2 11

'

1 1 2 2 1 1

' 1

1

....

....

...

n n nm m m

k j j jN N Nj j j

n nm m

k k j k k jN Nj k j k

nm

k k k jN j k

k nm

j j k jN j j k

U P P PU U U

P PU U

P P P PU

P PU

(2.163)

Page 95: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

89

Man kann anstatt Leistungen auch Ströme einführen. Man erhält dann:

1

' '

1

3 cos sink n

k M M j j k jj j k

U R X I I

. (2.164)

a. b.

Bild 2.26 a. typische Netzkonfiguration, bei der eine Drehstromleitung mit einseitiger Spei-sung und n Abnahmen auftritt

b. Schematische Anordnung einer Drehstromleitung mit n Annehmern (einphasiges Ersatzschaltbild)

2.5.2 Zweiseitig gespeiste Leitung

2.5.2.1 Verwerfen eines Stromes

Gegeben sei eine zweiseitig gespeiste Leitung mit einem Verbraucher Z gemäß Bild 2.27. Die

Spannungen Uj und U seien bekannt, ebenso der Strom I1.

Für die beiden Leitungsabschnitte gilt:

U1

Iq

P1 Uq

I1

U2

I2

P2

1

2

Uk

Ik

Pk Un

In

Pn

k

n

Ortsnetztransformator typ. 20 kV / 400 V

Page 96: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

90

Uj U

Ij I j k

jk k

Ij

Ijk Ik

I1

Z

' '

' '= +mit und

j jk k

jkjk

kk j jk k

Z R j X

Z R j X Z Z Z

. (2.165)

Zur Berechnung der Ströme kann in Bild 2.27 die Impedanz durch eine Stromquelle mit dem Strom I1 ersetzt und die beiden Spannungsquellen kurzgeschlossen werden. Damit ergibt sich:

1undjk jk k k jk kjk kU I Z U I Z I I I (2.166)

und deshalb

1 1 undjk jk

jk k jj j j

U UZZI I I I I

Z Z Z

. (2.167)

Die Ströme Ij und I ergeben sich als Überlagerung der Ströme infolge der Stromquelle und der

Ströme infolge der Spannungsquellen:

1

1

jkj jk j

j j

jk jk j

j j

U UZI I I I

Z Z

U UZI I I I

Z Z

. (2.168)

Bei Leitungsabschnitten mit gleichen Leitungsbelägen, d. h. R’jk = R’k und X’jk = X’k vereinfacht

sich Gleichung (2.168) noch etwas:

1 1 undjk jk

jk k jj j j

U UI I I I I

Z

. (2.169)

Bild 2.27 Ersatzschaltbild einer Leitung mit zwei Einspeisungen und einem Verbraucher Z

Page 97: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

91

2.5.2.2 Verwerfen einer Leistung

Gegeben sei eine zweiseitig gespeiste Leitung mit einem Verbraucher gemäß Bild 2.28. Der

Verbraucher nimmt die Wirkleistung Pm auf, der Leistungsfaktor ist cos(m). Es gelten folgende Vereinfachungen und Näherungen:

Die Teilabschnitte der Leitung haben identische Beläge.

Verluste auf der Leitung werden vernachlässigt. Dadurch ist insbesondere

1cos cos cosk jk . (2.170)

Die Spannung an den Knotenpunkten sei identisch, d.h. der Spannungsabfall U ist ge-genüber der Knotenspannung gering. Dadurch ist

3N

jU

U U . (2.171)

Für die Leistungen kann man dann schreiben:

3 cos

3 cos

3 cos

k k k k

jk j jk jk

k kk k k k

j j

P U I

P U I

U I P

. (2.172)

Das Verwerfen einer Leistung auf die Knotenpunkte erfolgt also gemäß den Gleichungen

jkk

jk k k kj j

P P P P

. (2.173)

Der komplexen Spannungsabfälle Ujk und Uk entlang der beiden Teilstücke der Leitung sind

(Bild 2.28)

' ' ' '

' ' ' '

jkkjk jkj kjk j

j j

jk kk k kk j

j j

U R j X I R j X I U U

U R j X I R j X I U U

. (2.174)

Für den Betrag der Spannungsabfälle Ujk und Uk längs der beiden Leitungsstücke kann man

analog zur einseitigen Speisung vorgehen.

Der erste Term entspricht der einseitigen Speisung mit Pjk, der zweite Term ergibt sich aus den Beträgen der Spannungen.

Page 98: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

92

Uj U

Ij I j k

jk k

Pk Pjk

Ik

Pk

Ujk Uk

'

'' ' 'mit tan

jkkjk jk k j

N j j

k kk k k j k

N j j

U P U UU

U P U U R XU

. (2.175)

Bild 2.28 Ersatzschaltbild einer Leitung mit zwei Einspeisungen und einem Verbraucher 2.5.2.3 Drehstromleitung mit n Abnehmern und zweiseitiger Speisung

Die zweiseitige Speisung einer Leitung, an die verschiedene Verbraucher, z. B. Wohnhäuser oder Gewerbebetriebe, angeschlossen sind, bietet eine wesentlich höhere Versorgungssicher-heit, als die einseitige Speisung.

Bild 2.29a zeigt eine derartige Netzkonfiguration und in Bild 2.29b ist eine zweiseitig gespeiste

Leitung mit n Verbrauchern dargestellt. Die Verbraucher nehmen die Wirkleistung P auf, der

Leistungsfaktor ist cos() mit = 1,2,…,n.

Es gelten wieder die unter 4.4.2.2 genannten Vereinfachungen. Mit den Bezeichnungen gemäß Bild 2.29b ist:

3N

jU

U U . (2.176)

und

1

1

cos

cos

n

m n

P

P

. (2.177)

Page 99: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

93

a. b. Bild 2.29 a. Typische Netzkonfiguration, bei der mehrere Verbraucher durch eine Leitung mit

beidseitiger Einspeisung versorgt werden b. Drehstromleitung mit n Annehmern und zweiseitiger Einspeisung (einphasiges

Ersatzschaltbild)

Ortsnetztransformator typ. 20 kV / 400 V

Ortsnetztransformator typ. 20 kV / 400 V

P1

cos 1 Uj

1

P2

cos 2 U

P-1

cos -1

P

cos

Pn

cos n

Pn-1

cos n-1

2 n n+1

Pj P

U

Ortsnetztransformator typ. 20 kV / 400 V

Ringleitung

Page 100: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

94

Analog zu den Gleichungen (2.173) erfolgt das Verwerfen der Leistungen auf die Einspeise-punkte j und gemäß:

1 2 3 1 2 3 4 1

1 2 1 1

1

1 1

1( ... ... ...

... ... ... )

1

j n nj

n n n

n n

q pj q p q

P P P

P P

P

. (2.178)

und

1 1 1 1 2 1

1 1 1 1

1 1

1( ... ... ...

... ... ... )

1

n n n n n nj

qn

q pj q p

P P P

P P

P

. (2.179)

Der Spannungsabfall von der Einspeisestelle bis zu einer Stelle , an der die Wirkleistung P mit

einem Leistungsfaktor cos() abgenommen wird, kann durch die folgende Überlegung be-stimmt werden.

Zunächst ist wegen Uj U (Gleichung (2.176)) der Spannungsabfall längs der Leitung nur

durch den Wirkleistungsfluß gegeben und kann analog zu den Gleichungen (2.163) und (2.175) berechnet werden. Der Spannungsabfall, verursacht durch die Leistung P am Abzweig ist

'1 2 3 1

1 2 3 1

1

( ... )( ... ) n

nN

pp

U PU

. (2.180)

Die Leistung P-1 am Abzweig -1 verursacht den Spannungsabfall

'1 2 1

1 1 2 3 1 1 1

1

( ... )( ... ) n

nN

pp

U PU

. (2.181)

Dies kann so weiter betrachtet werden, bis zur Leistung P1 am Abzweig 1, was dann den Span-nungsabfall

'

2 3 11 1 1 1

1

( ... )( ) n

nN

pp

U PU

. (2.182)

verursacht.

Page 101: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

2 Berechnung von Energieübertragungsnetzen

95

Um den gesamten Spannungsabfall zu ermitteln braucht man nun nur gemäß dem Überlage-rungsprinzip die einzelnen Spannungsabfälle aufgrund der einzelnen Leistungsflüsse addieren. Dies führt auf

1 2 1

1 1

1 1 2 1 2' 2 3

11 1

1 1 1 111

1'

11 1

1

...

...

.... ... ...

n n

q qq q

nn n

N pq qp

q q

p n

p m qnm q p

N pp

U U U U U

P P

U P P

P

U

1p

. (2.183)

Formelabschnitt 3

Page 102: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

96

3 Der 3-polige Kurzschluss

3.1 Bedeutung und Arten der Netzkurzschlüsse

3.1.1 Klassifizierung der Netzkurzschlüsse

Bei Kurzschlüssen in elektrischen Netzen und Anlagen fließen erhebliche Kurzschlussströme, bis durch eine Schutzeinrichtung die Abschaltung der betroffenen Anlage erfolgt. Diese hohen Ströme führen zu entsprechend großen Stromkräften; Kurzschlüsse haben daher ein erhebli-ches Zerstörungspotenzial. Die Kenntnis der möglichen Kurzschlussströme ist daher für die mechanische Auslegung von Anlagen und Betriebsmitteln von größter Bedeutung. Bild 3.1 zeigt beispielhaft die Zerstörung der Unterspannungswicklung in einem Transformator durch einen Netzkurzschluß. Grundsätzlich kann zwischen symmetrischen und unsymmetrischen Kurzschlüssen unterschie-den werden. Der symmetrische Kurzschluss ist deutlich einfacher zu berechnen, da das Netz infolge der Symmetrie durch ein einphasiges Ersatzschaltbild modelliert werden kann. Beim symmetrischen Kurzschluss sind alle 3 Leiter und der Sternpunkt niederohmig verbunden. Der unsymmetrische Kurzschluss kann zwischen einem Leiter und Erde, zwischen 2 Leitern oder 2 Leitern und Erde bestehen. Aufgrund der Unsymmetrie kann in diesem Fall das 3-phasige Gesamtsystem nicht mehr durch eine 1-phasige Schaltung nachgebildet werden. Eine spezielle Transformation – die Methode der symmetrischen Komponenten – erlaubt jedoch die Berech-nung auch unsymmetrischer Netze. Weiterhin kann man zwischen einem generatornahen Kurzschluss und einem generatorfernen Kurzschluss unterschieden werden (Bild 3.2). Diese Unterscheidung ist notwendig, da die wirksame Kurzschlussreaktanz von Synchrongeneratoren zeitveränderlich ist.

Bild 3.1 Mechanisch zerstörte (deformierte) Unterspannungswicklung eines Transformators infolge eines zu hohen Stromes bei einem Netzkurzschluß

Page 103: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

97

Bei einem generatornahen Kurzschluss führt die zeitveränderliche Kurzschlussreaktanz zu einem zeitveränderlichen Kurzschlussstrom. Liegt nun eine größere Distanz zwischen Kurz-schluss und Generator, so wird der Kurzschlussstrom zu einem großen Anteil auch durch die Impedanzen der Leitungen, Transformatoren und Kompensationseinrichtungen zwischen Gene-rator und Kurzschlussstelle bestimmt. Die zeitabhängige Kurzschlussimpedanz von Synchron-generatoren verliert beim generatorfernen Kurzschluss gegenüber den Impedanzen der weite-ren Betriebsmittel zwischen Generator und Kurzschlussstelle ihre Bedeutung und braucht des-halb bei generatorfernen Kurzschlüssen nicht berücksichtigt zu werden. Beim generatorfernen Kurzschluss bleibt daher die Amplitude des Kurzschlussstromes (nahezu) konstant. a. b.

Bild 3.2 Generatornaher und generatorferner Kurzschluss a. Netzschaltbild b. Ersatzschaltbild

3.1.2 Generatornaher 3-poliger Kurzschluss

3.1.2.1 Generator-Reaktanzen während des Kurzschlusses

Synchrongeneratoren in Schenkelpolausführung besitzen neben der 3-phasigen Statorwicklung und der Erregerwicklung noch eine Dämpferwicklung (Bild 3.3a). Deren Aufgabe ist die Dämp-fung von Schwingungen des Polradwinkels und damit letztlich des Drehmoments sowie der Wirkleistung bei einer schnellen (sprungartigen) Belastungsänderung des Generators (oder Motors). Ungedämpfte Polradschwingungen würden zu einer Leistungspendelung führen, diese wiederum verursacht hohe mechanische Beanspruchungen aller bewegten Teile und der Lager sowie des Fundaments des Generators.

passive Lasten generatornaher Kurzschluss

generatorfernerKurzschluss

jXG jXT1 ZL jXT2 ZL

1

3

Uc

IK’’

Page 104: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

98

a. b. c. Bild 3.3 Magnetischer Fluss aufgrund der Ankerrückwirkung von Synchrongeneratoren bei

verschiedenen Belastungszuständen a. Anordnung von Erreger- und Dämpferwicklung bei einem Schenkelpolgenerator

b. Magnetfeld in der Maschine bei stationärem Betrieb und plötzlicher Belastungs-änderung (Stromstoß durch Kurzschluss)

c. Induktion eines Stromes in der Erregerwicklung, der seinerseits ein Gegenfeld erzeugt, welches dem ursprünglichen Feld entgegenwirkt (Lenz’sche Regel)

Dämpferwicklung (Dämpferstäbe)

Erregerwicklung

H

g

i

Leiterschleife

0 0

0

d Hw i Rdt

Stator H

d H idt

g

i

H 1 1

Page 105: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

99

Bild 3.3b zeigt das magnetische Feld in einem Synchrongenerator im stationären Zustand (links) und direkt nach dem Eintreten einer großen Laständerung, z. B. einem Klemmenkurz-schluss (mitte und rechts). Die Wirkung eines Kurzschlusses soll am Beispiel der Erregerwick-lung erklärt werden. In der Erregerwicklung wird ein Strom induziert, der seiner Ursache, also dem erhöhten Magnetfeld durch den Kurzschlussstrom in der Statorwicklung entgegenwirkt

(Lenz’sche Regel). Das Magnetfeld H des Statorstromes wird (vorübergehend) durch das

Magnetfeld g des Ausgleichsstromes in der Erregerwicklung aus dem Läufereisen in den Luft-

spalt zwischen Stator und Läufer gedrängt (Bild 3.3c). Ein großer Teil der magnetischen Feldli-nien schließt sich dann über erheblich lange Luftstrecken. Die Induktivität X eines magnetischen

Kreises ist umgekehrt proportional zum Luftspalt :

1

X

. (3.1)

Dadurch ist die direkt nach dem Kurzschluss wirkende Reaktanz wesentlich kleiner als die synchrone Reaktanz Xd.

Bei Generatoren mit Dämpferwicklung ist die Feldverdrängung in den Luftspalt noch effektiver, als wenn nur die Erregerwicklung vorhanden wäre, da auch in der Dämpferwicklung ein Aus-gleichsstrom induziert wird. Bei starken Laständerungen ergibt sich daher das folgende Verhalten:

Schenkelpolgeneratoren Direkt nach dem Eintreten der Belastungsänderung wirkt die subtransiente Reaktanz Xd’’.

Sie wird infolge der Feldverdrängung durch die Dämpferwicklung und die Erregerwicklung verursacht. Der Ausgleichstrom in der Dämpferwicklung klingt mit der Zeitkonstanten Td’’ ab. Danach wirkt nur noch die Erregerwicklung. Die dann wirksame Induktivität wird als transiente Reaktanz Xd’ bezeichnet. Der in der Erregerwicklung fließende Ausgleichstrom nimmt mit der Zeitkonstanten Td’ ab, bis schließlich wieder die synchrone Reaktanz Xd wirksam ist (Bild 3.4b). Für die zeitabhängige Generatorreaktanz XG(t) gilt

'' ''

' '' ' '' '

'

für

für mit

für

0 3

( ) 3 3

3

d d

G d d d d d d

d d

X t T

X t X T t T X X X

X t T

. (3.2)

Turbogeneratoren Turbogeneratoren besitzen keine Dämpferwicklungen. Die Dämpfung der Polradschwin-

gungen wird hier durch Wirbelströme im Läufer erreicht, der als massive Stahlwalze ausge-führt ist. Infolgedessen kann bei Laständerungen nur in der Erregerwicklung ein Strom in-duziert werden. Die subtransiente Reaktanz Xd’’ entfällt in diesem Fall und es wirkt direkt nach dem Eintreten der Belastungsänderung die transiente Reaktanz Xd’. Sie klingt mit der Zeitkonstanten Td’ ab, bis auch hier schließlich wieder die synchrone Reaktanz Xd wirksam ist. XG(t) ist

' ' '

'

für mit

für

0 3( )

3

d d d dG

d d

X t T X XX t

X t T

. (3.3)

Page 106: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

100

a. b.

Bild 3.4 Allgemeiner Fall des Kurzschlusses von Synchrongeneratoren a. Einphasiges Ersatzschaltbild während des Kurzschlusses

b. Verlauf der zeitabhängigen Reaktanz XG(t) eines Schenkelpolgenerators nach einem Klemmenkurzschluß zum Zeitpunkt t = 0

Bild 3.4a zeigt das während dem Kurzschluss wirksame Ersatzschaltbild. Im allgemeinen Fall ändert sich die Kurzschlussreaktanz des Generators von Xd’’ über Xd’ bis schließlich wieder Xd erreicht wird (Bild 3.4b). Während des Kurzschlusses ändert sich aber auch die treibende Spannung UP. Für diese Spannung hat sich der folgende Ansatz bewährt:

'' '' ''1010

' ' '' '1010

'1010

für

für

für

0 3

( ) 3 3

3

d dP

d d dP P

d dP

U U j X I t T

U t U U j X I T t T

U U j X I t T

. (3.4)

Darin sind: U10 die Klemmenspannung und I10 der Statorstrom (Klemmenstrom) des Generators vor Eintritt des Kurzschlusses. Direkt nach Eintritt des Kurzschlusses fließt der Anfangs-Kurzschlusswechselstrom

Nd

Pk

ZXj

UI

''

'''' , (3.5)

wobei ZN die Impedanz des Netzes von den Generatorklemmen bis zur Fehlerstelle darstellt. Nach Abklingen der Ströme durch die Dämpferwicklung wirkt die transiente Reaktanz Xd’ und es fließt der transiente Kurzschlussstrom

'

''

Pk

Nd

UI

j X Z

. (3.6)

t

XG(t)

Xd’’

Xd’

Xd

t = 0 3Td’ 3Td’’

realer VerlaufAnnäherung

jXG(t) ZN

IK’’ IK’ IK

UP’’ UP’ UP

Page 107: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

101

Dieser geht schließlich nach dem Abklingen aller Ausgleichsvorgänge in den Dauer-Kurzschlusswechselstrom über:

Pk

Nd

UI

j X Z

. (3.7)

3.1.2.2 Zeitlicher Verlauf des Kurzschlussstromes

Zur Berechnung des zeitlichen Verlaufes des Kurzschlussstromes eignet sich die Analyse eines R-L-Kreises mit „eingeschalteter“ Wechselspannung gemäß

für

für

0 0( )

2 sin( ) 0

tu t

U t t

. (3.8)

Aus Bild 3.5a erhält man die Differentialgleichung

mit( )

( ) ( ) ( ) ( ) ( 0) (0) 0kL R k k k

di tu t u t u t L R i t i t i

dt . (3.9)

Deren Lösung ergibt sich als Summe der Lösung der homogenen DGL und einer speziellen Lösung. Die Lösung der homogenen DGL ist

mit( )t

Tk

Li t K e T

R

. (3.10)

Die spezielle Lösung ergibt sich aus dem stationären Zustand und kann mit der komplexen Wechselstromrechnung gefunden werden:

( ) ( )

2 2 2 2mit

2 2arctan

( ) ( )

j t j t

j

U U e U e LI

R j L RR L e R L

. (3.11)

Die Summe dieser beiden Lösungen ist

2 2

2( ) sin( )

( )

t

Tk

Ui t K e t

R L

; (3.12)

mit der Anfangsbedingung ik(0) = 0 lässt sich die Konstante K bestimmen:

2 2

2sin( )

( )

UK

R L

. (3.13)

Damit erhält man insgesamt für den Kurzschlussstrom ik(t) in einem Wechselstromkreis zu

einem beliebigen Schaltaugenblick = t

2 2

mit und

2( ) sin( ) sin( )

( )

arctan

t

Tk

Ui t t e

R L

L LT

R R

. (3.14)

Page 108: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

102

Von Bedeutung für die bei einem Kurzschluss auftretenden Kräfte ist der maximal auftretende Strom IS. Dieser Strom wird als Stosskurzschlussstrom bezeichnet:

arctan( )'' "2

2 2 22

3'' ''

mit2 1( )

2 2 1,02 0,98

R L

L RS k k

R

Lk k

L UI I e I

R L R L

I I e

. (3.15)

a. b. c.

Bild 3.5 R-L-Kreis bei einer eingeschalteten Wechselspannungsquelle a. Schaltbild

b. Spannung (eingeschaltete Wechselspannung) c. Kurzschlussstrom ik(t) sowie zugehöriger Gleich- und Wechselanteil

L

u(t)

R

ik(t)

t

2 2

( )

2

( )

ki t

U

R L

( )

2

u t

U

ik(t)

Gleich- anteil Wechselanteil

IS

s

Page 109: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

103

Für den generatornahen Kurzschluss mit der zeitveränderlichen Generatorreaktanz XG(t) ge-mäß Gleichung (3.2) ergibt sich der zeitliche Verlauf des Kurzschlussstromes analog zu Glei-chung (3.14) in Verbindung mit den Zeitkonstanten Td’’ und Td’ zu (Bild 3.6)

'' '

*

'' ' ' ''

* ''

( ) 2 e e sin( ) 2 sin( ) e

2 sin( ) 2 sin( ) e

gd d

k

g

t t t

TT Tk k k k k k k

It

Tk k

i t I I I I I t I

I t I

. (3.16)

Der Gleichstromanteil in ik(t) tritt aufgrund der Zuschaltung zu einem beliebigen Zeitpunkt auf. Zu Beginn des Kurzschlusses wirkt die subtransiente Reaktanz Xd’’ und damit der Anfangs-Kurzschlusswechselstrom. Der Gleichstromanteil klingt mit der Zeitkonstanten

)( 1

''

N

Ndg RR

XXT

(3.17)

ab. Darin sind XN und RN die wirksame Reaktanz und Resistanz des Netzes vom Generator bis zur Kurzschlussstelle und R1 ist der ohmsche Widerstand der Statorwicklung des Generators.

Ein Kurzschluss wird als „generatornah“ bezeichnet (VDE 0102), wenn für das Verhältnis von Nennstrom des Generators zu Anfangs-Kurzschlusswechselstrom gilt

0 5N''k

I,

I . (3.18)

a. b.

Bild 3.6 Generatornaher Kurzschluss: zeitlicher Verlauf des Kurzschlussstromes (Beispiel) a. abklingender Wechselanteil

b. Gesamtstrom und Gleichanteil

t s

s

*

''sin( )k

k

It

I

''

( )

2k

k

i t

I

Gleichanteil: ''2 sin( )e g

t

TkI

Page 110: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

104

3.1.3 Generatorferner 3-poliger Kurzschluss

3.1.3.1 Reaktanzen während des Kurzschlusses

Beim generatorfernen Kurzschluss sind gemäß VDE 0102 der Anfangs-Kurzschluss-wechselstrom und der Dauerkurzschlussstrom nahezu identisch:

''k kI I . (3.19)

Der generatorferne Kurzschluss wird zu einem wesentlichen Teil durch die Impedanzen anderer Betriebsmittel (Transformatoren, Leitungen, Kompensatoren etc.) zwischen Generator und Fehlerstelle beeinflusst. Der Einfluss der variablen Generatorimpedanz XG(t) wird mit zuneh-mendem Abstand zwischen Generator und Fehlerstelle immer unbedeutender.

3.1.3.2 Zeitlicher Verlauf des Kurzschlussstromes

Für diesen Spezialfall mit

'' 'k k kI I I (3.20)

folgt aus Gleichung (3.16)

''( ) 2 sin( ) 2 sin( ) e

2 sin( ) sin( ) e

g

g

tT

k k k

tT

k

i t I t I

I t

, (3.21)

also das schon vom einfachen R-L-Kreis bekannte Ergebnis. Bild 3.7 zeigt den zeitlichen Ver-lauf des Kurzschlussstromes bei generatorfernem Kurzschluss. a. b. Bild 3.7 Generatorferner Kurzschluss: zeitlicher Verlauf des Kurzschlussstromes (Beispiel)

a. konstanter Wechselanteil b. Gesamtstrom und Gleichanteil

t

s

s

2 sin( )kI t

( )

2k

k

i t

I

Gleichanteil: ''2 sin( )e g

t

TkI

Page 111: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

105

ZGj

Uj

ZT1, ZL1 ZG1

U1

ZTi, ZLi ZGi

Ui

ZTj, ZLj

ZTk, ZLk ZTm, ZLm

ZTp, ZLp ZTq, ZLq

ZGj

U

ZT1, ZL1 ZG1

U

ZTi, ZLi ZGi

U

ZTj, ZLj

ZTk, ZLk ZTm, ZLm

ZTp, ZLp ZTq, ZLq

3.2 Berechnung der Kurzschlußströme

Voraussetzungen bei der Berechnung der Kurzschlussströme:’

Für die Dauer des Kurzschlusses und der Betrachtung ändert sich die Art des Kurzschlus-ses nicht,

Lichtbogenwiderstände werden nicht berücksichtigt, außerdem werden alle Admittanzen

und Leitungskapazitäten aller nicht-rotierenden Lasten vernachlässigt,

rein passive Lasten werden vernachlässigt.

3.2.1 Ersatzspannungsquelle an der Kurzschlussstelle Bei den folgenden Betrachtungen dient die VDE 0102 (DIN EN 60909, 2001) als Grundlage. Zunächst sei ein beliebiges Netz mit Transformatoren, Leitungen, Sammelschienen, Generato-ren und Netzeinspeisungen gemäß Bild 3.8a betrachtet. Die Betriebsmittel sind durch ihre Kurzschlussimpedanzen (ZT, ZL, ZG) modelliert. An einer bestimmten Stelle im Netzwerk tritt nun ein 3-poliger Kurzschluß auf.

a.

b.

Bild 3.8 Kurzschluß im Netz a. Netzwerk mit beliebig vielen Transformatoren, Leitungen, Netzeinspeisungen und

Generatoren; Kurzschluß an einer bestimmten Stelle im Netzwerk b. Verbindung aller Spannungsquellen

Page 112: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

106

Netzeinspeisungen und Generatoren werden durch ihre Impedanzen und eine Spannungsquel-le mit einer Leerlaufspannung ersetzt. Eine vereinfachende Annahme bei der Kurzschluss-stromberechnung ist, daß alle Spannungsquellen denselben Wert haben:

13

Ni n

c UU U U U

. (3.22)

Auf die Bedeutung des Spannungsfaktors c wird später noch eingegangen; üblicherweise wird c = 1,1 verwendet. Wegen der Annahme gemäß (3.22) können alle Spannungsquellen mitei-nander verbunden werden und es entsteht Bild 3.8b. Dadurch können die Spannungsquellen bis auf eine einzige entfallen (Bild 3.10a).

Nun findet vorteilhafterweise das Reziprozitätstheorem, auch als Umkehrsatz bezeichnet, An-wendung. Das Reziprozitätstheorem besagt: In einem linearen und zeitinvarianten Netzwerk

ohne gesteuerte Quellen ruft eine Spannungsquelle U, die sich im Zweig des Netzwerkes

befindet, in einem Zweig einen Strom hervor. Bei einem reziproken Netzwerk erhält man im

Zweig denselben Strom, wenn die Spannungsquelle U im Zweig wirkt. Bild 3.9 verdeutlicht diesen Zusammenhang.

Bild 3.9 Reziprozitätstheorem (Umkehrsatz)

Angewandt auf das vorliegende Problem bedeutet dies, dass die Spannungsquelle an den Ort des Fehlers gesetzt werden kann. An ihren ursprünglichen Ort tritt dann eine Kurzschlußverbin-dung gegen Erde (Bild 3.10b). Gemäß dem Reziprozitätstheorem fließt dann an dieser Kurz-schlußverbindung derselbe Strom, wie er an der Fehlerstelle gegen Erde fließen würde.

In einem letzten Schritt können die Impedanzen zwischen Spannungsquelle und Kurzschluß-verbindung zu einer Ersatzimpedanz ZErsatz zusammengefasst werden (Bild 3.10c). Dreht man nun noch die Richtung der Spannungsquelle um, so fließt der Fehlerstrom in die treibende Spannungsquelle und hat damit die Richtung des in die Fehlerstelle fließenden Stromes.

Gemäß der vorigen Ableitung und den Festlegungen in VDE 0102 (DIN EN 60909, 2001) wird bei dieser Methode eine Ersatzspannungsquelle an der Fehlerstelle als einzige im Kreis wirk-same Quelle eingeführt. Alle anderen Spannungsquellen im Netz werden inaktiv geschaltet (kurzgeschlossen). Alle Netzeinspeisungen, Synchronmaschinen, Asynchronmaschinen werden durch ihre Innenimpedanzen ersetzt. Das zugrunde liegende Netz muß durch Vereinfachung, z. B. Stern-Dreieck-Umwandlung und Zusammenfassen paralleler Netzteile auf eine resultie-rende Impedanz reduziert werden (Bild 3.10c). Dies kann - abhängig vom Grad der Verma-schung - einen erheblichen Aufwand bedeuten.

U

I1 = I

RLCü-Netzwerk ohne gesteuerte

Quellen U

RLCü-Netzwerk ohne gesteuerte

Quellen

I2 = I

Page 113: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

107

U IF

ZErsatz

ZGj

ZT1, ZL1 ZG1

ZTi, ZLi ZGi

U

ZTj, ZLj

ZTk, ZLk ZTm, ZLm

ZTp, ZLp ZTq, ZLq

IF

ZGj

ZT1, ZL1 ZG1

ZTi, ZLi ZGi

ZTj, ZLj

ZTk, ZLk ZTm, ZLm

ZTp, ZLp ZTq, ZLq

U

IF

U IF

ZErsatz

a.

b.

c. d.

Bild 3.10 Anwendung des Reziprozitätstheorems (Umkehrsatz) auf die Kurzschluß-stromberechnung a. Alle identischen Spannungsquellen durch eine Einzige ersetzt b. Vertauschung von Spannungsquelle und Kurzschluß gemäß dem Reziprozitäts-

theorem c. Ersatzschaltung für den Kurzschluß eines Netzwerkes d. Umkehrung der Spannungsquelle, so dass der Strom IF die Richtung des ur-

sprünglichen Kurzschlussstromes aufweist

Page 114: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

108

Q A F HV LV Leitung

passive Lasten

a.

b.

Q A F RQ XQ RTk XTk RL XL

cUN

3

Ik’’

Bild 3.11 zeigt ein einfaches Beispiel. Die Netzeinspeisung wird durch ihre innere Impedanz ZQ, umgerechnet auf die Unterspannungsseite des Transformators, nachgebildet. Die Nachbildung des Transformators besteht aus seiner Kurzschlussimpedanz, bezogen auf die US. Quer-admittanzen, d. h. Kapazitäten und passive Lasten, werden bei der Berechnung der Kurz-schlußströme nicht berücksichtigt.

Bild 3.11 Berechnung des Anfangs-Kurzschlußwechselstromes Ik’’ mit dem Verfahren der

Ersatzspannungsquelle a. Netzschaltbild b. Ersatzschaltbild des Mitsystems

Der Spannungsfaktor c wird bei Mittel- und Hochspannungsnetzen zu

11

1 0

max

min

c ,c

c ,

(3.23)

gewählt. Er berücksichtigt die Differenz zwischen der Polradspannung des Generators im über- oder untererregten Betrieb und der Spannung des Netzes direkt vor Eintritt des Kurzschlusses. Für den Anfangs-Kurzschlußwechselstrom gilt dann gemäß Bild 3.11:

2 2

mit3

Nk k j j

j jk

c UI Z R X

Z

. (3.24)

Aus dem Anfangs-Kurzschlusswechselstrom leiten sich alle anderen Größen, wie z. B. der maximale Dauerkurzschlussstrom oder die Ausschaltleistung ab.

Page 115: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

109

Berechnung der größten Kurzschlussströme

- Hierzu wird c = cmax = 1,1 angesetzt.

- Gewählt wird die Schaltung des Netzes und die maximalen Netz- und Kraftwerkseinspei-sungen, die zu den größten Kurzschlussströmen führen (Abschätzung nach oben).

- Die Wirkwiderstände von Leitungen und Kabeln sollen bei einer Temperatur von 20 C berücksichtigt werden.

- Bei mehreren Netzeinspeisungen ist die kleinste Kurzschlussimpedanz zu wählen.

Berechnung der kleinsten Kurzschlussströme

- Hierzu wird c = cmin = 1,0 angesetzt.

- Gewählt wird die Schaltung des Netzes und die minimalen Netz- und Kraftwerkseinspei-sungen, die zu den kleinsten Kurzschlussströmen führen (Abschätzung nach unten).

- Die Wirkwiderstände von Leitungen und Kabeln sollen für eine Temperatur berücksichtigt werden, welche die Leiter nach Ablauf der Kurzschlussdauer angenommen haben.

- Bei mehreren Netzeinspeisungen ist die größte Kurzschlussimpedanz zu wählen.

3.2.2 Berechnung über das Knotenpotential-Verfahren

3.2.2.1 Theoretischer Ansatz

Bei stark vermaschten Netzen kann das Verfahren „Ersatzspannungsquelle an der Kurz-schlussstelle unübersichtlich und langwierig werden. In diesen Fällen bietet es sich an, die Berechnung der Kurzschlussströme über das Knotenpotential-Verfahren durchzuführen. Ge-mäß Bild 3.10a können alle Spannungsquellen von Netzeinspeisungen und Generatoren zu einer einzigen Spannungsquelle zusammengefasst werden. Sie speist dann auf einen Potenti-alknoten. Dieser Knoten muß in dem Netzwerk zusätzlich eingeführt werden. Die Elemente der Knoten-Admittanz-Matrix (KAM) werden wie im vorigen Kapitel beschrieben, bestimmt. Die Admittanzen YjG sind die Leitwerte der Verbindungen zu den Generatoren inklusive deren In-nenimpedanzen. Je nach untersuchtem Zeitbereich nach Eintritt des Kurzschlusses sind sie aus Xd

’’, Xd’, oder Xd zu bestimmen. Bild 3.12 zeigt ein Beispiel für ein Netzwerk.

Nimmt man zur Erstellung der KAM physikalische Werte für die Admittanzen, so müssen diese vorher auf eine Spannungsebene umgerechnet sein. Bei Verwendung bezogener Größen ist dies automatisch der Fall. Bei den Transformatoren werden Nenn-Übersetzungsverhältnisse angesetzt. Im vorliegenden Beispiel gemäß Bild 3.12 lautet die KAM:

1 12 13 12 13

12 12 23 23

13 23 3 13 23

G

G

(Y Y Y ) Y Y

Y (Y Y ) Y

Y Y (Y Y Y )

G . (3.25)

Page 116: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

110

~ ~

Potentialknoten G

1

2

3

Y12

Y13

Y23

Y G3

U3

I 3

UG

Y G1

U1

I 1

U2

I 2

Bild 3.12 Beispiel für die Berechnung des Kurzschlussstromes in einem komplexen Netzwerk

Damit ergibt sich in Anlehnung an die Netzberechnung ganz allgemein:

1111 12 1 1

2221 22 2 2

1 2

1 2

Gk n

Gk n

kk Gk k kk kn

n Gn n nk nn

U UG G ... G ... G I

U UG G ... G ... G I

...... ... ... ... ... ... ...

U UG G ... G ... G I

...... ... ... ... ... ... ...

U UG G ... G ... G

oder

nI

GG U U I

. (3.26)

Zur Berechnung des Kurzschlussstromes, der fließt, wenn das Netzwerk am Knoten k kurzge-schlossen wird, d. h. für

0kU (3.27)

eignet sich die Inverse der Admittanzmatrix G, nämlich die Impedanzmatrix Z, besser. Aus Gleichung (3.26) wird

1 GU U G I Z I . (3.28)

Etwas ausführlicher geschrieben erhält man

Page 117: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

111

11 12 1 1 11

21 22 2 2 22

1 2

1 2

k nG

k nG

k k kk kn kk G

n n nk nnn G

U U Z Z ... Z ... Z I

U U Z Z ... Z ... Z I

... ... ... ... ... ... ... ...

U U Z Z ... Z ... Z I

... ... ... ... ... ... ... ...

U U Z Z ... Z ... Z

nI

. (3.29)

Gemäß Voraussetzung werden rein passive Lasten vernachlässigt, d. h. die Ströme sind - abgesehen vom Kurzschlussstrom - identisch Null. Damit und mit Gleichung (3.27) kann der Kurzschlussstrom für einen Kurzschluß am Knoten k direkt aus Gleichung (3.29) auf einfache Weise berechnet werden:

kk kGU Z I (3.30)

oder

3

G Nk

kk kk

U c UI

Z Z

. (3.31)

Durch diese Gleichung kann sowohl der Anfangs-Kurzschlußwechselstrom IK’’ als auch der

Dauerkurzschlußstrom Ik berechnet werden – abhängig davon wie die Generatorimpedanzen berücksichtigt werden. Die komplexe Kurzschlussleistung ergibt sich dann zu

3

Nk *

kk

c US

Z

. (3.32)

Ausgehend von Gleichung (3.29) und unter der Voraussetzung, dass alle Lastströme vernach-lässigt werden können, d. h. I1…Ik-1 = 0, Ik+1…In = 0, können die Spannungen an den übrigen Knoten i = 1,…,k-1, k+1,…,n berechnet werden, für den Fall eines Kurzschlusses am Knoten k:

für 1 1 1ik ki GU U Z I i ,...,k , k ,....,n . (3.33)

Man kann nun auch auf einfache Weise jeden Teilstrom in einem Netzwerk bestimmen (Bild 3.13).

ij ij ik k jk k iji j G G

ik jk ij k

I (U U ) Y (U Z I U Z I ) Y

(Z Z ) Y I

. (3.34)

In dieser Gleichung sind die Zik und Zjk Elemente der invertierten Knoten-Admittanzmatrix. Yij hingegen, ist die Admittanz, für die der Stromfluß berechnet werden soll.

Page 118: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

112

Bild 3.13 Berechnung eines Teilstromes des Kurzschlussstromes über die Admittanz Yij 3.2.2.2 Beispiel 8: Kurzschluss in einem 110-kV-Netz

Es soll wieder das bereits bekannte 110-kV-Netz betrachtet werden. Die Einspeisung am Kno-ten 4 erfolgt durch das 400-kV-Netz über den Transformator TB, an Knoten 3 ist über den Transformator TA ein Kraftwerk angeschlossen (Bild 3.16).

Bild 3.14 Berechnung des Kurzschlussstromes mit dem Knotenpotenzialverfahren in einem

110-kV-Netz

Ui Uj

Yij Iij

s4

s1 s2

s3

u1 u2

u4 u3

Freileitung

Doppelleitung

69,04712

5ojy e

69,04713

10ojy e

69,04723

4ojy e

69,04734

6ojy e

69,04714

10ojy e

TB TA

G

Page 119: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

113

Daten des Beispielnetzes:

Leiterimpedanz: Z‘ = (0,157 + j0,410) /km

Transformator TA: üA = 400/110 kV SNA

= 100 MVA ux = 0,12

Transformator TB: üB = 400/110 kV SNB

= 200 MVA ux = 0,14

Netz: UN = 110 kV Sk“ = 5 GVA

Generator: UNG = 21 kV xd’’ = 0,15

Bezugsspannung: UB = 110 kV Bezugsleistung: SB = 100 MVA In Bild 3.15 ist die Ersatzschaltung nach Einführung des Potenzialknotens dargestellt. Die Admiuttanzen der Leitungen sind aus den origen Beispielen bekannt. Deshalb müssen hier nur noch die Admittanzen der Transformatoren TA und TB, des Kraftwerksgenerators und des Netzes berechnet werden.

Transformator TA (SNA = SB und UNA = UB):

2 2

2 20 12NA B NA B

x,A x,ATA TA TATA TABm Bm

U S U SZ j u z Z j u j ,

S SU U

Transformator TB:

2 2

2 20 07NB B NB B

x,B x,BTB TB TBTB TBBm Bm

U S U SZ j u z Z j u j ,

S SU U

Bild 3.15 Ersatzschaltung des 110-kV-Netzes gemäß Bild 3.14 nach Einführung des Potenzi-alknotens

y3

u1 u2

u4 u3

69,04712

5ojy e

69,04713

10ojy e

69,04723

4ojy e

69,04734

6ojy e

69,04714

10ojy e

G

TBy TA

y

Netzy

Geny

y4

Page 120: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

114

Generator:

2 2

2 20 15" " " "Bm B Bm B

d d G d d dGNG NGBm Bm

U S U SX x z jx j X j x j x j ,

S SU U

Netz:

2 2

2 20 022N B N B B

N N N" " "K Bm K Bm K

cU S cU S SZ j z Z j jc j ,

S U S U S

Daraus folgt für die Admittanzen:

4 3

1 1 1 110 87 3 704

0 092 0 27TB N TA G

y j , y j ,z z j , z z j ,

.

Die vollständige KAM g und die inverse KAM g-1 lauten:

12 13 14 12 13 14

12 12 23 23

13 23 23 13 34 34

14 34 14 34

69,047

3

4

0

0

25 5 10 10

5 9 4 0

10 4 23.4964 6

10 0 6 26.4385

1.1968 10.1905

1

1

1.7899 11. 7

00

65 2

oj

y y y y y y

y y y

y

y

y

y y y y y y

y y y y

ii

e

-1

g

g

0.4555 8.3571 0.1552 6.3519

1.1968 10.1905 0.7634 9.368 0.2601 6.0074

0.4555 8.3571 0.7634 9.368 0.3913 5.5768

0

4.97

1.1483 10.6318

0.1

6

.1552 6.3519 0.2601 6.0074 0.39 333 713 5.57

20.2 3

8 .

1 i

6

0

i i

i i i

i i i

i i i

i

2993i

In normierter Form gilt für die Kurzschlussströme

kkk

ci

z ;

Mit den Werten der inversen KAM g-1 erhält man

Kurzschluss am Knoten 1: 1

11

100 1 11.4155 - 9.2189i

1 7899 11 6572

c .i

z . . i

Kurzschluss am Knoten 2: 2

22

100 1 11.2649 - 5.134i

4.976 20.2013i

c .i

z

Kurzschluss am Knoten 3: 3

33

100 1 11.1046 -10.227i

1 1483 10 6318

c .i

z . . i

Kurzschluss am Knoten 4: 4

44

100 1 10.2752 -15.065i

0 1333 7 2993

c .i

z . . i

Page 121: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

115

Im Folgenden soll ein Kurzschluss an Knoten 1 angenommen werden. Dies Spannungen an den anderen Knoten lassen sich durch

für1 1 2 3 4ik k ik ki Gu u z i . z i i , , . (3.35)

berechnen. Für die Spannungen an den Knoten 2, 3 und 4 ergeben sich die folgenden Werte:

21 12

31 13

41 14

( 1 1968 10 1905 )1 1 1 1 1.4155 - 9.2189 0.1436- 0.0339i

100

0 4555 8 35711 1 1 1 (1.4155 - 9.2189 ) 0.3231 - 0.0763i

100

0 1552 6 35191 1 1 1 (1.4155 - 9.2189 ) 0

100

. . iu . z i . i

. . iu . z i . i

. . iu . z i . i

.5166 - 0.1042i

Abschließend können nun noch die Ströme in die Knoten 3 und 4 bei einem Kurzschluss an Knoten 1 berechnet werden, d. h. die Ströme, die durch das Netz und das Kraftwerk geliegert werden:

33

44

3 704 1 1 0 3231 0 0763 0.2826 - 2.8775i

10 87 1 1 0.5166 - 0.1042 1.1329 - 6.3414i

Generator G

Netz G

i y u u . i . . - . i

i y u u . i . i

3.2.3 Kurzschlußimpedanzen der elektrischen Betriebsmittel

Netzeinspeisungen

Einspeisungen in das betrachtete Netz, die nicht direkt aus einem Synchrongenerator kommen, sondern über ein Netz, eventuell mit weiteren Kraftwerkseinspeisungen, werden als Netzein-speisungen (früher auch als leistungsstarkes oder starres Netz) bezeichnet. Bild 3.16 zeigt die Ersatzschaltung für eine Netzeinspeisung. Ist von einer Netzeinspeisung die Anfangs-Kurzschlußwechselstromleistung S‘‘

k,Q oder der Anfangs-Kurzschlußwechselstrom I’’K,Q am Anschlusspunkt Q (Bild 3.16) gegeben, so wird der Betrag der Netzinnenimpedanz aus

2

3Q N N

Q '' '' ''k ,Q k,Q k,Q

U c U c UZ

I I S

. (3.36)

bestimmt.

Bild 3.16 Ersatzschaltung für eine Netzeinspeisung

UQ

ZQ

Ik,Q‘‘

Q

UQ

ZQ Q

Page 122: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

116

Für Hochspannungsnetzeinspeisungen über Freileitungen mit Nennspannungen > 35 kV kann die Innenimpedanz ZQ in vielen Fällen als reine Reaktanz betrachtet werden:

2

3N N

QQ '' ''k ,Q k,Q

c U c UZ j X j j

I S

. (3.37)

In Fällen, bei denen der ohmsche Widerstand RQ nicht genau bekannt ist, kann mit

und0 1 0 995Q Q Q QR , X X , Z (3.38)

gerechnet werden.

Netztransformatoren

Für Zweiwicklungstransformatoren wird eine einzige Impedanz ZT bestimmt, beim Dreiwick-lungstransformator sind es drei Impedanzen (ZT1, ZT2 und ZT3). Basisdaten zur Bestimmung dieser Impedanzen sind die Bemessungsspannung der Spannungsebene, für welche die Impe-danzen bestimmt werden sollen, die Bemessungsleistung und der Bemessungswert der (kom-plexen) relativen Kurzschlussspannung. Für Zwei- und Dreiwicklungstransformatoren wird gemäß VDE 0102 (DIN EN 60909) ein Impedanzkorrekturfaktor

0 951 0 6

maxT

T

cK ,

, x

(3.39)

eingeführt. Darin ist xT die auf Bemessungsgrößen bezogene Reaktanz des Transformators. Die korrigierte Kurzschlußimpedanz des Transformators ZTK wird dann gemäß

TTK TZ K Z (3.40)

aus der Kurzschlussimpedanz ZT gemäß (3.94) bestimmt. Bei Dreiwicklungstransformatoren ist obige Gleichung auf alle drei Impedanzen (ZT1, ZT2 und ZT3) anzuwenden.

Freileitungen

Der Widerstandsbelag von Freileitungen bei einer Leitertemperatur von 20 C lässt sich aus

2

für Kupfer

für Aluminium mit A in mm und R in

für Aldrey (Aluminiumlegierung)

1

54

1

34 A m

1

31

A

RR

A

bestimmen. Eine höhere Leitertemperatur kann dann durch

o o11 0 004 20 C 20 C

Kw w kR , R .

berücksichtigt werden.

Die Reaktanz lässt sich aus der Betriebsinduktivität LB der Leitungsanordnung berechnen. Für die Betriebsinduktivität LB gilt bei einem Leiterseil pro Phase

0

0

1ln

2 4BD

Lr

.

Page 123: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

117

Darin sind D der Abstand der einzelnen Leiterseile der 3 Phasen zueinander und r0 ist der Ra-dius des Leiterseils.

Bestehen die Leiter pro Phase aus einer Bündelleiteranordnung so gilt

10 30 12 13 23mit

1und

2 4nn

B B TB

DL In r n r r D D D D

r n

.

Darin sind r0 der Radius der einzelnen Leiterseile, aus denen der Bündelleiter besteht, D das geometrische Mittel der Abstände der Bündelleiter der drei Phasen zueinander, n die Zahl der einzelnen Leiterseile, aus denen der Bündelleiter besteht und rT ist ein Ersatzradius, der aus Bild 3.17 hervorgeht.

Bild 3.17 Geometrie von Bündelleiteranordnungen

Synchrongeneratoren

Bei der Berechnung der Anfangs-Kurzschlußwechselströme in Netzen mit direktem Anschluß von Generatoren ohne Blocktransformatoren, z. B. in Industrienetzen oder in Niederspan-nungsnetzen ist die folgende korrigierte subtransiente Impedanz zu verwenden

mit1

'' maxNG G G d GG,k G ''

r ,G d rG

cUZ K Z K (R j X ) K

U x sin

. (3.41)

Darin sind UN die Nennspannung des Netzes,

UrG die Bemessungsspannung des Generators,

rG der Phasenwinkel zwischen Strom Irg und Spannung Urg im Nennbetrieb

des Generators,

xd’’ die auf die Bemessungsgrößen bezogene subtransiente Reaktanz.

Der Grund für die Korrektur ist, dass die Ersatzspannungsquelle cUN/3 (mit derselben Pha-

senlage wie U1) anstelle der subtransienten Spannung UP’’ verwendet wird.

Kraftwerksblöcke

Der Kraftwerksblock besteht aus Synchrongenerator und Maschinentransformator (auch als Blocktransformator bezeichnet). Für die zu berücksichtigende Impedanz gilt:

2S rK G T ,OSZ K (ü Z Z ) , (3.42)

n = 2 n = 3 n = 4 n = 6

rT

2r0

Page 124: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

118

worin

ZG die subtransiente Impedanz des Generators (ohne Korrekturfaktor KG),

ZT,OS die Kurzschlussimpedanz des Maschinentransformators, bezogen auf die Oberspan-nungsseite (OS) und die Bemessungsgrößen des Transformators (ohne Korrekturfak-tor KT),

ür Übersetzungsverhältnis der Bemessungsspannungen ür = Ur,OS/Ur,US

bedeuten. KS ist ein Korrekturfaktor, der davon abhängt, ob der Maschinentransformator einen Stufen-schalter aufweist oder nicht. Dies ist in den meisten Fällen gegeben, weshalb hier nur der Kor-rekturfaktor mit Stufenschalter angegeben wird:

2 2

2 2 1

N,Q r ,US maxS ''

r ,G r ,OS d T rG

U U cK

U U x x sin

. (3.43)

In obiger Gleichung sind

UN,Q die Nennspannung des Netzes am Anschlusspunkt Q des Kraftwerksblocks,

UrG die Bemessungsspannung des Generators,

Ur,OS der Bemessungswert der Oberspannungswicklung des Transformators,

Ur,OS der Bemessungswert der Unterspannungswicklung des Transformators,

rG der Phasenwinkel zwischen Strom Irg und Spannung Urg im Nennbetrieb des

Generators,

xd’’ die auf die Bemessungsgrößen bezogene subtransiente Reaktanz,

XT die auf die Bemessungsgrößen bezogene Kurzschlussimpedanz des Transformators.

Motoren

Synchronmotoren und Phasenschieber werden wie Synchrongeneratoren behandelt. Asyn-chronmotoren sind bei der Berechnung der größten Kurzschlussströme zu berücksichtigen, nicht aber bei der Berechnung der kleinsten Kurzschlussströme. Asynchronmotoren können gemäß VDE 0102, DIN EN 60909, 2001 durch eine Impedanz berücksichtigt werden:

2 21 1 1

3cos( )

rM rM rMM

an an an rMrMrM

rM rMrM rM rM

U U UZ

I I I PSII I I

. (3.44)

Darin sind:

Ian der Anzugsstrom bei festgebremstem Läufer bei Anliegen der Bemessungsspannung UrM

UrM die Bemessungsspannung des Motors,

IrM die Bemessungsstrom des Motors,

SrM die Bemessungsscheinleistung des Motors an den Anschlussklemmen,

PrM die Wirkleistung des Motors, die an der Welle abgegeben wird,

rM der Wirkungsgrad des Motors,

rM der Phasenwinkel zwischen Strom IrM und Spannung UrM im Nennbetrieb des Generators.

Page 125: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

119

Wenn das Verhältnis zwischen Wirkwiderstand RM und Blindwiderstand XM bekannt ist, so soll XM aus ZM gemäß

2

1

MM

M

M

ZX

R

X

(3.45)

berechnet werden. Ansonsten gilt

0,1 für Mittelspannungsmotoren mit / 1MW

0,15 für Mittelspannungsmotoren mit / 1MW

0,42 für von Niederspannungsmotoren

und

0,995 für Mittelspannungsmotoren mit / 1MW

0,989 für Mittel

rM

MrM

M

M rM

M M

P p

RP p

X

Gruppen

Z P p

X Z

spannungsmotoren mit / 1MW

0,922 für von Niederspannungsmotoren

rM

M

P p

Z Gruppen

(3.46)

3.3 Charakteristische Kurzschlußgrößen

3.3.1 Anfangs-Kurzschlußwechselstrom Ik’’

Der zu Beginn des Kurzschlusses fließende Effektivwert des Kurzschlussstromes wird als An-fangs-Kurzschlußwechselstrom Ik

’’ bezeichnet. Es ist der Ausgangswert zur Bestimmung weite-rer Größen des Kurzschlussvorganges. Grundsätzlich sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Kurzschluss bei einseitiger Speisung Hier wird der Anfangs-Kurzschlußwechselstrom Ik

’’ unter Ansatz der subtransienten Reak-tanzen Xd

’’ bei den Generatoren durch das Verfahren der Ersatzspannungsquelle an der Fehlerstelle berechnet.

Kurzschluss bei mehrseitiger Speisung

Existieren mehrere Einspeiser, z. B. auf eine Sammelschiene, an der ein Kurzschluss ent-steht, so ergibt sich der gesamte Anfangs-Kurzschlußwechselstrom Ik

’’ aus den Anteilen der einzelnen Einspeiser:

k k , j k ,Gen k ,Mot k ,Trafo Netzj

I I I I I ... . (3.47)

Kurzschluss im vermaschten Netz

In der Praxis muss aufgrund der Komplexität des Netzes die Berechnung des Anfangs-Kurzschlußwechselstrom Ik

’’ auf Basis des Knotenpotential-Verfahrens erfolgen.

Page 126: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

120

3.3.2 Stosskurzschlussstrom IS

Der Stosskurzschlussstrom IS ist der unmittelbar nach Kurzschlussbeginn auftretende größte Augenblickswert des Kurzschlussstromes. Aus den theoretischen Betrachtungen des RL-Kreises erhält man etwas modifiziert:

3

2 mit 1 02 0 98RX

S kI I , , e

. (3.48)

Bild 3.18 Abhängigkeit der Stoßziffer vom Verhältnis R/X aus Wirkwiderstand R und Reak-

tanz X des Kurzschlußkreises

3.3.3 Ausschaltstrom Ib

Beim Ausschalten eines Schalters im Kurzschlussfall ist Ib der Effektivwert des Stromes, der zum Zeitpunkt der Kontakttrennung über den Schalter fließt. Der Ausschaltstrom Ib ist daher eine wesentliche Dimensionierungsgröße für den einzusetzenden Schalter, der den Kurz-schlussstrom abschalten muss.

Da der Kurzschlussstrom zum Zeitpunkt der Kontakttrennung schon etwas abgeklungen ist,

definiert man den Abklingfaktor . Der Ausschaltstrom ist dann

b kI I . (3.49)

Der Abklingfaktor wird durch den Mindestschaltverzug des Leistungsschalters tmin bestimmt.

Der Mindestschaltverzug ist die kürzeste Zeitdauer zwischen dem Beginn des Kurzschlussstro-mes und dem Öffnen des erstschaltenden Poles des Schaltgerätes. Dies entspricht also genau der Zeit, in welcher der Kurzschlussstrom voll wirksam ist. Außerdem wird der Abklingfaktor stark durch den Anfangskurzschlusswechselstrom des Generators bezogen auf den Bemes-sungsstrom des Generators (IkG“/IrG) bestimmt (Bild 3.19). Bei einem generatorfernen Kurz-schluss gilt:

b kI I . (3.50)

Bei mehreren Einspeisern auf einen Kurzschluss ist es deshalb erforderlich, den Anfangskurz-schkusswechselstrom anteilig für jeden Einspeiser zu bestimmen. Daraus ergibt sich zusam-

RX

arcta

3

n2

2

1 0

11

2 0 98

1

R X

RX

X ReRX

, , e

Page 127: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

121

men mit dem Bemessungsstrom des jeweiligen Einspeisers und dem Mindestschaltverzug des

Leistungsschalters tmin der Abklingfaktor . Werden mehrere Einspeiser über einen Leistungs-schalter abgeschaltet, so summiert sich der Ausschaltstrom der einzelnen Einspeiser:

0 26

0 02 0 02

0 30

0 05 0 05

0 1

0 84 0 26 1 03 0 12 für 0 02 s

0 71 0 51 0 79 0 12 für 0 05

0

m

s

62 0

it

''kG

rG

''kG

rG

" " "k ,N i kG,i j j kASM,j

i j

I,

I rM, , min

I,

I rM, , min

b e

,

,g s I I q I

P, , e q , , ln t ,

p

P, , e q , , ln t ,

p

, ,

I

0 32

0 1

0 38

0 25 0 25

72 0 57 0 12 für 0 1s

0 56 0 94 0 26 0 10 für 0 25 s

: Polpaarzahl : Bemessungswirkleistung der ASM in MW

''kG

rG

''kG

rG

I,

I rM, min

I,

I rM, , min

rM

Pe q , , ln t ,

p

P, , e q , , ln t ,

p

p P

. (3.51)

Die Kurzschlussströme über Netzeinspeisungen klingen praktisch nicht ab, somit entspricht der Anfangskurzschlusswechselstrom einer Netzeinspeisung dem Dauerkurzschlussstrom. Bei Asynchronmotoren (ASM) klingt der Anfangskurzschlusswechselstrom schneller ab, als bei Synchrongeneratoren, weil Asynchronmotoren ihre Erregung aus dem Netz beziehen. Hier kommt deshalb ein zusätzlicher Faktor q zum Ansatz, der von der Bemessungswirkleistung PrM in MW und der Polpaarzahl p abhängt.

Bild 3.19 Faktor zur Berechnung des Ausschaltwechselstromes Ib in Abhängigkeit des Mindestschaltverzugs tmin (kürzeste Zeitdauer zwischen dem Beginn des Kurz-schlussstromes und dem Öffnen des erstschaltenden Poles des Schaltgerätes) und des Verhältnisses IkG“/IrG (Anfangskurzschlusswechselstrom des Generators / Be-messungsstrom des Generators)

''

0,26

0,02 0,84 0,26kG

rG

I

Ie

''

0,30

0,05 0,71 0,51kG

rG

I

Ie

''

0,38

0,25 0,56 0,94kG

rG

I

Ie

''

0,32

0,1 0,62 0,72kG

rG

I

Ie

Page 128: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

122

3.3.4 Dauerkurzschlußstrom Ik

Die Berechnung des Dauerkurzschlussstromes ist deutlich weniger genau, als die Bestimmung des Anfangskurzschlusswechselstromes. Der Dauerkurzschlussstrom ist der Effektivwert des Stromes, der nach Abschluß aller Ausgleichsvorgänge bestehen bleibt.

Im Falle des symmetrischen generatornahen Kurzschlusses gilt für den maximalen Dauerkurz-schlussstrom Ik,max bei einem mehrseitig gespeisten Kurzschluss:

"k ,N i rG

i, ,k ma ixI I I . (3.52)

Der Faktor unterscheidet sich für Turbo- und Schenkelpolgeneratoren, er ist außerdem stark von der bezogenen maximalen Erregung ufmax = Ufmax/Ufr (Ufr ist die Erregerspannung bei Nenn-betrieb), der bezogenen gesättigten Synchronreaktanz xdsat und dem Anfangskurzschlusswech-selstrom des Generators bezogen auf den Bemessungsstrom des Generators (IkG“/IrG) abhängig (Bild 3.20).

Für den generatorfernen symmetrischen Kurzschluss gilt, dass der Dauerkurzschlussstrom dem Anfangskurzschlussstrom ohne Berücksichtigung von Asynchronmotoren entspricht

"k ,max,ohneMok , to eax nm rII . (3.53)

Bei unsymmetrischen Kurzschlüssen gilt generell, dass der Anfangskurzschlusswechselstrom dem Dauerkurzschlussstrom entspricht, die Kurzschlusswechselströme also nicht abklingen.

Bild 3.20 Faktoren max (und min) für Turbogeneratoren zur Berechnung des Dauerwechsel-

stromes Ik,max in Abhängigkeit der bezogenen gesättigten synchronen Reaktanz xdsat und des Verhältnisses IkG“/IrG (Anfangskurzschlusswechselstrom des Generators / Bemessungsstrom des Generators)

Maximale Erregung ufmax = 1,3

Maximale Erregung ufmax = 1,6

Page 129: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

3 Der 3-polige Kurzschluss

123

3.3.5 Kurzschlussleistungen

Die im Folgenden definierten Größen sind fiktiv. Sie treten in der Praxis als physikalische Pa-rameter nicht auf, da der jeweilige Kurzschlussstrom und die Nennspannung nie zeitgleich auftreten. Man kann folgende Leistungen definieren:

Anfangs-Kurzschlußwechselstromleistung Sk’’

3k N kS U I (3.54)

Ausschaltleistung Sb

3b N bS U I (3.55)

Dauerkurzschlußleistung Sk

3k N kS U I (3.56)

Diese Leistungen – obwohl sie physikalisch nicht auftreten – charakterisieren die Beanspru-chung von Betriebsmitteln, z. B. dem Leistungsschalter, und sind für deren Auslegung von Bedeutung. Formelabschnitt 4

Page 130: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

124

4 Unsymmetrische Fehler in Drehstromnetzen

4.1 Mathematische Behandlung von Drehstromsystemen

4.1.1 Allgemeines Drehstromsystem

Grundsätzlich müssen Dreiphasensysteme durch drei elektrisch und magnetisch gekoppelte Netzwerke beschrieben werden (Bild 4.1). Der allgemeinste Fall eines solchen Netzwerkes ist eine dreiphasige Spannungsquelle, die über Transformatoren und Leitungen einen Verbraucher speist. Durch die Leitungen und Transformatoren ergibt sich eine magnetische und kapazitive Kopplung der 3 Phasen untereinander. Der Verbraucher sei an die Klemmen R, S und T angeschlossen und kann ebenfalls Kopplun-gen zwischen den einzelnen Phasen aufweisen. Die Admittanzen des Verbrauchers können mit den Kapazitäten der Leitung zusammengefasst werden und man erhält ein Netzwerk aus Kop-

pelimpedanzen (YAB, A B) und aus Impedanzen gegen Erde (YAA). Durch Anwendung der Maschenregel und des Knotenpotenzialverfahrens lassen sich die fol-genden Netzwerkgleichungen aufstellen:

R R S T R N NRR RS RT RR

S R S T S N NSR SS ST SS

T R S T T N NTR TS TT TT

R RR RS RT RS RTR S T

S SR SS SR ST STR S T

T

U E j L I j L I j L I R I Z I

U E j L I j L I j L I R I Z I

U E j L I j L I j L I R I Z I

I Y Y Y U Y U Y U

I Y U Y Y Y U Y U

I Y

und

TR TS TT TS TRR S T

N R S T

U Y U Y Y Y U

I I I I

. (4.1)

Bild 4.1 Kapazitiv und induktiv (magnetisch) gekoppeltes Drehstromnetzwerk

UR

IR

LRR

RR

ER

IN = IR + IS + IT

IS

LSS

RS

ES IT

LTT

RT

ET

US

UT

ZN

LRS

LST

LRT

CRT CRS

CST

CR

CS

CT

R

S

T

Page 131: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

125

Ist das zu berechnende Dreiphasensystem unsymmetrisch, so muß die Berechnung über die gekoppelten Gleichungen gemäß (4.1) erfolgen. Für die meisten Berechnungen elektrischer Energienetze kann das Dreiphasensystem jedoch als symmetrisch betrachtet werden. Dann gilt:

RR SS TT

R S T

RS SR RT TR ST TS

E RR SS TT

K RS SR RT TR ST TS

L L L L

R R R R

M L L L L L L

Y Y Y Y

Y Y Y Y Y Y Y

. (4.2)

Damit vereinfacht sich das Gleichungssystem (4.1) deutlich:

gekoppeltes gekoppeltes

System System

0 0 1 1 1

0 0 1 1 1

0 0 1 1 1

R R R RR

S S S N SS

T T T TT

R

U E L M M I R I I

U E j M L M I R I Z I

U E M M L I R I I

I

gekoppeltes

System

2

2

2

E K K K R

S K E K K S

T K K E K T

Y Y Y Y U

I Y Y Y Y U

I Y Y Y Y U

. (4.3)

oder

und

j

RST RST RST RST N RSTRST

RST RST RST

U E Z I R I Z I

I = Y U

. (4.4)

Zur Berechnung des Netzwerkes müssen die beiden Gleichungen des Systems (4.4) ineinander eingesetzt und nach der gewünschten Unbekannten aufgelöst werden. Dies wird bereits bei der Nachbildung von wenigen Betriebsmitteln (Generatoren, Transformatoren, Leitungen, Kompen-satoren, etc.) sehr unübersichtlich und schwierig. Hauptproblem ist dabei die Kopplung der 3 Phasen untereinander.

4.1.2 Diagonalisierung der Systemmatrizen

Mit den Methoden der linearen Algebra (Diagonalisierung von Matrizen) lassen sich die 3 durch die Systemmatrizen gekoppelten Gleichungen entkoppeln. Damit wird jede Phase durch ein eigenes Netzwerk repräsentiert. Voraussetzung ist allerdings, dass das betrachtete dreiphasige Netzwerk symmetrisch aufgebaut ist und auch symmetrisch belastet wird. Diese Voraussetzung ist aber bei elektrischen Energienetzen aufgrund ihres Aufbaus – abgesehen von lokalen Un-symmetrien – erfüllt.

Page 132: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

126

Aus der Mathematik ist folgendes bekannt:

Sei T eine symmetrische nn-Matrix, dann gibt es eine Matrix C mit

1

2

0 . 0

0 . .

. . . 0

0 . 0 n

-1C T C D .

Darin sind die i die Eigenwerte der Matrix T, die gemäß

0)det( ET

bestimmt werden können.

Bei einer symmetrischen Matrix T existieren n reelle Eigenwerte i und n zugehörige linear

unabhängige Eigenvektoren i. Die zu den Eigenwerten i gehörigen Eigenvektoren gehor-chen der Gleichung

oder mit 1,2,...,i i i n T Ψ Ψ T E Ψ 0 .

Bei einer symmetrischen Matrix T sind die Eigenvektoren i orthogonal, d. h. das Skalarprodukt von 2 Eigenvektoren von verschiedenen Eigenwerten verschwindet:

für0i k i k Ψ Ψ .

Die Eigenvektoren sind Spaltenvektoren der Matrix C. Die Matrizen ZRST, YRST, ZN und R sind symmetrisch für ein symmetrisches dreiphasiges Netz-werk. Die allgemeine Struktur dieser Matrizen ist

A B B

B A B

B B A

T , (4.5)

wobei A = B möglich ist.

Zur Bestimmung der Matrix C werden nun die Eigenwerte i der Matrix T bestimmt

det( ) det 0

A B B

B A B

B B A

T E . (4.6)

Page 133: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

127

Dies führt auf die charakteristische Gleichung

2 2 2 2( ) ( ) ( ) ( ) 0A A B B B A B B B B A , (4.7)

deren Lösungen sind

1

2

3

2A B

A B

A B

. (4.8)

Damit erhält man die folgenden Bestimmungsgleichungen für die drei Eigenvektoren:

1 2 3

2

2

2

B B B B B B B B B

B B B B B B B B B

B B B B B B B B B

Ψ 0 Ψ 0 Ψ 0 . (4.9)

Dies führt auf

11 12 13

1 2 3 21 22 23

31 32 33

11 21 31

11 21 31 1

11 21 31

12 22 32 2

13 23 33 3

mit

für

und

für

für

2 0

2 0

2 0

0

0

C Ψ Ψ Ψ

(4.10)

Formal kann man nun zunächst für den Übergang vom RST-System auf ein noch zu definieren-des System XYZ schreiben:

! !

und -1RST XYZ XYZ RSTU C U U C U . (4.11)

Aus (4.4) folgt damit

und

j

XYZ RST XYZ XYZ N XYZXYZ

XYZ RST XYZ

C U C E Z C I R C I Z C I

C I = Y C U

. (4.12)

Page 134: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

128

Durch die linksseitige Multiplikation mit C-1 folgt schließlich:

und

j

DD ND

D

-1 -1 -1XYZ RST XYZ XYZ N XYZXYZ

-1XYZ RS

Z R R Z

XYZ

Y

T

U E C Z C I C R C I C Z C I

I = C Y C U

. (4.13)

mit den Diagonalmatrizen

2 0 0

0 0

0 0

0 0

0 0

0 0

3 0 0

0 0 0

0 0 0

0 0

0 3 0

0 0 3

N

E

E K

E K

L M

L M

L M

R

R

R

Z

Y

Y Y

Y Y

-1D RST

-1D

-1ND N

-1D RST

Z C Z C

R R C R C

Z C Z C

Y C Y C

. (4.14)

Durch die Diagonalisierung kann eine symmetrische 3-phasige Schaltung durch 3 1-phasige Schaltungen im Koordinatensystem XYZ berechnet werden. Die anschließende Rücktransfor-mation liefert die Ströme und Spannungen im RST-System. Für die Wahl der Eigenvektoren gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die auf unterschiedliche Transformationsmatrizen C führen. Die jeweilige Transformation besitzt spezifische Eigenschaf-ten. Man unterscheidet neben den Raumzeigerkomponenten in ruhenden oder rotierenden Koordinaten im Wesentlichen

Transformation Anwendungsgebiet

Symmetrische Komponenten (012-Komponenten)

Berechnung unsymmetrischer Fehler (1- und 2-polige Kurzschlüsse)

0-Komponenten (Diagonal-Komponenten)

Analyse unsymmetrischer Dreiphasensysteme Basis für die dq0-Transformation

dq0-Komponenten (Park-Komponenten)

Analyse von Drehfeldmaschinen

Page 135: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

129

4.2 Komponentensysteme und ihre Transformationen

4.2.1 Symmetrische Komponenten

Die Methode der symmetrischen Komponenten wurde 1918 von C. L. Fortescue erstmals vor-geschlagen. Die symmetrischen Komponenten sind eine Transformation, die eine symmetrische 3-phasige Schaltung in 3 voneinander entkoppelte 1-phasige Schaltungen transformiert. Diese 3 1-phasigen Spannungssysteme werden als Mit-, Gegen- und Nullsystem bezeichnet. Die Indizierung der einzelnen Spannungssysteme ist

0: Nullsystem, 1: Mitsystem, 2: Gegensystem. Die Wahl der Eigenvektoren gemäß

4 23 3

1 2 32 43 3

1 1 1 1 1 1

1 3 1 31 1

2 2 2 2

1 3 1 31 12 2 2 2

j j

j j

e e j j

e e j j

C Ψ Ψ Ψ (4.15)

führt auf die Transformationsmatrizen

2 1 2

2 2

2 42 3 23 3

und

mit

1 1 1 1 1 11

1 13

1 1

1 3 1 31 1 0

2 2 2 2

j j

a a a a

a a a a

a e j a e j a a a

C C

. (4.16)

Bild 4.2 zeigt die Lage der Drehzeiger 1, a, a2 und a3 = 1 zueinander.

Bild 4.2 Symmetrisches System aus drei um 120 gegeneinander verschobenen Einheits-

zeigern 1, a, a2

Im

a3 = 1

120

a

a2

Re 120

Page 136: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

130

Die Transformationsgleichungen lauten

! !

und -1RST 012 012 RSTU C U U C U (4.17)

Drehstromsysteme werden in aller Regel von einer symmetrischen Quelle gespeist. Dies gilt auch für die Betrachtung von Unsymmetrieproblemen. Die Anwendung der symmetrischen Komponenten mit der Matrix C-1 gemäß (4.16) auf eine symmetrische Quelle liefert

0

21

22

2 2

2

1 1 11

13

1

1 1 1 01

13

1 0

R

S

T

R

R R

R

E E

E a a E

E a a E

E

a a a E E

a a a E

-1012 RSTE C E

. (4.18)

In symmetrischen Komponenten hat ein symmetrisches Drehspannungssystem also nur einen Anteil des Mitsystems – im Nullsystem und im Gegensystem ergibt sich keine treibende Quelle. Weiterhin wird eine symmetrische Drehstromschaltung in 3 unabhängige 1-phasige Schaltun-gen transformiert. Dies bedeutet, dass eine symmetrische Drehstromschaltung in symmetri-schen Komponenten nur im Mitsystem betrachtet werden muß. Die Berechnung des vollständig symmetrischen Drehstromsystems reduziert sich in symmetri-schen Komponenten also auf die Berechnung einer 1-phasigen Wechselstromschaltung. Für den konkreten Fall der symmetrischen Komponenten (012-Komponenten) lauten die allge-meinen Netzwerkgleichungen gemäß (4.13)

und

j

DD ND

D

-1 -1 -1012 RST 012 012 N 012012

-101

Z R R Z

Y

2 RST 012

U E C Z C I C R C I C Z C I

I = C Y C U

. (4.19)

Ausgeschrieben ergibt sich

0 0 00

1 1 11

2 2 22

0 0

1

2

0 2 0 0 0 0 3 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0

0 0

0 3 0

0 0 3

R N

E

E K

E K

U L M I R I I

U E j L M I R I Z I

U L M I R I I

I Y U

I Y Y U

I Y Y

1

2U

. (4.20)

Diese Gleichung kann in Form einer Schaltung dargestellt werden (Bild 4.3).

Page 137: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

131

Die Berechnung einer vollständig symmetrischen Drehstromschaltung durch eine 1-phasige Wechselstromschaltung ist erst durch die Diagonalisierung der Systemmatrizen und die Trans-formation der symmetrischen Drehspannungsquelle in nur eine Komponente im Mitsystem möglich. In den folgenden Kapiteln wird noch oft von der einphasigen Betrachtung eines Drehstromsys-tems und nur der Betrachtung des Mitsystems Gebrauch gemacht. Ein weiterer Vorteil der symmetrischen Komponenten ist auch die physikalische Interpretation der Spannungssysteme in den 3 1-phasigen Ersatzschaltungen. Dies wird in Kapitel 8 noch näher erläutert. Die symmetrischen Komponenten haben eine wichtige Eigenschaft, die es erleichtert, die Er-satzschaltung im Mit- und Gegensystem zu finden: Für passive Schaltungen ohne rotierende Magnetfelder ist die Ersatzschaltung im Mitsystem und im Gegensystem identisch. Dies gilt also für Transformatoren, Leitungen, und alle passiven Verbraucher, nicht jedoch für Drehfeldmaschinen (Synchron- und Asynchronmaschine). Anschaulich kann man sich das dadurch erklären, daß das Verhalten z. B. eines Transformators beim Anlegen eines Drehspan-nungssystems mit mathematisch positiver oder negativer Drehrichtung identisch ist.

Bild 4.3 3 unabhängige (entkoppelte) 1-phasige Schaltungen in symmetrischen Komponen-ten nach der Transformation eines symmetrischen Drehstromsystems, nur im Mit-system befindet sich eine treibende Spannungsquelle

E1 = ER

E0 = 0

3ZN R

U0

I0L+2M

YE

R

U1

I1 L-M

YE + 3YK

E2 = 0

R

U2

I2 L-M

Nullsystem

YE + 3YK

Mitsystem

Gegensystem

Page 138: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

132

4.2.2 0-Komponenten

Die 0-Komponenten (oder Diagonal-Komponenten) wurden 1948 von E. Clarke vorgeschla-gen. Der wesentliche Unterschied zu den symmetrischen Komponenten besteht darin, dass in

der Transformationsmatrix C der 0-Komponenten nur reelle Elemente auftreten. Dies hatte

bei Netznachbildungen in Hardware, wie sie bis vor ca. 40 Jahren benutzt wurden, deutliche Vorteile. Heute wird zur Berechnung von Unsymmetrien in Drehstromnetzen im Wesentlichen

die Methode der symmetrischen Komponenten verwendet. Die 0-Komponenten spielen dennoch eine Rolle, da sie die Grundlage der dq0-Komponenten darstellen.

Die Transformationsgleichungen der 0-Komponenten lauten

! !

und -1RST αβ0 αβ0 RSTU C U U C U (4.21)

mit

1und

2 0 2 2 1 11 1

1 3 2 0 3 32 3

1 3 2 1 1 1

C C . (4.22)

Man kann sich leicht überzeugen, dass Gleichung (4.9) zur Bestimmung der Eigenvektoren

erfüllt wird, allerdings befindet sich der zum Eigenwert 1 gehörende Eigenvektor in der letzten

Spalte der Matrix C aufgrund der Reihenfolge 0 anstatt 012.

Die Anwendung 0-Komponenten und der Transformationsmatrizen gemäß (4.22) auf eine symmetrische Spannungsquelle liefert

2

0

2 1 1 11

0 3 33

1 1 1 0

R

R R

R

E E

E a E E j

E a E

-1αβ0 RSTE C E . (4.23)

Man erkennt, dass bei dieser Transformation zwar im Nullsystem keine treibende Spannung

gegeben ist, wohl aber im - und -System. Auch bei vollständig symmetrischen 3-phasigen Netzwerken müssen daher 2 1-phasige Schaltungen berechnet werden – ein deutlicher Nachteil gegenüber den symmetrischen Komponenten.

4.2.3 dq0-Komponenten

Grundidee der dq0-Transformation (oder Park-Transformation) ist die Transformation des Sta-torsystems einer Drehfeldmaschine in ein Koordinatensystem, das mit dem Läufer rotiert. Dadurch lassen sich in der Analyse der Maschine deutlich vereinfachte Verhältnisse erzielen. Die Park-Transformation wurde 1929 von R.H. Park eingeführt. Die dq0-Transformation erfolgt in 2 Schritten (Bild 4.4):

1) Transformation des RST-Systems in das ruhende und orthogonale 0-System.

2) Transformation des 0-Systems in das ebenfalls orthogonale, aber rotierende dq0-System.

Page 139: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

133

Die Transformation des RST-Systems in das ruhende und orthogonale 0-System erfolgt

gemäß den Gleichungen (4.21) und (4.22). Bei der Transformation des 0-Systems in das

dq0-System bleibt die Nullkomponente erhalten. Auch die Orthogonalität des 0-Systems

überträgt sich auf das dq0-System, da das dq0-System nur um den Winkel gegenüber dem

0-System gedreht ist. Die Transformationsgleichung lässt sich direkt dem Bild 4.4 entneh-men (gestrichelte Linien) und lautet:

0 0

cos sin 0

sin cos 0

0 0 1

d

q

U U

U U

U U

αβ0 dq0U G U . (4.24)

Die Matrix G-1 lässt sich entweder durch Inversion der Matrix G errechnen oder ebenfalls direkt aus Bild 4.4 bestimmen (strich-punktierte Linie):

0 0

cos sin 0

sin cos 0

0 0 1

d

q

U U

U U

U U

-1dq0 αβ0U G U . (4.25)

Damit lautet die Transformation vom RST-System in das dq0-System:

0

cos sin 0 2 1 11

sin cos 0 0 3 33

0 0 1 1 1 1

2cos cos 3 sin cos 3 sin1

2sin 3 cos sin 3 cos sin3

1 1 1

d R

q S

T

R

S

T

U U

U U

U U

U

U

U

-1 -1dq0 RSTU G C U

. (4.26)

Bild 4.4 Übergang vom ruhenden gekoppelten 3-phasigen RST-System auf das orthogonale

und rotierende dq0-System über die 0-Transformation

R

S

T

d

q 0

0

Page 140: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

134

Dies kann noch weiter vereinfacht werden. Die Transformationsvorschrift lautet dann insge-samt:

! !

und -1RST dq0 dq0 RSTU C U U C U (4.27)

mit

und

cos sin 1

2 2cos( ) sin( ) 1

3 3

2 2cos( ) sin( ) 1

3 3

2 2cos cos( ) cos( )

3 3

2 2 2sin sin( ) sin( )

3 3 3

1 1 1

2 2 2

-1

C

C

. (4.28)

4.3 Symmetrische Komponenten und ihre physikalische Interpretation

Man kann sich ein unsymmetrisches Drehspannungssystem aus drei Systemen zusammenge-setzt denken (Bild 4.5),

dem Mitsystem, Index „1“ (einem symmetrischen Drehspannungssystem mit demselben Umlaufsinn wie das unsymmetrische RST-System)

dem Gegensystem, Index „2“ (einem symmetrischen Drehspannungssystem mit entgegen

gesetztem Umlaufsinn wie das unsymmetrische RST-System)

dem Nullsystem, Index „0“ (ein Spannungssystem, bei dem alle drei Phasen dieselbe Pha-senlage haben.

Demgemäß gilt

1 2 0

1 2 0

1 2 0

R R R R

S S S S

T T T T

I I I I

I I I I

I I I I

. (4.29)

Mit dem Einheitszeiger a = e j120 lassen sich die Zeiger der Phasen S und T nur durch den

Zeiger der Phase R für das System 1 (Mitsystem) und das System 2 (Gegensystem) beschrei-ben (Bild 4.5):

Page 141: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

135

21 1 1 1 1

22 2 2 2 2

R S R T R

R S R T R

I I a I I a I

I I a I I a I

. (4.30)

Mitsystem(mitlaufend in Bezug

auf die Phasenfolge R, S, T)

Gegensystem(gegenlaufend in Bezug

auf die Phasenfolge R, S, T)

Nullsystem(gleichphasiges System)

I T1

I S1

I R1

I R2

I S2

I T2

I R0 I S0 I T0

Bild 4.5 Willkürlich angenommene Ströme im Mit-, Gegen- und Nullsystem

Man betrachtet nun einen Zeiger in den 3 Systemen als Bezugsgröße. Üblicherweise werden die Komponentenzeiger I1R, I2R, I0 des Leiters R gewählt. Aus (4.30) folgt damit

1 2 0 0 1 2

21 2 0 0 1 2

21 2 0 0 1 2

R R R R R R

S S S S R R

T T T T R R

I I I I I I I

I I I I I a I aI

I I I I I aI a I

. (4.31)

Dies kann auch in Matrizenschreibweise ausgedrückt werden:

0 0 02 2

1 1 1 0122 2

2 2 2

1 1 1 1 1 1

1 1

1 1

R

S R RST

T R

I I I I

I a a I a a I I

I I I Ia a a a

C I C I . (4.32)

Umgekehrt gilt

0

2 11 012

22

1 1 11

13

1

R

S RST

T

I I

I a a I

I Ia a

I C I . (4.33)

In Bild 4.6 sind Null-, Mit- und Gegensystem für ein symmetrisches und ein unsymmetrisches Drehspannungssystem dargestellt. Bei der Mitkomponente resultiert ein symmetrisches Dreh-spannungssystem in einer Komponente, die zu UR gleichsinnig orientiert ist (Bild 4.6a). Die Gegenkomponente verschwindet beim symmetrischen Drehspannungssystem (Bild 4.6b). Zur Berechnung der Nullkomponente werden die 3 Spannungen des RST-Systems vektoriell ad-diert. Bei einem symmetrischen Drehspannungssystem verschwindet die Nullkomponente (Bild 4.6c).

Page 142: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

136

1. Mitkomponente U U a U a UR S T121

3

2. Gegenkomponente U U a U a UR S T221

3

3. Nullkomponente U U U UR S T0

1

3

Bild 4.6 Physikalische Interpretation der symmetrischen Komponenten

a. Mitsystem b. Gegensystem c. Nullsystem

UR

US

UT

aUS

a2UT

3U1

UT US

UR

aUS

a2UT

3U1

UR

US UT

aUT

a2US U2 = 0

UT US

UR aUT

a2US

3U2

UR

US UT

US

UT U0 = 0

3U0

UT US

UR

UT

US

UR

US

UT

UR

UT

US

UR UT US

Page 143: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

137

4.4 Ersatzschaltungen in symmetrischen Komponenten

4.4.1 Symmetrische Spannungsquelle mit Innenwiderstand

Aus Gleichung Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. folgt mit

2und

R S T

R S T S R T R

Z Z Z Z

E E E E E a E E a E

. (4.34)

analog zur Matrixmultiplikation C-1RC direkt:

0 00

1 11

2 22

01 2

012 12

2

2 2

2

mit

3 0 0

0 0

0 0

1 1 11

13

1

1 1 1 01

13

1

N

R

RST S

T

R

R

R

U E Z Z I

U E Z I

U E Z I

E E

E a a E

E Ea a

E

a a a E

a Ea a

E C E

0RE

. (4.35)

Bild 4.7 Ersatzschaltbild einer (symmetrischen) Spannungsquelle in symmetrischen Kompo-nenten

UR

IR ZR

ER

IN = IR + IS + IT

IS ZS

ES

IT ZT

ET

US

UT ZN

E0 = 0

3ZN Z

U0

I0

E1 = ER

Z

U1

I1

E2 = 0

Z

U2

I2

Page 144: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

138

4.4.2 Symmetrische Verbraucher in Sternschaltung

Aus Bild 4.7 folgt sofort die Ersatzschaltung eines symmetrischen Verbrauchers, wenn man die Spannungsquellen zu Null setzt (Bild 4.8). Es gilt auch hier Gleichung (4.35) mit der Vereinfa-chung gemäß (4.34).

Bild 4.8 Ersatzschaltbild eines (symmetrischen) Verbrauchers in Sternschaltung in symmet-rischen Komponenten

4.4.3 Symmetrische Verbraucher in Dreieckschaltung

Gemäß Bild 4.9 gilt

1012

2 2

2 2

mit

und

2

2

2

1 1 1 1 1 12 0 0 01

1 2 1 0 3 03

2 0 0 31 1

R R

RST RST SRST S

T T

RS RT ST

RST

I Y Y Y U

I Y Y Y U

I Y Y Y U

Y Y Y Y

Y Y Y

a a Y Y Y a a Y

Y Y Y Ya a a a

I Y U

Y C Y C

. (4.36)

UR

IR ZR

IN = IR + IS + IT

IS ZS

IT ZT

US

UT ZN

3ZN Z

U0

I0

Z

U1

I1

Z

U2

I2

Page 145: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

139

Bild 4.9 Ersatzschaltbild eines (symmetrischen) Verbrauchers in Dreieckschaltung in sym-metrischen Komponenten

4.4.4 Allgemeiner Drehstromknoten

Bild 4.10 zeigt die Impedanzen eines allgemeinen Drehstromknotens. Die Koppeladmittanzen YK können z. B. die kapazitiven Kopplungen zwischen den einzelnen Leitern einer 3-phasigen Leitung sein, die Admittanzen YE gegen Erde können den Ableitwiderstand und die Erdkapazität der einzelnen Leiter einer 3-phasigen Leitung modellieren.

Bild 4.10 Ersatzschaltbild eines symmetrischen Drehstromknotens in symmetrischen Kompo-nenten

UR

IS YST

IR

YRT

IT

YRS US

UT

U0

I0

U1

I1

3Y

U2

I2

3Y

UR

IR

YR

IS

YS

IT

YT US UT

R YST YRS

YRT

S T

U0

I0

Y0

I1

Y1

I2

Y2 U1 U2

0 1 2

Page 146: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

140

Die Knotenpunktadmittanz-Matrix im RST-System lautet

( )

( )

( )

RST RST RST

R R RS RT RS RT R

S RS S ST RS ST S

T RT ST T ST RT T

I Y Y Y Y Y U

I Y Y Y Y Y U

I Y Y Y Y Y U

I Y U

. (4.37)

Bei symmetrischen Drehstromsystemen ist

RS RT ST K

R S T E

Y Y Y Y

Y Y Y Y

. (4.38)

Man nennt ein solches System zyklisch und diagonal symmetrisch. Aus (4.37) wird damit

( 2 )

( 2 )

( 2 )

RST RST RST

R E K K K R

S K E K K S

T K K E K T

I Y Y Y Y U

I Y Y Y Y U

I Y Y Y Y U

I Y U

. (4.39)

Transformiert in symmetrische Komponenten ergibt sich die Matrix Y012 zu

1012

2 2

2 2

1 1 1 1 1 1( 2 )1

1 ( 2 ) 13

( 2 )1 1

0 0

0 ( 3 ) 0

0 0 ( 3 )

RST

E K K K

K E K K

K K E K

E

E K

E K

Y Y Y Y

a a Y Y Y Y a a

Y Y Y Ya a a a

Y

Y Y

Y Y

Y C Y C

. (4.40)

4.4.5 Symmetrische Leitung

Es wird eine Leitungsverbindung zwischen den Knoten i und j betrachtet. Die Kapazitäten der Leitung seien an die Knoten gelegt. Die Leitung sei symmetrisch, d. h. die Koppelimpedanzen (Koppelinduktivitäten) und die Längsimpedanzen (Leitungswiderstand und Eigeninduktivität) sind identisch.

Page 147: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

141

Bild 4.11 Ersatzschaltbild der Längsimpedanz einer Leitung in symmetrischen Komponenten Entsprechend Bild 4.11 und Gleichung (4.3) gilt:

,, ,

,, ,

,, ,

,, ,oder

R jR i R RS RT R i

RS S ST S iS i S j

RT ST T T iT i T j

RST RST iRST i RST j

UU Z Z Z I

U U Z Z Z I

Z Z Z IU U

U U Z I

(4.41)

mit

und

L R S T

Q RT RS ST

Z Z Z Z R j L

Z Z Z Z j M

. (4.42)

Daraus folgt

iRSTji ,012,012,012 ICZUCUC . (4.43)

Durch die linksseitige Multiplikation mit C-1 ergibt sich

QL

QL

QL

iiRSTji

ZZ

ZZ

ZZ

00

00

002

012

,012012,0121

,012,012

mit Z

IZICZCUU

. (4.44)

IR

IS

IT

URST,i

URST,j

ZR

ZS

ZT

ZRS

ZST

ZRT

ZL+2ZQ

U0,i

I0,i

U0,j

ZL-ZQ

U1,i

I1,i

U1,j

ZL-ZQ

U2,i

I2,i

U2,j

i j

Page 148: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

142

Das Ersatzschaltbild der Querkomponenten kann direkt aus dem Ersatzschaltbild des Dreh-stromknotens abgeleitet werden. Die gesamte Queradmittanz kann auf beide Enden der Leitung aufgeteilt werden und es entsteht das Ersatzschaltbild einer symmetrischen Leitung in symmet-rischen Komponenten (Bild 4.12a). a. b.

Bild 4.12 a. Ersatzschaltbild einer symmetrischen Leitung mit Längs- und Querbelag in sym-metrischen Komponenten

b. Kapazitäten einer Leitung im Mit- und Gegensystem

CE

CE

CE

CK CK

CK

Z0

U0,i

I0,i

U0,j Y0

2

Y0

2

Z1

U1,i

I1,i

U1,j Y1

2

Y1

2

Z2

U2,i

I2,i

U2,j Y2

2

Y2

2

CE + 3CK

CE + 3CK

Page 149: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

143

Mit den Bezeichnungen in Bild 4.12a folgt aus (4.38) und (4.42)

QLKE

QLE

ZZZZYYYY

ZZZYY

2121

00

3

2

. (4.45)

Die Beziehungen für die Queradmittanzen in symmetrischen Komponenten kann auch direkt durch eine Betrachtung der Erd- und Koppelkapazitäten (CE und CK) einer Leitung erfolgen (Bild 4.12b). Die Dreieckschaltung der Koppelkapazitäten CK kann in eine Sternschaltung

umgeformt werden. Aus der Kapazität CK in Dreieckschaltung resultiert die Kapazität 3CK in Sternschaltung, die sich direkt zu CE addiert. Im Nullsystem wirkt demnach die Kapazität CE, während im Mitsystem und im Gegensystem die

Gesamtkapazität CE + 3CK wirkt, d. h. wenn ohmsche Verluste (Leitwerte) vernachlässigt wer-

den dürfen, was oft der Fall ist, gilt:

0 1 2 3 ( 3 )E E KE E KY Y j C Y Y Y Y j C C . (4.46)

4.4.6 Synchrongeneratoren

Bei rotierenden Drehfeldmaschinen sind die Mit- und Gegenimpedanzen unterschiedlich. Das Magnetfeld, das durch die Statorströme des Mitsystems erzeugt wird, läuft synchron mit dem Polrad um. Es findet daher einen konstanten magnetischen Leitwert vor. Ersatzreaktanzen des Mitsystems sind:

Anfangsreaktanz (subtransiente Reaktanz) X‘‘d

Übergangssreaktanz (transiente Reaktanz) X‘d

Ankerreaktanz (synchrone Reaktanz) Xd

Demnach gilt abhängig vom Zeitbereich, für den die Berechnung durchgeführt werden soll:

'' ''

' '' '1

'd

für

für

für

0 3

3 3

X 3

d d

d d d

d

j X t T

Z j X T t T

j t T

. (4.47)

Das Magnetfeld der Statorströme des Gegensystems läuft – relativ zum Läufer – mit doppelter synchroner Frequenz (100 Hz) über den Läufer hinweg. Dadurch werden in der Läuferwicklung und in etwaigen Dämpferwicklungen Spannungen induziert, im Eisen werden Wirbelströme induziert. Die mit den induzierten Spannungen verbundenen Ströme reduzieren gemäß der Lenz’schen Regel das sie hervorrufende Feld. Es dringt daher kaum in den Läufer ein. Das Eisen verliert seine Wirkung, was eine Verringerung der Reaktanz zur Folge hat. Die Reaktanz des Gegensystems ist in ihrer Größe vergleichbar mit der subtransienten Reaktanz Xd‘‘. Bei Maschinen mit ausgeprägten Polen variiert die Reaktanz des Gegensystems außerdem wegen der unterschiedlichen magnetischen Leitwerte in Polachse und Pollücke zwischen einem Maxi-malwert Xd‘‘ und einem Minimalwert Xq‘‘.

Page 150: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

144

Deshalb bringt man üblicherweise die Reaktanz des Gegensystems als Mittelwert dieser beiden Extrema in Ansatz:

''

''''

2 2

d

qd

Xj

XXj

Z . (4.48)

Werden die 3 Statorwicklungen einer Synchronmaschine von gleichphasigen Strömen durch-flossen (Messung des Nullstromes durch Anlegen einer Wechselspannung an alle drei Phasen),

dann ergänzen sich die Magnetfelder der 3 Ströme wegen der räumlich um 120 versetzten

Wicklungen theoretisch zu Null. In der Praxis ist ein geringes Restfeld aufgrund baulicher Un-symmetrien vorhanden, das eine entsprechende Nullreaktanz zur Folge hat:

''0

1 1....

6 3 dZ j X . (4.49)

Die Berechnung der Ausgangsspannung eines Synchrongenerators erfolgt bei Laständerungen oder für generatornahen Kurzschluß gemäß (3.4). Bei generatorfernen Kurzschlüssen wird üblicherweise mit

3

1,1'' UUP (4.50)

gerechnet. U ist dabei die (verkettete) Betriebsspannung des gespeisten Netzes. Die Spannung der Quelle im Ersatzschaltbild der symmetrischen Komponenten ist immer eine Sternspannung (unverkettete Spannung). Bild 4.13 Ersatzschaltbild eines Synchrongenerators in symmetrischen Komponenten

(ZS ist eine (ggf.) in den Sternpunkt des Generators geschaltete Impedanz)

für Turbogeneratoren

für Schenkelpolgeneratoren

3ZS Z0

U0

I0

U‘‘P

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

Page 151: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

145

4.4.7 Drehstromtransformatoren

Der Transformator ist eine passive Schaltung und hat deshalb dieselbe Ersatzschaltung im Mit- und Gegensystem. Anschaulich kann man sich das dadurch erklären, daß das Verhalten eines Transformators beim Anlegen eines Drehspannungssystems mit mathematisch positiver oder negativer Drehrichtung identisch ist. Es gelten die Ersatzschaltbilder für den Zwei- oder Drei-wicklungstransformator. Meist genügt es, die Kurzschlußimpedanz zu berücksichtigen.

Die Ersatzschaltung im Nullsystem hängt von der Schaltgruppe der Transformatoren und der Sternpunktbehandlung ab. Die Ersatzschaltung des Nullsystems wird durch Anlegen einer Nullspannung (Bezugsspannung UR) bestimmt (Bild 4.14).

4.4.7.1 Zweiwicklungstransformatoren in Stern-Stern-Schaltung

Gemäß Bild 4.14a ergibt sich für die Nullimpedanz pro Phase des Systems 1 mit geerdetem Sternpunkt:

SS ZZZZ

I

U

I

UZ 3

333

3

1 00

0

0

0

001

. (4.51)

a. b.

Bild 4.14 Messung der Nullimpedanz von Transformatoren in Stern-Stern-Schaltung (hier Leerlauf-Nullimpedanz) a. System 1 (Oberspannung) b. System 2 (Unterspannung)

Oft wird die Nullimpedanz als bezogene Größe angegeben. Bezugsgrößen sind Nennspannung U1N und Nennstrom I1N des Transformators. Die „1“ bedeutet hierbei bezogen auf das Span-nungssystem 1, d. h. die Oberspannungsseite (OS).

10000 N

N

U

IZz . (4.52)

ZS

U0

I0

ZS

U0

1U

1V

1W

2U

2V

2W

1U

1V

1W

2U

2V

2W

I0 = 0

Page 152: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

146

Meist kann der ohmsche Anteil an der Nullimpedanz vernachlässigt werden und es gilt:

00 XjZ . (4.53)

Das System 2 mit freiem Sternpunkt hat eine unendlich große Nullimpedanz, da ja kein Strom fließen kann.

Damit erhält man die in Bild 4.15 dargestellte Ersatzschaltung für einen Transformator in Stern-Stern-Schaltung mit ober- und unterspannungsseitig geerdetem Sternpunkt. b. a.

Bild 4.15 Ersatzschaltung eines Transformators in Stern-Stern-Schaltung in symmetrischen Komponenten, Schaltung mit geerdetem Sternpunkt (‘ bedeutet auf eine Spannungsebene bezogen, hier bezogen auf System 1)

a. am System 1 b. am System 2

Bei der Messung der Nullimpedanz gemäß Bild 4.14 bildet sich in allen drei bewickelten Schenkeln ein gleich orientierter magnetischer Fluß aus. Bei Dreischenkelkernen muß sich dieser Fluß über die Ölstrecken (magnetisch wirksam wie Luftstrecken) im Inneren des Transformators und über den Transformatorkessel schließen (Bild 4.16a). Der magnetische Kreis schließt sich also über große Luftstrecken, demgemäß gering ist

seine Induktivität. Gemäß dem Induktionsgesetz ist der magnetische Fluß 0 proportional zur angelegten Spannung U0.

LconstX

I

UXR

ILconstconstU

.

..

00

00

000

:mith.d. . (4.54)

I1

I2

3ZS

Z0

U0,1

I0

U0,2‘

Z1

Z1

U1,2‘

U2,2‘

U1,1

U2,1

3Z‘S

Z0

U0,1

I0

U0,2‘

Page 153: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

147

Meist kann der ohmsche Anteil an der Nullimpedanz vernachlässigt werden. Die Nullreaktanz ist proportional zur Induktivität des Kreises und damit relativ klein. Aus Messungen erhält man in etwa die folgende Beziehung zwischen der Nullreaktanz und der Kurzschlußreaktanz:

1YY3,0 15...3 XX . (4.55)

Bei Fünfschenkelkernen kann sich der in den 3 bewickelten Schenkeln gleich orientierte Fluß über die beiden Rückschlußjoche schließen. Der magnetische Kreis verläuft demgemäß nahezu vollständig im Eisen (Bild 4.16b). Die Induktivität des Kreises ist deshalb deutlich größer als beim Dreischenkelkern. Dies gilt auch für die Nullreaktanz:

1YY5,0 100...10 XX . (4.56)

Allerdings ist die Nullreaktanz stark abhängig von der angelegten Spannung. Die Querschnitts-fläche der beiden Rückschlußjoche ist kleiner als die Summe der Schenkelquerschnittsfläche. Damit gehen die Rückschlußjoche schon unter der Nennspannung des Transformators in Sätti-gung. Im Bereich der Nennspannung verlieren die Rückschlußjoche ihre Wirkung fast vollstän-dig und es liegen ähnliche Verhältnisse wie beim Dreischenkelkern vor.

Bild 4.16 Magnetische Flüsse bei der Nullimpedanzmessung an einem Transformator mit Stern-Stern-Schaltung

a. bei einem Dreischenkelkern b. bei einem Fünfschenkelkern

4.4.7.2 Zweiwicklungstransformatoren in Stern-Dreieck-Schaltung

Von der Dreieckseite aus gesehen ist die Nullimpedanz unendlich groß, da es keine Verbindung von der Dreieckwicklung zur Erde oder einem vierten Leiter gibt (Bild 4.17). Wird die Span-nungsquelle an die Sternwicklung gelegt, so fließen in den 3 Wicklungen der Sternschaltung gleichphasige Ströme. Auch in der Dreieckwicklung werden Ströme induziert, es kann sich ein Ausgleichsstrom (IK) einstellen, der das Ausbilden von Zusatzflüssen über Ölstrecken und den Transformatorkessel theoretisch verhindert. In der Praxis entstehen zu einem geringen Anteil

Transformatorkessel

z 2

Kern

z 2 Z Z Z

Z Z

0,56A A

32

32

Page 154: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

148

doch Zusatzflüsse, die sich bei Dreischenkelkernen über Ölstrecken und den Kessel schließen; deswegen ist die Nullreaktanz etwas geringer als die Kurzschlußreaktanz:

13Y,0 0,1...7,0 XX . (4.57)

Bei Y--Transformatoren mit einem Fünfschenkelkern ergibt sich ein idealer Pfad für diese Zusatzflüsse. Der Transformator verhält sich dann wie im Kurzschlußbetrieb, weswegen die Nullreaktanz gleich der Mitreaktanz ist:

15Y,0 0,1 XX . (4.58)

Für die Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten gilt auch hier Bild 4.15:

Y--Transformatoren: Bild 4.15a und

-Y-Transformatoren: Bild 4.15b; Sternpunkt nicht geerdet bedeutet ZS .

a. b.

Bild 4.17 Messung der Nullimpedanz von Transformatoren in Stern-Dreieck-Schaltung a. System 1 (Oberspannung) b. System 2 (Unterspannung)

4.4.7.3 Zweiwicklungstransformatoren mit einer Zick-Zack-Schaltung

Bei der Zick-Zack-Wicklung fließt der Strom Iph durch beide Wicklungsteile (Bild 4.18). Dadurch ergibt sich in jedem Schenkel eine Summendurchflutung identisch Null. Es entstehen keine Zusatzflüsse. Die Nullreaktanz wird dann nur von der Kurzschlußimpedanz zwischen den bei-den Teilen der Zick-Zack-Wicklung bestimmt. Da diese beiden Wicklungen üblicherweise sehr dicht beieinander angeordnet sind, ist die Streuung entsprechend gering und damit auch die Nullimpedanz. Unabhängig davon, ob der Transformator mit Drei- oder Fünfschenkelkern aus-geführt ist, ist die Nullreaktanz

ZS

U0

I0

ZS

U0

I0 = 0

1U

1V

1W

1U

1V

1W

2U

2V

2W

2U

2V

2W

IK

IK

IK

Page 155: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

149

1ZZ,0 15,0...1,0 XX . (4.59)

Für die Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten gilt auch hier Bild 4.15:

Y-ZZ-Transformatoren: Bild 4.15a mit Sternpunkterdung der Y-Wicklung

Y-ZZ-Transformatoren: Bild 4.15b mit Sternpunkterdung der ZZ-Wicklung

ZZ-Y-Transformatoren: Bild 4.15a mit Sternpunkterdung der ZZ-Wicklung

ZZ-Y-Transformatoren: Bild 4.15b mit Sternpunkterdung der Y-Wicklung

-ZZ-Transformatoren: Bild 4.15b mit Sternpunkterdung der ZZ-Wicklung

ZZ--Transformatoren: Bild 4.15a mit Sternpunkterdung der ZZ-Wicklung;

Sternpunkt nicht geerdet bedeutet ZS .

Bild 4.18 Messung der Nullimpedanz von Transformatoren in Stern-Zick-Zack-Schaltung

4.4.7.4 Dreiwicklungstransformatoren

Für die Ersatzschaltung von Dreiwicklungstransformatoren im Mit- und Gegensystem gelten die folgenden Beziehungen sowie das Ersatzschaltbild gemäß Bild 4.19:

2 2 21 1 1

12 31 2312 31 2312 31 23

12 2 31 3 23 3

1 2 3

mit

und

N N Nk k k

N N N

N N N N N N

N N N

U U UZ u Z u Z u

S S S

S S S S S S

S S S

. (4.60)

ZS

U0

I0

1U

1V

1W Iph Iph

2U

2V

2W

Page 156: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

150

)(2

1

)(2

1

)(2

1

1223133

1312232

2313121

ZZZZ

ZZZZ

ZZZZ

(4.61)

Bild 4.19 Ersatzschaltung des Mit- und Gegensystems von Dreiwicklungstransformatoren

Dreiwicklungstransformatoren sind stets mit einer Dreieckwicklung ausgeführt, um den Stern-punkt einer der Sternwicklungen bis zum Nennstrom der Wicklung belasten zu können. Dabei sind in der Regel die Ober- und Mittelspannungswicklung in Sternschaltung ausgeführt, wäh-rend die Unterspannungs- oder Ausgleichswicklung im Dreieck geschaltet ist. Deshalb wird hier der praktisch wichtigste Fall des Transformators in Stern-Stern-Dreieck-Schaltung betrachtet. Im Allgemeinsten Fall sind beide Sternpunkte über eine Impedanz geerdet (Bild 4.20a).

Bild 4.20 zeigt die Schaltungen zur Messung der Kurzschluß-Nullimpedanzen. Mit den Be-zeichnungen der Spannungen und Ströme erhält man:

2

2

1

03

0023

02

0013

01

0012

N

N

U

U

I

UZ

I

UZ

I

UZ . (4.62)

Daraus kann man die Längsimpedanzen – analog zum Ersatzschaltbild des Mit- und Gegensys-tems – berechnen:

)(2

1

)(2

1

)(2

1

01202301303

01301202302

02301301201

ZZZZ

ZZZZ

ZZZZ

(4.63)

SN1

SN3

SN2 2

3

1

3

1

2

Z1 Z3

Z2

Page 157: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

151

a.

b.

c.

Bild 4.20 Messung der Nullimpedanz eines Dreiwicklungstransformators in Y--Y-Schaltung

a. Kurzschluß-Nullimpedanz Z012 b. Kurzschluß-Nullimpedanz Z013 c. Kurzschluß-Nullimpedanz Z023

U0

3I02

1U

1V

1W

2U

2V

2W

3U

3V

3W

IK

IK

IK

U0

3I03

1U

1V

1W

2U

2V

2W

3U

3V

3W

IK

IK

IK

U0

3I01

1U

1V

1W

2U

2V

2W

3U

3V

3W

Page 158: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

152

a.

b. c.

Bild 4.21 Ersatzschaltbild eines Dreiwicklungstransformators in Y--Y-Schaltung in symmetri-

schen Komponenten a. Schaltbild des Transformators mit den Sternpunktimpedanzen ZS1 und ZS2 b. Ersatzschaltbild des Mit- und Gegensystems c. Ersatzschaltbild des Nullsystems

Die Sternpunktimpedanzen müssen ebenso wie die Transformatorreaktanzen auf die gewählte Bezugsspannung umgerechnet werden. Bei Umrechnung auf die Oberspannungsseite (System 1) ergibt sich die auf der OS wirksame Sternpunktimpedanz zu:

2

2

12

*2

N

NSS U

UZZ . (4.64)

Die Speisung der Dreieckwicklung hat aufgrund der fehlenden Verbindung zur Erde keinen Strom zur Folge. Im Nullsystem gibt es daher keine Verbindung von der Dreieckwicklung zu den anderen Wicklungen oder zur Erde.

Damit erhält man schließlich die Ersatzschaltung des Nullsystems (Bild 4.21c).

1U

1V

1W

2U

2V

2W

3U

3V

3W

ZS1 ZS2

3

1 2 Z1

Z3

Z2

3

1 2 Z01

Z03

Z02 3ZS1 3Z*S2

Page 159: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

153

4.4.7.5 Übertragung symmetrischer Komponenten über Transformatoren

Betrachtet werden soll ein Yd5-Transformator (Bild 4.22). Ausgehend von den Strömen (IR,OS, IS,OS, IT,OS) in die OS-Wicklung werden in den US-Wicklungen Ströme (Ix, Iy, Iz) entsprechend den Windungszahlen (wOS und wUS) induziert. Für diese Ströme gilt (Knotenregel):

XYUSRUSRXY

YZUSSUSSYZ

ZXUSTUSTZX

IIIIII

IIIIII

IIIIII

,,

,,

,,

h.d. . (4.65)

Mit

, , ,

OS OS OSX Y Z

US US USR OS S OS T OS

I I Iw w w

I w I w I w (4.66)

ergibt sich

OSRSTYdRSTUSRST

OST

OSS

OSR

US

OS

UST

USS

USR

I

I

I

w

w

I

I

I

,5,,

,

,

,

,

,

,

101

110

011

IÜI

. (4.67)

Diese Gleichung lautet in das System der symmetrischen Komponenten transformiert:

, ,, 5

1012, 012, 012,, 5 012, 5

RST US RST OSRST Yd

US OS OSRST Yd Yd

I Ü I

I C Ü C I Ü I

. (4.68)

Bild 4.22 Übertragung symmetrischer Komponenten am Beispiel des Yd5-Transformators

1U

1V

1W

2U

2V

2W

IR,US

IS,US

IT,US

OS US

IR,OS

IS,OS

IT,OS

IX

IY

IZ

wOS wUS

Page 160: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

154

Mit Hilfe der Beziehungen a2 –1 = j3a , a –1 = -j3a2 , a = ej120 und a4 = ej120 = a erhält man

OSOSj

OSj

US

OSUS

OSOSj

OSj

US

OSUS

US

OS

OS

OS

US

OS

US

US

US

IüIeüIew

wI

IüIeüIew

wI

I

I

I

I

aj

ajw

w

I

I

I

oo

oo

,2,2150

,2150

,2

,1*

,1150

,1150

,1

,0

,2

,1

,0

2,2

,1

,0

3

3

0

00

00

000

3

h.d.

. (4.69)

Generell gilt für Transformatoren, die keine Nullspannungen und Nullströme übertragen:

OS,2OS,230

,2

OS,1*

OS,130

,1

,0 0

IüIeüI

IüIeüI

I

o

o

kjUS

kjUS

US

. (4.70)

Damit ergibt sich für das Mitsystem gerade wieder die bereits früher abgeleitete Beziehung. Beim Gegensystem steht aufgrund der entgegen gesetzten Drehrichtung des Spannungssys-tems der Zeiger ü anstatt ü*.

Page 161: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

155

4.4.7.6 Ersatzschaltbilder für Transformatoren in symmetrischen Komponenten

Bild 4.23 Zusammenstellung der Ersatzschaltbilder von Leistungstransformatoren in symmet-rischen Komponenten (Teil 1)

Page 162: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

156

Bild 4.24 Zusammenstellung der Ersatzschaltbilder von Leistungstransformatoren in symmet-

rischen Komponenten (Teil 2)

Page 163: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

157

4.5 Ströme bei unsymmetrischen Netzkurzschlüssen (Querfehler)

4.5.1 Prinzipielle Vorgehensweise

Dreiphasensysteme mit gegenseitiger induktiver und kapazitiver Kopplung müssen formal durch drei elektrisch und magnetisch gekoppelte Netzwerke beschrieben werden. Mit den Methoden der linearen Algebra lässt sich im Falle eines zyklisch symmetrischen Netzwerkes eine Diago-nalisierung der Systemmatrizen erreichen. Zyklisch symmetrisch bedeutet, daß die Längsimpe-danzen identisch sind, und die Koppelimpedanzen untereinander gleich sind. Dadurch ist es möglich, die 3 miteinander gekoppelten Netzwerkgleichungen zu entkoppeln. Bei einem zykli-schen, symmetrischen Drehstromnetz führt die Transformation in symmetrische Komponenten in ein Mit-, ein Gegen- und ein Nullsystem, d. h. auf 3 unabhängige Ersatzschaltungen. Dies ermöglicht die Berechnung eines vollständig symmetrischen Drehstromsystems durch eine 1-phasige Schaltung. Auch zur Berechnung unsymmetrischer Netzfehler, z. B. 1- und 2-polige Kurzschlüsse kann das Verfahren der symmetrischen Komponenten vorteilhaft eingesetzt wer-den. Das Netzwerk ist bis auf die Fehlerstelle symmetrisch und wird deshalb durch 3 1-phasige Schaltungen im Null-, Mit- und Gegensystem nachgebildet. Beim Auftreten eines unsymmetri-schen Fehlers sind die Ersatzschaltungen im Mit-, Gegen- und Nullsystem nicht mehr unabhän-gig voneinander, d. h. eine Unsymmetrie durch einen Netzfehler bewirkt elektrische Verbindun-gen dieser 3 1-phasigen Schaltungen. Man hat 6 Unbekannte: 3 Spannungen und 3 Ströme an der Fehlerstelle. Zur eindeutigen Lö-sung des Problems sind 6 linear unabhängige Gleichungen notwendig.

Gleichungsbilanz: 3 Gleichungen: erhält man durch das gekoppelte Netzwerk aus Spannungsquellen und

Längs- und Koppelimpedanzen gemäß Gleichung (4.19).

3 Gleichungen ergeben sich aus den Bedingungen für Ströme und Spannungen an der Fehlerstelle.

Beispiel: einpoliger Erdschluß Die Spannung des fehlerbehafteten Leiters

an der Fehlerstelle = 0: 1 Gleichung. Die Ströme der nicht fehlerhaften Leiter = 0: 2 Gleichungen Die Beziehungen zwischen den Strömen und Spannungen in symmetrischen Komponenten, die sich aus den Fehlerbedingungen ergeben, sind durch einfache Schaltverbindungen zwischen den 3 Ersatzschaltungen des Mit-, Gegen- und Nullsystems erfüllbar. Man erhält dadurch eine Gesamtschaltung aus der die Ströme und Spannungen in symmetri-schen Komponenten durch eine Netzwerkberechnung bestimmt werden können. Im letzten Schritt werden dann die Spannungen und Ströme im Originalsystem (RST-System) durch An-wendung der Rücktransformation gemäß Gleichung (4.32) berechnet. Damit ist das Problem grundsätzlich gelöst. Im Folgenden werden einige Beispiele behandelt. Die Impedanzen des speisenden Netzes werden als unsymmetrisch angenommen, um damit auch die Speisung eines Netzes durch Synchrongeneratoren berücksichtigen zu können.

Page 164: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

158

4.5.2 3-poliger Kurzschluß

Bild 4.25 zeigt den 3-poligen Kurzschluß mit Erdberührung. Zunächst sei ein Kurzschluß ohne Kurzschlußimpedanzen angenommen. Aus Bild 4.25a folgt:

0 TSR UUU . (4.71)

Für die Spannungen in symmetrischen Komponenten folgt aus (4.33)

0

0

0

1

1

111

3

1

2

2

2

1

0

T

S

R

U

U

U

aa

aa

U

U

U

. (4.72)

Die Spannungen U0, U1 und U2 sollen also zu Null werden. Dies kann man durch einen Kurz-schluß an jeder der 3 Komponentenschaltungen erreichen (Bild 4.25b). Somit fließt im Nullsys-tem und im Gegensystem kein Strom. Im Mitsystem fließt ein Strom entsprechend der treiben-den Spannungsquelle E und der Mitimpedanz Z1 des Netzes.

1

1

2

1

1

2

2

2

1

0

2

2

0

0

1

1

111

1

1

111

ZEa

ZEa

ZE

ZE

aa

aa

I

I

I

aa

aa

I

I

I

T

S

R

. (4.73)

In jeder Phase fließt demnach derselbe Strom. Dies hätte man auch bereits aus der – bei voll-ständig symmetrischem Drehstromnetzwerk geltenden - einphasigen Ersatzschaltung sehr einfach ableiten können. a. b.

Bild 4.25 3-poliger Kurzschluß mit Erdberührung, ohne Fehlerimpedanzen a. Ersatzschaltbild im RST-System b. Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten

UR

US

UT

IT

IS

IR

R

S

T

N

3ZN Z0

U0

I0

E1 = E

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

Page 165: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

159

Unter Berücksichtigung von Fehlerimpedanzen ZF und ZM erhält man das folgende Bild 4.26 indem die Schaltbilder in symmetrischen Komponenten gemäß Bild 4.7 und Bild 4.8 kombiniert werden. Für die Kurzschlußströme spielt die Impedanz ZM keine Rolle; es muß nur zusätzlich die Impedanz ZF berücksichtigt werden.

F

F

F

F

T

S

R

ZZEa

ZZEa

ZZE

ZZE

aa

aa

I

I

I

aa

aa

I

I

I

1

1

2

1

1

2

2

2

1

0

2

2

0

0

1

1

111

1

1

111

. (4.74)

Bild 4.26 3-poliger Kurzschluß mit den Fehlerimpedanzen ZF und ZM

a. Ersatzschaltbild im RST-System b. Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten

Der 3-polige Kurzschluß ohne Erdberührung läßt sich direkt aus Bild 4.26 und Gleichung (4.35) ableiten. Für den 3-poligen Kurzschluß ohne Erdberührung gilt

MZ . (4.75)

Für die Ströme IR, IS und IT gilt wieder Gleichung (4.74). Es ändert sich nur das Schaltbild des Nullsystems, das sich aufgrund von Gleichung (4.75) als offener Kreis darstellt.

UR

US

UT

IT

IS

IR

R

S

T

N

ZF

ZM

3ZN Z0

U0

I0

E1 = E

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

ZF

ZF

ZF

3ZM

Page 166: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

160

4.5.3 2-poliger Kurzschluß

Bild 4.27 zeigt den 2-poligen Kurzschluß ohne Fehlerimpedanzen (ZF = 0). Aus Bild 4.27a folgt:

0

0

R

TS

I

UU . (4.76)

Für die Spannungen ergibt sich

R

R

RR

U

U

UU

aa

aa

U

U

U

3

1

0

0

1

1

111

3

1

2

2

2

1

0

. (4.77)

Aus IR = 0 erhält man

0210 IIIIR . (4.78)

Diese beiden Bedingungen lassen sich nur erfüllen, wenn die 3 Komponentensysteme in der in Bild 4.27b dargestellten Weise miteinander verbunden werden. Das Schaltbild gemäß Bild 4.27b kann etwas umgezeichnet werden und es entsteht das deutlich übersichtlichere Bild 4.27c. Daraus können die Ströme I0, I1 und I2 durch eine einfache Netzwerkberechnung be-stimmt und über Gleichung (4.32) in das RST-System zurücktransformiert werden. a. c. b.

Bild 4.27 2-poliger Kurzschluß ohne Fehlerimpedanzen (ZF = 0)

a. Ersatzschaltbild im RST-System b. Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten c. Etwas umgezeichnetes Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten

UR

US

UT

IT

IS

IR

R

S

T

N

3ZN Z0

U0

I0

E1 = E

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

E1 U1

Z0

Z1

Z2

I2

I1

3ZN

I0

Page 167: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

161

Bild 4.28 zeigt den 2-poligen Kurzschluß unter Berücksichtigung von Fehlerimpedanzen (ZF, ZM). Aus IR = 0 erhält man

TS

TS

TS

T

S

IaIa

IaIa

II

I

I

aa

aa

I

I

I

2

2

2

2

2

1

0

3

10

1

1

111

3

1 . (4.79)

Aus der Transformationsgleichung (4.33) und Bild 4.28 folgt:

0

0

23

12

3

1

3

1

3

1

3

1

3

1

3

1

3

1

3

1

IZZUIIZZU

IIZIZIIZIZU

UUUU

MFRTSMFR

TSMTFTSMSFR

TSR

. (4.80)

Analog erhält man:

022011 3

1

3

1und IZIZUUIZIZUU MFRMFR . (4.81)

a. b.

Bild 4.28 2-poliger Kurzschluß mit den Fehlerimpedanzen ZF und ZM

a. Ersatzschaltbild im RST-System b. Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten

UR

US

UT

IT

IS

IR

R

S

T

N

ZF

ZF

ZM

3ZN Z0

U0

E1 = E

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

UR 1 3

ZF

ZF

ZF

2ZM

ZM

I0

Page 168: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

162

Die Gleichungen (4.80) und (4.81) kann man umformen zu:

RMF

RMF

RMF

UIZIZU

UIZIZU

UIZZU

3

13

13

12

022

011

00

. (4.82)

Daraus läßt sich dann die Erschatzschaltung in symmetrischen Komponenten konstruieren (Bild 4.28b). Diese Ersatzschaltung kann umgezeichnet werden und man erhält das übersicht-lichere Schaltbild Bild 4.29. Auch hier kann man die Ströme I0, I1 und I2 wieder durch eine ein-fache Netzwerkberechnung bestimmen und anschließend unter Verwendung von Gleichung (4.32) in das RST-System zurücktransformieren.

Daraus lassen sich auch die folgenden Spezialfälle ableiten:

ZM = 0: 2-poliger KS mit Erdberührung

ZM : 2-poliger KS ohne Erdberührung

Bild 4.29 Ersatzschaltbild bei 2-poligem Kurzschluß mit den Fehlerimpedanzen ZF und ZM in symmetrischen Komponenten

4.5.4 1-poliger Kurzschluß

Bild 4.30 zeigt den 1-poligen Kurzschluß mit Fehlerimpedanz ZF. Aus den Fehlerbedingungen folgt:

0 TS II . (4.83)

und damit

210

2

2

2

1

0

d.h.,

3

3

3

3

3

3

0

0

1

1

111

3

1III

I

I

I

ZU

ZU

ZU

Z

U

aa

aa

I

I

I

R

R

R

FR

FR

FR

F

R

. (4.84)

E1 U1

Z1

Z0

I2

I1

3ZN

I0

U2

U0

3ZMZFZF

ZF

Z2

Page 169: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

163

Außerdem gilt:

TSRF

TSRF

TSRF

T

S

RF

UaUaIZ

UaUaIZ

UUIZ

U

U

IZ

aa

aa

U

U

U

2

2

2

2

2

1

0

3

1

1

1

111

3

1 . (4.85)

0 1 2

2

20 1 2

1

3

1

3

13 3 3

3

F R S T

F R S T

F R F R F F FS T

U U U Z I U U

Z I a U a U

Z I a U a U Z I Z I Z I Z I

. (4.86)

Diese Gleichung wird durch das Schaltbild in Bild 4.30b erfüllt.

a. b.

Bild 4.30 1-poliger Kurzschluß mit Fehlerimpedanz ZF

a. Ersatzschaltbild im RST-System b. Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten

4.5.5 Beispiel: 2-poliger Kurzschluß an der Unterspannungsseite eines Transformators

Beispielhaft für die Auswirkung des Nullsystems bei Transformatoren soll ein 2-poliger Kurz-schluss ohne Fehlerimpedanzen an der Unterspannungsseite eines symmetrisch gespeisten Transformators betrachtet werden. Dabei soll die Stern-Stern-Schaltung mit der Stern-Dreieckschaltung verglichen werden (Bild 4.31).

UR

US

UT

IT

IS

IR

R

S

T

N

ZF

3ZN Z0

U0

I0

E1 = E

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

3ZF

Page 170: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

164

a. b.

Bild 4.31 2-poliger Kurzschluss auf der Unterspannungsseite eines Transformators und die zugehörige Ersatzschaltung in Symmetrischen Komponenten bei

a. Stern-Dreieck-Schaltung b. Stern-Stern-Schaltung des Transformators

Aus den Ersatzschaltungen in symmetrischen Komponenten für die beiden Fälle zeigt sich die Auswirkung der Schaltung im Nullsystem auf die Ströme (Bild 4.31). Im Fall der Stern-Dreieckschaltung ergibt sich durch die Dreieckschaltung eine Auftrennung im Nullsystem. Dadurch wird liegt der Impedanz des Gegensystem keine zusätzliche Impedanz mehr parallel. Der Kurzschlussstrom ist ingesamt niedriger.

ZS1 ZS2

1U

1V

1W

2U

2V

2W

2U

2W

ZQ ZS1

1U

1V

1W

ZQ

2V

3ZQ Z0

U0

I0

E1

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

ZT

ZT

Z01

3ZS1

3ZQ Z0

U0

I0

E1

Z1

U1

I1

Z2

U2

I2

ZT

ZT

Z01 3ZS1 3ZS2ü2Z02

Z03

Page 171: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

165

Wenn aber ein Transformator mit Stern-Stern-Schaltung zum Einsatz kommt und beide Stern-punkte über Impedanzen geerdet sind, spielt das Nullsystem eine Rolle. Die Gesamtimpedanz des Nullsystems wird umso geringer je geringer insbesondere die Sternpunktimpedanz ZS2 ist, da sie mit der Übersetzung des Transformators gewichtet wird. Die Gesamtimpedanz des Null-system liegt parallel zur Impedanz des Gegensystems und kann somit eine erhebliche Verringe-rung der Gesamtimpedanz bewirken. Dies hat unmittelbar einen höheren Kurzschlussstrom zur Folge.

4.6 Unsymmetrische Längsfehler und Leitungsunterbrechungen

Durch die Leitungsunterbrechung entstehen 2 Spannungssysteme A und B, für welche die Fehlerbedingung im RST aufgestellt werden müssen. Anschließend werden die entstehenden Beziehungen für Spannungen und Ströme in symmetrische Komponenten transformiert und dort durch geeignete Zusammenschaltung der 3 Netzwerke für das Mit-, Gegen- und Nullsys-tem realisiert.

4.6.1 1-poliger Längsfehler und 1-polige Leitungsunterbrechung

Aus dem Schaltbild gemäß Bild 4.32 kann man folgende Beziehungen für die Ströme und Spannungen im RST-System ableiten:

RA RB R R FRA RB

SA SB S SA SB S

TA TB T TA TB T

I I I U U I Z

I I I U U U

I I I U U U

. (4.87)

Die formale Anwendung der Transformation der Spannungen in symmetrische Komponenten führt auf:

0 0

2 21 1

2 22 2

1 13 3

1 13 3

1 13 3

A RA S T B RB S T

A RA S T B RB S T

A RA S T B RB S T

U U U U U U U U

U U a U a U U U a U a U

U U a U a U U U a U a U

(4.88)

Damit erhält man

0 0 1 1 2 2

1 1

3 3 R FA B A B A B RA RBU U U U U U U U I Z . (4.89)

Page 172: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

166

Bild 4.32 1-poliger Längsfehler mit einer Fehlerimpedanz ZF

Für die Ströme in symmetrischen Komponenten gilt analog zu Gleichung (4.88):

0 0

2 21 1

2 22 2

1 13 3

1 13 3

1 13 3

A R S T B R S T

A R S T B R S T

A R S T B R S T

I I I I I I I I

I I a I a I I I a I a I

I I a I a I I I a I a I

; (4.90)

daraus erhält man

0 1 2 0 1 2A A A R B B B RI I I I I I I I . (4.91)

Aufgabe einer Ersatzschaltung ist es, die beiden Gleichungen (4.89) und (4.91) zu realisieren. Beispielhaft soll ein symmetrisches Netz betrachtet werden, das über eine Leitung einen sym-metrischen Verbraucher in Sternschaltung mit der Impedanz Z und der Sternpunktimpedanz ZSV speist (Bild 4.33a). Die Leitung soll einpolig einen Übergangswiderstand ZF aufweisen. Das Netz wird durch die

Quelle E und die Impedanzen Z0N, Z1N, Z2N und die Sternpunktimpedanz 3ZSN beschrieben,

analog dazu sind Z0V, Z1V, Z2V und die Sternpunktimpedanz 3ZSV die Impedanzen des Verbrau-chers in symmetrischen Komponenten. Man erkennt, dass die Schaltung in symmetrischen Komponenten (Bild 4.33b) die beiden Gleichungen (4.89) und (4.91) erfüllt.

Die Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten kann berechnet werden, indem man die Parallelschaltung aus der Summe der Impedanzen im Gegen- und im Nullsystem und der Im-pedanz ZF/3 berechnet. Die daraus berechnete Ersatzimpedanz ist zwischen den Punkten A und B des Mitsystems wirksam. Im vorliegenden Fall erhält man:

2 2 0 03 33

FA B N V N SN V SV

ZZ Z Z Z Z Z Z . (4.92)

URA

USA

UTA

ITA

ISA

IRA

R

S

T

N

ZF

URB

USB

UTB

ITB

ISB

IRB R

S

T

N

Page 173: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

167

Der Rest der Schaltung lässt sich auf einfache Weise berechnen:

11 1 11

1 1 1 1

0 1 0 000 0

2 1 2 222 2

1

33 3

NA N AA

N A B V N A B V

A BA A N SN AA

N SN V SV

A BA A N AA

N V

E ZI U E Z I E

Z Z Z Z Z Z

ZI I U Z Z I

Z Z Z Z

ZI I U Z I

Z Z

. (4.93)

a. b.

Bild 4.33 Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten bei einem 1-poligen Längsfehler mit Fehlerimpedanz ZF

a. Schaltung im RST-System b. Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten

URA

USA

UTA

ITA

ISA

IRA

R

S

T

N

ZF

URB

USB

UTB

ITB

ISB

IRB Z

ZS Z

Z

3ZSN Z0N

U0A

I0A

E

Z1N

U1A

I1A

Z2N

U2A

I2A

3ZSV Z0V

U2B

U1B

U0B

Z2V

Z1V 3FZ

IR

A B

A B

Page 174: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

168

Ein Spezialfall ist die 1-polige Leitungsunterbrechung, d. h. ZF und IR = 0. Die beiden zu realisierenden Gleichungen lauten:

0 0 1 1 2 2

0 1 2

0 1 2

1

3

0

0

A B A B A B RA RB

A A A

B B B

U U U U U U U U

I I I

I I I

. (4.94)

Bild 4.34 zeigt die zugehörige Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten. Die Berech-nung der Spannungen und Ströme erfolgt auch hier durch Berechnung der Ersatzimpedanz zwischen den Punkten A und B:

2 2 0 03 3A B N V N SN V SVZ Z Z Z Z Z Z (4.95)

und anschließender Berechnung des Stromes I1A. Anschließend lassen sich die Ströme I0A und I2A und damit die Spannungen berechnen.

Bild 4.34 Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten bei einer 1-poligen Leitungsunter-

brechung (Fehlerimpedanz ZF )

3ZSN Z0N

U0A

I0A

E

Z1N

U1A

I1A

Z2N

U2A

I2A

3ZSV Z0V

U2B

U1B

U0B

Z2V

Z1V A B

Page 175: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

169

4.6.2 2-poliger Längsfehler und 2-polige Leitungsunterbrechung

Ausgangspunkt der Betrachtung ist das Bild 4.35. Für die Ströme und Spannungen im RST-System kann man folgende Beziehungen ableiten:

R RA RB RA RB R

SA SBS SA SB

F

TA TBT TA TB

F

I I I U U U

U UI I I

Z

U UI I I

Z

. (4.96)

a. b.

Bild 4.35 Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten bei einem 2-poligen Längsfehler mit Fehlerimpedanz ZF

a. Schaltung im RST-System b. Ersatzschaltbild in symmetrischen Komponenten

URA

USA

UTA

ITA

ISA

IRA

R

S

T

N

ZF

URB

USB

UTB

ITB

ISB

IRB Z

ZS Z

Z

A B

ZF

3ZSN Z0N

U0A

I0A

E

Z1N

U1A

I1A

Z2N

U2A

I2A

3ZSV Z0V

U2B

U1B

U0B

Z2V

Z1V A B

ZF

ZF

ZF

3RI

3RI

3RI

Page 176: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

170

Die formale Anwendung der Transformation der Spannungen in symmetrische Komponenten führt auf:

0 0

2 21 1

2 22 2

1 13 3

1 13 3

1 13 3

A R SA TA B R SB TB

A R SA TA B R SB TB

A R SA TA B R SB TB

U U U U U U U U

U U a U a U U U a U a U

U U a U a U U U a U a U

, (4.97)

woraus sich

0 0

21 1

22 2

13

13

13

A B SA SB TA TB

A B SA SB TA TB

A B SA SB TA TB

U U U U U U

U U a U U a U U

U U a U U a U U

(4.98)

ergibt. Für die Ströme in symmetrischen Komponenten gilt:

0

2 21

2 22

1 1 13 3 3

1 1 13 3 3

1 1 13 3 3

A R S T R SA SB TA TBF

A R S T R SA SB TA TBF

A R S T R SA SB TA TBF

I I I I I U U U UZ

I I a I a I I a U U a U UZ

I I a I a I I a U U a U UZ

; (4.99)

ein analoges Ergebnis erhält man für die Ströme I0B, I1B und I2B. Für die Ströme erhält man insgesamt:

0 00 0 0 0

1 11 1 1 1

2 22 2 2 2

1 1 1 13 3

1 1 1 13 3

1 1 1 13 3

A R B RA B A BF F

A R B RA B A BF F

A R B RA B A BF F

I I U U I I U UZ Z

I I U U I I U UZ Z

I I U U I I U UZ Z

; (4.100)

Bild 4.35 zeigt die Schaltung in symmetrischen Komponenten, welche die obigen Gleichungen realisiert. Zur Berechnung der Ersatzschaltung eines 2-poligen Längsfehlers in symmetrischen Kompo-nenten kann man zunächst Ersatzimpedanzen definieren:

0 0 0

2 2 2

3 3N SN V SV

N V

Z Z Z Z Z

Z Z Z

(4.101)

Page 177: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

171

Wie aus Bild 4.36 hervorgeht, ist zwischen den Punkten A und B die Impedanz

0 2A B F F FZ Z Z Z Z Z (4.102)

wirksam. Damit kann die Schaltung berechnet werden. b.

Bild 4.36 Berechnung der Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten bei einem 2-poligen Längsfehler mit Fehlerimpedanz ZF

Ein Spezialfall ist die 2-polige Leitungsunterbrechung, d. h. ZF sowie IS = 0 und IT = 0. Die beiden zu realisierenden Gleichungen lauten:

0 0

1 1

2 2

1 13 3

1 13 3

1 13 3

A R B R

A R B R

A R B R

I I I I

I I I I

I I I I

; (4.103)

Bild 4.37 zeigt die zugehörige Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten. Die Berech-nung dieser Schaltung ist einfach, alle Impedanzen sind in Reihe geschaltet.

3ZSN Z0N

I0A

E

Z1N

U1A

I1A

Z2N

I2A

3ZSV Z0V

U1B

Z2V

Z1V A B

ZF

ZF

ZF

3RI

Z0

Z2

Page 178: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

4 Unsymmetrische Fehler in Netzen

172

Bild 4.37 Ersatzschaltung in symmetrischen Komponenten bei einer 2-poligen Leitungsunter-

brechung (Fehlerimpedanz ZF )

Formelabschnitt 5

3ZSN Z0N

U0A

I0A

E

Z1N

U1A

I1A

Z2N

U2A

I2A

3ZSV Z0V

U2B

U1B

U0B

Z2V

Z1V

A B

3RI

3RI

3RI

Page 179: ELEKTRISCHE ENERGIENETZE (EEN) - KIT

6 Literatur

173

5 Literatur

[1] A. J. Schwab “Elektroenergiesysteme“, 1. Auflage Springer Verlag, 2006, ISBN 3-540-29664-6

[2] D. Oeding, B. R. Oswald “Elektrische Kraftwerke und Netze“, 6. Auflage Springer Verlag, 2004, ISBN 3-540-00863-2

[3] E. Spring “Elektrische Energienetze“ VDE Verlag GmbH, 2003, ISBN 3-8007-2523-1

[4] R. Flosdorff, Günther Hilgarth “Elektrische Energieverteilung“, 8. Auflage B.G. Teubner Verlag, 2003, ISBN 3-519-26424-2

[5] P. Kundur “Power System Stability and Control“ McGraw-Hill Inc., 1994, ISBN 0-07-035958-X

[6] K. Heuck, K.-D. Dettmann, D. Schulz “Elektrische Energieversorgung“, 7. Auflage Vieweg Verlag, 2007, ISBN 978-3-8348-0217-0

[7] A. J. Schwab “Begriffswelt der Feldtheorie“, 6. Auflage Springer Verlag, 2002, ISBN 3-540-42018-5

[8] M. Beyer, W. Boeck, K. Möller, W. Zaengl “Hochspannungstechnik“ Springer Verlag, 1986, ISBN 3-540-16014-0

[9] A. Küchler “Hochspannungstechnik“, 2. Auflage Springer Verlag, 2005, ISBN 3-540-21411-9

[10] I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew, G. Musiol, H. Mühlig “Taschenbuch der Mathematik“, 5. Auflage Verlag Harry Deutsch, 2001, ISBN 3-8171-2015-X

[11] L. Papula “Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 1-3“, 4. Auflage Verlag Vieweg, 2001, ISBN 3-528-34937-9

Equation Section 8

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174