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Elektromagnetische Felder im Alltag Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg BADEN- WÜRTTEMBERG

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ElektromagnetischeFelder im Alltag

Landesanstalt für Umweltschutz Baden-WürttembergBADEN-WÜRTTEMBERG

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Herausgegeben von derLandesanstalt für UmweltschutzBaden-Württemberg1. Auflage

Karlsruhe 2002

ElektromagnetischeFelder im Alltag

Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg

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2 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

IMPRESSUM

Herausgeber Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg76157 Karlsruhe · Postfach 21 07 52http://www.lfu.baden-wuerttemberg.de

ISSN 0949-0280 (2002)

Bearbeitung Landesanstalt für Umweltschutz Baden-WürttembergAbteilung 3 – Industrie und Gewerbe, Kreislaufwirtschaft

Forschungszentrum für Elektromagnetische UmweltverträglichkeitProf. Dr.-Ing. habil. med. J. Silny, RWTH Aachen

Umschlaglayout Stephan May • Grafik-Design, 76227 Karlsruhe

Titelbild Jutta Ruloff • Dipl.-Designerin, 76135 Karlsruhe

Druck Greiserdruck GmbH & Co. KG, 76437 Rastatt

Umwelthinweis gedruckt auf Recyclingpapier aus 100% Altpapier

Bezug über Verlagsauslieferung der LfU beiJVA Mannheim – Druckerei Herzogenriedstraße 111, 68169 MannheimTelefax: (0621) 398-370

Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Zustimmung des Herausgebers unter Quellenan-gabe und Überlassung von Belegexemplaren gestattet.

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© LfU Inhaltsverzeichnis 3

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2 Einführung in die physikalischen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.1 Elektrische und magnetische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.2 Elektrische und magnetische Wechselfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.3 Elektromagnetische Felder und Strahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3 Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen . . . . . . . . . . . . . 213.1 Natürliche elektrische und magnetische Gleichfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.2 Technisch erzeugte elektrische und magnetische Gleichfelder . . . . . . . . . . . . . . . . 213.3 Technisch erzeugte niederfrequente elektrische und magnetische Wechselfelder 23

3.3.1 Systeme der öffentlichen Stromversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233.3.2 Bahnstromanlagen der Deutschen Bahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.3.3 Haushalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.4 Technisch erzeugte hochfrequente elektromagnetische Felder . . . . . . . . . . . . . . . 353.4.1 Rundfunk und Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.4.2 Mobilfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423.4.3 Weitere technische Anwendungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder . . 453.4.4 Immissionen durch hochfrequente elektromagnetische Felder . . . . . . . . . . . . . . . 46

4 Biologische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494.2 Akute Wirkungen niederfrequenter elektrischer und magnetischer Felder . . . . . . 504.3 Akute Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder . . . . . . . . . . . . . . . . 564.4 Langzeitwirkungen elektromagnetischer Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

4.4.1 Niederfrequente Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614.4.2 Hochfrequente Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

4.5 Befindlichkeitsstörungen (Elektrosensibilität) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654.6 Beeinträchtigungen bei Patienten mit Implantaten und Körperhilfen . . . . . . . . . . . 66

5 Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695.1 Empfehlungen der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695.2 Regelungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

6 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 746.1 Erläuterungen und Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 746.2 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 786.3 Internationales Einheitensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

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Zusammenfassung

Die wichtigsten Aussagen aus den einzelnenKapiteln sind nachfolgend aufgeführt.

Elektrische und magnetische Felder

• Elektrische Felder entstehen überall dort,wo aufgrund getrennter Ladungsträger einePotenzialdifferenz, d. h. eine elektrischeSpannung mit der Einheit Volt [V], vorhan-den ist.

• Elektrische Felder bestehen auch dann,wenn kein Strom fließt.

• Die Stärke des elektrischen Feldes wird inSpannung pro Meter [V/m] angegeben undals elektrische Feldstärke E bezeichnet.

• Die Stärke des elektrischen Feldes nimmtmit steigender Spannung zu und mit zu-nehmendem Abstand von der Quelle ab.

• Elektrische Felder lassen sich leicht ab-schirmen.

• Magnetische Felder entstehen überall dort,wo elektrische Ladungen bewegt werden,d. h. wo ein elektrischer Strom mit der Ein-heit Ampere [A] fließt.

• Zur Beschreibung der Stärke des magneti-schen Feldes verwendet man die magneti-sche Flussdichte B mit der Einheit Tesla [T].

• Die Stärke des Magnetfeldes nimmt mit zu-nehmender Stromstärke zu und mit wach-sendem Abstand von der Quelle ab.

• Magnetische Felder lassen sich nur schwerabschirmen.

Elektrische und magnetischeWechselfelder

• Elektrische Wechselfelder ändern die Pola-rität (+/-) des Feldes mit der Zeit. Fließt einStrom, d. h. werden elektrische Ladungenbewegt, entstehen zeitgleich magnetischeWechselfelder.

Elektromagnetische Felder und Strahlen

• Zwischen elektrischen und magnetischenFeldern besteht eine enge Wechselwir-kung. Diese wechselseitige enge Verknüp-fung ist umso stärker, je schneller die Feld-

änderungen erfolgen, d. h. je höher die Fre-quenz ist. Bei Frequenzen über 30 Kilo-hertz [kHz] kann daher das elektrische unddas magnetische Feld nicht mehr getrenntbetrachtet werden. Man spricht nun vonelektromagnetischen Feldern oder Strah-len.

• Elektromagnetische Felder können sich vonder Quelle, zum Beispiel einer Antenne, lö-sen und sich im Raum über große Entfer-nungen ausbreiten. Diese Eigenschaft wirdzur Übertragung von Informationen zumBeispiel beim Rundfunk und Fernsehen ge-nutzt.

Natürliche elektrische und magnetischeGleichfelder

• Zwischen dem Erdboden und der elektrischgut leitfähigen Ionosphäre in ca. 70 km Hö-he besteht eine Potenzialdifferenz von biszu 300 kV. Dadurch entsteht ein statischeselektrisches Feld, das je nach Jahreszeitund Wetter eine Feldstärke von ca. 130 V/mbis ca. 270 V/m aufweist.

• Das statische Erdmagnetfeld weist je nachgeologischem Untergrund und Breitengradeine magnetische Flussdichte zwischen 30und 60 µT auf. In Baden-Württemberg liegtes im Mittel bei ca. 47 µT.

Technisch erzeugte elektrische undmagnetische Gleichfelder

• Technisch erzeugte elektrische und magne-tische Gleichfelder treten vor allem beimschienengebundenen Nahverkehr (Stra-ßenbahn, U-Bahn) auf.

• Auf Grund der niedrigen Fahrdrahtspan-nungen von 750 V treten in unmittelbarerNähe der Nahverkehrsstrecken nur geringeelektrische Feldstärken von maximal 50V/m auf.

• Im Fahrzeuginnenraum der Straßen- oderU-Bahnen können magnetische Flussdich-ten von etwa 150 µT bis maximal 350 µTauftreten. In ungefähr einem Meter Abstand

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von der Bahnsteigkante werden nur nochetwa 50 µT bis maximal 110 µT gemessen.

Niederfrequente elektrische undmagnetische Wechselfelder deröffentlichen Stromversorgung

• In Deutschland wird für die Versorgung mitelektrischer Energie Drehstrom mit einerFrequenz von 50 Hertz eingesetzt. Ein weitverzweigtes Transport- und Verteilernetzsorgt dafür, dass alle Endverbraucher je-derzeit ausreichend mit Strom versorgt wer-den. Das Höchstspannungsnetz mit Span-nungen von 220 kV und 380 kV wird zurÜbertragung großer Leistungen über großeEntfernungen eingesetzt. Das Hochspan-nungsnetz mit Spannungen von 60 kV bis110 kV überträgt den Strom von Höchst-spannungs-Umspannwerken zu den Ver-brauchsschwerpunkten, zum Beispiel derGroßindustrie und des Schienenverkehrs.Das Mittelspannungsnetz mit Spannungenvon 1 kV bis 50 kV übernimmt die weitereVerteilung zu den Transformatorstationen inGemeinden und bei Großabnehmern, zumBeispiel der Industrie. Das Niederspan-nungsnetz mit Spannungen kleiner 1 kVbringt den Strom in die Haushalte und dieBüros. Für das Niederspannungsnetz wer-den im städtischen Bereich überwiegendErdkabel verwendet.

• Die Stärke und die Verteilung der elektri-schen und magnetischen Felder im Umfeldeiner Freileitung sind von vielen Faktorenabhängig, wie zum Beispiel der Spannung,der Stromstärke, der Mastform, der Anzahlund des Durchhangs der Leiterseile. DerDurchhang der Leiterseile bestimmt bei de-finierter Mastform sowie Spannung undStromstärke maßgeblich die am Erdbodenauftretenden Feldstärken. Der Durchhangist abhängig von der Temperatur der Lei-terseile und nimmt folglich mit steigenderÜbertragungsleistung (Stromstärke) undder Lufttemperatur zu.

• Die elektrischen Feldstärken und magneti-schen Flussdichten sind direkt unterhalbder Leiterseile am höchsten. Sie nehmenmit zunehmender Entfernung von der Frei-

leitung sehr rasch ab. So treten in 50 m Ab-stand nur noch elektrische Feldstärken vonmaximal 1 kV/m und magnetische Fluss-dichten von maximal 1 µT auf.

• Bei Hochspannungsleitungen, die in derErde verlegt werden (Erdkabel), wird daselektrische Feld durch eine geerdete metal-lische Kabelumhüllung und durch das lei-tende Erdreich fast völlig abgeschirmt. Dasmagnetische Feld lässt sich dagegen nichtabschirmen. Die Verlegungstiefe von Erd-kabeln bis zu 110 kV beträgt ungefähr einMeter. Direkt über dem Erdkabel könnenam Erdboden magnetische Flussdichtenvon bis zu 20 µT auftreten. Die magneti-schen Felder nehmen aber bereits nach we-nigen Metern sehr stark ab.

• Elektrische und magnetische Felder tretenauch in Netzstationen auf, in denen mitTransformatoren die Versorgungsspannungerhöht oder erniedrigt wird. Hohe elektri-sche und magnetische Felder treten abernur in der Netzstation selbst auf. Das elekt-rische Feld wird durch die Einhausung fastvollständig abgeschirmt und ist selbst imNahbereich der Station vernachlässigbarklein. Stärkere Magnetfelder treten beiNetzstationen nur direkt an der Außenwandim Bereich der Niederspannungsableitungauf.

Niederfrequente elektrische undmagnetische Wechselfelder vonBahnstromanlagen

• Das elektrifizierte Netz der Deutschen BahnAG (DB) wird aus historischen Gründen mitWechselstrom der Frequenz 16,7 Hertz(162⁄3 Hz) betrieben. Gleichartige Netze gibtes in Österreich, der Schweiz, Schwedenund Norwegen. In anderen europäischenLändern wird entweder 50 Hertz Wechsel-strom oder Gleichstrom verwendet. Dasbahneigene 110-kV-Hochspannungsnetzmit einer Länge von rund 7400 Kilometernverbindet Kraft-, Umformer- und Umricht-werke mit Bahnunterwerken, in denen der110-kV-Bahnstrom auf 15 kV heruntertrans-formiert wird. Vom Bahnunterwerk gelangtder Strom direkt in die Oberleitungen. Zur

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Versorgung der Züge mit Energie wird derStrom über die 15-kV-Oberleitung zuge-führt, als Rückleiter dienen die Schienen.

• Die 15-kV-Oberleitung erzeugt ein elektri-sches Feld, bei dem der Maximalwert derelektrischen Feldstärke direkt über denSchienen liegt. Eine Person, die an derBahnsteigkante steht, ist einer elektrischenFeldstärke von ungefähr 600 V/m ausge-setzt. Durch die Metallhülle des Zuges wer-den Fahrgäste im Zug vom elektrischenFeld der Oberleitung vollständig abge-schirmt. Auch der Maximalwert der magne-tischen Flussdichte liegt direkt über denSchienen. Eine Person, die an der Bahn-steigkante steht, ist einer magnetischenFlussdichte von maximal 100 µT ausge-setzt. In den Zügen selbst sind die Fahrgäs-te Magnetfeldern von bis zu 50 µT ausge-setzt.

Niederfrequente elektrische undmagnetische Wechselfelder im Haushalt

• Im Haushalt entstehen niederfrequenteelektrische und magnetische Wechselfelderdurch elektrische Geräte und durch dieElektroinstallation.

• Die elektrischen und magnetischen Feld-stärken in der Umgebung von Stromleitun-gen der Hausinstallation sind in der Regelsehr gering.

• Die elektrischen Feldstärken liegen in derNähe (30 cm Abstand) von Haushaltsgerä-ten in der Regel unter 120 V/m. In unmittel-barer Nähe von Heizdecken können aller-dings elektrische Feldstärken von einigentausend Volt pro Meter auftreten.

• Starke magnetische Felder entstehen vorallem bei Haushaltsgeräten mit hohemStromverbrauch (Elektroheizung, Elektro-herd, Bügeleisen, Haarfön), bei Geräten, dieeinen Transformator oder Magnetspulenenthalten (Fernsehgerät, Stereoanlage, Ha-logenleuchte) sowie bei Geräten, die von ei-nem Elektromotor angetrieben werden(Bohrmaschine, Staubsauger).

• Typische Belastungswerte der magneti-schen Flussdichte liegen in der Nähe

(30 cm) von Haushaltsgeräten im Bereichvon 1 µT bis 20 µT.

Technisch erzeugte hochfrequenteelektromagnetische Felder

• Sind die niederfrequenten Wechselfeldermeist unerwünschte Nebeneffekte bei derÜbertragung und Nutzung elektrischerEnergie, so werden hochfrequente elektro-magnetische Felder in der Regel absichtlicherzeugt. Im Niederfrequenzbereich könnenelektrische und magnetische Felder ge-trennt betrachtet werden, man spricht indiesem Fall von „entkoppelten“ Feldantei-len. Im Gegensatz dazu sind im Hochfre-quenzbereich das elektrische und magneti-sche Feld eng miteinander verknüpft bzw.„gekoppelt“. Man spricht nun von elektro-magnetischen Wellen, die sich mit Lichtge-schwindigkeit (300 000 000 m/s im Vaku-um) ausbreiten.

• Das Maß für die Stärke einer elektromag-netischen Welle ist die LeistungsflussdichteS in Watt pro Quadratmeter [W/m2] oderMikrowatt pro Quadratzentimeter [µW/cm2].Die Leistungsflussdichte ist das Produkt

ter Ausbrim Fernfeld mit zunehmendem Abstand r

eitung (z. B. im Weltraum) nimmt

aus der elektrischen Feldstärke E und dermagnetischen Feldstärke H. Bei ungestör-

von der Quelle die Leistungsflussdichte mitdem Quadrat des Abstandes (1/r2) und dieelektrische und magnetische Feldstärke mit1/r zur Quelle ab.

• Die Stärke der Felder im Umfeld einerQuelle (z. B. Antenne), die hochfrequenteelektromagnetische Felder abstrahlt, istnicht nur von der Sendeleistung [Watt] undvon der Entfernung zur Quelle abhängig,sondern auch von der Abstrahlcharakteris-tik der Antenne. Antennen von Mobilfunk-basisstationen strahlen in der horizontalenEbene entweder in allen Richtungen paral-lel zum Erboden gleich viel Energie ab oderdie elektromagnetische Wellen werdendurch Richtantennen (Sektorantennen) aufeinen 30° bis 120° breiten horizontalen Sek-tor konzentriert. In der Vertikalen geben An-tennen in der Regel elektromagnetische

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Wellen relativ stark gebündelt ab, ähnlichwie die Scheinwerfer eines Leuchtturmes.Dies hat zur Folge, dass das bodennaheUmfeld unterhalb der Antenne oder auchdie Räume eines Gebäudes, auf dem dieAntenne errichtet ist, wesentlich geringermit hochfrequenten elektromagnetischenWellen belastet sind, als man dies von derEntfernung her erwarten würde.

• In Deutschland bedürfen ortsfeste Funk-sendeanlagen mit einer Sendeleistung von10 Watt EIRP (äquivalente isotrope Strah-lungsleistung) oder mehr einer so genann-ten Standortbescheinigung der Regulie-rungsbehörde für Telekommunikation undPost (RegTP). In der Standortbescheini-gung werden Leistungsbeschränkungenund Abstrahlwinkel mit den sich daraus er-gebenden Sicherheitsabständen zu allge-mein zugänglichen Bereichen verbindlichfestgelegt. In Baden-Württemberg wurdefür insgesamt 6625 Standorte von ortsfes-ten Funksendeanlagen eine Standortbe-scheinigung erteilt. Davon waren 5048Standorte, an denen sich mindestens eineMobilfunksendeanlage befand (Stand: Mai2001).

Rundfunk und Fernsehen

• Die flächendeckende Versorgung der Be-völkerung erfolgt bei Rundfunk- und Fern-sehsendern durch wenige starke Sendean-lagen. So treten bei Rundfunk- undFernsehsendern Sendeleistungen von biszu zwei Millionen Watt auf. Diese Senderversorgen große Gebiete im Umkreis bis zueinigen 100 Kilometern.

• In Baden-Württemberg gibt es insgesamt2330 Sendeanlagen von Rundfunk- undFernsehsendern mit Sendeleistungen voneinigen Watt bis zu 500 000 Watt (Stand:Dezember 2000). Da in der Regel an einemStandort mehrere Sendeanlagen installiertsind, ist die Anzahl der Standorte mit Rund-funk- und Fernsehsendern wesentlich ge-ringer.

Mobilfunk

• In Deutschland gibt es derzeit vier digitaleMobilfunknetze, das analoge C-Netz wurde

Ende 2000 abgeschaltet. Die digitalen Mo-bilfunknetze arbeiten mit digitaler Sprach-codierung nach dem GSM-Standard (Glo-bal System for Mobile Communications),der neben einer guten Übertragungsqualitätauch Zusatzdienste, wie Fax, Kurzmittei-lungen und Datentransfer ermöglicht. Zu-künftig können mit dem neuen UMTS-Stan-dard (Universal Mobile TelecommunicationSystem) nicht nur Sprache oder kurze Texteübertragen werden, sondern auch bewegteBilder in hoher Qualität.

• Beim Rundfunk und Fernsehen kann aufGrund der hohen Sendeleistungen in derRegel mit einem Sendeturm ein sehr gro-ßes Gebiet von bis zu 100 Kilometer Um-kreis versorgt werden. Im Gegensatz dazumuss beim Mobilfunk ein so genanntes„zellulares Netz“ mit einer Vielzahl vonkleinräumigen, nahtlos aneinander gren-zenden „Funkzellen“ aufgebaut werden.Verantwortlich für die Versorgung einerFunkzelle ist die Mobilfunkbasisstation. Dieeinzelnen Basisstationen sind untereinan-der und mit der zentralen Vermittlungsstelledes Netzbetreibers über Kabel, Glasfaseroder Richtfunk verbunden. Die Vermitt-lungsstelle besteht aus speziellen Compu-tern, die weltweit miteinander in Verbindungstehen. Der Betrieb von Handys ist nur anOrten möglich, die von einer Mobilfunkba-sisstation des jeweiligen Netzbetreibersversorgt werden.

• Die Sendeleistung des Handys wird in Ab-hängigkeit von der Verbindungsqualitätzwischen Handy und Basisstation gesteu-ert. Dies bedeutet, dass bei schlechter Ver-bindungsqualität eine höhere Sendeleis-tung erforderlich ist als bei guter Versor-gung. Die Sendeleistungen von Handys lie-gen im D-Netz bei maximal 2 Watt und imE-Netz bei maximal 1 Watt. Die Sendeleis-tungen von Basisstationen liegen im D-Netzzwischen 10 Watt (je Kanal) in Wohngebie-ten und bis zu 50 Watt (je Kanal) entlang vonAutobahnen. Beim E-Netz und beim zu-künftigen UMTS-Netz beträgt die Sende-leistung maximal 20 Watt (je Kanal).

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• Mit den Sendeleistungen der Mobilfunkba-sisstationen können Funkverbindungenüber einige 100 Meter in den Städten undeinigen Kilometern in der freien Landschafterreicht werden. Eine flächendeckende Mo-bilfunkversorgung erfordert daher einegroße Dichte von Basisstationen. Obwohldie Sendeleistung der Basisstationen umeinen Faktor 10 bis 100 höher liegt als dieSendeleistung von Handys, ist der Handy-Nutzer mit den vom Handy ausgestrahltenWellen einer etwa 10 000fach stärkerenLeistungsflussdichte ausgesetzt. DerGrund hierfür ist die Nähe der Handy-An-tenne zum Kopf des Nutzers.

Weitere technische Anwendungen hoch-frequenter elektromagnetischer Felder

• Im Mikrowellenherd werden elektromagne-tische Wellen bei einer Frequenz von 2400MHz erzeugt, die Wassermoleküle beson-ders gut zu Schwingungen anregen. Diedurch die Wassermoleküle aufgenommeneSchwingungsenergie bewirkt eine Erwär-mung. Die Stärke des elektrischen Feldesaußerhalb des Gerätes ist sehr gering, dader Mikrowellenherd wie ein umgekehrterFaradayscher Käfig funktioniert.

• Elektromagnetische Felder finden in öffent-lich zugänglichen Bereichen zunehmendAnwendung bei der Artikelsicherung, beider berührungslosen Identifikation von Per-sonenausweisen und Waffenspürgeräten.Die Artikelsicherungsanlagen arbeiten mitunterschiedlichen Frequenzen zwischen 10Hz und 3 GHz. Die im niederfrequenten Be-reich arbeitenden Anlagen können in derÜberwachungszone relativ hohe magneti-sche Flussdichten von bis zu 300 µT auf-bauen, denen die Passanten aber nur kurz-zeitig ausgesetzt sind.

Immissionen durch hochfrequenteelektromagnetische Felder

• Es gibt eine Vielzahl von Sendeanlagen, dieFunkwellen unterschiedlicher Frequenz undIntensität aussenden. Darüber hinaus tretenhochfrequente elektromagnetische Felderbei einigen Geräten des täglichen Lebens(Mikrowelle, Babyphon usw.) und bei Siche-

rungsanlagen in öffentlich zugänglichenBereichen auf. Mit Hilfe von Messungen, dieden gesamten Frequenzbereich der hoch-frequenten elektromagnetischen Felder ab-decken, können die von Funksendeanlagenausgehenden Immissionen ermittelt wer-den.

• Messungen zeigen, dass die Belastung derBevölkerung mit hochfrequenten elektro-magnetischen Feldern selbst an stark ex-ponierten Orten in der Regel unter 10 Pro-zent der Grenzwerte der Verordnung überelektromagnetische Felder (26. BImSchV)liegt. Die Felder leistungsstarker Rundfunk-und Fernsehsender sind häufig noch im Ab-stand von mehreren Kilometern stärker alsdie Felder von Mobilfunksendern, die sichin unmittelbarer Nähe des Wohnortes be-finden.

Biologische Wirkungen

• Die Wirkungen elektromagnetischer Felderauf biologische Systeme hängen im We-sentlichen von der Frequenz und der Inten-sität der einwirkenden Felder ab. Im Ge-gensatz zu den ionisierenden UV-,Röntgen- oder Gamma-Strahlen ist dasEnergieniveau von nieder- und hochfre-quenten elektromagnetischen Feldern biszu einer Frequenz von ca. 300 GHz für dieIonisation zu niedrig, um die Bindungenzwischen Atomen und Molekülen im Körperaufzulösen.

• Elektromagnetische Felder können entwe-der direkt auf den Körper einwirken oder in-direkt durch die in leitfähigen Materialien in-

Ströme oder Spannungen auf den

duzierten

Körper übertragen werden.

Akute Wirkungen starker Felder sind zwi-schenzeitlich eingehend erforscht und wis-senschaftlich abgesichert. Von wenigenAusnahmen abgesehen (z. B. einzelne Ar-beitsplätze in der Medizin, im Gewerbe undin der Industrie) sind die in der Umgebungdes Menschen auftretenden elektromagne-tischen Felder im Vergleich zu den für dasEintreten von akuten Wirkungen erforderli-chen Feldstärken um etwa einen Faktor1000 niedriger. Wissenschaftlich hinrei-

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chend abgesicherte Erkenntnisse übermögliche Langzeitwirkungen schwacherFelder wurden bislang nicht gefunden.

Akute Wirkungen niederfrequenterelektrischer und magnetischer Felder

• Für die Reizung von Nerven und Muskelnsind die durch niederfrequente Felder imKörper erzeugten elektrischen Ströme undStromdichten maßgeblich. Unter Strom-dichte ist dabei der elektrische Strom zuverstehen, der durch eine bestimmte Kör-per- bzw. Organfläche fließt. Die Einheit derStromdichte ist Milli-Ampere pro Quadrat-meter [mA/m2].

• Unterhalb einer Stromdichte von 10 mA/m2

sind keine wissenschaftlich abgesichertenbiologischen Wirkungen bekannt. Oberhalbvon 10 mA/m2 nehmen die Sinnesrezepto-ren der Haut oder des Sehorgans unter-schiedliche Empfindungen wahr, die beiWiederholung zu Belästigung und Beein-trächtigung des Wohlbefindens führen kön-nen. Akute Gefahren für die Gesundheitdurch Erregung der Nerven-, Muskel- bzw.Herzfunktion treten erst bei örtlichen Kör-perstromdichten von mehr als 100 mA/m2

auf.

• Großen Einfluss auf die auf der Körper-oberfläche und im Körperinneren erzeugtenStröme hat auch die Körperform bzw. Kör-pergröße. So wird die elektrische Feldstär-ke von 10 kV/m eines ungestörten Feldesim Kopfbereich des Menschen um das etwa18fache erhöht, wohingegen es im Bereichder unteren Extremitäten zu einer Herab-senkung der ungestörten Feldstärkekommt. Allerdings ist die Reizung von Ner-ven und Muskeln in verschiedenen Körper-bereichen im elektrischen 50-Hz-Feld nurbei sehr hohen Feldstärken feststellbar, dieim Alltag nicht vorkommen.

• Niederfrequente magnetische Wechselfel-der induzieren im Körper elektrische Wir-belströme, die ähnlich der Wirkung elektri-scher Felder zu unterschiedlichenStromdichten im Körper führen. Die Stärkeder induzierten Ströme hängt insbesonderevon der Frequenz, der magnetischen Fluss-

dichte und der Ausdehnung des Feldessowie der Fläche des durchdrungenen Kör-perquerschnitts ab. In einem weit ausge-dehnten Magnetfeld nimmt die induzierteStromdichte von der Körpermitte zur Ober-fläche zu, die höchsten Werte treten in denRandgebieten des Brustkorbs auf.

• Die niedrigste Wirkungsschwelle niederfre-quenter Magnetfelder tritt bei der optischenWahrnehmung von Flicker-Effekten an derPeripherie des Sehfeldes auf, die auch alsmagnetische Phosphene bezeichnet wer-den. Das Minimum liegt bei etwa 16 Hz, im50-Hz-Feld erreicht die Schwelle mehr als5000 µT. Bei magnetischen Phosphenenhandelt es sich um einen harmlosen Effekt,der nur während der Feldexposition ge-genwärtig ist. Mit einer ernst zu nehmendenReizung des Herzmuskels ist erst oberhalbvon 500 000 µT im magnetischen 50-Hz-Feld zu rechnen. Die in der 26. BImSchVfestgelegten Grenzwerte für magnetische162⁄3-Hz- und 50-Hz-Felder liegen um denFaktor 50 unterhalb der niedrigstenSchwelle belegter Effekte.

Akute Wirkungen hochfrequenterelektromagnetischer Felder

• Hochfrequente elektromagnetische Wellenwerden von biologischen Systemen in Ab-hängigkeit von der Frequenz absorbiert. DieAbsorption kann zu einer Temperaturerhö-hung einzelner Körperteile oder des ganzenKörpers führen. Die pro Zeiteinheit im Ge-webe absorbierte Energie ist die Basis-größe für die Beurteilung der thermischenWirkung von Hochfrequenzstrahlung. Manbezeichnet sie als Spezifische Absorptions-Rate (SAR) mit der Einheit Watt pro Kilo-gramm [W/kg]. Wird die absorbierte Leis-tung über den ganzen Körper gemittelt,erhält man den Ganzkörper-SAR-Wert.Werden nur Teile des Körpers exponiert, soist die Verwendung lokaler oder Teilkörper-SAR-Werte notwendig. Dabei wird übereine kleinere Masse in der Regel 1 g oder10 g gemittelt.

• Die Absorption von Hochfrequenzstrahlungim menschlichen Körper ist stark frequenz-

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abhängig. Bis etwa 30 MHz ist die Wellen-länge viel größer als die Körperabmessun-gen. Hier ist das Absorptionsvermögen desKörpers gering und daher die Eindringtiefeder Strahlung groß. Um den Körper zu er-wärmen, muss eine vergleichsweise hoheEnergiemenge absorbiert werden. Für dengesamten Körper eines Erwachsenenkommt es zur maximalen Absorption beiungefähr 70 bis 100 MHz. Auf Grund dergeringeren Körperabmessungen liegt dieoptimale Resonanzfrequenz für Kleinkinderdemzufolge höher als bei Erwachsenen. Beider Übertragung von Ergebnissen aus Tier-versuchen auf den Menschen muss beach-tet werden, dass die optimale Resonanzfre-quenz der hochfrequenten Strahlung zumBeispiel bei der Maus bei ungefähr 2,45GHz liegt.

• Neben der Frequenz hängt die Eindringtiefehochfrequenter Strahlung in den Körperauch stark vom Wassergehalt des jeweili-gen Gewebes ab. Bei Knochengewebe mitrelativ geringem Wassergehalt ist die Ein-dringtiefe wesentlich höher als beispiels-weise bei Nieren- oder Muskelgewebe mithohem Wassergehalt. Auch mit zunehmen-der Frequenz nimmt die Eindringtiefe ab. Sobeträgt beispielsweise bei 0,5 GHz die mitt-lere Eindringtiefe in Muskelgewebe unge-fähr 17 mm, bei 2,45 GHz (Mikrowellenherd)noch 6 mm und oberhalb von 10 GHz nurnoch 0,2 mm oder weniger.

• Unter Normalbedingungen führen beimerwachsenen Menschen Ganzkörper-SAR-Werte von 1 bis 4 W/kg zu einer durch-schnittlichen Temperaturerhöhung von we-niger als 1° C. Eine noch stärkere Körper-erwärmung kann durch körperliche Arbeitoder sportliche Betätigung hervorgerufenwerden, sie gilt deshalb für den gesundenMenschen als normal und ungefährlich. Sobeträgt der durchschnittliche Energieum-satz eines Menschen im Ruhezustand un-gefähr 1 W/kg und erhöht sich beim Gehenauf etwa 3–5 W/kg. Körperliche Arbeit einesgesunden Menschen kann zur Erwärmungdes Körpers um mehr als 2° C führen, ohnedass gesundheitliche Schäden auftreten.

Bei erkrankten Personen mit Fieber könntediese Erwärmung dagegen bereits zu Ge-sundheitsgefahren führen. Bei einem Ganz-körper-SAR-Wert < 0,08 W/kg treten keinemerklichen Temperaturerhöhungen mehrauf.

• Die für eine Temperaturerhöhung des ge-samten Körpers im Hochfrequenzfeld fest-gelegten Grenzen gelten in gleicher Weiseauch für einzelne Körperteile und Organebei lokaler Erwärmung. Zum Schutz der ein-zelnen Körperteile muss die Feldeinwir-kung so begrenzt werden, dass sich für keinKörperteil als Folge der Absorption eine (lo-kale) Temperaturerhöhung von mehr als1° C ergibt. Dies ist bei einem Teilkörper-SAR-Wert von 10 W/kg (gemittelt über 10 gKörpergewebe!) auch unter ungünstigenBedingungen gegeben. Bei einem emp-fohlenen maximalen Teilkörper-SAR-Wertvon 2 W/kg treten nur noch vernachlässig-bar geringe Temperaturerhöhungen im Ge-webe auf.

• In der Medizin werden bei der Hochfre-quenzwärmetherapie dagegen lokale Tem-peraturüberhöhungen gezielt genutzt, uman bestimmten Stellen des Körpers das be-treffende Gewebe aufzuwärmen und so ei-nen therapeutischen Effekt zu erzielen. Da-bei werden Teilkörper-SAR-Werte von 10bis 50 W/kg angewendet.

Langzeitwirkungen elektromagnetischerFelder

• Sowohl für niederfrequente als auch fürhochfrequente Felder sind Langzeitwirkun-gen postuliert worden. So findet sich in derLiteratur eine Vielzahl statistischer Studienüber die Häufigkeit auftretender Krankhei-ten (Epidemiologie), Untersuchungen imReagenzglas (in vitro) sowie in Tiermodel-len, die sich mit dem Auftreten bestimmterKrebsarten unter der Einwirkung elektro-magnetischer Felder auseinander setzen.Die betrachteten Feldstärken bzw. Leis-tungsflussdichten liegen dabei weit unter-halb der Schwellenwerte für das Auftretenakuter Wirkungen. Bis heute konnten wederallgemein anerkannte Dosis-Wirkungs-Be-

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ziehungen noch die für eine möglicheKrebsentstehung maßgeblichen Wirkungs-mechanismen ermittelt werden.

Langzeitwirkungen niederfrequenterelektromagnetischer Felder

• Epidemiologische Studien können für sichallein niemals Kausalzusammenhänge be-weisen oder widerlegen. Sachgerecht kön-nen sie nur im Kontext mit dem allgemei-nen Wissensstand in der Medizin interpre-tiert werden. Die vorliegenden epidemiolo-gischen Studien allein können daher nichtals schlüssiger Beweis, sondern lediglichals Hinweis oder Verdacht gewertet wer-den, dass ein Zusammenhang zwischender Einwirkung niederfrequenter elektro-magnetischer Felder und der Krebsentste-hung bzw. Krebsförderung bestehenkönnte.

• In mehreren epidemiologischen Studienwurde ein statistischer Zusammenhangzwischen einer langzeitigen Einwirkungniederfrequenter schwacher Magnetfelder(< 1 µT), wie sie im Alltag vorkommen, unddem Auftreten bestimmter Krebsarten, zumBeispiel Leukämie bei Kindern, gefunden.Dem steht jedoch auch eine ganze Reihevon Studien entgegen, in denen ein solcherZusammenhang nicht gefunden wurde. Inden meisten bisherigen epidemiologischenStudien bestehen Unsicherheiten hinsicht-lich der Größe und Auswahl der Kontroll-und Feldgruppen, der Ermittlung und Ab-grenzung von begleitenden Störfaktorensowie der Bestimmung der einwirkendenFeldstärken.

• In den meisten epidemiologischen Studienwurde der Frage nachgegangen, ob dasWohnen im Einwirkungsbereich von Fel-dern der Hochspannungsfreileitungen eineerhöhte Krebsgefahr birgt. Die Mehrzahldieser Studien zeigt eine geringfügigestatistische Erhöhung des Risikos für dieErkrankung an Leukämie bei Kindern, die inBereichen mit erhöhter magnetischer Fluss-dichte über 0,3 µT wohnten. Die Frage nachder Ursächlichkeit dieser Erkrankungen istdamit jedoch keineswegs beantwortet, da

auch andere, bis heute nicht untersuchte,begleitende Faktoren verantwortlich seinkönnten. Erste vorläufige Untersuchungen,inwieweit Umwelteinflüsse wie Verkehrsauf-kommen oder Umweltverschmutzung alsalternative ursächliche Faktoren in Fragekommen, haben bisher keine schlüssigenErgebnisse geliefert.

• Maßgebende internationale und nationaleGremien wie die Weltgesundheitsorganisa-tion (WHO, 2000), die Internationale Kom-mission zum Schutz vor nichtionisierendenStrahlen (ICNIRP, 1998), die deutscheStrahlenschutzkommission (SSK, 2001),das englische nationale Strahlenschutzamt(NRPB, 2001) und das amerikanischeBundesamt für Umweltmedizin (NIEHS,1998) haben in den letzten Jahren eine Neu-bewertung der Literatur vorgenommen.Trotz der epidemiologischen Hinweise aufein niedriges Risiko einer Erkrankung anLeukämie bei Kindern sehen sie den Zu-sammenhang zwischen den Langzeitwir-kungen schwacher niederfrequenter mag-netischer Felder und dieser Erkrankungderzeit als nicht erwiesen an. Daher gebendie vorliegenden epidemiologischen Stu-dien derzeit auch keinen Anlass zu Ände-rungen der entsprechenden Grenzwert-empfehlungen.

Langzeitwirkungen hochfrequenterelektromagnetischer Felder

• Derzeit liegen nur wenige epidemiologischeStudien über mögliche Langzeitwirkungenhochfrequenter elektromagnetischer Feldervor. Ihre Ergebnisse geben keinen Hinweisauf einen Anstieg von Erkrankungen. Vor al-lem wurden Beschäftigte in den Industrie-zweigen untersucht, in denen starke hoch-frequente Felder verwendet werden. Eskonnten aber keine konsistenten Ergeb-nisse über ausgeprägte Krankheitsbilderbei den Beschäftigten aufgezeigt werden.Die Fälle von Leukämie bei Technikern anRadareinrichtungen werden vor allem aufdie gleichzeitige Exposition durch Röntgen-strahlen zurückgeführt.

• In jüngster Zeit werden auch, nicht zuletztdurch die rasante Verbreitung des Mobil-

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funks, verstärkt Untersuchungen übereventuelle Langzeitwirkungen bei der Ein-wirkung von pulsmodulierten Mikrowellendurchgeführt. Unterschiedliche epidemiolo-gische Studien haben sich mit der Häufig-keit von Kopf-, Gehirn-, Hals- und Augen-tumoren auseinander gesetzt. Obwohl, imGegensatz zu den meisten negativen Er-gebnissen, eine Forschergruppe einestatistisch erhöhte Häufigkeit für Augentu-moren findet, bleiben die bisherigen Resul-tate widersprüchlich und damit fraglich. Beiallen Studien mangelt es an einer ausrei-chenden Anzahl von Fällen, hinzu kommtdie Nichtberücksichtigung einer genügen-den Anzahl von Umweltfaktoren und die nurgrobe Abschätzung der tatsächlichen Ex-position. Um auch eventuelle kleine Restri-siken für die Bevölkerung durch den Mobil-funk aufzuzeigen, wird zurzeit eineweltweite umfangreiche prospektive epide-miologische Studie unter der Leitung derWHO durchgeführt.

Befindlichkeitsstörungen(Elektrosensibilität)

• Subjektive Beschwerden wie zum BeispielKopfschmerzen, Konzentrationsschwäche,Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Gereiztheit oderAngstzustände werden von Patienten häu-fig auf elektromagnetische Felder des All-tags zurückgeführt. Die besondere Emp-findlichkeit dieser Personen gegenüberelektromagnetischen Feldern wird als„Elektrosensibilität“ bezeichnet. In den letz-ten Jahren wurde auf diesem Themenbe-reich verstärkt geforscht, aber die Mehrzahlder Ergebnisse lieferte keine Bestätigungfür eine derartige Sensibilität. Es stellt sichdaher die Frage, ob das Vorkommen von„Elektrosensibilität“ nicht auch durch die inder Öffentlichkeit geführte Diskussion über„Elektrosmog“ begünstigt wurde.

• Weitere Widersprüche liefern so genannteProvokationsstudien, bei denen Personen,die sich für elektrosensibel halten, in einerzufälligen Reihenfolge unterschiedlichenelektromagnetischen Feldern ausgesetztwerden. Dabei konnte ein kausaler Zu-

sammenhang zwischen der Einwirkungschwacher Felder und einer unmittelbarenBefindlichkeits- bzw. Gesundheitsbeein-trächtigung nicht bestätigt werden. Es istdaher nicht auszuschließen, dass bei einerReihe von Personen, die sich als „elektro-sensibel“ bezeichnen, andere Umweltein-flüsse oder auch psychische Faktoren einenicht unerhebliche Rolle spielen.

Beeinträchtigungen bei Patientenmit Implantaten und Körperhilfen

• Technische Implantate und Körperhilfenwerden aus Kunststoff (zum Beispiel künst-liche Herzklappen) oder aus Metall (künstli-che Gelenke) wie auch aus einer Kombina-tion von beiden hergestellt. Eine Reihe vonImplantaten und Körperhilfen (zum BeispielHerzschrittmacher, Nervenstimulatoren, im-plantierte Insulinpumpen oder Hörprothe-sen) ist zusätzlich mit elektronischenSchaltkreisen ausgestattet. Elektromagne-tische Felder können grundsätzlich nur beiImplantaten und Körperhilfen eine Beein-trächtigung hervorrufen, die aus Metall her-gestellt sind oder/und elektronische Schalt-kreise beinhalten. Implantate aus Kunststoffoder Keramik zeigen keine nennenswerteWechselwirkung mit Feldern.

• Elektronische Implantate und Körperhilfenkönnen sowohl durch niederfrequente alsauch durch hochfrequente Felder gestörtwerden. Dabei kommt es entscheidend aufdie Störanfälligkeit des jeweiligen Aggrega-tes an. Aus der Fülle der elektrischen Ver-braucher und Einrichtungen, die niederfre-quente Felder erzeugen, sind nur wenigeQuellen starker und ausgedehnter Felderimstande, eine Störung der Implantate undKörperhilfen herbeizuführen. Störungensind zum Beispiel nicht ausgeschlossen un-mittelbar unter einer 380-kV-Hochspan-nungsfreileitung, im Überwachungsbereichvon Artikelsicherungsanlagen oder bei An-lehnung des Körpers an laufende starkeMotoren. Von den Feldern der meisten Ein-richtungen und Verbraucher geht dagegenkeine Gefahr für die Träger von Implantatenund Körperhilfen aus.

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• Auch pulsmodulierte hochfrequente Felderhöherer Stärke, wie sie bei Benutzung vonHandys auftreten, können auf keinen FallStörungen auslösen, wenn die betriebsbe-reiten Geräte in einem Abstand von mehrals 15 cm vom Implantat bzw. der Körper-hilfe gehalten werden. Die Wahrscheinlich-keit einer Störung durch die in einem höhe-ren Frequenzbereich arbeitenden Handysim E-Netz sowie Handys im zukünftigenUMTS-Netz wird niedriger eingeschätzt. Ei-ne Beeinträchtigung der Körper-Hilfendurch die Felder der Rundfunk- und Fern-sehsender, der Mobilfunkbasisstationenkann wegen der großen Entfernungengänzlich ausgeschlossen werden.

GrenzwerteBei der Festlegung von Grenzwerten für elek-tromagnetische Felder muss zwischen so ge-nannten Basisgrenzwerten und abgeleitetenGrenzwerten (Referenzwerten) unterschiedenwerden:

• Basisgrenzwerte beruhen auf gesichertenSchwellenwerten der unmittelbar im Gewe-be wirksamen physikalischen Einflussgrö-ßen. Die Schwellenwerte werden unter Be-rücksichtigung von Sicherheitsfaktorenfestgelegt. In Abhängigkeit von den Fre-quenzen der Felder sind die wirksamenphysikalischen Einflussgrößen die Strom-dichte [mA/m2] oder die Spezifische Ab-sorptions-Rate (SAR) [W/kg] im Gewebe.

• Die messtechnische Überprüfung der Ba-sisgrenzwerte ist in der Regel nicht ohneweiteres möglich, da bei exponierten Per-sonen nur die Feldstärken bzw. die Leis-tungsflussdichte in Luft, also außerhalb desKörpers, gemessen werden können. Eswerden daher abgeleitete Grenzwerte (Re-ferenzwerte) festgelegt, die in der Umge-bung des Menschen messtechnisch ermit-telt werden können. Messbare Größen sindzum Beispiel die elektrische Feldstärke, diemagnetische Flussdichte und die Leis-tungsflussdichte. Die Referenzwerte wur-den so abgeleitet, dass die Einhaltung desReferenzwertes in jedem Fall die Einhal-tung des entsprechenden Basisgrenzwer-tes bedeutet.

Empfehlungen der Europäischen Union

• Der Rat der Europäischen Union hat 1999eine Empfehlung zur Begrenzung der Ex-position der Bevölkerung durch elektro-magnetische Felder veröffentlicht. Ziel die-ser Empfehlung ist es, die Bevölkerung vornachweislich gesundheitsschädigendenAuswirkungen zu schützen, die als Folgeder Exposition durch elektromagnetischeFelder eintreten können. Die Empfehlungstellt allgemeine Grundsätze und Methodenfür den Schutz der Bevölkerung auf, wobeies den Mitgliedsstaaten überlassen bleibt,detaillierte und darüber hinausgehendeVorschriften zu erlassen.

• Im Einklang mit den Empfehlungen derInternationalen Kommission für den Schutzvor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP)werden frequenzabhängige Basisgrenzwer-te und Referenzwerte zur Begrenzung derExposition festgelegt. Über die Basis-grenzwerte besteht unter allen internationa-len und nationalen Fachgremien weitge-hend Einvernehmen. Sie wurden auf derGrundlage ausreichend abgesicherter wis-senschaftlicher Erkenntnisse festgelegt. BeiEinhaltung dieser Basisgrenzwerte sindakute Wirkungen auf den menschlichen Or-ganismus auszuschließen.

• Basisgröße für die Wirkung niederfrequen-ter elektrischer und magnetischer Felder istdie im menschlichen Körper hervorgerufeneStromdichte [A/m2]. Als Basisgrenzwertewerden von der Internationalen Kommissi-on für den Schutz vor nichtionisierenderStrahlung (ICNIRP) und der Strahlen-schutzkommission (SSK) für beruflich ex-ponierte Personen 10 mA/m2 und für die All-gemeinbevölkerung 2 mA/m2 empfohlen.

• Basisgröße für die Wirkung hochfrequenterelektromagnetischer Felder auf denmenschlichen Körper ist die SpezifischeAbsorptions-Rate (SAR) in [W/kg]. Als Ba-sisgrenzwerte werden von der ICNIRP undder SSK für beruflich exponierte Personenein Ganzkörper-SAR-Wert von 0,4 W/kgund ein Teilkörper-SAR-Wert von 10 W/kg(gemittelt über 10 g Gewebemasse) ange-

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geben. Für die Allgemeinbevölkerung wirdein Ganzkörper-SAR-Wert von 0,08 W/kgund ein Teilkörper-SAR-Wert von 2 W/kgempfohlen.

• Für die berufliche Exposition wurden höhe-re Grenzwerte festgelegt, da beruflich ex-ponierte Personen aus Erwachsenenbestehen, die unter weitgehend kontrollier-baren Bedingungen für maximal die Dauereines Arbeitstages elektromagnetischenFeldern ausgesetzt sind. Die allgemeineBevölkerung umfasst dagegen alle Men-schen unterschiedlichen Alters und Ge-sundheitsstatus, die bis zu 24 Stunden proTag exponiert sein können.

• Die Basisgrenzwerte liegen mit einem Si-cherheitsfaktor bis zu 50 unterhalb derSchwellenwerte, die nachgewiesen akuteWirkungen einleiten könnten. Damit wirdder Unsicherheit infolge individueller Emp-findlichkeit, Umgebungsbedingungen undunterschiedlichen Alters und Gesundheits-zustands von Einzelpersonen in der Bevöl-kerung Rechnung getragen.

Regelungen in Deutschland

• In Deutschland wurde zum Schutz der Be-völkerung vor elektromagnetischen Feldern1996 die Verordnung über elektromagneti-sche Felder (26. BImSchV) erlassen. DieVerordnung legt Grenzwerte für den Ge-sundheitsschutz fest, die auf den internati-

onal anerkannten Empfehlungen derICNIRP und der SSK basieren.

• Die Verordnung enthält Anforderungen andie Errichtung und den Betrieb von Nieder-frequenz- und Hochfrequenzanlagen. Siegilt für ortsfeste Anlagen, die gewerblichenZwecken dienen oder im Rahmen wirt-schaftlicher Unternehmungen Verwendungfinden und nicht einer Genehmigung nach§ 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes[BImSchG] bedürfen. Im Niederfrequenzbe-reich regelt die Verordnung die Frequenzenvon 162⁄3 Hertz und von 50 Hertz. Im Hoch-frequenzbereich werden die Frequenzenzwischen 10 bis 300 000 MHz, die eine be-stimmte Sendeleistung überschreiten, ge-regelt. Nicht einbezogen sind Rundfunk-sender der Kurz- und Mittelwelle. Für dieübrigen Frequenzbereiche kann auf dieEmpfehlungen der ICNIRP und der SSK zu-rückgegriffen werden.

• Für den Bereich des Arbeitsschutzes wurdeim Jahr 2001 eine berufsgenossenschaftli-che Vorschrift BGV, B11 [BGV] für Sicher-heit und Gesundheit bei der Arbeit unter derEinwirkung elektromagnetischer Felder ver-öffentlicht. Auf der Grundlage von Basis-werten werden Referenzwerte so festge-legt, dass selbst unter ungünstigstenExpositionsbedingungen die Schwellenbiologischer Wirkungen nicht erreicht wer-den.

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© LfU Einleitung 15

1 Einleitung

Die Entwicklung und Nutzung der Elektrizitäthat das Leben der Menschen nachhaltig ver-ändert. Zu den in unserer Umwelt seit jehervorhandenen natürlichen statischen elektri-schen und magnetischen Feldern kamen imletzten Jahrhundert in rasch wachsender Zahlvom Menschen erzeugte Wechselfelder imWohnbereich, an Arbeitsplätzen und in derUmwelt hinzu. Ohne elektrische Energie wäreunser heutiger Lebensstandard nicht möglich.Man denke nur an die zahlreichen Erleichte-rungen im Haushalt durch die vielen elektri-schen Geräte, an die diagnostischen und the-rapeutischen Möglichkeiten in der Medizin, andie Verbreitung und Nutzung moderner Kom-munikationsmittel und die dadurch ermög-lichte Mobilität und Freizeitgestaltung.

Auf der anderen Seite ist aber auch seit Jahr-zehnten bekannt, dass durch die Einwirkungsehr starker elektromagnetischer Felder akutegesundheitliche Beeinträchtigungen ausge-löst werden können. In verschiedenen techni-schen Normen und Richtlinien wurden des-halb schon vor Jahren Grenzwerte zurVermeidung gesundheitlicher Beeinträchti-gungen festgelegt.

Deutschland hat 1996 als erster Staat derEuropäischen Union rechtlich verbindlicheRegelungen zur Begrenzung elektromagneti-scher Felder geschaffen.

Die Allgemeinbevölkerung ist im Alltag ver-gleichsweise schwachen elektromagneti-schen Feldern ausgesetzt. Hinweise auf dieMöglichkeit gesundheitlicher Auswirkungenbei der Einwirkung schwacher Felder haben inden letzten Jahren in der Öffentlichkeit eine in-tensive und kontrovers geführte Diskussionausgelöst. Immer öfter wird die Frage gestellt,ob solche Felder, die umgangssprachlich als„Elektrosmog“ bezeichnet werden, womög-lich krank machen. Eine ganze Reihe vonKrankheiten bis hin zum Krebs wird spekulativmit der Einwirkung elektromagnetischer Fel-der in Verbindung gebracht, was letztlich zudiffusen Ängsten und einer zunehmendenSkepsis gegenüber technischen Neuerungenführt.

Aus diesem Grund ist eine ausreichende undmöglichst objektive Information besonderswichtig. Der vorliegende Bericht soll dazu ei-nen Beitrag leisten.

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16 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

2 Einführung in die physikalischen Grundlagen

+

2.1 Elektrische und magnetischeFelder

Ein elektrisches Feld entsteht überall dort, woauf Grund getrennter Ladungsträger eine Po-tenzialdifferenz, d. h. eine elektrische Span-nung U mit der Einheit Volt, vorhanden ist.Dies ist auch dann der Fall, wenn kein Stromfließt.

Die Einheit der elektrischen Feldstärke ist Voltpro Meter [V/m]. Die Stärke des elektrischenFeldes nimmt mit steigender Spannung zuund mit zunehmendem Abstand von derQuelle ab. Hat die Feldstärke an jedem Ortden gleichen Betrag und die gleiche Richtung,so handelt es sich um ein homogenes Feld(Abbildung 2.1), wie es beispielsweise inner-halb eines Plattenkondensators auftritt. ImUnterschied dazu sind Betrag und Richtung ineinem inhomogenen Feld (Abbildung 2.2), bei-spielsweise bei einem zweiadrigen Stromka-bel, abhängig vom jeweiligen Ort.Das elektrische Feld wird stark durch seineUmgebung beeinflusst, da jedes leitfähigeObjekt das elektrische Feld verändert. Ursa-che hierfür ist die unter dem Einfluss eineselektrischen Feldes in einem leitfähigen Ob-jekt bewirkte Ladungstrennung, auch Influenz

Abbildung 2.1: Homogenes elektrisches Feld

genannt. Im Falle eines geschlossenen undleitfähigen Käfigs (sog. „Faradayscher Käfig“)führt dies dazu, dass das elektrische Feld imInnern praktisch gleich null ist (Abbildung2.3).

+

Abbildung 2.2: Inhomogenes elektrischesFeld

Auch Gebäude schirmen ein von außen ein-wirkendes elektrisches Feld nahezu vollstän-dig ab, so dass im Gebäudeinnern die elektri-sche Feldstärke im Vergleich zu den vonaußen einwirkenden Feldern vernachlässigbargering ist. In umgekehrter Weise kann auchein im Innern eines leitfähigen Objektes er-zeugtes elektrisches Feld, z. B. in einemMikrowellenherd, nach außen hin abgeschirmtwerden.Wirkt ein zeitlich sich änderndes elektrischesFeld auf einen elektrisch leitfähigen Körperein, so führt der ständige Ladungswechsel imKörper zu Wechselströmen mit der EinheitAmpere [A]. Der Strom pro Fläche wird alselektrische Stromdichte mit der Einheit [A/m2]bezeichnet. Ein magnetisches Feld entsteht überall dort,wo elektrische Ladungen bewegt werden, d.h.wo ein elektrischer Strom fließt. Die Stärkedes magnetischen Feldes wird in Stromstärkepro Meter [A/m] angegeben und als magneti-

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© LfU Einführung in die physikalischen Grundlagen 17

+ + + + + + +

sche Feldstärke H bezeichnet. Im Gegensatzzur elektrischen Feldstärke E gibt die magne-tische Feldstärke H nicht die gesamte Kraft-wirkung des Magnetfeldes wieder, da dieseKraftwirkung nicht nur von der Stromstärke,sondern auch vom Material abhängt, das vomMagnetfeld durchdrungen wird. Zur Beschrei-bung der Stärke des magnetischen Feldes ver-wendet man daher die magnetische Fluss-dichte B mit der Einheit Tesla [T]. Für diemagnetische Flussdichte B wird häufig auchder Begriff magnetische Induktion verwendet.In vielen Fällen ist die magnetische Fluss-dichte mit der magnetischen Feldstärke übereine Materialkonstante, der Permeabilität µ di-rekt verknüpft (H = 1 A/m entspricht in LuftB = 1,257 µT).

Die Stärke des Magnetfeldes nimmt mit zu-nehmender Stromstärke zu und mit wachsen-dem Abstand von der Quelle ab. Als Beispiel

Abbildung 2.3: Vollständige Abschirmungdurch einen Faradayschen Käfig

für ein magnetisches Feld sind in Abbildung2.4 die Magnetfeldlinien eines geraden,stromdurchflossenen Leiters dargestellt.

Das Magnetfeld hat im Gegensatz zum elektri-schen Feld die Eigenschaft, dass es die meis-ten Materialien nahezu unvermindert durch-dringt. Eine Abschirmung ist, wenn über-haupt, nur mit großem Aufwand und teurenSpezialwerkstoffen zu erreichen. Dagegenlässt sich in Abhängigkeit von der Art des je-weiligen Stromkreises eine mit zunehmenderEntfernung von der Quelle deutliche Abnahmeder magnetischen Feldstärke erreichen (Abbil-dung 2.5).

Die elektrische Leistung P ist das Produkt ausder Spannung U und der Stromstärke I. DieEinheit der elektrischen Leistung ist Watt [W].Auf Grund dieser Wechselbeziehung verhal-ten sich auch die elektrischen und magneti-schen Felder bei gleicher elektrischer Leis-tung wie folgt: Eine hohe Spannung bewirktein relativ starkes elektrisches Feld bei relativschwachem magnetischen Feld. Bei niedrigerSpannung ist es umgekehrt.

N

S

I

Abbildung 2.4: Magnetfeldlinien eines strom-durchflossenen Leiters

+

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Entfernung r in relativen Einheiten

Feld

stär

kein

tens

ität i

n %

1/r

1/r2

1/r3

1/r: Feld eines geraden langen stromdurchflossenen Leiters (z.B. Bahnstromleitung)1/r2: Feld durch Überlagerung zweier Leiter mit hin- und rückfließendem Strom1/r2: Feld einer Zylinderspule (z.B. Elektromotor)

Abbildung 2.5: Abnahme des magnetischen Feldes mit der Entfernung für verschiedene Quellen

2.2 Elektrische und magnetischeWechselfelder

Elektrische und magnetische Felder, die sichüber die Zeit nicht verändern, nennt manGleichfelder oder statische Felder. Bei elektri-schen Wechselfeldern ändert sich die Pola-rität (+/-) des Feldes mit der Zeit. Fließt einStrom, d. h. werden elektrische Ladungen be-wegt, entstehen zeitgleich magnetischeWechselfelder. Umgekehrt erzeugen magneti-sche Wechselfelder elektrische Wirbelfelderund Ströme, was als Induktion bezeichnetwird.Wechselfelder werden anhand ihrer zeitlichenForm (z. B. sinusförmig, siehe Abbildung 2.6)und Frequenz f beschrieben. Die Frequenzwird in Hertz [Hz] angegeben. Bei der öffentli-chen Stromversorgung handelt es sich zumBeispiel um sinusförmige Wechselfelder miteiner Frequenz von 50 Hertz, d. h. die Polarität

des elektrischen Feldes ändert sich 100 Malpro Sekunde.

2.3 Elektromagnetische Felder undStrahlen

Die elektrischen und magnetischen Felderstehen, wie in den Kapiteln 2.1 und 2.2 aus-geführt, in engem Zusammenhang: Elektri-sche Felder bewegen elektrische Ladungen,bewegte elektrische Ladungen erzeugenmagnetische Felder und magnetische Wech-selfelder erzeugen (induzieren) elektrischeFelder. Diese wechselseitige enge Verknüp-fung ist umso stärker, je schneller die Feldän-derungen erfolgen, d. h. je höher die Frequenzist. Bei hohen Frequenzen über 30 Kilohertz(kHz) kann daher das elektrische und dasmagnetische Feld nicht mehr getrennt be-trachtet werden. Man spricht nun von elektro-

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Feld

stär

kein

tens

ität

in %

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Entfernung r in relativen Einheiten

1/r: Feld eines geraden langen stromdurchflossenen Leiters (z. B. Bahnstromleitung)1/r2: Feld durch Überlagerung zweier Leiter mit hin- und rückfließendem Strom1/r3: Feld einer Zylinderspule (z. B. Elektromotor)

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© LfU Einführung in die physikalischen Grundlagen 19

magnetischen Feldern oder Wellen. Elektro-magnetische Felder können sich von derQuelle, zum Beispiel einer Antenne, lösen undsich im Raum über große Entfernungen aus-breiten. Diese Eigenschaft wird zur Übertra-gung von Informationen zum Beispiel beimRundfunk, Fernsehen und Mobilfunk genutzt. Elektromagnetische Wellen transportierenEnergie, die sich aus den Energieanteilen deselektrischen und magnetischen Feldes zu-sammensetzt. Das Maß für die Stärke einerWelle ist die Leistungsflussdichte S. Die Leis-tungsflussdichte charakterisiert die Energie,die pro Zeiteinheit eine Fläche senkrecht zurAusbreitungsrichtung der Welle durchströmt.Sie ist das flächenbezogene Produkt aus elek-trischer E und magnetischer Feldstärke H undwird in Watt pro Meterquadrat [W/m2] angege-ben. Die Leistungsflussdichte S nimmt mit zu-nehmender Entfernung von der Quelle mindes-tens mit dem Quadrat des Abstandes ab.Die einfachste und zugleich am häufigstenvorkommende Wellenform ist die sinusför-mige Welle (Abbildung 2.6).

Wellenlänge

Schwingungsdauer

Amplitude

Zeit (t)

Weg (s)0

+

Abbildung 2.6: Zeitlicher Verlauf einer sinus-förmigen Welle

netischer Wellen für alle Frequenzen gleichund entspricht der Lichtgeschwindigkeit c.Daraus leitet sich folgender physikalischer Zu-sammenhang zwischen der Wellenlänge �,der Schwingungsdauer T einer Welle sowieder Lichtgeschwindigkeit ab:

� = T �cmit c = 300 000 000 m/sund � = Wellenlänge [m]

Neben sinusförmigen Wellen werden in derTechnik auch andere Wellentypen wie Recht-eckimpulse oder modulierte Signale einge-setzt.Der physikalische Begriff der elektromagneti-schen Wellen bzw. Felder und Strahlen um-fasst einen weiten Frequenzbereich (Abbil-dung 2.7). In einer groben Aufteilung wird derBereich bis etwa 30 kHz als Niederfrequenzund der Bereich von 100 kHz bis 300 GHz alsHochfrequenz bezeichnet. Das Frequenzbandvon 30 kHz bis 300 MHz wird vielfach als Ra-diofrequenz, zusammengesetzt aus Langwel-len (LW), Mittelwellen (MW), Kurzwellen (KW)und Ultrakurzwellen (UKW), der Bereich von300 MHz bis 300 GHz als Mikrowellen be-zeichnet. Den Mikrowellenbereich nutzen zumBeispiel Fernsehsender, Mobilfunknetze, Ra-daranlagen und Mikrowellenherde.Die nichtionisierenden Felder und Wellen sinddeutlich von den ionisierenden Strahlen zu un-terscheiden. Die ionisierenden UV-, Röntgen-oder Gamma-Strahlen tragen eine hohe ele-mentare Energie und können die Bindungenzwischen Atomen und Molekülen im Körperauflösen. Eine Schädigung durch solcheStrahlen, die sich mit der Expositionszeit ad-dieren, kann sogar Krebs auslösen. In der vor-liegenden Broschüre wird ausschließlich aufden Bereich der nichtionisierenden Felder ein-gegangen, die derartige Wirkungen im Körpernicht ausüben können. Zur Erläuterung derunterschiedlichen Wirkungsweisen dieser Fel-der ist eine weitere Einteilung in Gleichfelder,niederfrequente elektrische und magnetischeWechselfelder sowie hochfrequente elektro-magnetische Felder erforderlich. In Abbildung2.7 ist das Frequenzspektrum ionisierenderund nichtionisierender Strahlen mit Beispielendargestellt.

Die Schwingungsdauer T und die Frequenz fder Welle sind dabei durch folgende Bezie-hung miteinander verknüpft:

f = 1/T mit f = Frequenz [1/s = 1 Hz] undT = Schwingungsdauer oder

Periodendauer [s]

Im Vakuum und in guter Näherung in Luft istdie Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromag-

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20 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Bahnstrom

Radio

TV

Mikro-

wellen

Infrarot

Radar

LW

MW

UKW / VHF

UHFD-NetzE-NetzUMTS

Kernspin-Tomograph

50-Hz-Stromversorgungim Haushalt

Bahnstrom

Licht

UV-Licht

Röntgenstrahlung

0,3 Hz

3 Hz

50 Hz30 Hz

300 Hz

3 kHz

30 kHz

300 kHz

3 MHz

30 MHz

300 MHz

3 GHz

30 GHz

300 GHz

3 THz

30 THz

300 THz

Statisches

Feld

Frequenz Wellenlänge Beispiele

1 Mio. km

100.000 km

18.000 km

6.000 km

1.000 km

100 km

10 km

1 km

100 m

10 m

1 m

100 mm

10 mm

1 mm

100 µm

10 µm

1 µm

100 nm

10 nm

1 nm

100 pm

10 pm

1 pm

Kra

ft-

wirku

ng

Re

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un

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g

Ni

ch

t

io

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Str

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g

Ho

ch

fre

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en

zN

ied

erfre

qu

en

z

Io

nis

at

io

n 3x10 Hz16

3x10 Hz15

3x10 Hz17

3x10 Hz18

3x10 Hz19

3x10 Hz20

Drehstrom

162

3

_Hz

PC-Monitor

dy

Mikrowelle

KW

Gammastrahlung

Abbildung 2.7: Frequenzspektrum ionisierender und nichtionisierender Strahlen mit Beispielen

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 21

3.1 Natürliche elektrische undmagnetische Gleichfelder

Zwischen dem Erdboden und der elektrischgut leitfähigen Ionosphäre in ca. 70 km Höhebesteht eine Potenzialdifferenz von bis zu 300kV (siehe Abbildung 3.1). Dadurch bildet sichein statisches elektrisches Feld über der Erd-oberfläche. Die Stärke des elektrostatischenFeldes der Erde ist von der Sonnenaktivität,der Leitfähigkeit der Luft, der Jahreszeit unddem Wetter abhängig. So ist zum Beispiel imWinter die Feldstärke mit ca. 270 V/m doppeltso groß wie im Sommer mit ca. 130 V/m. BeiGewittern können über ebenem Gelände so-gar Feldstärken von bis zu 20 000 V/m auftre-ten, mit Spitzen (Blitzauslösung) von bis zu300 000 V/m.

3 Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen

Ionosphäre

Abbildung 3.1: Elektrisches Feld der Erde

Das statische Erdmagnetfeld, das die ganzeErde vom Südpol bis zum Nordpol umgibt(Abbildung 3.2), weist je nach geologischemUntergrund und Breitengrad eine magneti-sche Flussdichte zwischen 30 und 60 µT auf.In Baden-Württemberg liegt es im Mittel beica. 47 µT. Zu diesem Erdmagnetfeld tragen ingeringem Maße auch die etwa 1 Million Blitzebei, die pro Stunde auf der Erde entstehen. In

Abbildung 3.2: Erdmagnetfeld

unmittelbarer Nähe eines Blitzes können mag-netische Flussdichten bis zu 1000 µT auftre-ten.Natürliche elektromagnetische Felder treten inder Natur fast ausschließlich in Form von Wär-me-, Licht- und ionisierender Strahlung auf,also im Bereich der sehr hohen Frequenzen(Abbildung 2.7). Als wichtigste natürlicheQuelle strahlt die Sonne auf Grund ihrer hohenOberflächentemperatur (ca. 6000 °C) sichtba-res Licht, UV-Strahlung sowie ionisierendeStrahlung auf die Erde ab. Die Erde hat mitdurchschnittlich ca. 15 °C im Vergleich zurSonne eine weitaus niedrigere Oberflächen-temperatur, weshalb sie ausschließlich lang-wellige Wärmestrahlung mit Wellenlängen von10 bis 100 mm abstrahlen kann.

3.2 Technisch erzeugte elektrischeund magnetische Gleichfelder

In Deutschland wird der schienengebundeneNahverkehr (Straßenbahn, U-Bahn, Stadt-bahn) größtenteils mit Gleichstrom betrieben.Mit Gleichstrom fahren auch die Hamburgerund Berliner S-Bahnen. Alle anderen deut-schen S-Bahnen fahren mit dem 162⁄3-

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22 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Hertz-Wechselstrom der Bundesbahn. DieVersorgung des schienengebundenen Nah-verkehrs erfolgt in der Regel mit 750 V Gleich-spannung (internationaler Standard). DieHamburger und Berliner S-Bahnen werdenmit 1200 V bzw. 900 V Gleichspannung betrie-ben. Die Energieversorgung der Nahverkehrs-strecken erfolgt über so genannte Gleichrich-terwerke, die vom öffentlichen 50-Hertz-Dreh-stromnetz versorgt werden. Die Gleichrichter-werke befinden sich in Abständen von 500 bis2000 Metern an den Nahverkehrsstrecken,um die 20- oder 30-kV-Versorgungsspannungauf die erforderliche Gleichspannung he-runterzutransformieren und gleichzurichten.Die Stromzuführung erfolgt entweder übereine Oberleitung oder bei S-Bahnen überStromschienen (siehe Abbildung 3.3). DieStromstärke kann bis zu 4 kA betragen.Auf Grund der niedrigen Fahrdrahtspannun-gen treten in unmittelbarer Nähe der Nahver-

kehrsstrecken nur geringe elektrische Feld-stärken von maximal 50 V/m auf. Im Fahrzeuginnenraum der Straßen- oder U-Bahnen können magnetische Flussdichten vonetwa 150 µT bis maximal 350 µT auftreten. Inungefähr einem Meter Abstand von der Bahn-steigkante werden nur noch etwa 50 µT bismaximal 110 µT gemessen [BfS, FGEU, IEV].Andere technische Gleichfelder spielen imHinblick auf eine Gesamtbetrachtung der Ein-wirkung elektromagnetischer Felder auf dieBevölkerung eine eher untergeordnete Rolle,weil entweder die Feldstärken vernachlässig-bar gering sind, zum Beispiel bei Batterienund Akkumulatoren, oder aber die Expositionnur einen begrenzten Personenkreis betrifft.So treten statische Magnetfelder zum Beispielbei der Deaktivierung von Etiketten der Arti-kelüberwachung im Handel und in Bibliothe-ken oder an Arbeitsplätzen in der Magnetin-dustrie, Elektrochemie und Medizin auf(Tabelle 3.1).

Abbildung 3.3: Übersichtsdarstellung der Energieversorgung einer Straßenbahn [IEV]

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 23

spannungen im Kraftwerk, die bereits bis zu27 kV betragen, durch Transformatoren aufnoch höhere Spannungen gebracht und überHochspannungsleitungen zu den Verbrauchs-schwerpunkten geführt. Ein weit verzweigtesTransport- und Verteilernetz von Stromleitun-gen sorgt dafür, dass alle Endverbraucher mitStrom versorgt werden (Abbildung 3.5). Das Höchstspannungsnetz mit Spannungenvon 220 kV und 380 kV wird zur Übertragunggroßer Leistungen über große Entfernungeneingesetzt. In Deutschland sind alle Höchst-spannungsnetze der Elektrizitätsversorgungs-

3.3 Technisch erzeugte nieder-frequente elektrische undmagnetische Wechselfelder

3.3.1 Systeme der öffentlichenStromversorgung

In Deutschland wird für die Versorgung mitelektrischer Energie Drehstrom mit einer Fre-quenz von 50 Hertz eingesetzt. Die Kraft-werks-Generatoren der öffentlichen Strom-versorgung sind so gebaut, dass siegleichzeitig drei Wechselströme erzeugen. DiePhasen (Verlauf der Sinuskurve) dieser Wech-selströme sind zeitlich um je eine drittel Peri-ode (120°) gegeneinander verschoben. Der soerzeugte Wechselstrom wird als Drehstrombezeichnet (siehe Abbildung 3.4).Die elektrische Leistung P ist das Produkt ausder Spannung U und der Stromstärke I. Somitkann dieselbe Menge elektrische Energie ent-weder mit hoher Spannung und geringerStromstärke oder umgekehrt mit niedrigerSpannung und hoher Stromstärke übertragenwerden. In der Praxis allerdings ist das Ver-hältnis zwischen Spannung und Stromstärkenicht gleichgültig. Der elektrische Widerstandvon Leitungen lässt sich nämlich umso ver-lustfreier überwinden, je geringer die Strom-stärke ist. Deshalb werden die Generator-

Tabelle 3.1: Typische Werte der magnetischen Flussdichte [µT] von magnetischen Gleichfeldern[BfS, FGEU, IEV].

Zeit in s

L = R1

^

L = S2

2 ^̂

L = T3

^

0,0100

+

Abbildung 3.4: Darstellung des zeitlichen Ver-laufs von Drehstrom

Quellen Magnetische Flussdichte [µT]

Erdfeld 40 bis 50

Straßen- oder U-Bahn (ca. 1 m Abstand von 50 bis 110der Bahnsteigkante)

Fahrgastraum einer Straßen- oder U-Bahn 150 bis 350

Deaktivatoren von Sicherungsetiketten der > 1 000Artikelüberwachung

Kernspintomographie (Bedienungspersonal bis 100 000im Umfeld der Geräte)

Kernspintomographie (Patienten während bis 7 000 000der Untersuchung)

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24 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Unternehmen zu einem Verbundnetz zu-sammengeschlossen. Das deutsche Ver-bundnetz ist wiederum in das europäischeVerbundnetz eingebunden, das dem Strom-austausch zwischen einzelnen Staaten dient(siehe Abbildung 3.6). Das Hochspannungs-netz mit Spannungen von 60 kV bis 110 kVüberträgt den Strom von Höchstspannungs-Umspannwerken zu den Verbrauchsschwer-punkten, zum Beispiel der Großindustrie unddes Schienenverkehrs. In der Praxis treten beiden Freileitungen nicht die exakten Nenn-spannungen von 380 kV, 220 kV oder 110 kVauf, sondern die Betriebsspannungen liegenin der Regel etwas höher. Das Mittelspan-nungsnetz mit Spannungen von 1 kV bis 50 kVübernimmt die weitere Verteilung zu denTransformatorstationen in Gemeinden und beiGroßabnehmern, zum Beispiel der Industrie.Das Niederspannungsnetz mit Spannungenkleiner 1 kV bringt den Strom in die Haushalteund die Büros. Für das Niederspannungsnetz

werden im städtischen Bereich überwiegendErdkabel verwendet.Die Länge der Freileitungen und der Erdkabelin Baden-Württemberg können den Tabellen3.2 und 3.3 entnommen werden. Die Stärke und die Verteilung der elektrischenund magnetischen Felder im Umfeld einerFreileitung sind von vielen Faktoren abhängig.Die wesentlichen Faktoren, welche die Stärkeund Verteilung der elektrischen und magneti-schen Felder bestimmen, sind:• Spannung • Stromstärke• Form des Mastes und Anordnung der Lei-

terseile (siehe Abbildung 3.7)• Anzahl der Leiterseile • Durchhang der Leiterseile Der Durchhang der Leiterseile bestimmt beidefinierter Mastform sowie Spannung undStromstärke maßgeblich die am Erdbodenauftretenden Feldstärken. Der Durchhang istabhängig von der Temperatur der Leiterseile

Stromverbund 220/380 kV

Kraftwerk

Transformator

verkehr

Büro- und Warenhäuser

Kleinbetriebe, Landwirtschaft, Einzelhäuser

110/220 kV 110 kV

110 kV

20 kV20 kV

20 kV

230 400 V230/400 V

Abbildung 3.5: Aufbau der Stromversorgung vom Kraftwerk zum Verbraucher [IZE]

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 25

Betriebsspannung380 kV220 kV

Leitungsverbindungen

StromrichterstationenUmspannwerke

NL

L

F

A

CH

PL

CZ

B

DKS

Main

Fulda

Werra

Saale

Elbe

Havel

Elbe

Peene

Aller

Weser

Ems

Oder

Neckar

Donau

Lech

Inn

Isar

Mosel

Saar

Rhein

Ruhr

Frankfurt

Stuttgart

Nürnberg

München

Dresden

Hamburg

Leipzig

Berlin

Dortmund

Essen

Köln

Bremen

Hannover

Deutsches Verbundnetz Stand: 01.01.2001Deutsches Verbundnetz Stand: 01.01.2001

Städte

HGÜ-Freileitung/Kabel

Karlsruhe

18.300 km 380-kV-Stromkreise

21.400 km 220-kV-Stromkreise

DVG

DEUTSCHE

VERBUNDGESELLSCHAFT

Abbildung 3.6: Höchstspannungs-Verbundnetz in Deutschland [DVG]

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26 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

und nimmt folglich mit steigender Übertra-gungsleistung (Stromstärke) und der Lufttem-peratur zu.

Auf Grund der Wetterabhängigkeit des Seil-durchhanges und des sich ändernden Strom-flusses kann man mit Messungen nur momen-tane Feldstärken von Freileitungen ermitteln.Aus diesem Grund und zur Abschätzung von

„Worst-case-Szenarien“ kommen in der RegelFeldberechnungsprogramme [FGEU, IEV] zurErmittlung der elektrischen Feldstärke und dermagnetischen Flussdichte von Freileitungenzum Einsatz. Die nachfolgenden Berechnun-gen wurden mit dem Feldberechnungspro-gramm Copperfield [IEV] durchgeführt.Der Verlauf der elektrischen Feldstärke unter-halb einer Freileitung ist am Ort des größten

Tabelle 3.2: Länge der Freileitungen in Baden-Württemberg (Stand: 1998) [VDEW]

Tabelle 3.3: Länge der Erdkabel in Baden-Württemberg (Stand: 1998) [VDEW]

Abbildung 3.7: Beispiele für Mastformen von Freileitungen

Nennspannungen der Freileitungen Länge der Freileitungen [km][kV]

Höchstspannungsnetz (220, 380) 5 376

Hochspannungsnetz (60 bis 110) 8 308

Mittelspannungsnetz (1 bis 50) 20 462

Niederspannungsnetz (< 1) 34 917

Y- oderLyra-Mast

Einebenen-Mastmit zwei

Systemen unddrei Phasen

Tannen-Mast

Donau-Mast

Tonnen-Mast

Donau-tonnen-Mast

Nennspannungen der Erdkabel [kV] Länge der Erdkabel [km]

Höchstspannungsnetz (220, 380) 3

Hochspannungsnetz (60 bis 110) 586

Mittelspannungsnetz (1 bis 50) 33 111

Niederspannungsnetz (< 1) 89 467

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 27

Seildurchhangs (in der Mitte zwischen 2 Mas-ten) in 1 Meter Höhe über dem Erdboden inAbbildung 3.8 dargestellt. Die Berechnung er-folgte mit folgenden Parametern:• Mastform „Donau“• Betriebsspannungen 123 kV (110-kV-Frei-

leitung), 245 kV (220-kV-Freileitung) und430 kV (380-kV-Freileitung)

• Abstand der Leiterseile vom Erdboden be-trägt 12 m am Ort des größten Seildurch-hangs

Aus der Abbildung 3.8 ist ersichtlich, dass di-rekt unterhalb der Leiterseile die höchstenelektrischen Feldstärken auftreten. Die elektri-schen Feldstärken nehmen allerdings mit zu-nehmender Entfernung von der Freileitungsehr rasch ab. So treten in 50 m Abstand nurnoch Feldstärken von maximal 0,5 kV/m auf.In der Abbildung 3.9 ist der Verlauf der mag-

netischen Flussdichte unterhalb einer Freilei-tung am Ort des größten Seildurchhangs in1 Meter Höhe über dem Erdboden dargestellt.Die Berechnungsparameter entsprechen de-nen der Abbildung 3.8 unter Annahme einesmaximalen Betriebsstroms von 0,535 kA beider 110-kV-Freileitung, 1,29 kA bei der 220-kV-Freileitung und 2,58 kA bei der 380-kV-Freileitung. Die höchsten magnetischen Flussdichten tre-ten direkt unterhalb der Leiterseile auf, dieallerdings mit zunehmender Entfernung vonder Freileitung sehr rasch abnehmen. So tretenin 50 m Abstand nur noch Flussdichten in Höhevon maximal 5 µT auf (siehe Abbildung 3.9).Bei den oben durchgeführten Berechnungender elektrischen Feldstärken und der magne-tischen Flussdichten von Freileitungen wurdedie höchste betriebliche Anlagenauslastung

Abbildung 3.8: Verlauf der elektrischen Feldstärke unterhalb einer Freileitung in 1 Meter Höheüber dem Erdboden quer zur Trassenrichtung am Ort des größten Seildurchhangs. Die Mastenstehen an der Position Null.

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28 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Abbildung 3.9: Verlauf der magnetischen Flussdichte unterhalb einer Freileitung in1 Meter Höhe über dem Erdboden quer zur Trassenrichtung am Ort des größten Seildurchhangs.Die Masten stehen an der Position Null.

zugrunde gelegt. Da die Freileitungen in derRegel mit einer Auslastung von maximal 30 %betrieben werden, sind die tatsächlich auftre-tenden Feldstärken deutlich niedriger. Dieslässt sich durch Messungen belegen.Die magnetische Flussdichte einer Freileitungändert sich mit den tageszeitlichen Schwan-kungen des Strombedarfs. Die tageszeitlicheSchwankungsbreite liegt etwa bei einem Fak-tor 3, wie Messungen ergeben haben. Abbil-dung 3.10 zeigt als Beispiel die Schwankun-gen der magnetischen Flussdichte einer380-kV-Freileitung (Mastform Donau) über ei-nen Zeitraum von 24 Stunden. Der Messortbefand sich in ungefähr 50 m Abstand zurFreileitung in der Mitte zwischen zwei Masten(Ort des höchsten Seildurchhangs). Die Mess-höhe betrug 3 Meter.

Bei Hochspannungsleitungen, die in der Erdeverlegt werden (Erdkabel), wird das elektri-sche Feld durch eine geerdete metallische Ka-belumhüllung und durch das leitende Erdreichfast völlig abgeschirmt. Das magnetische Feldlässt sich dagegen nicht abschirmen. In derRegel erfolgt die Verlegung von Erdkabeln biszu 110 kV in kompakten Dreierbündeln (sieheAbbildung 3.11). Auf jedem der drei Leiter wirdje eine Phase (L1, L2, L3) des Drei-Phasen-Wechselstroms (Drehstrom) geführt. Die Pha-sen dieser Wechselströme sind zeitlich um jeeine drittel Periode (120°) gegeneinander ver-schoben (siehe Abbildung 3.4). Dadurch he-ben sich die Magnetfelder um die drei Leiterweitgehend auf, vorausgesetzt die einzelnenPhasen werden gleichmäßig belastet, so dassbei gleichen Stromstärken auch Magnetfelder

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 29

gleicher Stärke entstehen. Durch unterschied-liche Abstände der Leiter zueinander unddurch unterschiedliche Belastung der Phasenentsteht in der Praxis trotzdem ein magneti-sches Restfeld. Die Verlegungstiefe von Erd-kabeln bis zu 110 kV beträgt ungefähr einenMeter. Bei der Verlegung von Erdkabeln mitSpannungen über 110 kV ist aus Gründen derWärmeabfuhr ein größerer Abstand der Leiterzueinander erforderlich, so dass hier ein höhe-res magnetisches Feld resultiert. Die Verle-gungstiefen betragen hier allerdings 2 bis 3 m.Die wesentlichen Faktoren, welche somit dieStärke des magnetischen Feldes im Umfeldvon Erdkabeln bestimmen sind:• Stromstärke • Querschnitt der Leiter • Anordnung der Leiter zueinander• VerlegungstiefeDer Verlauf der magnetischen Flussdichte imUmfeld eines 110-kV-Erdkabels in 1 MeterHöhe über dem Erdboden ist in Abbildung3.12 dargestellt. Die Berechnung erfolgte mitfolgenden Parametern:• Stromstärke: 0,64 kA (maximaler Strom-

fluss pro Phase)

• Querschnitt der Leiter: 630 mm2

• Verlegungstiefe: 1,20 mAus Abbildung 3.12 ist ersichtlich, dass direktüber dem Erdkabel in 1 Meter Höhe über demErdboden magnetische Flussdichten von über3 µT auftreten können. Die magnetischen Fel-der nehmen aber bereits nach wenigen Me-tern sehr stark ab.Elektrische und magnetische Felder tretenauch in Netzstationen auf, in denen mit Trans-formatoren die Versorgungsspannung erhöhtoder erniedrigt wird. Hohe elektrische undmagnetische Felder treten aber nur in der

Abbildung 3.10: Zeitlicher Verlauf der magnetischen Flussdichte im Abstand von ungefähr 50 mzu einer 380-kV-Freileitung

Abbildung 3.11: Konfiguration eines 110-kV-Erdkabels

2

1.5

1

0.5

Flus

sdic

hte

B in

µT

15:30 19:30 23:30 3:30 7:30 11:30 15:30

Uhrzeit

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30 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Abbildung 3.12: Verlauf der magnetischen Flussdichte im Umfeld eines 110-kV-Erdkabels in1 Meter Höhe über dem Erdboden

Netzstation selbst auf. Das elektrische Feldwird durch die Einhausung fast vollständig ab-geschirmt und ist selbst im Nahbereich derStation vernachlässigbar klein. Stärkere Mag-netfelder treten bei Netzstationen nur direkt ander Außenwand im Bereich der Niederspan-nungsableitung auf (siehe Abbildung 3.13).

3.3.2 Bahnstromanlagen der DeutschenBahn

Das elektrifizierte Netz der Deutschen BahnAG (DB) wird aus historischen Gründen mitWechselstrom der Frequenz 16,7 Hertz (162⁄3Hz) betrieben. Gleichartige Netze gibt es inÖsterreich, der Schweiz, Schweden und Nor-wegen. In anderen europäischen Ländernwird entweder 50 Hertz Wechselstrom oderGleichstrom verwendet.

Das 16,7-Hertz-Stromsystem der DB erforderteine eigene „Stromwelt“, die vom Kraftwerküber ein Hochspannungs-Verteilungsnetz biszu den Umspannstationen exklusiv für dieseFrequenz konzipiert ist. Das bahneigene 110-kV-Hochspannungsnetz mit einer Länge vonrund 7400 Kilometern verbindet Kraft-, Umfor-mer- und Umrichtwerke mit Bahnunterwer-ken, in denen der 110-kV-Bahnstrom auf 15kV heruntertransformiert wird. Vom Bahn-unterwerk gelangt der Strom direkt in dieOberleitungen. Zur Versorgung der Züge mit Energie wird derStrom über die 15-kV-Oberleitung zugeführt,als Rückleiter dienen die Schienen (Abbildung3.14).Die 15-kV-Oberleitung erzeugt ein elektri-sches Feld, das für eine zweigleisige Fern-

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 31

Unterwerk

110 kV

Fahrstrom

Rückstromschiene

Kabel (Rohrleitung) im Einflussbereich

15 kV 16 HzHz 22/ /

23 3 /3/3

Abbildung 3.14: Stromkreise des Bahnstroms

1µT

5µT

10µT

100µT

0 1 2 3 4 m

Niederspannungs-

stromschienen

Transformator

Abbildung 3.13: Magnetfelder im Nahbereich einer Netzstation

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bahnstrecke berechnet wurde (siehe Abbil-dung 3.15). Aus der Abbildung 3.15 ist ersichtlich, dassder Maximalwert der elektrischen Feldstärkedirekt über den Schienen liegt. Eine Person,die an der Bahnsteigkante steht, ist einerelektrischen Feldstärke von ungefähr 600 V/mausgesetzt. Durch die Metallhülle des Zugeswerden Fahrgäste im Zug vom elektrischenFeld der Oberleitung vollständig abgeschirmt.Die Stärke der Magnetfelder von Bahnstrom-anlagen unterliegen erheblichen zeitlichenSchwankungen. Die Ursache liegt u. a. darin,dass die Stromeinspeisung in die Oberleitungin Abständen von 25 bis 80 km Länge erfolgt.Fährt in einem solchen Versorgungsabschnittkein Zug, dann fließt folglich auch kein Stromund das magnetische Feld ist gleich null. Fah-ren dagegen mehrere Züge gleichzeitig aufdem entsprechenden Streckenabschnitt, ist

der Stromfluss und damit auch die Stärke desentstehenden Magnetfeldes entsprechendgrößer. Dabei erfolgt insbesondere bei Be-schleunigungsvorgängen eine hohe Strom-aufnahme und damit eine Erhöhung des Mag-netfeldes. Da in der Nachtzeit deutlichweniger Personenverkehr mit vielen Halte-und Beschleunigungsvorgängen stattfindet,nehmen demzufolge auch die Magnetfelder indiesem Zeitraum deutlich ab. Das magnetische Feld von Bahnstromanlagenweist gegenüber Freileitungen eine weitereBesonderheit auf. Durch den im Gegensatz zuFreileitungen relativ großen Abstand zwischenHin- und Rückleiter kompensieren sich dieentgegengerichteten magnetischen Feldernur in geringem Umfang, die magnetischeFlussdichte nimmt daher mit dem Abstandlangsamer ab. Hinzu kommt, dass aus Sicher-heitsgründen die Schienen geerdet sind, da-

32 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Abbildung 3.15: Verlauf der elektrischen Feldstärke quer zur Trasse einer zweigleisigen Fern-bahnstrecke in 1 Meter Höhe über den Schienen. Die Mitte zwischen den beiden Gleisen ist diePosition Null.

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 33

mit dort keinesfalls eine Spannung gegenErde anliegen kann, die bei Berührung gefähr-lich werden könnte. Ein Teil des Rückstromesfließt daher nicht über die Bahnschienen, son-dern über das Erdreich ab (in Abbildung 3.14rot eingezeichnet). Dies vermindert zusätzlichdie Kompensation des magnetischen Feldes. Auf Grund des sich daher ständig änderndenStromflusses können mit Messungen nur mo-mentane Magnetfelder von Bahnstromanla-gen ermittelt werden. So kommen zur Ab-schätzung von „Worst-case-Szenarien“ in derRegel Feldberechnungsprogramme zur Er-mittlung der magnetischen Flussdichte vonBahnstromanlagen zum Einsatz. Der Verlauf der magnetischen Flussdichtequer zur Trasse einer zweigleisigen Fernbahn-strecke ist in 1 Meter Höhe über den Schienenin Abbildung 3.16 dargestellt. Die Berechnungerfolgte mit einem maximalen Fahrstrom von

2 kA und einem Rückstromanteil von 100 %.Aus der Abbildung 3.16 ist ersichtlich, dassder Maximalwert der magnetischen Fluss-dichte direkt über den Schienen liegt. EinePerson, die an der Bahnsteigkante steht, isteiner magnetischen Flussdichte von ungefähr150 µT ausgesetzt. In den Zügen selbst sinddie Fahrgäste Magnetfeldern von bis zu 50 µTausgesetzt.In der Praxis treten deutlich niedrigere Mag-netfelder auf, die auch tageszeitlichenSchwankungen unterliegen. Dies lässt sichdurch Messungen belegen. Zur Ermittlung destageszeitlichen Verlaufs und der Abnahme desMagnetfeldes mit der Entfernung wurden vonder Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (LfU) Messungen der magneti-schen Flussdichte im Umfeld der mit ca. 290Zügen pro Tag stark befahrenen Oberrheintal-Bahnstrecke durchgeführt. Der tageszeitliche

Abbildung 3.16: Verlauf der magnetischen Flussdichte quer zur Trasse einer zweigleisigen Fern-bahnstrecke in 1 Meter Höhe über den Schienen. Die Mitte zwischen den beiden Gleisen ist diePosition Null.

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Verlauf der magnetischen Flussdichte wurdein 30 m Abstand zu den Gleisen ermittelt(siehe Abbildung 3.17). Nach Angaben derDeutschen Bahn können im Extremfall kurz-zeitige Flussdichtespitzen auftreten, die biszum 10fachen höher liegen als die von der LfUgemessenen Minutenmittelwerte.

3.3.3 HaushalteIm Haushalt entstehen niederfrequente elek-trische und magnetische Wechselfelder durchelektrische Geräte und durch die Elektroin-stallation.Die elektrische Versorgung der Haushalte er-folgt standardmäßig mit Wechselstrom, der inEuropa über eine Frequenz von 50 Hertz(USA: 60 Hertz) verfügt. Der dreiphasigeWechselstrom (Drehstrom) aus dem Nieder-spannungsnetz endet normalerweise beimHausanschluss. Innerhalb des Hauses wird fürdie Versorgung schwacher Verbraucher (Lam-pen, Kleingeräte usw.) nur jeweils eine der dreiPhasen an die Steckdosen geführt. GrößereVerbraucher (Kochherde, elektrische Heizungusw.) werden dagegen mit allen 3 Phasen desDrehstroms versorgt.Die elektrischen Hausinstallationen bestehenaus Kabeln, bei denen die Hin- und Rückleiter

dicht nebeneinander geführt werden. Da sichentgegengesetzt gerichtete Felder überla-gern, kommt es durch die nahe beieinanderliegenden Hin- und Rückleiter in den Stromlei-tungen zu einer weitgehenden Kompensationder Felder. Die elektrische und magnetischeFeldstärke in der Umgebung solcher Stromlei-tungen nimmt daher mit der Entfernung stär-ker ab als bei einzelnen stromdurchflossenenLeitern.Die Messung der elektrischen Feldstärke vonHaushaltsgeräten und damit die Angabe ent-sprechender Messwerte ist schwierig, da je-der leitfähige Gegenstand in der näheren Um-gebung das Feld beeinflussen kann und dieFeldstärken daher örtlich sehr stark schwan-ken können. In der Tabelle 3.4 sind einige ty-pische Werte der elektrischen Feldstärke vonHaushaltsgeräten und der Hausinstallationangegeben. Starke magnetische Felder entstehen vor al-lem bei folgenden Haushaltsgeräten: • Geräte mit hohem Stromverbrauch (zum

Beispiel Elektroheizung, Elektroherd, Bü-geleisen, Haarfön)

• Geräte, die einen Transformator oder Mag-netspulen enthalten (zum Beispiel Fernseh-gerät, Stereoanlage, Halogenleuchte)

34 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Uhrzeit

Ma

gn

etisch

e F

lussd

ich

te in

µT

0,1

0,2

0,3

12:00 16:00 20:00 00:00 04:00 08:00 12:00

Abbildung 3.17: Tagesgang der magnetischen Flussdichte an der Oberrheintal-Bahnstrecke imAbstand von 30 Metern zu den Gleisen

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Tabelle 3.5: Magnetische Flussdichten [µT] in der Nähe (30 cm) von elektrischen Haushaltsgerä-ten [BfS, LfU]

Tabelle 3.4: Elektrische Feldstärken [V/m] in der Nähe (30 cm, 1 cm bei Heizdecken) von elektri-schen Haushaltsgeräten und der Hausinstallation [BfS, LfU]

• Geräte, die von einem Elektromotor ange-trieben werden (zum Beispiel Bohrma-schine, Staubsauger).

In der Tabelle 3.5 sind einige typische Belas-tungswerte der magnetischen Flussdichte vonHaushaltsgeräten angegeben.

3.4 Technisch erzeugte hoch-frequente elektromagnetischeFelder

Sind die niederfrequenten Wechselfeldermeist unerwünschte Nebeneffekte bei derÜbertragung und Nutzung elektrischer Ener-gie, so werden hochfrequente elektromagneti-

sche Felder in der Regel absichtlich erzeugt.Im Niederfrequenzbereich können elektrischeund magnetische Felder getrennt betrachtetwerden, man spricht in diesem Fall von „ent-koppelten“ Feldanteilen. Im Gegensatz dazusind im Hochfrequenzbereich das elektrischeund magnetische Feld eng miteinander ver-knüpft bzw. „gekoppelt“. Man spricht nun vonelektromagnetischen Wellen, die sich mitLichtgeschwindigkeit (300 000 000 m/s im Va-kuum) ausbreiten.Elektromagnetische Wellen transportierenEnergie, die sich aus den Energieanteilen deselektrischen und magnetischen Feldes zu-sammensetzt. Das Maß für die Stärke einerelektromagnetischen Welle ist die Leistungs-flussdichte S in Watt pro Quadratmeter [W/m2]

Gerät Elektrische Feldstärke [V/m]

Heizdecke 1500 bis 3500

Farbfernseher < 90

Elektrohaushaltsgeräte < 120

Glühbirne < 5

Steckdose < 1

Netzkabel der Hausinstallation < 0,1

Gerät Magnetische Flussdichte [µT]

Elektrogeräte mit Motor < 20(z. B. Staubsauger, Bohrmaschine)

Elektrogeräte mit hohem Stromverbrauch < 10(z. B. Elektroherd, -heizung)

Elektrogeräte mit Transformatoren < 5(Fernseher, Halogenleuchte usw.)

sonstige Elektrogeräte < 1

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36 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

oder Mikrowatt pro Quadratzentimeter[µW/cm2]. Die Leistungsflussdichte in Mikro-watt pro Quadratzentimeter gibt die durcheine Fläche von einem Quadratzentimeter flie-ßende Energie pro Zeiteinheit an, die durch einelektromagnetisches Wellenfeld transportiertwird. Sie ist das Produkt aus der elektrischenFeldstärke E und der magnetischen Feld-stärke H. Im so genannten Fernfeld einerQuelle (z. B. Antenne), wo die Entfernung zurAntenne bereits wesentlich größer ist als dieWellenlänge, stehen die Leistungsflussdichte,die elektrische und magnetische Feldstärke ineinem festen Verhältnis zueinander. Alle dreiGrößen sind im Fernfeld also äquivalent. Beiungestörter Ausbreitung (z. B. im Weltraum)nimmt im Fernfeld mit zunehmendem Ab-stand r von der Quelle die Leistungsfluss-dichte mit dem Quadrat des Abstandes (1/r2)und die elektrische und magnetische Feld-stärke mit 1/r zur Quelle ab (siehe Abbildung3.18). Unter realen Ausbreitungsverhältnissen(Einfluss der Topographie, des Bewuchsesund der Bebauung) nehmen die elektromag-

netischen Felder in der Regel noch deutlichstärker mit der Entfernung ab.

Abbildung 3.18: Abnahme der Feldgrößen eines elektromagnetischen Wellenfeldes mit der Ent-fernung zur Quelle (z. B. Antenne)

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Feld

größ

en in

Pro

zent

1 2 3 4 5 6 7 8Entfernung r von der Quelle in relativen Einheiten

Zeit (t)

EH

Abbildung 3.19: Elektromagnetisches Fern-feld

Die Stärke der Felder im Umfeld einer Quelle(z. B. Antenne), die hochfrequente elektro-magnetische Felder abstrahlt, ist nicht nur vonder Stärke der Funksendeanlage und von derEntfernung zur Quelle abhängig, sondern

Elektrische und magnetische Feldstärke (Abnahme 1/r)

Leistungsflussdichte (Abnahme 1/r2)

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auch von der Abstrahlcharakteristik der An-tenne. Antennen von Mobilfunkbasisstationenund in der Regel auch Antennen von UKW-und Fernsehsendern strahlen in der horizon-talen Ebene entweder omnidirektional ab, d. h.in allen Richtungen parallel zum Erboden wirdgleich viel Energie abgegeben, oder dieelektromagnetischen Wellen werden durchRichtantennen (Sektorantennen) auf einen 30°bis 120° breiten horizontalen Sektor konzent-riert. In Abbildung 3.20 ist das horizontale Ab-strahlverhalten einer Sektorantenne darge-stellt.In der Vertikalen geben Antennen in der Regelelektromagnetische Wellen relativ stark ge-bündelt ab, ähnlich wie die Scheinwerfer einesLeuchtturmes (siehe Abbildung 3.21). Dies hatzur Folge, dass das bodennahe Umfeld unter-halb der Antenne oder auch die Räume einesGebäudes, auf dem die Antenne errichtet ist,wesentlich geringer mit hochfrequentenelektromagnetischen Wellen belastet sind, alsman dies von der Entfernung her erwartenwürde. Die Stärke der Strahlungsleistung, die von ei-ner Antenne abgegeben wird, ist abhängigvon der elektrischen Sendeleistung der Funk-sendeanlage und der Abstrahlcharakteristikder Antenne. So ist in Richtung der stärkstenBündelung (Hauptstrahlrichtung) die von einerstark bündelnden Antenne erzeugte Leis-tungsflussdichte größer als die von einerschwach bündelnden Antenne. Die Strah-lungsleistung von Antennen gibt man daher

entweder als äquivalente isotrope Strahlungs-leistung (EIRP = Equivalent Isotropically Radi-ated Power) oder als äquivalente Strahlungs-leistung (ERP = Equivalent Radiation Power)an. Die EIRP gibt an, mit welcher Sendeleis-tung man eine in alle Raumrichtungen gleich-mäßig abstrahlende Antenne (Kugelstrahler)versorgen müsste, um im Fernfeld dieselbeLeistungsflussdichte zu erreichen wie mit ei-ner bündelnden Antenne. Die ERP unterschei-det sich von der EIRP nur dadurch, dass alsVergleichsantenne nicht der Kugelstrahler (derin der Praxis nicht realisierbar ist), sonderneine in der Praxis realisierbare Antenne(Lambda-Halbe-Dipol) herangezogen wird.Falls nicht anders vermerkt, ist im Folgendendie Sendeleistung in ERP angegeben.In Deutschland müssen die Betreiber ortsfes-ter Funksendeanlagen mit einer Sendeleis-

Abbildung 3.20: Horizontales Abstrahlverhalten einer Sektorantenne [Wuschek]

Abbildung 3.21: Vertikale Abstrahlcharakteris-tik einer Antenne [Wuschek]

Bereichder

Hauptstrahlrichtung

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38 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

tung von 10 Watt EIRP (äquivalente isotropeStrahlungsleistung) oder mehr vor der Inbe-triebnahme bei der Regulierungsbehörde fürTelekommunikation und Post (RegTP) eineStandortbescheinigung beantragen. In derStandortbescheinigung werden Leistungsbe-schränkungen und Abstrahlwinkel mit densich daraus ergebenden Sicherheitsabstän-den zu allgemein zugänglichen Bereichen ver-bindlich festgelegt. Die Standortbescheini-gung wird nur erteilt, wenn die Einhaltung derGrenzwerte der 26. BImSchV (siehe Kapitel 5)gewährleistet ist. Dabei werden alle amStandort befindlichen Funksendeanlagen unddie am Standort durch umliegende Funksen-deanlagen bereits vorhandenen elektromag-netischen Felder berücksichtigt. Zur Überwa-chung der Einhaltung von Grenzwerten führtdie RegTP an ausgewählten Standortenbundesweite Messaktionen durch. Die letzteMessaktion wurde in den Jahren 1999 und2000 durchgeführt. Die Ergebnisse der Mes-sungen sind über die Internet-Adresse derRegTP abrufbar (siehe Quellenverzeichnis). In

Baden-Württemberg wurde für insgesamt6625 Standorte von ortsfesten Funksendean-lagen eine Standortbescheinigung erteilt. Da-von waren 5048 Standorte, an denen sichmindestens eine Mobilfunksendeanlage be-fand (Stand: Mai 2001) [RegTP].Zur Übertragung von Ton- und Bildinformatio-nen wird die zu übertragende Information aufdie hochfrequente Welle aufgesetzt, ein Ver-fahren, das als Modulation bezeichnet wird.Die häufigsten Arten von Modulationen sind inAbbildung 3.22 dargestellt. Bei der Amplitu-denmodulation, die zum Beispiel beim Lang-,Mittel- und Kurzwellen-Rundfunk Anwendungfindet, ändert sich mit dem zu übertragendenTon die Amplitude der hochfrequenten Welle.Die Frequenzmodulation zeichnet sich durcheine Änderung der Frequenz der hochfre-quenten Welle im Rhythmus des übertragenenniederfrequenten Signals aus, sie wird zumBeispiel für qualitativ gute Tonübertragungen(UKW-Rundfunk, Ton bei TV) verwendet. DiePulsmodulation wird häufig für digitale Über-tragung, zum Beispiel beim Mobilfunk, ver-

Abbildung 3.22: Beispiele für Modulationsarten

Kontinuierliche Welle (CW) Amplitudenmodulation (AM)

Frequenzmodulation (FM) Pulsmodulation (PM)

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wendet (nähere Beschreibung siehe KapitelMobilfunk). Digitale Übertragung bedeutet,dass die Sprachinformation – ähnlich wiebeim PC – in digitaler Form verarbeitet wird.Das Sprachsignal wird hierzu in eine logischeFolge von Zahlen (Null und Eins) umgewan-delt.

Der größte technische Anwendungsbereichvon hochfrequenten elektromagnetischenWellen ist die drahtlose Nachrichtenübertra-gung mittels Funkwellen. Die Tabelle 3.6 gibteinen Überblick über Funksendeanlagen so-wie deren Frequenzbereiche und Sendeleis-tungen.

Tabelle 3.6: Funksendeanlagen mit Frequenzbereich und Sendeleistung

Anlage Frequenz [MHz] Sendeleistung [Watt]

Rundfunksender (Langwelle) 0,15 bis 0,285 bis 2 000 000

Rundfunksender (Mittelwelle) 0,51 bis 1,605 bis 1 000 000

Rundfunksender (Kurzwelle) 3,95 bis 30 bis 100 000

Amateurfunkdienst Ausgewählte Frequenzbereiche 10 bis 750zwischen 1,8 und 1300

CB-Funk 27 1 bis 4

Fernsehsender (VHF I) 47 bis 68 bis 500 000

Rundfunksender 87,5 bis 108 bis 100 000(Ultrakurzwelle)

BOS-Funk Ausgewählte Frequenzbereiche < 12(z. B. Polizei, Feuerwehr) zwischen 108 und 470

Betriebsfunk Ausgewählte Frequenzbereiche < 12zwischen 68 und 470

Fernsehsender (VHF III) 174 bis 230 bis 500 000

Zugfunk Ausgewählte Frequenzbereiche 6zwischen 457 und 469

Fernsehsender (UHF) 470 bis 790 bis 500 000

Mobilfunk-Basisstation 890 bis 960 10 bis 50 (je Kanal)(D-Netz)

Mobilfunk-Basisstation 1710 bis 1880 10 bis 20 (je Kanal)(E-Netz)

UMTS-Basisstation 1920 bis 2170 10 bis 20 (je Kanal)

Richtfunk Ausgewählte Frequenzbereiche < 10 (häufig unter 1)zwischen 400 und 26 000

Radar (Luftüberwachung und Ausgewählte Frequenzbereiche bis 2 000 000Militär) zwischen 1000 und 12 000 (Impulsleistung)

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Abbildung 3.23: Standorte von Rundfunk- und Fernsehsendern in Baden-Württemberg mit einerSendeleistung von mindestens 100 kW

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Im Folgenden wird vor allem auf den Einsatzvon Funkwellen zur Nachrichtenübertragungbeim Rundfunk, Fernsehen und Mobilfunkeingegangen. Daneben gibt es aber auchtechnische Anwendungen im Haushalt (z. B.Mikrowellengerät), an Arbeitsplätzen (z. B.Hochfrequenzschweißgeräte, Induktionsöfen)und in der Medizin. Eine weitere zunehmendeAnwendung von hochfrequenten elektromag-netischen Feldern sind Systeme zur kontakt-losen Überprüfung in öffentlich zugänglichenBereichen (z. B. Diebstahlsicherung von Wa-ren in Kaufhäusern).

3.4.1 Rundfunk und FernsehenDer verbreitete Einsatz von Funkwellen zurNachrichtenübertragung begann bereits An-fang des 20. Jahrhunderts durch den Rund-funk und anschließend durch das Fernsehen.Die flächendeckende Versorgung der Bevöl-kerung erfolgt bei Rundfunk- und Fernseh-sendern durch wenige starke Sendeanlagen.So treten bei Rundfunk- und FernsehsendernSendeleistungen von bis zu zwei MillionenWatt auf. Diese Sender versorgen große Ge-biete im Umkreis bis zu einigen 100 Kilome-tern. In Abbildung 3.23 sind die Standorte vonRundfunk- und Fernsehsendern in Baden-Württemberg mit einer Sendeleistung vonmindestens 100 kW dargestellt. In Baden-Württemberg gibt es insgesamt 2330 Sende-anlagen von Rundfunk- und Fernsehsendernmit Sendeleistungen von einigen Watt bis zu500 000 Watt (Stand: Dezember 2000) [LfK]. Inder Tabelle 3.7 ist die Anzahl der Rundfunk-und Fernsehsendeanlagen in Baden-Würt-temberg und deren gesamte Sendeleistungdargestellt (Stand: 2000) [LfK]. Da in der Regelan einem Standort mehrere Sendeanlagen in-stalliert sind, ist die Anzahl der Standorte mit

Rundfunk- und Fernsehsendern wesentlichgeringer.Die Abbildung 3.24 zeigt am Beispiel einesRundfunksenders die in der Standortbeschei-nigung der Regulierungsbehörde für Telekom-munikation und Post (RegTP) festgelegtenhorizontalen und vertikalen Sicherheitsab-stände. Außerhalb dieser Sicherheitsab-stände werden die Grenzwerte der 26.BlmSchV sicher unterschritten. Im Horizontal-

Tabelle 3.7: Anzahl der Rundfunk- und Fernsehsendeanlagen in Baden-Württemberg und derengesamte Sendeleistung

Sendeanlage Anzahl Gesamte Sendeleistung [MW]

Fernsehsender 1982 9,88

UKW-Sender 329 3,44

Lang-, Mittel- und Kurzwellensender 19 1,52

Abbildung 3.24: Horizontale und vertikale Si-cherheitsabstände eines Rundfunksenders

90°270°

180°

mm200m

mmmm100m

mm250m

Horizontaldiagramm

Vertikaldiagramm

18

2 m

16

8 m

39

mm

Vertikaler Sicherheitsabstand:

14 m über Grund

WinkelSicherheitsabstand

in 39 m Höhe

210 m

213 m

226 m

215 m

° 248 m

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42 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

diagramm ist ersichtlich, dass über den füralle Richtungen geltenden Mindestabstandhinaus für einzelne Hauptabstrahlrichtungengrößere Sicherheitsabstände vorgeschriebensind. Diese Sicherheitsabstände ergeben sichaus der Richtwirkung einzelner Antennen(siehe Tabelle unter dem Diagramm). Aus demVertikaldiagramm kann man erkennen, dassim Falle des dargestellten Sendeturms im Be-reich des Erdbodens bis in 14 m Höhe Sicher-heitsabstände nicht erforderlich sind. Darausfolgt, dass aber eine Verletzung der Sicher-heitsvorschriften auftreten könnte, wenn imhorizontalen Sicherheitsbereich Gebäude miteiner Höhe von mehr als 14 m errichtet wür-den. Die Sicherheitsabstände bei Basisstatio-nen des Mobilfunks fallen auf Grund der nied-rigen Sendeleistung wesentlich geringer ausund betragen in der Regel ein bis zehn Meter.

3.4.2 MobilfunkDie historische Entwicklung des Mobilfunks inDeutschland begann 1958 mit dem ersten flä-chendeckenden öffentlichen handvermitteltenFunktelefonnetz, dem so genannten A-Netz.Es folgten 1972 das B-Netz, das erstmalsohne Handvermittlung auskam, und 1984 dasC-Netz. Diese analogen Mobilfunknetze ar-beiteten mit einer nationalen Norm, was dieNutzung außerhalb Deutschlands ausschloss;sie sind inzwischen nicht mehr im Betrieb. Mitder Einführung des digitalen D-Netzes im Jahr1992 und des digitalen E-Netzes im Jahr 1994ist eine weltweite Nutzung des Mobilfunksmöglich. Die digitalen Mobilfunknetze arbei-ten mit digitaler Sprachcodierung nach demGSM-Standard (Global System for MobileCommunications), der neben einer guten

Übertragungsqualität auch Zusatzdienste wieFax, Kurzmitteilungen und Datentransfer er-möglicht. In Deutschland gibt es derzeit vierdigitale Mobilfunknetze (siehe Tabelle 3.8) mitüber 56 Millionen Mobilfunkteilnehmern(Stand: Dezember 2001) [RegTP]. Zukünftigkönnen mit dem neuen UMTS-Standard (Uni-versal Mobile Telecommunication System)nicht nur Sprache oder kurze Texte übertra-gen werden, sondern auch bewegte Bilder inhoher Qualität. Viele bisher nicht realisierbareMöglichkeiten, wie zum Beispiel mobilesInternet-Surfen oder die Übertragung von Vi-deofilmen, können mit UMTS realisiert wer-den. Mit der Einführung von UMTS ist aberauch die zusätzliche Errichtung von Basissta-tionen verbunden. Die Anzahl der Standortemit Mobilfunkbasisstationen wird sich daherin den nächsten 10 Jahren voraussichtlichverdoppeln.Beim Rundfunk und Fernsehen kann aufGrund der hohen Sendeleistungen in der Re-gel mit einem Sendeturm ein sehr großes Ge-biet von bis zu 100 Kilometer Umkreis ver-sorgt werden. Im Gegensatz dazu muss beimMobilfunk ein so genanntes „zellulares Netz“mit einer Vielzahl von kleinräumigen, nahtlosaneinander grenzenden „Funkzellen“ aufge-baut werden (siehe Abbildung 3.25). Verant-wortlich für die Versorgung einer Funkzelle istdie Basisstation. Die einzelnen Basisstationensind untereinander und mit der zentralen Ver-mittlungsstelle des Netzbetreibers über Kabel,Glasfaser oder Richtfunk verbunden. Die Ver-mittlungsstelle besteht aus speziellen Com-putern, die weltweit miteinander in Verbin-dung stehen (siehe Abbildung 3.26). DerBetrieb von Handys ist nur an Orten möglich,

Netz Frequenz [MHz] Betreiber In Betrieb seit

D 1 890 bis 960 T-Mobil 1992

D 2 890 bis 960 Vodafone 1992

E 1 1710 bis 1880 E-Plus 1994

E 2 1710 bis 1880 Viag-Interkom 1998

UMTS 1920 bis 2170 6 Betreiber ab 2002

Tabelle 3.8: Digitale Mobilfunknetze in Deutschland

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© LfU Elektromagnetische Felder in der Umwelt des Menschen 43

die von einer Mobilfunkbasisstation des jewei-ligen Netzbetreibers versorgt werden. JedeMobilfunkbasisstation deckt je nach ihrerSendeleistung sowie der sie umgebendenLandschaft und Bebauung Gebiete mit einemUmkreis zwischen einigen hundert Meternund wenigen Kilometern ab.Eingeschaltete Handys und jeweils eine nahegelegene Mobilfunkbasisstation stehen nichtständig miteinander in Funkverbindung. Nachdem Anmeldevorgang geht das Handy in ei-nen reinen Empfangsmodus. Nur etwa alle 30bis 60 Minuten wird ein Handy, wenn es örtlichnicht nennenswert bewegt wird (also in der

gleichen Funkzelle bleibt) von der Basisstationaufgefordert, eine kurze Meldung abzusen-den, die etwa eine Sekunde lang dauert.Würde ein in Bereitschaft befindliches Handypermanent senden, wäre die Batterie nachsehr kurzer Zeit entladen. Wird ein Handy übergrößere Strecken (z. B. im Auto) bewegt, sosendet es automatisch immer dann ein kurzesSignal ab, wenn es die Funkzelle wechselt,also eine neue Basisstation für die Kommuni-kationsverbindung zuständig ist. Ein Handysendet daher nur dann, wenn ein Funkzellen-wechsel stattfindet, ein Telefongespräch ge-führt wird oder ein Anruf ankommt. Auch beim

Abbildung 3.25: Schematische Darstellung der Grundstruktur eines Mobilfunknetzes bestehendaus aneinander grenzenden Funkzellen

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Abbildung 3.26: Großflächige Versorgung durch einzelne Rundfunk- und Fernsehsender mit ho-her Sendeleistung im Vergleich zum dichtmaschigen Netz des Mobilfunksystems, bestehend ausHandys, Basisstationen und Vermittlungsstellen (Computer)

Schreiben einer Kurzmitteilung (SMS) sendetdas Handy erst wieder für etwa 1 bis 2 Sekun-den, wenn die SMS abgeschickt wird. Im Gegensatz zum früheren C-Netz wird im di-gitalen Mobilfunk die Information zwischenBasisstation und Handy verschlüsselt über-tragen, so dass eine sehr hohe Abhörsicher-heit erzielt wird. Beim digitalen Mobilfunk wirddas analoge Signal digitalisiert; d. h. es ent-stehen Folgen von Einsen und Nullen. Die di-gitalen Signale können allerdings nicht direktüber die Antenne übertragen werden. Hierzuwird ein hochfrequentes Signal als Transport-medium (Trägerfrequenz) genutzt und mit derdigitalen Sprachinformation verknüpft (Modu-lation). Meistens verwendet man dabei Fre-quenz- oder Phasenmodulationsverfahren.Um Übertragungskapazität zu gewinnen, er-folgt das Senden der Sprachsignale nicht imDauerbetrieb, sondern in zeitlich aufeinander

folgenden kleinen Datenpaketen. Das hoch-frequente Signal (Trägerfrequenz) bildet zu-sammen mit der Sprachinformation den Inhaltder Datenpakete. Diese Datenpakete werdenin einem festen zeitlichen Abstand 217 Mal inder Sekunde gesendet. Allerdings unterschei-den sich die Signalfolgen beim Handy und beider Basisstation. Nur in 1/8 der Zeit sendetdas Handy, in 7/8 der Zeit sendet es nicht. Beider Basisstation ist die Signalstruktur wesent-lich kontinuierlicher, da zum einen in der Regelmehrere Handys gleichzeitig angesprochenwerden und außerdem Signalisierungsaufga-ben zu erledigen sind. Wickelt eine Basissta-tion gerade überhaupt kein Gespräch ab (z. B.mitten in der Nacht), ist dennoch ein quasikontinuierliches Signalisierungssignal mess-bar.Die Sendeleistung des Handys und mit Ein-schränkungen auch die der Basisstation wird

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in Abhängigkeit von der Verbindungsqualitätzwischen Handy und Basisstation gesteuert.Dies bedeutet, dass bei schlechter Verbin-dungsqualität eine höhere Sendeleistung er-forderlich ist als bei guter Versorgung. DieSendeleistungen von Handys liegen im D-Netz bei maximal 2 Watt und im E-Netz beimaximal 1 Watt. Die Sendeleistungen von Ba-sisstationen liegen im D-Netz zwischen 10Watt (je Kanal) in Wohngebieten und bis zu 50Watt (je Kanal) entlang von Autobahnen. BeimE-Netz und beim zukünftigen UMTS-Netz be-trägt die Sendeleistung maximal 20 Watt (jeKanal). Mit diesen Sendeleistungen könnenFunkverbindungen über einige 100 Meter inden Städten und einige Kilometern in derfreien Landschaft erreicht werden. Eine flä-chendeckende Mobilfunkversorgung erfordertdaher eine große Dichte von Basisstationen.Für die Aufstellung der Antennen werden vor-rangig höher gelegene Masten oder höhereGebäude gesucht, damit die einzelnen Basis-stationen möglichst abschattungsfrei ihr Ver-sorgungsgebiet abdecken können. Es werdenin Städten allerdings auch Antennen auf Lit-

fasssäulen oder auf Telefonzellen errichtet(z. B. auf wichtigen Plätzen, in Fußgängerzo-nen oder in Messe- und Bahnhofgebäuden).Obwohl die Sendeleistung der Basisstationenum einen Faktor 10 bis 100 höher liegt als dieSendeleistung von Handys, ist der Handy-Nutzer mit den vom Handy ausgestrahltenWellen einer etwa 10 000fach stärkeren Leis-tungsflussdichte ausgesetzt. Der Grund hier-für ist die Nähe der Handy-Antenne zum Kopfdes Nutzers.

3.4.3 Weitere technische Anwendungenhochfrequenter elektromagnetischerFelder

Im Mikrowellenherd werden elektromagneti-sche Wellen bei einer Frequenz von 2400 MHzerzeugt, die Wassermoleküle besonders gutzu Schwingungen anregen. Die durch dieWassermoleküle aufgenommene Schwin-gungsenergie bewirkt eine Erwärmung. Da derMikrowellenherd wie ein umgekehrter Fara-dayscher Käfig funktioniert (vergleiche Kapitel2.1, Abbildung 2.3), ist die Stärke des elektri-schen Feldes außerhalb des Gerätes sehr ge-

Abbildung 3.27: Arbeitsweise einer Artikelsicherungsanlage

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ring. Im Übrigen schaltet sich das Gerät ausSicherheitsgründen beim Öffnen der Tür auto-matisch durch Unterbrechen der Energiezu-fuhr ab. Die Dichtigkeit von Mikrowellenher-den wird von den Herstellern im Prüffeldgetestet.

Elektromagnetische Felder finden in öffentlichzugänglichen Bereichen zunehmend Anwen-dung bei der berührungslosen Identifikationvon Personenausweisen, Waffenspürgerätenund bei der Artikelsicherung. So werden zumBeispiel in Flughäfen Waffenspürgeräte und inKaufhäusern am Ein- bzw. Ausgang sowie imKassenbereich Artikelsicherungsanlagen in-stalliert, die einen Warendiebstahl verhindernsollen.Die an den Artikeln angebrachten, nicht ent-werteten Sicherungsetiketten werden mittelselektromagnetischer Felder erkannt. In Abbil-dung 3.27 ist ein mögliches Prinzip einer Arti-kelsicherungsanlage dargestellt. Die linkeSpulenanordnung erzeugt magnetische Im-pulse, die ein Sicherungsetikett in Resonanzbringen. Die Empfangsspulen auf der rechtenSeite erkennen die Schwingung der Siche-rungsetiketten und lösen Alarm aus. Die Arti-kelsicherungsanlagen arbeiten mit unter-schiedlichen Frequenzen zwischen 10 Hz und3 GHz. Ihre Felder können unterschiedlicheStärken und Modulationen aufweisen. Die imniederfrequenten Bereich arbeitenden Anla-gen können in der Überwachungszone relativhohe magnetische Flussdichten von bis zu300 µT aufbauen, denen die Passanten im Re-gelfall allerdings nur kurzzeitig ausgesetztwerden.

3.4.4 Immissionen durch hochfrequenteelektromagnetische Felder

Wie Tabelle 3.6 zeigt, gibt es eine Vielzahl vonSendeanlagen, die Funkwellen unterschied-licher Intensität aussenden. Darüber hinaustreten hochfrequente elektromagnetische Fel-der bei einigen Geräten des täglichen Lebens(Mikrowelle, Babyphon usw.) und bei Siche-rungsanlagen in öffentlich zugänglichen Be-reichen auf. Mit Hilfe von Messungen, die dengesamten Frequenzbereich der hochfrequen-

ten elektromagnetischen Felder abdecken,können die von Funksendeanlagen ausgehen-den Immissionen ermittelt werden.In der Abbildung 3.28 ist die typische Immissi-onsbelastung für einen städtischen Wohnbe-reich (7. Stock eines Hochhauses) in der un-mittelbaren Umgebung von Sendeanlagendes Mobilfunks, Lang-, Mittel- und Kurzwel-lensendern sowie von Fernseh- und Ultra-kurzwellensendern dargestellt. Die Abbildung3.29 zeigt eine beispielhafte Immissionsbelas-tung für den Wohnbereich eines Einfamilien-hauses im ländlichen Umfeld durch Mobil-funksender sowie Fernseh- und Ultra-kurzwellensender (TV/UKW). Die typische Im-missionsbelastung in verschiedenen Abstän-den zu Geräten des täglichen Lebens kannder Abbildung 3.30 entnommen werden. Zurbesseren Vergleichbarkeit ist in den Abbildun-gen die Immissionsbelastung in Prozent zuden Grenzwerten (bezogen auf die elektrischeFeldstärke) der Verordnung über elektromag-netische Felder (26. BImSchV, siehe Kapitel 5)angegeben. Allerdings ist zu beachten, dassGeräte des täglichen Lebens, wie zum Bei-spiel Handys, Babyphone oder Mikrowellen-herde, nicht unter den Anwendungsbereichder 26. BImSchV fallen.Aus den Abbildungen 3.28 und 3.29 ist er-sichtlich, dass die Belastung der Bevölkerungmit hochfrequenten elektromagnetischen Fel-dern selbst an stark exponierten Orten in derRegel unter 10 Prozent der Grenzwerte derVerordnung über elektromagnetische Felder(26. BImSchV) liegt. Außerdem ist die Immis-sionsbelastung durch leistungsstarke Rund-funk- und Fernsehsender häufig noch imAbstand von mehreren Kilometern stärkerausgeprägt als die Felder von Mobilfunksen-dern, die sich in unmittelbarer Nähe desWohnortes befinden. Auch bei verschiedenenGeräten des täglichen Lebens werden dieGrenzwerte der 26. BImSchV weit unterschrit-ten.

Zur großflächigen Ermittlung der Immissionenvon Funksendeanlagen führt das Land Ba-den-Württemberg ein umfangreiches Mess-programm in den Jahren 2001 und 2002durch. Die Messgebiete werden dabei von ei-

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Abbildung 3.28: Typische Immissionsbelastung für einen städtischen Wohnbereich (7. Stock ei-nes Hochhauses) in der unmittelbaren Umgebung von Sendeanlagen des Mobilfunks (M), Lang-,Mittel- und Kurzwellensendern (LMK) sowie Fernseh- und Ultrakurzwellensendern (TV/UKW) [Wu-schek]

Abbildung 3.29: Typische Immissionsbelastung für den Wohnbereich eines Einfamilienhauses imländlichen Umfeld durch Mobilfunksender (M) sowie Fernseh- und Ultrakurzwellensender(TV/UKW) [Wuschek]

10

9

8

7

6

5

4

3

2

1

0M TV/UKW LMK Gesamt

In P

roze

nt v

om G

renz

wer

t (26

. Blm

Sch

V)

1

0,8

0,6

0,4

0,2

0

In P

roze

nt v

om G

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. Blm

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V)

M TV/UKW Gesamt

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nem Netz aus Messpunkten überzogen, dieunabhängig von Senderstandorten festgelegtwerden. Die Messpunkte befinden sich auf ei-nem regelmäßigen Raster von 2 mal 2 Kilome-ter. Mit diesem Messansatz erhält man Aussa-gen über die Stärke der Immissionsbelastungdurch Funkwellen in der Fläche, die dadurchauch auf andere Gebiete übertragbar sind. Die

Abbildung 3.30: Immissionsbelastung in verschiedenen Abständen zu Geräten des täglichen Le-bens wie Handy (H), Babyphon (B), Mikrowelle (MW) [Wuschek]

Messungen werden in den BallungsgebietenHeidelberg/Mannheim, Stuttgart, Freiburgund Oberschwaben (Raum Ravensburg/Friedrichshafen) durchgeführt. Die Gesamtflä-che der Messgebiete entspricht rund 10 Pro-zent der Landesfläche, in der ungefähr einDrittel der Bevölkerung Baden-Württembergswohnt.

25

20

15

10

5

0H (2 m) B (1 m) MW (0,2 m)

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© LfU Biologische Wirkungen 49

4 Biologische Wirkungen

4.1 Einführung

Die Wirkungen elektromagnetischer Felderauf biologische Systeme können sehr vielfältigsein. Sie hängen im Wesentlichen von der Fre-quenz und der Intensität der einwirkendenFelder ab, daneben aber auch von individuel-len Eigenschaften wie Körperform und Kör-pergröße sowie von bestimmten physikali-schen Randbedingungen wie Erdung oderAusrichtung im Feld.Die ionisierenden UV-, Röntgen- oderGamma-Strahlen tragen eine hohe elemen-tare Energie und können die Bindungen zwi-schen Atomen und Molekülen im Körper auf-lösen. Dagegen ist das Energieniveau vonnieder- und hochfrequenten elektromagneti-schen Feldern bis zu einer Frequenz von ca.300 GHz für die Ionisation zu niedrig. Eine Be-einflussung biologischer Systeme muss daherauf anderen Wirkungsmechanismen beruhen.Da im Stoffwechsel des menschlichen Kör-pers eine Vielzahl von elektrischen undelektrochemischen Vorgängen abläuft, kön-nen diese prinzipiell durch elektrische undmagnetische Felder beeinflusst werden.Elektromagnetische Felder können entwederdirekt (unmittelbare Wirkungen) auf den Kör-per einwirken oder indirekt durch die in leitfä-higen Materialien induzierten Ströme oderSpannungen auf den Körper (mittelbare Wir-kungen) übertragen werden. Eine Wirkungkann dabei sofort (akute Wirkung) oder erstnach längerer Zeit (Langzeitwirkungen) auftre-ten.Akute Wirkungen starker Felder sind zwi-schenzeitlich eingehend erforscht und wis-senschaftlich abgesichert. Von wenigen Aus-nahmen abgesehen – dazu gehörenbeispielsweise einzelne Arbeitsplätze in derMedizin, im Gewerbe und in der Industrie –sind die in der Umgebung des Menschen auf-tretenden elektromagnetischen Felder im Ver-gleich zu den für das Eintreten von akutenWirkungen erforderlichen Feldstärken umetwa einen Faktor 1000 niedriger. Wissen-schaftlich hinreichend abgesicherte Erkennt-nisse über mögliche Langzeitwirkungen

schwacher Felder liegen dagegen bislangnicht vor.Wenn in den nachfolgenden Ausführungenvon Effekten oder Wirkungen die Rede ist,dann bedeutet dies nicht zwangsläufig, dassdamit bereits eine gesundheitliche Beein-trächtigung oder gar Gefährdung einhergeht.Vielmehr sind eine ganze Reihe der nachfol-gend beschriebenen Wirkungen bzw. Effektenatürliche Reaktionen biologischer Systemeauf bestimmte äußere Einflüsse. So reagiertder Körper beispielsweise bei erhöhter Wär-mezufuhr so lange mit vermehrter Schweißab-sonderung, der so genannten körpereigenenThermoregulation, bis sich im Körper wiederdie Normaltemperatur eingestellt hat. Die ein-zelnen belegten Wirkungen lassen sich nähe-rungsweise folgenden Frequenzbereichen zu-ordnen:

Statische FelderBei elektrischen Feldern kommen Effekte wieAufrichten der Haare, Elektrisierung und Ent-ladung vor.

Niederfrequente FelderHier dominieren bei den so genannten akutenWirkungen die Reizwirkungen auf Sinnes-,Nerven- und Muskelzellen. Auslöser für dieseReizwirkungen sind die durch elektrische undmagnetische Felder im Gewebe hervorgerufe-nen Ströme. Im oberen Frequenzbereich kön-nen unter Umständen auch thermische Wir-kungen auftreten.

Hochfrequente FelderHier sind die thermischen Wirkungen vorherr-schend, d. h. eine Erwärmung des Körpersbzw. bestimmter Körperteile durch Absorptionelektromagnetischer Strahlung.

Mutmaßliche EffekteIn der Literatur werden sowohl den niederfre-quenten als auch den hochfrequenten Feldernweitere nichtthermische, so genannte ather-mische Effekte zugeschrieben, die insbeson-dere bei einer Langzeitwirkung schwacherFelder mit gesundheitlich beeinträchtigendenWirkungen in Verbindung gebracht werden. Inder folgenden Aufzählung sind einige solcher

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zuckungen und Bewegungen oder umgekehrtdas Erstarren eines Muskels (ein Loslassen istnicht möglich) können sowohl im Alltag alsauch in der Arbeitsumgebung gefährliche Si-tuationen hervorrufen. Die Erregung des Herz-muskels ist sogar lebensgefährlich, da esdurch die mögliche Auslösung von Herzkam-merflimmern zum Herzstillstand kommenkann.Für die Reizung von Nerven und Muskeln sinddie durch äußere Felder im Körper erzeugtenelektrischen Ströme und Stromdichten maß-geblich. Unter Stromdichte ist dabei der elekt-rische Strom zu verstehen, der durch eine be-stimmte Körper- bzw. Organfläche fließt. DieEinheit der Stromdichte ist Milli-Ampere proQuadratmeter [mA/m2].Zur Stimulation von Nerven und Muskelnmuss die Stromdichte eine bestimmte fre-quenzabhängige Reizschwelle übersteigen,damit eine Erregung eingeleitet wird (sieheAbbildung 4.1). Die Erregung einer einzelnenZelle gehorcht dabei dem Prinzip „Alles oderNichts“, d. h. auch bei größeren Stromdichtenkann diese Erregung nicht mehr weiter gestei-gert werden. Die Reizauslösung ist jedochstark von Verlauf, Dauer und Frequenz deseinwirkenden Feldes abhängig, die Minimader Reizschwelle liegen im Frequenzbereichzwischen 10 Hz und 500 Hz. Bei zu langsamer(niedrige Frequenz) bzw. zu schneller (hoheFrequenz) Feldänderung kommt es erst beihohen Stromdichten zu einer Erregung. Die Beurteilung direkter elektrischer und mag-netischer Feldwirkungen im Niederfrequenz-bereich auf den Körper folgt einem Stufensys-tem der Wirksamkeit unterschiedlicherStromdichtebereiche, wobei die möglichenKonsequenzen mit steigender Stromdichteimmer gefährlicher werden. In Tabelle 4.1 sinddie Wirkungen verschiedener Stromdichtenam jeweiligen Wirkungsort des menschlichenKörpers für den Frequenzbereich zwischen1 Hz und 1 MHz in einer Übersicht dargestellt.Unterhalb einer Stromdichte von 10 mA/m2

sind keine wissenschaftlich abgesichertenbiologischen Wirkungen bekannt. Oberhalbvon 10 mA/m2 nehmen die Sinnesrezeptorender Haut oder des Sehorgans unterschiedli-che Empfindungen wahr, die bei Wiederho-

Effekte genannt, die an Zellen, Tieren und amMenschen in einzelnen Untersuchungen be-obachtet worden sind, wobei der wissen-schaftliche Nachweis dieser Effekte bishernicht erbracht werden konnte. Unter der Ein-wirkung unterschiedlich beschaffener elektro-magnetischer Felder wurde berichtet über:• Anregung zellulären Wachstums• Modulation von biochemischen Reaktionen• Einfluss auf den Kalziumhaushalt der Zelle• Beeinflussung der Produktion des Hormons

Melatonin in der Zirbeldrüse• Signaländerung beim Elektroenzephalo-

gramm (EEG) und Elektrokardiogramm(EKG).

Diese vermuteten Effekte werden bei einerLangzeitwirkung elektromagnetischer Feldermit einer Beeinträchtigung der Gehirnfunk-tion, einer Beschleunigung des Krebswachs-tums oder subjektiven Beschwerden wieKopfschmerzen und Schlafstörungen infolgeeiner so genannten „Elektrosensibilität“ in Ver-bindung gebracht. Der Zusammenhang dieserKrankheitsbilder mit den aufgezeigten Effek-ten wie auch die Ursächlichkeit dieser Krank-heiten in elektromagnetischen Feldern istnicht belegt und strittig.

4.2 Akute Wirkungen nieder-frequenter elektrischer undmagnetischer Felder

Der menschliche Körper bietet für niederfre-quente Felder eine Reihe von Angriffspunktenauf der Oberfläche und vor allem innerhalbdes Körpers. Insbesondere die zahlreichenSinnesrezeptoren in der Haut, das Auge oderauch die unzähligen Neuronen, Nerven undMuskeln können durch niederfrequente Feldererregt werden. Die Folge einer Erregung derSinnesrezeptoren reicht von einer harmlosenWahrnehmung bis hin zur Schmerzempfin-dung. Bei Wiederholung kann eine Belästi-gung oder sogar Befindlichkeitsstörung ent-stehen. Die Konsequenzen einer Erregung vonNeuronen im Gehirn sowie peripherer Nervenund Muskeln durch äußere niederfrequenteFelder können schwerwiegender sein. Die da-bei eingeleiteten unbeabsichtigten Muskel-

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© LfU Biologische Wirkungen 51

lung zu Belästigung und Beeinträchtigung desWohlbefindens führen können. Akute Gefah-ren für die Gesundheit durch Erregung derNerven-, Muskel- bzw. Herzfunktion tretenerst bei örtlichen Körperstromdichten vonmehr als 100 mA/m2 auf. Stromdichten kör-pereigener Felder, die durch natürliche Erre-gung der Nerven- und Muskelzellen entste-hen, liegen bei bis zu 1000 mA/m2 in der Näheder Zellen. Mit der Entfernung von den elek-

trisch aktiven Zellen nehmen diese Stromdich-ten im Gewebe stark ab.Im Vergleich zur Luft stellt der menschlicheKörper einen guten elektrischen Leiter dar.Wird ein Mensch in ein niederfrequentes elekt-risches Feld gebracht, so werden die Feldli-nien mehr oder weniger stark verformt, amstärksten im Kopfbereich (siehe Abbildung4.2). Man spricht nun von einem gestörtenelektrischen Feld. Da sich die verschiedenen

Frequenz in Hz

1 10 100 1.000 10.000 100.0000,1

1

10S

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ich

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mA

/m

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mA

/m

2

B

A

C

A: Einhüllende Kurve für Stimulation von unterschiedlichen

Zellen unter verschiedenen Bedingungen

B: Grenzwert für die Auflösung von Extrasystolen

C: von

1 W/kg im Muskelgewebe entspricht

Abbildung 4.1: Grenzwerte für Körperstromdichten bei Effekten an erregbaren Zellen

Wirkungen Körperstromdichte amWirkungsort [mA/m2]

Deutliche Gesundheitsgefahren(Störung des Herzrhythmus, Herzkammerflimmern, > 1000

Überschreiten der Loslassschwelle)

Mögliche Gesundheitsgefahren(Veränderungen in der Erregbarkeit der Zellen, > 100

Reizschwellen)

Belästigung und Beeinträchtigung des Wohlbefindensdurch wiederholte Sinneswahrnehmung > 10 bis 100

(optisch, Schmerz usw.)

Keine gesicherten Effekte beim Menschen < 10

Natürliche Stromdichte in Organen und umgebenden < 1000Geweben (z. B. Herz, Skelettmuskel, Gehirn)

Tabelle 4.1: Wirkungen verschiedener Körperstromdichten der von außen einwirkenden elektro-magnetischen Felder beim Menschen im Frequenzbereich von 1 Hz bis 1 MHz

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Körperteile somit in Bereichen unterschied-licher elektrischer Potenziale befinden, kommtes im Falle eines elektrischen Wechselfeldeszu einer mit der Frequenz wechselnden Um-verteilung der Oberflächenladungen (Influenz).Bei hinreichend hohen elektrischen Feldstär-ken werden Oberflächeneffekte wahrnehm-bar, wie zum Beispiel die Bewegung von Kör-perhaaren oder die Bildung von Funken

zwischen Haut und Kleidung. Die Wahrneh-mungsschwellen sind von Person zu Personunterschiedlich (Abbildung 4.3). So könnenelektrische Felder mit einer Stärke von 1 kV/mnur von ungefähr 1,5 % bis 3 % der Bevölke-rung wahrgenommen werden. ElektrischeFelder einer Stärke von 5 kV/m werden vonungefähr 1 % der Versuchspersonen als be-lästigend eingestuft (Abbildung 4.3, roter Be-reich). Elektrische Felder von 10 kV/m werdenbereits von ca. 20 % bis 55 % der Bevölke-rung durch Haarvibrationen (Abbildung 4.3,blauer Bereich) wahrgenommen, wobei Kin-der besonders empfindlich reagieren. Zusätzlich zu den Oberflächeneffekten kommtes auch im Innern des Körpers durch Influenz

Tabelle 4.2: Elektrische Feldstärken eines ungestörten 50-Hz-Feldes, die im jeweiligen Körperteileine maximale Stromdichte von 10 mA/m2 erzeugen

++

Elektrisches Feld

Körperströme

Abbildung 4.2: Direkte Wirkung eines nieder-frequenten elektrischen Feldes auf den Körpereines Menschen

Elektrische Feldstärke in kV/m

2 3 4 5 10 15 20 301P

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ers

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en

1

5

10

20

304050

60

70

80

90

95

Wahrnehmung

Belästigung

Abbildung 4.3 Wirkungen elektrischer 50-Hz-Felder an der Körperoberfläche

Körperteil Elektrische Feldstärke [kV/m]

Kopf (Gehirn, Auge, Gehirnflüssigkeit) 22 bis 64

Halsbereich 19 bis 33

Thorax, Rumpf 5 bis 90

Fußgelenke (beide Füße geerdet) 0,7 bis 1,5

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zu elektrischen Ausgleichsströmen (siehe Ab-bildung 4.2) bzw. zu unterschiedlichen Strom-dichten. Diese Stromdichten mit Werten vonwenigen mA/m2 (siehe Abbildung 4.4) sind zuniedrig, um eine Erregung von Nerven undMuskeln hervorzurufen (siehe Tabelle 4.1). Großen Einfluss auf die auf der Körperoberflä-che und im Körperinneren erzeugten Strömehat auch die Körperform bzw. Körpergröße. InAbbildung 4.2 ist erkennbar, dass sich in ei-nem elektrischen Feld je nach Größe undForm des Körpers die Feldstärken auf derKörperoberfläche erheblich unterscheiden. Sowird die elektrische Feldstärke von 10 kV/meines ungestörten Feldes im Kopfbereich desMenschen um das etwa 18fache erhöht (sieheAbbildung 4.4), wohingegen es im Bereich derunteren Extremitäten zu einer Herabsenkungder äußeren ungestörten Feldstärke kommt.Die Reizung von Nerven und Muskeln in ver-schiedenen Körperbereichen im elektrischen50-Hz-Feld ist nur bei sehr hohen Feldstärken

denkbar, die im Alltag nicht vorkommen (sieheTabelle 4.2).Niederfrequente magnetische Wechselfelderinduzieren im Körper elektrische Wirbel-ströme, die ähnlich der Wirkung elektrischerFelder zu unterschiedlichen Stromdichten imKörper führen. Die Stärke der induziertenStröme hängt insbesondere von der Fre-quenz, der magnetischen Flussdichte und derAusdehnung des Feldes sowie der Fläche desdurchdrungenen Körperquerschnitts ab. In ei-nem weit ausgedehnten Magnetfeld nimmtdie induzierte Stromdichte von der Körper-mitte zur Oberfläche zu, die höchsten Wertetreten in den Randgebieten des Brustkorbsauf. Die Abbildung 4.5 stellt ein vereinfachtesWirbelstrommodell für den Fall dar, dass einmagnetisches Wechselfeld senkrecht auf derKörperachse eines Menschen steht. Im Kör-per wird durch die hervorgerufenen Körper-ströme ein schwaches, dem äußeren Feld ent-gegengerichtetes Magnetfeld erzeugt (sieheAbbildung 4.5, violette Feldlinien im Körper).In Tabelle 4.3 sind die magnetischen Fluss-dichten eines 50-Hz-Feldes angegeben, die in

2

2

/m2

3,7 mA//m// 2

20 mA/m2

600 µA/m2

180 kV/m

Abbildung 4.4: Elektrische Feldstärke imKopfbereich eines Menschen und durch In-fluenz hervorgerufene Stromdichten in einemvertikalen elektrischen 50-Hz-Feld mit der un-gestörten Feldstärke von 10 kV/m bei idealerErdung des Körpers (Körpergrößen nichtmaßstäblich)

Körperströme

Magnetfeld

Abbildung 4.5: Direkte Wirkung eines nieder-frequenten magnetischen Wechselfeldes aufden Körper eines Menschen

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der Umgebung eines senkrecht dazu stehen-den Menschen auftreten müssen, damit inden jeweiligen Körperteilen eine Stromdichtevon etwa 10 mA/m2 erzeugt wird. Vereinzelt werden auch andere akute biologi-sche Effekte beschrieben, für die jedoch der-

zeit weder eine Bestätigung vorliegt noch Wir-kungsmodelle bekannt sind. Diese Effektesollen in der Regel nur bei bestimmten Fre-quenzen und Amplituden auftreten. Manspricht in diesen Fällen von so genanntenFenstereffekten. Die auf die akute Einwirkung

Tabelle 4.3: Magnetische Flussdichten eines 50-Hz-Feldes, die im jeweiligen Körperteil eine ma-ximale Stromdichte von 10 mA/m2 erzeugen

Körperteil Magnetische Flussdichte [µT]

Kopf (Gehirn, Auge, Gehirnflüssigkeit) 2 500 bis 6 000

Innere Organe im Bereich des Rumpfes, 1 400 bis 6 670Herzbereich

Abbildung 4.6: Schwellen belegter Wirkungen niederfrequenter magnetischer Felder beim Men-schen im Vergleich zu den Grenzwerten der 26. BImSchV (rote Linien) bei 162⁄3 Hz und 50 Hz

4

3 6

2 5

1 4

03

2

1 22⁄3

3

-1

-2

-3

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© LfU Biologische Wirkungen 55

von Feldern zurückgeführten Befindlichkeits-störungen konnten wissenschaftlich ebenfallsnicht bestätigt werden. So führten Versucheunterhalb einer Stromdichte von 10 mA/m2 mitFreiwilligen nicht zu statistisch gesichertenAussagen.

Schwellen belegter Wirkungen niederfrequen-ter Magnetfelder beim Menschen sind in Ab-bildung 4.6 dargestellt. Die niedrigsteSchwelle gilt für die optische Wahrnehmungvon Flicker-Effekten an der Peripherie desSehfeldes, die auch als magnetische Phos-phene bezeichnet werden. Das Minimum liegtbei etwa 16 Hz, im 50-Hz-Feld erreicht dieSchwelle mehr als 5000 µT. Bei magnetischenPhosphenen handelt es sich um einen harm-losen Effekt, der nur während der Feldexposi-tion gegenwärtig ist. Mit einer ernst zu neh-menden Reizung des Herzmuskels ist erstoberhalb von 500 000 µT im magnetischen50-Hz-Feld zu rechnen. Die Schwelle für dieüberschwellige Reizung der peripheren Ner-ven und Muskeln in den Extremitäten liegtnoch mindestens um einen Faktor 5 höher. Inder 26. BImSchV sind Grenzwerte für magne-tische 162⁄3-Hz- und 50-Hz-Felder festgelegt,die um einen Sicherheitsfaktor von 50 unter-halb der niedrigsten Schwelle belegter Effekteliegen.Die in elektrisch leitfähigen Objekten infolgeder Einwirkung starker elektrischer Wechsel-felder erzeugten Oberflächenladungen sindumso größer, je stärker das elektrische Feldund je größer das gegenüber Erde isolierteObjekt ist. Nähert man sich solchen Objekten,so kann es zu Funkenentladungen kommenoder es kann bei Berührung ein elektrischerStrom über den Körper zur Erde abfließen (inAbbildung 4.7 rot eingezeichnet). Solche Ef-fekte, die auch durch statische Aufladungohne eine Einwirkung elektrischer Felder auf-treten können, sind aus dem Alltagsleben hin-reichend bekannt. Beispiele hierfür sind Entla-dungsströme an Kraftfahrzeugen oder anTürgriffen nach dem Begehen isolierter Bo-denbeläge.

Die biologischen Wirkungen solcher sich wie-derholender Entladungen können von der

Wahrnehmung über die unwillkürliche Mus-kelkontraktion bis hin zur Schädigung des Or-ganismus reichen. Das Ausmaß der Wirkunghängt dabei u. a. vom Ableitwiderstand zurErde, der Stärke und Dauer des Kontaktstro-mes, der Größe und Anordnung des Gegen-standes sowie der elektrischen Feldstärke ab.Über die Wirkungen elektrischer Ströme undihre Schwellenwerte gibt es umfangreicheUntersuchungen. Die wichtigsten Ergebnissesind in Tabelle 4.4 zusammengefasst. DieseSchwellenwerte werden auch für die Beurtei-lung einer Gefahr durch elektrische Unfälle beider Berührung von spannungsführenden Tei-len herangezogen.

Die Wahrnehmungsschwellen für Funkenent-ladungen und durch den Körper abfließendeStröme hängen im Wesentlichen von derelektrischen Feldstärke, den individuellen Ei-genschaften der jeweiligen Person (Frauenund Kinder sind in der Regel empfindlicher alsMänner) sowie den Eigenschaften des berühr-ten Gegenstandes ab (siehe Abbildung 4.8).Auch wenn die im Alltag auftretenden Effektedurch indirekte Feldwirkungen eher selten undmeist nicht gesundheitsschädlich sind, sokönnen sie doch als Belästigung empfundenwerden.

E

Abbildung 4.7: Indirekte Wirkung eines elektri-schen Feldes auf den Körper eines Menschen

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56 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

4.3 Akute Wirkungen hochfrequen-ter elektromagnetischer Felder

Hochfrequente elektromagnetische Wellenwerden von biologischen Systemen absor-

biert. Die Energieübertragung erfolgt dabeifrequenzabhängig und durch unterschiedlicheMechanismen, insbesondere durch Polarisa-tion gebundener Ladungen, Orientierungs-schwingungen permanenter Dipole (z. B.

100

10

1

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kV

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1.000

W

B

W

BS

W

BS

Mensch

→ Erde

Fahrzeug,

schlecht geerdet

→ Mensch

Fahrzeug,

gut geerdet

→ Mensch

W: Wahrnehmung

B: Belästigung

S: Schmerzempfindung

Abbildung 4.8: Schwellenwerte der elektrischen 50-Hz-Feldstärke bei Berührung von metalli-schen Objekten durch Personen (angegeben ist als untere Grenze der 10-Perzentilwert und alsobere Grenze der 90-Perzentilwert)

Tabelle 4.4: Schwellenwerte für die Wirkungen elektrischer Ströme, die über die Haut in den Kör-per fließen (auf Grund experimenteller Daten für 50 % aller Männer)

Wirkungen Schwellenwerte derStromstärke [mA]

Herzkammerflimmern möglich 100

Schwerer elektrischer Schlag (Loslassen nicht möglich) 23

Schmerzhafter elektrischer Schlag, unwillkürliche 16Muskelkontraktion (Loslassen noch teilweise möglich)

Schmerzhafter elektrischer Schlag, Muskelkontrolle 9möglich (Loslassen möglich)

Schmerzhafter elektrischer Schlag bei Fingerkontakt und 1,8nicht schmerzhafter elektrischer Schlag bei Griffkontakt

Wahrnehmung bei Griffkontakt 1,1

Berührungswahrnehmung bei Fingerkontakt 0,36

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© LfU Biologische Wirkungen 57

Wasser), Schwingungs- und Rotationsbewe-gungen innerhalb von Molekülen oder Ver-schiebung freier Ladungsträger. Bei diesenVorgängen entsteht infolge von Reibungsver-lusten Wärme im Gewebe, was zu einer Tem-peraturerhöhung einzelner Körperteile oderdes ganzen Körpers führen kann.Hinsichtlich der thermischen Wirkung vonHochfrequenzstrahlung sind insbesondere dieEindringtiefe und die Absorption im Gewebevon Bedeutung. Die pro Zeiteinheit im Ge-webe absorbierte Energie ist somit eine Basis-größe für die Beurteilung der thermischen Wir-kung von Hochfrequenzstrahlung. Manbezeichnet sie als Spezifische Absorptions-Rate (SAR) der Einheit Watt pro Kilogramm[W/kg]. Wird die absorbierte Leistung überden ganzen Körper gemittelt, erhält man denGanzkörper-SAR-Wert. Werden nur Teile desKörpers exponiert, z. B. bei körpernahen Sen-dern, oder müssen Inhomogenitäten im Kör-per berücksichtigt werden, zum Beispiel beider Augenlinse, so ist die Verwendung lokaleroder Teilkörper-SAR-Werte notwendig. Dabeiwird über eine kleinere Masse, in der Regel1 g oder 10 g, gemittelt. Die Ganz- oder Teil-körper-SAR-Werte werden in der Regel durchMessung von 6-Minuten-Intervallen ermittelt.Die 6-Minuten-Intervalle ergeben sich aus der

thermischen Zeitkonstante, da erst nach etwa6 bis 10 Minuten die Wärmeableitmechanis-men wie Wärmeleitung, Blutzirkulation unddie zugeführte Wärme zu einem Gleichge-wicht führen.Die Absorption von Hochfrequenzstrahlungim menschlichen Körper ist, wie bereits einlei-tend erwähnt, stark frequenzabhängig (sieheAbbildung 4.9). Im so genannten Subreso-nanzbereich (bis etwa 30 MHz) ist die Wellen-länge viel größer als die Körperabmessungen.Hier ist das Absorptionsvermögen des Kör-pers gering und daher die Eindringtiefe derStrahlung groß. Um den Körper zu erwärmen,muss eine vergleichsweise hohe Energie-menge absorbiert werden. Da die Energiever-teilung im Körper sehr inhomogen ist, kann eserforderlich sein, neben der Ganzkörper-SARauch lokale SAR-Werte zu bestimmen. Im Fre-quenzbereich von 30 bis 300 MHz sind dieAbmessungen des menschlichen Körpers unddie Wellenlänge der Felder von ähnlicher Grö-ßenordnung. Die Energieabsorption erreichthier ihr Maximum. Für den gesamten Körpereines Erwachsenen kommt es zur maximalenAbsorption bei ungefähr 70 bis 100 MHz. AufGrund der geringeren Körperabmessungenliegt die optimale Resonanzfrequenz für Klein-kinder demzufolge höher als bei Erwachse-

Abbildung 4.9: Absorptionsverhalten des menschlichen Körpers (Erwachsener) in Abhängigkeitvon der Frequenz

Subresonanz-bereich

Resonanzbereich

Ganzkörper Teil-körper(Kopf)

Hot SpotBereich

Oberflächen-absorptions-bereich

30 300 400 2.000

Frequenz in MHz

Abs

orpt

ions

verh

alte

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Kör

pers

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58 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

nen. Im Frequenzbereich von 300 MHz bis 300GHz ist die Wellenlänge der hochfrequentenStrahlung klein im Verhältnis zu den mensch-lichen Abmessungen. Da die Eindringtiefe derStrahlung mit steigender Frequenz immer klei-ner wird, dominiert hier die Teilkörpererwär-mung, z. B. im Kopf oder an der Oberfläche.Bei der Übertragung von Ergebnissen ausTierversuchen auf den Menschen muss be-achtet werden, dass die optimale Resonanz-frequenz der hochfrequenten Strahlung zumBeispiel bei der Maus bei ungefähr 2,45 GHzliegt.Neben der Frequenz hängt die Eindringtiefehochfrequenter Strahlung in den Körper auchstark vom Wassergehalt des jeweiligen Gewe-bes ab, wie aus Abbildung 4.10 ersichtlich ist.Bei Knochengewebe mit relativ geringemWassergehalt ist die Eindringtiefe wesentlichhöher als beispielsweise bei Nieren- oderMuskelgewebe mit hohem Wassergehalt.Auch mit zunehmender Frequenz nimmt dieEindringtiefe ab. So beträgt beispielsweise bei0,5 GHz die mittlere Eindringtiefe in Muskel-

gewebe ungefähr 17 mm, bei 2,45 GHz(Mikrowellenherd) noch 6 mm und oberhalbvon 10 GHz nur noch 0,2 mm oder weniger.Das Eindringen der Mikrowellen und die be-wirkte Temperaturerhöhung ist dann auf dieOberfläche des Körpers begrenzt („Skin-Ef-fekt“). Darüber hinaus kann es im Frequenz-bereich von 400 bis 3000 MHz durchStrahlungsreflexionen an Organ- bzw. Gewe-begrenzschichten zu lokalen Erwärmungen imKörper kommen („hot spots“). Bei stark ge-krümmten Oberflächen wie zum Beispiel demKopf kann das dazu führen, dass in einem Be-reich von etwa 1 bis 2 cm Durchmesser dieEnergieabsorption etwa um das 5fache höherliegt als der SAR-Wert für den ganzen Kopf.Da die Resonanzfrequenz von der Körpergrö-ße abhängt, gibt es folglich auch unterschied-liche Absorptionskurven (siehe Abbildung4.11). Die einzelnen SAR-Kurven lassen sichdurch eine einhüllende SAR-Kurve (Kurve 7 inAbbildung 4.11) zusammenfassen, die für jedemögliche Körpergröße die maximale Absorp-tion erfasst („worst case“). Diese „einhül-lende“ SAR-Kurve bildet die Grundlage für dieFestlegung von frequenzabhängigen Grenz-werten.

Je nach Höhe des Ganzkörper-SAR-Werteswerden im Körper unterschiedliche Tempera-turerhöhungen hervorgerufen. So zeigt diestrahlenhygienische Bewertung von tierexpe-rimentellen Befunden und Untersuchungenmit Probanden bei SAR-Werten von 4 W/kg(gemittelt über den ganzen Körper bei länge-rer Exposition), dass noch keine Schädigun-gen und damit Gesundheitsgefahren durchdie Erwärmung des Gewebes auftreten (sieheTabelle 4.5). Die Unsicherheiten bei der Über-tragung experimenteller Daten auf die Allge-meinheit werden durch Sicherheitsfaktorenberücksichtigt. Unter Normalbedingungen führen beim er-wachsenen Menschen Ganzkörper-SAR-Werte von 1 bis 4 W/kg zu einer durchschnitt-lichen Temperaturerhöhung von weniger als1° C. Eine noch stärkere Körpererwärmungkann durch körperliche Arbeit oder sportlicheBetätigung hervorgerufen werden, sie gilt des-halb für den gesunden Menschen als normal

Fett

0,1 1 10

Frequenz in GHz

Ein

drin

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in c

m

100

10

1

0,1

Hirn, Haut,

lNiere, Muskel

Abbildung 4.10: Frequenzabhängige Eindring-tiefe in verschiedene Gewebe (zur Orientie-rung ist die Frequenz eines Mikrowellenher-des rot eingetragen)

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© LfU Biologische Wirkungen 59

und ungefährlich. So beträgt der durch-schnittliche Energieumsatz eines Menschenim Ruhezustand ungefähr 1 W/kg und erhöhtsich beim Gehen auf etwa 3–5 W/kg. Körper-liche Arbeit eines gesunden Menschen kannzur Erwärmung des Körpers um mehr als 2° Cführen, ohne dass gesundheitliche Schädenauftreten. Bei erkrankten Personen mit Fieber

könnte diese Erwärmung dagegen bereits zuGesundheitsgefahren führen. Wie ein Organismus auf den zusätzlichenWärmeeintrag reagiert, hängt insbesonderevon der Temperatur und Luftfeuchtigkeit so-wie der Leistungsfähigkeit der Thermoregula-tion der betreffenden Person ab. Diese kör-pereigene Fähigkeit zur Thermoregulation

1

7

2

3

4

5

6

Frequenz in MHz

10 100 1.000

1

0,1

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0,001

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g

Kurve 1: Berechnete Werte für ein Block-modell eines Erwachsenen

Kurve 2: Experimentelle Ergebnisse für einModell eines Erwachsenen

Kurve 3: Berechnete Werte für Erwach-sene unter idealen Freifeldbedin-gungen

Kurve 4: Berechnete Werte für ein Ellipsoid-modell eines 10-jährigen Kindes

Kurve 5: Berechnete Werte für ein Ellipsoid-modell eines 1-jährigen Kindes

Kurve 6: Berechnete Werte für ein Ellipsoid-modell eines Säuglings

Kurve 7: Einhüllende SAR-Kurve für alle Al-tersklassen und Körpergrößen

Abbildung 4.11: Durchschnittliche Spezifische Absorptions-Raten (SAR) für Erwachsene, Kinderund Säuglinge in Abhängigkeit von der Frequenz bei einer Leistungsflussdichte von 10 W/m2

Tabelle 4.5: Wirkungen verschiedener Ganzkörper-SAR-Werte bei einem erwachsenen Men-schen

Wirkungen Ganzkörper-SAR [W/kg]

Gesundheitsgefahren möglich, > 4Temperaturerhöhung > 1° C

Temperaturerhöhung < 1° C 1 bis 4

Geringe Temperaturerhöhung (< 0,5° C) 0,4

Keine merkliche Temperaturerhöhung 0,1

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kann bei Personen mit Fieber, bei Diabetikern,bei älteren Personen und nach Einnahme be-stimmter Medikamente vermindert sein. Fer-ner können Organe oder Gewebe mit geringerWärmeleitfähigkeit und vor allem schlechterDurchblutung, zum Beispiel das Auge und derHoden, die zugeführte Wärme schlechter ab-führen. Daher sollte im Hinblick auf denSchutz vor möglichen gesundheitlichen Be-einträchtigungen die Temperaturerhöhung imgesamten Körper infolge der Einwirkunghochfrequenter Felder, bezogen auf 6-Minu-ten-Intervalle, nicht mehr als 0,1° C betragen.Dies wird auch unter ungünstigen Bedingun-gen dann eingehalten, wenn ein Ganzkörper-SAR-Wert von 0,08 W/kg nicht überschrittenwird.Die für eine Temperaturerhöhung des gesam-ten Körpers im Hochfrequenzfeld festgelegtenGrenzen gelten in gleicher Weise auch für ein-zelne Körperteile und Organe bei lokaler Er-wärmung. In Abbildung 4.12 wird veranschau-licht, dass bei Benutzung eines Mobiltelefonsdie dem Gerät zugewandte Gesichtshälfte amstärksten exponiert ist. Zum Schutz der ein-zelnen Körperteile muss die Feldeinwirkungso begrenzt werden, dass sich für kein Kör-perteil als Folge der Absorption eine (lokale)Temperaturerhöhung von mehr als 1° C ergibt.Dies ist bei einem Teilkörper-SAR-Wert von10 W/kg (gemittelt über 10 g Körpergewebe!)

auch unter ungünstigen Bedingungen gege-ben. Bei einem empfohlenen maximalen Teil-körper-SAR-Wert von 2 W/kg treten nur nochvernachlässigbar geringe Temperaturerhö-hungen im Gewebe auf.In der Medizin werden bei der Hochfrequenz-wärmetherapie dagegen lokale Temperatur-überhöhungen gezielt genutzt, um an be-stimmten Stellen des Körpers das betreffendeGewebe aufzuwärmen und so einen therapeu-tischen Effekt zu erzielen. Dabei werden Teil-körper-SAR-Werte von 10 bis 50 W/kg ange-wendet.Auch im hochfrequenten Bereich kann es,ähnlich wie bei den niederfrequenten Feldern,bei Annäherung an leitfähige Objekte zu Fun-kenüberschlägen oder bei Berührung zu Ent-ladungserscheinungen kommen. Dadurchkönnen Verbrennungen (so genannte Hoch-frequenzverbrennungen) oder Schocks verur-sacht werden. Zündfähige Gasgemische kön-nen zur Explosion gebracht werden. DieseWirkungen hängen jedoch in starkem Maßevon der Entfernung und Stärke des jeweiligenSenders sowie der Geometrie des leitfähigenObjektes ab. In der Literatur sind zahlreiche Einzeluntersu-chungen an Tieren und Zellkulturen dokumen-tiert, bei denen bereits bei Einwirkungenzwischen 0,4 und 1 W/kg so genannte ather-mische Effekte auftraten. Insgesamt sind dieErgebnisse jedoch uneinheitlich und wider-sprüchlich. So gibt es Untersuchungen zurBeeinflussung des Zentralnervensystems undder Sinneswahrnehmung, über Wirkungen aufdie blutbildenden Organe sowie zu Verände-rungen von Reflexen bei Versuchstieren. EineReihe von Veröffentlichungen bezieht sich ins-besondere auf niederfrequent pulsmodu-lierte Mikrowellen, wie sie zum Beispiel beimMobilfunk und Radar benutzt werden. Bei sol-chen Feldern werden verschiedene Effektewie zum Beispiel die Änderung der Signallei-tungsgeschwindigkeit im autonomen Nerven-system des Menschen oder die Änderung desElektroenzephalogramms (EEG) beschrieben.Insgesamt sind die Berichte widersprüchlich,und bisher hielt keiner der festgestellten Ef-fekte einer wissenschaftlichen Überprüfungstand. Auch die Mechanismen, die zu solchen

Abbildung 4.12: Exposition des Menschendurch die hochfrequenten elektromagneti-schen Felder eines Handys

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© LfU Biologische Wirkungen 61

athermischen Effekten führen könnten, sindzurzeit noch nicht bekannt.

4.4 Langzeitwirkungenelektromagnetischer Felder

Sowohl für niederfrequente als auch für hoch-frequente Felder sind Langzeitwirkungen pos-tuliert worden. So findet sich in der Literatureine Vielzahl statistischer Studien über dieHäufigkeit auftretender Krankheiten (Epide-miologie), Untersuchungen im Reagenzglas(in vitro) sowie in Tiermodellen, die sich mitdem Auftreten bestimmter Krebsarten unterder Einwirkung elektromagnetischer Felderauseinander setzen. Die betrachteten Feld-stärken bzw. Leistungsflussdichten liegen da-bei weit unterhalb der Schwellenwerte für dasAuftreten akuter Wirkungen. Bis heute konn-ten weder allgemein anerkannte Dosis-Wir-kungs-Beziehungen noch die für eine mög-liche Krebsentstehung maßgeblichen Wir-kungsmechanismen ermittelt werden.Ferner wird von einigen Autoren ein ver-stärktes Auftreten nichtspezifischer Krank-heitssymptome wie Kopfschmerzen, Über-erregung, Müdigkeit sowie verschiedenerAllergien mit der Einwirkung elektrischer,magnetischer oder elektromagnetischer Fel-der im Alltag in Verbindung gebracht, ohnedass dafür bisher wissenschaftliche Beweiseoder auch nur Ansätze eines Wirkungsmo-dells vorgelegt werden konnten. Als Grund fürsolche Effekte wird eine erhöhte Empfindlich-keit (die so genannte Elektrosensibilität) eini-ger Patienten angeführt, deren Existenz als ei-genständiges Krankheitsbild aber nicht belegtist.

4.4.1 Niederfrequente FelderIn mehreren epidemiologischen Studien, vorallem aus dem nordamerikanischen und skan-dinavischen Raum, wurde ein statistischer Zu-sammenhang zwischen einer langzeitigenEinwirkung niederfrequenter schwacher Mag-netfelder (< 1 µT), wie sie im Alltag vorkom-men, und dem Auftreten bestimmter Krebsar-ten, zum Beispiel Leukämie bei Kindern,

gefunden. Dem steht jedoch auch eine ganzeReihe von Studien entgegen, in denen ein sol-cher Zusammenhang nicht gefunden wurde.In den meisten bisherigen epidemiologischenStudien bestehen Unsicherheiten hinsichtlichder Größe und Auswahl der Kontroll- undFeldgruppen, der Ermittlung und Abgrenzungvon begleitenden Störfaktoren sowie der Be-stimmung der einwirkenden Feldstärken. Ineiner Anzahl von so genannten Metastudiengibt es darüber hinaus zusammenfassendeAuswertungen und Vergleiche von mehrerenepidemiologischen Studien, die nach einheit-lichen Bewertungskriterien durchgeführt wur-den.In den meisten Studien wurde der Frage nach-gegangen, ob das Wohnen im Einwirkungsbe-reich von Feldern der Hochspannungsfreilei-tungen eine erhöhte Krebsgefahr birgt. DieMehrzahl dieser Studien sowie die jüngstenMetastudien (Ahlbom u. a., 2000; Greenlandu. a., 2000) zeigen eine geringfügige statisti-sche Erhöhung des Risikos für die Erkrankungan Leukämie bei Kindern, die in Bereichen miterhöhter magnetischer Flussdichte über 0,3µT wohnten. In Abbildung 4.13 sind die beiden umfangreichsten epidemiologischen Stu-dien ermittelten relativen Risiken für Leukämiebei Kindern dargestellt, die lange in Bereichenmit schwachen niederfrequenten Magnetfel-dern gewohnt haben. Insgesamt betrachtetspricht wohl mehr für als gegen die Annahmeeines statistischen Zusammenhangs zwi-schen einem Langzeitaufenthalt in Bereichenmit erhöhten Feldstärken niederfrequenterFelder und dem erhöhten Auftreten von Leu-kämie und Gehirntumoren bei Kindern undJugendlichen. Die Frage nach der Ursächlich-keit dieser Erkrankungen ist damit jedoch kei-neswegs beantwortet, da auch andere, bisheute nicht untersuchte, begleitende Faktorenverantwortlich sein könnten. Erste vorläufigeUntersuchungen, inwieweit Umwelteinflüssewie Verkehrsaufkommen oder Umweltver-schmutzung als alternative ursächliche Fakto-ren in Frage kommen, haben bisher keineschlüssigen Ergebnisse geliefert.Nachfolgend sollen am Beispiel der größtenund oft zitierten Studie von M. Feychting undA. Ahlbom von 1992, der so genannten

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„Schwedenstudie“, der Aufwand und dieGrenzen epidemiologischer Studien exempla-risch veranschaulicht werden. In dieser sehrumfangreichen Studie wurde nach einemmöglichen Zusammenhang zwischen der Ein-wirkung schwacher niederfrequenter magne-tischer Felder im Umfeld von Hochspan-nungsfreileitungen und dem Auftretenbestimmter Krebsarten, insbesondere Kinder-leukämie, gesucht. Untersucht wurden rund436 500 Einwohner, die entlang von Hoch-spannungsfreileitungen in einem 650 m brei-ten Korridor leben. Die Untersuchung erfolgteanhand des schwedischen Krebsregisters fürden Zeitraum von 1960 bis 1985. Die dabei er-mittelten Krebshäufigkeiten wurden unter-schieden in die Häufigkeit von Krebserkran-kungen von Erwachsenen und von Kindern imAlter bis zu 16 Jahren.Im Untersuchungszeitraum betrug die Ge-samtzahl der Leukämiefälle 38, was 0,01 %der untersuchten Personen entspricht. Ober-halb einer magnetischen Flussdichte von0,25 µT deutet sich wohl ein Trend zu einer er-höhten Leukämierate bei Kindern an (7 Leukä-miefälle), der jedoch an der Grenze zur stati-stischen Bedeutsamkeit liegt. Auf Grund dergeringen Zahl von Leukämiefällen kann näm-

lich nicht mit ausreichender Sicherheit davonausgegangen werden, dass die gefundenen7 Fälle auch bei niedrigeren magnetischenFlussdichten hätten auftreten können. Außer-dem findet sich diese Erhöhung des relativenRisikos erstaunlicherweise nur bei Einfami-lienhäusern und nicht bei Mehrfamilienhäu-sern, was die Autoren nicht stichhaltig zu er-klären vermögen. Für die Gesamtheit allerTumoren findet sich bei Kindern kein Hinweisauf eine Erhöhung der Häufigkeit. Die Autorenselbst sehen deshalb in den Ergebnissen ihrerStudie auch keineswegs einen Beweis für ei-nen Zusammenhang zwischen den Magnet-feldern von Hochspannungsleitungen undkindlicher Leukämie, sondern stellen zu-sammenfassend nur fest, dass die Ergebnis-se lediglich mehr für als gegen einen solchenZusammenhang sprechen.Epidemiologische Studien können für sich al-lein niemals Kausalzusammenhänge bewei-sen oder widerlegen. Sachgerecht können sienur im Kontext mit dem allgemeinen Wissens-stand in der Medizin interpretiert werden. IhreAussagekraft ist insbesondere aus folgendenGründen begrenzt:1. Es ist äußerst schwierig, mittels epidemio-

logischer Studien kleine, zusätzliche Risi-

HSU: Hochstromumgebung

(Einwirkungsbereich von Hochspannungsleitungen)

d: Abstand Wohnung - Hochspannungsleitung

B: Stärke der magnetischen Flussdichte

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Abbildung 4.13: Relative Risiken aus verschiedenen epidemiologischen Studien über Leukämiebei Kindern (95%-Vertrauensintervall)

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© LfU Biologische Wirkungen 63

ken durch krebsauslösende oder krebsför-dernde Umweltfaktoren verlässlich nach-zuweisen. Dazu müssen sehr große Perso-nengruppen über lange Zeiträume hinweguntersucht werden, damit überhauptstatistisch auswertbare Fallzahlen (so ge-nannte Inzidenzen) vorliegen. Dies ist je-doch aus unterschiedlichen Gründen, ins-besondere wegen der Fluktuation in derBevölkerung, praktisch nicht möglich. Beizu niedrigen Fallzahlen sind jedoch Zufalls-ergebnisse nicht auszuschließen.

2. Das Auftreten einer Vielzahl von Krankhei-ten, wie auch Krebs, ist gerade erst durchdas Zusammenwirken einer ganzen Reihebeeinflussender Faktoren zu erklären. Sosind auch die Menschen, die im Einwir-kungsbereich einer Hochspannungsleitungwohnen, ständig zusätzlichen Einflüssenwie Luftschadstoffen in der Atemluft,Schadstoffen in der Nahrung, Zigaretten-rauch usw. ausgesetzt, die u. U. ein nochgrößeres krebsauslösendes oder krebsför-derndes Potenzial aufweisen, als eselektromagnetischen Feldern eventuell an-gelastet werden könnte. Eine eindeutigeZuordnung einer Krebsinzidenz durch Ein-wirkung elektromagnetischer Felder ist da-her sehr schwierig.

3. Effekte und mögliche Wirkungsmechanis-men bei der Einwirkung schwacher nie-derfrequenter Felder sind unbekannt. Da-her ist ein Teil der Wissenschaftler generellder Meinung, dass Ergebnisse epidemiolo-gischer Studien nur dann akzeptiert wer-den können, wenn derartige Effekte unddie zugrunde liegenden Wirkungsmecha-nismen erforscht und durch Labor- sowieTierexperimente abgesichert sind.

4. Die epidemiologischen Studien untersu-chen Flussdichten magnetischer 50-Hz-/60-Hz-Felder im Bereich von 0,1 bis 0,3 µT,wie sie im Alltag vorkommen. Eine Einfluss-nahme derart schwacher Magnetfelder aufden Organismus ist nicht bekannt, die er-zeugten Körperstromdichten sind um mehrals 10 000-mal schwächer als die Schwel-lenwerte für gesicherte Effekte beim Men-schen. Außerdem liegen körpereigeneStromdichten in Herz, Gehirn und anderen

wichtigen Organen zum Teil deutlich überdiesen induzierten Stromdichten.

Die vorliegenden epidemiologischen Studienkönnen daher nicht allein als schlüssigerBeweis, sondern lediglich als Hinweis oderVerdacht gewertet werden, dass ein Zu-sammenhang zwischen der Einwirkungniederfrequenter elektromagnetischer Felderund der Krebsentstehung bzw. Krebsförde-rung bestehen könnte. Maßgebende interna-tionale und nationale Gremien wie die Weltge-sundheitsorganisation (WHO, 2000), dieInternationale Kommission zum Schutz vornichtionisierenden Strahlen (ICNIRP, 1998),die deutsche Strahlenschutzkommission(SSK, 2001), das englische nationale Strah-lenschutzamt (NRPB, 2001) und das amerika-nische Bundesamt für Umweltmedizin(NIEHS, 1998) haben in den letzten Jahreneine Neubewertung der Literatur vorgenom-men. Trotz der epidemiologischen Hinweiseauf ein niedriges Risiko einer Erkrankung anLeukämie bei Kindern sehen sie den Zu-sammenhang zwischen den Langzeitwirkun-gen schwacher niederfrequenter magneti-scher Felder und dieser Erkrankung derzeit alsnicht erwiesen an. Daher geben die vorlie-genden epidemiologischen Studien derzeitauch keinen Anlass zu Änderungen der ent-sprechenden Grenzwertempfehlungen.Es wurden u. a. Untersuchungen durchge-führt, um zu klären, ob die bei akuten Wirkun-gen teilweise beobachteten Zell- und Mem-braneffekte möglicherweise eine Spätwirkungauf die Zelle oder den Gesamtorganismus ha-ben. Einige Untersuchungen lassen dies ver-muten, andere wiederum zeigten keine solcheWirkung.Daneben gibt es auch eine große Anzahl vonUntersuchungen an Zellen, Zellverbändenund Tieren, die auf langfristige Wirkungendurch schwache niederfrequente elektrischeund magnetische Felder hinweisen. Der Vor-teil von Versuchen an Zellen, Zellverbändenund Tieren gegenüber ethisch nicht vertretba-ren direkten Untersuchungen am Menschensind einerseits die relativ einfache Versuchs-durchführung, andererseits können gezieltsolche Bedingungen untersucht werden, beidenen Gesundheitsschäden beim Menschen

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zu erwarten wären. Von Nachteil ist jedoch,dass die Ergebnisse sich oftmals nicht oderaber nur mit großen Unsicherheiten auf denMenschen übertragen lassen. So reagierendie Versuchstiere bei bestimmten Einwirkun-gen durch ihre abweichende Physiologie an-ders als der Mensch. Bei der Stärke der Ein-kopplung elektromagnetischer Felder in denKörper ist ferner der Einfluss der Körpergeo-metrie, also die Größe des Versuchstieres, zubeachten.

Untersuchungen einer Forschergruppe (Me-vissen u. a., 1998) an Ratten haben einen Zu-sammenhang zwischen dem beschleunigtenWachstum von (chemisch induzierten) Brust-tumoren bei längerer Exposition in einem 50-Hz-Magnetfeld der Stärke 1 bis 100 µT ge-zeigt. Neben einer etwa linearen Dosis-Wirkungs-Beziehung wurde dabei auch eineReduktion des Melatoninspiegels im Blut derexponierten Tiere festgestellt. Diese Experi-mente wurden von anderen Forschergruppen(Anderson u. a., 1999) an wesentlich größerenTiergruppen wiederholt, doch deren Ergeb-nisse zeigen keine Effekte. Der aufgestellteZusammenhang muss deshalb als nicht hin-reichend abgesichert angesehen werden.Auch bei anderen Krebsarten, wie zum Bei-spiel Hauttumoren, sind die Ergebnisse überdie Beeinflussung durch Magnetfelder im µT-Bereich widersprüchlich.In den letzten Jahren wurden verstärkt Unter-suchungen zur Beeinflussung des Melatonin-spiegels beim Menschen durch die Einwir-kung niederfrequenter elektromagnetischerFelder untersucht. Melatonin ist ein in der Zir-beldrüse des Gehirns produziertes Hormon,dem eine bedeutende Rolle bei der innerenZeitsteuerung des Tag-Nacht-Rhythmus desMenschen zugesprochen wird. Neben dieserFunktion soll das Melatonin das Wachstumvon östrogenabhängigen Tumoren, wie zumBeispiel Brusttumoren, verlangsamen. Außer-dem wird das Melatonin neben dem Vitamin Eund anderen Substanzen zu den Fängern vonso genannten „freien Radikalen“ im Körpergezählt. Freie Radikale sind aggressive che-mische Verbindungen, die wichtige Molekülein den Körperzellen schädigen können. Dies

kann zur Entstehung von Krebs führen bzw.dessen Entstehung begünstigen. In einigenVersuchen mit Ratten und Mäusen konnte ge-zeigt werden, dass die Melatoninausschüt-tung, die in der Nacht ihr Maximum erreicht,durch schwache niederfrequente Magnetfel-der vermindert oder zumindest zeitlich ver-schoben werden kann. Bei anderen Tierenund beim Menschen konnten derartige Reak-tionen allerdings nicht belegt werden. Darüberhinaus ist die Rolle des Melatonins immenschlichen Körper noch nicht vollständiggeklärt.

4.4.2 Hochfrequente FelderNur wenige epidemiologische Studien übermögliche Langzeitwirkungen hochfrequenterelektromagnetischer Felder liegen derzeit vor.Ihre Ergebnisse geben keinen Hinweis auf ei-nen Anstieg von Erkrankungen. Vor allem wur-den Beschäftigte in den Industriezweigen un-tersucht, in denen starke hochfrequenteFelder verwendet werden. Es konnten aberkeine konsistenten Ergebnisse über ausge-prägte Krankheitsbilder bei den Beschäftigtenaufgezeigt werden. Die Fälle von Leukämie beiTechnikern an Radareinrichtungen werden vorallem auf die gleichzeitige Exposition durchRöntgenstrahlen zurückgeführt.Eine Reihe von Untersuchungen mit Leis-tungsflussdichten unterhalb der Schwelle fürdie Auslösung thermischer Wirkungen deutetunterschiedlichste athermische Effekte an. Sozeigten etwa Versuche an Ratten eine schwa-che Beeinflussung der Durchlässigkeit derBlut-Hirn-Schranke für die Substanz Albumin.Eine Trübung der Augenlinse wird u. a. auf diestarke Exposition durch Mikrowellen zurück-geführt. Es ist aber unwahrscheinlich, dasslangzeitige schwache Expositionen, wie sieheute im Alltag vorkommen, zu einer Linsen-trübung des Auges führen.In jüngster Zeit werden auch, nicht zuletztdurch die rasante Verbreitung des Mobilfunks,verstärkt Untersuchungen über eventuelleLangzeitwirkungen bei der Einwirkung vonpulsmodulierten Mikrowellen durchgeführt.Unterschiedliche epidemiologische Studienhaben sich mit der Häufigkeit von Kopf-,

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Gehirn-, Hals- und Augentumoren ausei-nander gesetzt. Obwohl, im Gegensatz zu denmeisten negativen Ergebnissen, eine For-schergruppe eine statistisch erhöhte Häufig-keit für Augentumoren findet, bleiben die bis-herigen Resultate widersprüchlich und damitfraglich. Bei allen Studien mangelt es an einerausreichenden Anzahl von Fällen, hinzukommt die Nichtberücksichtigung einer genü-genden Anzahl von Umweltfaktoren und dienur grobe Abschätzung der tatsächlichen Ex-position. Um auch eventuelle kleine Restrisi-ken für die Bevölkerung durch den Mobilfunkaufzuzeigen, wird zurzeit eine weltweite um-fangreiche prospektive epidemiologische Stu-die unter der Leitung der WHO durchgeführt.Bei Experimenten kommen in den meistenFällen noch stärkere Felder zur Anwendung,als sie zum Beispiel beim Telefonieren mitHandys auftreten. Dabei wird davon ausge-gangen, dass eventuelle Effekte hierbei deut-licher ausfallen als bei den um den Faktor10 000 schwächeren Feldern der Basisstatio-nen. Obwohl inzwischen die Ergebnisse ausmehreren hundert Untersuchungen vorliegen,bleiben die so genannten athermischen Ef-fekte widersprüchlich und nicht belegt. Sowurde zum Beispiel in einer Untersuchung mitwenigen Probanden ein Einfluss auf den Schlafermittelt. Die gleiche Forschergruppe konnte ineiner nachfolgenden Wiederholungsstudie miteinem größeren Versuchskollektiv und besse-rer Standardisierung diesen Effekt nicht zei-gen. Ähnlich verhält es sich mit mutmaßlichenBefunden über die Beeinflussung der Gehirn-aktivität durch die Felder des Mobilfunks.

Eine australische Studie hat eine breite öffent-liche Diskussion über den Einfluss der nie-derfrequent pulsmodulierten Mikrowellen desMobilfunks auf die Krebsentstehung ausge-löst. Bei genetisch behandelten Mäusen, beidenen die Krebsentstehung spontan eingelei-tet wird, zeigte sich bei feldexponierten Tiereneine erhöhte Krebspromotion. Allerdings fehltnoch eine unabhängige Überprüfung diesesEffektes. Darüber hinaus sind derartige Ergeb-nisse auf den Menschen nicht direkt übertrag-bar, da die in dieser Untersuchung maßgeb-lichen Gene bei Menschen nicht vorkommen.

4.5 Befindlichkeitsstörungen(Elektrosensibilität)

Subjektive Beschwerden wie zum BeispielKopfschmerzen, Konzentrationsschwäche,Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Gereiztheit oderAngstzustände werden von Patienten häufigpauschal auf elektromagnetische Felder desAlltags zurückgeführt. Die besondere Emp-findlichkeit dieser Personen gegenüberelektromagnetischen Feldern wird als Elektro-sensibilität bezeichnet. In den letzten Jahrenwurde auf diesem Themenbereich verstärktgeforscht, aber die Mehrzahl der Ergebnisselieferte keine Bestätigung für eine derartigeSensibilität. Dem stehen massive Klagen vonBetroffenen, u. a. aus Selbsthilfevereinen derElektrosensiblen, gegenüber. Eine Umfrageunter den Betroffenen in einigen westeuropäi-schen Ländern hatte u. a. folgende Ergeb-nisse gebracht [Leitgeb]:• Es besteht ein deutliches Nord-Süd-Gefälle

mit einer größeren Anzahl von Personen,die sich als elektrosensibel bezeichnen, inskandinavischen Ländern (Schweden, Nor-wegen, Finnland, Dänemark) sowie inDeutschland und einer geringeren Anzahlvon Personen in südlichen Ländern (Grie-chenland, Portugal, Spanien). Auch in klei-neren Ländern wie Belgien, Luxemburg undIsland besteht ein geringeres Bewusstseinüber Elektrosensibilität.

• Außerdem besteht ein deutlicher Unter-schied hinsichtlich der elektrischen Anwen-dungen, die für die unspezifischen gesund-heitlichen Symptome verantwortlichgemacht werden. In den skandinavischenLändern werden vor allem innerhäuslicheelektrische Anwendungen, wie zum Bei-spiel Monitore, und in Deutschland über-wiegend außerhäusliche Quellen, wie zumBeispiel Starkstromleitungen und Basissta-tionen, für Beschwerden verantwortlich ge-macht.

Es stellt sich daher die Frage, ob das häufi-gere Vorkommen von „Elektrosensibilität“ inden skandinavischen Ländern nicht durch dielange emotional geführte Diskussion in denMedien begünstigt wurde. Weitere Widersprü-che liefern so genannte Provokationsstudien,

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bei denen Personen, die sich für elektrosensi-bel halten, in einer zufälligen Reihenfolgeunterschiedlichen elektromagnetischen Fel-dern ausgesetzt werden. Dabei konnte einkausaler Zusammenhang zwischen der Ein-wirkung schwacher Felder und einer unmittel-baren Befindlichkeits- bzw. Gesundheitsbe-einträchtigung nicht bestätigt werden. Es istdaher nicht auszuschließen, dass bei einerReihe von Personen, die glauben, elektrosen-sibel zu sein, andere Umwelteinflüsse oderauch psychische Faktoren eine nicht unerheb-liche Rolle spielen.

4.6 Beeinträchtigungen beiPatienten mit Implantaten undKörperhilfen

Technische Implantate werden heute mit Er-folg eingesetzt, um die Funktionen erkrankterKörperteile und Organe zu unterstützen odersogar zu ersetzen. Da sie die Lebensqualitätder Patienten deutlich verbessern und in vie-len Fällen sogar eine lebenserhaltende Funk-tion zuverlässig übernehmen, haben sie inzwi-schen eine hohe Akzeptanz und Verbreitungerfahren. Eine denkbare Beeinträchtigung derImplantate durch elektromagnetische Felderdes Alltags wirkt diesen Bemühungen entge-gen. Hersteller von Implantaten wie auch vonEinrichtungen, die elektromagnetische Felderin unserer Umwelt aufbauen, sind gefordert,mögliche Konfliktsituationen zwischen Fel-dern und Implantaten zu vermeiden.

Technische Implantate und Körperhilfen wer-den aus Kunststoff (zum Beispiel künstlicheHerzklappen) oder aus Metall (künstliche Ge-lenke) wie auch aus einer Kombination vonbeiden hergestellt. Eine Reihe von Implanta-ten und Körperhilfen (zum Beispiel Herz-schrittmacher, Nervenstimulatoren, implan-tierte Insulinpumpen oder Hörprothesen) istzusätzlich mit elektronischen Schaltkreisenausgestattet. Elektromagnetische Felder kön-nen grundsätzlich nur bei Implantaten undKörperhilfen eine Beeinträchtigung hervorru-fen, die aus Metall hergestellt sind oder

elektronische Kreise beinhalten. Implantateaus Kunststoff oder Keramik zeigen keinenennenswerte Wechselwirkung mit Feldern.Der Einfluss elektromagnetischer Felder kannsich dabei in einer Störung des Implantatesoder der Körperhilfe wie auch in einer direktenBeeinflussung des umgebenden Gewebesbemerkbar machen. Die möglichen Konse-quenzen einer Beeinflussung reichen, je nachFunktion des Implantates, von der Wahrneh-mung bis hin zur Gefährdung der vitalen Funk-tionen des Körpers. Meistens macht sich dieStörung nur während der Einwirkung des Fel-des bemerkbar, danach sind keine Beein-trächtigungen, weder des Implantates nochder Körperfunktion, festzustellen. So zum Bei-spiel wird die Hörfähigkeit eines Patienten miteiner Hörprothese nur während starker Feld-exposition gestört. Eine lange anhaltendeoder sich häufig wiederholende Störung die-ser Art führt zwangsläufig zur Beeinträchti-gung des Wohlbefindens des Patienten.Eine längere Störung von lebenserhaltendenImplantaten, wie zum Beispiel von Herz-schrittmachern oder von implantierten Insulin-pumpen, kann dagegen sogar zu lebensbe-drohlichen Symptomen nicht nur während derExposition, sondern auch wenige Minuten(Herzschrittmacher) oder sogar mehrere Stun-den (Insulinpumpen) danach führen. Damitbergen Störungen elektronischer Implantatedas größte Gefährdungspotenzial für den Pa-tienten. Elektronische Implantate und Körperhilfenkönnen sowohl durch niederfrequente alsauch durch hochfrequente Felder gestört wer-den. Dabei kommt es entscheidend auf dieStöranfälligkeit des jeweiligen Aggregates an.Aus der Fülle der elektrischen Verbraucherund Einrichtungen, die niederfrequente Feldererzeugen, sind nur wenige Quellen starker undausgedehnter Felder imstande, eine Störungder Implantate und Körperhilfen herbeizufüh-ren. In Deutschland gibt es über 200 000 Patien-ten, die auf einen implantierten elektronischenHerzschrittmacher zur Überwachung und Auf-rechterhaltung ihrer Herzfunktion angewiesensind. Dazu wird beim Patienten, meist unterdem rechten oder linken Brustmuskel, ein

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Herzschrittmacher implantiert. Die Verbin-dung zum Herzen stellt eine isolierte Zuleitungmit einer Elektrode am Ende her (siehe Abbil-dung 4.14).Die kritischste Einkopplung der elektromag-netischen Felder erfolgt in der Zuleitung. BeimÜberschreiten einer frequenz-, modulations-und herzschrittmacherabhängigen Schwellekommt es zur Beeinflussung der Funktion desHerzschrittmachers. Die Bandbreite der mög-lichen Beeinflussung reicht von einer eher un-bedeutenden einmaligen Intervallverlänge-rung bis hin zur Besorgnis erregendenInhibition bzw. zum Herzrasen bei der Abgabeder Reizimpulse.Insbesondere bei Patienten ohne eigenenHerzrhythmus (atrioventrikulärer oder AV-Block) können sich lebensbedrohliche Situa-tionen entwickeln, wenn mehrere Schrittma-cher-Reize ausbleiben. In der Praxis tretenderartige Komplikationen jedoch äußerstselten auf. Häufiger gemeldet wurden Kreis-laufbeeinträchtigungen bis hin zur Bewusst-losigkeit als Folge einer längeren Störbeein-flussung bei Patienten, die auf den Impuls desHerzschrittmachers angewiesen sind.Die Störempfindlichkeiten der einzelnen Herz-schrittmachertypen sind sehr unterschiedlich,weshalb eine pauschale Festlegung der Stör-bereiche im Alltag nicht möglich ist. Die Ta-belle 4.6 zeigt die potenziellen Störquellenauf. Eine Störbeeinflussung kann durch großausgedehnte Felder mit einer magnetischenFlussdichte von mehr als 40 µT oder einerelektrischen Feldstärke über 5 kV/m im

niederfrequenten Bereich bzw. durch starkehochfrequente Felder hervorgerufen werden.Der Schwellenwert von 40 µT ist als räum-licher Mittelwert über eine Fläche von 200 cm2

ermittelt. Eine Reihe von Haushaltsgeräten er-zeugt in deren unmittelbarer Umgebung punk-tuell stärkere Magnetfelder, die maßgeblichenräumlichen Mittelwerte liegen aber deutlichunterhalb von 40 µT.In den in Tabelle 4.6 aufgeführten Bereichenist für Herzschrittmacherpatienten Vorsichtgeboten. Sie sollten daher entweder die Nähe

Abbildung 4.14: Herzschrittmacher könnendurch nahe (weniger als 15 cm), betriebsbe-reite Handys gestört werden

Einrichtung/Gerät Abstand zum LageImplantat

380-kV-Freileitung < 30 m Im Freien unter der Freileitung

Motorgetriebene Geräte Wenige cm Am Körper im Bereich des(Bohrmaschine, Staubsauger usw.) Implantates

Artikelsicherungsanlagen Einige cm bis m Ein- und Ausgänge vonWarenhäusern, Bibliotheken

Handys < 15 cm Am Körper im Bereich desImplantates

Tabelle 4.6: Feldbereiche, in denen eine Störung von elektronischen Implantaten möglich ist

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68 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

solcher Einrichtungen meiden oder sie schnellpassieren. Um Träger von Herzschrittmachernvor möglichen Gefahren zu warnen, werdenöffentliche Bereiche häufig mit Warnschildernversehen (siehe Abbildung 4.15).Als Regel bei kleinen, aber stärkeren elektri-schen Verbrauchern wie Bohrmaschine undHandy kann gelten, dass ein Abstand zwi-schen felderzeugendem Gerät und Herz-schrittmacher von mindestens 15 cm eineFunktionsstörung des Implantates aus-schließt. In zahlreichen Untersuchungenwurde eine Vielzahl unterschiedlicher Herz-schrittmachermodelle auf ihre Beeinflussbar-keit durch körpernahe Mobilfunktelefone der

gebräuchlichen D- und E-Netze getestet. DerAbstand, in dem es noch zu einer Beeinflus-sung kommt, kann abhängig vom Herzschritt-macher und vom verwendeten Netz, vom di-rekten Hautkontakt bis zu ungefähr 15 cmAbstand von der Brust betragen. Bei Einhal-tung eines Sicherheitsabstandes von 15 cmwurde keine Störung beobachtet.Neben den Herzschrittmachern gibt es nocheine ständig wachsende Anzahl weitererelektronischer Implantate wie zum Beispiel In-sulinpumpen oder Nervenstimulatoren. Einelängere Störung dieser Implantate könnte zunachhaltigen Folgen wie zum Beispiel Be-wusstlosigkeit nach Ausbleiben einer notwen-digen Insulindosis führen. Diese indirekte Be-einträchtigung des Organismus kann sogarmit einer Verzögerung nach einer längeren Ex-position auftreten. In einem solchen Fall isteine Zuordnung zur Störung sehr schwernachvollziehbar. In wenigen Berichten wurdegezeigt, dass auch Insulinpumpen durch inder Nähe betriebene Handys gestört werdenkönnen. Wegen der laufenden Entwicklungdieser und anderer Implantat-Systeme ist eineabschließende Beurteilung ihrer Störanfällig-keit nicht möglich. Für die Träger von Insulin-pumpen und anderer elektronischer Implan-tate werden deshalb vorsorglich die gleichenSicherheitsmaßnahmen wie bei Herzschritt-macherträgern empfohlen, bis eine ausrei-chende Klärung der Störanfälligkeit der Ag-gregate in den elektromagnetischen Felderndes Alltags erfolgt ist.

Abbildung 4.15: Warnschild „Zugang für Trä-ger von Herzschrittmachern untersagt“

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© LfU Grenzwerte 69

Grenzwertempfehlungen für den Aufenthalt inelektrischen und magnetischen Feldern wer-den sowohl von internationalen als auch vonnationalen Gremien veröffentlicht. Die Interna-tionale Kommission zum Schutz vor nichtioni-sierenden Strahlen (ICNIRP, InternationalCommission on Non-Ionizing Radiation Pro-tection) hat dabei eine Vorreiterrolle übernom-men, indem sie in Zusammenarbeit mit derWeltgesundheitsorganisation (WHO) und an-deren Gremien Empfehlungen für Grenzwertezum Schutz der Bevölkerung und besondersvon Arbeitnehmern vor der Einwirkung nicht-ionisierender elektromagnetischer Felder auf-gestellt hat. Diese Vorschläge wurden nachund nach von verschiedenen internationalenund nationalen gesetzgeberischen Institutio-nen aufgegriffen und mit kleinen Abweichun-gen im eigenen Geltungsbereich eingeführt.Dies begründet auch die gute Übereinstim-mung der deutschen Verordnung über elektro-magnetische Felder [26. BImSchV] mit derEmpfehlung des Rates der EuropäischenUnion zur Begrenzung der Exposition der Be-völkerung durch elektromagnetische Felder[EU, 1999]. Die Gültigkeit der Grenzwerte wirdvon der Strahlenschutzkommission (SSK)durch regelmäßige Neubewertung der Litera-tur überprüft [SSK, 2001]. Bei der Festlegungvon Grenzwerten für elektromagnetische Fel-der muss zwischen so genannten Basisgrenz-werten und abgeleiteten Grenzwerten (Refe-renzwerten) unterschieden werden:• Basisgrenzwerte beruhen auf gesicherten

Schwellenwerten der unmittelbar im Gewe-be wirksamen physikalischen Einflussgrö-ßen. Die Schwellenwerte werden unter Be-rücksichtigung von Sicherheitsfaktorenfestgelegt. In Abhängigkeit von den Fre-quenzen der Felder sind die wirksamenphysikalischen Einflussgrößen die Strom-dichte [mA/m2] oder die Spezifische Ab-sorptions-Rate (SAR) [W/kg] im Gewebe.

• Die messtechnische Überprüfung der Ba-sisgrenzwerte ist in der Regel nicht mög-lich, da bei exponierten Personen nur dieFeldstärken bzw. die Leistungsflussdichte

in Luft, also außerhalb des Körpers, ohneweiteres gemessen werden können. Eswerden daher abgeleitete Grenzwerte (Re-ferenzwerte) festgelegt, die in der Umge-bung des Menschen messtechnisch ermit-telt werden können. Messbare Größen sindzum Beispiel die elektrische Feldstärke, diemagnetische Flussdichte und die Leis-tungsflussdichte. Die Referenzwerte wur-den so abgeleitet, dass die Einhaltung desReferenzwertes in jedem Fall die Einhaltungdes entsprechenden Basisgrenzwertes be-deutet.

5.1 Empfehlungen derEuropäischen Union

Der Rat der Europäischen Union hat 1999 eineEmpfehlung zur Begrenzung der Expositionder Bevölkerung durch elektromagnetischeFelder veröffentlicht [EU, 1999]. Ziel dieserEmpfehlung ist es, die Bevölkerung vor nach-weislich gesundheitsschädigenden Auswir-kungen zu schützen, die als Folge der Expo-sition durch elektromagnetische Felder eintre-ten können. Zugleich wird damit die Absichtverfolgt, einen Gemeinschaftsrahmen für dieExposition durch elektromagnetische Felderin allen Mitgliedsstaaten zu schaffen. DieEmpfehlung stellt allgemeine Grundsätze undMethoden für den Schutz der Bevölkerungauf, wobei es den Mitgliedsstaaten überlas-sen bleibt, detaillierte und darüber hinausge-hende Vorschriften zu erlassen. Im Einklangmit den Empfehlungen der ICNIRP werdenfrequenzabhängige Basisgrenzwerte und Re-ferenzwerte zur Begrenzung der Expositionfestgelegt. Über die Basisgrenzwerte besteht unter alleninternationalen und nationalen Fachgremienweitgehend Einvernehmen. Sie wurden aufder Grundlage ausreichend abgesicherterwissenschaftlicher Erkenntnisse festgelegt.Bei Einhaltung dieser Basisgrenzwerte ist derSchutz vor nachgewiesenen Gesundheitsver-fahren gewährleistet.

5 Grenzwerte

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70 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Basisgröße für die Wirkung niederfrequenterelektrischer und magnetischer Felder ist dieim menschlichen Körper hervorgerufeneStromdichte [A/m2]. Als Basisgrenzwerte wer-den von der ICNIRP und der SSK für beruflichexponierte Personen 10 mA/m2 und für die All-gemeinbevölkerung 2 mA/m2 (siehe Tabelle5.1) empfohlen. Die Stromdichte wird dabeiüber ein Flächenelement von 1 cm2 gemittelt.Basisgröße für die Wirkung hochfrequenterelektromagnetischer Felder auf den menschli-chen Körper ist die Spezifische Absorptions-Rate (SAR) in [W/kg]. Als Basisgrenzwertewerden von der ICNIRP und der SSK für be-ruflich exponierte Personen ein Ganzkörper-SAR-Wert von 0,4 W/kg und ein Teilkörper-SAR-Wert von 10 W/kg (gemittelt über 10 gGewebemasse) angegeben. Für die Allge-meinbevölkerung wird ein Ganzkörper-SAR-Wert von 0,08 W/kg und ein Teilkörper-SAR-Wert von 2 W/kg empfohlen (siehe Tabelle5.1).Für die berufliche Exposition wurden höhereGrenzwerte festgelegt, da beruflich expo-nierte Personen aus Erwachsenen bestehen,die unter weitgehend kontrollierbaren Bedin-

gungen für maximal die Dauer eines Arbeits-tages elektromagnetischen Feldern ausge-setzt sind. Die allgemeine Bevölkerungumfasst dagegen alle Menschen unterschied-lichen Alters und Gesundheitsstatus, die biszu 24 Stunden pro Tag exponiert sein können.Die Basisgrenzwerte liegen mit einem Sicher-heitsfaktor bis zu 50 unterhalb der Schwellen-werte, die nachgewiesen akute Wirkungeneinleiten könnten. Damit wird der Unsicherheitinfolge individueller Empfindlichkeit, Umge-bungsbedingungen und unterschiedlichenAlters und Gesundheitszustandes von Einzel-personen in der Bevölkerung Rechnung getra-gen.Die Tabelle 5.1 enthält die Basisgrenzwerte fürelektrische, magnetische und elektromagneti-sche Felder im Bereich zwischen 0 Hz und300 GHz. Die Schwellen sind in unterschied-lichen Frequenzbereichen als Funktion derFrequenz f angegeben. Sämtliche SAR-Wertebeziehen sich auf 6-Minuten-Intervalle und10 g eines beliebigen zusammenhängendenKörpergewebes.Die Referenzwerte für die Expositionsbegren-zung werden aus den Basisgrenzwerten für

Frequenzbereich Magnetische Strom- Mittlere Lokale Lokale Leistungs-Flussdichte dichte Ganz- SAR SAR flussdichte

[mT] [mA/m2] körper- (Kopf, (Glied- [W/m2]SAR Rumpf) maßen

[W/kg] [W/kg] [W/kg]

0 Hz 40 – – – – –

bis 1 Hz – 8 – – – –

1–4 Hz – 8/f – – – –

4 bis 1000 Hz – 2 – – – –

1000 Hz bis 100 kHz – f/500 – – – –

100 kHz bis 10 MHz – f/500 0,08 2 4 –

10 MHz bis 10 GHz – – 0,08 2 4 –

10 bis 300 GHz – – – – – 10

Tabelle 5.1: Basisgrenzwerte für elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder von0 Hz bis 300 GHz [EU, 1999]

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© LfU Grenzwerte 71

eine maximale Kopplung des Feldes im expo-nierten menschlichen Körper ermittelt. Die Ta-belle 5.2 gibt die Referenzwerte für elektri-sche, magnetische und elektromagnetischeFelder für den Frequenzbereich zwischen 0 Hzund 300 GHz als ungestörte Effektivwerte an.In einigen Frequenzbereichen ist der Refe-renzwert nicht konstant, sondern ändert sichmit der Frequenz f.Die Referenzwerte für Kontaktströme durchleitfähige Gegenstände sind in Tabelle 5.3 fürverschiedene Frequenzbereiche aufgeführt.

5.2 Regelungen in Deutschland

In Deutschland wurde zum Schutz der Bevöl-kerung vor elektromagnetischen Feldern 1996die Verordnung über elektromagnetische Fel-der [26. BImSchV] erlassen. Die Verordnung

legt Grenzwerte für den Gesundheitsschutzfest, die auf den international anerkanntenEmpfehlungen der ICNIRP und der SSK ba-sieren.Die Verordnung enthält Anforderungen an dieErrichtung und den Betrieb von Niederfre-quenz- und Hochfrequenzanlagen. Sie gilt fürortsfeste Anlagen, die gewerblichen Zweckendienen oder im Rahmen wirtschaftlicherUnternehmungen Verwendung finden undnicht einer Genehmigung nach § 4 des Bun-des-Immissionsschutzgesetzes [BImSchG]bedürfen. Im Niederfrequenzbereich regelt dieVerordnung die Frequenzen von 162⁄3 Hertzund von 50 Hertz. Im Hochfrequenzbereichwerden die Frequenzen zwischen 10 bis300 000 MHz, die eine bestimmte Sendeleis-tung überschreiten, geregelt. Nicht einbezo-gen sind Rundfunksender der Kurz- undMittelwelle. Für die hier wesentlichen Fre-quenzbereiche von 0,1 bis 10 MHz kann auf

Tabelle 5.2: Referenzwerte für elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder von 0 Hzbis 300 GHz (ungestörte Effektivwerte) [EU, 1999]

Frequenzbereich Stärke des Stärke des Stärke des Leistungs-E-Feldes H-Feldes B-Feldes flussdichte

[V/m] [A/m] [µT] [W/m2]

0 bis 1 Hz – 3,2 x 104 4 x 104 –

1 bis 8 Hz 10 000 3,2 x 104/f2 4 x 104/f2 –

8 bis 25 Hz 10 000 4 000/f 5 000/f –

50 Hz 5 000 80 100 –

0,025 bis 0,8 kHz 250/f 4/f 5/f –

0,8 bis 3 kHz 250/f 5 6,25 –

3 bis 150 kHz 87 5 6,25 –

0,15 bis 1 MHz 87 0,73/f 0,92/f –

1 bis 10 MHz 87/��f 0,73/f 0,92/f –

10 bis 400 MHz 28 0,073 0,092 2

400 bis 2000 MHz 1,375 x ��f 0,0037 x ��f 0,0046 x ��f f/200

2 bis 300 GHz 61 0,16 0,2 10

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72 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

die Empfehlungen der ICNIRP und der SSKzurückgegriffen werden [SSK, 2001]. Die Ein-schränkung auf wirtschaftlich bzw. gewerblichgenutzte Anlagen bedeutet, dass alle Anla-gen, die solchen Zwecken nicht dienen (z. B.Amateurfunk), nicht unter die 26. BImSchV fal-len. Auch nicht ortsfeste Anlagen (z. B. elektri-sche Geräte und Handys) werden von der 26.BImSchV nicht erfasst.Neben der Verordnung über elektromagneti-sche Felder sind auch in der Normenreihe DINVDE 0848 (abweichende) Immissionsgrenz-werte zum Schutz der Bevölkerung festgelegt,die mit Inkrafttreten der Verordnung für die inder Verordnung festgelegten Frequenzberei-che ihre Bedeutung verloren haben. Die DINVDE 0848 soll jedoch durch die entsprechen-den Fachkommissionen der DIN an die Ver-

ordnung angepasst werden oder sie ergän-zen. Wie der Entwurf einer Norm für denSchutz von Personen mit aktiven Körperhilfenim Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz(VDE 0848-3-1/A1 vom Februar 2001) zeigt,sind viele Aspekte noch in Bearbeitung.

Für den Bereich des Arbeitsschutzes wurdeim Jahr 2001 eine berufsgenossenschaftlicheVorschrift BGV, B11 [BGV] für Sicherheit undGesundheit bei der Arbeit unter der Einwir-kung elektromagnetischer Felder veröffent-licht. Auf der Grundlage von Basiswerten wer-den Referenzwerte so festgelegt, dass selbstunter ungünstigsten Expositionsbedingungendie Schwellen biologischer Wirkungen nichterreicht werden. Es werden sowohl für denNieder- als auch für den Hochfrequenzbereich

Frequenzbereich Maximaler Kontaktstrom [mA]

0 Hz bis 2,5 kHz 0,5

2,5 kHz bis 100 kHz 0,2 x f

100 kHz bis 110 MHz 20

Tabelle 5.3: Referenzwerte für Kontaktströme durch leitfähige Gegenstände

Frequenz [Hz] Elektrische Feldstärke [kV/m] Magnetische Flussdichte [µT]

50 5 100

162⁄3 10 300

Tabelle 5.4: Grenzwerte für Niederfrequenzanlagen gemäß der 26. BlmSchV

Tabelle 5.5: Grenzwerte für Hochfrequenzanlagen gemäß der 26. BlmSchV

Frequenz [MHz] Elektrische Feldstärke [V/m] Magnetische Feldstärke [A/m]

10 bis 400 27,5 0,073

400 bis 2 000 1,375 √f 0,0037 √f

2 000 bis 300 000 61 0,16

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© LfU Grenzwerte 73

Grenzwerte festgelegt. Die Grenzwerte für dieberufliche Exposition liegen höher als für dieallgemeine Bevölkerung, da beruflich expo-nierte Personen aus Erwachsenen bestehen,die unter weitgehend kontrollierbaren Bedin-gungen für maximal die Dauer eines Arbeits-

tages elektromagnetischen Feldern ausge-setzt sind.Die allgemeine Bevölkerung umfasst dagegenalle Menschen unterschiedlichen Alters undGesundheitsstatus, die bis zu 24 Stunden proTag exponiert sein können.

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74 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

6 Anhang

6.1 Erläuterungen und Abkürzungen

A Ampere

AC Wechselfeld

Äquipotenziallinien Verbindungen der Punkte mit gleichem Potenzial

Absorption Leistungsaufnahme (und Umwandlung in Wärme)

AM Amplitudenmodulation

Amplitude Maximaler Wert einer Feldstärke. Neben den sinusförmigen Wellenkönnen auch andere Signalformen wie Rechteckimpulse oder in derAmplitude veränderliche (modulierte) Signale auftreten.

athermische Effekte Eine Reihe verschiedener Effekte bei Einwirkung hochfrequenterelektromagnetischer Strahlung, die unterhalb der jetzigen Grenz-werte auftreten und bei denen keine Erwärmung auftritt.

B Magnetische Flussdichte

BfS Bundesamt für Strahlenschutz

C Celsius

CW Kontinuierliche Welle

DC Statisches Feld

Doppelblindversuch Versuchsdurchführung, bei der sowohl der Proband als auch das Be-treuungspersonal nicht weiß, ob eine Einwirkung stattfindet odernicht. Versuche sollten, wenn immer möglich, so angelegt sein, dasseine Beeinflussung durch psychische Faktoren ausgeschlossen ist.

E Elektrische Feldstärke

EEG ElektroenzephalogrammEine Methode zur Messung von Hirnströmen.

Effektivwert Quadratischer Mittelwert einer zeitlich veränderlichen Größe. Im Falleeines sinusförmigen Verlaufes ist der Effektivwert 1/��2 des Spitzen-wertes.

EKG Elektrokardiogramm: Aufzeichnung der bei der Herzaktivität entste-henden elektrischen Vorgänge durch auf die Haut aufgebrachteElektroden.

Elektrische Feldstärke Maß für die Stärke eines elektrischen Feldes. Die Einheit ist Volt proMeter.

Elektrische Ladung Eigenschaft, die Körper zum Beispiel durch Trennung nach Berüh-rung mit anderen Körpern erhalten. Die Einheit ist Coulomb.

Elektrische Spannung Maß für die Arbeit, die erforderlich ist, um eine Ladung in einem elek-trischen Feld von einem Punkt zum anderen zu bringen, dividiertdurch die Ladung. Die Einheit ist Volt.

Elektrischer Strom Bewegte elektrische Ladungen. Die Einheit ist Ampere.

EnBW Energie Baden-Württemberg

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© LfU Anhang 75

Epidemiologische Studie Untersuchungen, die mit größeren Gruppen in der Bevölkerungdurchgeführt werden, um unbekannte Zusammenhänge zwischenUrsache und Verbreitung von Krankheiten zu ermitteln. Die häufigstenTypen sind die Fall-Kontroll-Studien und Kohortenstudien.

EIRP Equivalent Isotropically Radiated Power (äquivalente isotrope Strah-lungsleistung)Die EIRP gibt an, mit welcher Sendeleistung man eine in alle Raum-richtungen gleichmäßig abstrahlende Antenne (Kugelstrahler) versor-gen müsste, um im Fernfeld dieselbe Leistungsflussdichte zu errei-chen wie mit einer bündelnden Antenne.

ERP Equivalent Radiation Power (äquivalente Strahlungsleistung)Die ERP unterscheidet sich von der EIRP nur dadurch, dass als Ver-gleichsantenne nicht der Kugelstrahler (der in der Praxis nicht reali-sierbar ist), sondern eine in der Praxis realisierbare Antenne (Lambda-Halbe-Dipol) herangezogen wird.

Ersatzfeldstärke Von Messgeräten gemessene Feldstärke an einem Ort, wobei die un-günstigste Polarisation angenommen wird. Dann muss nur noch mitden Beträgen der Feldstärke gerechnet werden, was die Arbeit we-sentlich vereinfacht.

f Frequenz

Fall-Kontroll-Studie Eine Untersuchung, in der eine Gruppe von Personen mit einer spe-zifischen Krankheit (Fälle) mit einer Gruppe von Personen, die weit-gehend unter denselben Lebensumständen leben und nicht kranksind, verglichen wird (Kontrollgruppe), um auf einen möglichen Risi-kofaktor schließen zu können.

Fenstereffekte Wirkung nur im abgegrenzten Frequenz- oder Amplitudenbereich

FM Frequenzmodulation

Fernfeld Strahlungsfeld in genügender Entfernung von der Quelle

Frequenz Schwingungszahl von Wellen je Sekunde, gemessen in Hertz

hot spots Erwärmung im kleinen Volumen

GSM Global System for Mobile Communications

H Magnetische Feldstärke

Hz Hertz

ICNIRP International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection(Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierenderStrahlung)

Induktion Vorgang, bei dem durch Änderung des von einem Leiter umschlos-senen magnetischen Flusses elektrischer Strom (Wirbelstrom) er-zeugt wird.

Influenz Vorgang, bei dem in einem Körper durch ein äußeres Feld eine La-dungsumverteilung stattfindet, so dass an seiner Oberfläche lokalÜberschüsse an positiven und negativen Ladungen auftreten.

Ionisation Versetzung von Atomen oder Molekülen in elektrisch geladenen Zu-stand.

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76 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

Inzidenzrate Die Inzidenzrate ist in einer Kohortenstudie das Verhältnis der Fall-zahlen zu der Gesamtheit der in einem Zeitraum beobachteten Per-sonen der Kohorte.

Kapazität Das Speichervermögen eines Körpers für elektrische Ladungen, be-zogen auf die anliegende elektrische Spannung. Die Einheit ist Farad.

Kohortenstudie Eine Untersuchung, in der eine Gruppe von Personen (Kohorte), de-ren Expositionsbedingungen bekannt sind, über längere Zeit verfolgtwird und die verschiedenen Expositionen mit dem Auftreten vonKrankheiten in Verbindung gebracht werden.

Kontaktstrom Strom zwischen einer Person und einem Gegenstand.

Kontrollgruppe Eine Gruppe von Zellen, Tieren oder Probanten, die möglichst identi-schen Bedingungen ausgesetzt sind wie die exponierten Individuen,außer, dass die zu untersuchende Einwirkung nicht verabreicht wird.

KW Kurzwellen

LW Langwellen

Latenzzeit Zeit zwischen Reiz und Wirkung

Leistungsflussdichte Maß für die Stärke einer hochfrequenten Strahlung. Die Einheit istWatt pro Quadratmeter.

Leukämie Krebs der weißen Blutzellen, Ursachen weitgehend unbekannt. Inzi-denzhäufigkeit 40–50 Fälle je 1 Million Einwohner. Es gibt mehrere Ty-pen mit unterschiedlichem Krankheitsverlauf und unterschiedlicherHeilungswahrscheinlichkeit.

Magnetische Feldstärke Maß für die Stärke eines Magnetfeldes. Die Einheit ist Ampere proMeter.

Magnetische Flussdichte Produkt aus der magnetischen Feldstärke und der Materialeigen-schaft. Die Einheit ist Tesla.

Metastudien Vergleichende und bewertende Reihe von einzelnen epidemiologi-schen Untersuchungen nach gleichen Vorgaben.

MW Mittelwellen

Modulation Änderung einer hochfrequenten Trägerwelle zur Übertragung von In-formationen. So wird beispielsweise bei Rundfunkprogrammen (Trä-ger im MHz-Bereich) die Sprache (kHz-Bereich) durch Frequenzmo-dulation übertragen. Es gibt Amplituden- (MW), Frequenz- (UKW)oder Phasen- (Richtfunk) Modulation.

Netzfrequenzen Für die Übertragung von elektrischer Energie werden je nach Landverschiedene Frequenzen verwendet. In Deutschland für die allge-meine Stromversorgung 50 Hz und für die Bahn 162⁄3 Hz.

Nicht-ionisierend Als nicht-ionisierend bezeichnet man elektromagnetische Felder, diekeine Ionisationsvorgänge an Molekülen oder Atomen auslösen kön-nen.

Phase Zeitliche Entfernung eines Schwingzustandes von einem vorgegebe-nen Nullwert.

PM Pulsmodulation

Prävalenz Krankheitshäufigkeit (z. B. pro 100 000 Einwohner)

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© LfU Anhang 77

RegTP Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post

Relatives Risiko Faktor der Häufigkeit einer Erkrankung im Vergleich mit einer Kon-trollgruppe.

S Leistungsflussdichte

SAR Spezifische Absorptions-RateDie Spezifische Absorptions-Rate ist die pro Zeiteinheit im Gewebeabsorbierte Energie. Die Einheit ist Watt pro Kilogramm.

Sendeleistung Die von einer Antenne abgestrahlte elektrische Leistung.

Skin-Effekt Effekt zur Verdrängung des Stromes an die Oberfläche des Leiters

SSK Strahlenschutzkommission

Störfaktoren Bei epidemiologischen Studien können neben der untersuchten Ex-position auch andere Faktoren einen Einfluss auf das Ergebnis haben.

T Tesla, Einheit der magnetischen Flussdichte

U Elektrische Spannung

UHF Ultra High Frequency

UKW Ultrakurzwellen

V Volt, Einheit der elektrischen Spannung

VHF Very High Frequency

W Watt, Einheit für die Leistung

Wellenlänge Distanz, die eine Welle während einer Schwingungsdauer (Periode)zurücklegt.

WHO Weltgesundheitsorganisation

Wirbelstrom Durch Induktion in einem leitfähigen Körper erzeugter elektrischerStrom.

Worst case Zusammentreffen aller ungünstigsten Gegebenheiten

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78 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

6.2 Quellenverzeichnis

Ahlborn: A pooled analysis of magnetic fields and childhood leukemia, British Journal ofCancer (2000), 83(5), 692–698

Anderson: Effect of 13 week magnetic field exposures on DMBA-initiated mammary glandcarcinomas in female Sprague-Dawley rats, Carcinogenesis (1999), 10/8,1615–1620

BGV: Berufsgenossenschaftliche Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Ar-beit, Unfallverhütungsvorschrift Elektromagnetische Felder vom 1. Oktober2001 (BGV, B11), veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 184 vom 29. September2001.

BfS: Bundesamt für Strahlenschutz, 38201 Salzgitter, http://www.bfs.de

BImSchG: Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreini-gungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immis-sionschutzgesetz), http://www.gewerbeaufsicht.baden-wuerttemberg.de/Vor-schriften/Vorschriften.html

BImSchV: 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes(Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV), http://www.gewerbeaufsicht.baden-württemberg.de/Vorschriften/Vorschriften.html

DIN: Deutsche Norm DIN VDE 0848-3-1/A1, Sicherheit in elektrischen, magnetischenFeldern, Teil 3-1: Schutz von Personen mit aktiven Körperhilfsmitteln im Fre-quenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz (2001)

DVG: Deutsche Verbundgesellschaft e. V., 69120 Heidelberg, Verband der systemver-antwortlichen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland, http://www.dvg-hei-delberg.de

EU(1999): Empfehlung des Rates der Europäischen Union zur Begrenzung der Expositionder Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern bis 300 GHz, EU-Ratsempfehlung vom 12. Juli 1999 (1999/519/EG)

EU(2000): Mitteilung der Kommission der Europäischen Union, Die Anwendbarkeit desVorsorgeprinzips, Brüssel am 02. Februar 2000

FGEU: Forschungsgesellschaft für Energie und Umwelttechnologie – FGEU mbH,10965 Berlin, Feldberechnungsprogramm WinField, http://www.fgeu.de

Greenland: A pooled analysis of magnetic fields, wire codes and childhood leukemia, Epi-demiology, November 2000, Vol. 11, No. 6, 624–634

ICNIRP: International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection, Guidelines forlimiting exposure to time-varying electric, magnetic and electromagnetic fieldsup to 300 GHz, (1998) Health Physics 74 (4), 494–522

IEV: Institut für Elektromagnetische Verträglichkeit GmbH, 23560 Lübeck, Feldbe-rechnungsprogramm Copperfield, http://www.iev.de

IZE: Informationszentrale der Elektrizitätswirtschaft e. V., 60555 Frankfurt, StromBa-siswissen – Das Netz der Stromversorgung

LfK: Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, 70178 Stuttgart,http://www.lfk.de

Mevissen: Acceleration of mammary tumorgenesis by exposure of 7,12-dime-thylbenz(a)anthracen-treated female rats in a 50-Hz, 100 µT magnetic field, Re-

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© LfU Anhang 79

plication study, Journal of Toxicology and Environmental Health (1998), 53/5,401–418

NIEHS: Working Group Report „Assessment of health effects from exposure to power-line frequency electric and magnetic fields, Minnesota (1998)

NRPB: Electromagnetic fields and the risk of cancer, Report of an Advisory Group onNon-ionizing Radiation, National Radiological Protection Board (2001), Vol. 12,No. 1

RegTP: Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, 53105 Bonn,http://www.regtp.de

SSK(1999): Strahlenschutzkommission, Schutz der Bevölkerung bei der Exposition durchelektromagnetische Felder bis 300 GHz, SSK Bericht 23 (1999), Urban & Fischer,München

SSK(2001): Strahlenschutzkommission, Grenzwerte und Vorsorgemaßnahmen zum Schutzder Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern, 174. Sitzung der SSK am13./14. September 2001, http://www.ssk.de

VDEW: Verband der Elektrizitätswirtschaft e. V., 60596 Frankfurt, http://www.strom.de

WHO(1993): Environmental Health Criteria 137, Electromagnetic Fields (300 Hz to 300 GHz),Genf 1993

WHO(2000): Electromagnetic Fields and Public Health Cautionary Policies, März 2000

Wuschek: Prof. Dr.-Ing. Matthias Wuschek, Fachhochschule Deggendorf, 94469 Deggen-dorf, Öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für das Fachgebiet„Elektromagnetische Umweltverträglichkeit“

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80 Elektromagnetische Felder im Alltag © LfU

6.3 Internationales Einheitensystem

Dezimalstellen Faktor Name Symbol

1 000 000 000 000 1012 Tera T

1 000 000 000 109 Giga G

1 000 000 106 Mega M

1 000 103 Kilo k

0,001 103 Milli m

0,000 001 10-6 Mikro µ

0,000 000 001 10-9 Nano n

0,000 000 000 001 10-12 Pico p

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LANDESANSTALT FÜRUMWELTSCHUTZBADEN-WÜRTTEMBERG