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Elektronik- und SensorMaterialien

Ringvorlesung Bionik

Sensoren und Aktoren

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Elek

troni

k-un

d Sens

orm

ater

ialien

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Elektronik- und SensorMaterialienLiteraturempfehlungen:

Deetjen/SpeckmannISBN-10: 3437413171

Hering/Schönfelder:ISBN 978-3-8348-8635-4

Gründler:ISBN 3-540-20984-0

Die Vorlesungsfolien finden Sie im Netz unter folgender Adresse:http://www.esm.tu-freiberg.de Vorlesung Bionik

Benutzer: TUBAFPasswort: Reiz

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Elektronik- und SensorMaterialien

Haut, Augen, Ohren, Zunge, Nase

Muskel, Stimmband

Biosensoren und –aktoren im Menschen - Übersicht

Jeder Organismus muss mit der Umwelt in Wechselwirkung treten. Dabei wirkt die Umwelt auf den Organismus und wird mit Hilfe des sensorischen Systems im Organismus abgebildet. Umgekehrt führt der Organismus Handlungen in der Umwelt mit Hilfe des motorischen Systems aus.

Sensorisches und motorisches System

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren und –aktoren – Vergleich Biologie vs. Technik

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Elektronik- und SensorMaterialien

1. Signalverarbeitung

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Elektronik- und SensorMaterialienNervenzellen - Aufbau

Aufbau von NervenzellenEine Nervenzelle (= Neuron) besteht im wesentlichen aus dem Zellkörper (= Soma, Durchmesser = ~20µm). Das Soma eines Neurons verfügt über zahlreiche Fortsätze, die sich nach Zahl und Funktion in Axone und Dendritenunterteilen lassen.Die Axone können Längen bis zu 1m erreichen, bilden meist nur wenige Verzweigungen, sind meist umhüllt (Isolation von der Umgebung) und bilden Bündel Nervenstränge.Die Dendriten sind kürzer, meist weit verzweigt und können je nach Funktion unterschiedliche Architekturen ausbilden. An den Dendriten sind häufig die Kontaktstellen zu Axonen anderer Nervenzellen Synapsen

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Elektronik- und SensorMaterialienNervenzellen - Aufbau

Aufbau von NervenzellenNervenzellen treten über ihre Axonenden mit anderen Zellen funktionell in Verbindung und ermöglichen so einen Informationsaustausch. Diese Kontakte (Synapsen) dienen der Weiterleitung von elektrischen und biochemischen Signalen. Am Axonende befindet sich der synaptische Endknopf ohne isolierende Umhüllung. Er enthält Bläschen, die die sog. Neurotransmitter enthalten und die für die die interzelluläre Signalübertragung verantwortlich sind.Nach ihrer Lokalisation am Zielneuron kann man axodendritische, axosomatische und axoaxonaleSynapsen unterscheiden.

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Elektronik- und SensorMaterialienNervenzellen - Aufbau

Die Nervenzellen besitzen eine Membran die das Zellinnere vom Extrazellulärraum abgrenzt. Sie besteht aus einer Lipiddoppelschicht und ist ~8nm dick. Dabei lagern sich Proteine von der intra- oder extrazellulären Seite in die Membran ein oder durchsetzen sie. Sowohl der intra- als auch der extrazelluläre Raum enthält Ionen.Die Konzentrationen dieser Ionen bestimmen das Ruhepotential über die Membran. Die Ionen können selektiv durch die Membran transportiert werden. Dies geschieht durch Ionenkanäle über einen Konzentrations-gradienten (passiver Transport) und aktiv durch die sog. Natrium-Kalium-Pumpe.

Nervenzellmembran

Selektive Permeabilität von Ionenkanälen

Ion intrazellulär extrazellulär

K+ 120-150 4-5

Na+ 5-15 140-150

Cl- 4-5 120-150

Ionenkonzentration in mmol/l

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Aktiver Transport: Na-K-Pumpe

Passiver Transport: Diffusion

Die Na-K-Pumpe pumpt Natrium aus der Zelle hinaus und Kalium in die Zelle hinein. Unter Ruhebedingungen sind die Natriumkanäle der Zellmembran geschlossen, während die Kanäle für Kalium offen sind. Ein elektrisches Feld baut ich auf und ein Membranpotential von ~60-70 mV entsteht.

Nervenzellen - Ruhepotential

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Elektronik- und SensorMaterialienNervenzellen - Aktionspotentiale

Zur Erzeugung und Weiterleitung von Signalen muss sich das Membranpotential ändern. Dieses wird durch kurzzeitige Ionenströme durch die Zellmembran erzielt. Die dabei entstehenden Membranpotential-schwankungen charakterisieren den Aktivitätszustand der Nervenzelle und werden daher auch Aktionspotential genannt.

Entstehung von Aktionspotentialen:Die Natriumkanäle öffnen sich, es strömt unter positiver Rückkopplung soviel Na+ ein, dass sich das Membranpotential umkehrt (Overshoot). Durch die erhöhte positive Ladung im Zellinneren strömt kein weiteres Na+ nach. Zusätzlich wird dann K+ über Ionenkanäle und Na+ über die Na-K-Pumpe aus der Zelle transportiert.

Aktionspotential

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Einleitung

Bei der Reizweiterleitung muss zwischen 2 Formen unterschieden werden:1. Der Reizweiterleitung (innerhalb einer Zelle)2. Der Reizübertragung (zwischen Zellen)

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Reizweiterleitung in Axonen

Reizweiterleitung in Axonen

Aktionspotentiale werden mithilfe von Kationenströmen entlang der Nervenfaser-membran weitergeleitet. Die Kationen folgend dabei elektrischen Feldern im Zellinneren und –äußeren und führen bei Erreichen der Membranpotentialschwelle zu einer Fortleitung des Aktionspotentials entlang der Faser

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Reizweiterleitung in Axonen: Leitungsgeschwindigkeit

Die Geschwindigkeit mit der sich ein Aktionspotential über eine Nervenfaser ausbreitet hängt von mehreren Faktoren ab:1. Je höher der Na+ Einstrom ist (höherer Strom zur Depolarisation benachbarter

Abschnitte), 2. Je größer der Faserdurchmesser ist (niedriger intrazellulärer Widerstand),3. Je höher der Membranwiderstand ist (schlechte Ableitung des Stroms über die

Membran),Desto schneller entwickelt sich die elektrische Depolarisation und desto größer wird die Leitungsgeschwindigkeit.

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Reizweiterleitung in Axonen

Typen der Erregungsleitung:Bei marklosen Axonen laufen die Aktionspotentiale kontinuierlich über das Axon kontinuierliche Erregungsleitung.Bei markhaltigen Axonen springen die Aktionspotentiale von Schnürring zu Schnürring saltatorische Erregungsleitung.

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Reizübertragung über Synapsen

Typen von SynapsenInformationen werden von einer Nervenzelle auf eine Andere über Synapsen weitergegeben, die sich nach morphologischen und funktionellen Kriterien in 2 Typen differenzieren lassen:

Elektrische Synapse: der synaptische Spalt wird über verbindende Proteine (sog. Connexine) überbrückt. Die Erregung kann also direkt über elektrische Ströme übertragen werden.

Chemische Synapse: der synaptische Spalt wird über diffundierende Moleküle (sog. Transmitter) überbrückt. Diese werden in der präsynaptischen Struktur synthetisiert und in Vesikeln gespeichert und zum synaptischen Spalt transportiert und dort freigesetzt. Die freigesetzten Transmitter werden an einen Rezeptor an der postsynaptischen Membran gebunden, der dann wiederum einen Ionenkanal öffnet.

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Reizübertragung über Synapsen

Bei chemischen Synapsen wird weiterhin zwischen exzitaorischen und inhibitorischenSynapsen unterschieden.Diese können die Entstehung eines Aktionspotential entweder anregen(exitatorisch) oder verhindern (inhibitorisch)

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Verschaltung von Synapsen

Für die Informationsverarbeitung im Nervensystem ist die zeitliche und räumliche Summation (Bahnung) der postsynaptischen Potentiale von herausragender Bedeutung.

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Verschaltung von Synapsen

Man unterscheidet Neuronenketten sowie divergente und konvergente Systeme.Divergent: besteht eine hinreichende Bahnung wird ein Aktionspotential, das an einem Startneuron entsteht über alle angekoppelten Neuronen weitergegeben. Konvergent: Ist das Bahnungsniveau so niedrig, dass ein einzelnes Aktionspotential nicht weitergeleitet wird, kann die Erregung nur weitergeleitet werden, wenn von zahlreichen Startneuronen Aktionspotentiale gesendet werden(räumliche Bahnung).

blau = exitatorisch

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Verschaltung von Synapsen

Werden in Netzwerke aus exitatorischen Neuronen auch inhibitorische Neuronen eingefügt eröffnen sich weitere Verschaltungsmöglichkeiten: Rückwärtshemmungen: bewirken eine Begrenzung der Wiederholungsfrequenz des

Startneurons Vorwärtshemmungen: erhöhen die Kontrastbildung durch Kemmung benachbarter

Ketten laterale Hemmung

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Laterale Hemmung

Reizweiterleitung – Verschaltung von Synapsen

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Elektronik- und SensorMaterialienReizweiterleitung – Verschaltung von Synapsen

Erregungsspeicherung

E1: füllt den Neuronenkreis und aktiviert den EffektorE2: deaktiviert den Effektor jedoch ohne den Neuronenkreis zu störenE3: leert den Neuronenkreis(Löschung des Erregungsspeichers)

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Neues Forschungsfeld: Neuroelektronik

Reizweiterleitung – Verschaltung von Synapsen

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Electrical recording from rat cardiac myocytes after 3 days in culture. Measurements performed simultaneously by FET (lower trace) and microelectrode (upper trace)

Reizweiterleitung – Verschaltung von Synapsen

Bleibende Herausforderungen:• Geordnete Immobilisation und elektrische Kontaktierung von lebenden Zellen• Stabilität

Technische elektronische Bauelemente sind heute schon kleiner !!!

Offenhäusser et al.

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2. Beschleunigungssensoren

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Historisch:Konzept der fünf Sinne: Fühlen, sehen, hören, schmecken, riechen

Heute: Sinne mit ihren unterschiedlichen Modalitäten• Somatoviszerale Sensibilität:

• Tastsinn (Oberfläche) • Propriozeption (Tiefe)• Temperatursinn• Juckempfindung• Schmerzsinn

• Sehen• Hören• Gleichgewichtssinn• Schmecken • RiechenJede der Modalitäten kann noch unterschiedliche Submodalitäten haben.

Biosensoren im Menschen

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren im Menschen - Reize und Transduktion

Unabhängig von den Eigentümlichkeiten der verschiedenen Sinne werden in jedem System vier essentielle Eigenschaften eines Reizes kodiert.• Qualität• Intensität• Dauer• Räumliche Dimension

Transduktion: Umwandlung des Reizes in eine elektrische PotentialänderungTransformation: Das Rezeptorpotential wird beim Überschreiten einer Schwelle durch die Öffnung potentialabhängiger Natriumkanäle in ein Aktionspotential umgewandelt.Konduktion: Reizweiterleitung

Reiz Rezeptorpotential Aktionspotential Transduktion Transformation Konduktion

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Physikalischer Sensor

1. Physikalische Wechselwirkung2. Elektrische Signalgenerierung

Chemischer Sensor

1. Transport der Analyte2. Chemische Wechselwirkung3. Umwandlung in ein Physikalisches

Signal4. Elektrische Signalgenerierung

Technische Sensoren

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Elektronik- und SensorMaterialienBewegungssensoren

Bewegungssensoren lassen sich in drei Kategorien einteilen:• Beschleunigungssensoren• Gyroskope• MagnetfeldsensorenDiese können einzeln oder auch in Kombination eingesetzt werden

Beschleunigungssensoren GyroskopeMessen die Beschleunigungin drei Richtungen: (hoch-runter, links-rechts und vor-zurück)

MagnetfeldssensorenMessen die Rotation in dreiRichtungen:

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Der Gleichgewichtssinn

Die Wahrnehmung der Gravitation hat ihr Zentrum im Gleichgewichtsorgan (vestibuläres System) von Innenohr. Essenziell ist außerdem das visuelle System.Zum Gleichgewichtssinn tragen außerdem bei:• die Muskulatur des Skeletts - bei Körperdrehungen und teilweise bei

Beschleunigung• das Gesäß (in der Fliegersprache das „Sitzfleisch“) - bei Beschleunigungen vor

allem in vertikaler Richtung• das Gehör - zur Schätzung von Geschwindigkeiten mit Hilfe von Luftgeräuschen,

sowie• der Hautsinn - für Eigen- und Luftbewegungen.

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Das menschliche Ohr

Mittelohr: ist eine Höhle (Paukenhöhle). Hier befinden sich die drei kleinsten Knochen des menschlichen Körpers, die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel. Während der Hammer direkt mit dem Trommelfell verbunden ist, befindet sich der Steigbügel unmittelbar am „ovalen Fenster”, einer zweiten dünnen Membran. Sie verbindet das Außenohr mit dem Innenohr und „übersetzt” die Schallwellen der Luft in die entsprechenden Signale für das Innenohr, das mit Flüssigkeit gefüllt ist. Das ovale Fenster überträgt die Informationen des Mittelohrs in das Innenohr.

Das menschliche Ohr

Außenohr: ist das sichtbare Ohr. Das Trommelfell ist ein dünnes Häutchen. Es vibriert im Rhythmus der Schallwellen und leitet diese Vibration an die Knöchelchen des Mittelohrs weiter.

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Der Gleichgewichtssinn: Vestibuläres System

Das vestibuläre System besteht aus insgesamt 5 Organen:• den zwei Macula- oder Otolithenorganen (in Utriculus und Sacculus) zur Detektion

der Linearbeschleunigung • den drei Bogengängen zur Detektion von Drehbeschleunigungen

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Der Gleichgewichtssinn

Die Sinnesepithelien des Utriculus und Sacculus sind flächig und enthalten jeweils 30000 bzw. 16000 Haarzellen. Die Otolithen in ihnen sind aus Calcit und haben eine höhere Dichte als die sie umgebende Lymphe (träge Masse). Sie verschieben bei Einwirkung einer Beschleunigung die Otolithenmembran gegenüber das darunter liegende Epithel. Die mechanische Auslenkung der Haarzellen bewirkt ihr feuern. Die macula utriculi liegt bei aufrechter Kopfhaltung waagerecht und kann daher horizontale Linearbeschleunigungnen wahrnehmen. Die macula sacculiist senkrecht dazu angeordnet und registriert vertikale Beschleunigungen

macula utriculi

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Haarzellen

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Bei einer Drehbeschleunigung des Kopfes um eine Achse die senkrecht zur Bogengangsachse steht wird die Cupula ausgelenkt (Massenträgheit des Bogeninhalts = Endolymphe). Da alle Haarzellen eines Bogenganges die gleiche Ausrichtung haben, reagieren sie alle mit der gleichen Antwort. Die Bogengänge registrieren also jede Bewegung und Lageveränderung des Kopfes.

Biosensoren - Der Gleichgewichtssinn : die Bogengänge

Die Bogengänge sind nahezu rechtwinklig zueinander angeordnet. Jeder Bogengang ist für eine Rotation um eine der drei Raumachsen empfindlich.

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Die geradlinige Beschleunigung ist eine Messgröße, die mit den Messgrößen Kraft F, Geschwindigkeit v und Weg s über physikalische Grundgleichungen verbunden ist. Das Formelzeichen ist a, die Einheit m/s2 (oder ein Vielfaches des mittleren Wertes der Erdbeschleunigung). Der Zusammenhang der Kraft mit der beschleunigten Masse durch das 2. Newtonsche Axiom gegeben :

Beschleunigungssensoren - Funktionsweise

amF mFa

skF

Das Grundprinzip aller Beschleunigungssensoren besteht darin, die Wirkung der Beschleunigung auf ein gedämpftes Feder-Masse-System zu messen. Die Wirkung der Beschleunigung besteht darin, dass die elastisch an das Gehäuse angekoppelte seismische Masse sich bei Beschleunigung gegenüber dem Gehäuse verschiebt (Strecke s).

Grundprinzip: Feder

a

Hook´sches Gesetzmska

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Elektronik- und SensorMaterialienBeschleunigungssensoren bei denen die Änderungen von Kapazitäten zur Messung der Verschiebung der seismischen Masse verwendet wird, sind die am häufigsten verbreiteten. Die Abbildung zeigt den prinzipiellen Aufbau eines kapazitiven Beschleunigungs-Sensors. Die elastisch aufgehängte Masse m ist als Elektrode eines oder mehrerer Kondensatoren ausgebildet, wobei diese Anordnung vorzugsweise als Differentialkondensator aufgebaut ist, so dass sich der Plattenabstand s0 des einen Kondensators um den gleichen Betrag s verringert wie sich der des anderen vergrößert.

Beschleunigungssensoren

s0±s

s0+s

s0-sa

a

s

m

UUss 2

0

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Elektronik- und SensorMaterialienBeschleunigungssensoren – Technische Realisierung

Um den Effekt zu vergrößern werden häufig Ausführungen mit Kammkondensatoren gewählt:

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Elektronik- und SensorMaterialienBeschleunigungssensoren – Technische Realisierung

Um Beschleunigungen in allen drei Raumrichtungen gleichzeitig mit einem Bauelement messen zu können werden häufig dreifach Beschleunigungssensoren, die sich nur in ihrer Messrichtung unterscheiden, hergestellt. x und y werden senkrecht zueinander in der Ebene gemessen. z wird aus der Ebene herausgemessen

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Elektronik- und SensorMaterialien

3. Gassensoren

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Die Nase

Für die Wahrnehmung von Duftstoffen und Pheromonen gibt es zwei unterschiedliche Organe in der Nase. Duftstoffe werden im Riechepithel detektiert. Das Riechsignal wird dann an den Riechkolben (Bulbus olfactorius) weitergegeben, die erste Verarbeitungsstation der Riechinformation im Gehirn.Zur Wahrnehmung von Pheromonsignalen dient dagegen das vomeronasaleOrgan (auch Jacobson Organ), das von einer kleinen Röhre in der Nasenscheidewand gebildet wird.

Aufbau der menschliche Nase

(5cm2 =10-30 MillionenRiechzellen)

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Das Riechepithel

Aufbau des Riechepithel10 µm

Riechzellen

Stütz-zellen

Riech-epithel

Basal-zellen

Das Epithel wird von einer einzelnen Schicht Stützzellen zur Nasenhöhle hin begrenzt. Darunter erkennt man die Riechzellen, primäre Neurone, deren Axone in der Submucosa gebündelt werden und dann zum Riechkolben ziehen, wo sie mit Mitralzellen Synapsen bilden. Riechzellen haben eine Lebenszeit von nur wenigen Wochen. Sie sterben nach 3 - 6 Wochen ab und werden durch nachdifferenzierende Basalzellen ersetzt.

Bowman Drüse

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Elektronik- und SensorMaterialien

Die chemosensorischen Teile der Riechzellen sind die Zilien. Von einer Verdickung am Ende des Dendriten einer jeden Riechzelle gehen 10 - 20 Zilien aus und reichen in die Nasenhöhle. Dort liegen die Zilien in einer Mukusschicht, die von den Bowman Drüsen gebildet wird. Duftstoffe aus der Atemluft lösen sich in der Mukusschicht, kommen mit der Zilienmembran in Kontakt und lösen die chemoelektrische Transduktion aus. Die Duftstoffselektivität der Riechzellen kommt dadurch zustande, daß jede Zelle nur eines der über 1000 Rezeptorgene exprimiert. Demzufolge besitzt jede Riechzelle nur einen Typ Duftstoffrezeptor und reagiert nur auf einen kleine Gruppe chemisch verwandter Substanzen.

Biosensoren - Das Riechepithel

Olfaktorische Rezeptoren sind7-Transmembran-Helix-Rezeptoren

Odorant Bindungsplatz

Blau: Strictly conservedRot: Highly variable

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Kationenflussdepolarisiert die neuronale Membran⇒ Aktionspotentialwird induziert

N

N

N

N

NH2

O

O

P O OH

O-O

cAMP

1000 Rezeptorgene von denen nur ~300 funktionell sind

Biosensoren - Signaltransduktion in Riechzellen

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Elektronik- und SensorMaterialienBiosensoren - Signaltransduktion in Riechzellen

Signaltransduktion in RiechzellenKationeneinstrom + Anionenausstrom = Rezeptorstrom, der die Zilienmembrandepolarisiert und die Zelle elektrisch erregt. Calcium sorgt auch für die Abschaltung des Rezeptorstroms: Die cAMP-gesteuerten Kationenkanäle werden gehemmt, und gleichzeitig wird die cAMP-Konzentration durch Phosphodiesterase (PDE) gesenkt. Calcium wird aus den Zilien durch Na/Ca-Austauscher entfernt. Diese Moleküle nutzen die elektrochemische Potentialdifferenz des Na und koppeln Ca-Export an den Na-Einstrom.

Die meisten bekannten Duftstoffe aktivieren über ein G-Protein (Golf) die olfaktorische Adenylatzyklase (AC), so dass bei Duftstimulation die cAMP-Konzentration in den Zilien ansteigt. cAMP aktiviert Kationenkanäle in der Zilienmembran. Diese leiten vor allem Calcium aus dem Mukus in die Zilien. Dies wiederum führt zur Öffnung Calcium-gesteuerter Chloridkanäle, die einen Chloridfluss aus den Zilien in den den Mukus leiten.

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Elektronik- und SensorMaterialien

Riechzellen, die das gleiche Rezeptorgen exprimieren (und damit die gleiche Duftstoffselektivität besitzen) sind über die Fläche des Riechepithels zufällig verteilt. Ihre Axone projezieren jedoch nur auf ein oder wenige Glomeruli im Riechkolben. Die Mitralzellen eines Glomerulus werden also nur bei Detektion einer kleinen Gruppe von Duftstoffen aktiviert. Da unterschiedliche Glomeruli mit Riechzellen unterschiedlicher Selektivität verbunden sind, ergibt sich bei Stimulation mit einer Duftstoffmischung ein Aktivitätsmuster der Glomeruli im Riechkolben. Dieses räumliche Aktivitätsmuster kann von den nachgeschalteten Ebenen des Riechsystems als Geruch interpretiert werden.

Biosensoren - Signalweiterleitung in Riechzellen

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Elektronik- und SensorMaterialien

Reaktion unterschiedlicher Riechzellen auf verschiedne Duftstoffe

Riechzellen sind weder sehr spezifisch (selektiv) noch sehr empfindlich. Mit 350 verschiedenen Riechzellen können jedoch alle Duftstoffe durch Musteranalyse erkannt werden.

Duftstoffe

OSN1

OSN2

Empfindlichkeit zweier Riechzellen

norm

. Rez

epto

rstr

om

Biosensoren - Signaltransduktion in Riechzellen

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Probe

Sensor-Feld

time

Sig

nal

time

Sig

nal

time

S1

S2

S3

Rezeptoren in der Nase

Sign

al

1

Signalmuster

2 3

Mustererkennung

Mustererkennung

Elektronsiche Nasen

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Elektronik- und SensorMaterialienElectronic Nose System

Manufacturer Sensor

Technology # of Sensors

Pattern Recognition Algorithms

Price ($)

Country of Origin

WMA Airsense Analysentechnik GmbH MOS 10 ANN, DC, PCA 20,000-

43,000 Germany

Fox x000 AlphaMOS

QCM, SAW, CP, MOS 6-24 ANN, DFA, PCA 20,000-

100,000 France

AromaScan OsmeTech Inc. CP 48 ANN, FL 20,000-

75,000 U.K.

BH114 Bloodhound Sensors Inc. CP 14 ANN, CA, DA,

PCA ? U.K.

Cyranose 320 Cyrano Sciences Ltd. CP 32 PCA 5,000 USA

Enose 5000 Marconi Ltd.

QCM, MOS, CP, SAW 8-28 ANN, DA, PCA ? U.K.

Znose 4200 Electronic Sensor Tech. SAW, GC 6-15 SPR 19,500-

25,000 USA

QMB6 – HS40XL HKR Sensorsystem GmbH QCM 6 ANN, PCA ? Germany

MOSES II Lennartz Electronik GmbH QCM, MOS 16 ANN, PCA ? Germany

NST 3210 Nordic Sensor Technologies

MOS, FET, QCM 22 ANN, PCA 40,000-

60,000 Sweden

OligoSense OligoSense CP ND/PR ND/PR ? Belgium

SAM Daimler RST Rostock

QCM, SAW, MOS 6-10 ANN, PCA 50,000 Germany

SMart Nose 300 SMart Nose MS N/A DA, PCA ? Switzerland

VOCmeter MoTech Sensorik, GmbH QCM, MOS 8 ANN, PCA ? Germany

FreshSense Element Ltd. MOS ND/PR ND/PR ? Iceland

4440B HP – Agilent Technologies MS N/A Various

Chemometrics 79,900 USA

VaporLab MicroSensor Inc. SAW 2 ND/PR 5,000 USA

Libra Nose Technobiochip QCM 8 ND/PR 5,000 Italy

Kommerzielle elektronische Nasen

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Elektronik- und SensorMaterialien

Modularität (auch Baukastenprinzip) ist die Aufteilung eines Ganzen in Teile, die als Module, Bauelemente oder Bausteine bezeichnet werden und über entsprechende Schnittstellen interagieren.Bei einem modularisierten Aufbau werden Gesamtsysteme aus standardisierten Einzelbauteilen entlang definierter Schnittstellen zusammengesetzt.Mögliche Vorteile sind:• Variationen durch Kombination mehrerer Komponenten verschiedener Gruppen

aus einer Produktklasse• Billige Herstellung durch baugleiche Serien• Niedrige Entwicklungskosten und schnellere Produktzyklen

Chemisensitive Schichten - Baukastenprinzip

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ID-Au-Electrodes

Komposit-Film

Selbstassemblierbar:• Kontrolle der molekularen Architektur• sehr dünne Filme (<50nm) Schnelle Ansprechzeiten

Metall-Nanopartikel:

• hohe Empfindlichkeit (hohe Oberfläche) • Leitfähiges Material Einfache Signaltrans-duktion (R) •Anpassbare Sensitivität(„Rezeptoren“ für Gase)

Metallzentrum

LigandN

HH

Organische Linker Moleküle:

• Anpassbare Sensitivität(„Rezeptoren“ für Organik)•Raumtemperaturbetrieb (niedriger Energieverbrauch)

• gute mechanische Stabilität Anwendung in Flüssigkeiten

SHR

HS

Chemisensitive Schichten - Baukastenprinzip

Transducer:

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Forschungsthema am IESM: Chemische Sensoren auf Goldnanopartikel-Basis

Herstellung Gold-Nanopartikel

Filmabscheidung

Messung

Cheese

Pont l’Évêque

Leerdammer

Roquefort

Camembert

Foto: Müller

Chemisensitive Schichten - Baukastenprinzip

Herstellung org. Moleküle

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Elektronik- und SensorMaterialienVorteile elektronischer Nasen:

Variationsmöglichkeiten:

• Design des Arrays

• Variation/Kombination des Transducers

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Elektronik- und SensorMaterialienVorteile elektronischer Nasen:

• Integrierbar:

• Multiple Datanalytik möglich

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Elektronik- und SensorMaterialien

Zusammenfassung:

• Über die Funktionsweise von Sensoren, Aktoren und die Informationsverarbeitung beim Menschen ist verhältnismäßig viel bekannt.

• Funktionsprinzipien lassen sich meist nicht 1:1 umsetzten. Die physikalischen Prinzipien dahinter sind aber oft gleich

• Anleihen an die Natur werden aber häufig gemacht.