EnERgIE - Fraunhofer IOSB in Kooperation mit dem Fraunhofer UMSIcHT bearbeitet wurde....

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52 Kernkompetenz Systemtechnik Kompetenzen und Portfolio Um die Herausforderungen einer ökonomischen, ökologischen, efizienten und sicheren Energieversorgung im liberalisierten Umfeld zu meistern, bedarf es einer geschlossenen Betrach- tung des Gesamtsystems der Energieversorgung. Die Abteilung Energie des Institutsteils Angewandte Systemtechnik (AST) entwickelt hierfür innovative systemtechnisch optimierte Lösungen bezüglich aller Energieträger mit speziellem Fokus auf elektrische Energie. Dabei wird neben dem Versorgungs- prozess die informations- und kommunikationstechnische Seite ebenso betrachtet, wie die Dimension der Geschäftsprozesse. Dies ermöglicht beispielsweise die Erhöhung der Netzstabilität, eine optimale Einbindung bestehender elektrischer Anlagen und neuer, dezentraler Kleinsterzeuger, die Vermeidung von Netzengpässen, die efiziente Verteilung luktuierender Energie- einspeisungen und die Minimierung der Energiekosten. Im Störfall erlaubt die intelligente Vernetzung aller Betriebsmittel eine automatische Netzrekoniguration und damit die Vermei- dung von Großstörungen. Die Abteilung Energie gliedert sich in insgesamt 5 Arbeitsgruppen: EMS-EDM PROPHEt ® - Engineering • Projektmanagement • Bedarfs- und Einspeisevorhersage • Beschaffungsoptimierung im liberalisierten Markt • Optimierung energietechnischer Prozesse • Bilanzkreis- und Netznutzungsmanagement EnERgIE EMS-EDM PROPHEt ® - Entwicklung • Softwarelösung EMS-EDM PROPHET ® • Umsetzung von Vorhersage- und Optimierungsmethoden • Unterstützung der Marktregularien (MaBiS, KoV IV) • Offene, systemübergreifende IT-Architekturen • Skalierbare, hochperformante client / Server-Entwicklungen Energiesysteme • Netzsimulation und Netzplanung • Intelligente Netze (Smart Grids) • Optimale Netzbetriebsführung und adaptiver Netzschutz • Netzintegration Energiespeicher und E-Mobilität • Sichere IT-Infrastrukturen für Smart Grids Energiewirtschaft und Systemanalysen • Liberalisierte Energiemärkte und Geschäftsmodelle • Marktprozesse und Kommunikation Smart Metering • Energiewirtschaftliche Analysen • Entwicklung von Vorhersage- und Optimierungsmethoden Energietechnische Komponenten / Anlagen • Anlagentechnik und Kleinerzeuger • Komponenten für efiziente Energienutzung • Dezentrale Energiespeicher / Netzschutzkomponenten • Automatisierungsgeräte / Sichere IT-Komponenten

Transcript of EnERgIE - Fraunhofer IOSB in Kooperation mit dem Fraunhofer UMSIcHT bearbeitet wurde....

52 Kernkompetenz Sys temtechnik

Kompetenzen und Portfolio

Um die Herausforderungen einer ökonomischen, ökologischen,

efizienten und sicheren Energieversorgung im liberalisierten

Umfeld zu meistern, bedarf es einer geschlossenen Betrach-

tung des Gesamtsystems der Energieversorgung. Die Abteilung

Energie des Institutsteils Angewandte Systemtechnik (AST)

entwickelt hierfür innovative systemtechnisch optimierte

Lösungen bezüglich aller Energieträger mit speziellem Fokus

auf elektrische Energie. Dabei wird neben dem Versorgungs-

prozess die informations- und kommunikationstechnische Seite

ebenso betrachtet, wie die Dimension der Geschäftsprozesse.

Dies ermöglicht beispielsweise die Erhöhung der Netzstabilität,

eine optimale Einbindung bestehender elektrischer Anlagen

und neuer, dezentraler Kleinsterzeuger, die Vermeidung von

Netzengpässen, die efiziente Verteilung luktuierender Energie-

einspeisungen und die Minimierung der Energiekosten. Im

Störfall erlaubt die intelligente Vernetzung aller Betriebsmittel

eine automatische Netzrekoniguration und damit die Vermei-

dung von Großstörungen.

Die Abteilung Energie gliedert sich in insgesamt

5 Arbeitsgruppen:

EMS-EDM PROPHEt® - Engineering

• Projektmanagement

• Bedarfs- und Einspeisevorhersage

• Beschaffungsoptimierung im liberalisierten Markt

• Optimierung energietechnischer Prozesse

• Bilanzkreis- und Netznutzungsmanagement

EnERgIE

EMS-EDM PROPHEt® - Entwicklung

• Softwarelösung EMS-EDM PROPHET®

• Umsetzung von Vorhersage- und Optimierungsmethoden

• Unterstützung der Marktregularien (MaBiS, KoV IV)

• Offene, systemübergreifende IT-Architekturen

• Skalierbare, hochperformante client / Server-Entwicklungen

Energiesysteme

• Netzsimulation und Netzplanung

• Intelligente Netze (Smart Grids)

• Optimale Netzbetriebsführung und adaptiver Netzschutz

• Netzintegration Energiespeicher und E-Mobilität

• Sichere IT-Infrastrukturen für Smart Grids

Energiewirtschaft und Systemanalysen

• Liberalisierte Energiemärkte und Geschäftsmodelle

• Marktprozesse und Kommunikation

• Smart Metering

• Energiewirtschaftliche Analysen

• Entwicklung von Vorhersage- und Optimierungsmethoden

Energietechnische Komponenten / Anlagen

• Anlagentechnik und Kleinerzeuger

• Komponenten für efiziente Energienutzung

• Dezentrale Energiespeicher / Netzschutzkomponenten

• Automatisierungsgeräte / Sichere IT-Komponenten

Kernkompetenz Sys temtechnik 53

Aufgaben und Projekte

• Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (ThEGA)

Energiespeicherstudie für Mittel- und Niederspannungsnetze

• BMU-Projekt zur E-Mobilität: Gesteuertes Laden 3.0 unter

der Konsortialführung von BMW

• BMU-Speicherprojekt »Smart Region Pellworm« unter der

Konsortialführung E.ON Hanse / E.ON

• BMWi-Speicherprojekt »ADELE-ING« unter der Konsortial-

führung RWE

• eTelligence – Forschungsprojekt im Rahmen von »E-Energy«

zur intelligenten Vernetzung von Stromverbrauchern,

elektrischen Energienetzen und regenerativen Strom-

erzeugern (BMWi)

• IuK-Energie-Labor – Forschungs- und Entwicklungsplattform

zur Untersuchung und Entwicklung von IuK-Technologien

für zentrale und dezentrale intelligente Energieversorgungs-

systeme, Schulungszentrum für EMS-EDM PROPHET®

• Forschungsplattform Intelligente Energiesysteme – Vernet-

zung dezentraler Erzeuger, Speicher und Verbraucher zu

einem intelligenten, lokalen Energieversorgungssystem

• EMS-EDM PROPHET® – Energiemanagement mit Vorhersage

und Optimierung sowie Energiedatenmanagement für

liberalisierte Energiemärkte

• Fraunhofer-Zukunftsprojekt SuperGrid – Die Stromautobahn

der Zukunft: Analyse eines vermaschten HGÜ-Netzes für

Westeuropa und Nordafrika (Fraunhofer)

• Fraunhofer-Zukunftsprojekt Hybrider Stadtspeicher

– Regionales Grid-Balancing mit virtuellen Energiespeichern

• Bedarfsanalyse Energiespeicher (BMWi)

1 Intelligentes Lademanage-

ment für Elektrofahrzeuge.

2 SuperGrid: Vermaschte

HGÜ-Netze in Westeuropa und

Nordafrika.

Leitung:

Dr.-Ing. Peter Bretschneider

Telefon +49 3677 461-102

[email protected]

www.iosb.fraunhofer.de/AST

1

2

e n e r g I e

www.iosb.fraunhofer.de/?5379

54 Kernkompetenz Sys temtechnik

Datenbasis

Im Rahmen des Projektes wurde Deutschland zunächst in 146 Modellregionen unterteilt. Die

clusterung erfolgte hauptsächlich auf Basis der realen Bevölkerungsdichte, der Zentralisation

sowie der Gewichtung des Anteils von Industrie und Gewerbe. Für die hier implementierte

Szenarienbetrachtung wurde die Leitstudie 20101) herangezogen. Darauf aufbauend wurde

ein physikalisches Netzmodel entwickelt und vollständig implementiert. Dazu wurden im ersten

Schritt die veröffentlichungsplichtigen Netzkennzahlen der vier deutschen Übertragungsnetz-

betreiber herangezogen. Durch das extrem hohe Datenaufkommen und die Ungleichheiten in

der Struktur dieser Daten wurde im zweiten Schritt der Ist-Zustand des europäischen Verbund-

netzes nach Entso-E und ein Netzmodell aus einem UcTE-Berechnungsfall von 2002 heran-

gezogen. Aus dieser Datenbasis ließen sich die Betriebsmittel wie Netzknoten und Verbindungs-

leitungen und deren Parametrierungen für den Bereich des deutschen Übertragungsnetzes in

voller Breite extrahieren.

Das Modellsystem

Als Vorgabe für das Übertragungsnetzmodell wurde die Randbedingung, dass jede Region über

ihren geograischen Mittelpunkt (= Modellnetzknoten) mindestens eine Verbindung mit dem

Übertragungsnetz aufweisen muss, fest deiniert. Diese Annahme gewährleistet, dass jede der

146 Regionen im Modellsystem energetisch versorgt und somit in das Energiesystem vollständig

modEllBASIERTE, REgIonAl AuFgElöSTE

AnAlySE dES BEdARFS An nETzgEKoppElTEn

ElEKTRISCHEn EnERgIESpEICHERn zum

AuSglEICH FluKTuIEREndER EnERgIEn

Durch den mass iven Ausbau der erneuerbaren Energien kommt es bereits heute zu e inem Ungleichgewicht

zwischen der Stromerzeugung und -nachfrage, das s ich in Zukunft noch weiter verstärken wird. Die lokale

Vertei lung dieses Ungleichgewichts in Deutschland und die Frage, ob es eher einen Strommangel (posit iver

Energieausgle ichsbedarf ) oder e inen Stromüberschuss (negat iver Energieausgle ichsbedarf ) geben wird, i s t

Untersuchungsgegenstand eines Gemeinschaftsprojektes, dass vom Inst itutstei l Angewandte Systemtechnik

AST in Kooperat ion mit dem Fraunhofer UMSIcHT bearbeitet wurde.

Ansprechpartner:

Fraunhofer-Institutsteil

Angewandte Systemtechnik AST

Dipl.-Ing. Daniel Beyer

Telefon +49 3677 461-149

[email protected]

1) J. Nitsch et al.: Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global, »Leitstudie 2010«. Studie gefördert vom BMU (BMU – FKZ 03MAP146), Dezember 2010.

Gefördert durch:

aufgrund eines Beschlusses

des Deutschen Bundestages

1 2

Partner:

Fraunhofer-Institut für Umwelt-,

Sicherheits- und Energietechnik

Kernkompetenz Sys temtechnik 55

integriert ist. Die Verbindungsleitungen wurden unter Berücksichtigung von ENTSO-E-Vorgaben

für Betriebsmittel zu einem geograisch orientierten abstrakten Netzmodell überführt. Die

optimale Fahrweise der konventionellen Erzeuger und des unter Beachtung der Netzrestriktionen

erforderlichen lokalen Energieausgleichsbedarfs wurden mit einem eigens dafür entwickelten

Optimierungsansatz (LEO – Last- und Erzeugungsluss-Optimierung) für alle Betrachtungszeit-

räume unter Berücksichtigung der regional installierten Leistungen, volatilen Einspeisungen und

Bedarfe berechnet. Zur Modellierung des komplexen multikriteriellen Optimierungsmodells kam

die Softwarelösung EMS-EDM PROPHET® zum Einsatz. Mit diesem Verfahren lässt sich auf den

lokalen Energieausgleichsbedarf jeder Zelle unter Berücksichtigung von Netzrestriktionen schließen.

Das Simulationsmodell

Im Laufe der Simulationen über die Jahresintervalle zeichnete sich durch den zukünftigen

Anstieg des Zubaus der erneuerbaren Erzeugungsanlagen ab, dass es zu einem signiikanten

Leitungsauslastungsanstieg in einzelnen Regionen kommen wird – bei gleichzeitig stark

erhöhtem Energieausgleichsbedarf.

Ergebnis

Als eines der Hauptergebnisse wurde festgestellt, dass aufgrund des Anstiegs des Ausbaus der

erneuerbaren Energieerzeugeranlagen (Wind, PV) ein immenser Zuwachs bei der Leitungsaus-

lastung zu erkennen ist. Dieses Überlastphänomen betrifft zum einen Regionen, bei denen die

luktuierende erneuerbare Energieerzeugung sehr stark über dem Bedarf liegt als auch Regionen,

bei denen der Bedarf künftig nicht aus der eigenen nahe gelegenen Erzeugung gedeckt werden

kann. Durch den limitierenden Faktor der Transportkapazitäten können außerdem energetische

Senken nicht vollumfänglich mit entsprechenden energetischen Quellen bedient werden.

Darüber hinaus entstand als Ergebnis des Forschungsprojektes ein allgemeingültiges Simulations-

modell in Verbindung mit einem deinierten Vorgehensmodell, welches auch für künftige Projekte

hinsichtlich netztypischer Fragestellungen genutzt werden kann.

Projektbeschreibung

• Name: »Modellbasierte, regional aufgelöste Analyse des Bedarfs an netzgekoppelten

elektrischen Energiespeichern zum Ausgleich luktuierender Energien«

• Teilprojekt: Bedarfsanalyse Energiespeicher – Netztypisierung und Netzsimulation

• Laufzeit: 2009 - 2012

Stichworte / Deskriptoren

Netzsimulation, Netzmodellierung, Energienetzabstraktion, Netzautomatisierung,

Energieausgleichsbedarfsermittelung

Projektdurchführung

Dr.-Ing. Peter Bretschneider,

Dipl.-Ing. Daniel Beyer,

Benjamin Fischer M.Eng.

Literatur

[1] Bretschneider, P.; Nicolai, S.;

Ritter, S.; Beyer, D.: »Was können

moderne Speicher zukünftig im

Netz leisten« VDI Wissensforum

Elektrische Energiespeicher,

Wiesbaden, 2011

[2] Wrobel, P.; Beyer, D.: »Local

Energy Balancing Demand for

Germany«, Eurosolar IRES 2011

[3] Patrick Wrobel, Daniel Beyer

»Analysis of the local energy

balancing demand in Germany«,

Eurosolar IRES 2011

[4] Beyer, D.; Karstädt, F.; Fischer, M.;

Agsten, M.; Bretschneider, P.:

»Electrical Power and energy

compensation demand with regard

to topological restrictions of the

German mains for an eficient

operation of a Smart Grid«,

IEEE PES ISGT 2012 Berlin

1 Auftreten / Statusquo der

konventionellen und erneuerba-

ren Kraftwerksparks in Deutsch-

land laut BNetzA. ([] konventio-

nelle Kraftwerke, * erneuerbare

Erzeugung).

2 Projektregionen mit lokalen

Energieausgleichsphänomenen.

(gelb = sowohl positiver als auch

negativer EAB; rot = positiver

EAB; blau = negativer EAB).

3 (Leitungs-) Kabelauslastung/-belastung aller im Modell hinterlegten Leitungen. (kein Netzausbau, Stand 2010 ÜN).

56 Kernkompetenz Sys temtechnik

Kompetenzen und Portfolio

Die Abteilung Wasser und mobile Systeme beschäftigt sich

mit der ganzheitlichen, integrierten Betrachtung von Wasser-

versorgungssystemen, der Entwicklung von eingebetteten

Systemen sowie Assistenzsystemen und autonom fahrenden

Land- und Unterwasserfahrzeugen. Die Abteilung Wasser

und mobile Systeme gliedert sich in 3 Arbeitsgruppen:

Eingebettete Systeme

• Vernetzung von eingebetteten Systeme

• Eingebettete Steuerungs- und Regelungssysteme

• Systemdesign und Module für autonome Fahrzeuge

• Hardwareintegration

• Führungssysteme für Fahrzeuge

• Fernwartungs- und Diagnosesysteme

• Sensordatenfusion und Simulation

Wasserversorgung und Abwasserbehandlung

• Trinkwassergewinnung

• Trinkwasseraufbereitung

• Trinkwasserverteilung

• Speicher- und Talsperrensysteme

• Abwassersammlung

• Abwasserbehandlung

• Schlammbehandlung

• Verwertung von Abwasser

Maritime Systeme und Oberlächenwasser

• Simulations- und Führungssoftware für Unterwasserfahrzeuge

• Design, Konstruktion und Aufbau von Unterwasserfahr-

zeugen sowie druckfesten Modulen

wASSER- und moBIlE SySTEmE

• Virtuelle Testumgebungen zur Simulation mobiler Systeme

und Evaluation von Fahrzeugführungsstrategien

• Steuerungsfunktionen für die automatisierte Inspektion von

Unterwasserinfrastrukturen, Seekabeln und Pipelines

• Modellierung, Simulation und Optimierung von Oberlächen-

wassersystemen

• Sturzlutwarnsysteme

• Wasserbedarfsprognose

Aufgaben und Projekte

• Wasserversorgung und Abwasserbehandlung

• HydroDyn – Dynamische Rohrnetzberechnung und –

bewirtschaftung für Trinkwasser- und Gasnetze

• POS – Prozessoptimierungssystem für Kläranlagen

• TOS – Modellierung, Steuerung, Simulation und Optimierung

von Speicher- und Talsperrensystemen

• MoMo Phase II – Integriertes Wasserressourcenmanagement

in Zentralasien: Modellregion Mongolei (BMBF) Intelligente

Automatisierungslösung für eine ressourcenefiziente

Netzbetriebsführung und Hochbehälterbewirtschaftung in

»ReWaNet« (TWV) Entwicklung einer akuten Systemlösung

zur Wasser- und Abwasseraufbereitung mit online Prozess-

und Anlagensteuerung in Leichtbauweise »ASWA« (BMWi)

• Eingebettete Systeme

• QUANJO TDS – Technologiedemonstrator eines Mittelroboter-

systems mit autonomen Fähigkeiten

• Fraunhofer-Zukunftsprojekt SENEKA – Sensornetzwerk mit

mobilen Robotern für das Katastrophenmanagement

• AVATARES – Autonome Testplattform für die Erprobung

und Bewertung von Fahrassistenzsystemen

(ARIES Ingenieara y Sistemas S. A.)

Kernkompetenz Sys temtechnik 57

• EmNAV-Box – Eingebettetes Modul zur Verbesserung der

Positionsbestimmung für mobile Systeme

• Umfeldsteuerungs-Zusatzmodule für intelligente E-Rollstühle

(Otto Bock Mobility Solutions GmbH)

• ServiceAssist – Fernwartungssystem für E-Rollstuhlsysteme

(Otto Bock Mobility Solutions GmbH)

• EDUL – Generische Entwicklungs- und Demonstrationsplatt-

form zur autonomen Umweltinteraktion von Landfahrzeugen

• cANcAR-i2m2 – Intelligentes individuelles medizinisches

Monitoring im Fahrzeug (S+SE GmbH)

• Maritime Systeme und Oberlächenwasser

• TIETEK: Tiefsee-Inspektions- und Explorations-

Technologiekonzept (Fraunhofer)

• cView: Unterwasserinspektion von Schiffshüllen, Piers

und Anlegestellen durch autonome Unterwasserfahrzeuge

(BMWi)

• STUWASyS: Vorhersage und Management von Hochwasser-

ereignissen an kleineren Flüssen und Bächen bei Starknieder-

schlägen – Pilotprojekt Truse (Thüringer Ministerium für

Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz)

• SALMON: Sea Water Quality Monitoring and covering

- Wasserqualitätsmonitoring mit autonomen Unterwasser-

fahrzeugen (EFRE)

• Underwater Vision: Sensors and algorithms for optical

underwater inspections (Vorstandsförderung Fraunhofer)

• cViewVR: Softwarelösung zur Visualisierung und Simulation

von Unterwasserfahrzeugen und deren Sensorik

• WaterLib 2.0: Modellbibliothek für die Erstellung von

Entscheidungshilfesystemen für die Wasserversorgung

• KAPITAS: Kabel- und Pipeline-Inspektion in der Tiefsee mit

autonomen Systemen (BMWi)

1 Modulbasierte Fahrtführung

automatisierter und autonomer

Fahrzeuge.

2 Einsatz in der Tiefsee TIETEK.

Leitung:

Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Rauschenbach

Telefon +49 3677 461-124

[email protected]

www.iosb.fraunhofer.de/AST

1

2

58 Kernkompetenz Sys temtechnik

technologie

Das Spektrum der autonomen Fahrmanöver sind typische Testsituationen für Fahrerassistenz-

systeme, wobei wichtige Aspekte die Genauigkeit, die zeitliche Wiederholbarkeit der Manöver

und die Interaktion mit dem zu testenden Fahrzeug sind. Basisfahrmanöver des Testträgers sind

u. a. Beschleunigungs- und Bremsvorgänge, Spurwechsel und das bewusste Einfahren in den

Pfad des zu testenden Fahrzeuges.

Für die Realisierung der autonomen Fahrfunktion ist eine Reihe von Fähigkeiten umzusetzen.

Die Wiederholbarkeit der Fahrmanöver bedingt eine hochgenaue Ortsbestimmung mit hoher

AVATARES – modulBASIERTE FAHRTFüHRung

EInER AuTonomEn plATTFoRm zum TEST

Von FAHRERASSISTEnzSySTEmEn

In den vergangenen Jahren s ind die Akt iv i täten bezügl ich der Erforschung und Nutzbarmachung von Tech-

nologien für autonome Fahrzeuge weiter voran gegangen. E in tre ibender Aspekt der Entwicklung s ind

neben den Anwendungen im Straßenverkehr auch industr ie l le Appl ikat ionen wie im Logist ik- , Serv ice- und

der Home-care-Bereich bis hin zu sicherheitsbezogenen Anwendungen. Darüber hinaus macht die zuneh-

mende Senkung der Kosten für Sensor ik und Datenverarbeitungshardware die Überführung der Ergebnisse

der Forschung zu autonomen Fahrzeugen in wirtschaft l iche Anwendungen interessant.

Im Eurostars Projekt »AVATARES« (Autonomous Vehicle for Automotive Testing And REsearch in Safety“)

geht es dabei um die Anwendung von autonomen Fahrzeugen für ein neuart iges aktives Testsystem zur

Evaluierung von aktuel len und zukünftigen Fahrerassistenzsystemen, wie s ie z. B. bereits jetzt mit automa-

tischen Notbremsassistenten angeboten oder zukünftig mit automatischen Ausweichassistenten entwickelt

werden könnten. Die Herausforderung l iegt zum einen im Design und der Umsetzung eines geeigneten

Testträgers und zum anderen in der Entwicklung von reproduzierbaren Fahrmanövern u. a. auch in Interak-

t ion mit dem zu testenden Fahrzeug. Der Testträger sol lte dabei eine maximale Geschwindigkeit von 80km/h

aufweisen können und gleichzeit ig so gestaltet sein, dass eventuel le Kol l is ionen mit dem zu testenden

Fahrzeug keine ernsthaften Schäden verursachen. Für die Entwicklung des Testträgers war das Unternehmen

Aries Ingeniería y Sistemas, S.A. (Projektleitung), ein weltweit agierender Spezial ist für kundenspezif ische

Testsysteme im Automotive-Bereich, verantwortl ich. Der Kerngedanke l iegt dabei in der Auftei lung des

Testträgersystems in eine möglichst f lache und robuste Fahrplattform zusammen mit einem flexiblen und

deformierbaren Aufbau. Im Extremfal l kann der Testträger so ohne größere Schäden überfahren werden. Die

Entwicklung und Real is ierung des gesamten Steuerungssystems für die autonomen Fahrfunktionen wurde

durch die Gruppe Eingebettete Systeme des Institutsteils Angewandte Systemtechnik in I lmenau übernommen.

Ansprechpartner:

Fraunhofer-Institutsteil

Angewandte Systemtechnik AST

Prof. Dr.-Ing. Andreas Wenzel

Telefon +49 3677 461-144

[email protected]

Dr.-Ing. Fabian Müller

Telefon +49 3677 461-140

[email protected]

1

w a s s e r u n d m o B I l e s y s t e m e

www.iosb.fraunhofer.de/?14961

Kernkompetenz Sys temtechnik 59

Abtastrate. Zu diesem Zweck wird ein spezielles RTK-GPS mit einer Genauigkeit von bis zu

1-2 Zentimetern eingesetzt. Des Weiteren wurde eine Querführung im Sinne einer Regelung

der Testplattform entworfen, die die Querdynamik berücksichtigt, um auch für höhere

Geschwindigkeiten die Bahntreue und einen stabilen Fahrzustand sicherzustellen. Hierfür

reichten die Signaleigenschaften des RTK-GPS nicht aus. Ein spezielles Lokalisierungsmodul

wurde deshalb entwickelt, um mittels Erweitertem Kalman-Filter und der Nutzung von Bewe-

gungsinformation modellbasiert die relative Genauigkeit der Ortsbestimmung signiikant

zu verbessern.

Modulbasiertes Fahrtführungssystem

Die Struktur des modulbasierten Fahrtführungssystems ist in Abb. 3 dargestellt. Das Fahrt-

führungssystem besteht aus dedizierten Hardwaremodulen für die autonomen Fähigkeiten

zur Lokalisierung, Umgebungserfassung (Sicherheit) sowie der Missionsumsetzung (Planung

und Regelung). Die entsprechenden Module sind hierarchisch miteinander verbunden. Die

Module zur Lokalisierung und Umgebungserfassung werten die von den Sensoren gelieferte

Information aus. Sowohl diese Datenverarbeitung als auch die anschließenden Planungs- und

Regelungsschritte laufen auf eingebetteten Rechnereinheiten in Echtzeit mit bis zu 100 Hz ab.

Im Ergebnis tragen die in Ilmenau entwickelten Technologien dazu bei, dass zukünftig die

Funktion neuartiger Fahrerassistenzsysteme mit autonomen Testträgern hochgenau und

reproduzierbar überprüft werden kann. Dies geschieht auf Basis industrieller Sensorik und

echtzeitfähiger Datenverarbeitungshardware. Die dazu notwendigen Fahrmanöver lassen

sich schnell und lexibel erstellen. Für die Zukunft ist der weitere Ausbau der Fahrmanöver

sowie eine Überführung in Indoor-Testumgebungen geplant.

Projektbeschreibung

• Kollaborationsprojekt im Rahmen des EUROSTARS Programmes der EU

• Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung

• Partner: Aries Ingeniería y Sistemas, S.A. (Projektleitung, www.ariestesting.com)

• Laufzeit 18 Monate (2011 - 2013)

Stichworte / Deskriptoren

Autonome Fahrzeuge, Automatisierung, Testsysteme für Fahrerassistenzsysteme

Projektdurchführung

Prof. Dr.-Ing. Andreas Wenzel,

Dr.-Ing. Fabian Müller,

Dipl.-Ing. Christoph Eisenhut,

Dipl.-Ing. Achim Gehr

Literatur

[1] Müller, F.: Entwurf und Realisie-

rung eines modulbasierten Fahrt-

führungssystems für autonome

Fahrzeuge. Shaker, Dissertation,

2012

[2] Mueller, F.; Wenzel, A.; Gehr,

A.; Ament, C.: Embedded control

design of a mobile robot system:

results on a robust localization

module. 2010 IEEE International

Conference on Control Applications

(CCA) part of the IEEE Multi-Confe-

rence on Systems & Control (MSC).

Pages: 322-7, 2010

1 Komponenten des modul-

basierten Fahrtführungssystems

integriert in die vom Unter-

nehmen ARIES neu entwickelte

Fahrzeugplattform.

2 Die entwickelte Software

»AVATARES MissionPlanner«

dient der Koniguration der

autonomen Fahrmanöver

und der Überwachung im

Fahrbetrieb.

3 Das in der Gruppe Einge-

bettete Systeme entwickelte

Konzept des Modulbasierten

Fahrtführungssystems diente als

Grundlage für die Realisierung

der autonomen Fahrmanöver.

2 3

60 Kernkompetenz Sys temtechnik

Kompetenzen und Portfolio

Das Ziel der Abteilung informationsmanagement und

leittechnik ist die Entwicklung von Komponenten und

Gesamtlösungen für den Aufbau, den Betrieb und die

Plege komplexer Informations-, Leit- und Testsysteme.

Unsere Schwerpunkte liegen in den Anwendungsfeldern

Umwelt, Umwelt- und Gesundheitsrisiken, Sicherheit und

Produktion.

Auf der Grundlage agiler Methoden der Anforderungsanalyse

und des Systementwurfs sowie anerkannter Architektur- und

Kommunikationsstandards realisieren wir offene und innovative

Software-Lösungen, die auf den jeweiligen Kundenbedarf

zugeschnitten sind. Wir beraten Sie bei Ihren IT-Projekten und

unterstützen Sie beim Projektmanagement.

Für die jeweiligen Anwendungsfelder erforschen und

erproben wir die Praxistauglichkeit der Modellierungs- und

Kommunikationsmethoden für komplexe Fertigungsprozesse

und Produktionsanlagen (mittels AutomationML und OPc-UA),

Umweltsensoren (SensorML) und Umweltbeobachtungen

(mit Geo-Standards des Open Geospatial consortium OGc).

Wir modellieren Ihr domänen-speziisches Wissen mithilfe

von Ontologien (mit der Web Ontology Language OWL).

Wir realisieren lexibel erweiterbare Informations- und Leit-

systeme (z. B. für die Automobilproduktion) und ermöglichen

die automatische Projektierung dieser Systeme. Wir vernetzen

Simulatoren und Modelle auf der Grundlage der High-Level

Architecture HLA. Unser Informationsmanagementsystem

»WebGenesis®« unterstützt die efiziente Erstellung von

InFoRmATIonSmAnAgE-mEnT und lEITTECHnIK

Informationssystemen und Web-Portalen, mit komplexer

Wissensvernetzung, problem-speziischer Informationsaus-

wertung und personalisierter Interaktion.

Unsere Forschungsergebnisse zur intelligenten Suche in

heterogenen Datenbeständen, zur Extraktion von Wissen mit

Methoden des Data und Text Minings sowie zur gezielten

Fusion von heterogenen Sensordaten zu aussagekräftiger

Fachinformation reichern unsere Produkte an. In nationalen

und internationalen Projekten sind wir verantwortlich für die

systematische und moderierte Anforderungsanalyse sowie

die Speziikation und Umsetzung von serviceorientierten und

ereignisgetriebenen Architekturen (SOA / EDA).

Wir entwickeln Umweltfachanwendungen und verbinden

diese zu integrierten Umweltinformationssystemen. Unsere

informationstechnische Infrastruktur »WaterFrame®« erschließt

Datenbanken, Wissensmodelle, geograische Informations-

systeme (GIS) und fortschrittliche geo-statistische Verfahren

und unterstützt Sie bei der Erzeugung von thematischen

Karten, Diagrammen und Berichten.

Für die produzierende Industrie realisieren wir mit der »ProVis«-

Produktfamilie innovative leittechnische Komponenten und

Gesamtlösungen im Sinne integrierter MES (Manufacturing

Execution System) und betreuen diese im laufenden Betrieb. Die

Palette reicht von der Überwachung und Steuerung von Produk-

tionsanlagen und Produktionsbereichen in Automobilwerken,

über die Einführung und das Engineering von Leitwarten bis

hin zu Verfahren zur Fertigungssteuerung und Feinplanung.

Hin

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Kernkompetenz Sys temtechnik 61

Für ausgewählte Industriestandards (wie z. B. Foundation

Fieldbus, AutomationML und HLA) entwickeln und betreiben

wir Testsysteme mit dem Ziel, die Anwendung dieser Stan-

dards im Markt zu fördern und Interoperabilität in offenen

Systemen zu unterstützen.

Projekte und Produkte

• ProVis.Agent®: Agentenbasiertes Produktionsleitsystem zur

Überwachung und Steuerung automatisierter Produktions-

anlagen

• ProVis.Paula – Auswertesystem für Produktions- und Anlage-

daten mit Komponenten für Text- und Data-Mining

• ProVis.APS – Web-basiertes Feinplanungs- und -steuerungs-

system zur permanenten Optimierung des Fertigungsplans

• WebGenesis® – Web-basierte Informations- und Wissens-

managementlösungen für Umwelt, Verkehr, Automatisie-

rung und Vorhabensdokumentation

• WaterFrame® – Java-Framework zum Aufbau von Fachan-

wendungen und integrierten Umweltinformationssysteme

• Fusion4Decision – Dienstemuster zur Informationsfusion

und Entscheidungsunterstützung auf der Grundlage von

OGc-Standards

• GERTIcO – Modellierungs- und Kommunikationsinfrastruk-

tur für vernetzte Simulatoren, zertiiziert nach HLA-Standard

• SRL – Simulation Resource Library für die Dokumentation

von Simulationswerkzeugen und Modellen

• Network calculus – Methodik für die Leistungsbewertung

von Kommunikationsnetzwerken

• SemMES – Standardisierte semantische Schnittstelle

zwischen MES und Maschinenebene

Ausstattungen

• ProVis-Integrations- und Testlabor

Dipl.-Inform. Gerhard Sutschet

Telefon +49 721 6091-370

[email protected]

1 Umweltportal- und Umwelt-

informationssysteme.

Leitung:

Dr.-Ing. Thomas Usländer

Telefon +49 721 6091-480

[email protected]

www.iosb.fraunhofer.de/ILT

1

• WaterFrame-Integrations- und Testlabor

Dipl.-Ing. Jörg Stumpp

Telefon +49 721 6091-259

[email protected]

• Umweltsensornetzwerk INSENSUM

Dr.-Ing. Siegbert Kunz

Telefon +49 721 6091-600

[email protected]

• Fieldbus Foundation Konformitätstestlabor

Dipl.-Ing. Michael Theis

Telefon +49 721 6091-321

[email protected]

• AutomationML Test-center

Dr.-Ing. Miriam Schleipen

Telefon +49 721 6091-382

[email protected]

• Experimentierumgebung für die verteilte,

integrierte Simulation

Dipl.-Inform. Reinhard Herzog

Telefon +49-721-6091294

[email protected]

62 Kernkompetenz Sys temtechnik

Um Informationen efizient zu kommunizieren, bedarf es entsprechender Kommunikations-

mechanismen. Dies umfasst sowohl den Ablauf als auch die Methoden [3], also wie und über

welchen Kommunikationskanal Inhalte übermittelt werden können. Systeme, die mit einheit-

lichen Mechanismen arbeiten, erreichen Interoperabilität. Die Gruppe Leittechnik und Anlagen-

modellierung der Abteilung ILT setzt zur Kommunikation und Verarbeitung der auszutauschen-

den Informationen auf den Automatisierungsstandard OPc-UA (OPc Uniied Architecture) der

OPc Foundation (siehe www.opcfoundation.org). Dieser internationale Standard (IEc 62541)

indet in der Industrie immer mehr Verbreitung und bietet vielfältige Möglichkeiten. Die Kom-

munikation von OPc-UA basiert auf Webservices und ist plattform- und protokollunabhängig,

unterstützt die asynchrone und verteilte Kommunikation und bietet Lösungen für die Sicher-

heit, Zuverlässigkeit und Redundanz an. Darüber hinaus bietet OPc-UA mit seinem integrierten

vollvernetzten Informationsmodell unter Zuhilfenahme objektorientierter Modellierungs-

paradigmen die Möglichkeit, standardisierte aber auch herstellerspeziische Informationen zu

integrieren. OPc-UA unterstützt damit explizit die Kommunikation von strukturierten Inhalten.

wAndlungSFäHIgKEIT In dER pRoduKTIon

Die Rolle von AutomationML und OPC-UA für Industrie 4.0

Wandlungsfähigkeit ist eine der zentralen Forderungen an die Produktion von heute und morgen. In der Fabrik

der Zukunft spielen informationstechnische Systeme ebenso wie im täglichen Leben eine zentrale Rolle.

Typische Vertreter d ieser produkt ionsnahen IT-Systeme s ind Manufactur ing Execut ion Systeme (MES).

Sie unterstützen nach der VDI-Richt l in ie 5600 die produkt ionsre levanten Geschäftsprozesse e ines Unter-

nehmens. In der Architektur der industr ie l len Produkt ion s ind s ie zwischen der Automatis ierungsebene

und der Unternehmensle i tebene angesiedelt und agieren a ls B indegl ied für Informationen und Daten

zwischen den Ebenen.

Um auf die Wandlungsfähigkeit der Produkt ion geeignet e inzugehen, müssen auch al le produkt ionsnahen

IT-Systeme Wandlungsfähigkeit unterstützen und tragen. MES müssen daher Tei l e iner durchgängigen

Toolkette se in und bes i tzen durch ihre E igenschaft a ls Daten- und Informationsdrehscheibe e ine Vie lzahl

an Schnittste l len.

Um eff iz ient arbeiten zu können, müssen MES als Tei l der wandlungsfähigen Produkt ion a lso mögl ichst

gut und nahtlos mit anderen Systemen zusammenarbeiten. Bei diesem ebenen-übergreifenden Informations-

austausch spielen zwei Aspekte eine wichtige Rol le: Wie und was kommuniziert wird. Beide Fragestel lungen

müssen für e in generel les Vorgehen zwingend auf Standards bas ieren, d ie aus dem Automatis ierungs-

umfeld stammen.

Ansprechpartner:

Dr.-Ing. Miriam Schleipen

Telefon +49 721-6091-382

[email protected]

I n F o r m a t I o n s m a n a g e m e n t u n d l e I t t e c h n I k

www.iosb.fraunhofer.de/Ilt

Kernkompetenz Sys temtechnik 63

Dies ermöglicht den Einsatz über alle Ebenen der Architektur der industriellen Automatisierung

hinweg (siehe auch [1]). Das IOSB bietet für OPc-UA consulting, Studien, SW-Entwicklung und

Schulungen an.

Die kommunizierten Informationen müssen aber auch für alle Kommunikationspartner ver-

ständlich und verwertbar sein. Es ist also wichtig, dass die kommunizierten Daten strukturiert

vorliegen und die Bedeutung der Inhalte klar deiniert ist, damit alle Systeme die Informationen

verstehen und optimal nutzen können. Wird dies zusätzlich erreicht, spricht man von seman-

tischer Interoperabilität.

Im Zusammenhang mit MES und auch in anderen Ebenen der Architektur der industriellen

Automatisierung existieren dazu zahlreiche Normen und Standards. Leider gibt es aktuell keinen

einheitlichen Standard über die Ebenen hinweg, der für alle Aspekte anwendbar, praktikabel

und dennoch vollständig deiniert wäre.

Das IOSB setzt zur Beschreibung von Produktionsanlagen und ihrer Komponenten und

Eigenschaften auf AutomationML, das sich ebenfalls in der internationalen Standardisierung

(IEc 62714) beindet. AutomationML [2] wurde 2006 als Industrie-Konsortium gestartet und

wird mittlerweile vom AutomationML e.V. weiterentwickelt, in dem über 20 namhafte Firmen

und Forschungseinrichtungen Mitglied sind. AutomationML wurde als Datenaustauschformat

in der Anlagenplanung entwickelt und modelliert die verschiedenen Aspekte wie z. B. Anlagen-

hierarchie, Geometrie, Kinematik, Ablaufplanung und Verhalten, indem es auf bestehenden

Standards wie cAEX, collada und PLcOpenXML aufsetzt und zusätzliche Einschränkungen

festlegt, wie diese verwendet und kombiniert werden. AutomationML ist damit einer der

Kandidaten für einen Industrie 4.0-Standard. In der vernetzten Fabrik wird ohne die Nutzung

solcher Standards Kommunikation zwischen Geräten und Maschinen unterschiedlicher Hersteller

nicht möglich sein.

Da ein solcher Standard nur anwendbar ist, wenn die Korrektheit der Modelle gewährleistet ist,

bietet das IOSB neben Beratungs-, Schulungs- und Entwicklungsleistungen ab 2013 auch ein

AutomationML-Testcenter an, das im Web zur Verfügung steht und mit Hilfe dessen die Ein-

haltung der Syntax und der in den IEc-Speziikationen vorgeschriebenen zusätzlichen Regeln

geprüft werden kann (siehe Graiken). Die Syntaxprüfung im Testcenter erfolgt mit Hilfe der

XML-Schemata der einzelnen Standards. Die Formalisierung der textuellen Zusatzregeln wird

hierbei unter Zuhilfenahme von UML (Uniied Modelling Language) und OcL (Object constraint

Language) gelöst. Als Infrastruktur wird das IOSB-eigene System WebGenesis eingesetzt.

Neben der hier beschriebenen technischen Basis darf aber der Faktor Mensch nicht vergessen

werden. Entsprechende intuitiv nutzbare Schnittstellen zwischen dem Menschen und der Technik

müssen geschaffen werden; auch daran arbeitet das IOSB aktuell.

Literatur

[1] Bratukhin, A.; Sauter, T.: Bridging

the gap between centralized and

distributed manufacturing execution

planning. In: Proceedings of: IEEE

International Conference on Emer-

ging Technologies and Factory

Automation, 13.-16. September

2010, Bilbao, Spanien, 2010

[2] Drath, R. (Hrsg.): Datenaus-

tausch in der Anlagenplanung mit

AutomationML. ISBN 978-3-642-

04673-5, Springer-Verlag Heidelberg

Dordrecht London New York, 2010.

http://www.springer.com/computer/

information+systems/book/978-3-

642-04673-5

[3] Schleipen, M.: Automated

production monitoring and control

system engineering by combining

a standardized data format (CAEX)

with standardized communication

(OPC UA).Javier Silvestre (edit.),

Factory Automation, 978-953-307-

024-7, in-tech, pp.501-522. Acces-

sible at: http://sciyo.com/articles/

show/title/automated-production-

monitoring-and-control-system-

engineering-by-combining-a-

standardized-data-form. 2010

1 Syntax check.

2 Semantik check.

1 2

64 Kernkompetenz Sys temtechnik

Was macht das Fraunhofer IOSB in diesem Bereich?

Openiot

Das Fraunhofer IOSB bearbeitet das Thema »Internet der Dinge« (Internet of Things) in dem

Europäischen Förderprojekt »OpenIoT« (EU FP7 287305, Open source Solution for the Internet

of Things into the Cloud). Ziel von OpenIoT ist die Entwicklung einer Open-Source-Middleware

zur cloud-basierten Erfassung und Bearbeitung von semantisch annotierten Daten. Dabei werden

im Rahmen von unterschiedlichen Anwendungsszenarien Anforderungen für eine solche Middle-

ware formuliert und die entstehenden Lösungen werden in Referenzimplementierungen aus

diesen Anwendungsszenarien validiert. Das Fraunhofer IOSB verfolgt dabei eine Anwendung

aus dem »Smart city« Bereich.

Ein Schwerpunkt für das Fraunhofer IOSB ist die Untersuchung von Geschäftsmodellen für das

Internet der Dinge. Wie sich hier die Akteure und deren Dienstebeziehungen ändern werden,

ist Gegenstand der Untersuchung innerhalb des OpenIoT Projektes. Wichtig ist hierbei, dass die

Anforderungen der Anwendungen mit ihren Wertschöpfungsketten auf die Infrastrukturen

eines »Internets der Dinge« abgebildet werden können.

ENViROFi

Das »Future Internet Public-Private-Partnership (FI-PPP)« ist ein Forschungsprogramm, das von

der Europäischen Kommission in dem IcT-Arbeitsprogramm des siebten Rahmenprogramms

(FP7) gefördert wird. ENVIROFI (The Environmental Observation Web and its Service Applications

within the Future Internet, EU FP7 284898, www.enviroi.eu) ist eines der in FI-PPP behandelten

EnTwICKlungEn Im InTERnET dER zuKunFT

Das Internet der Dinge

Das Internet erfuhr in se iner noch recht kurzen Geschichte e in ige bemerkenswerte Wandlungen. Von einer

ursprüngl ichen Vernetzung von Großrechnern, über e ine rasante Verbreitung bis zu jedem Arbeitsplatz-

rechner, i s t das Internet heute in v ie len e lektronischen Geräten des Al l tags angekommen. Etwa 2005 war

der Punkt überschr i t ten, bei dem mehr Geräte mit dem Internet verbunden waren, a ls es Menschen auf

der Erde gibt. Heute geht man von etwa 20 Mi l l iarden Geräten mit Internetverbindung aus. Vor diesem

Hintergrund ist d ie Bezeichnung das »Internet der Dinge« zu verstehen. Was diese Entwicklung für die

Informationstechnik bedeutet, i s t derzeit Gegenstand in v ie len weltweiten Forschungsprogrammen, und

auch die Europäische Union widmet diesem Thema einen besonderen Schwerpunkt. Das Fraunhofer IOSB

ist mit se inem Geschäftsfe ld Informationstechnik ebenfal ls an diesem Thema betei l igt .

Ansprechpartner:

Dipl.-Inform. Reinhard Herzog

Telefon +49 721-6091-294

[email protected]

I n F o r m a t I o n s m a n a g e m e n t u n d l e I t t e c h n I k

www.iosb.fraunhofer.de/Ilt

Kernkompetenz Sys temtechnik 65

Use-case-Projekte und konsolidiert »Future-Internet«-Anforderungen aus dem Umweltsektor.

Die Umwelt-Domänen reichen von der Artenvielfalt über atmosphärischen Bedingungen bis

hin zu Meeres Ressourcen.

Oftmals stehen spezialisierte Modelle für die Verwendung dieser heterogenen Daten zur Ver-

fügung. Um die Bereitstellung dieser Modelle als Dienst zu ermöglichen, hat das Fraunhofer

IOSB die Fusion4Decision Architektur entworfen. In dieser Architektur können Modelle in den

Sprachen R oder Matlab implementiert und gestartet sowie über standardisierte Geodienste

genutzt werden.

OGC

Das Fraunhofer IOSB ist Mitglied der »Standards Working Group« (SWG) des Open Geospatial

consortium (OGc) zu dem Thema »Sensor Web Interface for the Internet of Things«. Das

OGc ist ein internationales Konsortium aus Industrie, Regierungsvertretern und Forschungs-

einrichtungen, das sich der Entwicklung von Standards für die ortsreferenzierte Erfassung von

Sensordaten widmet. Das Fraunhofer IOSB übernimmt hierbei eine koordinierende Rolle mit

den Entwicklungen im OpenIoT Projekt.

Was ist das Potential?

Das Internet der Dinge steckt heute sicherlich noch in den Kinderschuhen. Wenn man sich

jedoch die Entwicklungen ansieht in den Bereichen der drahtlosen Netzwerke, semantischen

Datenverarbeitung, Objektidentiikationstechnologien, Miniaturisierung, eingebetteten Systemen,

etc., kann man sich leicht vorstellen, dass die Anzahl der mit dem Internet verbundenen Geräte

weiterhin in vergleichbaren Maß ansteigen wird. Diese Geräte werden in Alltagsgegenstände

integriert sein und die Menge der erhobenen Informationen wird deutlich zurnehmen. Dies

fordert überarbeitete oder auch völlig neue IT-Architekturen in möglicherweise ganz neuen

Geschäftsmodellen. Das Potential reicht von innovativen Einzellösungen bis hin zu disruptiven

Konzepten, die bisher etablierte Lösungskonzepte ablösen können.

Das Fraunhofer IOSB ist mit seinem breit aufgestellten Forschungsprogramm an den Entwick-

lungen im Internet der Zukunft beteiligt und somit ein guter Partner, um die zu erwartenden

Veränderungen, die Risiken aber auch die chancen fundiert zu bewerten.

Literatur

[1] UIC-280: »Global Sensor Mode-

ling and Constrained Application

Methods Enabling Cloud-Based

Open Space Smart Services«;

Anh Le Tua‘n, Hoan N. Mau Quoc,

Martin Serrano, Manfred Hauswirth,

John Soldatos, Thanasis Papaioannou,

Karl Aberer; The 9th IEEE Interna-

tional Conference on Ubiquitous

Intelligence and Computing

[2] »Design of a Software Frame-

work Based on Geospatial Standards

to Facilitate Environmental Model-

ling Worklows«; Vanessa Watson,

Kym Watson; Managing Resources

of a Limited Planet. Pathways and

Visions under Uncertainty: 6th Inter-

national Congress on Environmental

Modelling and Software (iEMSs),

1 - 5 July 2012, Leipzig, Germany

1 OpenIoT Architektur für das

Internet der Dinge.

2 ENVIROFI »Fusion for

Decision« Architektur.

1 2

Projektdurchführung

Dr. ir. Hylke van der Schaaf,

Dipl.-Inform. Reinhard Herzog

66 Kernkompetenz Sys temtechnik

Kompetenzen und Portfolio

Das Fraunhofer-Anwendungszentrum für industrielle Automa-

tion (INA) in Lemgo verfolgt seit seiner Gründung im Herbst

2009, inmitten einer der wichtigsten Regionen des deutschen

Maschinenbaus und der Industrieelektronik in Ostwestfalen-

Lippe (OWL) ehrgeizig seine Forschungsvision: ein Internet

für Maschinen, in dem Echtzeitinformationen in allen Ebenen

eines Automatisierungssystems in der notwendigen Qualität

zur Verfügung stehen. So können Geräte und Funktionen in

künftigen intelligenten technischen Systemen nach dem Plug-

and-Play Prinzip einfach integriert werden und unterstützen

bei der Selbstoptimierung (z. B. Energieverbrauch) und Selbst-

diagnose (z. B. Anomalieerkennung). Die Mikroelektronik, die

Softwaretechnik und das Systems Engineering in Verbindung

mit Anwendungswissen aus der Automation stellen die Kern-

kompetenzen dar. Hierdurch können den Auftraggebern

unmittelbar umsetzbare Ergebnisse für IT-basierte Auto-

matisierungsprodukte und -systeme angeboten werden.

Zielgruppen sind Hersteller von Hard- und Software für die

Automation, Maschinen- und Anlagenbauer, sowie Betreiber

von technischen Systemen. Dabei liegt der Schwerpunkt des

INA auf der Bereitstellung der erforderlichen Systemtechnik

für die Automation, um Informationen einfach erfassen,

efizient vernetzen und intelligent verarbeiten zu können.

Hierzu gehört auch die mikroelektronische Umsetzung

eingebetteter Systemfunktionen.

Das INA ist seit 2010 Partner im centrum Industrial IT (cIIT).

Das cIIT ist ein Forschungs- und Entwicklungszentrum auf

dem campus der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo.

Unter dem Motto »Where IT meets Automation« haben sich

AnwEndungSzEnTRum InduSTRIAl AuTomATIon

in einem offenen Partnernetzwerk Wissenschaft und Industrie

angesiedelt und arbeiten an Technologien für die IT-basierte

Automatisierungstechnik von morgen.

Das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Industrielle

Automation ist Forschungseinrichtung im BMBF-Spitzencluster

»intelligente technische Systeme Ostwestfalen-lippe it‘s

OWl«, dem derzeit größten Projekt im Bereich Industrie 4.0.

Forschungs- und Entwicklungsbereiche

Das Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation

führt öffentlich geförderte Forschungsprojekte durch, arbeitet

im Bereich der bilateralen Auftragsforschung, entwickelt

Software- und Hardware-Prototypen und entwirft Test- und

Absicherungslösungen.

Anwendungsgebiete sind die industrielle Informationstechnik,

die Automatisierungstechnik und der Maschinen- und Anla-

genbau sowie benachbarte Branchen.

Unsere Arbeiten stützen sich derzeit auf folgende

Schwerpunkte:

Systems Engineering in der Automation:

In diesem Arbeitsbereich stehen die Entwicklung und Nutzung

von computermodellen zur Unterstützung des Lebenszyklus

komplexer Automatisierungssysteme im Mittelpunkt unserer

Aktivitäten.

Hierzu gehören beispielsweise:

• modellbasierte Entwurfsansätze,

• Systemsimulation,

Kernkompetenz Sys temtechnik 67

• Anlagenanalyse und -überwachung, Sensor-Fusion,

• wissensbasierte Systemdiagnosen und

• Automatisierungstechnologien

Systemtechnik für die Automation:

Dieses Feld fasst unsere Kompetenzen und Aktivitäten in der

Entwicklung innovativer Systemtechnologien zusammen, die

von unseren Partnern in deren Produkte integriert werden.

• IP-core Entwicklungen (VHDL, Verilog) für System-on-chip

Lösungen (ASIc, FPGA), einschließlich Veriikation

• Vernetzung auf Basis von Echtzeit-Ethernet (RTE) und

Industrial Wireless

• verteilte Echtzeitsoftware, Echtzeit-Middleware und SPS-

Laufzeitsysteme

• eingebettete Echtzeitsysteme

• Systemintegration

lemgoer Modellfabrik

Im cIIT wird vom Fraunhofer-Anwendungszentrum in Lemgo

gemeinsam mit dem Partnerinstitut inIT – Institut Industrial IT

der Hochschule OWL die Lemgoer Modellfabrik als Forschungs-

plattform für die IT-basierte Automation betrieben.

Der Entwurf, die Inbetriebnahme und der Betrieb von

technischen Systemen wird aufgrund immer höher werdender

Anforderungen zunehmend komplexer und daher in der Folge

zeitaufwändiger und fehleranfälliger. Der heute eingesetzten

Automatisierungstechnik fehlen Mechanismen für die Selbst-

koniguration, Selbstoptimierung und Selbstdiagnose, um dieser

Entwicklung entgegenzutreten und den Menschen geeignet zu

unterstützen. Wie industrielle Informationstechnik (Industrial IT)

technischen Systemen zu mehr Intelligenz verhelfen kann, das

ist für die Produktionstechnik bereits heute in der Lemgoer

Stellv. Leitung:

Prof. Dr. rer. nat. Oliver Niggemann

Telefon +49 5261 702-5969

[email protected]

www.iosb-ina.fraunhofer.de

Modellfabrik zu sehen. Bei einer Modellfabrik handelt es sich

um eine Produktionsanlage im Labormaßstab, in der reale

Sensorik, Aktorik, Bussysteme, Automatisierungskomponenten

und Software unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz kommen.

Die Lemgoer Modellfabrik legt den Schwerpunkt auf die

Abbildung aller informationsverarbeitenden Prozesse und

IuK-Technologien von der Leitebene bis an den Sensor. Es

handelt sich um einen hybriden technischen Prozess, d. h. die

Anlage beinhaltet sowohl kontinuierliche als auch diskrete

Prozesselemente. Hierdurch bietet sie ein ideales Versuchsfeld

zur Erprobung und Validierung innovativer Technologien und

Produkte, sowie für deren Zusammenspiel.

Das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Industrielle Automa-

tion (IOSB-INA) in Lemgo hat derzeit folgende Fokusthemen,

welche in der Lemgoer Modellfabrik ihre erste praktische

Anwendung inden: die Wandlungsfähigkeit und der ener-

gieoptimierte Betrieb von Maschinen und Anlagen sowie die

fortgeschrittene IKT-Integration in die Automation.

Leitung:

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite

Telefon +49 5261 702-572

[email protected]

www.iosb-ina.fraunhofer.de

68 Kernkompetenz Sys temtechnik

Fragestellungen

Plug-and-Produce soll die zeitaufwendige und fehleranfällige Koniguration von Automa-

tisierungstechnik automatisieren. In diesem Kontext wird in Lemgo aktuell an dem Thema

geforscht, wie Anlagenmodule ihre Funktionalität anderen Modulen selbst mitteilen können.

Dabei ist auch die Frage, welches Verhältnis zwischen vollständiger Selbstkoniguration und

Assistenzsystemen mit Benutzerinteraktion sinnvoll ist, ein aktueller Forschungsgegenstand.

In einem weiteren Projekt wird untersucht wie bei Plug-and-Produce die Einhaltung von

Anforderungen an die Produktionstechnik garantiert werden kann, wie beispielsweise

einzuhaltende Zeiten oder Sicherheitsbestimmungen.

plug-And-pRoduCE

In der Automatis ierungstechnik ste igt der E insatz von Informations- und Kommunikat ionstechnologien.

Bedingt wird dies durch immer komplexere Produkte, Überwachung und Optimierung von Produkt ions-

anlagen und den ste igenden Antei l von cyber-Phys ica l Systems [1] . Letztere s ind eng verzahnte Kompo-

nenten aus Hard- und Software, d ie über phys ikal ische Schnittste l len mit ihrer Umwelt und über Kommu-

nikat ionsnetze untereinander interagieren. Mit den neuen Mögl ichkeiten, zu denen insbesondere die hohe

F lex ib i l i tät von Produkt ionsanlagen gehört , gehen auch neue Herausforderungen einher.

Bereits d ie Konf igurat ion von Kommunikat ionsverbindungen, insbesondere solcher mit Echtzeitanforde-

rungen, erfordert aktuel l erhebl ichen manuel len Aufwand. Dem folgen häuf ig zeitaufwendige Anpassun-

gen von Steuerungen und die Integrat ion in Leitsysteme.

Ansprechpartner:

Fraunhofer-Anwendungszentrum

Industrial Automation

Prof. Dr. rer. nat. Oliver Niggemann

Telefon +49 5261 702-5990

oliver.niggemann@

iosb-ina.fraunhofer.de

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite

Telefon +49 5261 702-572

juergen.jasperneite@

iosb-ina.fraunhofer.de

F r a u n h o F e r - a n w e n d u n g s Z e n t r u m I n d u s t r I a l a u t o m a t I o n

www.iosb.fraunhofer.de/Ina

Kernkompetenz Sys temtechnik 69

Ansätze und Verfahren

Die Lemgoer Modellfabrik dient als Integrations- und Demonstrationsplattform für die

einzelnen Forschungsprojekte.

Am Beispiel des Echtzeit-Ethernetsystems PROFINET IO wurde gezeigt, wie ein selbst-

konigurierender Verbindungsaufbau industrieller Bussysteme realisiert werden kann. Ist

ein solcher Ad-hoc-Kommunikationskanal gegeben, müssen Anlagenmodule untereinander

Selbstbeschreibungen ihrer Funktionalität austauschen. Hierzu werden Konzepte auf Basis

des Kommunikationsstandards OPc-UA und dessen Informationsmodell erforscht. Die Selbst-

beschreibungen legen fest, welche Bedeutung die bereitgestellten und benötigten Signale

eines Anlagenmoduls in Bezug auf dessen Funktion haben. Die Selbstbeschreibungen bieten

die Datengrundlage für logische Schlussverfahren und Suchverfahren aus der künstlichen

Intelligenz, welche die funktionale Integration von Anlagenmodulen ermöglichen sollen.

Beispielsweise können solche Verfahren beim Hinzufügen eines Anlagenmoduls schluss-

folgern, welches Signal ein Modul zu einer bestimmten Bewegung eines Antriebes veranlasst

und welches andere Modul dieses Signal bereitstellt. Damit dabei auch Anforderungen wie

Sicherheitsaulagen, ökonomische Vorgaben und technische Anforderungen eingehalten

werden können, werden Formalismen für die Anforderungen an Produktionsanlagen erar-

beitet. Die Bewertung von automatisch geschlussfolgerten Realisierungsmöglichkeiten eines

Plug-and-Produce-Vorgangs garantiert eine optimale Integration von Anlagenmodulen.

Die Projekte

BMBF Spitzencluster it´s OWL

(Intelligente Technische Systeme

OstWestfalenLippe),

Querschnittsprojekt Intelligente

Vernetzung

BMBF Projekt EfA: Entwurfsmetho-

den für Automatisierungssysteme

mit Modellintegration und automa-

tischer Variantenbewertung

Projektdurchführung

M.Sc. Björn Böttcher,

Dipl.-Ing. Konstantin Nußbaum,

M.Sc. Jens Otto

Literatur

[1] Jasperneite, J.; Niggemann, O.:

Intelligente Assistenzsysteme zur

Beherrschung der Systemkomple-

xität in der Automation. In: ATP

edition - Automatisierungstech-

nische Praxis 9/2012 Oldenbourg

Verlag, München, Sep 2012

[2] Dürkop, L.; Trsek, H.;

Jasperneite, J.; Wisniewski, L.:

Towards Autoconiguration of

Industrial Automation Systems:

A Case Study Using PROFINET IO.

In: ETFA 2012 - IEEE International

Conference on Emerging Techno-

logy & Factory Automation (ETFA),

Kraków, Poland, Sep 2012

70 Kernkompetenz Sys temtechnik

Hochsynchrone Datenerfassung

Um diese Aufgabe zu erleichtern, ist zunächst eine Erfassung aller in der Anlage ausgetauschten

Informationen notwendig. Ziel dabei ist es, den Zustand einer Anlage zu jedem Zeitpunkt zu

kennen. Erst eine solche Datenbasis erlaubt das Erkennen von Fehlern, die sich in komplexen

Systemen auch über Komponentengrenzen hinweg ausbreiten können und dadurch schwer zu

erkennen und klassiizieren sind.

pRozESSdATEnERFASSung

In HETERogEnEn AnlAgEn

In den letzten Jahren ist d ie Automatis ierungstechnik e in immer entscheidenderer Erfolgsfaktor für

produzierende Unternehmen geworden. Vor a l lem der internat ionale Wettbewerb zwingt Unternehmen,

verstärkt auf e inen ste igenden Antei l automatis ierter Fert igungsschr i t te zu setzen. Dem gegenüber steht

die Nachfrage nach immer indiv idual is ierteren Produkten, die höhere Anforderungen an die Produkt ions-

technik ste l len, unter der Bedingung immer kürzerer Produkt lebenszyklen.

Diese veränderten Rahmenbedingungen führen zu komplexeren Anlagen als in der Vergangenheit , da

einerseits häuf iger wechselnde und andererseits komplexere Maschinenkomponenten verwendet werden,

um die gest iegenen Anforderungen zu erfül len. Dies führt jedoch auch zu e inem komplexeren Automati-

s ierungssystem, in welchem Fehler und Störungen schwer festzuste l len und zu beheben s ind. Doch gerade

diese Fehler führen zu kostspie l igen St i l l s tandzeiten und Produkt ionsausfäl len, d ie Anlagenbetre iber mit

mit der Analyse von Prozessdaten zu verhindern versuchen.

Ansprechpartner:

Fraunhofer-Anwendungszentrum

Industrial Automation

Prof. Dr. rer. nat. Oliver Niggemann

Telefon +49 5261 702-5990

oliver.niggemann@

iosb-ina.fraunhofer.de

F r a u n h o F e r - a n w e n d u n g s Z e n t r u m I n d u s t r I a l a u t o m a t I o n

www.iosb.fraunhofer.de/Ina

Kernkompetenz Sys temtechnik 71

Da die Komponenten in einem Automatisierungssystem heute jedoch de facto keine

einheitliche Zeitbasis besitzen, ist eine weitere Komponente notwendig, die eine synchrone

Datenerfassung ermöglicht. Hierfür werden mehrere Messsonden (genannt Datenlogger) in

unterschiedlichen Segmenten des Automatisierungsnetzes verwendet. Hierbei ermöglicht

der Standard IEEE 1588v2 die Synchronisation von Uhren in Automatisierungsnetzwerken.

Es werden Ethernet-Switches erarbeitet, welche hochgenaue Uhrzeitinformationen von

einem Uhrzeit-Server empfangen und diese an andere Automatisierungsgeräte im Netzwerk

weiterleiten. Um eine hohe Genauigkeit zu erreichen, muss die Weiterleitung an andere Ports

innerhalb weniger Mikrosekunden erfolgen. Dazu ist es erforderlich, die Weiterleitungszeiten

mit einer Genauigkeit von wenigen Nanosekunden zu messen, um damit anschließend die

Uhrzeitinformationen korrigieren zu können. Um zusätzlich eine hohe Ausfallsicherheit zu

erreichen, müssen unterbrechungsfreie Redundanzprotokolle wie PRP und HSR unterstützt

werden. Um alle diese Anforderungen zu erreichen, werden am Fraunhofer-Anwendungs-

zentrum IOSB-INA optimierte Hardware-Architekturen entworfen und diese auf speziische

eingebettete FPGA-basierte Systeme abgebildet.

Einheitliche Systemarchitektur

Am IOSB-INA wird eine Toolbox für die Diagnoseunterstützung technischer Systeme entwickelt:

Ziel ist es, heterogene Prozesse und heterogene Visualisierungsplattformen zu unterstützen.

Prozessdaten werden dazu zentral auf einem OPc UA-Server gesammelt und auf einem

Diagnoserechner analysiert. Beispielsweise wurden hybride Automaten zur Fehlererkennung

und Visualisierung des generellen Anlagenzustands oder Methoden zur Reduktion der

Prozessdaten auf wesentliche Informationen implementiert. Die Diagnoseergebnisse werden

in einer Präsentationsschicht für die Anzeige in verschiedenen Applikationen aufbereitet.

Aktuell führt das Fraunhofer-Anwendungszent IOSB-INA erste Projekte zur Diagnoseunter-

stützung mit Firmen aus der Fertigungs- und Verfahrenstechnik durch.

Die Projekte

BMBF Spitzencluster it´s OWL

(Intelligente Technische Systeme

OstWestfalenLippe), Querschnitts-

projekt Energieefizienz in intelli-

genten technischen Systemen

Projektdurchführung

Dr.-Ing. Holger Flatt,

Dr.-Ing. Stefan Windmann

Literatur

[1] Faltinski, S.; Flatt, H.; Pethig, F.;

Kroll, B.; Vodencarevicc, A.;

Maier, A.; Niggemann, O.: Detec-

ting Anomalous Energy Consump-

tions in Distributed Manufacturing

Systems. In: IEEE 10th International

Conference on Industrial Informa-

tics, 2012, Beijing, China

[2] Flatt, H.; Schriegel, S.;

Neugarth, T.; Jasperneite, J.:

An FPGA based HSR Architecture

for Seamless PROFINET Redundancy.

In: IEEE Workshop on Factory Com-

munication (WFCS 2012), Lemgo /

Detmold, Germany, May 2012

72 Kernkompetenz Sys temtechnik

Kompetenzen und Portfolio

Die Gewinnung und die Auswertung von sensoriellen und

anderen Daten spielen in vielen Anwendungen wesentliche

Rollen: In der Industrie bilden Sensordaten zusammen mit

Prozessmodellen die Grundlagen, um eine hohe Qualität und

universale Funktionalität der Produkte einerseits sowie die

bestmögliche Produktivität der Anlagen andererseits zu erzielen.

Auch für andere Anwendungsbereiche wie Umweltprozesse,

Robotik, Verkehr oder zivile Sicherheit ist die Beherrschung der

Kette der Informationsverarbeitung von der Datenerfassung

über deren Verarbeitung und Auswertung bis zur Optimierung

oder Rückführung auf den Prozess entscheidend – immer

unter Berücksichtigung der Dynamik und der weiteren charak-

teristika des Prozesses. Die Abteilung Mess-, Regelungs- und

Diagnosesysteme (MRD) besitzt in diesem Kontext folgende

Kompetenzschwerpunkte:

• Modellbildung und Simulation

- Analytische, wissensbasierte und datengetriebene

Modellierung

- Blockorientierte und Finite-Elemente-Modelle

(z. B. unter Matlab / Simulink, cOMSOL)

- Modellreduktion und Parameterschätzung

(z. B. von FE-Modellen für Stoff- und Wärmeströme)

- Modellierung, Simulation, Bildsynthese für bildgebende

Systeme (z. B. unter Wasser, Delektometrie)

- Prozesse aus Verfahrenstechnik, Grundwasser, Biologie,

Bildverarbeitung und Robotik

• Mess- und Sensortechnik

- Optische und bildgebende Messtechnik

- Automatisierte Mikroskopie

mESS-, REgElungS- und dIAgnoSESySTEmE

- Delektometrie und andere bildgestützte Methoden zur

Oberlächeninspektion

- Spezialanwendungen anerkannter Messverfahren

(z. B. Laser-Triangulation in Rohrleitungen)

• Regelungs- und Steuerungstechnik

- Modellprädiktive und strukturvariable Regelung für

verfahrenstechnische Prozesse, Robotik- und Verkehrs-

anwendungen

- Prozessführung unter Verwendung datengetriebener

Modelle

- Regelung mit bildgebenden Sensoren (Visual Servoing)

• Datenanalyse für technische Prozesse

- Klassiikationsverfahren, Maschinelles Lernen,

Data-Mining-Methoden

- Erstellung von Strukturhypothesen, Kausalitätsanalyse

- Performance und condition Monitoring

- Diagnose (z. B. zur Erkennung von Ursache-Wirkungs-

Zusammenhängen)

• Informationsfusion

- Multisensor-Fusion

- Dynamische Informationsfusion mit heterogenen Quellen

(z. B. für Umweltwarnmodule)

- Fusion von Bild- und Geometriedaten (z. B. für Rohr-

inspektion, mobile Roboter und Oberlächeninspektion)

• Robotik

- Umweltinteraktive Trajektorienplanung und Manipulation,

auch in Kooperation mit dem Menschen

- Simultaneous Localization and Mapping (SLAM)

- Lokalisierung, Pfadplanung und -regelung

- Erkennung von (dynamischen) Hindernissen

Kernkompetenz Sys temtechnik 73

- Regelung und Steuerung komplexer Kinematiken in der

mobilen Robotik

- Roboter-Steuerungen auf Grundlage von ROS-Middleware

• Bild- und Signalverarbeitung

- Industrietaugliche, echtzeitfähige Bild- und Signalverarbeitung

- Texturanalyse

- Generierung von 3D-Daten durch Rekonstruktion

(z. B. mittels Delektometrie, Sidescan-Sonaren, Stereo-

Kamerasystemen)

- Verarbeitung von 3D-Daten

(Messdaten und Rekonstruktionsergebnisse)

- Bildverarbeitung für Robotik-Anwendungen

- computergraik und Sichtprüfung

Aufgaben und Projekte

• Monitoring, Regelung und Optimierung von

verfahrenstechnischen und Umweltprozessen

- Modellgestützte Regelung verfahrenstechnischer Prozesse

(z. B. Glasziehprozesse, biologische und biotechnologische

Prozesse)

- Tools zur Online-Prozessüberwachung

- Überwachung von Windenergieanlagen

• Qualitäts- und Produktivitätssicherung für die

Fertigungstechnik

- Optimierung von Fertigungsprozessen und Produkten

- Tools für die Auswertung von Prozess- und Produktdaten

- Oberlächen-Inspektion (z. B. lackierte, spiegelnde und

texturierte Oberlächen)

• Sensorsysteme

- Sensorentwicklung für Spezialanwendungen

(z. B. Kanalinspektion)

- Bildgestützte Sensorsysteme für die Oberlächen-

Inspektion

- Systeme für Unterwasser-Anwendungen

- Automatisierte mikroskopische Inspektion

• Robotersysteme

- Service-Roboter (z. B. Haushaltsrobotik)

- Mobile Assistenz- und Inspektionsrobotik

1 Delektometrische Inspektion

eines Karosserieteils.

Leitung:

Dr.-Ing. Michael Heizmann

Telefon +49 721 6091-329

[email protected]

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1

- Robotik in der Logistik und Produktion

- Roboter für Security-Anwendungen

- Agrar-Robotik

- Unterwasser-Robotik

• Assistenzsysteme

- Mobilitäts-Assistenzsysteme

- Energiemonitoring und -optimierung im Hausbereich

(Heizungs-Lüftungs-Koordination)

• Umwelt und Ressourcen

- Qualitätsüberwachung für Wasserver- und

-entsorgungssysteme

- Frühwarnsysteme für Unwetterereignisse (z. B. Landslides)

- Multisensor-Inspektions-Systeme zur Inspektion von

Rohrleitungen und Kanälen

• Zivile Sicherheit

- Sicherheit in der Trinkwasserversorgung (Sensorik,

Managementsysteme)

- Überwachung von Gebäuden und Liegenschaften

- Aufklärung von Katastrophen (z. B. Kartierung,

Lokalisierung, Detektion)

- Robotergestützte Erkundung

74 Kernkompetenz Sys temtechnik

Projektbeschreibung

Im Rahmen des EU-Projektes INcA-cE arbeiten seit 2010 16 Partner aus 7 Ländern des zentral-

europäischen Raums an der Verbesserung von kurzfristigen Wettervorhersagen (sogenannten

Nowcasts) und der Nutzung der verbesserten Wettervorhersage in Frühwarnsystemen. Das

zugrundeliegende System INcA (Integrated Nowcasting Through comprehensive Analysis)

wurde von der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in

Wien entwickelt. Im Rahmen des Projektes wird es weiter verbessert und seine Eignung für den

zentraleuropäischen Raum nachgewiesen. Die Prognosen werden in den Bereichen Hydrologie,

Straßensicherheit und Zivilschutz verwendet.

Aufgabe des Fraunhofer IOSB ist es, im Bereich Zivilschutz ein Frühwarnsystem für Hangrut-

schungen (Early Landslide Detection and Warning System – ELDEWAS) zu entwickeln, das mit

Hilfe der Nowcasts Gebiete identiiziert, die eine hohe Anfälligkeit bzgl. Hangrutschungen

aufweisen. Für Entscheidungsträger müssen diese Regionen visualisiert und entsprechende

Warnhinweise generiert werden.

Bisher kommen zur Prävention von Hangrutschungen Gefahrenhinweiskarten zum Einsatz, die

auf Basis geologischer Parameter (z. B. Hangneigung, Bodenstruktur) die regionale Anfälligkeit

beschreiben. Dabei werden Schwellwerte für die unterschiedlichen Parameter deiniert und

Karten ausgewertet. Die Qualität dieser Gefahrenhinweiskarten hängt von der räumlichen

EldEwAS: dynAmISCHE FRüHwARnung VoR

HAngRuTSCHungEn mIT HIlFE Von zEITlICH

und öRTlICH HoCH AuFgElöSTEn wETTER-

VoRHERSAgEn (nowCASTS)

Im Zuge des Kl imawandels i s t auch in Europa ein Zuwachs von Extremwetter lagen zu verzeichnen, die s ich

oft in Form von Starkregenereignissen äußern. Diese können in a lp inen Regionen, aber auch in Mitte l -

gebirgen zur Destabi l i s ierung bis h in zum Abrutschen von Hängen führen. Oft s ind diese Ere ignisse mit

mater ie l len Schäden verbunden und manchmal auch mit Ver letzten oder Toten, wie in der österre ichischen

Steiermark im Sommer 2012. Mit le istungsfähigen Frühwarn-Systemen, die auf Kurzfr ist-Wetterprognosen

bas ieren, könnten die Schäden zumindest reduziert und frühzeit ig Gegenmaßnahmen eingele i tet werden.

Solche Frühwarnsysteme s ind bisher in Europa jedoch noch nicht etabl iert .

1

Ansprechpartner:

Dr.-Ing. Oliver Krol

Telefon +49 721 6091-430

[email protected]

Partner:

ZAMG, Landes-Sicherheitszentrale

Burgenland (LSZB)

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Kernkompetenz Sys temtechnik 75

Aulösung der Parameterkarten ab. Nachteilig ist, dass die Karten keine aktuellen Informationen

über auslösende Einlussgrößen wie z. B. Niederschläge berücksichtigen.

Aufgabe

Hier setzt das vom IOSB konzipierte Frühwarnsystem ELDEWAS an. Es kombiniert die statischen

Gefahrenhinweiskarten mit den dynamischen Kurzfrist-Wetterprognosen und kann abschätzen,

wo und wann eine Gefahrensituation entstehen könnte. Dazu werden die sowohl räumlich als

auch zeitlich hochaufgelösten INcA-Daten verwendet. Niederschlagswerte werden in einem

15-Minuten-Takt geliefert, Temperaturen werden alle Stunde aktualisiert bei einer räumlichen

Aulösung von 1 km . Mit Hilfe der Niederschlagswerte der letzten Tage kann die Bodensättigung

abgeschätzt werden. Auf der Basis der prognostizierten Niederschlagswerte lässt sich vorher-

sagen, ob in naher Zukunft in bestimmten Regionen eine Destabilisierung von Hanggebieten zu

erwarten ist. Von großem Vorteil ist dabei der INcA-Vorhersagehorizont von bis zu sechs Stunden.

Im Bereich des Zivilschutzes sind sechs Stunden sehr viel Zeit – Zeit, um Menschen zu warnen

und andere präventive Maßnahmen zu ergreifen.

Die methodische Innovation von ELDEWAS liegt darin, dass physikalisches Wissen (z. B. in Form

von Gleichungen oder Differentialgleichungen) mit Expertenwissen und Messdaten fusioniert

wird. Hierbei werden Methoden aus der Fuzzy-Logik eingesetzt. Das Expertenwissen wird in

Form von »Wenn-Dann«-Regeln erfasst. Während einfache Schwellwerte das Expertenwissen

nur in sehr grober Näherung widerspiegeln, erlauben die unscharfen Übergänge der Fuzzy-Logik

eine realitätsnahe Repräsentation komplexer Zusammenhänge. Insbesondere unterschiedliche

Klassen von Rutschungen können auf diese Weise gleichzeitig berücksichtigt werden.

Systembeschreibung

Ein wichtiger Punkt für Entscheidungsträger ist die Visualisierung gefährlich eingeschätzter

Gebiete. Dazu bietet ELDEWAS eine graische Oberläche an, die es erlaubt, Parameterkarten

zu laden, anzuzeigen, zu überlagern und für jede Karte Bewertungskriterien zu deinieren.

Darüber hinaus können aus Niederschlagsdaten Summenwerte für unterschiedliche Zeiträume

berechnet werden. Dies erlaubt eine Abschätzung der Bodensättigung, die einen bedeutenden

Einlussparameter für die Hangstabilität darstellt. Im momentanen Entwicklungsstand können

mit ELDEWAS historische Szenarien ofline berechnet werden. Aktuell ist die Online-Anbindung

an die Server für die Wetterdaten in Arbeit.

23

76 Kernkompetenz Sys temtechnik

Die Verfahren

Abb. 1 zeigt das Grundprinzip der Delektometrie: Muster werden auf einem Monitor oder

mittels Beamer auf einer Projektionsläche dargestellt und von einer Kamera über die spiegelnde

Oberläche beobachtet. Rechnergestützt werden nachfolgend die verzerrten Muster ausgewertet,

wobei das Wissen über die dargestellten Muster und über die gesamte Aufnahmekonstellation

berücksichtigt werden kann. Beobachtet man nur ein Muster, so kann man schon eine einfache

qualitative Aussage über eine mögliche Abweichung von einem Referenzteil machen.

Einen Zugang zu quantitativen Qualitätsaussagen liefert die Beobachtung von Musterserien.

Dabei werden durch die Darstellung von mehreren Bildern die beobachteten Positionen auf

der Musteranzeige kodiert. Damit lässt sich jedem Sichtstrahl der Kamera ein Musterpunkt auf

dem Monitor bzw. der Projektionsläche zuordnen. Kennt man diese grundlegende Zuordnung

zwischen Sichtstrahlen und Musterpunkten, kann man alle möglichen Oberlächennormalen,

AuFS m gEnAu – dEFlEKTomETRIE zuR

BESTImmung Von modEllABwEICHungEn

glänzEndER oBJEKTE

Produkte mit hochglänzenden Oberf lächen ste l len e ine besondere Herausforderung an die zur Verfügung

stehenden Fert igungsverfahren. Abweichungen der Oberf lächentopograf ie spiegelnder Produkte von der

erwarteten Form lassen s ich bei günst iger Beleuchtung unschwer von einem Menschen mit b loßem Auge

erkennen. Dabei wertet der Betrachter intuit iv d ie Spiegelungen der ihm bekannten Umgebung an der

Oberf läche aus und schl ießt dabei von unerwarteten Verzerrungen der Spiegelbi lder auf mangelhafte

Produktqual i tät . Da k le inste Gestaltabweichungen der Oberf läche hierbei erkannt werden können – se lbst

lokale Ebenheitsabweichungen von nur wenigen µm s ind unter ästhet ischen Gesichtspunkten re levant –,

ste l len hochglänzende und spiegelnde Oberf lächen höchste Anforderungen an den Produkt ionsprozess.

Aus der Erfahrung, dass automatis ierte 3D-Prüfverfahren wie Stre ifenprojekt ion und Lasertr iangulat ion

die re levanten Genauigkeitsanforderungen nicht oder nur mit erhöhtem Aufwand erfül len können, werden

in der Prax is menschl iche Kontrol leure zur Qual i tätsbeurte i lung dieser Oberf lächen eingesetzt .

Def lektometr ische Verfahren bi lden das vom Menschen prakt iz ierte Prüfkonzept nach und ermögl ichen

dadurch e in hochempfindl iches Prüfen und zusätz l ich das reproduzierbare Vermessen von spiegelnden

Oberf lächen mit ger ingem Hardwareaufwand.

1

Ansprechpartner:

Dr.-Ing. Stefan Werling

Telefon +49 721 6091-316

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Kernkompetenz Sys temtechnik 77

die diese Zuordnung erzeugt haben können, bestimmen. Die Beobachtung der Spiegelbilder

von Mustern liefert also ein dreidimensionales Feld der Normalen zu möglichen Oberlächen.

Dieses Normalenfeld ist die messtechnische Grundlage aller am Fraunhofer IOSB entwickelten

delektometrischen Methoden. Zur dimensionellen Vermessung kann dieses Normalenfeld

integriert werden und liefert dann hochgenau ein Modell der Oberläche, z. B. als Dreiecksnetz.

Anwendungsbeispiel Busklappen

Im Folgenden wird diese Methode der Modellgenerierung zur Bestimmung von Modellab-

weichungen am Beispiel der Inspektion von Busklappen angewandt. Abb. 2 zeigt hierzu den

Messraum des Fraunhofer IOSB. Die Geometrie der Busklappenoberläche (Tank- oder Koffer-

raumklappe) kann als eine Kombination von ausgedehnten ebenen Flächen und Zylindern mit

großem Radius dargestellt werden. Aufgrund der weitgehend ebenen Fläche erwartet ein

Beobachter eine nicht verzerrte Abbildung entfernter Objekte. Langwellige Störungen der

Klappenoberlächen, verursacht durch aussteifende Strukturen auf der Rückseite der Klappen,

lassen sich leicht durch die spiegelbildliche Beobachtung gerader Strukturen in der Umwelt

erkennen. Infolge des möglichen großen Abstandes der Umgebung fallen solche Oberlächen-

störungen schon bei Abweichungen im Bereich von wenigen µm auf.

Die Auswertung

Für die messtechnische Fragestellung erfordert diese Auswertung nicht nur eine genaue Modell-

erstellung, sondern auch eine genaue Bestimmung der Abweichung von der erwarteten Form.

Aufgrund der großen räumlichen Ausdehnung der langwelligen Defekte können keine – in

der Anwendung vergleichsweise einfachen – lokalen Methoden benutzt werden. Es muss ein

direkter Modellvergleich erfolgen. Dies kann auf zwei Wegen geschehen: durch Vergleich der

Messdaten mit den cAD-Daten der Busklappen oder durch Schätzung des Modells direkt aus

den Messdaten. Hier wurde der zweite Weg verfolgt, mit den Vorteilen der Unabhängigkeit

vom aktuellen Prüfteil und dem Verzicht auf eine aufwendige Registrierung des cAD-Modells

zu dem gemessenen Modell. Abb. 3 zeigt die Formabweichung des Prüfobjektes von einem

online mitgeschätzten Modell einer fehlerfreien Klappe. Bei vielen untersuchten Prüfobjekten

lassen sich die Höhenabweichungen direkt mit den auf die Rückseite der Klappen aufgeklebten

Tragstrukturen korrelieren.

Ergebnis

Die am Fraunhofer IOSB entwickelte Methodik liefert dreierlei: erstens eine genaue Modell-

erzeugung (3D-Rekonstruktion) spiegelnder Oberlächen, zweitens eine Möglichkeit zum

Vergleich des gemessenen Modells mit cAD-Daten (Gitternetz, Knoten und Normalen sind

verfügbar) und drittens die Möglichkeit, ein fehlerfreies Modell aus den Daten selbst zu schätzen,

ohne aufwendiges Einlernen von Konturen und Prüfbereichen.

1 Grundprinzip der

Delektometrie.

2 Delektometrielabor.

3 Höhenbild der Modell-

abweichung bei einer defekten

Busklappe.

2 3

Projektinanzierung

Grund- bzw. eigeninanzierte

Forschung

Projektdurchführung

Dipl.-Inform. Mathias Ziebarth,

Dipl.-Ing. Markus Vogelbacher,

Dr.-Ing. Stefan Werling