Entscheidungen treffen Fortbildungsleiterin …...Papas Feuerzeug in den Kaffee geworfen. Klaps aufs...
Transcript of Entscheidungen treffen Fortbildungsleiterin …...Papas Feuerzeug in den Kaffee geworfen. Klaps aufs...
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 1
Entscheidungen treffen
gut & böse
Beispiel Gewissen Klasse 8
Agenda
Impuls
Didaktische Leitmotive
1. Checklisten
2. Differenzierung
Übung und Auswertung
Lernmaterial
Ausblick
Erstellt von:
Angela Purkart
Fortbildungsleiterin Sekundarstufe I
0151 14 87 96 71
07.12.2017
Quelle Bilder/Icons: https://pixabay.com/
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 2
Übung und Auswertung
Übung
1. Informieren Sie sich bitte über Zielsetzung des Lernmaterials
2. Erproben Sie bitte das Material, indem Sie sich in eine/n Ihrer Schüler/innen hineinversetzen.
3. Beginnen Sie bitte mit der Checkliste und bearbeiten Sie die ausgewiesenen Materialien.
Auswertung
Reflektieren Sie bitte den didaktischen Mehrwert der Checklisten und Differenzierungsangebote:
Welchen Anreiz bieten Checklisten und Differenzierungsangebote…
für Sie persönlich
für Ihren Unterricht
für Ihre Schüler/innen?
Notieren Sie bitte Ihre Überlegungen auf die vorgesehenen Reflexionsbögen (siehe nächste Seite) und
tauschen Sie sich anschließend in Kleingruppen darüber aus.
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 3
Reflexionsbögen
Anreiz für mich persönlich… Anreiz für meinen Unterricht…
Anreiz für meine Schüler/innen… (kein) Anreiz, weil…
daher würde ich ändern…
Für mich persönlich… Für meinen Unterricht…
Für meine Schüler/innen… (kein) Anreiz, weil…
daher würde ich ändern...
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 4
Lernmaterial Gewissen Klasse 8
Zielsetzung
Das Lernmaterial dient der Auseinandersetzung mit der Frage nach der Entwicklung des Gewissens.
Die SuS nähern sich auf unterschiedlichen Wegen dem Gewissensbegriff an und versuchen dessen
Entwicklung und Brisanz in Entscheidungssituationen nachzuvollziehen.
Hinweise zur Umsetzung
Das Lernmaterial kann unterschiedlich eingesetzt werden. Als Lernpaket im Sinne einer Lang-
zeitaufgabe, als Lerntheke oder auch im Stationenlernen. Einige Arbeitsanweisungen sollten
angepasst werden. Einzelne Arbeitsblätter können herausgegriffen und im Unterrichtsverlauf
eingesetzt werden.
Differenziert werden kann z.B. durch Art und Anzahl der Hilfestellungen, durch Sozialform oder
Lenkung des Unterrichts. Alternativ zur Textlektüre können z.B. Lehrererzählung oder Bilderge-
schichte eingesetzt werden.
Die Ergebnissicherung kann neben der Korrektur der Arbeitsblätter auch variabel als Präsenta-
tion gestaltet werden, z.B. Rollenspiele, Interviews, Twitter
Die SuS werden über den Erwartungshorizont aufgeklärt. Die Formulierung „Ich kann“ ist die Zielformulierung aus Schülersicht (vgl. Kompetenzraster). Diese Formulierungen werden als Selbsteinschätzung und Selbstevaluation eingesetzt.
Differenzierungsangebot: Unterstützende und weiterführende Hinweise.
Quellen
Bilder www.pixabay.com
Nach Hans Pille: Die Sache mit Saturday, in: Deine Welt 7, 1969.
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 5
Checkliste
Mit dieser Checkliste schätzt du deine Kompetenzen im Themenbereich Gewissen ein. Wähle die entsprechenden Aufgaben gemäß Seitenangabe. Anschließend erfolgt eine weitere Selbstdiagnose.
Ich kann… Seite/n
Ich kann mir vorstellen, was „Gewissen“ ist und diese Vorstellung mit einem Bild in Verbin-
dung bringen. 6
Ich kann eine Situation schildern, in der ich mein Gewissen gespürt habe. 6
Ich kann anhand von Beispielen beschreiben, was Gewissen für mich bedeutet. 6
Ich kann mein Gewissen spüren. 7
Ich kann Gewissensregungen anhand von Beispielen einschätzen. 7
Ich kann Gewissensbisse nach Intensität abstufen. 8
Ich kann mich in eine Person hineinversetzen und ihr Dilemma nachempfinden. 9,10
Ich kann mich über Argumente für und gegen Entscheidungen austauschen und diese auf-
schreiben. 9,10
Ich kann eine Rolle in einem Rollenspiel übernehmen und anschließend berichten, wie ich
mich dabei gefühlt habe. 9,10
Ich kann ein Dilemma beurteilen und nach Lösungen suchen. 11
Ich kann Faktoren benennen, die das Gewissen beeinflussen. 8,13
Ich kann Unterschiede in der Gewissensentwicklung von Personen erkennen. 12-18
Ich kann zu Gewissensentscheidungen Stellung nehmen. 11, 16
Ich kann meine eigene Gewissensentwicklung reflektieren. 18
Ich kann bedeutsame Lebensereignisse kreativ ausdrücken. 18
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 6
Gewissen bedeutet für mich…
Ich kann mir vorstellen, was „Gewissen“ ist und diese Vorstellung mit einem Bild in Ver-bindung bringen. Ich kann eine Situation schildern, in der ich mein Gewissen gespürt habe. Ich kann anhand von Beispielen beschreiben, was Gewissen für mich bedeutet.
Aufgaben
(1) Wähle das Bild, das am besten zu deiner Vorstellung von Gewissen passt. Sollte keins pas-
sen, skizziere eins.
(2) Schildere eine Situation, in der du dein Gewissen gespürt hast. Notiere diese in den freien
Kasten.
(3) Tauscht euch zu zweit über eure Bilder und Situationen aus. Schreibt gegenseitig eure Na-
men unter die jeweiligen Bilder.
In dieser Situation habe ich mein Gewissen
gespürt:
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 7
Gewissensbisse
Ich kann mein Gewissen spüren. Ich kann meine Gewissensregungen anhand von Beispielen einschätzen. Ich kann meine Gewissensbisse nach Intensität abstufen. Ich kann erahnen, dass unterschiedliche Faktoren das Gewissen beeinflussen.
Aufgaben
(1) Spürst du dein Gewissen? Markiere die Beispiele! (Du kannst aussortieren)
(2) Schneide deine Beispiele aus und klebe sie nach Intensität der Gewissensbisse auf.
(3) Tauscht euch zu zweit über eure Skalen aus. Wie kann es zu Gemeinsamkeiten bzw. Unter-
schieden kommen?
Beispiele
Du schmierst Beleidigungen über eine Mit-
schülerin an die Tafel weil sie dich während
deines Gedichtvortrages ausgelacht hat.
Du findest ein Smartphone im Pausenhof und
nimmst es mit. Dein eigenes wurde dir neu-
lich in der Umkleide geklaut.
Du möchtest abnehmen. In der Mittagspause
gehst du zu McDonalds und gönnst dir an-
schließend noch ordentlich Süßkram.
Du bist neidisch auf einen Mitschüler, weil er
ein besserer Sportler ist als du und zerstörst
seine Fahrradreifen.
Du hast zehnmal deine Hausaufgaben verges-
sen und bekommst einen Tagebucheintrag. Du
verschweigst es deinen Eltern.
Du spannst deinem besten Kumpel die
Freundin aus.
Auf der Straße fragt dich ein Fremder nach
dem Weg. Obwohl du den Weg weißt, gehst du
weiter ohne Auskunft zu geben.
Im Chat machst du dich je nach Situation jün-
ger/älter, größer/kleiner, dicker/dünner…
Es gibt Ärger in der Klasse. Du hast die Strei-
terei zwar beobachtet, meldest dich aber im
Klassenrat dazu nicht.
In der Rhein-Galerie bettelt eine alte Frau.
Obwohl dein Geldbeutel gefüllt ist, ignorierst
du sie.
Du bist krank und nicht in der Schule gewesen.
Die Party heute Abend willst du nicht verpas-
sen und gehst hin.
Du bekommst 1€ vom Schulbäcker zu viel
zurück, freust dich und steckst es ein.
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 8
Gewissensbisse 2
Klebe deine Beispiele nach Größe der Gewissensbisse auf:
Vergleicht eure Gewissensbisse. Sie sind vielleicht unterschiedlich stark ausgeprägt.
Überlegt, woran das liegen könnte und notiert es hier:
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 9
Andreas Dilemma
Ich kann mich in Andrea hineinversetzen und ihr Dilemma nachempfinden. Ich kann mich mit meinen Lernpartner über Argumente für und gegen Andreas Ent-scheidung austauschen und diese aufschreiben. Ich kann eine Rolle in dem Spiel „Engelchen/Teufelchen“ übernehmen und anschlie-ßend berichten, wie ich mich dabei gefühlt habe. Ich kann eine Dilemmasituation beurteilen und nach Lösungen suchen.
Aufgaben
(1) Informiere dich über Andreas Dilemma im Infokasten.
(2) Sammelt zur dritt vier Gedanken für (Teufelchen) und gegen (Engelchen) die Entscheidung
und schreibt diese in die Sprechblasen.
(3) Spielt die Situation:
a. Rollen: Andrea, das „Engelchen“, das „Teufelchen“
b. Ablauf: drei Stühle stehen nebeneinander. Andrea sitzt auf dem mittleren. Engelchen
und Teufelchen stehen dahinter und versuchen, Andrea zu überzeugen. Sobald An-
drea sich entschieden hat, setzt sie sich auf den linken bzw. rechten Stuhl.
c. Sprecht darüber, wie es euch beim Spielen gegangen ist.
(4) Schreibe Andrea im Chat, was du tun würdest und warum.
Infokasten: Andrea steckt in einer Zwickmühle
Andrea ist pleite. Mit ihren Eltern hat sie schon länger Streit. Ihre Oma hat ihr schon
das Weihnachtsgeld vorgestreckt. Das hat sie im Media Markt für ein neues Smart-
phone ausgegeben und sich dafür noch Geld bei ihren Freunden geliehen. Sie hat
in der Clique schon öfters Geld geliehen und nicht zurückgegeben. Die Clique hat
sie nun vor die Wahl gestellt, entweder Geld oder sie muss abhauen…
In der Schule klingelt es: „Endlich aus – dieser blöde Französischunterricht nervt!“
Frau Payet eilt aus dem Zimmer und vergisst ihre Tasche. Beim Tafelputzen entdeckt
Andrea Frau Payets Geldbeutel. Es schimmern mehrere grüne Scheine. Andrea
blickt sich um. Joachim und Jens bewerfen sich mit Papierkügelchen und Jana
schläft mit Kopfhören. Die andren gehen gerade aus dem Zimmer und knallen die
Türe zu. „Diese Kohle reicht für ein halbes Jahr. Ich kann die Schulden zurück be-
zahlen und für die Party am Wochenende sogar was Spendieren.“ Von weiten hört
sie die Stöckelschuhe ihrer Französischlehrerin auf dem Gang hallen. Sie muss sich
jetzt schnell entscheiden. Bevor die Türe aufgeht…
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 10
Andreas Dilemma 2
Schreibe vier Gedanken für und gegen die Entscheidung in die Sprechblasen.
Ordne folgende Aussagen zu und ergänze jeweils eine eigene.
Du bekommst Hausarrest! Du wirst der neue Star der Clique!
Niemand sieht dich! Stell dir vor, wie cool die Party wird!
Du riskierst einen Schulausschluss! Das ist Diebstahl, du machst dich strafbar!
Nimm es!
Nimm es nicht!
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 11
Andreas Dilemma 4
Schreibe Andrea im Chat, was du tun würdest und warum.
Versuche Andrea Hilfe anzubieten und nach einer Lösung zu suchen. Dabei kannst du
folgende Wörter verwenden:
mit jemandem reden Schulsozialarbeit neue Freunde
in Ruhe nachdenken Nebenjob suchen Hilfe holen
…
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 12
Das Gewissen wird beeinflusst
Ich kann Faktoren benennen, die das Gewissen beeinflussen. Ich kann Unterschiede in der Gewissensentwicklung erkennen. Ich kann zu Gewissensentscheidungen Stellung nehmen. Ich kann meine eigene Gewissenentwicklung reflektieren.
Aufgabe
Die Infotexte berichten über die Gewissensentwicklung der drei Personen. Versuche anhand der Info-
texte herauszufinden:
(1) welche Personen bestimmen was gut/böse ist
(2) wer zur Gewissensentwicklung beiträgt
Hansi
2 J.
Miss P.
24 J. unbekannt
50 J.
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 13
Hansi Hans twittert
Viele Dinge, die Hansi tut sind „tabu“ „verboten“ oder „nicht erlaubt“. Wer bringt ihm
das bei?
___________________________________________________________________
Twittere einen guten Tag mit „erlaubt“ „gut“ „prima gemacht“.
Mittagsruhe im Bett. Nicht geschlafen. Aufgestanden und auf Deckbett gesessen.
Gefroren. Frieren nicht erlaubt.
Tunkte Händchen ins Töpfchen. Mama schrie: „Pfui!!!“ Strengstens verboten.
Tausendfüßler unter die Mauer verfolgt. Dort Kellerassel gefunden. Schmeckt inte-
ressant, ist aber verboten.
Zeitung gefunden. Knistert schön beim Zerreißen. Verboten.
Rotstift gefunden. Tapete bemalt. Papa böse.
Im Arbeitszimmer Mamas Bücher angeschaut. Rausgeflogen. Arbeitszimmer tabu.
Türschlüssel abgezogen. Mama wusste nicht wo er ist. Hansi auch nicht. Böser Hansi.
Schlüssel tabu.
In der Küche gewesen. Töpfe ausgeräumt. Rausgeflogen. Küche nicht erlaubt.
Papas Feuerzeug in den Kaffee geworfen. Klaps aufs Händchen. Feuerzeug tabu.
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 14
Eine folgenschwere Gewissensentscheidung
Miss Jane Presber war auf einer Plantage im Süden der USA aufgewachsen. Von Kindheit an wurde ihr
eingehämmert, dass schwarze Menschen zweiter Klasse wären. Nach dem Tode ihres Vaters verkaufte
sie die Plantage, studierte, und wurde Leiterin eines Mädcheninternats in Louisiana.
Eines Tages traf sie in der Stadt einen alten Bekannten wieder. Es war Saturday, ein Neger von der
väterlichen Plantage. Dieser besuchte sie von da an ab und zu, aber immer erst in der Dunkelheit. Dann
stand er vor dem Fenster ihres Arbeitszimmers und erzählte von der Plantage. Eines Abends gestand er
Miss Presber, dass er sie schon seit ihrer Kindheit verehrte. Als Junge schon hatte er sie verehrt. Und
jetzt? Sie erschrak. Er war ein Neger! Trotzdem fühlte Miss Presber, dass sein naives Bekenntnis ihr
wohltat. Denn sie wurde von keinem Menschen geliebt.
Da kam er, Saturday, ein Nigger, und gestand ihr, ohne dass er es wohl recht begriff, seine Liebe! In
diesem Augenblick dachte sie daran, was ihre Schülerinnen, die zukünftigen Damen in den Salons von
Louisiana, wohl dazu gesagt hätten. Und dennoch musste sie gestehen, dass sie diese Vorstellung er-
heiterte und - wie aus eigensinnigem Trotz - veranlasste, über Saturdays krauses Haar zu streichen. Er
ergriff ihre Hand und küsste sie. Sie riss sich los und befahl: 'Geh! Geh sofort!' Saturday kam noch öfter
an Miss Presbers Fenster. Als Zeichen seiner Verehrung brachte er ihr kleine Geschenke mit: wertlose
Spangen, falsche Perlen und grellbunte Bänder. Sie nahm sie an, weil er seine Freude daran hatte. Ge-
wiss, diese Dinge verkörperten keinen Wert, aber Saturdays Gefühle waren echt!
Eines Nachmittags sagte der Gärtner: „In der Stadt sucht man einen Neger!“ „Wie heißt er?“ fragte Miss
Presber sofort. „Das weiß ich nicht“, antwortete er. Sie war sehr aufgeregt und spürte, dass etwas in der
Luft lag. Abends konnte sie nicht einschlafen. Es war gegen elf Uhr, als aus der Ferne, von der Stadt her,
sich Lärm näherte. Plötzlich stand Saturday vor dem Fenster! Er keuchte, faltete die Hände zusammen
und stammelte: „Miss Jane - weiße Männer - jagen Saturday! - Weiße Frau - ist nicht wahr - Saturday
unschuldig! Miss Jane - bitte - bitte Saturday retten!“
„Komm rein! Rasch! Riegle das Fenster zu!“ stieß sie hervor. Er schwang sich ins Zimmer und versteckte
sich. Wenige Sekunden später klopften seine Verfolger an das Schultor. „Ist ein Neger in diesem Haus?“
fragte einer. „Nein, wir haben keinen Neger im Haus“, antwortete sie ruhig und wartete noch, während sie
berieten, dann schloss sie das Tor und ging in ihr Zimmer zurück. Miss Presber hörte, dass Saturday vor
Angst nicht stillstehen konnte, in seinem Gesicht sah sie nur das Weiße seiner Augen. Er stammelte
seinen Dank. „Still!“ flüsterte Miss Presber. Auf dem Korridor wurde ihr Name gerufen: „Fräulein Presber!“
Das war Fräulein Brook, die stellvertretende Schulleiterin. Miss Presber ging schnell hinaus, damit sie
nicht hierherkam. „Was gibt es denn noch?“ fragte sie unwillig. „Die Leute sind zurückgekommen, Fräulein
Presber“, sagte die Brook. „Einer von ihnen behauptet, er habe gesehen, dass der Nigger durch ein Fens-
ter in das Haus gestiegen sei!“ Miss Presber bemühte sich, ihr Erschrecken zu verbergen. „Interessant!
Vielleicht liegt er unter meinem Bett.“
Fräulein Brook zuckte mit den Schultern, sie lachte aber nicht. Die Mädchen waren durch den Lärm wach
geworden und kamen im Pyjama aus ihren Zimmern. Draußen lärmten die Leute, sie verteilten sich um
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 15
das Haus und klopften auch wieder an das Tor. „Warten Sie hier“, sagte Miss Presber zu Fräulein Brook,
„ich werde nachsehen!“ Dann ging sie langsam in ihr Zimmer zurück. Sie war sich darüber klar, dass die
Leute im Fall ihrer Weigerung das Haus mit Gewalt durchsuchen und Saturday finden würden. Dann kam
die Schande über sie. Die Behörde würde sie aus dem Schuldienst entlassen und den ganzen Süden
würde die Nachricht wie ein schnelles Kabel durchlaufen: „Die Tochter des ehrbaren Tom Greg Presber,
der wir unsere Töchter anvertrauten, hatte einen Nigger bei sich.“
Aber entscheidend für ihr Handeln war dies: Als sie leise auf ihren Bettschuhen durch den Korridor ging,
wirr und verzweifelt in ihren Gedanken, hörte sie plötzlich hinter sich einen leisen, schwingenden Schritt,
und - die Peitsche, die den Stiefelschaft klopfte. Sie brauchte sich nicht umzudrehen - Tom Greg Presber,
ihr Vater, war da. Obwohl sie deutlich seine Stimme hörte, wusste sie sofort, dass ihn außer ihr niemand
hörte: „Jane! Jane Presber! Du weißt, was du jetzt zu tun hast!“
Sie hatte die Tür des Arbeitszimmers offen gelassen. Als sie die Schlafzimmertür öffnete, schrie sie gel-
lend auf! Sie schrie in Saturdays Gesicht hinein, das sie ungläubig grenzenlos enttäuscht und dann voll
entsetzlicher Angst anstarrte. Seine Augen irrten verzweifelt umher. Sie hörte Schritte auf dem Korridor.
Rufe ertönten: „Der Nigger! Wo ist der Nigger?“ Da riss Saturday das Fenster auf und sprang nach drau-
ßen. Sie hatten das Haus umstellt, aber er durchbrach die dünne Kette und rannte zum Fluss hinab.
Vielleicht war seine Todesangst unbegründet, vielleicht hätten sie ihn nur in Fesseln gelegt und dem
Sheriff übergeben - Miss Presber wusste es nicht, er sprang in den Fluss. Sie sah, dass er unterging, und
lief nach draußen. Er schrie: „Hilfe! Miss Jane!“ Als sie zum Fluss hinab kam, war er nicht mehr zu sehen.
„Hat er ihnen etwas getan?“ fragte ein rotbärtiger Mann. Sie schüttelte den Kopf. „'Nein - er hat mir nichts
getan“, sagte sie leise und ging ins Haus zurück. Sie schlief die ganze Nacht nicht.
Am nächsten Morgen berichteten die Zeitungen, dass der Neger Saturday einer Verwechslung zum Opfer
gefallen sei. Jener Neger, der tatsächlich Mrs. Storning überfallen habe, sei inzwischen verhaftet und ins
Gefängnis eingeliefert worden.
Nach Hans Pille: Die Sache mit Saturday, in: Deine Welt 7, 1969.
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 16
Eine folgenschwere Gewissensentscheidung – Interview mit Miss P.
Stell dir vor du interviewst Miss P. einige Tage später. Sie gibt dir Auskunft darüber, welche Personen
ihre Entscheidung beeinflusst haben.
Versuche folgende Personen/Personengruppen einzubinden:
Fräulein Brook Vater Tom Greg Presber Saturday
Schülerinnen Damen in Louisiana Schulaufsichtsbehörde
Polizei Sklaven …
Guten Tag ____________________!
Ich habe Saturdays Versteck preisgegeben
und geschrien. Mir gingen tausend Dinge
durch den Kopf. Es war, als ob mir lauter
Stimmen etwas einsagen wollten.
DU
Guten Tag Miss P. Es ist eine folgenschwere
Entscheidung neulich gewesen. Können Sie
berichten, wie es dazu gekommen ist.
Tausend Dinge gingen Ihnen durch den
Kopf…
Eine große Rolle spielte der Gedanke an…
Was waren das für Stimmen und was sagten
diese? Die Stimmen von …
Vielen Dank Miss P.
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 17
Eine folgenschwere Gewissensentscheidung – Interview mit Miss P.
Stell dir vor du interviewst Miss P. einige Tage später. Sie gibt dir Auskunft darüber, welche Personen
ihre Entscheidung beeinflusst haben.
Versuche folgende Personen/Personengruppen einzubinden:
Fräulein Brook Vater Tom Greg Presber Saturday
Schülerinnen Damen in Louisiana Schulaufsichtsbehörde
Polizei Sklaven …
DU
HA II – Schulen, Hochschulen und Bildung, www.bistum-speyer.de
Angela Purkart [email protected] 18
unbekannt
Ziel eines jeden Menschen kann das mündige personale Gewissen sein. Der Mensch übernimmt Verant-
wortung für sich und die anderen. Er denkt über die Folgen nach, die sein Handeln für andere haben
könnte. Er ist fähig, sich in andere einzufühlen.
Eine vernünftige Entscheidung erfordert Maßstäbe. Dazu gehört die Unterscheidung von Gut und Böse,
ebenso das Wissen um Norme und Werte. Das Individuum lernt, sich mündig zu entscheiden, Werte zu
erkennen und ein Gespür für die Rangordnung der Werte zu entwickeln. Menschliche Gebote und Ver-
bote können kritisch hinterfragt und auf die Beziehung zu Gott bezogen werden.
(1) Notiere in die Kästchen die Faktoren der Gewissensentwicklung.
(2) Erstelle einen Steckbrief einer Berühmtheit, die deiner Meinung nach diesem Profil entspricht.
Stelle die Entwicklung deines Gewissens anhand einer Lebenslinie dar. Greife dabei
auf wichtige Ereignisse in deinem Leben zurück. Drücke in kreativer Form (Collage,
Farben, Gedicht) deine Innenperspektive aus.