Erdbebensicheres Holzbau

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  • 7/22/2019 Erdbebensicheres Holzbau

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    Das erdbebensichere Holzhaus ForschungsberichtKamyar Tavoussi, Wolfgang Winter, Tamir Pixner

    Zusammenfassung Der moderne Holzbau soll groeffnungen in der Fassade ermglichen. Die Optimierungeiner erdbebentauglichen Tragstruktur unter Verwendungvon einer geringen Anzahl von massiven aussteifendenWnden und unkonventionellen hochleistungsfhigenVerankerungssystemen aus Stahl war das Ziel desForschungsprojektes das erdbebensichere Holzhaus,welches in Kooperation mit einem Brettsperrholz(BSP)-Hersteller und der Holzforschung Austria durchgefhrtwurde.Die Mehrschichtplatten aus Holz wurden in einerVakuumpresse zusammengeleimt. Die Platten wurdendurch die Anzahl der Schichten und deren Konfigurationoptimiert.Es wurden 17 Versuche mit unterschiedlichenWandaufbauten gefahren.Die Resultate zufolge hoher monotoner und zyklischerHorizontalbelastung waren sehr zufriedenstellend.

    The earthquake resistant timber houseAbstract In modern timber buildings big openings in thefaade are getting more common. The aim of the presented research project conducted together with a producer of CLT and the Austrian forest productslaboratory (Holzforschung Austria) was to minimize thenumber and size of the shear walls provided to resist

    seismic loads by using stiff massive panels and non-conventional high performance anchorage systems insteel.The panels out of several layers of boards were gluedusing vacuum pressing equipment. These elements wereoptimized by the variation of the number of layers andtheir geometry.Several full size tests with different configuration of boards were carried out.The tests showed good results even for high horizontalcyclic loadings.

    1 Einleitung

    Bauten mit und aus Holz im urbanen Raum haben einelange Tradition in Europa. Im vergangenen Jahrhundertdominierten jedoch Ziegel- und Betonmassivbauten. Seiteinigen Jahren bieten moderne Holzkonstruktionen ausBrettschichtholz und Brettsperrholz eine Alternative frmehrgeschossige Bauten.BSP wurde vor ca. 15 Jahren in Europa entwickelt, wirdmit Hydraulischen Pressen mit Drcken von 5-7kg/cm produziert und kommt als Tragelement zum Einsatz.Gemeinsam mit der Firma Mlltaler kohaus [1]wurdeein Forschungsprojekt initiiert, das eine innovative,erdbebensichere Holzbauweise mit mglichst offenen

    Grundrissen und Einsatz weniger, schlanker Scheibenzum Ziel hatte.

    Mit der firmeneigenen Vakuumpresse der Firma kohauswurden mehrschichtige Brettsperrwnde hergestellt.Bei dieser Methode werden die einzelnen Brettlagen miteinem Druck von 1-2 kg/cm zusammengeleimt.Der Wandaufbau stellte eine zentrale Rolle desForschungsprojektes dar.

    Abbildung 1: VakuumpresseFigure 1: Vacuum press

    Der Entwurf eines 2-geschossigen Einfamilienhauses warwegen der asymmetrischen Anordnung der wenigenAussteifungswnden und der relativ geringenTorsionssteifigkeit fr die Erdbebenberechnung besondersinteressant (Abb.2). Ein Propellersystem aus

    horizontalen Deckenscheiben ist entwickelt worden, umdie horizontalen Lasten zu den aussteifendenWandscheiben zu bertragen (Abb.3). DieDeckenkonstruktion im brigen Bereich sollte nachkonventionellen Methoden konstruiert werden knnen.

    Abbildung 2: Grundrisse: Die roten Wnde stellen dieaussteifenden Wnde dar. Die strichlinierten rotenDeckenelemente stellen die steifen Deckenelemente(Hauptstruktur) dar.Figure 2: Plan view of ground floor and first floor

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    Abbildung 3: 3D-modell der aussteifenden Wnde und desPropellersystemsFigure 3: 3Dmodel of stiffening walls and propeller-system

    2 Entwurfsgrundlagen

    Fr die Erdbebenberechnung wurde die Erdbebenzone 1in Italien mit einer horizontalen Bodenbeschleunigungvon 0,35g herangezogen.Die Lastaufstellung fr den Erdbebennachweis erfolgtenach EN 1990 [2].Die Berechnungen nach italienischer Norm [3], welcheim Wesentlichen auf dem Eurocode 8 [4] basiert, liefertenhohe horizontale Belastungen und Verankerungskrfte frdie Wandscheiben. Diese Krfte (ca. 400 kN Zug!) warenmit konventionellen Verankerungen nicht zubernehmen. Dies hat eigens entwickelte Verankerungenerforderlich gemacht.Fr die statischen und dynamischen Berechnungen wurdefr das Wand-Flchenelement ein Ersatzstabmodell alsStabrost mit einzelnen quadratischen Elementen mit denSeitenlngen 60/60 cm generiert um ein gngigesStabwerksprogramm (in dem Fall Programm R-Stab vonFa. Dlubal [5]) anwenden zu knnen; die Stbe sind um jeweils 15 cm planexzentrisch an die vier Knotenpunkteangeschlossen. Mit diesem Programm wurde dann dieBelastung des Gebudes durch 7 knstlich generiertenBeben (nach EC-8) im Zeitverlaufsverfahren simuliert.

    Abbildung 4: Quadratisches Element fr dasErsatzstabmodell der WndeFigure 4: Quadratic frame

    3 Entwicklung und monotone Versuche von 12unterschiedlichen Wandtypen

    3.1 WandaufbautenEs wurden verschiedene Wandaufbauten undWandstrken angedacht und aufgrund derFirmenprferenzen produziertDiese unterschiedlichen Aufbauten bezogen sich auf dieAusrichtung und die Variation der Winkel der einzelnenSchichten. Die Geometrie aller Prfkrper war 1200/2800mm. Die Holzgte der einzelnen Bretter war C24(ausgenommen W5 und W6) nach EN 338 [6].

    Abbildung 5: Wandaufbauten (Material, Dicken, Winkel derBrettlagen)Figure 5: Panel types with thickness and angle of inclinedlaminated boards

    3.2 VersuchsaufbauDie hchste ermittelte Horizontalbelastung fr dasmagebende Wandelement aus der dynamischen Analysewar ca. 140 kN. Die blichen Versuche an Schubwndenwerden mit deutlich niedrigeren Belastungen (10 20 kN)

    durchgefhrt. Der bestehende Prfrahmen (schwarz)wurde fr die hohen, anzusetzenden Belastungen ergnzt(rot).

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    Die Kraft auf die Wandscheiben (braun) wurde durcheine zylindrische Presse (grn) am Scheibenkopfangebracht. Es konnte somit eine Druckbelastung von200 kN und eine Zugbelastung von 150 kN aufgebrachtwerden.Um die hohen Zugkrfte zu verankern, wurden bei der

    ersten Testreihe Gewindestangen (A=14cm) (blau)mittels Stahlplatten am Scheibenkopf angebracht und aufden Rahmen befestigt.

    Abbildung 6: VersuchsrahmenFigure 6: Testing apparatus

    Die Vertikalverschiebung der Zylinderpresse setzt sichaus 3 Anteilen (Rahmenverformung, Stahldehnung undHolzverformung) zusammen.

    Abbildung 7: Anteile der gemessenen Vertikalverschiebungu total = u frame + u steel + u woodFigure 7: Contributions to total measured displacement

    Abbildung 8: Messpunkte zur Bestimmung der: Vertikalverschiebung der Zylinderpresse (01) Stahldehnung (02) Rahmenverformung (03+04)

    Figure 8: Points of measurement

    3.3 ResultateDie ersten Versuche wurden monoton und quasistatischnach EN 594 [7] durchgefhrt.

    Das beste Ergebnis (Abb.9) lieferte Wand 2, mit 2Diagonallagen unter 66 Grad. Die bessere Performancevon Wand 2 gegenber Wand 3 ist auf die effizientere Neigung der Schrglagen (Diagonallage, 66 Grad)zurckzufhren. (Der Vorteil war allerdings nichtwesentlich, sodass ab nun fr den Einbau vonSchrglagen die wirtschaftlichere Variante mit 45 Grad Neigung gewhlt wurde.)Wand 2 war allerdings asymmetrisch aufgebaut, und diegetestete Seite war die Seite der Diagonallagen inRichtung der Druckdiagonale. Dies lie die berechtigteVermutung zu, dass die andere Richtung der Wand umeiniges schwcher ausgebildet war.Wand 1 hat de facto die gleichen Leistungsdaten beimmonotonen Test erreicht wie ein am Markt befindlichesProdukt eines bekannten Herstellers (Wand 8).Die schlechten Resultate der Wnde 10 und 11verdeutlichten die Notwendigkeit einer Vertikallage.Die Wnde 9 und 12 mit schrgen Lagen in beideRichtungen erreichten keine besseren Resultate alsherkmmliche Brettsperrholzwnde (90). Es wurdeangenommen, dass eine Wand mit schrgen Lagen, abermit einem symmetrischen Aufbau der Lagen, ihre volleWirkung erst bei zyklischer Belastung entfalten wirdknnen.

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    Abbildung 9: KraftVerschiebungs-Diagramm (vereinfacht, Entlastungsphase nicht angezeigt)Figure 9: F - u total Diagram (simplified, phase of decreasing loading not shown)

    Abbildung 10a: KraftRahmenverformung-DiagrammFigure 10a: F - u frame Diagram (deformation dueto steel frame rotation, mean value)

    Abbildung 10b: KraftStahldehnung-DiagrammFigure 10b: F - u steel Diagram (deformationdue to steel bar elongation, mean value)

    4 Zyklische Versuche

    4.1 Wandaufbauten2 Wandaufbauten wurden fr weitere zyklische Versucheausgewhlt (Abb.11).Der Aufbau der Wand 13 war wie der von Wand 1 miteiner verstrkten (40 mm statt 32 mm) vertikalenMittellage.Der Aufbau der Wnde 14 und 15 war identisch mit demAufbau der Wand 9:Die Geometrie aller Prfkrper war 1200/2800 mm.

    W13: (C24)16,8cm,

    [mm]32

    32

    40

    32

    32

    W14,15: (C24)

    [mm]33(-45) 33(45)

    40

    33(45)

    33(-45)

    Abbildung 11: Wandaufbauten (Material, Dicken,

    Winkel der Brettlagen) Figure 11: Panel types with thickness and angle ofinclined laminated boards

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    4.2 VerankerungssystemEs wurden 2 U-Elemente aus Stahl (A=23cm jeweils)am Scheibenrand angeordnet. Die Zugkrfte werdendurch diese Elemente nach oben angebracht und dortam Scheibenkopf durch eine Stahlplatte verankert. Amunteren Ende erfolgt eine unlsbare Verbindung an einem

    Stahlschuh mittels eingeschossenen Hilti-Ngeln [8],siehe folgende Abbildungen.

    Abbildung 12: VerankerungssystemFigure12: Anchorage system

    Abbildung 13: Montage eines Stahlschuhes mittelsHilti-SchussngelnFigure 13: Assembly of the steelshoe with Hiltishooting nails

    Abbildung 14: StahlschuhFigure 14: Steelshoe

    4.3 ResultateDie zyklischen Versuche wurden nach ISO 16670 [9]ausgefhrt.

    Abbildung 15: Wand 13Figure 15: Wall 13

    Abbildung 16: KraftVerschiebungs-Diagramm(Wand 13)Figure 16: Wall 13 F - u total Diagram

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    Die Wnde 14 und 15 wurden spiegelverkehrt eingebaut(Abb.17, 19).

    Abbildung 17: Wand 14Figure 17: Wall 14

    Abbildung 18: KraftVerschiebungs-Diagramm(Wand 14)Figure 18: Wall 14 F - u total Diagram

    Abbildung 19: W15Figure 19: Wall 15

    Abbildung 20: KraftVerschiebungs-Diagramm(Wand 15)Figure 20: Wall 15 F - u total Diagram

    Bei Wand 13 ist ein Abfall der Steifigkeit bei steigenderzyklischer Belastung aus der Hysteresekurve erkennbar.Der Abfall der Steifigkeit war bei den Wnden 14 und 15geringer .

    5 Conclusio

    5.1 BSP ScheibeDie hohe Leistungsfhigkeit der getesteten Wnde(hergestellt in Vakuumpressen) bei Beanspruchung inScheibenrichtung wurde durch die Tests besttigt.Bei den getesteten BSP-Wnden wurde kein Bruchfestgestellt.Eine Vertikallage wird bei so hohen Krften fr die

    Tragfhigkeit notwendig sein.Unter zyklischer Belastung nimmt die Steifigkeit vonblichen BSP-Wnden (90 verleimt) schneller ab als jenevon diagonal verleimten BSP-Wnden.

    4.1 VerankerungssystemDie Versuche haben die Aufnahmefhigkeit der zuverankernden Zugkrfte fr die entwickelte Verbindung besttigt. Durch weitere Optimierung der Zugelementeund deren Anschlsse, wie z.B. eine Reduzierung derangeordneten Hilti-ngel, knnte eine gewnschteDuktilitt erreicht werden.Das Dmpfungsverhalten des gesamten Elementes wurde

    mageblich durch die Plastifizierung der Stahlplatten undder lokalen Plastifizierung vom Holz geprgt (Abb.21,22).

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    Abbildung 21:Plastifizierung der StahlplatteFigure 21: Plastification of the steel plate

    Abbildung 22:Plastifizierung der StahlplatteFigure 22: Plastification of the steel plate

    6 Referenzen

    1 kohaus Systembau GesmbH, Latzendorf 100, A -9832 Stall

    2 EN 1990. Eurocode Basis of structural design, CEN,European Committee for Standardization, Brussels

    3 Normativa sismica Edifici-bozza aggiornata al25/03/03

    4 EN 1998-1: EUROCODE 8 Design of Structures forEarthquake Resistance, - Part 1: General Rules,seismic Action and Rules for Buildings, CEN,European Committee for Standardization, BrusselsGeneral Rules, seismic Action and Rules forBuildings, CEN, European Committee forStandardization, Brussels

    5 Ing.-Software Dlubal GmbH, Am Zellweg 2, D-93464Tiefenbach

    6 EN 338: Structural timberstrength classes, CEN,European Committee for Standardization, Brussels

    7 EN 594:1995 Timber Structures Test Methods Racking Strength and Stiffness of Timber Frame WallPanels, CEN, European Committee forStandardization, Brussels

    8 Hilti Austria Ges.m.b.H. Altmannsdorferstr. 165,Postfach 316, A-1231 Wien

    9 ISO 16670:2003 International standard, timberstructures joints made with mechanical fasteners quasi-static reversed-cyclic test method, first edition2003-12-15.