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Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten KONGRESSBAND 2008 JENA Vorträge zum Generalthema: Erhöhte Biomassenachfrage – eine neue Herausforderung für die Landwirtschaft und weitere Beiträge aus den öffentlichen Sitzungen und Workshops des 120. VDLUFA-Kongresses vom 16. bis 19. September 2008 VDLUFA-Schriftenreihe Bd. 64 VDLUFA-Verlag – Darmstadt

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Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten

KONGRESSBAND 2008 JENA Vorträge zum Generalthema:

Erhöhte Biomassenachfrage – eine neue Herausforderung für die Landwirtschaft und weitere Beiträge aus den

öffentlichen Sitzungen und Workshops

des 120. VDLUFA-Kongresses

vom 16. bis 19. September 2008

VDLUFA-Schriftenreihe Bd. 64

VDLUFA-Verlag – Darmstadt

VDLUFA-Schriftenreihe 64

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten

KONGRESSBAND 2008 JENA

Vorträge zum Generalthema:

„Erhöhte Biomassenachfrage – eine neue Herausforderung

für die Landwirtschaft“

und weitere Beiträge aus den öffentlichen Sitzungen und

Workshops des 120. VDLUFA-Kongresses

vom 16. bis 19. September 2008

VDLUFA-Schriftenreihe Bd. 64/2008

ISBN 978-3-941273-05-4

ISSN 0173-8712 ISBN 978-3-941273-05-4 2008 by VDLUFA-Verlag, Darmstadt, 2. Auflage Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung vorbehalten.

Herausgeber: Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten, Obere Langgasse 40, D-67346 Speyer, Telefon: 06232 / 136121, Fax: 06232 / 136122, E-Mail: [email protected]

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VDLUFA Schriftenreihe 64 Inhaltsverzeichnis

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INHALTSVERZEICHNIS Grußworte Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz Ministerialrat Friedel Cramer .................................................................. 10

Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt Minister Dr. Volker Sklenar ...................................................................... 14

Friedrich-Schiller-Universität Jena Prof. Dr. Wolfram Dorn ............................................................................. 19

Plenartagung Ökonomische Konsequenzen einer steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Bioenergie E. Bahrs ...................................................................................................... 22

Vorzüglichkeit verschiedener Bioenergielinien – Klimaschutz und Energieeffizienz K. Arnold ..................................................................................................... 30

Landwirtschaft 2020: nachhaltig, vielseitig und hoch produktiv G. Breitschuh, H. Eckert ............................................................................ 39 Workshop “Bioenergie”

Energie- und Treibhausgasbilanzen verschiedener Bioenergieformen J. Küsters, F. Brentrup ............................................................................... 55

Neue Biokraftstoffe D. Kemnitz, ................................................................................................. 63

N2O in Treibhausgasbilanzen von Biotreibstoffen – eine globale Perspektive W. Winiwarter, P.J. Crutzen, A.R. Mosier, K.A. Smith ........................... 75

Standortangepasste Produktionssysteme für Energiepflanzen A. Vetter, C. Strauß..................................................................................... 83

Nutzen und Risiken des Energiepflanzenanbaus für den Boden M. Willms, J. Hufnagel, B. Wagner .......................................................... 90

Inhaltsverzeichnis Kongressband 2008

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Klimabilanz von Praxis-Biogasanlagen H. Bachmaier, M. Effenberger, A. Lehner, A. Gronauer ...................... 100

Optimierung des mikrobiellen Umsatzes in landwirtschaftlichen Bio-gasanlagen H. Heuwinkel, M. Lebuhn, M. Effenberger, A. Gronauer, D. Preisler, H. Oechsner, A. Lemmer, H.F. Jacobi, R. Junge, E. Hartung ................................................................................................. 108

Fachvorträge nach Themenbereichen Tierische Produktion und Futtermittel Probleme der Biogasproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen im Langzeitbetrieb und molekularbiologische Analytik M. Lebuhn, C. Bauer, A. Gronauer ........................................................ 118

Untersuchungen zu Verlusten an Trockenmasse in Siloanlagen mit unterschiedlicher Abdeckung bei Biogasanlagen. W. Richter, N. Zimmermann, S. Neser, M. Schuster, K. Kölln-Höllrigl, J. Triller-Hofmann, H. Geitner, I. Rosenbauer ....................... 126

Monitoring zu Selen und Vitamin E im Mischfutter K.-H. Grünewald, G. Steuer ..................................................................... 134

Untersuchungen zum Gehalt an ME und praecaecal verdaulichen Aminosäuren von Getreidetrockenschlempe beim Broiler H. Kluth, E. Wolf, M. Rodehutscord ...................................................... 142

In vitro-Untersuchungen zur Wirkung von Arsen auf die Nährstoff-fermentation und Effizienz der Pansenmikroben R. Krüger, J. Boguhn, O. Steinhöfel, R. Klose, M. Rodehutscord ....... 149

Untersuchungen zur ruminalen Fermentation von Glycerin in vivo und in vitro E. Haese, G. Kneer, H.Steingaß, W. Drochner ........................................ 157

Wirkung von Glyzerinzulagen auf Futteraufnahme und Leistung bei Milchkühen J. Harzheim, H. Steingaß, W. Drochner ................................................. 164

Qualität von Milch, Fleisch und Eiern aus Thüringer Erzeugung - Erhebungen und Einbeziehung in die Ernährungsberatung F. Schöne .................................................................................................... 171

VDLUFA Schriftenreihe 64 Inhaltsverzeichnis

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Einfluss der Vaterrasse beim Schwein auf die Endproduktqualität von Rohschinken S. Müller, P. Freudenreich, W. Branscheid, H. Hartung ...................... 180

Untersuchungen zu Futterverzehr und Verzehrsverhalten von intensiv wachsenden Mastschweinen C. Wecke, H. Bielfeldt, H.-J. Alert, F. Liebert ........................................ 192

Zum optimalen Kraftfutterniveau im ökologisch wirtschaftenden Milchviehbetrieb M. Pries, A. Dieckmann, A. Verhoeven, H. van de Sand ....................... 197

Beurteilung der Körperkondition bei Fleckviehkühen H. Spiekers, K. Steinke, M. Steyer, A. Obermaier, T. Ettle ................... 205

Untersuchungen zum Einsatz von Sojaextraktionsschrot, Raps-extraktionsschrot und Lupinen bei Mastbullen J. Groß, A. S. Sami, M. Schuster, F. J. Schwarz .................................... 214

Validierung des Analysenverfahrens zur Bestimmung ausgewählter Pflanzenschutzmittel in ausgewählten be- und verarbeiteten Futter-mitteln (Multiverfahren) und Ermittlung der statistischen Kennzahlen der Methode G. Offenbächer, L. Anders, E. Janssen, T. Knobloch, A. Trenkle ......... 221

Bestimmung von Verfahrenskenndaten bei Kalibration durch ge-wichtete lineare Regression P. Steliopoulos ........................................................................................... 229

Schätzung der Biogasausbeute von Futtermitteln aus Kennzahlen der Futterbewertung K. Rutzmoser, U. Keymer ........................................................................ 233

Untersuchungen zum Futterwert von Heulage (haylage) G. Schlegel, F. Zeller, F.J. Schwarz .......................................................... 239

Vorkommen diverser Fusarientoxine in sächsischem Futter 2007 G. Hanschmann, D. Krieg ........................................................................ 245

Selen-Status ausgewählter Futtermittel in einer ersten Erhebung F. Schöne, D. Pick, S. Dunkel, E. Herzog, R. Kirmse, M. Leiterer ...... 251

Wachstumsleistung und Schlachtkörpermerkmale von Broilern in Ab-hängigkeit von Bruttemperatur und Geschlecht C. Wecke, C. Werner, F. Liebert, M. Wicke ........................................... 255

Einfluss eines gestaffelten Gehaltes an Bohnenkraut im Hennenfutter auf Legeleistungs- und Zuchtmerkmale I. Halle, R. Thomann, U. Bauermann ..................................................... 259

Inhaltsverzeichnis Kongressband 2008

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Einfluss von Oreganozusatz auf die Wachstumsleistung von Ferkeln W. Wetscherek, K. Zitterl-Eglseer, J. Oswald ........................................ 263

Einfluss einer L-Carnitinzulage im Futter bei unterschiedlicher Energiekonzentration auf Mast- und Schlachtleistung von Mast-schweinen F. Hutterer, W. Windisch, T. Ettle ........................................................... 271

Einfluss von Kraftfutterniveau und Leistungsförderern bei energie-armer Maissilage als Grundfutter in der Bullenmast mit Fleckvieh und Fleckvieh-Kreuzungen aus der Mutterkuhhaltung L. Gruber, M. Urdl, A. Schauer, R. Steinwender ................................... 279

Eutergesundheitsstatus von gemerzten Milchkühen M. Freitag, M. Meimann, A. Brammen, W. Wolter, A. Pelzer, M. Holsteg, E. Albers, H. van de Sand, U. Exner, P. Zieger .................. 295

Einfluss der Stalltemperatur auf Futteraufnahme und Milchleistung S. Dunkel, K.Trauboth, W.I. Ochrimenko, G. Früh .............................. 301

Rationsgestaltung mit Aminosäuren: Das nXAA –System − eine Erweiterung des nXP-Systems A. Schröder, R. Bennett, H. Rulquin ...................................................... 305

Erste Erfahrungen in der Analytik von Selen und weiteren Spuren- und Mengenelementen in biologischen Matrices mit einem ICP-MS mit Reaktions/Kollisionszellen-Technologie (ORS-ICP-MS) E. Most, W. Reiher, A. Müller, J. Pallauf ............................................... 313

Klimaschutz und Bioenergie Erfassen und Bewerten von Treibhausgasemissionen im landwirt-schaftlichen Betrieb H. Eckert ................................................................................................... 319

Vergleich des Energiepflanzenanbaus unter variierenden Standort-bedingungen Ch. Strauß, A. Nehring, A. Vetter ............................................................ 326

Optimierte Maisfruchtfolgen für die Biomasseproduktion zur Biogas-erzeugung B. Eder, J. Eder, E. Sticksel ...................................................................... 334

Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) – eine Alternative für den Einsatz in der Biogasanlage M. Conrad, A. Biertümpfel, A. Vetter ..................................................... 340

Zuckerhirse und Sudangras – Rohstoffpflanzen für Biogasanlagen C. Röhricht, D. Zander ............................................................................ 346

VDLUFA Schriftenreihe 64 Inhaltsverzeichnis

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Entwicklung einer geeigneten NIRS-Analytik für die Steuerung von Biogasanlagen M. Schmidt, M. Fischer, W. Friedt, P. Tillmann, H. Brunn, W. Zerr ...................................................................................................... 354

Biogas- und Methanerträge alternativer Fruchtarten F. Hengelhaupt, A. Nehring, K. Gödeke ................................................. 361

Anbauempfehlungen für Kurzumtriebsplantagen A. Werner, A. Vetter ................................................................................. 369

Mensch und Umwelt im Klimawandel: Klimarelevante Luftschad-stoffe und Treibhauspotentiale von Landwirtschaft, Ernährungsbereich und Bioenergiewirtschaft in Deutschland im Bezugsjahr 2005 R. Isermann, K. Isermann ....................................................................... 378

Nachhaltige Ernährung und Bioenergiewirtschaft 2020: Sozial: Genügsam? Suffizienz; Ökologisch: Umweltgerecht? Konsistenz; Ökomisch: Effizient und preiswert? Effizienz K. Isermann, R. Isermann ....................................................................... 391

Charakterisierung von Gärresten aus Biogasanlagen mit unterschied-lichem Substrateinsatz H.-W. Olfs, D. Trautz ............................................................................... 398

Eigenschaften und Humuswirkung von Biogasgülle G. Reinhold, W. Zorn ................................................................................ 404

P-Düngungseffekte von Biomasseaschen K. Schiemenz, B. Eichler-Löbermann .................................................... 410

Düngewirkung von Schwefel beladener Aktivkohle aus der Biogas-reinigung W. Zorn, G. Marks, H. Schröter .............................................................. 415

Das agrarmeteorologische Messnetzes Thüringens H. Michel ................................................................................................... 420 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

Ergebnisse von Feldversuchen zur Stickstoffdüngung von Qualitäts-weizen in Thüringen H. Heß, W. Zorn, M. Kerschberger ........................................................ 426

Verbesserung der Treffsicherheit bestandestestender Verfahren bei der Bemessung der N-Qualitätsdüngung des Winterweizens L. Boese ..................................................................................................... 435

Inhaltsverzeichnis Kongressband 2008

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Wirkung einer Mikronährstoffblattdüngung zu Getreide – Ergebnisse von Thüringer Feldversuchen W. Zorn, H. Schröter ................................................................................ 441

Mineralstoffgehalte in der Pflanze in Abhängigkeit von einer Grün-landdüngung mit Phosphor und Kalium B. Greiner, R. Schuppenies, F. Hertwig, H. Hochberg, G. Riehl ...................................................................................................... 446

Auswirkungen langjährig suboptimaler P- und K-Düngung im Acker-bau – Schlussfolgerungen für einen erweiterten Anbau von Bio-energiepflanzen W. Zorn, H. Schröter, H. Heß .................................................................. 454

Folgen negativer Kalium- und Magnesiumbilanzen auf die langjährige Ertragsentwicklung verschiedener Kulturen M. Armbruster, R. Bischoff, F. Wiesler .................................................. 462

Ureolyse von Harnstoff im Boden ohne und mit Ureaseinhibitoren F. Herbst, W. Gans .................................................................................... 470

Entwicklung der Nmin-Gehalte auf landwirtschaftlich genutzten Böden in Thüringen L. Herold, S. Wagner, E. Höpfner ........................................................... 476

Einfluss landwirtschaftlicher Nutzung auf die Sickerwasserqualität I. Pfleger .................................................................................................... 482

Bestimmung von standortabhängigen Schwellenwerten für N-Salden mit der Lysimeteranlage Buttelstedt S. Knoblauch ............................................................................................. 490

Austragsverhalten von Nitrat und Glyphosat bei konventioneller und konservierender Bodenbearbeitung auf einem Lössstandort G. Machulla, O. Nitzsche, W. A. Schmidt ............................................... 498

Bewertung Thüringer Ackerböden nach Restriktionen der Klär-schlammverordnung V. König .................................................................................................... 506

Untersuchungen zu bodenphysikalischen Parametern von Böden nach langjährigem Pflugverzicht und Direktsaat, dargestellt am Beispiel des Infiltrationsvermögens J. Bischoff, M. Schrödter, F. Holz ........................................................... 513

Bewirkt die konservierende Bodenbearbeitung eine Sequestrierung von Kohlenstoff im Boden? T. Appel, V. Berg, O. Laufer, M. Bai ....................................................... 519

VDLUFA Schriftenreihe 64 Inhaltsverzeichnis

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Nachhaltige Kompostverwertung in der Landwirtschaft − pflanzen-bauliche Vorteilswirkungen und Risiken M. Mokry, R. Bolduan, R. Kluge ............................................................ 529

Vereinfachte Humusbilanz des Ackerbaus in Baden-Württemberg und in zwei Landkreisen B. Deller .................................................................................................... 538

Mikrobielle Biomasse und ihre Aktivität bei langjähriger Kompost-zufuhr in unterschiedlichen Böden Baden-Württembergs H. Flaig, R. Kluge ..................................................................................... 546

Weiterentwicklung des Programms „Komplexe Pflanzenanalyse“ im Rahmen „Landwirtschaft macht Schule“ U. v. Wulffen, J. Thormeyer, J. Riedel, M. Germer, S. Krieter, W. Zorn, E. Kape, E. Albert, M. Roschke .............................................. 555

Bodenuntersuchung in den mittel- und osteuropäischen Ländern – Er-gebnisse des zweiten MOEL-Ringversuches 2007/08 W. Zorn .................................................................................................... 559

Vergleich der aus Ringversuchen festgestellten Abweichung für Para-meter der Bodengrunduntersuchung W. Übelhör, H. Hartwig, K. Bechtold ..................................................... 567 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

Chancen und Risiken des Winterbraugerstenanbaus in Thüringen M. Farack, E. Schreiber, .......................................................................... 572

Einfluss des Produktionsverfahrens Winterraps auf die Rohstoffqualität von Rapsöl T. Graf, R. Heydrich, A. Biertümpfel ..................................................... 580

Optimierung von Verfahrensschritten der dezentralen Ölsaaten-verarbeitung T. Graf, R. Richter, R. Bauer ................................................................... 589

Qualitätsparameter von Speiselein in Abhängigkeit von Sorte und Standort A. Biertümpfel, R. Heydrich, T. Graf ..................................................... 598

Vegetationsversuche zur Aufnahme perfluorierter Tenside (PFT) in landwirtschaftliche Kulturpflanzen J. Heyn, Th. Stahl, S. Georgii .................................................................. 603

Inhaltsverzeichnis Kongressband 2008

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Saatgut

Die Saat- und Pflanzgutproduktion der Schweiz im Überblick T. Hebeisen, L. Graff, A. Rüegger, S. Zanetti ......................................... 612

Optimierung des Prüfaufwandes bei der Keimfähigkeitsbestimmung von Getreidepartien in Großsilos G. Wustmann, W. Jackisch ...................................................................... 618

Wer liefert die bessere Saatgutqualität in Bayern – der Selbst- oder der Fremdaufbereiter? B. Voit, B. Killermann .............................................................................. 623

Osmopriming bei Saatgut der Wiesenrispe (Poa pratensis L.) C. Sandritter, M. Kruse ........................................................................... 630

Ist die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit für die Saatgutanerkennung bei ausgewählten Grasarten geeignet? G. Müller ................................................................................................... 636

Erarbeitung von Schwellenwerten zur wirksamen Bekämpfung von Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) und Steinbrand (Tilletia caries) sowie deren praktische Umsetzung im Öko-Landbau M. Dressler, B. Voit, P. Büttner, B. Killermann ..................................... 642

Sortenbestimmung bei Kartoffel mit der isoelektrischen Fokussierung A. Jonitz, D. Miranda ............................................................................... 648

Kurzzeitige „ultra-dry seed storage“ von Zwiebelsaatgut zur Simulierung der Anwendung in Genbanken Q. Yang, M. Kruse .................................................................................... 653

Analyse der Vereinbarkeit von Qualitätsparametern lose lagernder Ge-treidepartien in Großsilos W. Jackisch, B. Krellig ............................................................................. 660

Analytik und Laboraussteller

Vergleich zweier Methoden zur Bestimmung der Kornrohdichte mittels Flüssigkeits- und Gaspyknometrie R. Paul, B. Deller ...................................................................................... 669

Analytische Leistungsfähigkeit verschiedener Untergrund-kompensationsmethoden in der Atomabsorptionsspektrometrie T. Limburg, J.W. Einax, A. Liebmann ................................................... 676

VDLUFA Schriftenreihe 64 Inhaltsverzeichnis

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Automatisierte SPE mit GPC und Probenkonzentration K. Braun .................................................................................................... 679

Kundenbindung und Entlastung des Labors durch LIMS C. Köller, R. Schymik ............................................................................... 683

ANKOM Technologie – Innovative Technik für die Nährstoffanalytik und die energetische Bewertung von Futtermitteln B. Stadler ................................................................................................... 688 Autorenindex ..................................................................................... 696

Grußworte Kongressband 2008

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Grußwort des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz MinR F. Cramer1 1Leiter des Referats 516 „Acker und Pflanzenbau“ Sehr geehrter Herr Präsident Wiesler, sehr geehrter Herr Minister Sklenar, sehr geehrter Herr Professor Dorn, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Veranstaltung wird zum 120. Mal der VDLUFA-Kongress eröffnet Man könnte also geneigt sein, ihn als betagt – ja gar als überholt – anzusehen! Der Blick auf das Thema macht aber deutlich: Er widmet sich erneut einem aktuellen und zukunftsorientierten Generalthema, das in den vergangenen Monaten – weit über die Agrarbranche hinaus – intensiv und kontrovers dis-kutiert wurde: Sowohl unter ökonomischen als auch unter ökologischen Aspekten wurde die erhöhte Nachfrage nach Biomasse von echten und selbst ernannten Fachleuten öffentlich erörtert. Angesichts der aktuellen Entspannung an den Rohölmärkten könnte die Frage gestellt werden: Warum befasst sich der VDLUFA erst jetzt mit den aus der Biomassenachfrage erwachsenden Herausforderungen für die Land-wirtschaft? Es zeichnet den VDLUFA aus, dass er eben nicht spontan und kurzatmig im Tagesgeschäft agiert, sondern anstehende Fragen auf Fachtagungen wie dieser gründlich erörtert und dann fundiert Position bezieht. Deshalb freue ich mich, anlässlich des diesjährigen Kongresses ein Grußwort an Sie richten zu dürfen und Ihnen auch die guten Wünsche meiner Vorgesetzten, ins-besondere des Herrn Bundesministers Seehofer, dem Schirmherrn Ihres Kongresses zu überbringen. Erhöhte Biomassenachfrage, das Tagungsthema macht deutlich, dass die Er-zeugung von Biomasse, im wesentlichen in der pflanzlichen Produktion, nicht neu ist, heute aber auf eine erhöhte Nachfrage trifft. Neben Lebens- und Futtermittel, die letztlich der menschlichen Ernährung dienen, stellt die Landwirtschaft schon immer auch Brennstoffe und „Treib-stoffe“ für Zugtiere sowie Rohstoffe für die unterschiedlichsten Zwecke bereit. Nachwachsende Rohstoffe stehen in den letzten Jahren immer mehr im Fokus des öffentlichen Interesses. Dafür haben nicht nur die Klima-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Grußworte

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debatte sondern auch steigende Rohstoff- und Energiepreise gesorgt. Es ist vielen deutlich geworden, dass eine breit aufgestellte Energieversorgung wichtig ist. Mit ihrer Syntheseleistung können Pflanzen Sonnenenergie in chemische Energie umwandeln. Zu welchen der vorgenannten Zwecken diese Energie am sinnvollsten eingesetzt werden sollte, ist sicher eine öko-nomische Frage. Sie hat aber auch – das macht der Blick auf Ihr Kongressprogramm deutlich, eine ökologische Komponente. Und nicht zuletzt ist sie auch eine soziale Frage – und zwar umso mehr, als die Zahl „hungriger Mäuler“ weltweit zu-nimmt. Die stoffliche und die energetische Nutzung von Biomasse haben für das BMELV einen hohen Stellenwert. Priorität hat aber die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln. Nachwachsende Rohstoffe, die im Fokus dieses Kongresses stehen, werden weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung in der Land- und Forstwirtschaft leisten. Sie bieten für den ländlichen Raum insgesamt erhebliche Ent-wicklungschancen. Landwirtschaftliche Produktion - auch die Erzeugung von Biomasse zur energetischen und zur stofflichen Nutzung - ist mit Aufwand verbunden. Ziel der guten fachlichen Praxis muss es sein, Erträge zu optimieren, d.h. Be-triebsmittel möglichst effizient einzusetzen. Dazu gehört auch, die Emission klimawirksamer Gase niedrig zu halten. Das ist eine Herausforderung für Praxis, Beratung und Wissenschaft. Ich begrüße es daher sehr, dass Sie den Beitrag zur globalen Bewertung von Lachgas, die im letzten Jahr in der Öffentlichkeit breit – aber leider nicht immer tief – diskutiert wurde, im morgigen Workshop mit Herrn Winiwater, einem der Autoren der Studie, erörtern werden. Nur, wenn wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahren, Boden, Wasser, Luft und Biodiversität schützen, werden wir erfolgreich die ge-sellschaftlichen Zukunftsfragen lösen können. Die Bundesregierung und die Europäische Union haben sich ambitionierte Ziele beim Ausbau der er-neuerbaren Energien gesetzt. Ich nenne hier nur das Ziel, bis 2020 zwanzig % des Primärenergieverbrauches aus erneuerbarer Energien zu ge-winnen. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, die industrielle, energetische und stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen als wichtige Entwicklungsperspektive ins-besondere der Landwirtschaft auszubauen und damit zukunftsfähige Wert-schöpfungspotentiale in den ländlichen Räumen weiter zu entwickeln. Die Forschung in diesem Bereich wollen wir Ressort übergreifend forcieren.“

Grußworte Kongressband 2008

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Die Rolle der Forschung – das möchte ich gerade hier betonen – wird dabei im Koalitionsvertrag ausdrücklich hervorgehoben. Forschung generiert Wissen. Wissen schafft neue Ideen. Aus Ideen werden Innovationen.Dieser Dreiklang trifft ganz besonders auf die Agrarwirtschaft zu. Agrarforschung ist damit eine strategische Schlüsselwissenschaft. Es beginnt bei der Pflanze. Nicht jede Art ist als nachwachsender Rohstoff ge-eignet Sie muss ein Bündel von Kriterien erfüllen. Sie soll einen hohe Energieausbeute liefern und nährstoffeffizient sowie widerstandsfähig und stresstolerant sein. Und sie sollnatürlich auch leicht zu ernten sein. Wir brauchen Züchtungsforschung und eine Züchtung, die die geeigneten Sorten bereitstellen und technische Vorgänge erleichtern. „Die rationelle Züchtung unserer landwirtschaftlicher Kulturpflanzen ist nicht etwa ein Gegenstand der Liebhaberei und des Vergnügens, sondern sie ist eine ernste Notwendigkeit für den weiteren Fortschritt in der Landwirt-schaft.“ So hat es Kurt Rümker, ein Schüler von Julius Kühn, dem Namens-patron unseres Bundesforschungsinstituts für Kulturpflanzenforschung, treffend ausgedrückt. Die Erzeugung von Biomasse ist die eigentliche Domäne der Landwirt-schaft. Dabei hat sich der Landwirt heute und in Zukunft an der guten fach-lichen Praxis auszurichten. Insbesondere hat er seine Anbaumaßnahmen nicht nur am optimalen Ertrag sondern auch an der Minimierung uner-wünschter Umweltwirkungen zu orientieren. Den rechtlichen Rahmen hierzu liefern u.a. die landwirtschaftlichen Fachgesetze sowie das allgemeine Umweltrecht. Dem VDLUFA kommt hier eine wichtige Rolle zu: Er kann wissenschaft-liche Erkenntnisse aufbereiten, damit sie der Landwirtschaft nutzen - aber auch als Grundlage für die Gestaltung des Rechtsrahmens dienen können. Das BMELV schätzt die Arbeit des VDLUFA: • Wir fördern traditionell den VDLUFA-Kongress, • Wir nutzen die in Ihrem Verband versammelte Expertise. Beispiele hierfür sind • Die Grundlagen der Humusbilanzierung als „Blaupause“ für die

Regelung in der Direkt-zahlungen-Verpflichtungenverordnung • Die Methodenbücher zur Futtermittel-und Düngemnittelanalytik • Die Methoden zur Schadstoffbewertug in Düngemitteln • Die maßgebliche Mitwirkung in der „carry-over-Arbeitsgruppe“

VDLUFA Schriftenreihe 64 Grußworte

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• Die Mitwirkung in Expertengremien der EU zu Futtermitteln und Düngemitteln

• Die Wahrnehmung unserer Interessen durch die Fachgruppe Saatgut bei ISTA, einschließlich der Vorbereitung des ISTA-Kongresses 2010

• Last not least: Die wesentliche Mitwirkung im Wissenschaftlichen Beirat für Düngungsfragen beim BMELV

Vier von zehn Beiratsmitgliedern kommen aus Ihren Reihen. Der Präsident des VDLUFA, Herr Professor Wiesler, wurde als Mitglied neu berufen. Dem bisherigen Vorsitzenden des Beitrats, Herrn Dr. Gutser, danke ich an dieser Stelle herzlich für seine zehnjährige engagierte Mitarbeit und insbesondere für fünf Jahre als Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vergangenen Kongresse haben die Fachdiskussionen in unserem Sektor bereichert und zur Lösung fach-licher und fachpolitischer Fragen beigetragen. Ich bin sicher, dass dies auch für den vor uns liegende Tagung gelten wird. Ihrem 120. Kongress wünsche ich einen guten Verlauf, gewohnt sachkundig und engagiert geführte Diskussionen sowie nachhaltig wirkende Ergebnisse. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Grußworte Kongressband 2008

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Grußwort des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt

Minister Dr. V. Sklenar 1Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt des Freistaates Thüringen Ich möchte Sie recht herzlich mit dem Slogan der Thüringer Landes-regierung begrüßen: Willkommen in Deutschlands Starker Mitte! Mein Ziel ist es, Ihnen als Gastgeber dieses VDLUFA - Kongresses zu zeigen, dass dieser Willkommensgruß auch für die Thüringer Landwirtschaft zutrifft. Unter dem Motto: „Landwirtschaftlicher Betrieb der Zukunft – vielfältig, nachhaltig und hoch spezialisiert“ konnten wir bereits anlässlich der DLG-Feldtage, die erfolgreich 2008 in Thüringen statt gefunden haben, eine leistungsstarke Thüringer Landwirtschaft präsentieren. Ich freue mich im Übrigen darüber, dass Sie Ihren diesjährigen Kongress nun schon zum zweiten Mal nach der Wiedervereinigung in Thüringen ver-anstalten. Unweit von hier – in Weimar – wurde vor 120 Jahren der „Ver-band Landwirtschaftlicher Versuchsstationen im Deutschen Reich“ ge-gründet Die Gründungsveranstaltung fand am 22. Januar 1888 statt. Es ist eine bewährte Tradition des VDLUFA, in jedem Jahr einen wissen-schaftlichen Kongress zu aktuellen Fachfragen der Agrarwissenschaften und Agrarpolitik durchzuführen. Bereits im Jahr 1994 fand hier an der ehr-würdigen Friedrich-Schiller-Universität der 106. Kongress statt. Vor 14 Jahren standen die Schwerpunkte Marktentlastung durch Flächenstilllegung und Extensivierung im Mittelpunkt. Das Kongressthema lautete damals „Alternativen in der Flächennutzung, der Erzeugung und Verwertung land-wirtschaftlicher Produkte“. Die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung erfolgte auch schon 1994 unter maßgeblicher Beteiligung der Thüringer Landesanstalt für Landwirt-schaft. Die Plenarvorträge behandelten fast ausschließlich die Nach-wachsenden Rohstoffe. Wie die spätere Entwicklung zeigen sollte, ein richtungweisender Kongress. Auch der 120. Kongress in diesem Jahr greift wieder ein sehr aktuelles Thema auf. „Erhöhte Biomassenachfrage – eine neue Herausforderung für die Landwirtschaft“. Unsere Landwirtschaft in Deutschland ist eine Zu-kunftsbranche. Eine Branche mit rund 3,8 Millionen Arbeitsplätzen, einem

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Anteil von sieben Prozent an der nationalen Wertschöpfung und einem Ex-portwert von über 45 Milliarden Euro bei Agrar- und Ernährungsgütern. Schon heute verdient die Branche damit jeden fünften Euro mit dem Export. Bald wird es jeder vierte sein, denn die deutschen Agrarexporte haben im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum noch ein-mal um fast 17 Prozent zugelegt. In der Landtechnik sind wir ungeschlagen Exportweltmeister. Für die künftigen Innovationsfelder zur Strom-, Wärme- und Kraftstoff-produktion insbesondere für die Bioenergie-Branche stehen die Land- und Forstwirtschaft als Rohstofflieferanten, aber auch als mittelständische Er-zeuger oder Nutzer von Bioenergie bereit. Schon jetzt hat die Bioenergiebranche eine spürbare volkswirtschaftliche Bedeutung. Zahlen aus Thüringen belegen das: Allein im Bereich der Biogaserzeugung wurden bisher ca. 125 Mio. EUR investiert. Im Jahr 2007 beträgt das geschätzte Investitionsvolumen 64 Mio. EUR, die mehr als 100 landwirtschaftlichen Biogasanlagen mit einer installierten Leistung von 52 MW können in Thüringen ca. 110.000 Haus-halte mit Elektroenergie versorgen. Das entspricht 95 Mio. l eingespartes Heizöl. Nach Schätzungen des Thüringer Zentrums Nachwachsende Roh-stoffe bringt Bioenergie in Thüringen gegenwärtig eine Wertschöpfung von mehr als 110 Mio. €/Jahr und sichert 800 Arbeitsplätze, allein der Anbau, die Verarbeitung und Logistik der Rapsölkraftstoffe bindet davon ca. 500 Arbeitsplätze, vorwiegend im ländlichen Raum Thüringens. Diese Erfolge bestätigen den eingeschlagenen Weg der letzten Jahre. Es ist uns gelungen, die Landwirte als Unternehmer zu stärken und die gesamte Branche in das Blickfeld unserer Gesellschaft zu rücken. Jetzt geht es darum, auf diesem Fundament kontinuierlich weiter zu machen. Ich denke, Sie stimmen mir zu: Die Landwirtschaft muss auf die wach-senden Herausforderungen richtig reagieren. Die Ernährungssicherung einer rasant wachsenden Weltbevölkerung, Fragen des Klimaschutzes, der Energie-sicherheit, aber auch des Umwelt- und Tierschutzes stehen dabei ganz oben auf der Agenda. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die Begehrlichkeiten hin-sichtlich der Nutzung der Ackerflächen weiter zunehmen werden. Denn sie sollen nicht nur Rohstoffe zur Nahrungsmittelerzeugung hervorbringen, sondern auch einen Beitrag leisten, den enormen Energiehunger – und hier sind nicht nur Kraftstoffe, sondern auch Strom und Wärme ist hier gemeint –

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zu stillen. Dazu kommt die stoffliche Schiene, die der Industrie im ver-stärkten Maße zum Beispiel Öle, Fasern und Stärke liefern soll. Ich vertrete dabei den Standpunkt, dass der weitere Ausbau der Bioenergie mit Augenmaß vorangetrieben werden muss. Dazu gehört auch, dass stärker Nebenprodukte und nicht für die Lebensmittelerzeugung geeignete Pflanzen mit hohem Biomasseertrag genutzt werden sollten. In diesem Zusammen-hang sage ich klar und deutlich, dass die Produktion hochwertiger Nahrungs- und Futtermittel für die Thüringer Landwirte dabei Priorität haben muss. Auch wenn unsere landwirtschaftliche Fläche ein knappes, weil nicht ver-mehrbares Gut ist, können die Landwirte beides. Die Landwirtschaft kann beiden Zielen, Energie und Nahrungsmittelproduzent zu sein, gerecht werden. Wichtig dabei aber ist, anstehende Entscheidungen auf der Basis wissenschaftlicher Fakten zu treffen. Der Bioenergieboom verstärkt die ohnehin gestiegene Nachfrage nach Nahrungsgütern und hat sich somit auch auf die Preise ausgewirkt. Sollen sich deshalb die landwirtschaftlichen Unternehmen von der Biomasse-produktion abwenden? Hier steht ein klares „Nein“! für mich. Das ist auch verbunden mit einem klaren „Nein“ zum Mythos vom "Alleinigen Preistreiber Nachwachsende Rohstoffe" beim Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Der aktuell zu beobachtende Preisanstieg wichtiger Agrarrohstoffe beruht vielmehr auf vielfältigen und gleichermaßen sehr komplexen Gründen: die weltweite Nachfrage nach landwirtschaftlichen Gütern durch eine ins-gesamt wachsende Bevölkerung ist gestiegen, die Weltagrarmärkte haben sich von einem Angebots- zum Nachfragemarkt entwickelt, Agrarrohstoffmärkte sind globale Märkte, hier werden die Preise maßgeblich beeinflusst, die steigende Kaufkraft der Mittelschichten in den Schwellen-ländern, die vermehrt qualitativ hochwertige Lebensmittel nachfragen, wetterbedingte Produktionsausfälle in wichtigen Exportländern wie Australien, USA und Kanada, abnehmende Lagerbestände und steigende Rohstoff- und Rohölpreise – auch wenn sie gegenwärtig fallen – und nicht zu unterschätzen der Einfluss der Kapitalanleger und der "Spekulanten" in den Rohstoffmärkten. Gestiegene Agrarpreise sind einerseits gut für die Landwirte, denn sie federn die ebenfalls gestiegenen Produktionskosten ab. Aber auch hier gibt es mehrere Seiten:

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• Erstens: Die Verbraucher bekommen die höheren Agrarpreise jetzt im Portemonnaie zu spüren. Wir alle wissen die Preise für Lebensmittel haben in den letzten Monaten stärker geschwankt, als es die Menschen in Deutschland bisher gewohnt waren.

• Zweitens: Den Tierproduzenten macht der Anstieg der Futtermittel-preise große Sorgen.

Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass die Menschen, wieder stärker den Wert guter, gesunder landwirtschaftlicher Produkte, wie Lebensmittel schätzen lernen und diesen ihren angemessenen Preis zugestehen. Die gleiche Botschaft sollte für Bioenergie aus der Region gelten. Hier brauchen wir insgesamt ein neues Verständnis von "unserem täglichen Brot" oder der „warmen Stube“. Auf der anderen Seite wissen wir alle, dass die jeweiligen Preisanstiege von den Menschen auch geschultert werden müssen. Gerade die letzten Monate haben deutlich gemacht, wie schnell die Inflationsrisiken steigen. Insoweit sollten alle Marktteilnehmer kein Interesse daran haben, dass die Preise und Kosten an den Märkten zu stark ausschlagen. Die aktuellen politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen, wie die Novellierung des EEG, des KWK-Gesetzes, des EEG-Wärmegesetzes und der Gasnetzzugangsverordnung oder dem Biokraftstoffquotengesetz lassen weitere umfassende Impulse zum Ausbau erneuerbarer Energien und nach-wachsender Rohstoffe zur Bedarfsdeckung der Energiemärkte erwarten. Ziel muss es sein, damit auch Wertschöpfung in der Landwirtschaft zu generieren und die Innovationskraft ländlicher Räume weiter zu stärken. Der sich entwickelnde Betriebszweig Energiepflanzenanbau/ Bioenergie-produktion ist somit nicht nur eine Chance für jeden einzelnen landwirt-schaftlichen Unternehmer Einkommen zu erzielen, sondern vor allem auch eine zukunftsträchtige Quelle für wachsende Wirtschaftskraft im ländlichen Raum. Mit Jena hat sich der VDLUFA wieder für einen traditionsreichen Hoch-schulstandort entschieden, an dem die Agrarforschung in Deutschland vor über 150 Jahren mit begründet wurde. Friedrich Gottlob Schulze steht am Beginn einer Reihe namhafter Agrarwissenschaftler, die ihr Wissen und Können zum Wohle der Landwirtschaft einsetzten. Auf dem VDLUFA-Kongress 1994 wurde neben F. G. Schulze als Begründer der Ackerbauschule Jena-Zwätzen vor allem Ernst Theodor Stoeckhardt gewürdigt. Stoeckardt überführte die Ackerbauschule in ein Universitätsinstitut und verwirklichte darin die Einheit zwischen Lehre, Forschung und Untersuchung.

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Die angewandte Agrarforschung, das landwirtschaftliche Untersuchungs- und Versuchswesen sowie die landwirtschaftliche Beratung bilden bis heute die Schwerpunkte des VDLUFA. Die Fachgruppen des Verbandes und nicht zuletzt der jährlich stattfindende Kongress bieten eine hervorragende Platt-form für den fachlichen Informationsaustausch im Bereich der Agrar-forschung. Jedes Team und damit auch jeder Verband lebt durch die Kreativität seiner Mitglieder. Herausragende Leistungen der Agrarforschung werden durch den VDLUFA mit der Verleihung der Sprengel-Liebig-Medaille geehrt. Als Jenaer Wissenschaftler, denen diese höchste Auszeichnung des VDLUFA zuteil wurde, sind Professor Werner BERGMANN, Dr. Manfred KERSCHBERGER und Professor Gerhard BREITSCHUH zu nennen. Professor Bergmann und Professor Ortwin Krause wurden aufgrund Ihrer Verdienste zu Ehren-mitgliedern ernannt. Auch diese Ehrungen sind ein Beleg für die besonderen Leistungen der angewandten Agrarforschung Thüringens im Verbund der bundesdeutschen Agrarforschung. Nicht unerwähnt bleiben soll außerdem, dass Professor Gerhard Breitschuh als Präsident des VDLUFA im Zeitraum von 1996 bis 2001 die jüngste Entwicklung des Verbandes mit geprägt hat. Der 120. VDLUFA-Kongress 2008 wird vom Bundesministerium für Er-nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Thüringer Mi-nisterium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt unterstützt. Neben dem VDLUFA fungieren die Thüringer Landesanstalt für Landwirt-schaft und das Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich Schiller Universität gemeinsam als Ausrichter. Der Kongress wird außerdem zusätz-lich durch die Fa. Analytik Jena unterstützt. Im 450. Jahr der Gründung der Friedrich-Schiller-Universität findet der 120. VDLUFA-Kongress in Jena, der diesjährigen Stadt der Wissenschaften, in enger Zusammenarbeit der Forschungseinrichtungen, Behörden und Firmen in Jena statt. Ich denke, dies sind beste Voraussetzungen für ein gutes Gelingen, nicht nur des Kongresses, sondern auch der dort erwachsenden Ideen und Konzepte. Dafür wünsche ich Ihnen alles Gute!

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Grußwort der Friedrich-Schiller-Universität Jena Prof. Dr. W. Dorn1 1Direktor des Instituts für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, es ist mir eine Freude und Ehre zugleich, Sie zum 120. VDLUFA-Kongress in der Aula unserer Salana auf das Herzlichste begrüßen zu dürfen. Ich tue das auch im Namen unserer Alma mater Jenensis sowie natürlich im Namen des Institutes für Er-nährungswissenschaften. Ich freue mich außerordentlich, dass Sie Ihren dies-jährigen Kongress in unserem kleinen, aber so traditionsreichen Jena durch-führen.

In diesem „närrischen Nest“ wie Goethe gelegentlich schmunzelnd „sein“ Jena nannte, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts erstmalig der Versuch unternommen, die Landwirtschaftskunde in ihrem inneren Zusammenhang als einheitlich ökonomisch und naturwissenschaftlich begründetes wissen-schaftliches System zu entwickeln und als selbstständiges Forschungs- und Lehrgebiet institutionell an einer Universität zu betreiben.

Und das alles geschah in einer Zeit festgehalten in dem an der Stirnseite unserer Aula befindlichen Monumentalgemälde des Schweizer Malers Ferdinand Hodler (1853-1918). Die Gesellschaft der Kunstfreunde von Jena und Weimar hatte 1909 das Gemälde der Universität anlässlich der Ein-weihung dieses Hauptgebäudes mit dem Titel „Auszug deutscher Studenten in den Freiheitskrieg 1813“ gestiftet Es symbolisiert den Aufbruch einer mündigen Jugend in eine selbstbestimmte und zugleich dienende Aufgabe – die konkrete historische Situation ist nur ein Beispiel. Damals entstanden in der farblichen Gestaltung der Litewka, des Uniformrocks der Freiheits-kriege, die Farben der deutschen Trikolore: schwarz/rot/gold, später auf-gegriffen von den Frauen Jenas in der von ihnen angefertigten Fahne für die „Urburschen“ zum ersten Wartburgfest im Jahr 1817. Auch das ist deutsche Geschichte, die in Jena nie vergessen wurde.

In Jena war es Prof. Dr. Karl Christoph Gottlieb Sturm (1781-1826), der die von Johann Beckmann (1739-1811) in Göttingen initiierte Abgrenzung der Lehre von der Landwirtschaft von den Kameralwissenschaften aufgriff und sich den Grundfragen der Landwirtschaftswissenschaften und dem Land-wirtschaftsstudium zuwandte.

Der Vorlauf zum akademischen Landwirtschaftsstudium in Jena begann 1814, als Sturm vom Großherzog Sachsen-Weimar-Eisenach, Carl August, die Genehmigung erhielt, auf dessen Kammergut in Tiefurt bei Weimar eine

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landwirtschaftliche Lehranstalt einzurichten. Ab 1. April 1814 lehrte er im Sommersemester in Tiefurt und hielt im Wintersemester Vorlesungen über Kameralistik an der Jenaer Universität. In Anlehnung an Albrecht Thaer ver-trat er den Standpunkt „Wenn wir vom Studium der Landwirtschaft reden, so meinen wir Theorie und Praxis in Verbindung, weil das eine so wenig be-stehen kann als das andere, isoliert für sich.“

Der eigentliche Wegbereiter einer akademischen Landwirtschaftslehre an einer Universität war jedoch Friedrich Gottlob Schulze (1795-1860), ein Schüler von Prof. Sturm. Im Jahre 1825 übergab er dem Senat der Jenaer Hohen Schule einen Plan zur Errichtung einer landwirtschaftlichen Lehranstalt. Nach seiner Berufung 1826 zum ordentlichen Professor eröffnete er am 2. Mai 1826 seine landwirtschaftliche Privatanstalt und richtete sein Institut im Griesbach’schen Haus ein. Es stand neben dem Schloss, später dem an seiner Stelle errichteten Universitätshauptgebäude, wurde im 2. Weltkrieg zerstört und beherbergte bis zur Verlegung in die Stoyschen Anstalten am Steiger 3 Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts die verschiedenen Anstalten der Landwirtschaft. Mit diesem Institut verwirklichte Gottlob Schulze seine Forderung der Verlegung von landwirtschaftlichen Studien und Forschungen an Universitäten und be-gründete damit das landwirtschaftliche Universitätsstudium.

Hier in Jena erhielt ein Mann damit erstmalig einen Lehrstuhl, der den Landbau nicht unter dem Gesichtspunkt fiskalischer Verwaltung betrachtete, sondern das Wesen der Landwirtschaft nur dann als erfüllt ansah, wenn die naturwissen-schaftlich begründeten Vorgänge der Pflanzen- und Tierproduktion gelehrt und verstanden wurden. Das Studium der Landwirtschaftswissenschaft an seinem Institut war in der Tat sehr fortschrittlich und beschäftigte sich unter anderem mit dem Studium der Grundwissenschaften, dem der Hilfswissenschaften, der Aneignung von Kenntnissen zur Anwendung der landwirtschaftlichen Theorie sowie von theoretischen Grundlagen für die praktische Landwirtschaft.

Nachdem die Ausbildung von Tierärzten am Fürstengraben in Jena eingestellt worden war, gliederte die Staatsregierung Weimar 1843 die Tierarzneischule der Lehranstalt SCHULZES an. Und 1844 gelang es ihm schließlich, die Kammer-güter Zwätzen und Lehesten zu pachten und für das Landwirtschaftsstudium zu nutzen.

Nach seinem Tod 1860 wurde die Idee der Entwicklung einer Wissen-schaftsdisziplin Landwirtschaften auch von anderen Universitäten auf-gegriffen und beispielsweise mit der Eröffnung des Kühn’schen Universitäts-institutes in Halle 1863 der große Umschwung zugunsten einer akademischen Ausbildung auf dem Gebiete der Landwirtschaftswissen-schaften eingeleitet Und in der Zeit der Acporkrise in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es wieder ein Vertreter der Jenenser Universitas litterarum, nämlich Theodor Freiherr von der Goltz, Direktor in Jena von

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1885-1897, der auf eine wirtschaftswissenschaftliche Durchdringung der Landwirtschaftswissenschaften orientierte.

Aus solchen Ansätzen entwickelte sich schließlich durch das Wirken zahlreicher bedeutender Persönlichkeiten eine leistungsfähige, angesehene Fakultät in Jena. Sie musste neben weiteren traditionsreichen Fachrichtungen der Alma mater Jenensis durch zentrale Verfügung im Zuge der so genannten 3. Hochschul-reform der ehemaligen DDR von 1968 geschlossen werden. Damit wurden mehr als 150 Jahre akademischer Ausbildung von Landwirten an der Jenaer Hohen Schule beendet, wenn sie auch in einigen wichtigen Komponenten weiter beispielsweise im Institut für Tierernährung mit seinem Versuchsgut Remderoda, das formal der Universität Leipzig zugeordnet wurde sowie in Ein-richtungen der Akademie für Landwirtschaftswissenschaften der DDR in Jena vertreten war.

Und obwohl in den achtziger Jahren an unserer Alma mater über eine Wieder-herstellung der alten universitären Ganzheit nachgedacht wurde und die Wieder-gründung am 3. November 1989 in Form einer direkt dem Rektor unterstellten Agrarwissenschaftlichen Abteilung mit fünf berufenen Hochschullehrern auch erfolgte, sprach sich der Wissenschaftsrat am 2. Oktober 1990 gegen den Wiederaufbau einer Agrarwissenschaft in Jena aus. Deshalb kam es aus wohl-erwogenen Gründen trotz der zunächst gehegten Absicht nicht zur Wieder-gründung einer landwirtschaftlichen Fakultät. Ganz im Sinne von tempore mutantur et nos mutamur in illis (Die Zeiten ändern sich und wir uns in ihnen) wurden jedoch an der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät mit der Gründung eines neu entstehenden Institutes für Ernährung und Umwelt (seit 1999 Institut für Ernährungswissenschaften) zukunftsorientierte Komponenten aufgegriffen, die das Bewusstsein zulassen, den verpflichtenden Traditionen – in ab-gewandelter Form – gerecht zu werden.

Am 17. Juli 1991 gab es dafür grünes Licht durch das Thüringer Wissen-schaftsministerium und ein naturwissenschaftlich orientierter Studiengang der Ernährungswissenschaften, dem ersten in den Neuen Bundesländern, konnte in Jena etabliert werden.

Nach 18 Jahren kann man ohne Übertreibung feststellen, dass das Institut für Ernährungswissenschaften inzwischen einen geachteten Platz in der nationalen/ internationalen Community einnimmt. Wir sind uns unserer historischen Wurzeln bewusst, was nicht zuletzt in zum Teil sehr engen Kooperationen in Forschung und Ausbildung unter anderem mit verschiedenen Bereichen der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, landwirtschaftlichen Primär-produzenten und Betrieben der Lebensmittelindustrie zum Ausdruck kommt. Wir brauchen auch weiterhin in Jena den Dialog zwischen allen, die in der einen oder anderen Form die Nahrungskette in ihre Untersuchungen einbeziehen. In diesem Sinne wünsche ich ihrer Veranstaltung ein gutes Gelingen.

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Ökonomische Konsequenzen einer steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Bioenergie E. Bahrs1 1Universität Hohenheim, Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre 1. Einleitung Derzeit befindet sich die globale geprägte Agrarrohstoffproduktion in einem sich sehr dynamisch verändernden Umfeld. Die globale Nachfrage nach Nahrungsmitteln steigt kontinuierlich an. Allein aus dieser Perspektive werden aus den früher altbekannten Käufer- und Interventionsmärkten plötzlich Ver-käufermärkte für Agrarrohstoffe. Vereinzelte Produktpreise kletterten damit in der jüngsten Vergangenheit in zunächst nicht erwartete Höhen. Begleitet wird diese Entwicklung durch die zusätzliche Nachfrage nach Biomasse zur Produktion von Bioenergien. Darüber hinaus ist für die Zukunft zu erwarten, dass Biomasse eine zusätzliche Nachfrage auch aus dem Bereich der sonstigen stofflichen Verwertung erfährt. Hierzu zählen z. B. die Biopolymere, die u. a. in der Faser- und Verpackungsproduktion eingesetzt werden können. Die bis-lang zu diesem Zweck verwendeten fossilen Rohstoffe müssen aufgrund Ihrer begrenzten Verfügbarkeit zunehmend ersetzt werden. Insoweit stellt sich die Frage, wie sich die nationalen und internationalen Produkt- und Betriebs-mittelpreise in den zukünftigen Agrarrohstoffmärkten entwickeln werden. 2. Preisentwicklungen von Agrarrohstoffen Allein die zuvor genannten Substitutionseffekte im Nonfoodbereich führen zu einer engeren Anbindung der Agrarrohstoffpreise an die Preise fossiler Energie-träger. Schwanken die Preise fossiler Energieträger, werden sie die Agrarroh-stoffpreise in einem stärkeren Sog mitziehen, als es in der Vergangenheit zu ver-zeichnen war (vgl. dazu auch OECD, 2008). Diese Entwicklung ist bei den gegenwärtigen zurückgehenden Preisen für fossile Rohstoffe ebenfalls erkenn-bar. Der Preis der fossilen Energieträger wird zukünftig die Preisuntergrenzen der Agrarrohstoffe mitbestimmen. Somit ergeben sich zwei treibende Kräfte der veränderten Marktbedingungen: Zum einen der globale Bevölkerungszuwachs, der durch veränderte bzw. anspruchsvollere Ernährungsgewohnheiten im Zuge einer verstärkten Urbanisierung begleitet wird. Zum anderen führen der zu-nehmende Verbrauch sowie die absehbare Endlichkeit fossiler Grundstoffe bzw. Energieträger zu der Notwendigkeit, diese fossilen Grundstoffe zumindest z. T. und zumindest temporär durch Biomasse zu ersetzen. Langfristig werden andere regenerative Energien als die aus Biomasse ein höheres Substitutionspotenzial aufweisen (vgl. z. B. Hoogwijk, 2008).

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2.2 Veränderte Preisvolatilitäten

Im Vergleich zum Durchschnitt vergangener Jahre lassen sich daraus in Zu-kunft höhere Produktpreise für Biomasse erwarten. Gleichzeitig führen die beschriebenen Rahmenbedingungen jedoch auch zu Erhöhungen bei den Be-triebsmittelpreisen in den Wertschöpfungsketten. Auch die Bodenpreise werden von den gegenwärtigen Entwicklungen nicht unberührt bleiben.

Neben den allgemein zu erwartenden Produktpreissteigerungen, die nicht mit höheren Gewinnerwartungen verwechselt werden sollten, ist auch damit zu rechnen, dass die Agrarrohstoffmärkte weniger gut prognostizierbar werden. Während in der Vergangenheit agrarpolitische Interventionsmechanismen in Überschussmärkten die Preise nach unten absicherten, aber auch nach oben nicht viel Erwartungspotenzial ließen, werden die zukünftigen Märkte durch ein höheres Maß an Unsicherheit geprägt sein. Der anstehende Health-Check im Rahmen der EU-Agrarreform sowie darüber hinaus gehende Maßnahmen werden diese Situation nicht verändern, im Gegenteil. Einzelne bislang noch nicht oder nur teilentkoppelte Produkte sollen weiter entkoppelt werden und einzelne Marktordnungen werden weiter „entschlackt“. Stärkere Preisaus-schläge einzelner landwirtschaftlicher Produktsparten sind somit allein aus dieser Perspektive zu erwarten.

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Abb. 1: Exemplarische Entwicklung der Weizenpreise in Deutschland im Zeitablauf. Eigene Darstellung gemäß ZMP

Die Abbildung 1 zur Entwicklung der exemplarisch gewählten Preise für Winterweizen Deutschlands (B-Weizen franko Mühle) in den letzten Jahren

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deutet diesen Trend an. Dabei zeigt sich, dass man nicht dem Glauben ver-fallen sollte, die Preise würden nur eine Richtung kennen. Im Gegenteil, selbst innerhalb eines Wirtschaftsjahres sollte man sich darauf einstellen, mit mehr-fachen Richtungswechseln der Preisentwicklungen konfrontiert zu werden. Verstärkt werden diese stärker fluktuierenden Preisverläufe durch spekulativ motivierte Marktteilnehmer, die in der Vergangenheit in den Agrarrohstoff-märkten weniger intensiv zu verzeichnen waren. Sie werden die Preisaus-schläge nach oben, aber auch nach unten im Niveau und im Tempo verstärken. 2.2 Die Bedeutung von Witterungsbedingungen und Inter-

ventionsmechanismen Die Relevanz der agrarpolitischen Interventionsmechanismen nimmt in der EU ab, während sie in anderen Staaten z. T. unverändert bleibt oder sogar zu-nimmt. Letzteres insbesondere in Staaten, in denen die Ausgaben für Lebens-mittel einen hohen Anteil an den gesamten Lebenshaltungsausgaben aus-machen. Dazu zählen z. B. viele afrikanische aber auch asiatische Staaten (vgl. dazu auch OECD, 2008). Für die Regierungen dieser Länder sind Eingriffe in die Agrarrohstoffmärkte eine Frage des politischen Überlebens. Damit wird nicht allein die „Weltwitterung“ und das damit zusammenhängende Welt-ernteniveau von Agrarrohstoffen zu einem Unsicherheitsfaktor, sondern auch die politische Stabilität in z. T. einwohnerstarken Nationen. Die in der jüngsten Vergangenheit initiierten Exportbeschränkungen sowie Lagerinterventionen bedeutender Nationen wie z. B. Russland, Ukraine oder Kasachstan sowie vieler anderer Staaten sind ein Zeugnis dieser Entwicklungen, die für den national bzw. global agierenden Marktakteur schwer antizipierbar sind. Spätestens an dieser Stelle zeigen sich die aus einzelbetrieblicher Perspektive nicht zu unterschätzenden Auswirkungen auf die Bedeutung des betriebsindividuellen Risiko- und Informationsmanagements. Es wird in Zukunft erheblich an Be-deutung gewinnen. Dabei dürfen Landwirte sich zukünftig noch weniger davor scheuen, einen Blick in die Entwicklung der internationalen Märkte zu werfen. Im Zeitalter der Europäisierung und Globalisierung von Agrarmärkten sind z. B. auch die Ernten in Australien oder lokal im Ausland auftretende Tierseuchen bzw. Nachfrageveränderungen für die Entwicklung von inländischen Marktpreisen von Bedeutung. Die jüngste Preisentwicklung zeigt, dass Marktteilnehmer nicht in Versuchung kommen sollten, die starken Preissteigerungstendenzen der letzten Ernteperiode zu verstetigen. Selbst wenn Anpassungsreaktionen der Marktteil-nehmer im Agrarrohstoffsektor in der Regel zwischen 6 bis 12 Monate und länger dauern können (mindestens eine Vegetationsperiode), zeigt die jüngste Mengen-entwicklung in den Agrarrohstoffmärkten eine nicht zu unterschätzende Dynamik. Landwirte in einzelnen Regionen der Welt können – je nach Preiserwartung – das Niveau der Bodennutzungsintensität erheblich variieren. Dieses Spektrum reicht

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von der Intensitätssteigerung je Kultur bis zur Intensitätssteigerung durch die Option, zwischen ein und drei Früchten je Jahr anbauen zu können. Russland meldet für das Jahr 2008 einen signifikante gesteigerte Ackerlandnutzung (AgE 33/08, K 2), wenngleich bei den gegenwärtigen Preissignalen einer weiteren Aus-dehnung möglicherweise zunächst Einhalt geboten wird. Dennoch wird eine weitere langfristige Erhöhung des Anbauumfangs in Anbetracht der noch vielen vorhandenen nutzbaren Brachflächen bei nachhaltig hohen Margenerwartungen im Anbau von Agrarrohstoffen zu erwarten sein (AgE 31/08, K 26). Darüber hinaus sind bislang vorwiegend auf dem Reißbrett kreierte Modelle von Hoch-häusern mit Obst- und Gemüseanbau und dazugehöriger Nutztierhaltung nicht grundsätzlich auszuschließen. Dies hängt sehr stark von zukünftigen Ver-braucherwünschen in den Einwohner stärkeren urbanen Zentren sowie den sich entwickelnden Herstellungs- sowie Energie- bzw. Transportkosten ab. 2.3 Auswirkungen für die Bioenergieproduktion Die Dynamik der Agrarrohstoffpreisentwicklung hat auch die deutschen Bio-energieerzeuger teilweise überrascht. Viele von ihnen sind entweder steuer-begünstigt oder mit Garantiepreisen in die Bioenergiemärkte eingestiegen. Im weiteren Verlauf sind sie mit veränderten Steuerregelungen oder Einkaufspreisen für Betriebsmittel bzw. Rohstoffe konfrontiert worden. So wurden mit den spezi-fischen Förderungen für Bioenergie vereinzelt Bioethanol- und Biodieselanlagen zumindest vorübergehend still gelegt, und auch Betreiber von Biogasanlagen mussten mit höheren Vollkosten in der Substratversorgung kalkulieren. Dies trifft insbesondere auf solche Anlagen zu, die mit geringen Anteilen an Wirtschafts-dünger und hohen Anteilen an Silomais geplant wurden. Wenngleich mit Aus-weichreaktionen entsprechend höhere Anteile an Wirtschaftsdünger, Zwischen-früchten, oder auch Grünschnitt möglich sind, so deutet die Abbildung 2 dennoch die Konsequenzen der Getreidepreisentwicklung für die Biogaserzeuger an. Die dargestellten kalkulatorischen Konsequenzen treffen jedoch aus Liquiditätssicht lediglich die Unternehmer, die mit hohem Fremdsubstratbezug und kurzfristig flexiblen Lieferpreisgestaltungen Biogas produzieren. Nur ein kleiner Teil dieser Betreiber von Biogasanlagen in Deutschland ist in der Lage, mehr als 40 Euro/t Frischmasse Silomais frei Fermenter (inkl. Transport und Kosten des Silostocks) auf Vollkostenbasis zu entlohnen. Allerdings werden sich die Zahlungsbereitschaften durch die jüngste Novellierung des EEG für viele Neu-vorhaben, aber z. T. auch für Altanlagen weiter erhöhen bzw. es wird die Flexibili-tät des Substrateinsatzes gesteigert, ohne dass der Anlagenbetreiber den Nawaro-Bonus auf´s Spiel setzt. An dieser Stelle zeigt sich, dass die zurückgehenden Inter-ventionsmechanismen der EU-Agrarpolitik zumindest z. T. durch nationale Förderungen im Energiebereich substituiert werden. Letztere können z. B. für Bioenergie-Landwirte ein preisliches Auffangnetz in Zeiten niedriger Agrarroh-

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stoffpreise bilden. Dieses Auffangnetz bedeutet für andere Marktteilnehmer, z. B. in der Veredlung, z. T. höhere Vorleistungskosten.

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Abb. 2: Kalkulatorische Gesamtkosten Silomais frei Fermenter für 1350 exemplarische Standorte Westdeutschlands in Abhängigkeit von unter-schiedlichen Weizenpreisniveaus. Eigene Darstellung und Berechnung.

Auch wenn die Agrarrohstoffpreise nicht ständig auf hohem Niveau bleiben, bedeuten die sich nicht bzw. wenig verändernden Einspeisevergütungen einen z. T. massiven temporären Liquiditätsmangel für einzelne Anlagenbetreiber mit einem hohen Nawaro-Fremdrohstoffbezug, sofern sie nicht mit vertraglichen Absicherungsmechanismen bei der Fremdrohstoffbeschaffung gegengesteuert haben und Substratsubstitutionen nicht sinnvoll erscheinen. Die höheren Agrar-rohstoffpreise bedeuten aber auch für die Rinder- und insbesondere für die Ge-flügel- und Schweinehaltung erheblich angestiegene Produktionskosten. Im Gegensatz zu den Stromproduzenten auf der Basis von Biogas haben sie allerdings theoretisch die Möglichkeit, je nach Marktkonstellation, die höheren Produktionskosten auf den Handel und den Verbraucher zu überwälzen. 3. Neue Chancen und Risiken Mit den bislang angedeuteten Rahmenbedingungen wird deutlich, dass sich die Märkte gegenwärtig und zukünftig in viel schnellerem Tempo ändern, als man es in der Vergangenheit gewohnt war. Es ist eine Mentalitätsfrage, damit umgehen zu können. In vielen Bereichen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette zeigt sich, dass die in der Vergangenheit langfristig gepflegten bilateralen Markt-beziehungen durch stark divergierende Preiserwartungen erschüttert werden. So zeigte sich z. B. im Zuge des letztjährig stark gestiegenen Milchpreises eine über-durchschnittliche Wechselfrequenz von Milcherzeugern zwischen Milchver-

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arbeitern. Viele Milcherzeuger lebten mit der Befürchtung, Preishochs nicht an-gemessen mitnehmen zu können. Vor diesem Hintergrund möchten viele Milch-erzeuger mehr Flexibilität in der eigenen Vermarktung und sich von der früheren Abliefermentalität lösen. Flexibilität wird zukünftig bedeutender. Insofern können ein Wechsel und eine damit eventuell verbundene stärkere Eigenvermarktung sinnvoll sein. Allerdings kann es auch an dieser Stelle neben den Gewinnern sehr viele Verlierer geben, so dass sich das Festhalten am bisherigen Marktpartner im Nachhinein auch als die bessere Variante herauskristallisieren kann. Es ist nicht leicht, aus einer über Jahrzehnte geprägten Erzeugungs- und Ablieferposition in eine Erzeugungs- und Vermarktungssituation hineinzuwachsen, die in den nächsten Jahren auch wieder relative Preistiefs bei Agrarrohstoffen erfahren kann. In jedem Fall müssen sich die Agrarrohstofferzeuger mit dem Gedanken an-freunden, dass bei ihren Vertragspartnern in der Wertschöpfungskette Erfolgs-unterschiede größer werden und damit auch die Zahlungsbereitschaften für die abzunehmenden Agrarrohstoffe größer werden können. Die Kontrolle der Zahlungsfähigkeit des Marktpartners gewinnt damit noch mehr an Bedeutung. Jeder Marktteilnehmer hat die Chance, sich seine besten Rahmenbedingungen zu schaffen – der Markt wird sie zukünftig in noch vielfältigerer Form bieten. Wer es jedoch nicht richtig macht, wird zukünftig noch mehr verlieren als bislang. Die schützende Hand des Staates im Food-Markt wird kleiner und im Hinblick auf die Preiseinwirkungen zurückhaltender. Unternehmer müssen ihren Erfolg jetzt noch stärker in die Hand nehmen als in der Vergangenheit. Dies wird auch hinsichtlich der Ankündigungen für den Health-Check deutlich. Eine Entwicklung wird sich wahrscheinlich als zunehmend bedeutend heraus-kristallisieren: Das Angebot und die Nachfrage auf den Märkten, von denen man selbst tangiert wird, ausreichend vorherzusehen und mit dem dazugehörigen Ver-handlungsgeschick zu begleiten. Das Betriebs- und Verhandlungsmanagement, das durch eine höhere Intensität der Betriebsberatung begleitet werden sollte, ge-winnt noch stärker an Bedeutung. Während sich in der Vergangenheit die Kauf-preis- und Verkaufpreiserwartungen in einigermaßen schmalen Bandbreiten be-wegten, wird diese Spanne zukünftig größer werden. Die Potenziale der Preis-ausschläge werden größer. Die zunehmende Geschwindigkeit der Preisver-änderungen (nach oben und unten!) macht die Märkte noch komplexer und weniger gut prognostizierbar. Wer unterdurchschnittlich gut prognostiziert und verhandelt, wird zukünftig im Wettbewerb stärker als zuvor das Nachsehen haben. Dies ist die Stunde der wachstumswilligen und wachstumsfähigen Unternehmer. Sie werden zukünftig besser in der Lage sein, Wachstum zu realisieren. Entscheidend wird sein, auch in schlechten Zeiten, z. B. durch intelligente Finanzierungs- und Absicherungssysteme, Oberwasser zu behalten und die Schwächen anderer zum Wachstum zu nutzen. Dynamische Märkte mit höheren Risiken sind an dieser Stelle ein geeigneter Nährboden.

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4. Veränderte Produktionsintensitäten im Konfliktfeld des Umwelt-schutzes

In Anbetracht der nicht auszuschließenden steigenden Anreize einer höheren Produktionsintensität und daraus resultierenden höheren Herausforderungen an den Umwelt- und Naturschutz können Techniken des Precision Agriculture an Vorzüglichkeit gewinnen. Die Herausforderung an den Umwelt- und Naturschutz wird auch durch die geplante Aufhebung der Flächenstilllegungsverpflichtung erhöht. Die zukünftigen Leitlinien der europäischen und nationalen Direkt-zahlungen in der Landwirtschaft bzw. der Zahlungen aus der zweiten Säule werden sich möglicherweise nach dem Jahr 2013 – neben zusätzlich implementierten Maßnahmen für das betriebliche Risikomanagement – noch stärker an Natur- und Umweltschutzmaßnahmen orientieren, die auch dem Klima- und Wasserschutz Rechnung tragen. Damit ist nicht zwangläufig eine massive Reduktion der absoluten Auszahlungsbeträge verbunden, sondern andere und z. T. komplexere Bedingungen zum Erhalt dieser Zahlungen. Somit entwickeln sich auch manche Landwirte, je nach betrieblicher und regionaler Voraussetzung, noch stärker zum Ökosystemdienstleister als in der Vergangenheit, wenngleich für alle Landwirte gelten sollte, Umwelt und damit auch Klima schonende Maßnahmen noch stärker zu integrieren, als es bislang bereits der Fall ist. Eine zukünftig nicht auszu-schließende Integration in den CO2-Handel, so wie ihn Neuseeland für die dortige Landwirtschaft plant, würde diese Tendenz noch weiter verstärken. An dieser Stelle deutet sich bereits eine der grundsätzlichen Herausforderungen für die Landwirtschaft, aber auch für die gesamte Gesellschaft an: Es stellt sich ein magisches Dreieck „Teller-Tank-Natur“ als Pendant des magischen Vierecks der Wirtschaftspolitik ein. Die Fläche wird zunehmend zu einem knappen Faktor zur Bedienung der drei Ziele „Teller-Tank-Natur“. Wird ein hohes Maß an Versorgung der Food- und Non-Food-Märkte erwartet, die mit höheren Produktionsintensi-täten einhergehen können, wird es schwieriger werden, den bislang bekannten Umwelt- und Naturschutzzielen zu entsprechen. Alle drei Ziele auf einmal zu er-füllen, könnte sich als zunehmend große Herausforderung erweisen. Grundsätzlich gilt für deutsche Landwirte: Sie können alles: Nahrungsmittel, Energie sowie Natur- und Umweltschutz – aber die richtige Dosierung zu finden, ist nicht leicht. Dem Staat verbleibt an dieser Stelle, trotz Rückzug aus der klassischen Agrarförderung, die verantwortungsvolle Position, durch eine intelligente Begleitung die richtigen Anreize zu setzen. Dabei sollten die natür-lichen oder über Jahrzehnte gewachsenen internationalen Wettbewerbsvorteile einzelner Standorte und ihrer Unternehmer nicht in Frage gestellt werden. 4. Schlussbemerkungen Die Managementrisiken im Agribusiness im Allgemeinen sowie in der Landwirt-schaft im Speziellen steigen an. Produktionstechnische Risiken nehmen aufgrund

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der sich zunehmend verändernden Witterungsbedingungen zu. Daneben steigen aufgrund der sich verändernden Angebots- und Nachfrageverhältnisse die Preis-risiken an. Volatile Markt- bzw. Preisverhältnisse, die den europäischen Schweinehaltern, Gemüse- oder Kartoffelanbauern seit langem bekannt sind, werden verstärkt auch in den anderen klassischen Produktionsbereichen des Marktfruchtbaus sowie der Milch- und Rindfleischproduktion Einzug halten. Das richtige Maß der individuellen Risikoeinschätzung sowie das daraus resultierende Risiko- bzw. Vermarktungsmanagement werden damit für einen viel größeren An-teil der landwirtschaftlichen Unternehmer erheblich an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig steigen die gesellschaftlichen Anforderungen an die Landwirtschaft im Allgemeinen und die Biomasseproduktion im Speziellen. Während in der Ver-gangenheit Nahrungsmittelversorgung sowie Natur- und Umweltschutz im Fokus der Biomasseproduktion standen, sind gegenwärtig und zukünftig weitere be-deutende Aspekte noch stärker simultan zu beachten. Dazu zählen die Energiever-sorgung, der Klimaschutz, die stoffliche Verwertung, aber auch sonstige soziale und regionale Aspekte der Biomasseproduktion. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich: Die Landwirtschaft und die sie begleitenden Institutionen haben national, aber auch weltweit zukünftig eine noch verantwortungsvollere Position in der Ge-sellschaft einzunehmen. Literatur AgE (Agra-Europe), 2008: Verschiedene Ausgaben

HOOGWIJK, M.M., 2004: On the global and regional potential of renew-able energy sources, Utrecht

OECD, 2008: Agricultural Outlook, Paris

ZMP (Zentrale Markt- und Preisberichtstelle): ZMP-Bilanz Getreide, Öl-saaten, Futtermittel, verschiedene Jahrgänge

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Vorzüglichkeit verschiedener Bioenergielinien – Klimaschutz und Energieeffizienz K. Arnold1 1Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Wuppertal 1. Einleitung

Der Bedarf nach zukunftsfähigen Energieträgern wird in den kommenden Jahren weiterhin ansteigen. Vor dem Hintergrund der Verknappung fossiler Rohstoffe, die zudem in geopolitisch instabilen Regionen konzentriert sind, und dem damit einhergehenden erwarteten Preisanstieg konventioneller Energien wird die Diversifizierung der Energieversorgung zunehmend zum energiepolitischen Thema. Die Nutzung von Biomasse rückt in diesem Zusammenhang zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die Diskussion um die Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Bioenergie ist insbesondere in den letzten beiden Jahren sehr kontrovers geführt worden. Die Möglichkeiten zur Nutzung einer heimischen erneuerbaren Energiequelle zur Erschließung von neuen Rohstoff- und Klimaschutzpotenziale einerseits ist gegen den Import nicht nachhaltig produzierter Bioenergie aus so genannten Entwicklungs- oder Schwellenländern (wie z.B. Brasilien, Malaysia, etc) andererseits zu Felde geführt worden. Vor dem Hintergrund dieser Debatten ist es das Anliegen, die Diskussion um den Einsatz von Bioenergie zu versachlichen, indem Fakten bereitgestellt werden und vor allem die verschiedenen Bioenergie-Linien in den systemischen Zusammenhang des bestehenden Energiesystems eingeordnet werden. 1.1 Vielseitig einsetzbare Bioenergie und Potenzialbegrenzung Bereits heute existiert eine Vielzahl von technischen Umwandlungs- und Veredelungsprozessen für Biomasse. Unter den erneuerbaren Energien ist diese die einzige, die in gasförmiger, flüssiger oder fester Form zur Ver-fügung gestellt, und in jedem der drei Anwendungs-Sektoren Strom-, Wärme- und Kraftstoffbereitstellung eingesetzt werden kann. Mit dieser Vielseitigkeit einerseits, der Begrenzung des zur Verfügung stehenden Potenzials andererseits (im Bereich der Nachwachsenden Roh-stoffe begründet vor allem durch die Begrenzung der verfügbaren Acker-

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fläche) ergibt sich die Herausforderung, die limitierte Ressource Biomasse so einzusetzen, dass sich der meiste Nutzen aus dem Einsatz ziehen lässt. 1.2 Bewertungsebenen und Zielsetzungen Ebenso wie die Einsatzmöglichkeiten vielfältig sind, können mit der Förderung von Biomasse als Energieträger oder zur stofflichen Nutzung ver-schiedene Ziele angestrebt werden. In den letzten Jahren steht die Vermeidung von Treibhausgasen zur Ab-milderung des Klimawandels im Fokus der Diskussion und erscheint an prominenter Stelle in verschiedenen politischen Strategien und Vorgaben, wie im Intergrierten Energie- und Klimaprogramms der Bundesregierung (BMU 2007), das eine 36 prozentige Minderung der Treibhaugasemissionen bis zum Jahr 2020 (im Vergleich zu 1990) zum Ziel hat. Den flexiblen Einsatzmöglichkeiten entsprechend, wurde der Bioenergie durch die Bundesregierung ein besonderer Stellenwert im Maßnahmenpaket zur Förderung der erneuerbaren Energieträger eingeräumt. Für die Bio-energie relevant sind dabei (1) die Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), die zum Ziel hat, deren Anteil an der Stromerzeugung bis 2020 auf bis zu 30 Prozent zu erhöhen, (2) das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, mit dem Ziel, über eine Nutzungspflicht im Neubau den An-teil erneuerbarer Energien bis 2020 auf 14 Prozent anzuheben und schließ-lich (3) die Novellierung des Biokraftstoffquotengesetzes, um den Anteil der Biokraftstoffe bis 2020 auf 20 Volumenprozent (17 Prozent energetisch) an-zuheben. Aus diesen parallelen Ausbauzielen in allen drei Sektoren (Strom, Wärme, Kraftstoff) wird deutlich, dass eine Priorisierung des Einsatzes bisher nicht erfolgt ist. Es muss nämlich vor dem Hintergrund der begrenzten Rohstoff-potenziale gefragt werden, inwieweit die postulierten Beiträge gedeckt werden können – und zu welchem Anteil dies aus heimischen Erzeugungs-potenzialen geschehen kann. Neben dem wichtigen Ziel der notwendigen Reduktion von Treibhausgas-emissionen und der Schonung fossiler Ressourcen gibt es aber noch andere Aspekte, die durch einen verstärkten Ausbau der Nutzung von Biomasse profitieren können. So ist im Rahmen der 2004 erfolgten Reform der Ge-meinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) eine Stärkung des ländlichen Raumes gefordert (BMVEL, 2005). Die Nutzung heimischer Bioenergie-träger ist prinzipiell dazu geeignet, Akteure auf lokaler und regionaler Ebene

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an der Wertschöpfung bei der Erschließung und Nutzung von Bioenergie teilhaben zu lassen. In wie fern diese Teilhabe gelingt, hängt davon ab, ob außer der reinen Bereitstellung des Rohstoffs auch weiter Veredlungsschritte wie Auf-bereitung, Umwandlung und Nutzung in den Händen der Land- und Forst-wirte liegen können. Dies ist wiederum oft von der Art der eingesetzten Techniken und der nachgefragten Energieträger abhängig: je einfacher die Umwandlungstechnik ist und je weniger spezialisierte Technologien zum Einsatz kommen, desto eher größer scheint die Möglichkeit zur lokalen Teil-habe zu sein. So wird z.B. die Produktion und Nutzung von Biodiesel eher auf lokaler Ebene stattfinden als die von BTL (Arnold et al., 2006). 2. Einordnung in das bestehende Energiesystem Eins der wichtigsten Ziele, die durch den Einsatz von Bioenergie erreicht werden sollen, ist der Beitrag zum Klimaschutz durch Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Um den Bereich zu identifizieren, in dem die höchste Vermeidung erzielt werden kann, ist zunächst zu fragen, im Ver-gleich zu welcher (konventionellen) Referenz diese Vermeidung erfolgt. Diese Aussage mag auf den ersten Blick trivial erscheinen. Tatsächlich wird aber in der öffentlichen Diskussion vielfach die Frage aufgeworfen, in welchem Masse Treibhausgasemissionen auch durch die Nutzung von Bioenergie entstehen und ob dies z. B. bei der Bereitstellung von unter-schiedlichen Biokraftstoffen (Zah et al., 2007) stärker der Fall ist als bei der Bereitstellung von z.B. Holzpellets. Eine genaue Beschäftigung mit den jeweiligen Referenzsystemen – also den konventionellen Techniken zur Strom-, Wärme- oder Kraftstoffbereitstellung – findet jedoch seltener statt und ist oftmals auf die Ausweisung von THG-Vermeidungskosten begrenzt (Zimmer et al., 2008). Diese Betrachtungen der Techniken der Bereitstellung, Umwandlung und Nutzung der Bioenergie sind wichtig, da sie grundsätzliche Kriterien der Bewertung bereitstellen. Diese Unter-suchungen müssen aber zwingend systemisch in den Zusammenhang mit dem gesamten Energiesystem gestellt werden, da sektorale Betrachtungen zu falschen Strategien führen können (Nitsch, 2007; Nitsch et al, 2004). Ausgehend von der Tatsache, dass der Einsatz von Biomasse nach Sektoren priorisiert werden muss, da das Rohstoffpotenzial begrenzt ist, verdeutlicht das folgende Beispiel die Notwendigkeit der systemischen Einordnung in das übergeordnete Energiesystem. Exemplarisch werden Strom- und Verkehrssektor betrachtet und die in ihnen eingesetzten Energieträger zueinander in Beziehung gesetzt. Es

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wird beispielsweise ein Teil der zuvor verstromten Biomasse abgezogen, um einen Biokraftstoff für mobile Anwendungen zu produzieren. Damit wird durch Ersatz von konventionellen Kraftstoffen eine Minderung von Treibhausgasemissionen in der Größenordnung von rund 200 g/kWh er-zielt: Diesel und Benzin haben eine THG-Intensität von rund 300 g/kWh, für einen Mix aus Biodiesel, Ethanol und zukünftig BTL werden ca. 100 g/kWh angesetzt (CONCAWE /EUCAR; 2007; Nitsch, 2007; Nitsch et al, 2004; Zimmer et al., 2008).

Abb. 1: Beispiel: Wechselwirkungen bei Einsatz regenerativer und fossiler

Energieträger im Strom- und Kraftstoffsektor (eigene Darstellung) Aufgrund der Begrenzung der Ressource Biomasse kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Biokraftstoff zusätzlich produziert werden kann – es entsteht also eine Deckungslücke im Stromsektor. Es wird im Bei-spiel davon ausgegangen, dass diese durch konventionelle Technologien ge-deckt werden muss, da z.B. in Grundlast keine anderen erneuerbaren Ener-gien eingesetzt werden können. Mit dem zusätzlichen Einsatz der effizientesten fossilen Technik zur Stromerzeugung, einem modernen Gas- und-Dampf-Kombikraftwerk (GUD) werden zusätzliche Treibhausgas-emissionen in der Höhe zwischen 400 – 600 g/kWh freigesetzt (Nitsch, 2007; Nitsch et al., 2004). Der Vorteil des Biokraftstoffs im Verkehrssektor wird also durch eine doppelt so hohe Mehrbelastung im Strombereich mehr als zunichte gemacht. Das hier nur grob dargestellte Beispiel ist sicherlich vereinfacht, zeigt aber trotzdem die Notwendigkeit auf, sektorübergreifend das gesamte Energiesystem zu be-trachten. Einzellösungen in losgelösten Sektoren zu finden trägt nicht zur

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Lösung des Gesamtproblems bei, sondern kann statt zu einer Vermindung, sogar zu einer Vermehrung von Treibhausgasemissionen führen. 2.1 Ökologisch- Ökonomische Bewertung Der gleichen Systematik folgend, werden in Abbildung 2 zwei Bewertungs-dimensionen innerhalb des Gesamtsystems miteinander verknüpft: Die Minderung von Treibhausgasen sowie die wirtschaftlichen Mehrkosten, die sich bei Substitution von fossilen durch biogene Energien ergeben, wenn externe Kosten außer Acht gelassen werden.

Abb. 2: Ökologisch-ökonomische Bewertung verschiedener Bioenergie-

linien im Vergleich (Arnold et al., 2006) Dargestellt sind (1) die Produktion von Strom im Holzheizkraftwerk sowie im Biogas-BHKW (jeweils mit und ohne Nutzung der anfallenden Abwärme), (2) die Bereitstellung von Wärme zur Hausenergieversorgung mit Holzpellets, Holz-Heizwerk mit Nahwärmnetz sowie fermentativ erzeugtem Biogas und (3) die Biokraftstoffe Biodiesel, Ethanol, Biogas und der synthetische Bio-kraftstoff BTL. Um eine Vergleichbarkeit dieser unterschiedlichen End- bzw. Sekundärenergieträger zu erzielen, sind diese Optionen sämtlich ihren fossilen Referenztechnologien (Strom aus dem fossilem Kraftwerkspark, Öl- bzw. Gas-therme, fossiler Kraftstoff) gegenüber gestellt. Es werden somit die Emissionen an Treibhausgasen sowie die Kosten der Bereitstellung der Bio-Anwendungen mit denen verglichen, die bei der Bereitstellung kon-ventioneller, fossiler Energieträger entstehen – daraus werden eine Minderung an Emissionen einerseits und resultierende Mehrkosten andererseits abgeleitet Das Ergebnis erlaubt damit einen direkten Vergleich der unterschiedlichen Biomassekategorien und Anwendungsfälle.

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Die Abbildung zeigt im Ergebnis (Arnold et al., 2006): (1) Die Verstromung von Holz ist ein Pfad mit hoher Klimaschutzeffizienz, da bei geringen Mehrkosten hohe Treibhausgasminderungen erzielt werden können. Dies gilt vor allem unter der Vorraussetzung, dass die entstehende, nicht speicherbare Abwärme genutzt werden kann. Nicht an jedem Standort aber steht ein geeignetes Wärmenetz zur Verfügung oder kann angelegt werden. Die Verstromung von Biogas im BHKW ist ökologisch ähnlich vor-teilhaft, verursacht aber höhere Kosten. (2) Die Bereitstellung von Wärme ist die ökonomisch günstigste An-wendung, allerdings mit geringen THG-Minderungen verbunden, da sie in Konkurrenz mit einer effizienten Erdgas-Brennwerttherme steht. (3) Weder ökologisch noch ökonomisch stellen die Biokraftstoffe die beste Nutzung der begrenzt verfügbaren Biomasse dar. 2.2 Energiepolitische Bewertung: Fokus Biokraftstoffe

Aus Sicht der reinen Treibhausgas-Vermeidung sind, wie oben dargestellt, Biokraftstoffe nicht die beste Option. Sie leisten aber einen direkten Beitrag zur Versorgungssicherheit, indem sie zu einer Diversifizierung der ein-gesetzten Energieträger im Kraftstoffsektor beitragen. Der Verkehr weist heute mit ca. 97 % die höchste Abhängigkeit von einem einzelnen fossilen Energieträger, nämlich Öl, auf. Eine Diversifizierungsstrategie in diesem Bereich wiegt daher möglicherweise schwerer als bei der Wärmebereit-stellung.

Energiepolitisch muss es aus Gründen der Versorgungssicherheit daher das Ziel sein, so viel alternativen Kraftstoff zu produzieren, wie die Ressourcen her-geben. Die effiziente Umwandlung und Nutzung sollte daher höchste Priorität haben. Wird wiederum die verfügbare Ackerfläche als begrenzender Faktor an-gesehen, ist der Energieertrag im Kraftstoff pro Hektar Anbaufläche das ent-scheidende Kriterium für die zu nutzenden Kraftstoffe. Arnold et al. (2006) haben gezeigt, dass die derzeitig genutzten Biokraftstoffe der ersten Generation die schlechteste Ausbeute erzielen: mit Biodiesel werden nur ca. 50 GJ/ha er-reicht, mit Ethanol auf Weizenbasis nur wenig mehr. Je nach Einsatzstoff und Prozessführung kann rund das Doppelte durch BTL produziert werden – es ist aber zu beachten, dass nicht das gesamte Produkt der Fischer-Tropsch-Synthese als hochwertiger Designer-Kraftstoff zur Verfügung steht, sondern nur ein Teil mit derzeit rund 50 %. Verschiebungen innerhalb des Produktspektrums sind aber denkbar.

Werden ökonomische Aspekte für den Moment außen vor gelassen, kann ein flüssiger Kraftstoff wie z.B. auch RME technisch wiederum in allen drei An-wendungsbereichen eingesetzt werden. Er kann im Automotor als Antriebs-energie oder im BHKW zur Strom- und Wärmebereitstellung genutzt werden.

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Abbildung 3 zeigt die Ausbeute an Endenergie in GJ/ha in den unteren (blauen) Balken. Für die Umwandlung des Energieträgers in Endenergie sind angesetzt worden: Verstromung mit 35 % Wirkungsgrad, reine Wärmeerzeugung mit 80 %, KWK-Verstromung im BHKW mit 77 % (ASUE, 2007), sowie rund 15 % für die Umwandlung im Fahrzeugmotor (CONCAWE/EUCAR, 2007). Aufgrund der ähnlichen Wirkungsgrade sind die reine Wärmebereitstellung sowie die KWK-Verstromung zunächst in beinah gleicher Weise vorrangig zu bewerten.

0 20 40 60 80 100

RME: Antrieb

RME: Strom

RME: Wärme

RME: KWK

GJ/ha*a

Endenergie PE bewertet Abb. 3: Energieausbeute und ersetzte Primärenergie durch verschiedene

Einsatzoptionen von RME als Energieträger (eigene Darstellung) Damit ergibt sich aber immer noch nicht das endgültige Bild. Für die energie-politische Bewertung mit der Zielsetzung, eine größtmögliche Unabhängigkeit von Energieimporten zu erreichen, muss die eingesparte Primärenergie be-trachtet werden. Die bereitgestellte Endenergie wird daher nach Großklos (2006) primärenergetisch bewertet Das Ergebnis zeigen die roten Balken in Abbildung 3. Die Einsatzpriorität liegt damit eindeutig bei der KWK-Verstromung mit der gekoppelten Bereitstellung von Wärme und Strom. Auch intuitiv kommt man zu diesem Ergebnis: die Abwärme eines ablaufenden Prozesses sollte wenn immer möglich einer sinnvollen Verwertung zugeführt werden, anstatt sie ungenutzt an die Umgebung abzugeben. 3. Kaskadennutzung: Ausweg aus der Konkurrenz zwischen

energetischer und stofflichen Nutzung von Biomasse? Derzeit wird mit ca. 85 % der überwiegende Teil der in Deutschland an-gebauten Nawaro energetisch genutzt, nur 15 % werden stofflich als

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Industriemittel oder Farb- und Heilstoffe eingesetzt (FNR, 2008). Es ist jedoch abzusehen, dass auch im stofflichen Sektor der Bedarf an Nawaro zunehmen wird – die Nutzungskonkurrenz um den Rohstoff Biomasse wird sich zukünftig noch verstärken. In diesem Zusammenhang fällt immer häufiger der Begriff der Kaskaden-nutzung von Nawaro als möglicher Lösungsansatz. Dieses Konzept kann im Wesentlichen als eine Hintereinanderschaltung von (mehrfacher) stofflicher und energetischer Nutzung desselben Rohstoffs gesehen werden und schafft so eine Verbindung des Material- und Energiesektors. Die multiple Nutzung von Biomasse, bei der neben dem Hauptprodukt noch verschiedene nutzbare Neben- und Koppelprodukte anfallen, ist kein neues Prinzip, und auch die Kaskadennutzung von Nawaro ist heute bereits in einigen Sektoren bekannt und bewährt. Trotzdem besteht insbesondere im Hinblick auf die Anwendung über strikt lokale Einsatzbereiche hinaus noch erheblicher Optimierungsbedarf. Um die Herausforderungen einer effizienten und umwelt- und sozial-verträglichen Nutzung von Nawaro anzunehmen, werden derzeit am Wuppertal Institut in einem laufenden Projekt Anforderungen an eine nach-haltige Gestaltung und Umsetzung von Nawaro-Kaskaden abgeleitet und relevante Forschungsfelder aufgezeigt (Arnold et al., 2009): Die Kaskaden-nutzung pflanzlicher Rohstoffe kann sich möglicherweise nicht nur in öko-logischer Hinsicht positiv auswirken, sie birgt auch das Potenzial positiver makroökonomischer Effekte. Unter diesen gilt das Interesse vor allem der Schaffung von Arbeitsplätzen durch Nawaro-Produktion und Weiterver-arbeitung und generell der Entwicklung des ländlichen Raums. 4. Literatur Arnold, K., Grube, T., Ramesohl, S., Menzer, R., Peters, R., 2006:

Strategische Bewertung der Perspektiven synthetischer Kraftstoffe auf Basis fester Biomasse in NRW; Wuppertal Institut / FZ Jülich, im Auftrag MWME NRW

Arnold, K., Binge, K., Borbuns, S., Geibler, J.v., Kristof, K., Stachura, C., 2009: Kaskadennutzung von Nachwachsenden Rohstoffen: Ein Konzept zur Verbesserung der Rohstoffeffizienz und Optimierung der Land-nutzung. Wuppertal Paper (in Vorbereitung)

Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energiever-brauch ASUE, 2007: BHKW Kenndaten. Module, Anbieter, Kosten

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BMU, 2007: Integriertes Energie- und Klimaprogramm der Bundes-regierung. Umsetzung der Meseberger Beschlüsse

BMVEL, 2005: Meilensteine der Agrarpolitik – Umsetzung der europäischen Agrarreform in Deutschland

CONCAWE/ EUCAR, Joint Research Center, 2007: Well-to-wheels analysis of future automotive fuels and powertrains in the european context; http://ies.jrc.cec.eu.int/Download/eh.

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), 2008: Anbau nachwach-sender Rohstoffe in Deutschland. www.fnr.de ; Zugriff im August 2008

Großklos, M., 2006: Kumulierter Energieaufwand und CO2-Emissionsfaktoren verschiedener Energieträger und -versorgungen. Institut Wohnen und Umwelt

Nitsch, J., 2007: Leitstudie 2007. Ausbaustrategie erneuerbarer Energien; im Auftrag des BMU

Nitsch, J., Krewitt, W., Nast, M., Viebahn, P., Fischedick, M., Bartel, C., Merten, F., Pehnt, M., Gärtner, S., Reinhard, G., Schmidt, R., Uihlein, A., 2004: Ökologisch optimierter Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland; im Auftrag des BMU

Zah, R., Böni, H.,Gauch, M., Hischier, R., Lehman, M., Wäger, P., 2007: Ökobilanz von Energieprodukten – ökologische Bewertung von Biotreib-stoffen. EMPA, im Auftrag schweizerische Eidgenossenschaft

Zimmer, Y., Berenz, S., Döhler, H., Isermeyer, F., Leible, L., Schmitz, N., Schweinle, J., Toews, T., Tuch, U., Vetter, A., de Witte, T. 2008: Klima- und energiepolitische Analyse ausgewählter Bioenergie-Linien. Sonder-heft 318 VTI

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Landwirtschaft 2020: nachhaltig, vielseitig und hoch produktiv G. Breitschuh1, H. Eckert 2 1Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt Erfurt, 2Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Nachhaltig ist eine Entwicklung, die der Notwendigkeit Rechnung trägt, die Be-dürfnisse einer wachsenden Zahl von Menschen bei gleichzeitiger Begrenzung der Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen und Verminderung von Umwelt-belastungen auf lange Sicht zu befriedigen (Enquete-Kommission, 1997). Nach-haltigkeit kennzeichnet somit eine Entwicklung, die wirtschaftlich effizient und nachweisbar umwelt- und sozialverträglich ist. Aus dieser Definition ergeben sich für die aktuelle agrar-, umwelt- und energiepolitische Situation spezifische Fragen: Wie kann die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung bei Berück-sichtigung berechtigter Umweltschutzbelange gesichert werden? Wie lässt sich darüber hinaus der notwendige Beitrag der Landwirtschaft zur Rohstoff- und Energieträgererzeugung gewährleisten? Wie hoch ist das derzeitige Leistungsvermögen des Agrarsektors? Welche Möglichkeiten gibt es, um die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Be-triebe einzuschätzen und wie präsentiert sich gegenwärtig die Nachhaltigkeits-situation der deutschen, insbesondere der Thüringer Landwirtschaft?

Die beiden letzten Fragen werden anhand des "Kriteriensystems Nachhaltige Landwirtschaft" (KSNL) beantwortet, welches zur Plenartagung des VDLUFA- Kongresses 2000 in Stuttgart-Hohenheim erstmals vorgestellt (Breitschuh und Eckert, 2000) und seitdem in der TLL Jena weiterentwickelt und insbesondere in Thüringen breit erprobt worden ist. Es ermöglicht eine umfassende Analyse und Bewertung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe.

Vielseitigkeit der Landwirtschaft bezeichnet eine multifunktionale Wirt-schaftsweise, die Bedingungen zum Erhalt der Lebensraumfunktion, ins-besondere eine ausreichenden Biodiversität im Agrarraum schafft, eine hohe Diversität des Produktionsprozesses aufweist (geringes Risikomanagement) und neben den traditionellen Zweigen Tier- und Pflanzenproduktion die Rohstoff- und Energieträgerproduktion etabliert. Das erhöht die Stabilität gegenüber Witterungseinflüssen und bewirkt eine Glättung des techno-logischen und arbeitswirtschaftlichen Aufwandes im Jahresverlauf, Wert-schöpfungspotentiale über Erstverarbeitung, Lagerung, Direktvermarktung und Dienstleistungen erschließt.

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Eine hohe Produktivität der landwirtschaftlichen Produktionsprozesse ist die Voraussetzung für Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit, um angesichts steigender Betriebsmittelkosten die wirtschaftliche Stabilität und Wett-bewerbsfähigkeit zu erhalten. 2. Globale Herausforderungen der Landwirtschaft Die Entwicklungsperiode bis zum Jahre 2020 wird nach Jahrzehnten mit kritisierten Agrarüberschüssen in Europa durch den Übergang zu einer nach-frageorientierten Landwirtschaft geprägt. Global wird durch die stark wachsende Nachfrage nach Biomasse die verfügbare Ackerfläche zu einem äußerst knappen Gut. Ursachen dafür finden sich: • im Nahrungsbedarf einer weiter wachsenden Weltbevölkerung, • in veränderten Ernährungsgewohnheiten (ansteigender Fleischverzehr

in den Schwellenländern), • in der wachsenden Beanspruchung der Ackerfläche zur Erzeugung

von Energieträgern und Industrierohstoffen, • in der stagnierenden bzw. zurückgehenden landwirtschaftlichen Nutz-

fläche, • in witterungsbedingten Ertragseinbrüchen, • in der Vernachlässigung der landwirtschaftlichen Ertragsforschung, • in unzureichenden Maßnahmen in den Entwicklungsländern eine

leistungsfähige Landwirtschaft zu etablieren. Der letzte Punkt ist besonders kritisch zu sehen, weil sich die notwendige Erhöhung der Flächenproduktivität vor allem in den Entwicklungsländern vollziehen muss, in denen steigende Nahrungsmittelpreise schon heute ver-breitet, soziale Unruhen auslösen. In Europa überstieg in den letzten Jahrzehnten die Nahrungserzeugung den Bedarf. Intervention von Nahrungsgütern sowie Marktentlastung durch um-fangreiche Flächenstilllegungs- und Extensivierungsprogramme wurden die prägenden Elemente der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik. Dies führte, ausgeprägt vor allem in Deutschland, zur Stigmatisierung der intensiven Landwirtschaft und des Strebens nach höherer Produktivität und Effizienz und in dessen Folge zu stagnierenden Erträgen durch Vernach-lässigung der Agrar- und Ertragsforschung. Inzwischen setzt sich die Erkenntnis durch, dass die generelle Ex-tensivierung der Landnutzung als Leitbild den Anforderungen einer nach-haltigen Landwirtschaft nicht gerecht werden kann. Die vielschichtigen An-

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sprüche, die künftig an das Agrarökosystem gestellt werden, erfordern eine erhebliche Steigerung der Flächenproduktivität, um dem wachsenden Nahrungs-, Rohstoff- und Energieträgerbedarf zu entsprechen, ohne die Lebensraumfunktion zu gefährden. Die Diversifizierung des Produktions-prozesses (Nahrungs- und Futterpflanzen, Energiepflanzen, Rohstoff-pflanzen), die zur Erweiterung des Anbauspektrums führt (Ackerholz, Topinambur, Sorghum-Hirse, Biomasseroggen, Silphie etc.) bietet hierfür Chancen. Unter den Bedingungen der GAP speisen sich die Unternehmenserträge der Landwirtschaft sowohl aus dem Produktverkauf als auch aus staatlichen Zu-wendungen. Letztere umfassen die Direktzahlungen, die Beihilfen für Agrarumweltmaßnahmen sowie die Ausgleichszulage für benachteiligte Ge-biete und investive Fördermittel. Diese Zuwendungen betrugen 2006/07 im Durchschnitt in der Thüringer Landwirtschaft ca. 21 % des Unternehmens-ertrages und differierten in Abhängigkeit vom Intensitätsniveau der Betriebe zwischen 20 und 65 %. Insgesamt erhielten die deutschen Landwirte im Jahr 2006 Zuwendungen in Höhe von 7,2 Milliarden €. Das entspricht ca. 87 € je Einwohner und Jahr. Diese staatlichen Leistungen erweitern die betriebswirtschaftlichen Hand-lungsräume, fordern aber auch eine größere Flexibilität der Unternehmer. Die agrarpolitischen Rahmenbedingungen sind bis zum Jahre 2013 fest-geschrieben und geben eine gewisse Planungssicherheit, ohne die möglichen Auswirkungen der Halbzeitbewertung zu unterschätzen. Der Angleichungsprozess in den Jahren 2009 bis 2013 wird zur einheitlichen Betriebsprämie in den Bundesländern führen (in Thüringen ca. 330 EUR/ha bei 5 % Modulation bzw. ca. 300 EUR/ha bei Erhöhung der Modulation auf 13 %). Das bedingt jedoch auch eine erhebliche Umverteilung zu Gunsten grünlandreicher Betriebe und zu Lasten der Milchproduktion und Rinder-mast auf Ackerstandorten. Die ostdeutsche Landwirtschaft würde durch die geplante progressive Modulation weitere zusätzliche Belastungen erfahren. Dennoch sind die mit den staatlichen Zuwendungen verbundenen Eingriffe in die relative Vorzüglichkeit landwirtschaftlicher Produktionszweige geringer als in den vorausgegangenen GAP-Perioden. Für die weitere Entwicklung der europäischen Landwirtschaft wird maß-gebend sein: • ob sich die Betriebe auf Produkte mit der höchsten wirtschaftlichen

Vorzüglichkeit spezialisieren oder die Produktionsvielfalt im Sinne der Risikominderung vergrößern,

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• welche Auswirkungen die Flächenkonkurrenz zwischen Nahrungs- und Energiepflanzen hat,

• ob die Landwirte über die Rohstoffproduktion hinaus zusätzliche Wertschöpfung durch die Veredelung von Rohstoffen generieren können,

• welche Produktions- und Verwertungslinien (Nahrungsgüter, Industrie-rohstoffe, Energierohstoffe) als erste eine subventionsfreie Wirtschaft-lichkeit erreichen,

• zu welchen Preisen die Landwirtschaft künftig Rohstoffe für unter-schiedliche Verwendungen bereitstellen kann und

• ob es gelingt die Periode der Extensivierung durch eine nachweisbar nachhaltige, d.h. effiziente und umweltverträgliche Landwirtschaft ab-zulösen.

Besonders der letzte Punkt findet ein erhebliches öffentliches Interesse. Insbesondere Umweltorganisationen befürchten die Rückkehr zu einer über-bordenden Intensität und in dessen Folge Umweltwirkungen wie Grund-wassergefährdung, Bodenzerstörung und Artenrückgänge. Die möglichen Umweltwirkungen sind aber nur ein Teil der Heraus-forderungen vor denen die Landwirtschaft steht und die den Wirtschafts-zweig tiefgreifend verändern werden. Dazu zählen: • der stark wachsende Biomassebedarf bei global stagnierender Acker-

fläche, • der Strukturwandel durch den Wettbewerbsdruck des liberalisierten

Agrarmarktes, • die erhöhten Anforderungen an die Qualität der erzeugten Produkte, • die bestehenden Ansprüche an das ökologische und soziale Umfeld und • die noch weitgehend unbekannten Folgen eines sich abzeichnenden

Klimawandels. Die Schwierigkeiten dieser Herausforderungen liegen in der Vielschichtig-keit der Prozesse, die Zielkonflikte zwischen unterschiedlichen Interessen hervorrufen und nicht dem Selbstlauf überlassen werden sollten. Um die damit einhergehenden Entwicklungen nachhaltig zu gestalten, bedarf es umfassender Bewertungsverfahren, die diese komplexen Prozesse be-gleiten, um gegenläufige Entwicklungen und auftretende Zielkonflikte recht-zeitig erkennen und entsprechende Maßnahmen zielgerichtet einleiten zu können. Mit den nachfolgenden Ausführungen werden Wege und Instrumente aufgezeigt, die es gestatten, Nachhaltigkeit anhand eines

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Kriteriensatzes zu messen und steuernd in nicht nachhaltige Bewegungen einzugreifen. 3. KSNL zur Beurteilung der Nachhaltigkeit

Zur Bewertung der Nachhaltigkeit werden Prüfverfahren eingesetzt, die an-hand von Kriterien die Nachhaltigkeitssituation landwirtschaftlicher Be-triebe quantitativ erfassen und bewerten. Inzwischen stehen mehrere Ver-fahren zur Verfügung, die den Anspruch erheben, auf der Ebene des landwirtschaftlichen Betriebs die Nachhaltigkeitssituation in ihrer öko-logischen, sozialen und ökonomischen Dimension zu analysieren. Die An-forderungen, die an solche Prüfverfahren gestellt werden, sind hoch. Sie müssen:

- alle wesentlichen Risiken bzw. Zustände, die einer nachhaltigen Ent-wicklung entgegenstehen, mit Maß und Zahl aufzeigen;

- eine Bewertung ermöglichen, d.h. Bezugsgrößen bzw. Vergleichsmaß-stäbe vorgeben, die ein Urteil darüber erlauben, ob der im Betrieb er-mittelte Zustand bzw. die konkrete Belastung noch toleriert werden kann oder nicht;

- wissenschaftliche Konsensfähigkeit bieten, d. h. die Prüfkriterien und deren Erfassungsmethoden und Bewertungsmaßstäbe müssen offen ge-legt werden und sich in einem umfassenden Diskussionsprozess unter Fachleuten als konsensfähig erwiesen haben;

- Zielkonflikte erkennen, um Abwägungsprozesse zwischen wirtschaft-lichen, ökologischen und sozialen Interessen begründbar vollziehen zu können;

- Landwirtschaftsbetrieben aufgezeigte Mängel erläutern und geeignete Maßnahmen zur Behebung definierter Schwachstellen vorschlagen;

- verlässlich eine objektive und im Bedarfsfall auch justiziable Ergebnis-qualität gewährleisten, um auch eine außerbetriebliche Ergebnisver-wendung zu erlauben und den Ansprüchen eines amtlich kontrollfähigen Nachweises (Zertifikat) gerecht zu werden;

- die Praktikabilität nachweisbar unter allen standörtlichen und betriebsstrukturellen Gegebenheiten sicherstellen und

- organisatorisch so ausgestaltet sein, dass die Anonymität der aus-gewerteten Betriebe gewahrt bleibt und verwaltungstechnische Kontrollen zum Verfahren effizient und mit minimalen Aufwand erledigt werden können.

Das KTBL verfolgt seit 2006 mit einer Expertengruppe das Ziel, Betriebs-bewertungssysteme in Abhängigkeit von dem konzipierten Einsatzzweck zu prüfen. Bisher hat sich die Expertengruppe mit den Systemen "KSNL" (Kriteriensystem nachhaltige Landwirtschaft), "RISE" (Response Inducing

Plenartagung Kongressband 2008

- 44 -

Sustainability Evaluation) aus der Schweiz sowie dem "DLG-Zertifizierungssystem für nachhaltige Landwirtschaft" auseinandergesetzt. Anhand eines eigens für diesen Zweck erarbeiteten Beurteilungsschemas hat die Arbeitsgruppe eine qualitative Einschätzung der Betriebsbewertungs-systeme vorgenommen, die im Herbst 2008 veröffentlicht werden soll. Mit dem Kriteriensystem nachhaltige Landwirtschaft (KSNL) der TLL Jena werden Landwirtschaftsbetriebe anhand von 34 Prüfkriterien (11 aus dem wirtschaftlichen, 14 aus dem ökologischen und 9 aus dem agrarsozialen Sektor) einer umfassenden Nachhaltigkeitsanalyse und -bewertung unter-zogen (Breitschuh et al., 2008). Die Auswertung benennt Risiken und Ziel-konflikte, die einer nachhaltigen Entwicklung entgegenstehen, liefert ein be-triebliches Stärken-Schwächen-Profil und die Handlungsorientierung für eine nachhaltige Entwicklung (Abbildung 1).

Deckblatt mit Boniturnoten

Ökonomie

Soziales

Ökologie

N-F

läch

ensa

ldo

KapitaldienstfähigkeitCash flow III

Rel. Faktorentlohnung

Anteil Eigentümer

Anteil Frauen

Gesamtkapitalren.

Rentabilitätsrate

Eigenkapitalveränderung

Gesell

sch.

Aktivit

äten

Arbe

itsbe

ding

.U

rlaub

Nettoinvestitionen

Betriebseinkommen

Brut

tolo

hnni

veau Q

ualifikation

Erosionsdisposition

Pflanzenschutzintensität

Anteil ÖLF

Median FeldgrößeEnergiesaldo Betrieb

Energiesaldo Pflanzenbau

Fruchtartendiversität

Arbeitsplatzangebot

Altersstruktur

NH 3-

Emis

sion

Phos

phor

sald

oBo

den-

pH-K

lass

e

Humus

saldo

Verdichtungsgefährdung

Eigenkapitalquote

Einkomm

en/AK

Spez. THG-Emission

Eigenkapitalrentabilität

10

6

1

Abb: 1: TLL Kriteriensystem Nachhaltige Landwirtschaft - Betriebsbei-spiel mit Boniturnoten

Dem Prüfverfahren liegt eine Landwirtschaft als Leitbild zu Grunde, die ihre Ziele darin sieht: • die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei hoher Effizienz zu sichern, • die Ertragsfähigkeit des Bodens zu erhalten und erweitert zu re-

produzieren,

VDLUFA Schriftenreihe 64 Plenartagung

- 45 -

• die Beeinträchtigungen des Ökosystems auf ein tolerierbares Maß zu begrenzen,

• die Kulturlandschaft und ein notwendiges Maß an biologischer Viel-falt zu erhalten,

• die Faktoren Boden, Arbeit und Kapital anspruchsgerecht zu ent-lohnen,

• die sozialen Funktionen zu gewährleisten und zu reproduzieren. Unbeschadet aller notwendigen Optimierungen im Einzelfall sind mit KSNL die wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen gegeben, um in Landwirt-schaftsbetrieben mit ganz unterschiedlichen strukturellen und standörtlichen Bedingungen Nachhaltigkeit zu messen, zu analysieren und daraus not-wendige Handlungen abzuleiten. KSNL bietet den teilnehmenden Betrieben: • eine überzeugende Erfolgskontrolle der praktizierten betrieblichen

Maßnahmen, • das Erkennen vermeidbarer Mängel und deren Ursachen, • eine zielgerichtete Optimierung von Verfahren und Handlungen in

Richtung Nachhaltigkeit, • die Kostensenkung durch Aufzeigen von Effizienzreserven und • eine verbesserte Position gegenüber pauschalen Vorwürfen. Die Auswertung jedes Betriebs erfolgt grundsätzlich extern durch eine un-abhängige Prüfstelle und anonym unter einer Code-Nr. Weder der Berater noch der VAFB Jena als Prüfstelle sind berechtigt, ohne Zustimmung des Betriebsleiters, den Betriebsnamen oder -daten an Dritte weiterzugeben. Im Ergebnis der Auswertung erhält der teilnehmende Betrieb: eine Dokumentation in Form eines Tabellenwerkes, die nachvollziehbar das Zustandekommen des jeweiligen Kriterienwertes und dessen Bewertung er-läutert; eine grafische Ergebnisdarstellung, die mit einem Blick die Stärken und Schwächen des Betriebs veranschaulicht und einen Auswerte- und Interpretationsbericht, der die Ursachen aufgedeckter Mängel benennt und wirksame Gegenmaßnahmen vorschlägt. Gegenwärtig wird gemeinsam mit dem TÜV Thüringen die Vergabe eines Leistungszertifikats vorbereitet, dass dem Betrieb eine nachhaltige Wirt-schaftsweise bestätigt, sofern die dafür festgelegten Prüfbedingungen erfüllt sind. Zertifikatsträger bilden Referenzunternehmen, die für ihre Region nachweisbar eine nachhaltige Entwicklung demonstrieren.

Plenartagung Kongressband 2008

- 46 -

Die Bedeutung der KSNL-Analyse beruht auf der Zuverlässigkeit und Sicherheit der Aussage, die durch die überwiegend belegbare Datenbasis und die externe, objektive Auswertung gewährleistet wird. Damit werden neben der betrieblichen Eigenkontrolle und Betriebsoptimierung auch außer-betriebliche Anwendungen ermöglicht.

Dazu zählen: • Vorteilserlangung am Markt durch das USL- und/oder KSNL-TÜV-

Zertifikat, • Betriebsrating zum Nachweis der Förderfähigkeit, • Evaluierung von Förderprogrammen, • Objektivierung der Zusammenarbeit mit Umwelt- und Naturschutz, • Imageförderung für eine nachhaltige Landwirtschaft, • Sicherung der Nachhaltigkeit bei erhöhtem Biomassebedarf, • Aufbau und Betrieb eines Testbetriebssystems Nachhaltigkeit, • Anwendung in Studium und Ausbildung. 4. Nachhaltigkeit der Thüringer Landwirtschaft Das Analyse- und Bewertungsverfahren KSNL ist für den Zeitraum 2005 bis 2007 in einem dreijährigen Turnus erprobt und optimiert worden. Die dafür ausgewählten Thüringer Referenzbetriebe charakterisieren, auch ohne statistisch nachgewiesene Repräsentativität, die Situation der Thüringer Landwirtschaft.

Deckblatt Flyer und beide Broschüren Standardbetrieb

ohne Bonitur

Ökonomie

Soziales

Ökologie

N-F

läch

ensa

ldo

KapitaldienstfähigkeitCash flow III

Rel. Faktorentlohnung

Anteil Eigentümer

Anteil Frauen

Gesamtkapitalren.

Rentabilitätsrate

Eigenkapitalveränderung

Gesell

sch.

Aktivit

äten

Arbe

itsbe

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.U

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Nettoinvestitionen

Betriebseinkommen

Brut

tolo

hnni

veau Q

ualifikation

Erosionsdisposition

Pflanzenschutzintensität

Anteil ÖLF

Median FeldgrößeEnergiesaldo Betrieb

Energiesaldo Pflanzenbau

Fruchtartendiversität

Arbeitsplatzangebot

Altersstruktur

NH 3-

Emis

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Phos

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sald

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den-

pH-K

lass

e

Humussald

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Verdichtungsgefährdung

Eigenkapitalquote

Einkomm

en/AK

Spez. THG-Emission

Eigenkapitalrentabilität

2005

2006

2007 P

2007 P o.DZ

Abb: 2. Nachhaltigkeitsbewertung der Thüringer Landwirtschaft 2005 bis 2007

VDLUFA Schriftenreihe 64 Plenartagung

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Im Vergleich zu den Spitzenbetrieben des Landes lassen sich folgende Grundaussagen ableiten: Aus wirtschaftlicher Sicht steht ein repräsentatives Mittel aus 663 Be-trieben der Thüringer Landwirtschaft zur Verfügung, dass mit dem Kriterien-system KWL über den Zeitraum 2005 bis 2007 ausgewertet worden ist (Strümpfel und Hubold, 2008). Dabei wird für das Erntejahr 2005 eine durchaus kritische Situation aus-gewiesen (Abbildung 2) . Das bestätigt den hohen wirtschaftlichen Druck, dem sich die Betriebe 2005 ausgesetzt sahen. Die Ursachen für das gehäufte Auftreten kritischer, d. h. nicht nachhaltiger Zustände sind vielgestaltig und erfordern die Analyse im Einzelfall. Die erhöhte Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten führte bereits in den Erntejahren 2006 und 2007 zu deutlichen Erlössteigerungen, ins-besondere für pflanzliche Marktprodukte und damit zu einer verbesserten wirtschaftlichen Situation. Das betrifft sowohl den repräsentativen Landes-ausschnitt von 635 Betrieben, als auch das obere Viertel und demonstriert, wie empfindlich KSNL auf agrarpolitische aber auch betriebliche Änderungen reagiert. Allerdings folgten den gestiegenen Umsatzerlösen, stark verteuerte Betriebmittelpreise, die den Gewinn abschwächten. Die Turbulenzen im Erlös-/Kostengefüge der landwirtschaftlichen Produktion haben bislang die wirtschaftliche Situation der thüringischen Landwirtschaft verbessert, allerdings keinesfalls in einem Ausmaß, um auf Direktzahlungen verzichten zu können. Es ist jedoch anzunehmen, dass die weltweite Knappheit landwirtschaftlicher Erzeugnisse anhält und zur weiteren Preisstabilisierung und verbesserten Wirtschaftlichkeit auch der Thüringer Landwirtschaft führt. Allerdings werden durch diese Ent-wicklungen die Marktfruchtbetriebe im Vergleich zur Tierhaltung erneut besser gestellt, womit die Sorge um deren Fortbestand bestehen bleibt. Zu fragen bleibt, ob und inwieweit diese unbefriedigende Situation, die mittelfristig als Existenz bedrohend eingeschätzt werden muss, durch be-triebliche Anpassungsreaktionen zu verbessern ist. Aufschluss darüber gibt die Auswertung des wirtschaftlich oberen Viertels der untersuchten Betriebe für dasselbe Erntejahr. Im Mittel erhalten diese Spitzenbetriebe eine Be-wertung, die sie als wirtschaftlich stabil und zukunftsfähig kennzeichnet Auch wenn betriebsstrukturelle und standörtliche Faktoren im Einzelfall die Bewertung modifizieren, bleibt festzuhalten, dass vom wirtschaftlichen Ge-sichtspunkt aus eine nachhaltige Entwicklung unter den derzeitigen Rahmenbedingungen grundsätzlich machbar ist.

Plenartagung Kongressband 2008

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Bezüglich Umweltverträglichkeit zeigt ein repräsentativer Ausschnitt Thüringer Betriebe, dass mit Ausnahme des Stickstoffsaldos, von der Thüringer Landwirtschaft weder für die Nachhaltigkeit der Produktions-funktion noch für angrenzende Ökosysteme ein wesentliches Risiko ausgeht, auch wenn im Einzelbetrieb bei zahlreichen Kriterien Toleranzüber-schreitungen auftreten. Insbesondere beweisen die Träger des Zertifikats "Betrieb der umweltverträglichen Landwirtschaft", dass sich hohe Produktivität und nachweisbare Umweltverträglichkeit nicht gegenseitig ausschließen, wenn betriebliche Schwachstellen dem Unternehmen auf-gezeigt und Gegenstand der Leitungstätigkeit werden. In diesem Sinne wird die Analyse betrieblicher Produktionsprozesse notwendig, weil die wirtschaftliche Stabilität künftig eine erhöhte Flächenproduktivität verlangt, die als ökologischer Risikofaktor angesehen wird. Erfreulicherweise zeigt sich in der Praxis durchaus eine höhere Sensibilität der Landwirte gegenüber Umweltfragen. Dafür spricht einerseits die Bereitschaft den eigenen Betrieb hinsichtlich Umweltverträglichkeit zu analysieren und bewerten zu lassen und anderseits die umfangreiche Nutzung des Thüringer Kulturlandschaftsprogramms. Dabei ist bemerkenswert, dass mit der Neu-beantragung zum KULAP 2007 vor allem zielorientierte Maßnahmen mit er-heblichem Flächenumfang in Anspruch genommen werden: L 2: Artenreiche Fruchtfolgen (= Unterstützung für Risikominderung

und hohe Kulturartendiversität; 120 000 ha = 20 % der Ackerfläche

W 1: Unterschreitung gesamtbetrieblicher N-Salden = Umsetzung WRRL und Vorbereitung auf Saldenreduzierung in der Düngever-ordnung = hohe Nährstoffeffizienz

L 4: Artenreiches Grünland (= Nachweis von standortspezifischen Krautarten ohne Bewirtschaftungsvorgaben)

Die weiterhin hohe Beantragung der überwiegend handlungsorientierten Naturschutzmaßnahmen sichert auch künftig einen Mindestumfang an ökologisch und landeskulturell bedeutsamen Flächen (ÖLF). Die hohe Akzeptanz dieser Naturschutzmaßnahmen durch die Landwirte demonstriert die Wirksamkeit des Prinzips der geförderten Freiwilligkeit (Agrarumwelt-maßnahmen). Damit erübrigt sich eine gesetzliche Reglementierung zur Um-setzung von Maßnahmeplänen für alle Natura-2000-Flächen. Für den agrarsozialen Bereich sind bislang nur Erprobungsbetriebe auf ca. 10 000 ha analysiert worden. Im Mittel dieser Auswahl wird der Toleranz-bereich mit Ausnahme des Bruttolohnniveaus bei allen Kriterien eingehalten und kennzeichnet eine zufriedenstellende agrarsoziale Situation, ohne zu übersehen, dass einige der neun Prüfkriterien an der Toleranzschwelle

VDLUFA Schriftenreihe 64 Plenartagung

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liegen. Vor allem das Bruttolohnniveau erweist sich als kritischer Faktor der die weitere Entwicklung der Thüringer Landwirtschaft ernsthaft beein-trächtigen kann, wenn dadurch nicht ausreichend junge Menschen für den Beruf gewonnen werden können. Die hier getroffenen Aussagen zu allen drei Nachhaltigkeitssektoren gelten wohlgemerkt nur für das Mittel der untersuchten Betriebe. Zwischen den Unternehmen bestehen z. T. erhebliche Unterschiede, die verdeutlichen, dass der einzelne Betrieb und nicht ein abstrakter Durchschnitt im Mittelpunkt stehen muss, wenn eine nachhaltige Entwicklung realisiert werden soll. 5. Landwirtschaft 2020 – eine agrarwissenschaftliche Heraus-

forderung Es zeichnet sich ab, dass auch in Europa die landwirtschaftlich nutzbare Fläche zunehmend das wird, was sie historisch und global gesehen immer war: ein äußerst knapper Faktor. Dafür sprechen: - der Nahrungsbedarf einer weiter wachsenden Weltbevölkerung, der von

einer bestenfalls stagnierenden Ackerfläche gedeckt werden muss; - der wachsende Konsum tierischer Produkte in den Entwicklungsländern und - die steigende Beanspruchung der Fläche zur Energieträger- und Rohstoff-

erzeugung sowie für Infrastrukturmaßnahmen und - berechtigte Naturschutzbelange. Da insbesondere die weltweit verfügbare Ackerfläche kaum vermehrbar ist, muss der zunehmende Bedarf an Biomasse fast ausschließlich aus der Steigerung der Flächenproduktivität kommen. Die Agenda 21 (1992) fordert daher ein Intensivierungsgebot für die heute genutzten Flächen: "Die Landwirt-schaft muss intensiviert werden, damit die künftige Nachfrage nach landwirt-schaftlichen Erzeugnissen gedeckt und ein weiteres Vordringen auf marginale Standorte und empfindliche Ökosysteme verhindert werden kann" (Agenda 21, 1992). Gegenwärtig wird die Diskussion von der Flächenkonkurrenz zwischen Nahrungs- und Futterpflanzen einerseits und Energie- und Rohstoffpflanzen anderseits geprägt. Unter der Voraussetzung weiterer Ertragsteigerungen sollte in Europa diese Flächenkonkurrenz beherrschbar bleiben, sofern auf Flächenstilllegung und vermeidbare Extensivierungen verzichtet wird und strikte Maßnahmen zur Be-schränkung von Flächenentzügen für Infrastrukturmaßnahmen durchgesetzt werden. Dazu gehört auch, dass die energetische Nutzung organischer Ab- und Nebenprodukte der Land- und Ernährungswirtschaft (Stroh, Stallmist, Gülle,

Plenartagung Kongressband 2008

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Futterreste, Verarbeitungsrückstände etc.) Priorität gegenüber dem gezielten Anbau von Bioenergiepflanzen zukommt. In jedem Fall gilt als gesellschaftliche Forderung das Primat der Ernährungs-sicherung, dass agrarpolitisch durch entsprechende Rahmenbedingungen zu ge-währleisten ist. Die wesentlichste Maßnahme, um die Auswirkungen möglicher Flächen-konkurrenzen zu begrenzen, ist die Steigerung der Flächenproduktivität, eine Aufgabe, die in den letzten Jahrzehnten in Deutschland vernachlässigt worden ist. Ursachen dafür finden sich in der vormaligen Überschusssituation, der mit Flächenstilllegungen und Extensivierungen begegnet wurde und die unter dem Titel Umweltentlastung gefördert wurden. Seitdem assoziierte sich Ex-tensivierung mit Umweltverträglichkeit. Dies führte in der öffentlichen Wahr-nehmung zur Missachtung der intensiven Landwirtschaft und zur Ver-nachlässigung der angewandten Agrar- und insbesondere der Ertragsforschung. Bis heute werden die von der Agrarforschung ausgehenden Innovationen den gegenwärtigen Herausforderungen einer nachhaltigen Landwirtschaft, hohe Produktivität mit Landschaftspflege und Umweltverträglichkeit zu verbinden, nur ungenügend gerecht. Generell ist der Transfer von Innovationen in die praktische Landwirtschaft verbesserungsbedürftig. Es wird somit notwendig, Aufgabe, Rollenverständnis und Zukunfts-erwartung der Landwirtschaft in einer industriell hoch entwickelten Gesell-schaft neu zu bestimmen und dafür die Rahmenbedingungen abzustecken. Die Chance liegt in einer nachhaltigen Entwicklung, d.h. in einem auf Dauer angelegten Kompromiss zwischen produktiver und effizienter Landwirt-schaft und dem Erhalt öffentlicher und ökologischer Güter. Dafür steht das erforderliche Instrumentarium, mit dem diese Entwicklung steuernd begleitet werden kann, erprobt zur Verfügung. Die mitteleuropäische Landwirtschaft verfügt im weltweiten Vergleich über günstige standörtliche Voraussetzungen, um eine nachhaltige Landwirtschaft zu etablieren. Dafür werden nachfolgend einige Zielstellungen aufgelistet, die aus Sicht der Thüringer Landwirtschaft lediglich Anregungen liefern sollen. Künftig gilt es insbesondere die Agrarforschung neu auszurichten, zu stärken und den Erkenntnistransfer in die Praxis zu beschleunigen. Dazu sind neue Wege der Informationsvermittlung von Wissenschaft, Lehre und Beratung mit den Unternehmen der Land- und Ernährungswirtschaft, aber auch mit dem Natur- und Umweltschutz zu suchen. Dabei wird empfohlen, dass ins-besondere in Thüringen erprobte Konzept auszubauen und die wissenschaft-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Plenartagung

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liche Umsetzung innovativer Lösungen bevorzugt in Referenzbetrieben der Landwirtschaft durchzuführen. In diesem, von beiderseitigen Vorteil ge-tragenem Vorgehen, kann der Referenzbetrieb die wissenschaftliche Be-gleitung zur Steuerung und Optimierung der Prozessabläufe nutzen und die Anwendungsforschung erhält umsetzungsrelevante Ergebnisse sowie Pilot- und Demonstrationsobjekte unter Praxisbedingungen. Diese relativ neue Form der angewandten Forschung erfordert als Keimzelle auch weiterhin staatlich finanzierte, unabhängige und moderne Forschungs-, Versuchs- und Untersuchungskapazitäten. Gleichzeitig sind staatliche Fördermöglichkeiten (z. B. zusätzliche Modulationsgelder) flexibel für wissenschaftlich begleitete Pilot- und Demonstrationsprojekte einzusetzen, um Innovationen zu fördern und anwendungsreif zu präsentieren. Als Schwerpunkte seien genannt: • Züchtung und Züchtungsforschung Hier werden auch künftig entscheidende Impulse für Ertragssteigerungen erwartet Dabei wird sich die Züchtung stärker als bisher am Verwendungs-zweck orientieren. (Folie von Kaesten) Anzustreben ist, insbesondere im Energiepflanzenbereich, die Ganzpflanzenverwertung um unter Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien die produktbezogene Effizienz zu verbessern. • Optimale Bodenbearbeitung Die bestmögliche Wegsamkeit für Wasser, Luft und Wurzeln mit dem geringsten Bearbeitungswiderstand zu erreichen ist ein wesentliches Ziel zur Ausnutzung des Ertragspotentials. Die dafür erforderliche hohe Schlagkraft kann mit flexibleren Modellen der Arbeitszeitgestaltung und Ergebnis-beteiligung der Mitarbeiter erschlossen werden. • Ertragsforschung und Ertragsbildung Mittels GPS wird es zunehmend möglich, unter Praxisbedingungen Ursachen für die natürliche Ertragsvariation zu erkennen und gezielt Boden-fruchtbarkeitskennziffern und geeignete Kombinationsmöglichkeiten abzu-leiten. Das liefert Hinweise für eine optimale Ertragsbildung, die über Precision farming realisiert werden kann. • Organischen Substanz und der Nährstoffe aus Wirtschaftsdüngern Die verstärkte energetische Nutzung von Wirtschaftsdüngern bewirkt die Zusammenführung und intensive Vermischung der betrieblich bzw. regional verfügbaren Ausgangsmaterialien. Die relativ konstante Zusammensetzung der Biogasgülle ermöglicht eine wesentlich verbesserte Anrechenbarkeit der

Plenartagung Kongressband 2008

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darin enthaltenen Nährstoffe und trägt in der Regel zur Minderung der be-trieblichen Nährstoffsaldenüberschüsse bei. Die unmittelbare Einbringung der Biogasgülle in den Boden bzw. auf der Bodenoberfläche erlangt infolge steigender Rohstoffpreise für Mineraldünger neben der Umweltentlastung zusätzlich ökonomische Bedeutung. • Maximierung des Biomasseertrags unter veränderten Witterungs-

bedingungen Vor allem für Energiepflanzen sind züchterische und technologische Möglichkeiten zu nutzen, um den Energieertrag zu maximieren (Getreideganzpflanzenernte zum Zeitpunkt des höchsten Energieertrags, Züchtung kälteresistenter Maissorten [Kaesten 2008], Winterzuckerrüben zur besseren Ausnutzung von Vegetationszeit und Bodenwasser etc.). • Biomasseerzeugung zur Energieträger- und Rohstoffgewinnung Anbau, Sortenwahl und Verarbeitung sind so zu gestalten, dass die produkt-bezogenen Faktoreffizienz maximiert wird. • Biotechnologie und Gentechnik Die Technologie verspricht Fortschritte auf nahezu allen Gebieten. Aller-dings sind mit Ausnahme von Herbzidresistenzen (BT-Gens) mit umfang-reicher Anwendung bislang keine weiteren Fortschritte praxiswirksam ge-worden. Dennoch dürfte hier ein wesentliches Potential liegen. Gentechnik in der Landwirtschaft stößt allerdings auf massiven Widerstand, der die weitere Entwicklung durchaus beeinflussen kann. • Tierhaltung und Aufklärung Thüringen weist sehr geringe (deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegende) Tierbesatzdichten auf. Dennoch ist die öffentliche Wahrnehmung der Tierhaltung überwiegend negativ und Erweiterungen kaum möglich. Es ist vordergründig geboten, dieser ablehnenden Haltung durch Demonstration moderner Stallanlagen entgegenzuwirken. • Arbeitsproduktivität und Agrarbildung Die Arbeitsproduktivität in der Thüringer Landwirtschaft prägt das europäische Spitzenniveau, d.h. der Arbeitskräftebedarf kann nur noch geringfügig abnehmen. Aufmerksamkeit erfordert das hohe Durchschnitts-alter der in der Landwirtschaft Beschäftigten, dass künftig zu hohen Ab-gängen führen wird, die ersetzt werden müssen. Obwohl in Thüringen die Ausbildung in den grünen Berufen vorbildlich organisiert und die Über-nahmequote für die jährlich 800 bis 1000 Auszubildenden hoch ist, wird der Geburtenknick und die Konkurrenz anderer Wirtschaftsbereiche zu Eng-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Plenartagung

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pässen führen. Dem ist rechtzeitig entgegenzuwirken, z.B. über den Abbau der Einkommensdisparität. • Neue Produktions- und Wertschöpfungsbereiche Neue Wertschöpfungsbereiche sind insbesondere in der Lagerung und der Erstverarbeitung landwirtschaftlicher Rohprodukte zu erschließen. Beispiele dafür sind die in Thüringen gut etablierte Verarbeitung und Direktver-marktung von Fleisch- und Wurstwaren sowie die von Landwirten ge-meinsam betriebenen, dezentralen RME-Anlagen. Künftig werden Maß-nahmen zur Verringerung des Transportwiderstands (z.B. Erzeugung von Pyrolyseöl [Slurry] aus Stroh, Holz oder anderen organischen Grundstoffen) zur Wertschöpfung in der Landwirtschaft beitragen. • Strukturelle Weiterentwicklung Strukturveränderungen sind sozial abzufedern, d.h. Bindungskräfte, die die Verankerung der Landwirtschaft in der Region absichern, dürfen nicht ge-schwächt werden. 6. Schlussfolgerungen und Zusammenfassung

Die Landwirtschaft steht vor Herausforderungen, die zweifellos zu einer Veränderung des Wirtschaftszweigs führen werden. Merkmale eines solchen Veränderungsprozesses sind wachsende Betriebsgrößen, Ersatz von Arbeit durch Kapital, Arbeitsteilung, wachsender Einsatz von Transport- Informations- und Kommunikationssystemen, Expansion des Dienst-leistungssektors und Herausbildung multifunktionaler Strukturen. Antriebs-quelle für diese Prozesse ist die stärkere Einbeziehung von Agrarprodukten in den Welthandel und der internationale Wettbewerbsdruck. Die ostdeutsche Landwirtschaft sieht sich hier vergleichsweise gut aufgestellt. Der Rückzug des Staates wächst und aus dem Agrarsektor wird zunehmend ein von marktwirtschaftlichen Prozessen gesteuertes System, das Forderungen nach einem multilateralen Handelssystem erhebt und das nationale Handelsbeschränkungen begrenzen bzw. abbauen will. Die dabei auftretenden Zielkonflikte mit den steigenden Anforderungen einer sensibilisierten Verbraucherschaft nach Qualitätssicherung und transparenten Wertschöpfungsketten sind dabei ebenso wenig gelöst wie die des Umwelt-schutzes nach Erhalt nationaler Umweltstandards oder die Forderung des Staates zur nachweisbaren Entwicklung nachhaltiger Strukturen. Hier ist die Rolle von Bewertungssystemen wie KSNL zu sehen, die auf Objektivität, Zuverlässigkeit und Verständlichkeit ausgerichtet sind. Solche Systeme können helfen, Fehlentwicklungen zu erkennen und steuernd in Prozesse einzugreifen.

Plenartagung Kongressband 2008

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Eine Schlüsselrolle wird in dieser Entwicklung der öffentlichen Agrar-forschung zukommen, die in den letzten Jahrzehnten an Image und Be-deutung verloren hat. Ihr wird künftig die Aufgabe obliegen, die ab-laufenden Entwicklungsprozesse zu wichten und beratend zu begleiten, Kernaufgaben wie die Ertragssteigerung vorzubereiten und geeignete Maß-nahmen zu treffen, wenn nicht nachhaltige Entwicklungen erkennbar werden. Dafür ist die seit Jahren praktizierte Kooperation mit den Landes-anstalten für Landwirtschaft der benachbarten Bundesländer und mit den Forschungskapazitäten der Hochschulen, der Forschungsgesellschaften und der Industrieforschung innovationsorientiert auszubauen. 7. Literatur: Agenda 21, 1992: Dokumente Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt

und Entwicklung. Rio de Janeiro, Juni 1992

Breitschuh, G.; Eckert, H., 2000: Probleme und Lösungsansätze für eine nachhaltige Entwicklung in der Landwirtschaft. In: Kongressband 2000 Stuttgart-Hohenheim – Nachhaltige Landwirtschaft Teil 1. VDLUFA-Schriftenreihe 55/2000, S. 17-22

Breitschuh, G.; Eckert, H.; Matthes, I., Strümpfel, J., 2008: Kriteriensystem nachhaltige Landwirtschaft (KSNL). KTBL-Schrift 466, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V., Darmstadt

Breitschuh, G.; Eckert, H., 2008: KTBL-Heft 78, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V., Darmstadt

Enquete-Kommission, 1997: "Schutz des Menschen und der Umwelt – Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Ent-wicklung": Konzept Nachhaltigkeit – Fundamente für die Gesellschaft von morgen. Deutscher Bundestag Drucksache 13/7400

Strümpfel, J., Hubold, B., 2008: KWL-Kriterien für Thüringer Landwirt-schaftsbetriebe; unveröffentlichtes Material der TLL Jena, 5 Seiten; August 2008

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

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Energie- und Treibhausgasbilanzen verschiedener Bioenergieformen J. Küsters1, F. Brentrup1 1Institut für Pflanzenernährung und Umweltforschung Hanninghof, Yara GmbH und CoKG, Dülmen 1. Methodik der Bilanzierung Die Energie- und CO2-Bilanzen von Biokraftstoffen der ersten Generation, der Verbrennung von Biomasse sowie der Produktion von Biogas werden im folgenden gegenübergestellt. Betrachtet wird hierbei der gesamte Lebens-weg, das heißt von der Produktion der Rohstoffe auf dem Acker bis hin zur Bereitstellung der jeweiligen Bioenergieform. Für die Berechnung der Energie- und CO2-Bilanzen der Pflanzenproduktion wird auf die Methodik der Lebenszyklusanalyse (LCA) zurückgegriffen. In einer LCA werden die Grenzen des zu betrachtenden Systems abgesteckt und die potenziellen Umweltwirkungen eines Produkts, also z. B. des Stick-stoffdüngers, oder eines kompletten Produktionsverfahrens, wie z. B. der Getreideproduktion, erfasst und beurteilt (Abb.1). Der Energieverbrauch und die CO2-Äquivalent-Emissionen aller Teilprozesse werden inventarisiert und gegen die Energie- und CO2-Bindung in der geernteten Biomasse bilanziert.

Abb. 1: Beispiel für die Bilanzierung eines Pflanzenproduktionssystems

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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Grundlage für die Energie-und CO2-Bilanzierungen der ackerbaulichen Biomasseproduktion waren Feldversuche. Aus den Feldversuchen wurden die ökonomisch optimalen Ertrag-Aufwand-Beziehungen ermittelt. Abb. 2 zeigt die Vorgehensweise beispielhaft für Winterweizen. Es wurden ins-gesamt 139 einjährige N-Steigerungsversuche zu Winterweizen ausgewertet In der Variante ohne N-Düngung wurden 5,5 t Korn/ha produziert. Mit steigender N-Düngung nimmt der Kornertrag im Mittel der Versuche bis auf 9,3 t/ha bei ökonomisch optimaler N-Düngung von 181 kg N/ha zu. Aus dem Verhältnis von N-Entzug mit dem Korn (167 kg N/ha) und ausgebrachter N-Düngung (181 kg N/ha) lässt sich eine Stickstoffausnutzungseffizienz von 92 % im Mittel der Versuche bei ökonomisch optimaler Intensität berechnen.

Abb. 2: Ableitung der ökonomisch optimalen N-Düngung aus 139 ein-

jährigen Feldversuchen mit Winterweizen sowie Berechnung der N-Ausnutzungseffizienz aus dem Verhältnis von N-Entzug mit dem Korn und ökonomisch optimaler N-Düngung

Für die mit der Produktion des Düngers verbundenen Energieverbräuche und klimarelevanten Emissionen (CO2 und N2O) wurden eigene Messwerte aus den Werken verwendet Für die Produktion, den Transport und die Aus-bringung anderer Betriebsmittel (P- und K-Dünger, Pflanzenschutzmittel, Saatgut, Maschinen und Traktoren) wurden Werte aus der Literatur (Jenssen und Kongshaug, 2003; KTBL, 2000, Kuesters und Lammel, 1999) ermittelt. Für die Abschätzung der diffusen N2O-Emissionen nach Ausbringung des N-Düngers auf dem Feld schlägt das Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC, 2006) N2O-N-Emissionsraten vor (Abb. 3). Abweichend vom IPCC schlagen Crutzen et al. (2008) einen neuen (höheren) N2O-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

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Emissionsfaktor für N-Dünger vor. Die Autoren empfehlen basierend auf Berechnungen anhand der globalen, atmosphärischen Massenbilanz („top-down“ approach) eine Emissionsrate von 3-5 % N2O-N des mineralischen und leguminosen Stickstoffinputs. Die IPCC (2006) rechnet dagegen mit einer Emissionsrate von 1-2 % N2O-N bezogen auf den gesamten Stickstoff-input (mineralisch und organisch). Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Ansätzen besteht in der Allokation der N2O-Emissionen zu den land-wirtschaftlichen Subsystemen (Abb. 3). Während das IPCC für den Mineral-dünger nur die direkt oder indirekt mit seiner Anwendung verbundenen N2O-Emissionen berücksichtigt, werden mit dem globalen Ansatz von Crutzen et al. (2008) dem N-Dünger bzw. dem primären landwirtschaftlichen Produktionssystem zusätzlich auch die Emissionen aus der Folgenutzung des mineralischen Düngerstickstoffs in anderen landwirtschaftlichen Produk-tionssystemen zugeschlagen.

Abb. 3: N2O-Emissionen ausgehend von der wiederholten Nutzung des Stickstoffs in landwirtschaftlichen Produktionssystemen

Nachdem die Kennwerte für Energie und CO2-Emissionen festgelegt wurden, kann die Energie- und CO2-Bilanz ex-Feld berechnet werden. Dies ist in Abb. 4 für die Winterweizenversuche dargestellt. In der Variante ohne N-Düngung werden etwa 7,5 GJ/ha verbraucht und 82 GJ/ha an Energie in Form der 5.5 t Korn gewonnen. Mit ökonomisch optimaler N-Düngung von 181 kg N/ha nimmt der Energieverbrauch um 8,5 auf 16 GJ/ha zu. Gleichzeitig werden aber über die zusätzlich produzierte Biomasse (3,8 t) 57 GJ/ha mehr erzielt. Insgesamt ergibt sich somit ein Netto-Energiegewinn von 123 GJ/ha. Ähnlich positiv ist die CO2-Bilanz der Weizenproduktion. In

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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den Versuchen ergab sich eine Netto-CO2-Fixierungsleistung des Korns bei ökonomisch optimaler Düngung von 10,5 t CO2/ha (Abb. 5). Für die Be-rechnung der N2O-Emissionen nach Ausbringung des N-Düngers wurde hierbei auf die vom IPCC vorgeschlagenen N2O-Emissionsraten zurück-gegriffen.

Abb. 4: Energiebilanz der Weizenproduktion bei optimaler N-Düngung

Abb. 5: CO2-Bilanz der Weizenproduktion bei optimaler N-Düngung

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

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2. Energie- und CO2-Bilanz des Ackerbaus Die Abbildungen 6 und 7 zeigen die Bilanzen für verschiedene, zur Produktion von Bioenergie, geeignete Ackerfrüchte bei optimaler Produk-tionsintensität (ökonomisch optimale Düngung). Der Energieoutput und die CO2-Fixierung ist um ein Vielfaches höher als der Energieeinsatz und die CO2-Emissionen bei der Produktion der Biomasse. Die Bilanz variiert allerdings in Abhängigkeit vom Ertragspotential der angebauten Kultur.

Abb. 6: Die Energiebilanz der Pflanzenproduktion ist positiv, variiert aber

mit der angebauten Kultur

Abb. 7: Die CO2-Bilanz der Pflanzenproduktion ist positiv, variiert aber

mit der angebauten Kultur (* inkl. N2O: 1 kg N2O = 310 kg CO2)

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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3. Energie- und CO2-Bilanz verschiedener Bioenergieformen

Die in der Biomasse gespeicherte Energie kann zur Produktion von Nahrungsmitteln oder zur Produktion von Biokraftstoffen, Strom und/oder Wärme genutzt werden. Wird die im Erntegut enthaltene Energie für die Bereitstellung von Biokraftstoffen verwendet, ergeben sich die in Tab. 1 ge-zeigten Bruttokraftstofferträge. Allerdings ist zu beachten, dass sowohl für die Produktion der Biomasse auf dem Feld als auch bei der Konversion der Biomasse zum Kraftstoff fossile Energie aufgewendet werden muss. Die Abb. 8 zeigt den verbleibenden Nettoenergiegewinn nach Abzug der energetischen Aufwendungen beispielhaft für die Produktion von Bioäthanol aus Getreide. Tab. 1: Brutto-Bioenergieerträge von Biokraftstoffen der 1. Generation

Abb. 8: Ergebnis der Energiebilanz bei der Produktion von Bioäthanol aus

Weizen (relativ, Bruttoenergie im Korn = 100)

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Tabelle 2 zeigt zusammenfassend für verschiedene Bioenergieformen das Potenzial zur Einsparung von fossiler Energie und zur Vermeidung von CO2-Emissionen. Es zeigt sich, dass in allen untersuchten Fällen fossile Energie eingespart und CO2-Emissionen vermieden werden. Das Potential zur Ein-sparung von fossiler Energie und von CO2 Emissionen hängt aber vom ge-wählten Pfad und von der Kultur ab. Das höchste Potential ergibt sich für Bioäthanol aus Zuckerrohr, für die Verbrennung von Biomasse zur Wärme-gewinnung oder zur kombinierten Wärme-/Stromgewinnung (KWK) sowie für die Gewinnung und Nutzung von Wärme und Strom aus Biogas. Allerdings können für das Bioäthanol aus Zuckerrohr sehr lange Transport-wege bzw. ein Abbrennen des Strohs nach der Ernte zu einer Ver-schlechterung der Bilanzen führen. Tab. 2: Das Potential zur Einsparung von fossiler Energie und von CO2

Emissionen hängt vom gewählten Pfad und von der Kultur ab.

4. Zusammenfassung - Die Produktion von Biomasse in der Landwirtschaft weist eine positive

Energie- und CO2-Bilanz auf, die durch den optimalen Einsatz von Mineraldüngern weiter verbessert wird. Die Energie- und CO2-Bilanz der Biokraftstoffproduktion hängt von der Art und dem Entwicklungsstand der Konversionstechnologie ab. Bioäthanol aus Zuckerrohr oder die Gewinnung von Wärme und Strom aus der Verbrennung von Biomasse oder Biogas haben das größte Potential, fossile Energie einzusparen bzw. CO2 Emissionen zu ver-meiden.

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5. Literatur Crutzen, P.J., Mosier, A.R., Smith, K.A., Winiwarter, W., 2008: N2O release

from agro-biofuel production negates global warming reduction by re-placing fossil fuels. Atmos. Chem. Phys., 8, 389-395

Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), 2006: IPCC Guidelines for National Gas Inventories. Volume 4: Agriculture, forestry and Other Land Use. Chapter 11: N2O Emissions from Managed Soils, and CO2 Emissions from Lime and Urea Application

Jenssen, T.K., Kongshaug, G., 2003: Energy consumption and greenhouse gas emissions in fertiliser production. IFS (The International Fertiliser Society) Proceedings No: 509. IFS, York, UK

KTBL, 2000: Taschenbuch Landwirtschaft, 17. Auflage

Kuesters, J., Lammel, J., 1999: Investigations of the energy efficiency of the production of winter wheat and sugar beet in Europe. European Journal of Agronomy 11, 35-43

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Neue Biokraftstoffe D. Kemnitz1 1Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), Gülzow Individuelle Mobilität spielt eine derartig zentrale Rolle in unserer Gesell-schaft, dass sie auch dann nicht in Frage gestellt wird, wenn das Erdöl zur Neige geht. Um sie dennoch sicherstellen zu können, werden wir uns in Zu-kunft mit Kraftstoffalternativen und neuen Antriebskonzepten auseinander-setzen müssen. Da die meisten Experten davon ausgehen, dass der Ver-brennungsmotor uns auch die nächsten Jahrzehnte begleiten wird, stellen Biokraftstoffe hier die einzige regenerative Option dar.

Biokraftstoffe tragen heute einen bemerkenswerten Anteil zur deutschen Energieversorgung bei. Sie müssen sich aber aktuell einigen Fragen stellen. So wird in ihnen die Ursache für die Rodung von Regenwaldgebieten zur Er-richtung von Palmplantagen aber auch für die gestiegenen Lebensmittelpreise gesehen. Die Gründe für diese Entwicklungen sind jedoch vielschichtig! Die Nachfrage an Nahrungs- und Futtermitteln wächst weltweit mit der Bevölkerung aber auch mit dem Wohlstand in Schwellenländern. Müssen wir zudem globale Ernteeinbußen wie in 2007 hinnehmen, sind steigende Agrarpreise eine logische Konsequenz.

Die Herstellung und Nutzung von Biokraftstoffen kann daher nicht als alleinige Ursache für oben genannte Problemstellungen herangezogen werden. Ziel muss es dennoch sein, Biokraftstoffe nachhaltig und ohne negative Aus-wirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion herzustellen. Unter diesem Ge-sichtspunkt sind ihre Potenziale jedoch auszuschöpfen. Mit diesem Beitrag soll ein Überblick über die Biokraftstoffe in Deutschland, deren aktuelle Ent-wicklung und den künftigen Optionen - den Neuen Biokraftstoffen - gegeben werden. Warum brauchen wir Biokraftstoffe?

Mit welchen Fragestellungen müssen sich die Regierungen der Welt in den nächsten Jahren auseinandersetzen? Das ist zum einen die globale Energie-versorgung, denn die Endlichkeit fossiler Ressourcen zweifelt heute niemand mehr an. Experten gehen von einer deutlichen Reduzierung fossilen Energie-reserven in den nächsten Jahren aus, so dass die Energieversorgung von morgen uns vor große Herausforderungen stellen wird. Hier müssen vor allem die Industriestaaten der Welt ihre Energiepolitik auf neue Fundamente stellen. Zum anderen sorgen die Veränderungen des Klimas weltweit für Verunsicherung. Die Fachleute sind sich mittlerweile einig, dass der Klima-wandel durch den Menschen verstärkt und bei weiterer Energiever-

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schwendung bedrohliche Ausmaße annehmen wird. So hat die Bundes-regierung mit ihrem integrierten Energie- und Klimaprogramm klare Ziele definiert und eine Marschroute festgelegt, in welchem Zeithorizont und mit welchen Maßnahmen diese Ziele zu erreichen sind. Bis 2020 sollen die Treibhausgase um 40 % gegenüber 1990 reduziert werden. Neben einer deutlichen Verbesserung der Energieeffizienz ist der Ausbau der erneuer-baren Energien Kern der Klimastrategie der Bundesregierung.

Im Einzelnen bedeutet dies eine:

• Verdoppelung des Anteils an Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf 25 % im Jahre 2020,

• Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromproduktion auf 30 % im Jahre 2020 sowie weiterer Ausbau bis zum Jahr 2030,

• Forcierung der Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz, potenziell könnten bis zum Jahre 2020 etwa 6 % der Erdgasmenge durch Biogas ersetzt werden,

• Erhöhung des Anteils der Wärmeproduktion aus regenerativen Energien auf 14 % bis zum Jahre 2020,

• Erhöhung des Biokraftstoffanteils auf 12 - 15 % im Jahre 2020 (sowie eine Bewertung ihrer Klimaeffizienz) .

Neben diesen übergeordneten Zielen steht für das Bundeslandwirtschafts-ministerium (BMELV) und die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) die Interessenvertretung der deutschen Land- und Forstwirtschaft im Vordergrund. Sie hat die Entwicklung der erneuerbaren Energien bis heute maßgeblich begeleitet und wird auch künftig bei der Erzeugung von Bio-masse eine tragende Rolle spielen. Im Jahr 2007 ist der Bioenergieanteil am Stromverbrauch auf 3,8 Prozent (Vorjahr: 3,6 %), am Wärmeverbrauch auf 6,1 Prozent (Vorjahr: 5,5 %) und am Kraftstoffverbrauch auf 7,3 Prozent (Vorjahr: 6,3 %) gewachsen – bei letzterem ist sie derzeit die einzige re-generative Option zu fossilen Energieträgern![1]

Durch die geschaffenen Rahmenbedingungen wurde Deutschland zum größten Biokraftstoffproduzenten in Europa und konnte bereits im Jahr 2006 das europäische Ziel für 2010 von 5,75 Prozent Biokraftstoffanteil über-schreiten. Auch 2007 wuchs der Biokraftstoffanteil weiter an. Trotz leicht gesunkener Pflanzenölnutzung und stagnierendem Ethanolverbrauch führte der Anstieg beim Biodieselabsatz die Biokraftstoffe auf 7,3 Prozent am Gesamtkraftstoffverbrauch. Dies entspricht einer Biokraftstoffmenge von insgesamt 4,6 Mio. Tonnen und damit einer Verdopplung zum Jahr 2005 sowie einer Einsparung von über 15 Mio. t CO2eq (Bundesministerium für Umwelt, 2008)!

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Abb. 1: Primärkraftstoffverbrauch Deutschland 2007

Abb. 2: CO2 Vermeidung durch die Nutzung von erneuerbaren Energien Biodiesel und Pflanzenöl Produktion und Absatz von Biodiesel haben sich seit 1995 unter günstigen politischen Rahmenbedingungen rasant entwickelt und Deutschland zum größten Biodieselproduzenten weltweit gemacht. Inzwischen wurde in

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Deutschland eine Produktionskapazität von etwa 4,2 Mio. Tonnen Biodiesel aufgebaut - mit ihr ist auch die Ölmühlenkapazität auf über 7 Mio. Tonnen Rapssaat angewachsen. Als Rohstoff für die Biodieselerzeugung wird hier-zulande zum Großteil Rapssaat eingesetzt, wobei die Rapsanbaufläche 2008 im Vergleich zum Vorjahr die 1,5 Mio. Hektar wieder leicht unterschritten hat. Die Ölmühlen erzeugen aus der Rapsernte von 5 bis 5,4 Mio. Tonnen etwa 2 bis 2,5 Mio. Tonnen Pflanzenöl (ISTA Mielke GmbH). Tab. 1: Anbau und Ernte von Winterraps in Deutschland 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Anbaufläche in 1000 ha 1.218 1.267 1.323 1.410 1.539 1.365 Ernte in 1000 t 3.556 5.237 5.005 5.297 5.301 5.142 Ertrag in t/ha 2,92 4,13 3,78 3,76 3,45 3,77

In 2007 wurden 3,3 Mio. Tonnen Biodiesel, ca. 0,84 Mio. Tonnen Pflanzenöl als Kraftstoff und etwa 0,5 Mio. Tonnen Rapsöl als Nahrungsmittel ver-braucht. Auch wenn aufgrund erhöhter Pflanzenölpreise vermehrt auf Soja- und Palmöl als Biodieselrohstoff zurückgegriffen wird, müssen dennoch erhebliche Mengen an Rapssaat oder Rapsöl nach Deutschland importiert werden. Der Biodieselanteil am Kraftstoffverbrauch konnte 2007 auf 5,4 Prozent ge-steigert werden. Etwa 1,5 Mio. Tonnen wurden direkt durch die Mineralöl-industrie beigemischt (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, 2008). Bioethanol Die Produktionskapazitäten für Bioethanol liegen derzeit bei etwa 800.000 t bzw. 1.012.000 m³. Eine Reihe von Projekten befindet sich in der Planung. Als Rohstoff für die Bioethanolproduktion in Deutschland wird hauptsäch-lich Getreide eingesetzt. Daneben sind aber auch Melasse und Zuckerrüben möglich. Der Bioethanolabsatz lag 2007 mit 460.000 Tonnen oder 580.000 m³ etwa auf Vorjahresniveau. Davon wurden 366.000 t als ETBE-Anteil und 88.500 Tonnen als Reinethanol beigemischt. Der Tankstellenabsatz über E85 fiel mit 6.000 Tonnen eher gering aus. [3] Der Ethanolanteil am Kraftstoff-verbrauch betrug 2007 0,5 Prozent, ein Rückgang zum Vorjahr (0,6 Prozent), der u. a. auf den sinkenden Kraftstoffverbrauch in Deutschland von 54 auf 53 Mio. Tonnen zurückzuführen ist. Für 2009 wird jedoch ein Anstieg des Ethanolabsatzes erwartet Ursache ist vor allem die Biokraftstoffquote, die für Ethanol einen ab 2009 Anstieg von heute 2,0 auf 2,8 Prozent vorsieht.

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Abb. 3. Entwicklung Biokraftstoffanteil in Deutschland Potenziale für Biokraftstoffe

Die EU-RICHTLINIE 2003/30/EG sieht vor, dass im Jahre 2010 5,75 Pro-zent des Energieverbrauchs im Kraftstoffsektor aus biogenen Quellen stammen - in 2020 sollen es bereits europaweit 10 Prozent sein. Für den Be-reich Biokraftstoffe ist in Deutschland unter anderem die so genannte „Roadmap“ ausschlaggebend, auf die sich die Bundesregierung zusammen mit der Automobil- und Mineralölindustrie sowie der Landwirtschaft ver-ständigt hat. Die ‚Roadmap Biokraftstoffe’ enthält neben einem Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und zur Förderung der aktuell noch nicht marktein-geführten Biokraftstoffe vor allem auch Absichtserklärungen zu steigenden Mengenanteilen von Biokraftstoffen für die Beimischung (E10 und B7) und für die übergeordneten Biokraftstoffziele. In der „Roadmap“ wurde daher das ambitionierte Ziel von 17 Prozent Biokraftstoffanteil in Deutschland bis zum Jahr 2020 angestrebt. Bei der Beimischung von 7 Prozent Biodiesel zum Dieselkraftstoff – dem so genannten B7 - werden keine technischen Probleme erwartet Beim Ethanol hat das Umweltministerium jedoch die beabsichtigte Beimischung von 10 Prozent Ethanol (E10) zum Ottokraftstoff zurückgenommen, da für eine Reihe von Fahrzeugen technische Probleme nicht auszuschließen sind. Das Ausbauziel für Biokraftstoffe soll daraufhin angepasst werden - eine Reduktion auf 12 bis 15 Prozent Biokraftstoffanteil (energetisch) für 2020 scheint realistisch. Weitere Gründe für die Anpassung der Biokraftstoffziele sind die derzeit noch nicht marktreifen Biokraftstoffe

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wie Biomass to Liquid (BtL)-Kraftstoffe und Ethanol aus Cellulose sowie die Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Palm- und Sojaöl aus verläss-lichen und nachhaltigen Quellen. Vor diesem Hintergrund ist eine Reduktion der für 2009 vorgesehenen Biokraftstoff-Gesamtquote von 6,25 Prozent (BiokraftQuG) auf 5,25 Prozent vorgesehen. Ab 2015 sollen Biokraftstoffe auch nicht wie heute über einen festgelegten energetischen Anteil sondern über die Menge an vermiedenen Treibhausgasen auf die Quote angerechnet werden. Zu erwähnen bleibt, dass das EU-Ziel 10 Prozent Biokraftstoffanteil bis 2020 an eine Nachhaltigkeitsverordnung und an die Marktreife von heute noch in Entwicklung befindlichen Biokraftstoffen - der sogenannten 2. Generation - gebunden ist (Bundesministerium für Umwelt, 2008). Flächen- und Nutzungskonkurrenz

Auf mehr als 2 Millionen Hektar Ackerfläche wuchsen in 2008 Industrie- und Energiepflanzen. Raps für Biodiesel, Getreide und Mais für Biogas-anlagen, Kartoffeln für die Papierherstellung, Sonnenblumen für die chemische Industrie und viele andere Pflanzen sind als Rohstofflieferanten unverzichtbar geworden. Die Energiepflanzen machten mit 1,75 Mio. Hektar Anbaufläche den Großteil dieser Fläche aus - verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass diese Fläche bis 2020 auf 4 Mio. Hektar ansteigen kann.

Deutschland hat genügend landwirtschaftliches Potenzial, um Nahrungs-mittel und verstärkt nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen. Importierte Bio-energieträger und Biokraftstoffe werden die heimische Biokraftstoff-erzeugung allerdings zunehmend ergänzen.

Abb. 4: Anbau nachwachsender Rohstoffe 2007

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Der Flächenbedarf für die Biokraftstoffproduktion in Deutschland soll am 10 Prozentziel der EU demonstriert werden. Ab 2010 erwartet der Mineralöl-wirtschaftsverband (MWV) einen Rückgang des Kraftstoffbedarfs in Deutschland. Sollen die angestrebten 10 Prozent Biokraftstoffanteil durch Biodiesel- und Ethanolkraftstoffe sichergestellt werden, ist eine Fläche von knapp 3 Mio. Hektar erforderlich.

Um 10 Prozent der 28,6 Mio. Tonnen Dieselkraftstoff in 2020 zu ersetzen, werden 3,3 Mio. Tonnen Biodiesel benötigt. Für diese Biodieselmenge, die wir bereits heute verbrauchen, müsste 2020 auf einer Fläche von 1,9 Mio. Hektar Raps angebaut werden.

Im Vergleich zum Dieselkraftstoff ist der Ottokraftstoffverbrauch in Deutschland seit Jahren rückläufig – er wird vom MWV auf 15,6 Mio. Tonnen in 2020 geschätzt. Werden davon 10 Prozent durch Ethanol aus Ge-treide ersetzt, entspricht dies einer Ethanolmenge von 2,6 Mio. Tonnen und einem Flächenbedarf von ca. 1 Mio. Hektar. Tab. 2: Flächenbedarf für 10 % Biokraftstoffe in 2020 Ziel: Biokraftstoffanteil 2020 10 % Dieselkraftstoffverbrauch Mio.t 28,6 Biodieselbedarf Mio.t 3,33 Flächenbedarf Raps Mio.ha 1,93 Ottokraftstoffverbrauch Mio.t 15,6 Bioethanolbedarf Mio.t 2,57 Flächenbedarf Getreide Mio.ha 0,98 Flächenbedarf gesamt Mio.ha 2,91

Quelle: MWV / FNR Zur Erreichung der ambitionierten Biokraftstoffziele der EU werden die heute verfügbaren Biokraftstoffe nicht ausreichen – sie werden jedoch für die kurzfristigen Zielstellungen die einzigen Alternativen sein. Auch wenn Biodiesel und Ethanol den Biokraftstoffmarkt weltweit bestimmen, wird Ausschau nach Alternativen gehalten, deren Flächeneffizienz und Rohstoff-spektrum Vorteile gegenüber den am Markt eingeführten Biokraftstoffen aufweisen. Bei den noch nicht am Markt etablierten Biokraftstoffen - Bio-methan und BtL (Biomass-to-Liquid) wird Biomasse besonders effektiv ge-nutzt. Dadurch können hohe Reichweiten je Hektar Anbaufläche erzielt

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werden. Rapsöl, Biodiesel aus Rapssaat bzw. Bioethanol aus Getreide schneiden hier zwar schlechter ab, ihre Bilanz wird jedoch durch die Ver-wertung der Nebenprodukte deutlich verbessert. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass erhebliche Mengen an eiweißreichem Futter-mittel aus den Nebenprodukten der Rapsöl- bzw. Biodieselherstellung aber auch der Ethanolproduktion gewonnen werden. Bei dem weltweit steigenden Futtermittelbedarf ist es wichtig, diese „Ressource“ bei der Bilanzierung von Biokraftstoffen künftig zu berücksichtigen.

Abb. 5: Biokraftstoffe im Vergleich Das Bundeslandwirtschaftsministerium fördert über die FNR die F&E-Projekte zu synthetischen Biokraftstoffen. Dabei steht nicht allein der Her-stellungsprozess im Fokus, es werden auch Vorhaben im Bereich Biomasse-anbau und – aufbereitung gefördert. Damit wird die gesamte Kette vom An-bau bis hin Kraftstofferzeugung über verschiedenste Projekte untersucht und begleitet Im Juni 2007 wurde am Forschungszentrum Karlsruhe die erste Ausbaustufe einer Bioliq®-Pilotanlage eingeweiht. Das neue Verfahren dient der Um-wandlung von Stroh und Energiepflanzen in ein energiereiches flüssiges Gemisch (Slurry), das anschließend über Vergasung und Synthese zu BtL-Kraftstoffen weiterverarbeitet werden kann. Mit 12,4 Mio. Euro wird ab Oktober 2008 die Errichtung eines Flugstromvergasers im Forschungs-

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zentrum Karlsruhe gefördert. Dieser wandelt thermisch aufbereitete Bio-masse, so genannten „Bioslurry“, aus der bereits existierenden 1. Stufe der Pilotanlage in Synthesegas um.

Der Flugstromvergaser mit einer Brennstoffwärmeleistung von 5 MWth, einer Vergasungstemperatur von 1.200 °C sowie einem maximalen Betriebs-druck von 80 bar wurde in Kooperation mit der Lurgi GmbH aus Frankfurt/Main geplant, die ihn auch bauen wird. In der Anlage können pro Stunde eine Tonne des Bioslurry zu Synthesegas umgewandelt und später zu gut 150 Liter Kraftstoff weiter verarbeitet werden. Während andere BtL-Konzepte Rohstoffe direkt vergasen, dient die bereits am Forschungszentrum existierende erste Pyrolyse-Stufe dazu, Biomasse zunächst zu konditionieren. Mit ihrer Hilfe wird der Energiegehalt der Biomasse quasi aufkonzentriert, der flüssige homogene Bioslurry hat dann einen mit Kohle vergleichbaren Energiegehalt. In Zukunft sollen dezentrale Pyrolysestationen nach diesem Ansatz stündlich bis zu 20 Tonnen Biomasse oder gute 150.000 Tonnen jährlich verarbeiten. Der Bioslurry wird dann aus diesen Anlagen zur Weiterverarbeitung in große Industriekomplexe zur Synthesegas- und Kraft-stofferzeugung gebracht.

Neben den von der FNR geförderten Projekten sind die Aktivitäten der Choren Industries derzeit am weitesten. Im April diesen Jahres wurde die erste BtL-Anlage am Standort Freiberg eingeweiht. Die Choren Industries wird in dieser Anlage bis zu 12.000 t BtL pro Jahr produzieren. Ziel ist es, in den kommenden Jahren an verschiedenen Standorten in Deutschland An-lagen für ein Output von 200.000 t BtL-Kraftstoff zu errichten – der Bio-massebedarf wird dann ca. 1 Mio. t betragen.

BtL und Biomethan werden aus folgenden Gründen vom BMELV unter-stützt:

• Sie sind deutlich flächeneffizienter als die heute genutzten Biokraft-stoffe. Pro Hektar Fläche lässt sich mehr Kraftstoff herstellen, weil die ganze Pflanze umgewandelt wird, statt wie bei der 1. Generation nur ihre Früchte.

• Für den Kraftstoff BtL kann die bereits existierende Infrastruktur aus Tankstellen und Transportfahrzeugen weiter genutzt werden, da es sich bei BtL um einen flüssigen und relativ leicht handhabbaren Kraftstoff handelt. Das Gegenbeispiel ist Wasserstoff, das als gasförmiger und hochexplosiver Stoff eine ganz neue Infrastruktur benötigt.

• Bei BtL handelt es sich um einen so genannten Designerkraftstoff, der im Herstellungsprozess technischen Anforderungen angepasst werden kann. Dies ist für die Automobilindustrie attraktiv, die an neuen

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Motorengenerationen, wie etwa der Verschmelzung von Diesel- und Ottomotoren, arbeitet

• Die Beimischung von BtL zu fossilem Diesel und Benzin ist problem-los, da BtL beide Kraftstoffnormen aufgrund seiner Designfähigkeit er-füllen kann. Die Markteinführung von BtL über die Beimischung ist also einfacher möglich.

• BtL verbrennt sehr sauber und künftige verschärfte Abgasnormen stellen für ihn kein Problem dar.

Abgesehen von den beiden Themenfeldern 2. Biokraftstoff-Generation und Nachhaltigkeit fördert die FNR auch noch eine Reihe von Vorhaben im Be-reich der 1. Biokraftstoffgeneration, zu der Biodiesel, reines Pflanzenöl und Ethanol gehören.

Diese Kraftstoffe sind die heute im Markt vertretenen, die auch in den nächsten Jahren noch ihre Bedeutung behalten werden.

Hier werden folgende Ziele verfolgt: • Die Erfassung und Bewertung von Emissionen, und • der stärkere Einsatz in der Landwirtschaft, da hier besonders gut Stoff-

und Wirtschaftskreisläufe geschlossen werden können. Beispiel ist der Landwirt mit Ölpresse, der Ölpflanzen anbaut, aus ihnen Kraftstoff in Form von Pflanzenöl gewinnt und selbst nutzt.

Die Strategie eines gesteigerten Biokraftstoff-Einsatzes in der Landwirt-schaft dient dem übergeordneten Ziel von FNR und BMELV, ländliche Räume über die Erzeugung und Nutzung von Bioenergie und die Schaffung regionaler Wertschöpfungsketten zu stärken.

Weitere Optionen und Rohstoffalternativen Einige Hoffnungen ruhen aber auch auf anderen Pflanzen - wie z.B. Jatropha, die bei uns auch als Purgier- oder Brechnuss bekannt ist. Jatrophaöl kann als Rohstoff für Biodiesel eingesetzt werden. Der Anbau wird weltweit in einigen Pilotprojekten erprobt. Vorteilhaft ist natürlich der Anbau auf degradierten Flächen, was bei der heutigen Diskussion um Flächenkonkurrenz eine besondere Bedeutung erlangt. Aber auch Argumente wie positive Auswirkungen auf die Bodenerosion und geringer Wasserbedarf lassen sich aus ersten Untersuchungen ableiten. Inwieweit die Erfahrungen aus den Pilotprojekten übertragbar sind, bleibt abzuwarten. Denn wenn Er-träge durch besserer Anbaugebiete und Bewässerung gesteigert werden können, sind einige Vorteile zu überdenken. Zudem ist Jatropha für Mensch und Tier unverträglich. Die Vorteile unserer Einheimischen Ölpflanzen, aus denen wir neben dem Öl auch eiweißreiche Futtermittel erhalten, haben wir bei Jatropha nicht. In der Forschung geht es daher auch darum, das Jatrophamehl zu entgiften.

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Zertifizierung von Biokraftstoffen Die Bundesregierung hat am 5. Dezember letzten Jahres eine Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung als Entwurf vorgelegt. Da auch auf europäischer Ebene entsprechende Aktivitäten laufen und die EU-Kommission hier eine europäische Gesamtlösung verfolgt, wurde der deutsche Entwurf gestoppt. So strebt die EU-Kommission ebenfalls Regelungen zur nachhaltigen Produktion von Biokraftstoffen als Voraussetzung für eine Förderung und die Anrechnung auf EU-Biokraftstoffziele an. Zum Nachweis der Einhaltung der rechtlich definierten Anforderungen dienen Zertifizierungssysteme.

Konkretere Ansätze wurden bereits durch das Bundeslandwirtschafts-ministerium gestartet, welches derzeit die Zertifizierung von Biokraftstoffen in einer Pilotphase untersucht. In diesem FNR-Projekt wurde ein Vorschlag für die Zertifizierung von Biokraftstoffen und Biomassen durch das meó Consulting Team (meó) erarbeitet Danach sollen Zertifikate die Einhaltung der Anforderungen an eine nachhaltige Produktion von insbesondere Bio-kraftstoffen und deren Rohstoffe nachweisen. Das von meó in Zusammen-arbeit mit diversen Unternehmen und Institutionen erarbeitete Konzept ist so weit entwickelt, dass es jetzt gilt, sich in der Praxis über eine zweijährigen Pilotphase zu beweisen. Das Unternehmen meó hat Vertreter aus Landwirt-schaft, Handel, Biokraftstoffindustrie, Automobil- und Mineralölindustrie sowie Forschungs- und Umweltschutzeinrichtungen in das Projekt ein-bezogen. Außerdem sollen NGOs intensiv an der konkreten Ausgestaltung des Zertifizierungssystems eingebunden werden. Beteiligt sind mit Argentinien, Brasilien, Indonesien, Malaysia und der EU 27 nicht nur fast alle wichtigen Erzeugerländer, sondern mit Weizen, Zuckerrüben, Mais, Raps, Zuckerrohr, Soja und Palmöl auch alle relevanten Rohstoffe. Das System ist so konzipiert, dass es auf zusätzliche Länder und Rohstoffe er-weitert werden kann.

Im Wesentlichen umfasst die mit BMELV-Mitteln geförderte Pilotphase sechs Aufgabenpakete: • Auswahl einer geeigneten Zertifizierungsmethode für den Nachhaltig-

keitsnachweis über die gesamten nationalen und internationalen Be-schaffungsketten

• Nachweis der Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungs-ketten

• Etablierung von Verifizierungs- und Monitoringinstrumenten • Entwicklung eines Metasystems zur Integration anderer Zertifizierungs-

ansätze und -systeme • Entwicklung und Operationalisierung von rohstoff- und regionen-

spezifischen Mindeststandards für die Zertifizierung

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• Validierung des Zusammenspiels der verschiedenen Systemkompo-nenten

• Ziel muss es natürlich sein, die Zertifizierung bzw. deren Kriterien und Vorschriften auf den gesamten weltweiten Anbau von Biomasse auszu-dehnen, denn auch für Nahrungs- und Futtermittel müssen nachhaltige Kriterien gelten. ( www.fnr.de/zertifizierung )

Zusammenfassung

Individuelle Mobilität spielt eine derartig zentrale Rolle in unserer Gesell-schaft, dass sie auch dann nicht in Frage gestellt wird, wenn das Erdöl zur Neige geht. Stattdessen suchen wir für diese Zeit nach alternativen Antriebs-systemen und Kraftstoffen. Biokraftstoffe haben hierbei ihre Bedeutung als wichtige Übergangslösung, die sofort zum Einsatz kommen und zu Klima-schutz und Versorgungssicherheit beitragen kann. Inwieweit sich der pflanz-liche Sprit darüber hinaus als dauerhafter Energieträger etablieren wird, ist heute noch ungewiss.

Das auch für Deutschland verbindliche Biokraftstoffziel der EU lautet „zehn Prozent bis 2020“. Zwar gibt es derzeit Diskussionen darüber, dieses Ziel zu verringern. Dennoch - ein bestimmter Biokraftstoffanteil wird, wie hoch er künftig auch immer ausfallen mag, Bestandteil der Klima- und Energie-politik der EU und auch der Bundesregierung bleiben. Die EU macht außerdem Vorgaben über die Nachhaltigkeit und das Maß, in dem die Bio-kraftstoffe zum Klimaschutz beitragen müssen. Auch diese Anforderungen hat die Bundesregierung in nationalen Gesetzesentwürfen aufgegriffen.

Die wichtigsten Ziele der Bundesregierung im Bereich Biokraftstoffe lauten deshalb, den Biokraftstoffanteil mit möglichst effizienten und möglichst nach-haltigen Biokraftstoffen bereit zu stellen. Da hier noch längst nicht alle Potenziale ausgeschöpft sind, ist die Förderung von Forschung und Ent-wicklung ein zentrales Instrument auf dem Weg zu mehr erneuerbarer Mobili-tät. Das BMELV widmet sich dieser Aufgabe zusammen mit der FNR intensiv. Literatur

Bundesministerium für Umwelt, 2008: Erneuerbare Energie in Zahlen – nationale und internationale Entwicklung

ISTA Mielke GmbH: Vorab - Bericht „Versorgungsengpass bei Ölsaaten und Pflanzenölen“

Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, 2008: Mineralöldaten Dezember 2007

Bundesministerium für Umwelt, 2008: Weiterentwicklung der Strategie zur Bioenergie

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N2O in Treibhausgasbilanzen von Biotreibstoffen – eine globale Perspektive W.Winiwarter1, P.J.Crutzen2, A.R.Mosier3, K.A.Smith4, 1 IIASA, Laxenburg, Österreich, 2 MPI für Chemie, Abteilung Chemie der Atmosphäre, Mainz, Deutschland, 3 Mount Pleasant, SC, USA, 4 School of Geosciences, University of Edinburgh, Edinburgh, UK 1. Einleitung

N2O entsteht als Nebeneffekt der Anwendung von chemisch gebundenem Stick-stoff in der Landwirtschaft. In der Atmosphäre stellt es ein Treibhausgas dar, dessen Wirksamkeit über einen Zeitraum von 100 Jahren betrachtet („global warming potential“, GWP) 296-mal so hoch ist wie die gleiche Menge CO2 (Prather et al., 2001). Als Quelle für NOx, also NO und NO2, spielt es eine wichtige Rolle in der stratosphärischen Chemie (Crutzen, 1970). Die Zunahme der Verwendung von Biotreibstoffen zur Verringerung der Abhängigkeit von importierten fossilen Treibstoffen und zum Erreichen eines geschlossenen Kohlenstoffkreislaufes wird die atmosphärischen N2O Konzentrationen weiter steigen lassen, als Folge der durch die Stickstoffdüngung ausgelösten N2O Emissionen. Crutzen et al. (2008) entwickelten einen global gültigen Indikator, den Stickstoffgehalt in der getrockneten Pflanzenmasse, zur Abschätzung des Beitrages dieser N2O Emissionen im Vergleich zu den Einsparungen an fossilem CO2 durch den Einsatz dieser Biotreibstoffe. Hier referieren wir aus dieser Arbeit und zeigen, dass wichtige der gegenwärtig am meisten verwendeten Bio-treibstoffe aufgrund der N2O Emissionen mehr zur globalen Erwärmung bei-tragen als durch die CO2 Verminderung eingespart werden kann. 2. Globale Betrachtung der N2O Freisetzung aus der Stickstoff-

düngung

Wir verwenden Daten von Prather et al. (2001) bzw. Galloway et al. (2004), um das Verhältnis zwischen der Freisetzung von N2O und der chemischen Fixierung von Stickstoff zu ermitteln. Bei der chemischen Fixierung wird atmosphärischer Stickstoff, N2, durch chemische, biologische oder atmosphärische Prozesse in eine Form gebracht, die auch von Pflanzen assimiliert werden kann („reaktiver“ Stick-stoff, Nr). Für die vorindustrielle Zeit lässt sich der atmosphärische Zerfall von N2O bei einer Konzentration von 270 nmol/mol auf 10,2 Tg N2O-N pro Jahr be-stimmen (Prather et al., 2001). Dieser Zerfall ist der wesentliche Abbauprozess, im Gleichgewicht entspricht der Abbau genau den gesamten Emissionen inklusive der marinen Emissionen. Zu Beginn dieses Jahrhunderts, bei globalen Konzentrationen von 315 nmol/mol, erhöht sich der atmosphärische Abbau auf 11,9 Tg N2O-N pro Jahr. Zur Abschätzung der Emissionen muss nun auch die be-

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obachtbare atmosphärische Zunahme von 3,9 Tg N2O-N berücksichtigt werden, sodass wir insgesamt eine Quellstärke von 15,8 Tg N2O-N pro Jahr erhalten. Der anthropogene Anteil ergibt sich aus der Differenz der gesamten Quellstärke und den gegenwärtigen natürlichen Quellen, die um 0-0,9 Tg N2O-N pro Jahr niedriger liegen als in der vorindustriellen Zeit, da natürliche Wälder als N2O-Quelle global um 30 % reduziert wurden (Klein Goldewijk, 2001). Somit erhalten wir anthropogene Emissionen im Bereich von 5,6-6,5 Tg N2O-N pro Jahr. Der Anteil der Landwirtschaft beträgt nach Abzug der Industrieemissionen (0,7-1,3 Tg N2O-N pro Jahr: Prather et al., 2001) 4,3-5,8 Tg N2O-N pro Jahr. Das sind 3,8-5,1 % des jährlich fixierten Stickstoffes von 114 Tg aus den frühen 1990er Jahren. Dieser Wert ergibt sich aus 100 Tg Fixierung im Haber-Bosch Verfahren, 24,2 Tg infolge der Verbrennung fossiler Treibstoffe, und 3,5 Tg biologische Fixierung von Stickstoff als Differenz der gegenwärtigen und vorindustriellen Menge (Galloway et al., 2004), wovon 14 Tg abzuziehen sind, die im Haber-Bosch Prozess für industrielle Anwendungen erzeugt werden.

Aufgrund der guten Datenlage zu den atmosphärischen Konzentrationen (aus Gasbläschen in Eisbohrkernen) und den Reaktionen von N2O kann auch die vor-industrielle Situation herangezogen werden, Informationen über die Freisetzung von N2O aus der chemischen Fixierung von Stickstoff zu liefern. Zu dieser Zeit kamen 6,2-7,2 Tg N2O-N pro Jahr der insgesamt 10,2 Tg vom Festland bzw. aus Küstenzonen (Prather et al., 2001). Bei einer fixierten Menge von 141 Tg N pro Jahr (Galloway et al., 2004) erhalten wir ein Ergebnis von 4,4-5,1 %. Sowohl für die natürlichen terrestrischen Emissionen vor der industriellen Fixierung von Stickstoff im Haber-Bosch Verfahren als auch für die gegenwärtigen landwirt-schaftlichen Emissionen erhalten wir als Verhältnis zwischen N2O-N Emissionen und N Fixierung einen Wert y von 3-5 %. Dieser Parameter beruht auf globalen Bilanzen für N2O und Stickstofffixierung, auf atmosphärischen Konzentrationen und die Lebenszeit von N2O, und benötigt daher keine detaillierte Kenntnis des terrestrischen Stickstoffkreislaufes. Wir gehen davon aus, dass dieses Verhältnis auch für die agrarische Produktion von Biotreibstoffen gültig ist. Die Annahme ist gerechtfertigt, da die gegenwärtigen Pflanzen für die Produktion von Biotreib-stoffen jenen der üblichen agrarischen Produktion entsprechen. Eine Korrektur ist lediglich für die Anwendung von Gülle zur Düngung erforderlich, die ja lediglich eine Wiederverwertung von bereits fixiertem Stickstoff darstellt und daher in unsere Rechnung nicht eingeht. Laut Cassmann et al. (2002) beschränkt sich der Beitrag von Gülle zum globalen Stickstoffeintrag auf Ackerflächen auf etwa 11 %. 3. Gegenüberstellung von freigesetztem N2O vs. eingespartem

CO2 bei Biotreibstoffen

Als ersten Indikator zur Beschreibung der Konsequenzen der durch Biotreib-stoffproduktion ausgelösten N2O Emissionen wollen wir dessen globale Er-wärmung mit der Abkühlung vergleichen, die durch die Reduktion von

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

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fossilen CO2 Emissionen (als Folge des Ersatzes von fossilen Treibstoffen) erfolgt. Wir beschränken uns dabei auf die Konversionsprozesse von Bio-masse zu Biotreibstoff und betrachten nicht den gesamten Lebenszyklus. So wird etwa der Einsatz fossiler Brennstoffe bei der Produktion von Biomasse vernachlässigt, ebenso aber die Nutzung von Koppelprodukten.

Für die Effizienz der Aufnahme des eingesetzten Stickstoffes in die Bio-masse setzen wir einen globalen Mittelwert von 40 % (siehe unten), dieser Faktor bestimmt über die in den Pflanzen aufgenommenen Stickstoffmenge hinaus die Menge an Dünger, mit denen die landwirtschaftlichen Böden jeweils ergänzt werden müssen. Aus diesem Düngereinsatz lässt sich die Freisetzung von N2O ermitteln. Die eingesparten Emissionen an fossilem CO2 entnehmen wir aus dem Anteil an Kohlenstoff in der Biomasse, der nach der Herstellung von Biotreibstoff in diesem Treibstoff zu finden ist. Mit diesen Annahmen sind wir in der Lage, pro Masseneinheit geernteter Trockensubstanz den Nutzen verringerter fossiler CO2 Emissionen, dem „eingesparten CO2“ (M) die „CO2-Äquivalent“ (Meq) gegenüberzustellen, wobei der letzte Term den über das GWP umgerechneten N2O Emissionen entspricht. M kann aus dem Kohlenstoffgehalt der Biotreibstoffe berechnet werden, da der Heizwert pro Einheit Kohlenstoff, und somit auch die CO2 Emissionen pro Einheit Energie, für die flüssigen Biotreibstoffe und fossilen Treibstoffe, die hier diskutiert werden, fast ident ist (JRC, 2007):

M = rC * µCO2/µC *cv (1)

Meq = rN * y * µN2O/µN2 * GWP /e (2)

In diesen Gleichungen steht rC für den Massenanteil von Kohlenstoff in trockener Pflanzenmasse (g/g). rN ist der Massenanteil von Stickstoff, cv ist die Masse an Kohlenstoff im Biotreibstoff bezogen auf den Kohlenstoff in der geernteten Pflanze (Mais, Raps, Zuckerrohr). e beschreibt die Effizienz der Stickstoffaufnahme durch Pflanzen, y=0.03-0.05 steht für den hier er-mittelten Bereich der Freisetzung von N2O bezogen auf die Fixierung von Stickstoff. GWP ist 296, die Molmassen µ von N2O, N2, CO2 und C sind 44, 28, 44 bzw. 12.

Mit diesen Werten in Gl. (1) und (2) erhalten wir (wobei die Ausdrücke in den Klammern Bereiche darstellen):

M = 3.667.cv.rC (3)

Meq = (14-23.2) rN / e (4)

Meq/M = (3.8-6.3) rN / (e.cv.rC) (5)

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Der Ausdruck in Gl. (5) ist das Verhältnis zwischen den Effekten der Er-wärmung, hervorgerufen durch die N2O Emissionen, und der Abkühlung durch die Einsparung fossiler Treibstoffe. Sobald dieser Wert 1 übersteigt, also Meq>M, erhält man eine Netto-Erwärmung, d.h. freigesetztes N2O hat einen größeren Effekt als das eingesparte CO2.

Unter den gegenwärtigen weltweiten Bedingungen von Landwirtschaft liegt der Wert für e bei 0,4 (oder 40 %) (Cassman et al., 2002; Balasubramanian et al., 2004). Dieser Wert berücksichtigt die beträchtlichen Verluste von N in die Atmosphäre über die Freisetzung von NH3 oder N2, sowie in Grund-wasser und Oberflächengewässer. Unter kontrollierten Bedingungen sind wesentlich höhere Effizienzen möglich, wenn Stickstoff je nach dem Bedarf der Pflanzen zudosiert wird. Dies entspricht aber nicht der landwirtschaft-lichen Praxis in vielen Ländern der Welt. 4. Ergebnisse und Diskussion

4.1 Wirkung von Biotreibstoffen in Abhängigkeit vom Stickstoff-gehalt

Daten über den Stickstoffgehalt von trockener Pflanzenmasse sind für wichtige Rohmaterialien der Biotreibstoffproduktion verfügbar (Velthof und Kuikman, 2004). Nach Gleichung (5) kann daraus ein Faktor für die „relative Erwärmung“ ermittelt werden, die Ergebnisse werden in Abb. 1 gezeigt. Bereits für Mais, bei 15 g N/kg Trockenmasse, erhalten wir Werte von 0,9 – 1,5. Besonders auffällig ist die Auswirkung des hohen Stickstoff-gehaltes von 39 g N/kg Trockenmasse bei Raps, der die Vorzüge in der Bio-diesel-Produktion von hohem Kohlenstoffgehalt und Energiedichte zunichte macht. Aus Raps wird weltweit mehr als 80 % des produzierten Biodiesel für den Transport gewonnen, es wurde besonders in Europa gefördert. In dieser Analyse finden wir eine „relative Erwärmung“ durch Raps von 1,0 - 1,7. Im System Zuckerrohr/Ethanol (und ähnlich auch bei der Zuckerrübe) liegt das Verhältnis bei 0,5 - 0,9, aufgrund des niedrigen Stickstoffgehaltes von 7,3 g N/kg Trockenmasse (Isa et al., 2005), der eine „relative Abkühlung“ in dieser auf die N2O Emissionen fokussierten Betrachtung erwarten lässt.

Obgleich es einige Möglichkeiten zur Erhöhung der Effizienz gibt, etwa in Zusammenhang mit der Aufnahme von Stickstoff durch Pflanzen (Cassman et al., 2002) – was im Ackerbau generell dringend notwendig ist – zeigen die hier verwendeten globalen Durchschnittswerte für die gegenwärtige Situation, dass die Verwendung landwirtschaftlicher Pflanzen zur Energie-produktion wegen der damit verbundenen N2O Emissionen klimaschädlich sein kann. Bei Erhöhung der Effizienz des eingesetzten Stickstoffes auf 60 % lässt sich dieses Verhältnis etwas verbessern, sodass Biotreibstoffe neutral oder positiv einzuschätzen sind. Dies und die Auswirkung anderer An-

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nahmen (Einsatz von Gülle zur Düngung; Ersatz von Futterpflanzen durch Koppelprodukte) ist in Tabelle 1 dargestellt.

0.0

1.0

2.0

Raps

Weizen

Gerste,

Hafe

rMais

Zucke

rrohr

Zucke

rrübe

Meq

/M

Abb. 1: „Relative Erwärmung“ (Meq/M) für einige wichtige Pflanzen, die zur Biotreibstoffproduktion herangezogen werden. Die Unsicher-heit des Emissionsfaktors y ist jeweils als grauer Bereich der Balken dargestellt. Werte über 1 bedeuten, dass die jeweiligen Bio-treibstoffe unter global durchschnittlichen Bedingungen klima-schädlicher sind als die entsprechenden fossilen Brennstoffe.

Bessere Voraussetzungen für Biotreibstoffe könnten spezielle „Energie-pflanzen“ bringen, die wesentlich geringere Stickstoffgehalte und somit auch niedrigere N2O Emissionen aufweisen (Tillman et al., 2006), etwa mehr-jährige Gräser wie die Rutenhirse (Panicum virgatum) oder Elefantengras (Miscanthus x giganteus Hybrid). Weitere mögliche positive Beispiele be-inhalten holzige Pflanzen wie Eukalyptus, Pappeln und Weiden. Tab. 1: Sensitivitätsuntersuchung zu den verwendeten Parametern, um

deren Einfluss auf die „relative Erwärmung“ (Meq/M) zu zeigen. In jeder Spalte wurde von den Ausgangsdaten nur jeweils der be-trachtete Wert variiert.

Feldfrucht Erhöhte Effizienz der Stickstoffauf-nahme (e=0.6)

Hoher Anteil von Gülle (20 %) im Dünger

Effiziente Nutzung von Koppel-produkten: Ein beträchtlicher Anteil (50 %) des geernteten N wird in Produkten eingesetzt, die sonst Stickstoffdüngung er-fordern würden

Raps 0.7 – 1.2 0.8 – 1.4 0.5 – 0.9 Mais 0.6 – 1.0 0.7 – 1.2 0.4 – 0.7 Zuckerrohr 0.4 – 0.6 0.4 – 0.7 0.3 – 0.4

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4.2 Verwendung in Lebenszyklusanalysen

Der hier entwickelte Ansatz betrachtet lediglich einen Teil der Prozesskette, die in Zusammenhang mit der Produktion von Biotreibstoffen Emissionen von Treibhausgasen verursacht oder vermeidet Eine vollständige Erfassung erfordert eine Lebenszyklusstudie. In den vergangenen Jahren wurden mehrere solche Studien durchgeführt (Kaltschmitt et al., 2000; Adler et al., 2007). Es zeigt sich, dass diese Lebenszyklusstudien üblicherweise den IPCC Faktor für direkte Emissionen von N2O heranziehen (IPCC, 2006), um die N2O Emissionen der Biotreibstoffproduktion abzuschätzen, also 1 % (oder 1,25 %, gemäß des früheren IPCC Wertes) des eingesetzten Stickstoff-düngers. Nur wenige Studien (etwa Adler et al., 2007) berücksichtigen auch die „indirekten“ Emissionen. Für einen vollständigen Vergleich wäre aber die Verwendung des hier entwickelten Konversionsfaktor von 3 – 5 % des fixierten Stickstoffes erforderlich, bereinigt um die Nutzung eventueller Koppelprodukte. Mosier et al. (2008) demonstrierten vor kurzem, dass sich die Ergebnisse von Lebenszyklusstudien aufgrund solcher geänderten Aus-gangsbedingungen deutlich verschlechtern. 5. Schlussfolgerungen

Da N2O sowohl das Klima als auch die stratosphärische Ozonchemie beein-flusst, ist wesentlich besseres Verständnis und mehr Forschung über die Quellen von N2O und den Stickstoffkreislauf erforderlich. Wir haben gezeigt dass die Umsetzung von fixiertem Stickstoff zu N2O-N in der agrarischen Produktion von Biotreibstoffen 3-5 % betragen kann. Damit liegt diese Um-setzung um ein Mehrfaches über jenem Wert, der vielfach in Lebenszyklus-studien verwendet wird, was die Auswirkungen auf das Klima in einem anderen Licht erscheinen lässt. Wir haben damit auch gezeigt dass der Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Biotreibstoffe aufgrund der damit ver-bundenen N2O Emissionen nicht die erwartete „Abkühlung“ aufgrund ver-ringerter Treibhausgasemissionen bringen könnte. Hier konzentrierten wir uns auf die Konsequenzen für das Klima aufgrund des erforderlichen Einsatzes von Stickstoffdünger und wir erkannten, dass – abhängig vom Stickstoffgehalt der Pflanzenmasse – die Verwendung einiger wichtiger Pflanzen zur Energieherstellung, unter gegenwärtigen Effizienzen der Stickstoffaufnahme, die CO2 Einsparungen durch Vermeidung fossiler Treibstoffe vollständig aufheben können und die N2O Emissionen sogar eine stärkere Wirkung haben als die Reduktionen von CO2. Wir haben einen wesentlichen Schritt für eine Lebenszyklusstudie diskutiert, der, eingesetzt auch für effiziente Agrarsysteme wie jenes der U.S.A., entscheidend die bis-herige Betrachtung ändern könnte. Was weder hier noch in den genannten Lebenszyklusstudien untersucht werden konnte, sind weiterreichende

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Effekte wie die CO2 Aufnahme in natürlichen Ökosystemen infolge zu-nehmender Stickstoffverfügbarkeit. Diesbezügliche Abschätzungen sind sehr unsicher (de Vries et al., 2008). Wir schließen daraus, dass die bedeutenden Emissionen von N2O die ohnedies hohen Herausforderungen zur Ver-ringerung der globalen Erwärmung weiter verschärfen. 6. Literatur

Adler, P.R., Del Grosso, S.J., Parton, W.J., 2007: Life-cycle assessment of net greenhouse-gas flux for bioenergy cropping systems, Ecological Ap-plications, 17, 675-691

Balasubramanian, V., Alves, B., Aulakh, M., Bekunda, M., Cai, Z., Drinkwa-ter, L., Mugendi, D., van Kessel, C., Oenema, O., 2004: Crop, environ-mental, and management factors affecting nitrogen use efficiency, In: A.R. Mosier, J.K. Syers, and J. Freney (Eds.), Agriculture and the Nitro-gen Cycle, SCOPE 65, pp. 19-33. Island Press, Washington, Covelo, London

Cassman, K.G., Dobermann, A., Walters, D.T., 2002: Agroecosystems, nitro-gen-use efficiency, and nitrogen management. Ambio, 31, 132-140

Crutzen, P. J., 1970: The influence of nitrogen oxides on the atmospheric ozone content. Q.J.R. Meteorol. Soc., 96, 320-325

Crutzen, P. J., Mosier, A. R., Smith, K. A., Winiwarter, W., 2008: N2O re-lease from agro-biofuel production negates global warming reduction by replacing fossil fuels. Atmos. Chem. Phys., 8, 389-395

de Vries, W., , S., Dobbertin, M., Sterba, H., Laubhahn, D., Reinds, G.J., Nabuurs, G.J., Gundersen, P., Sutton, M.A. (2008): Ecologically implau-sible carbon response? Nature 451, E1-E3

Galloway, J. N., Dentener, F.J., Capone, D.G., Boyer, E.W., Howarth, R.W., Seitzinger, S.P., Asner, G.P., Cleveland, C.C., Green, P.A., Holland, E.A., Karl, D.M., Michaels, A.F., Porter, J.H., Townsend, A.R. Vörösmarty, C.J., 2004: Nitrogen cycles: Past, present, and future. Biogeochemistry, 70, 153-226

IPCC, 2006: 2006 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Invento-ries, prepared by the National Greenhouse Gas Inventories Programme, Eggleston, H.S, et al. (eds.), Vol. 4, Ch. 11, N2O emissions from managed soils, and CO2 emissions from lime and urea application, IGES, Hayama, Japan

Isa, D.W., Hofman, G., van Cleemput, O., 2005: Uptake and balance of fer-tilizer nitrogen applied to sugarcane, Field Crops Res., 95, 348-354

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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JRC, 2007: Well-to-Wheels analysis of future automotive fuels and power-trains in the European context. Well-to-Tank report, version 2c, Joint Re-search Centre, Ispra, Italy

Kaltschmitt, M., Krewitt, W., Heinz, A., Bachmann, T., Gruber, S., Kappel-mann, H., Beerbaum, S., Isermeyer, F., Seifert, K., 2000: Gesamtwirt-schaftliche Bewertung der Energiegewinnung aus Biomasse unter Be-rücksichtigung externer und makroökonomischer Effekte (Externe Effekte der Biomasse). IER, Univ. Stuttgart

Klein Goldewijk, C.G.M., 2001: Estimating global land use change over the past 300 years: The HYDE data base. Glob. Biogeochem. Cyc. 15, 415-434

Mosier, A.R., Crutzen, P.J., Smith, K.A. Winiwarter, W.: Nitrous oxide’s im-pact on net greenhouse gas savings from biofuels: Life cycle analysis comparison. International Journal of Technology and Globalization (eingereicht)

Prather, M., Ehhalt, D., Dentener, F., Derwent, R., Dlugokencky, E., Hol-land, E., Isaksen, I., Katima, J., Kirchhoff, V., Matson, P., Midgley, P., Wang, M., Berntsen, T., Bey, I., Brasseur, G., Buja, L., Collins, W.J., Daniel, J., DeMore, W.B., Derek, N., Dickerson, R., Etheridge, D., Feich-ter, J., Fraser, P., Friedl, R., Fuglestvedt, J., Gauss, M., Grenfell, L., Grübler, A., Harris, N., Hauglustaine, D., Horowitz, L., Jackman, C., Jacob, D., Jaeglé, L., Jain, A., Kanakidou, M., Karlsdottir, S., Ko, M., Kurylo, M., Lawrence, M., Logan, J.A., Manning, M., Mauzerall, D., McConnell, J., Mickley, L., Montzka, S., Müller, J.F., Olivier, J., Pickering, K., Pitari, G., Roelofs, G.J., Rogers, H., Rognerud, B., Smith, S., Solomon, S., Staehelin, J., Steele, P., Stevenson, D., Sundet, J., Thompson, A., van, Weele, M., von, Kuhlmann, R., Wang, Y., Weisen-stein, D., Wigley, T., Wild, O., Wuebbles, D., Yantosca, R., 2001: Atmos-pheric chemistry and greenhouse gases. In: Houghton, J.T., Ding, Y., Griggs, D.J., Noguer, M., van der Linden, P.J., Dai, X., Maskell, K., Johnson, C.A. (Eds.): Climate Change 2001: The Scientific Basis, pp. 239-287, Cambridge University Press, Cambridge, U.K.

Tillman, D., Hill, J., Lehman, C., 2006: Carbon-negative biofuels from low-input high-diversity grassland biomass, Science, 314, 1598-1600

Velthof, G. L., Kuikman, P. J., 2004: Beperking van lachgasemissie uit gewasresten, Alterra rapport 114.3, Wageningen, The Netherlands

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Standortangepasste Produktionssysteme für Energiepflanzen A. Vetter1, C. Strauß1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena Als Folge einer konkurrenzstärkeren Marktfruchtproduktion sind die Preise für Energiepflanzen angestiegen. Dies trifft sowohl für die Rohstoffe für die Kraftstofferzeugung, wie Raps (Biodiesel) und Weizen/Roggen (Bioethanol) als auch für Biogassubstrate zu. Die Produktionssysteme von Food- und Non-Food-Raps unterscheiden sich nicht. Bei Ethanolgetreide sind vor allem die Sortenwahl und der Verzicht der Qualitätsstickstoffgabe als Stellgrößen im Produktionsregime relevant. Dahingegen bestehen für die Bereitstellung von Biogassubstraten zahlreiche Möglichkeiten. Dies betrifft sowohl die Arten- und Sortenwahl als auch die Stellung der Energiepflanzen im Anbau-system. Ziel sind nachhaltig hohe Erträge bei gleichzeitig geringen Kosten je Produkteinheit. Des Weiteren müssen die bereitzustellenden Substrate eine hohe Nettoausbeute gewährleisten.

Unbestritten ist auf den meisten Standorten Deutschlands der Mais die er-tragsstärkste Kulturpflanze. Das haben auch die im EVA-Projekt (Biogas-journal 3/07) seit 2005 durchgeführten Fruchtfolgeversuche auf 7 Standorten mit jeweils acht Energiepflanzenfruchtfolgen gezeigt. Die Ergebnisse werden in der Broschüre „Standortangepasste Anbausysteme für Energie-pflanzen“ der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. für jeden Stand-ort detailliert erläutert.

Nach drei Jahren Energiepflanzen wurde 2008 auf den Standorten einheitlich Getreide zur Körnernutzung geerntet Damit kann eine erste Zwischenaus-wertung erfolgen. Im Folgenden sollen einige Ergebnisse zusammenfassend dargestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass Fruchtfolgewirkungen be-kanntlich erst nach Jahren zu verzeichnen sind, sofern der Landwirt alther-gebrachte Fruchtfolgegrundsätze, wie z. B. die Einhaltung von Anbaupausen bei Hackfrüchten und Kruziferen (Raps, Senf) nicht verletzt.

Im Mittel aller Standorte war die Fruchtfolge 3 (s. Abb. 1) allen anderen Fruchtfolgen überlegen. Im Durchschnitt wurden von 2005 - 2007 knapp 50 t TM/ha ermittelt. Allerdings war die Schwankungsbreite erheblich, von 34 t TM/ha am leichten Standort Güterfelde bis 59 t TM/ha in Gülzow in Mecklenburg-Vorpommern. Die erhebliche Spannbreite möglicher Frucht-folgeerträge wird noch deutlicher, wenn man die von den jeweiligen Ver-suchsanstellern zusätzlich angelegten Regionalfruchtfolgen in die Aus-wertung mit einbezieht (Abb. 2).

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Trockenmasseertrag für die FF3 (Anlage 1 - 2005-2007)

0

100

200

300

400

500

600

700

Werlte Gülzow Güterfelde Trossin Dornburg Ascha Ettlingen

NS MV BB SN TH BY BW

Troc

kenm

asse

ertra

g dt

/ha

Mais Grünschnittroggen Sudangras Wintertriticale Weidelgras Abb. 1: Energiepflanzenfruchtfolgen-Erträge an verschiedenen Standorten,

Projekt EVA (2005-2007) - FF3

FF 2* : Sudangrashybride-Grünschnittroggen-Mais(ZF)-Wintertriticale(Marktfrucht)FF 3* : Mais-Grünschnittroggen-Sudangrashybride(ZF)-Wintertricale(GP)-WeidelgrasFF 6 - NS: Energiemais-Futterroggen/Mais-Futterroggen/MaisFF 6 - BY: Energiemais-Futterroggen/Mais-Wickroggen/SudangrasFF 7 - SN: Energiemais-Futterroggen/Zuckerhirse-KartoffelnFF 7 - TH: Energiemais-Energiemais-EnergiemaisFF 7 - BW: Sonnenblume(GPS)-W.-Triticale/Zuckerhirse-EnergiemaisFF 8 - BW: Energiemais-Futterroggen/Körnermais-Energiemais* alle Standorte

585

426

34 2 338

589

4 89

43 4414

5 5152 2

5 06

60 6 563575

0

100

200

300

400

500

600

700

FF6 FF3 FF2 FF3 FF3 FF2 FF3 FF7 FF2 FF7 FF3 FF6 FF7 FF8

NS BB MV SN TH BY BW

Troc

kenm

asse

ertra

g dt

/ha

Bundesland

Ackerzahl 31 29-33 50-58 36 65 45 75

Abb.2: Kumulierte Erträge der zwei besten Fruchtfolgen an den einzelnen

Standorten des Anlagejahres 2005 Die C4-Pflanzen betonten Fruchtfolgen sind den getreidebetonten Frucht-folgen im Trockenmasseertrag überlegen. Vor allem die Kombination Winterzwischenfrucht - Grünschnittroggen mit Futterhirse oder Mais in

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Zweitfruchtstellung sowie Energiemais in Hauptfruchtstellung bringen sehr hohe Erträge.

Interessanterweise ist, betriebswirtschaftlich betrachtet, die Zweikultur-nutzung nicht in jedem Jahr dem Hauptfruchtanbau von Mais oder Futter-hirse überlegen. Die Verfügbarkeit von Wasser während der Vegetationszeit ist ausschlaggebend. Dies ist wiederum abhängig vom Standort und der Jahreswitterung. So waren auf dem leichten Standort Güterfelde mit Mais in Zweitfruchtstellung im Mittel der Jahre 2006 und 2007 nur Trockenmasse-erträge von ca. 11 t/a erzielbar.

Für derartige Standorte, aber auch für die trockeneren Löss-Standorte könnten in Zukunft die Futterhirsen eine Bereicherung in der Energiepflanzenfruchtfolge darstellen. Der Anbau in Kombination mit Mais stellt eine Möglichkeit zur Er-höhung der Ertragssicherheit dar. Exemplarisch lässt sich das an den Jahren 2006 und 2007 nachvollziehen. Im sommertrockenen Jahr 2006 waren auf den leichten Standorten die Hirsen überlegen. Auf dem trockenen Löss-Standort Dornburg wurden zumindest gleich hohe Erträge wie mit Mais erzielt. Ganz anders das Jahr 2007 in dem ausreichend Wasser im Sommer für die Ertrags-bildung des Maises zur Verfügung stand. An vielen Standorten konnten Erträge von 20 bis 25 t TM a mit Mais realisiert werden.

18,821,3

23,826,8

28,831,3

33,8

15,518

20,523

25,528

30,5

13,315,8

18,320,8

23,325,8

28,3

Niederschlag Mai bis September (mm)200 250 300 350 400 450 500

0

5

10

15

20

25

30

35

sandige Lehme und Lehmlehmige und stark lehmige SandeSand und anlehmige Sande

Abb.3: Ertragspotenzial von Mais in Abhängigkeit vom Niederschlag

während der Vegetationsperiode und dem pflanzenverfügbaren Bodenwasser (Mai - Sept.)

Die Bedeutung der Wasserbereitstellung für die Ausschöpfung des Ertrags-potenzials wird aus Abbildung 3 deutlich. Auf Standorten mit niedrigem Wasserspeichervermögen sowie geringen Niederschlägen während der Vegetationszeit wird Wasser zunehmend zum begrenzenden Faktor.

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Ebenfalls zur sicheren Versorgung der Biogasanlagen mit Silagen sowie zur Auflockerung der Fruchtfolgen kann der Anbau von Ganzpflanzengetreide bei-tragen. Überraschend waren die extremen Ertragsunterschiede zwischen den Arten Hafer und Wintertriticale einerseits und zwischen den Standorten anderer-seits. Die in der Literatur, z. B. für Nährstoffvergleiche herangezogenen Korn - Stroh Verhältnisse für Hafer von 1 : 1,1 bzw. Triticale von 1 : 0,9, hätten für die D-Standorte (Süd) höhere Ganzpflanzenerträge als 5 t TM für Hafer bzw. 7 t TM für Triticale erwarten lassen. Für die besseren Standorte in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Baden-Württemberg lagen die Erträge von 12 bis 14 t TM/ha für Triticale durchaus im Bereich der Erwartungen. Ergänzende Untersuchungen mit dem Sortiment der Landessortenversuche haben gezeigt, dass Ganzpflanzenerträge bei Winterroggen, Wintertriticale und Winterweizen mit einzelnen Sorten zwischen 14 und 18 t/ha TM möglich sind (Abb. 4).

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

WG WR WW Hafer WT SWTalentro

Trimester Dinaro Grenado Benetto Tremplin

Troc

kenm

asse

ertr

ag d

t / h

a

Wintertriticalesorten

Abb. 4: Mittlere Getreideganzpflanzenerträge verschiedener Winter-

getreidearten und Wintertriticalesorten am Standort Dornburg 2006/2007

Ganzpflanzengetreide und Futterhirse oder Mais lassen sich, wie bereits er-wähnt, gut miteinander kombinieren (Zweikulturnutzungssystem). Entscheidend für den Erfolg derartiger Systeme ist wiederum das am Stand-ort zur Verfügung stehende Wasser. Des Weiteren kommt es darauf an, standortspezifisch den Zeitpunkt der Ernte der Erstkultur und der Aussaat der Zweitkultur festzulegen. Die Zeitspanne umfasst ca. 6 Wochen. Die klassische Kombination Grünschnittroggen/Mais ist an Standorten mit mittlerer Wasserversorgung zu bevorzugen. Um so besser die Wasserver-sorgung während der Vegetationszeit ausfällt, um so mehr kann die Ernte der Erstkultur in den Vorsommer verschoben werden (Abb. 5).

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GP = Ganzpflanze

Triticale (GP)

Zuckerhirse / Mais (sehr früh) Winterweizen (GP)

Raps Kornnutzung

Wechselweizen (GP)

(Zuckerhirse)

Grünschnittroggen

Landsberger Gemenge

Gerste (GP)

Mais (sehr früh)

November Dezember

Mais (mittelfrüh) Winterroggen (GP)

Juli August September OktoberMärz April Mai Juni

Roggen / Triticale (GP)

Weizen (GP)

Zuckerhirse / Sonnenblume (GP)

Kleegras

Wechselweizen (GP)

Brache Sonnenblume (GP) Wintergerste (GP)

Sommergerste (GP)

6. Wochen

Abb.5: Varianten Zweikulturennutzungssystem (Getreide / Mais / Zucker-

hirse) In diesem Zusammenhang gilt es die Beregnung näher zu betrachten. Vom Julius-Kühn-Institut wurde die Effizienz des Zusatzwassereinsatzes geprüft. Da Technik und Wasser (Gleichzeitigkeitsfaktor) nur begrenzt zur Verfügung stehen, gilt es eine Rang- und Reihenfolge zu erarbeiten. Bezogen auf Trockenmasse-Mehrerträge reagiert Mais besser auf Zusatzwasser als Sonnenblume und Hirse. Des Weiteren sollten vorrangig die Zweitkulturen statt der Hauptfrüchte beregnet werden. Dies ist auch logisch, da die Winter-zwischenfrüchte bzw. die Erstkultur das Bodenwasser bereits ausschöpfen, das dann der Zweitkultur bei einer Aussaat im Juni für die folgende Vegetationszeit in der Regel fehlt.

Große Hoffnungen wurden in den Mischfruchtanbau gesetzt. Umfangreiche Versuche mit Sommerungen und Winterungen am Standort Ascha (Bayern) und Gülzow (Mecklenburg-Vorpommern) waren eher ernüchternd. Keine der geprüften Mischungen konnte im Mittel der Jahre die Erträge der Reinkultur realisieren. Am aussichtsreichsten erscheinen für die Zukunft der Anbau von Getreidearten bzw. Artenmischungen, die nach ersten Voruntersuchungen gleich hohe Erträge wie Reinsaaten, aber eine höhere Ertragsstabilität ver-sprechen. Ebenfalls aussichtsreich ist der streifenweise Anbau von Mais und Sonnenblumen. Die bisherigen Aussagen haben sich vorrangig auf die Trockenmasseerträge bezogen, entscheidend sind natürlich die Methanerträge je Flächeneinheit und für die Steuerung der Biogasanlage die Methanausbeuten.

Die vom Leibnitz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB) durch-geführten Batch-Gärtests zeigen, dass einige Fruchtarten, wie die bereits für den Mischfruchtanbau erwähnte Sonnenblume, aber auch das Kraut des als

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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Dauerkultur getesteten Topinamburs, relativ niedrige Methanausbeuten auf-wiesen (Abb. 6). Abb.6: In Batch-Gärtest nach VDI 4630 ermittelte Methanausbeuten von

EVA- Fruchtfolgegliedern Die Differenz von ca. 65 lN/kg oTM zwischen Ganzpflanzentriticale oder Mais einerseits und Sonnenblumen andererseits ist schon beachtlich. Es handelt sich dabei immerhin um ca. 25 % Unterschied bei der Methanausbeute. Die Acker-futtergräser liegen in etwa im Mittel. Ackerfutter ist allerdings ein weiter Be-griff. Im Projekt wurden an 10 Standorten (Thüringen, Niedersachsen, Brandenburg) zahlreiche Mischungen jeweils mit einer intensiven (4 - 5 Schnitte) und einer extensiven Schnittnutzung (3 - 4 Schnitte) geprüft. Es wurde unabhängig von den verschiedenen Mischungen deutlich, dass die Nutzung mit verminderter Schnittfrequenz insgesamt höhere TM-Erträge pro Hektar und Jahr liefert. Erste Ergebnisse zu den Methanbildungspotenzialen deuten darauf hin, dass die im frühen Stadium geschnittene Biomasse vor allem bei den Folgeaufwüchsen tendenziell höhere Methanausbeuten liefert. Dieses höhere, spezifische Methanbildungspotenzial je kg oTM reicht jedoch nicht aus, um die Ertragsvorteile des reduzierten Nutzungsregimes zu kompensieren. Die in der Literatur oft vertretene Meinung, Ackergräser für die Biogasproduktion häufiger zu schneiden als bei der Futternutzung, hat sich daher nicht bestätigt. Die Integration von Ackergras- bzw. Ackergras-leguminosengemenge in die Fruchtfolge sollte wenn schon nicht als fester Be-standteil, dann zumindest als „Springschlag“ in Betracht gezogen werden.

Neben den acker- und pflanzenbaulichen Untersuchungen wurden im EVA-Projekt auch umfangreiche ökonomische und ökologische Parameter bestimmt

Methanausbeute [lN*kg-1 oTM]

370335 333 320 316 312 312 299 297 293 286 268

227

0

50

100

150

200

250

300

350

400

Grünsch

nittrog

gen (

ange

welkt)

Wintert

riticale Mais

Sommerg

erste

Zucke

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Luzer

ne/G

ras

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Sudan

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mer-zw

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ht)

Sonne

nblum

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Topin

ambu

rkrau

t

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

- 89 -

und ausgewertet Bei letzterem war vor allem die Humusbilanz und die Bio-diversität von Interesse. Die Humusbilanz war bei einer Rückführung der Gär-substrate in allen Fruchtfolgen positiv, wobei, bedingt durch den Ertrag, die Niederschläge und die Bodengüte erhebliche Standortunterschiede zu ver-zeichnen waren. Werden die Gärreste aus dem System ausgeschleust, z. B. verkauft, bleibt lediglich die Ackergrasleguminosenfruchtfolge im positiven Bereich.

-1000

-500

0

500

1000

1500

2000

Ff1 Ff2 Ff3 Ff4 Ff5 Ff1 Ff2 Ff3 Ff4 Ff5

Hu

mu

s-C

[kg

/ha]

Ascha

Dornburg

Ettlingen

Gülzow

Güterfelde

Trossin

Werlte

Saldo ohne Gärrestausbringung Saldo mit Gärrestausbringung

Abb. 7: Humusbilanz mit und ohne Gärrestausbringung (Quelle: Willms,

u.a. ZALF) Die Ergebnisse zeigen, dass standortabhängig im Interesse einer nach-haltigen Wirtschaftsweise der Humus zu bilanzieren ist. Für die Biodiversität kann man stark vereinfacht zusammenfassen „je vielfältiger die Fruchtfolge, desto höher die Biodiversität“. Es gibt daher keine „guten“ und „schlechten“ Pflanzen, es gilt vielmehr gleichzeitig möglichst viele verschiedenartige Fruchtarten anzubauen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Erhöhung der Biomasse-potenziale und der Biodiversität durch optimierte Anbausysteme, d. h. vor allem standortangepasste Fruchtfolgen unter Einbeziehung konventioneller und neuer Fruchtarten und Sorten möglich ist. Die Ausschöpfung des züchterischen Fortschritts wesentlich von der standortspezifischen Wasser-versorgung abhängt. Die Art der energetischen Verwertung der Biomasse wesentlichen Einfluss auf die Humusbilanz und den Nährstoffkreislauf hat. Das Potenzial der für den Energiepflanzenanbau nutzbaren Fläche ist natur-wissenschaftlich nur über die Humusbilanz her leitbar. Literatur:

Willms, u. a., 2008: Ökologische Bewertung. In: Standortangepasste Anbau-systeme für Energiepflanzen, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., 1. Auflage

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Nutzen und Risiken des Energiepflanzenanbaus für den Boden M. Willms1, J. Hufnagel1, B. Wagner2 1Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), 2Universität Halle, Institut für Acker- und Pflanzenbau 1. Einleitung

Für den Energiepflanzenanbau zur Biogasgewinnung werden traditionelle An-bausysteme angepasst oder durch neue ersetzt: Neue Fruchtarten und Sorten werden angebaut, Erntetzeitpunkte variiert und bei der Düngung ist die Rück-führung von Gärresten auf die Fläche zu beachten. Der Energiepflanzenanbau ist – wie jede Form der landwirtschaftlicher Produktion – eng mit Natur und Umwelt verzahnt; es ist deshalb zu erwarten, dass sich auch der Energie-pflanzenanbau zwangsläufig auf Umwelt und Natur auswirken wird – sei es nun positiv oder negativ. Durch die rasante Ausweitung des Anbaus von Energiepflanzen wurden in jüngster Zeit zunehmend kritische Fragen zu deren Umweltwirkung gestellt. Dazu gehören folgende Fragen: Trägt der Energie-pflanzenanbau zu einer Verschärfung der Nitrataustragsproblematik bei? Wird durch die Nutzung des Kohlenstoffs mit dem Biogas die Humusversorgung des Standortes gefährdet? Welcher Einfluss ist auf die Wassererosion zu er-warten? Für verallgemeinerbare Aussagen über mögliche ökologische Folgen sowie für Gestaltungsempfehlungen eines umweltverträglichen Energie-pflanzenanbaus fehlt bisher jedoch fundiertes Wissen.

Zur Beantwortung einiger dieser Fragen werden in diesem Artikel die Be-sonderheiten von Stickstoff- und Humusbilanz sowie der Wassererosion beim Energiepflanzenanbau näher untersucht. Fokus der Analyse sind die system-immanenten Unterschiede zwischen Ganzpflanzen-Nutzung und Körner-Nutzung. Die Körner-Nutzung soll hier stellvertretend für den „traditionellen“ Anbau von Lebensmitteln und Futter stehen. 2. Material und Methoden

Den Untersuchungen liegen die Ergebnisse eines die 4-jährigen Fruchtfolgever-suches zu Grunde, von denen 2 Jahre ausgewertet wurden. Der Versuch wurde an 7 Standorten in Deutschland angelegt („EVA-Projekt“).

Der Saldo der Stickstoffbilanz wurde aus der Zufuhr, abzüglich der Abfuhr berechnet Als Zufuhr werden erfasst: mineralische und organische Düngung, dazu gehört bei Ganzpflanzennutzung das Ausbringen von Gär-rest, bei Körnernutzung der Verbleib von Stroh auf der Fläche. Die Abfuhr erfolgt mit dem Erntegut.

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Im Folgenden werden zwei Szenarien unterschieden: 1) „Düngung ohne Gärrest“, die Düngung erfolgt ausschließlich mineralisch, 2) „Düngung mit Gärrest“. In diesem Szenario wird davon ausgegangen, dass der Gärrest zu 100 % auf der Fläche eingesetzt wird, von der er stammt. Bei der Rück-führung von Stickstoff mit Gärresten entstehen Verluste. Diese werden als Silierverluste mit 15 % der TM (Jeroch et al., 1993) und als Ausbringungs-verluste mit nochmals 15 % (LLFG, 2008) berücksichtigt. Die Humusbilanz berechnet sich generell nach der unten stehenden Formel (VDLUFA, 2004).

Humussaldo = Humusreproduktions-leistung organischer

Materialien

+ anbauspezifische Änderung des Humusvor-

rates Reproduktion der organischen Substanz

Stroh, Mist, Gülle, Gärrest, Kompost

fruchtartspezifischer Wert nach Bewertung des Anbauverfahrens und der Ernte-Wurzelrückstände

Die Reproduktion der organischen Substanz wird aus der Reproduktions-leistung organischer Materialien und einem fruchtartspezifischen Faktor be-rechnet Aus der Bodenforschung ist allgemein bekannt, dass über die ge-nannten Faktoren hinaus, Standort und Ertrag den Humusgehalt des Bodens entscheidend beeinflussen. Daher wird die Humusbilanz in einem erweiterten Ansatz nach dem Humuseinheiten-System berechnet (Leithold et al., 1997; Hülsbergen, 2003). Die Berechnungen erfolgen mit dem EDV-Programm REPRO im erweiterten Modus unter Berücksichtigung von Ertrag, mineralischem Stickstoff im Boden, Ackerzahl und langjährigem Jahres-niederschlag.

Menge und Zusammensetzung des zurückgeführten Gärrestes wurde unter Be-rücksichtigung des Silierverlustes (siehe oben) und der theoretischen Biogas-ausbeute (FNR, 2006) als Residualgröße berechnet Die Humusreproduktions-rate wird mit 31 % angenommen. Dies ist der Mittelwert zwischen den Reproduktionsraten für Stallmist (40 %) und Gülle (22 %) (Ebertseder, 2007).

Die Erosion wird nach der allgemeinen Bodenabtragsgleichung (ABAG) untersucht (Schwertmann et al., 1987). 3. Ergebnisse

3.1 Besonderheiten der N-Düngung im Energiepflanzenanbau Bei Ganzpflanzen-Nutzung und bei Körner-Nutzung der selben Fruchtart fallen als Nebenprodukte jeweils Gärrest bzw. Stroh an. Wird der Gärrest wieder auf das Feld ausgebracht bzw. verbleibt das Stroh auf dem Feld,

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werden dem System Boden sehr unterschiedliche Mengen N zugeführt (Abb. 1).

W.Triticale

Sonnenblume

MaisSudangras

Zuckerhirse

-- -- W.Triticale

Sonnenblume

Mais

0

50

100

150

Ganzpflanzen-Nutzung

N im

Neb

enpr

oduk

t (k

g ha

-1)

Körner-Nutzung

Abb. 1 Ganzpflanzen-Nutzung im Vergleich zur Körner-Nutzung: Ver-gleich der N-Mengen in den Nebenprodukten Gärrest und Stroh für ausgewählte Fruchtarten.

Für die ausgewählten Fruchtarten in Abb. 1 kommen bei Ganzpflanzen-nutzung mit den Gärresten 86-144 kg ha-1 zurück auf den Acker, bei Körner-Nutzung verbleiben 32-72 kg ha-1 N mit dem Stroh auf dem Feld. Damit ist die Stickstoffdüngung mit Gärrest bei Ganzpflanzennutzung im Mittel etwa 2,4 mal höher als bei einer Strohdüngung im Falle der Körnernutzung. Der Anteil des Stickstoffs im Nebenprodukt beträgt im Vergleich zum Haupt-produkt bei Körnernutzung 20-54 %, bei Ganzpflanzenutzung ca. 70 %. 3.2 Humusbilanzen

Die C-Menge im Nebenprodukt bei Ganzpflanzen- und Körner-Nutzung ist rund eine Zehnerpotenz höher als bei N (Abb. 2). Sie liegt für Gärreste bei 1800-2900 kg, für Stroh im Bereich von 3300-4200 kg ha-1 C. Im Gegensatz zu N wird bei der Ganzplanzen-Nutzung dem System Boden weniger C mit Gärresten zugeführt als bei Körner-Nutzung. Durch die Biogasgewinnung ist die C-Menge des Gärrestes stark reduziert. Daher werden mit Gärresten nur etwa 60 % der C-Menge ausgebracht, die durch den Verbleib des Strohs auf dem Acker dem System Boden zugeführt werden.

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W.Triticale

Sonnenblume

MaisSudangras

Zuckerhirse

-- -- W.Triticale

Sonnenblume

Mais

0

1000

2000

3000

4000

Ganzpflanzen-Nutzung

C im

Neb

enpr

oduk

t (k

g ha

-1)

Körner-Nutzung Abb. 2: Ganzpflanzen-Nutzung im Vergleich zur Körner-Nutzung: Ver-

gleich der Kohlenstoffmengen in den Nebenprodukten Stroh und Gärrest für ausgewählte Fruchtarten.

Tab. 1 zeigt die mit REPRO berechnete Änderung der Humusvorräte des Bodens für ausgewählte Fruchtarten, gemittelt über alle Standorte und Ver-suchsglieder. Diese reichen von 80 bis -710 kg ha-1 Humus-C. Tab. 1: Anbaubedingte Änderung der Humusvorräte für ausgewählte

Energiefrüchte ohne Gärrestrückfuhr.

Fruchtart Anz. Prüf-glieder

TM-Ertrag

anbauspezifische Änderung des Humus-

C REPRO VDLUFA n dt ha-1 kg ha-1 kg ha-1

Getreide Ernte in Milch- bis Teigreife

63 92 -290 -280 bis -400

Silomais 43 176 -710 -560 bis -800 Sudangras 21 122 -470 - Grünschnittroggen 20 55 80 120 bis 160

Verglichen mit der Humusbilanzmethode nach VDLUFA mit ihren „oberen“ und „unteren“ Werten, liegt Getreide nahe dem unteren Wert und Silomais nahe dem oberen Wert. Bei Silomais ist dies auf die hohen Erträge zurück zu führen, die von REPRO mit einer höheren Humuszehrung bewertet werden. Die Humusreproduktionsleistung des Grünschnittroggens ist nach dem Ver-fahren REPRO erheblich geringer als nach dem Verfahren VDLUFA. Der Grünschnittroggen (Winterzwischenfrucht) wurde zum Ährenschieben Ende Mai geerntet In den Tabellen mit Humuskoeffizienten wird für Winter-zwischenfrüchte jedoch von einem frühen Erntetermin noch vor dem

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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Schossen ausgegangen. Der höhere Ertrag in Folge des späten Erntetermins, führt bei REPRO zu einer Reduzierung der Humusmehrerleistung.

Abb. 3 zeigt Mittelwert, Minimum und Maximum der Humussalden aller Versuchsstandorte für die ersten zwei Fruchtfolgeglieder der fünf Standartfruchtfolgen aus „EVA“ für die Szenarien „ohne Gärrest“ und „mit Gärrest“. Ohne Gärreste sind alle Salden negativ mit Ausnahme von Frucht-folge 4. Mit Ausbringung von Gärresten sind die Humussalden positiv.

-1000

-500

0

500

1000

Ff1 Ff2 Ff3 Ff4 Ff5 Ff1 Ff2 Ff3 Ff4 Ff5

Sald

o H

um

us-

C [

kg h

a-1a-1

)]

ohne Gärrest mit Gärrest Abb. 3 Humussalden über sieben Standorte, „ohne Gärreste“ und „mit

Gärresten“. Erntejahre 2005 + 2006, Fehlerbalken: Minima und Maxima. Ff1 Sommergerste bzw. Sommerroggen, Ölrettich, Silomais,

Ff2 Sudangras, Grünschnittroggen, Silomais, Ff3 Silomais, Grünschnittroggen, Sudangras Ff4 Sommergerste, Luzernegras, bzw. Kleegras, Ff5 Hafersortenmischung, Triticale Szenario ohne Gärrest: Der Humussaldo von Fruchtfolge 4 ist positiv, da der mehrjährige Anbau von Klee- bzw. Luzernegras zu einer Humusmehrung führt. Für alle anderen Fruchtfolgen sind die Humussalden negativ, da die angebauten Hauptfrüchte zu einer Humuszehrung führen. Der Humussaldo von Fruchtfolge 5 fällt mit -310 kg ha-1a-1 Humus-C relativ günstig aus, da in dieser Fruchtfolge zwei mal Getreide angebaut wird. Die Fruchtfolgen 1-3 haben niedrigere Humussalden im Bereich von -350 bis -600 kg ha-1a-1 Hu-mus-C. Dies liegt an dem Fruchtfolgeglied Mais, welches auf den Humus-haushalt stark zehrend wirkt (s. Tab. 1). Fruchtfolge 2 und 3 unterscheiden sich lediglich in der Reihenfolge der angebauten Früchte. Der Unterschied im Saldo ist also ausschließlich auf die Höhe des Ertrages zurück zu führen, welcher im Mittel in Fruchtfolge 3 höher ist.

Szenario mit Gärrest: Durch die Ausbringung des Gärrestes auf die Anbau-fläche werden die Humusbilanzen aller Fruchtfolgen positiv. Fruchtfolge 4

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erhält keinen Gärrest, da eine Gärrestrückführung zu hohen Humussalden bei gleichzeitig sehr hohen N-Salden führen würde. Fruchtfolge 1 und 5 haben die niedrigsten Humussalden mit rund 230 kg ha-1a-1 Humus-C, Fruchtfolge 2 und 3 folgen mit einem Saldo von 350 bzw. 340 kg ha-1a-1. Trotz des niedrigen Humussaldos von Fruchtfolge 2 im Szenario ohne Gär-reste erreicht diese den höchsten Saldo im Szenario mit Gärresten: Die hohen Erträge, die mit einem starken Humusabbau korrelieren, bedingen auf der anderen Seite große Mengen an Gärresten, welche als positiver Faktor linear je kg in der Humusbilanz berücksichtigt werden. 3.3 Wassererosion

Legt man zur Bewertung der Wassererosion die allgemeine Bodenabtrags-gleichung (Schwertmann et al., 1987) mit ihren Faktoren für Erosivität des Regens, Bodenart, Hangneigung und -länge sowie Bodenbedeckung und Be-arbeitung zugrunde, so ändern sich mit dem Anbau von Energiepflanzen die Fruchtarten und die Dauer der Bodenbedeckung. Systemimmanent kann die Erosion gemindert werden durch ganzjährige Bodenbedeckung mit Untersaaten, Zwischenfrüchten und durch den Anbau von Zweikultur-Nutzungssystemen. Weiterhin sind im Energiepflanzenanbau erosionsmindernde Direktsaatver-fahren günstig umsetzbar, da nur Stoppeln zurück bleiben, das heißt kein Stroh auf der Fläche verbleibt. Zur Erhöhung der Erosion führt der verstärkte Anbau von C4-Gräsern mit ihrer verzögerten Jugendentwicklung. Dazu gehören in ab-steigender Reihe: Mais, Sudangras und Futterhirse. 4. Diskussion und Methodenkritik Beim Anbau von Energiepflanzen entstehen folgende systemimmanente Änderungen im N-Management: Durch Rückführung des Gärrestes werden große N-Mengen dem System Boden zugeführt. Dieser vergrößert den mineralisch und organisch gebundenen N-Pool im Boden. Der mineralische Stickstoff erhöht bei geringem N-Bedarf der Pflanze das Potenzial für Nitratauswaschung. Die Mineralisierung des organisch gebundenen Stickstoffs hängt von der Witterung ab und ist vom Landwirt schwer zu kalkulieren, weshalb Stickstoffangebot und -aufnahme schwer zu koordinieren sind. Dieses kann das Potenzial für Nitrataus-waschung zusätzlich erhöhen. Dem steht entgegen, dass im Energiepflanzenanbau keine Spätdüngung zum Erreichen bestimmter Qualitäten notwendig ist und das der Gärrest im Vergleich zu unvergorener Gülle tierischer Herkunft pflanzenbau-lich insgesamt günstiger zu bewerten ist. Dazu gehören der höhere NH4-Gehalt und geringere Ätzschäden bei Anwendung im Bestand.

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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Die Gefahr einer Nitratauswaschung wird durch folgende Faktoren ver-schärft bzw. entspannt. Eine Verschärfung innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebes tritt auf durch: – N-Importe mit Futtermitteln bei viehhaltenden Betrieben oder Vergärung

von landwirtschaftsfremden Ko-Substraten, – Konzentration der Gärreste auf wenige Flächen in Abhängigkeit von

Fruchtart und Produktionsziel, Entfernung, Befahrbarkeit, – Ausbringung zu Zeiten geringer Aufnahme wegen knapper Lagerkapazi-

tät. –

Eine Entspannung der Situation tritt auf durch: – eine längere Periode der Stickstoffaufnahme im Zweikultur-Nutzungs-

system, welche mehr Zeitfenster zur Düngung ermöglicht, – Ausbringung der Gärreste auf einer Fläche, die größer als die Anbau-

fläche ist. – Export von N in der Feststofffraktion durch Separierung, z. B. zur Ver-

brennung, – Export des gesamten Gärrestes. –

Die dargestellten Humusbilanzen haben methodische Unschärfen. Dies be-trifft: 1) die fruchtartspezifischen Humuskoeffizienten und 2) die Humus-reproduktionsleistung des Gärrestes.

1) Der Humuskoeffizient für Sudangras wurde nicht in Dauerversuchen er-mittelt, sondern auf Basis von Expertenwissen geschätzt. Grünschnittroggen mit spätem Erntetermin ist in den entsprechenden Tabellen für Humus-koeffizienten nicht definiert; lediglich Koeffizienten für frühe Ernte von Wintergetreide werden angeführt. Der Unterschied im Erntetermin von etwa 4 Wochen ist von Bedeutung, da Wintergetreide als Winterzwischenfrucht angebaut als Humusmehrer, Getreide zur Körnernutzung jedoch als Humuszehrer bewertet werden. Es ist zu hinterfragen, ob es gerechtfertigt ist, Grünschnittroggen als Humusmehrer, Druschroggen jedoch als Humus-zehrer zu bewerten.

Gärrest aus Biogasanlagen, die ausschließlich Pflanzen einsetzen, ist ein Dünger, für den bisher keine Humusreproduktionsraten in langjährigen Ver-suchen ermittelt wurden. Die Bewertung dieses Gärrestes beruht zum Teil auf Expertenbewertungen. Dabei gibt es zwei Thesen: a) Die eine besagt, dass es sich bei Gärrest um ein ausgefaultes Substrat handelt, deren leicht umsetzbare Bestandteile beim Biogasprozess bereits umgesetzt wurden. Die im Gärrest ver-bleibende organische Substanz ist entsprechend als stabil zu bewerten. Ebertseder (2007) setzt daher die Humus-Reproduktionsrate für Gärreste pflanz-lichen Ursprungs mit 40 % an; er bewertet den Gärrest damit zwischen Rottemist und Kompost liegend. Ob es zulässig ist, von der anaeroben Stabilität des C im Gärrest auf die aerobe Stabilität des C im Boden zu schließen, kann

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hier nicht beantwortet werden. Dieses müssen Langzeit-Versuche zeigen. b) Die Gegenthese lautet, dass auf Grund des engen C : N-Verhältnisses im Gärrest, diese im Boden rasch umgesetzt werden und daher wie unvergorene Gülle tierischer Herkunft zu bewerten sind. Da beide Annahmen plausibel sind, wird in diesem Artikel mit dem Mittelwert beider Koeffizienten gerechnet

Systemimmanent wird beim Anbau von Energiepflanzen die Humusbilanz wie folgt beeinflusst: Eine Verlangsamung, bzw. Verhinderung des Humus-abbaus erfolgt durch: – die Rückführung der Gärreste, – durch den Kohlenstoffimport mit Futtermitteln und landwirtschafts-

fremden Ko-Substraten, – den Anbau von Energiepflanzen im Wechsel mit traditionellen Früchten, – die Verringerung von C-Verlusten in der Prozesskette Schlag / Biogas-

anlage / Gärrest z. B. bei der Silierung. –

Er beschleunigt sich durch: – Export der Feststofffraktion durch Separierung z. B. zur Verbrennung, – Export des gesamten Gärrestes, – Erhöhung der Methanausbeute. –

Bei der Bewertung der Erosion durch den Anbau von Energiepflanzen ist methodisch nicht geklärt, welchen Einfluss auf die Bodenbedeckung die ge-änderten Aussaat- und Erntetermine, z. B: für Mais, Sudangras und Futter-hirse in Zweitfruchtstellung haben. 5. Zusammenfassung

Nutzen und Risiken des Anbaus von Energiepflanzen für den Boden können wie folgt gegenüber gestellt werden:

Nutzen Risiken Düngung mit Gärresten: Möglichkeit den Mineraldüngeraufwand zu reduzieren, stärker geschlossene Nährstoffkreisläufe.

Düngung mit Gärresten: Erhöhtes N-Auswaschungspotenzial durch Er-höhung des mineralischen und organischen N-Pools im Boden.

Erhalt des Humusspiegels im Boden durch Rückführung der Gärreste.

Langfristig Senkung der Humusmenge bei fehlender Rückführung der Gärreste und geänderter Fruchtfolge.

Erosionsminderung durch Unter-saaten, Zwischenfrüchte, Zweikultur-Nutzung

Erosionserhöhung durch den ver-mehrten Anbau von spät deckenden C4-Pflanzen mit hoher Biomassebildung.

Der Vergleich von Ganzpflanzen-Nutzung und Körner-Nutzung zeigt, dass bei der Ganzpflanzen-Nutzung mit Ausbringung der Gärreste, die Stickstoff-

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zufuhr deutlich höher ist. Dieser mineralisch und organisch gebundene Stickstoff im Gärrest kann langfristig zu einer Anreicherung des N-Pools im Boden führen. Durch das gestiegene Mineralisationspotenzial (und die mineralische Zufuhr) kann es zu einer erhöhten Nitratauswaschung kommen. Dem Düngungsmanagement kommt hier eine besondere Bedeutung zu.

Durch Biogasnutzung wird mit Gärresten weniger C auf die Anbaufläche zurückgeführt als bei dem Verbleib von Stroh auf der Fläche bei Körner-nutzung. Hier besteht prinzipiell die Gefahr, dass Humus abgebaut und dadurch die Bodenfruchtbarkeit langfristig verringert wird. Ob es tatsächlich zu einer Senkung des Humusgehaltes kommt, ist von den angebauten Fruchtarten, von der organischen Düngung (Gärrest, Viehbesatz) und den Standorteinflüssen (Ackerzahl, Jahresniederschlag) abhängig. Trotz aller derzeit noch bestehenden Unsicherheiten bei der Bewertung von Stickstoff- und Humusbilanz von Energiepflanzen-Anbausystemen, zeigen die Untersuchungen: Maßnahmen, die die Stickstofffracht der Anbauflächen für Energiepflanzen senken, führen zu einer Entlastung der Stickstoffbilanz und zu einer Minderung der Nitratausträge. Dazu gehört das zusätzliche Ausbringen der Gärreste auf Marktfruchtflächen, über die Energiepflanzen-Anbauflächen hinaus; weiter der Export von Gärrest. Genau diese Maß-nahmen führen jedoch zu einer Verschlechterung der Humusbilanz. Es liegt also bei der Optimierung von Stickstoff- und Humusbilanz ein Dilemma vor. In welchem Maße ein Nährstoffexport möglich ist, ohne die Humusver-sorgung des Standortes zu gefährden, muss im Einzelfall geprüft werden. Danksagung

Die hier analysierten Daten wurden erhoben im Projekt „Entwicklung und Vergleich von optimierten Anbausystemen für die landwirtschaftliche Produktion von Energiepflanzen unter den verschiedenen Standort-bedingungen Deutschlands“ (EVA); es wird gefördert vom BMELV über die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR). 7. Literatur

Ebertseder, T., 2007: Humusbildung und Nährstoffbetrachtungen von Bio-abfallkompost und Gärrückständen im Vergleich, Biomasseforum, Witzenhausen, 24.-25.10.2007, 7 S. Download unter: www.ask-eu.com/ default.asp?Menue=1000&cmd=VIEW_ARTIKEL11054

Hülsbergen, K.-J., 2003: Entwicklung und Anwendung eines Bilanzierungs-modells zur Bewertung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Systeme, Habil., Shaker, 257 S

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Jeroch, H., Flachowsky, G., Weißbach, F. (Hrsg), 1993: Futtermittelkunde, G. Fischer, Stuttgart, 510 S

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und For-schungsanstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2004: Humusbilanzierung – Methode zur Beurteilung und Bemessung der Humusversorgung von Ackerland. VDLUFA-Standpunkt, 12 S.

Leithold, G., Hülsbergen, K.-J., Michel, D., Schönmeier, H, 1997: Humus-bilanzierung – Methoden und Anwendung als Agrar-Umweltindikator. In: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Hrsg): Umweltverträgliche Pflanzen-produktion – Indikatoren, Bilanzierungsansätze und ihre Einbindung in Ökobilanzen. Zeller Verlag, Osnabrück, S. 43-55

LLFG (Landesanst. f. Landw. Forsten und Gartenbau, Sachsen-Anhalt) Hrsg., LVLF (Landesanst. f. Verbrauschersch., Landw. und Flurneuordn. Brandenburg), Hrsg., LFBMV (Landwirtschaftl. Fachbehörde d. Landes Mecklenburg-Vorpommern) (Hrsg.), 2008: Richtwerte für die Unter-suchung und Beratung sowie zur fachlichen Umsetzung der Düngever-ordnung (DüV)

Schwertmann, U., Vogl, W., Kainz, M., 1987: Bodenerosion durch Wasser: Vorhersage des Abtrags und Bewertung von Gegenmaßnahmen, 2. Aufl. Ulmer, 64 S

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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Klimabilanz von Praxis-Biogasanlagen H. Bachmaier1, M. Effenberger1, A. Lehner1, A. Gronauer1 1Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Landtechnik und Tierhaltung, Freising 1. Einführung und Ziel

Die Bereitstellung von Energie aus Biomasse („Bioenergie“) erfährt derzeit in den entwickelten Ländern ein starkes Wachstum. Hauptziel ist dabei die Ver-minderung der Kohlendioxid- und anderer Treibhausgasemissionen durch die Substitution fossiler Brennstoffe. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass sich die Potenziale der verschiedenen Formen und Nutzungspfade der Bio-energie zur Minderung der Treibhausgasemissionen stark unterscheiden.

Die aktuelle Forcierung des Einsatzes von Biokraftstoffen ist vor diesem Hinter-grund kritisch zu sehen, da dieser Nutzungspfad auf Grund der erheblichen Wandlungsverluste vergleichsweise hohe CO2äq-Vermeidungskosten und eher geringe CO2äq-Minderungspotentiale aufweist (SRU, 2007; WBA, 2007).

In der vorliegenden Arbeit wird eine Methode zur Ermittlung der Treibhaus-gasbilanz der Strom- und Wärmebereitstellung aus Biogas dargelegt. Es werden Treibhausgasbilanzen realer landwirtschaftlicher Biogasanlagen vor-gestellt und die Einflussfaktoren auf das CO2äq-Minderungspotential der Kraft-Wärme-Kopplung auf der Basis von Biogas diskutiert. 2. Methodik

2.1 Methode zur Ermittlung der Treibhausgasbilanz

Die Methode zur Ermittlung der Treibhausgasbilanz unterschiedlicher Prozesse gibt es nicht. Die Vorgehensweise richtet sich immer nach der Fragestellung. Je nachdem, ob die Treibhausgasbilanz einer landwirtschaft-lichen Biogasanlage mit einer alternativen Flächenbewirtschaftung (z. B. Marktfruchtanbau statt Anbau nachwachsender Rohstoffe) oder mit alter-nativen Techniken zur Energiebereitstellung aus fossilen Quellen verglichen werden soll, muss unterschiedlich bilanziert werden.

Sinnvollerweise kann man in Anlehnung an die Ökobilanz-Methode vor-gehen. Zunächst wird der Bilanzierungsrahmen festgelegt (Grenzen der Untersuchung, Abschneidekriterien, Wechselbeziehung mit anderen Stoffen). Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Wahl einer Bezugseinheit (funktionelle Einheit). Sowohl die Festlegung des Bilanzierungsrahmens, als auch die Wahl der funktionellen Einheit haben entscheidenden Einfluss auf das Er-gebnis der Ökobilanz bzw. Treibhausgasbilanz. Die Sachbilanz wird im

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- 101 -

Wesentlichen durch den gewählten Bilanzierungsrahmen festgelegt. Während bei einer vollständigen Ökobilanz alle wesentlichen Umwelt-wirkungen berücksichtigt werden sollen, wird der Blick in der vorliegenden Arbeit nur auf die Umweltwirkung „globale Erwärmung“ gerichtet 2.2 Wahl des Bilanzierungsrahmens und der funktionellen Einheit

Die folgende Tabelle zeigt Beispiele für den Bilanzierungsrahmen und die funktionelle Einheit für unterschiedliche Fragestellungen/Ziele. Tab. 1: Ziel, Bilanzierungsrahmen und funktionelle Einheit für die Er-

stellung von Treibhausgasbilanzen Ziel Bilanzierungsrahmen funktionelle Einheit Vergleich mit anderen Energiewandlungs-systemen

nur Biogasanlage, evtl. Vorketten

kWhel; kWhtherm; Primärenergieäqui-valent

Vergleich mit Energie-bereitstellung aus fossilen Quellen

Biogasanlage mit Nawaro-Anbaufläche und Vorketten

kWhel; kWhtherm; Primärenergieäqui-valent

Vergleich mit anderer Biogasanlage

Biogasanlage und/oder Nawaro-Anbaufläche und Vorketten

kWhel; kWhtherm; Primärenergieäqui-valent; Hektar

Vergleich mit anderen Landbewirtschaftungs-formen

Biogasanlage und Nawaro-Anbaufläche mit Vorketten

Hektar

Da das Ziel der Bewertung von Praxis-Biogasanlagen einerseits der Ver-gleich mit fossilen Energiebereitstellungssystemen sein soll, andererseits auch der Vergleich verschiedener Biogasanlagen untereinander, bietet sich der Bilanzierungsrahmen Biogasanlage inkl. Vorkette an. Die Vorkette ent-spricht dem „Klima-Rucksack“, den Produkte mitbringen, die in den Bilanzierungsrahmen importiert werden (v. a. Mineraldünger und Diesel-kraftstoff). 1 Kilowattstunde elektrische Energie (1 kWhel) wurde als funktionelle Einheit gewählt, da das Zielprodukt der betrachteten Anlagen elektrischer Strom ist, der zu den Konditionen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in das öffentliche Netz eingespeist wird. Die verwertete Abwärme und Methan-Minderemissionen aus der Vergärung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft wurden als Gutschriften berücksichtigt.

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

- 102 -

2.3 Auswahl der Praxisanlagen Für die Untersuchungen wurden Praxisanlagen verschiedener Konzeption miteinander verglichen. Über den Zeitraum eines Jahres wurde eine voll-ständige Bilanzierung der Energie- und Materialströme auf den jeweiligen Biogasanlagen durchgeführt. Die Verfahrensschritte der Energiebereit-stellung aus Biogas wurden für eine vergleichende Bewertung zusammen-gefasst zu Substratbereitstellung, Biogasproduktion und Biogasverwertung (Abb. 1). Es wurden jeweils die ein- und ausgehenden Stoffströme auf-geführt, die Einfluss auf die Treibhausgasbilanz nehmen.

Kohlendioxid v.a.aus Dieselverbrennung und Mineraldüngerherstellung

Kohlendioxid aus Betriebsstrom-bereitstellung

Methan evtl. aus Überdrucksicherung + offenem Gärrestlager

Methan v.a. aus Methanschlupf

Input:Treibstoff, Dünger, Spritzmittel...

Input:evtl. Fremdenergie z.B. Strom

Input:evtl. Fremdenergiez.B. Zündöl/Strom

Output:Strom und WärmeBereitstellung der Nawaros

Anbau, Lagerung, TransportBiogasverwertung in Blockheizkraftwerk

Biogasproduktion in Biogasanlage

evtl. Kohlendioxid aus Zündöl/Strom

m

Q

Gas-BHKW 190 kWel.

Abb. 1: Verfahrensschritte der landwirtschaftlichen Biogasproduktion mit klimarelevanten Stoffströmen 3. Ergebnisse Abbildung 3 zeigt eine Übersicht der resultierenden Treibhausgasbilanz sieben verschiedener Praxisanlagen. Im Folgenden werden die Emissions-quellen und –senken im Einzelnen diskutiert. 3.1 Errichtung der Anlagen Die CO2äq-Emissionen aus der Bereitstellung der Baumaterialien für die be-trachteten Biogasanlage betragen abgeschrieben auf die Energieproduktion in 18 Jahren meist nicht mehr als 10 g CO2äq*kWhel

-1 (Abb. 3). Eine Aus-nahme bildet Anlage 7, wo groß dimensionierte Silos mit einer Bodenplatte aus Stahlbeton (anstatt Asphalt, wie bei den anderen Anlagen) die Emissionen auf 24 g CO2äq*kWhel

-1 ansteigen lassen. Die geringsten CO2äq-Emissionen ergeben sich für Anlagen aus Edelstahl (Nr. 3 + 6). Zusätzlich ist der Rückbau dieser beiden Anlagen erheblich einfacher als bei Stahlbeton-Anlagen.

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-300,0

-100,0

100,0

300,0

500,0

700,0

-300-200-100

0100200300400500600700800

-4 69 192 146 249 327 316 617 790Treibhausgasemissionen

der Stromproduktion aus Biogas

Errichtung der Anlage Minderemissionen WiDÜ Minderemissionen WärmeSubstrate Lachgas aus N-Düngung BiogasproduktionBiogasverwertung Methanemissionen Biogasproduktion Methanschlupf BHKWMethanemissionen Gärrestlager Summe

[g CO2äq*kWhel-1]

1 2 3 4 5 6 7 Strom- Grund-mix last

Abb. 3: Treibhausgasbilanz der Stromproduktion in Biogasanlagen im Ver-gleich zu den Treibhausgasemissionen des deutschen Strommix und von Grundlaststrom (70 % Steinkohle / 30 % Erdgas)

3.2 Substrate

Die Emissionen der Substratbereitstellung betragen bei den betrachteten An-lagen im Mittel 62 g CO2äq*kWhel

-1. Darin enthalten sind die Emissionen aus dem Dieselverbrauch aller beteiligten Fahrzeuge bis zur Übergabe an die Beschickungseinrichtung der Biogasanlage und die Emissionen aus der Bereitstellung mineralischer Dünger. Dabei wurde auf den untersuchten Be-trieben fast durchweg weniger mineralischer Dünger eingesetzt, als in der KTBL-Datenbank „Energiepflanzen“ angenommen (KTBL, 2006). Die Substratbereitstellung für Anlage 1 und 7 erfolgte gänzlich ohne den Einsatz von Mineraldünger. Mit 21 bzw. 46 g CO2äq*kWhel

-1 liegen diese Anlagen daher weit unter dem Durchschnitt. Für Anlage 3 und 6 ergeben sich zwischen 80 und 90 g CO2äq*kWhel

-1 allein aus der Substratbereitstellung. Anlage 3 wird zu einem Großteil mit Getreidekorn- bzw. Maiskornsilage beschickt. Aufgrund des im Vergleich zu Ganzpflanzensilagen geringeren Hektarertrages sind hierbei die spezifischen CO2-Emissionen höher. 3.3 Lachgasemissionen aus der Substratproduktion

Die während der Pflanzenproduktion auftretenden Emissionen an Lachgas unter-liegen unzähligen Einflussfaktoren am jeweiligen Standort. Für die hier vor-gestellten Bilanzierungsstudien wurde daher eine Aschätzung nach IPCC (2006) vorgenommen. Nach dem Tier 1-Verfahren wurde jeweils ein Emissionsfaktor von 0,01 für die direkten (mineralische und organische Düngung) und die in-

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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direkten (Verflüchtigung und Wiedereintrag) N2O-N-Emissionen angesetzt. Nach Umrechnung ergeben sich je nach Düngungsart und –intensität Treibhausgas-emissionen in Form von Lachgas zwischen 33 und 108 g CO2äq*kWhel

-1. 3.4 Biogasproduktion

Die indirekten Emissionen der Biogasproduktion entstehen aus dem Bezug von elektrischer Energie aus dem öffentlichen Netz. Die bezogene elektrische Energie wurde nach Machat und Werner (2007) mit 617 g CO2äq*kWhel

-1 bewertet Die Anlage 2 betreibt Überschusseinspeisung, d. h. es wird der selbst produzierte Strom zum Betrieb der Rührwerke, der Pumpen und der Einbringvorrichtung verwendet Anlage 6 bezieht die Fremdenergie von einem betriebseigenen kleinen Wasserkraftwerk. Beides wirkt sich positiv auf die Treibhausgasbilanz aus. Die übrigen untersuchten Anlagen beziehen die Betriebsenergie aus dem öffentlichen Netz. Im Durchschnitt betragen die anzurechnenden Emissionen 42 g CO2äq*kWhel

-1 bei einer relativ großen Spannweite von 17 bei Anlage 6 bis 113 bei Anlage 7. Anlage 6 ist eine sehr kompakte Anlage mit ent-sprechend geringem Energieverbrauch, Anlage 7 ist dagegen im Haupt-fermenter mit einem extrem energiehungrigen Rührwerk ausgestattet Hinzu kommt ein hoher Energieaufwand für die Zerkleinerung und Umwälzung des faserreichen Substrates, so dass sich Emissionen aus dem Stromverbrauch für die Biogasproduktion von 113 g CO2äq*kWhel

-1 errechnen. 3.5 Biogasverwertung

Die indirekten Emissionen der Biogasverwertung wurden analog zu denen der Biogasproduktion ermittelt (s. 3.4). Anlage 2 und 4 betreibt Überschuss-einspeisung, d. h. es wird der selbst produzierte Strom zum Betrieb der Hilfs- und Nebenaggregate des BHKW eingesetzt (Notkühler, Verdichter, Pumpen etc.). Dies wirkt sich positiv auf die Klimabilanz aus. Alle anderen Anlagen beziehen die Betriebsenergie aus dem öffentlichen Netz. Werden Gasmotor-BHKW eingesetzt, betragen die CO2äq-Emissionen nicht mehr als 30 g CO2äq*kWhel

-1. Bei Zündstrahl-BHKW (Anlage 5 und 6) entstehen er-hebliche zusätzliche Emissionen aus der Zündölverbrennung. So erreichen diese beiden Anlagen Emissionswerte der Biogasverwertung in Höhe von 75 bzw. 103 g CO2äq*kWhel

-1. 3.6 Direkte Methanemissionen

Zu den direkten Methanemissionen aus der Biogasproduktion lagen keine Messwerte vor. Es wurde pauschal angenommen, dass 1 % der produzierten Biogasmenge direkt aus der Anlage (z.B. über die Überdrucksicherung oder

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

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technische Undichtigkeiten) in die Atmosphäre entweicht. Im Durchschnitt wird die Klimabilanz hierdurch mit 40 g CO2äq*kWhel

-1 belastet 3.7 Methanemissionen der Biogasverwertung

Die Methanemissionen der Biogasverwertung wurden im BHKW-Abgas mittels eines mobilen Prüfstands gemessen (vgl. Aschmann et al., 2007). Je nach Motortyp ergaben sich erhebliche Unterschiede. Es war ein direkter Zusammenhang zwischen höher verdichtenden Motoren und höheren Methanemissionen festzustellen. Bei den Anlagen 2, 3 und 7 betrug dieser sogenannte „Methanschlupf“ 0,25 % der dem BHKW zugeführten Methan-menge (entspricht rund 10 g CO2äq*kWhel

-1). Sehr hohe Werte erreichte das BHKW der Anlage 1 mit einem Methanschlupf von 1,3 % bzw. 52 g CO2äq*kWhel

-1. Die Anlagen 5 und 6 (beide Zündstrahlaggregate) liegen im Mittelfeld bei 0,75 % bzw. 30 g CO2äq*kWhel

-1. 3.8 Methanemissionen aus dem offenen Gärrestlager

Von den betrachteten Anlagen verfügt nur eine über ein offenes Gärrestlager. Zur Abschätzung der Methanemissionen aus dem Gärrest wurde ein Gärtest mit Material aus dem Ablauf des Nachgärbehälters durchgeführt. Um die Bedingungen im Gärrestlager abzubilden, wurde für die Vergärung eine Temperatur von 20°C gewählt. Für die Abschätzung der Methanemission wurde stark vereinfachend angenommen, dass sich der Gärrest während der Lagerung wie die Laborprobe verhält. Bezogen auf die Gesamtmethan-produktion der Anlage würden dann 0,8 % aus dem Gärrestlager emittiert werden. Bezogen auf 1 kWhel entspricht dies 36 g CO2äq. 3.9 Minderemissionen aus der Wirtschaftsdüngervergärung

Die Minderung von Methanemissionen aus der Vergärung von Wirtschafts-düngern tierischer Herkunft schwankt zwischen 0 und 50 g CO2äq*kWhel

-1. Anlage 4 und 6 setzen keine Wirtschaftsdünger ein.

Nur Anlage 1 erzeugt einen erheblichen Teil der Energie aus Wirtschafts-dünger. Dabei handelt es sich um Hähnchenmist. Die anderen Anlagen setzen hauptsächlich Schweine- oder Rindergülle ein. Hier ergeben sich be-zogen auf die Energieproduktion relativ bescheidene Minderemissionenen, da die auf die Frischmasse bezogenen Gaserträge von Gülle im Vergleich zu nachwachsenden Rohstoffen gering sind. 3.10 Emissionsgutschrift für Wärmenutzung

Alle Anlagen verfügen über externe Wärmeabnehmer, wobei der Anteil der genutzten Abwärme jedoch stark schwankt. Es ergeben sich Gutschriften für

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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die Substitution fossiler Brennstoffe zwischen 5 und 156 g CO2äq*kWhel-1

(Mittelwert 78 g). 4. Zusammenfassung und Ausblick

Durch Addition der CO2äq-Emissionen und –Gutschriften ergeben sich die spezifischen Gesamtemissionen für die betrachteten Biogasanlagen. An-lage 1 erreicht dabei einen negativen Wert von -4 g CO2äq*kWhel

-1, d. h. die Stromproduktion in dieser Anlage stellt theoretisch eine CO2-Senke dar. An-lage 6 verursacht mit 327 g CO2äq*kWhel

-1 die höchsten Emissionen. Hieraus resultieren Minderungen an Treibhausgasemissionen der Stromproduktion in den untersuchten Biogasanlagen im Vergleich zum deutschen Strommix zwischen 621 und 290 g CO2äq*kWhel

-1.

Nach BMU (2007) ersetzt Strom aus Biogasanlagen zu 70 % Elektrizität aus Steinkohlekraftwerken und zu 30 % Elektrizität aus Gas- und Dampfkraft-werken mit spezifischen Emissionen von 790 g CO2äq*kWhel

-1. Hieraus er-rechnen sich für die betrachteten Anlagen vermiedene Treibhausgas-emissionen zwischen 794 und 463 g CO2äq je produzierter kWhel. 5. Literatur

Aschmann, V., Kissel, R, Effenberger, M., Eichelser, R.; Gronauer, A., 2007: Effizienzsteigerung, Emissionsminderung und CO2-Einsparung durch optimierte Motoreinstellung bei Biogas-Blockheizkraftwerken zur de-zentralen Stromversorgung. In: Wärmenutzung bei kleinen landwirt-schaftlichen Biogasanlagen. Eine Studie über die Abwärmenutzung bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen mit einer Leistung von 150 und 500 kWel. 1. Aufl., Augsburg: Bayerisches Landesamt für Umwelt (UmweltSpezial)

Bundesministerium für Umwelt, 2007: Umweltpolitik. Erneuerbare Energien in Zahlen - nationale und internationale Entwicklung. - Stand: Januar 2007 - Internet Update. Herausgegeben von Naturschutz und Reaktor-sicherheit (BMU) Bundesministerium für Umwelt, Berlin.

GEMIS: Globales Emissions-Modell Integrierter Systeme (GEMIS). Version 4.3. Freiburg: Institut für angewandte Ökologie e.V. (Öko-Institut) Frei-burg. Online verfügbar unter http://www.oeko.de/service/gemis/

IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change, 2006: 2006 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories, Volume 4: Agricul-ture, Forestry and Other Land Use. http://www.ipcc-nggip.iges.or.jp/public/2006gl/vol4.html (Zugriff: 10.10.2008; 14.00 Uhr)

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KTBL, 2006: Energiepflanzen. Daten für die Planung des Energiepflanzen-anbaus; KTBL-Datensammlung mit Internetangebot. Darmstadt: KTBL

Machat, M., Werner, K., 2007: Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des deutschen Strommix. Climate Change 01/07, Umwelt-bundesamt, Dessau

Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2007: Klimaschutz durch Biomasse. Sondergutachten. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2007

Umweltbundesamt, 2007: Berichterstattung unter der Klimarahmenkon-vention der Vereinten Nationen 2007 - Nationaler Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar 1990 – 2005. Climate Change 04/07, Umweltbundesamt, Dessau

Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik beim Bundesministerium für Er-nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 2007: Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung - Empfehlungen an die Politik

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

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Optimierung des mikrobiellen Umsatzes in landwirtschaftlichen Biogasanlagen H. Heuwinkel1, M. Lebuhn1, M. Effenberger1, A. Gronauer1, D. Preisler2, H. Oechsner2, A. Lemmer2, H.F. Jacobi3, R Junge3, E Hartung3 1 Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Landtechnik und Tierhaltung, Freising, 2 Landesanstalt für Landwirtschaftliches Maschinen- und Bauwesen, Universität Hohenheim, Stuttgart, 3 Institut für Landwirt-schaftliche Verfahrenstechnik, Christian-Albrechts-Universität Kiel Im Beitrag wird ein Überblick zu Möglichkeiten der Optimierung der an-aeroben Fermentation in landwirtschaftlichen Biogasanlagen gegeben, wie sie sich aus den Erfahrungen der am Beitrag beteiligten Arbeitsgruppen und unter der Maßgabe zukünftiger Anforderungen darstellen. Für eine um-fassende Darstellung der Literatur wird auf die entsprechenden Publikationen der Beteiligten verwiesen. Prinzipiell ergibt sich die Effizienz einer Anlage und damit auch deren Optimierungspotenzial aus drei Hard-Facts: dem Anlagenkonzept, den Produktionszielen und den Eigenschaften der eingesetzten Substrate. Die Kenntnisse und Fähigkeiten des Betreibers bestimmen, wie weit die Potentiale einer Anlage ausgeschöpft werden können. 1. Status-Quo-Analyse

Aktuell wird die große Mehrheit der landwirtschaftlichen Biogasanlagen mit einem einfachen Substratmix (Mais/NawaRo z.T. plus tierische Exkremente) beschickt. Auf der Produktionsseite wird primär Strom gewonnen und Gär-rest als Dünger genutzt, während die Wärmenutzung noch deutlich ausbau-fähig ist. Demzufolge sind auch die Konzepte durchschnittlicher Anlagen einfach gehalten: typischerweise ist es eine Rührkesselkaskade von 1-2 Fermentern mit Gärrestlager. Die dadurch erreichte mittlere Auslastung von ca. 85 % bei einer Raumbelastung (RB) von 3-4 kg organischer Trocken-masse (oTM) pro m³ und ca. 100 Tagen Verweildauer, weisen auf ein deut-liches Optimierungspotenzial hin. Anzustreben sind zukünftig nahezu 100 % Auslastung bei Verdopplung der Raumbelastung und einer Halbierung der Verweildauer. Verbindet man diese Ziele mit einer zukünftig stärkeren Variation der Substrateigenschaften (aufgrund der Verknappung der Ko-substrate) und einer Diversifizierung der Produktionsziele (Rohstoff-gewinnung für die Industrie (Säuren Proteine, Fasern), Brennstoffe für Ver-kehr und Kraftwerke (CH4, H2), organische (fest, flüssig) und mineralische

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

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Dünger), so ergeben sich auch deutliche Änderungen im Anlagenkonzept und deren Steuerung. 2. Optimierung durch gezielte Prozessführung

2.1 Voraussetzungen für eine Prozesssteuerung (Abb. 1)

Infolgedessen ist zukünftig ein detailliertes Prozessverständnis nötig, um über ein Actio-Reactio-Regelwerk ein Modell der Fermentation zu erstellen, wie es z.B. für den Betrieb von Kläranlagen existiert (ADM1, Batstone et al., 2002). Der zweite Baustein einer gezielten Steuerung der Fermentation liegt in einer On-line, In-line Überwachung des Prozesszustandes, um das Modell mit aktuellen Schlüsselgrößen füttern zu können. In diesem Bereich bietet sich, gerade für die Landwirtschaft, der Einsatz der Nah-Infrarot-Reflektions-Spektroskopie (NIRS) an. Aus den gewonnen Daten leitet das Regelwerk Eingriffsmaßnahmen ab, die primär durch eine Optimierung von Substratqualität und –menge und sekundär durch die Zugabe von Prozess-hilfsstoffen eine Verbesserung des Abbaus im Rahmen der Produktionsziele ermöglichen. Gerade im Bereich der Prozesshilfsstoffe gibt es eine Vielfalt an Möglichkeiten. um die Physik, (Bio)Chemie und Biologie im Fermenter zu verändern. Im Folgenden wird an Beispielen dargestellt, welche Möglich-keiten eine gezielte Prozessführung bietet

In-LineOn-LineIn-LineOn-Line

Menge, QualitätMenge, Qualität

SubstratmixSubstratmix

R-COOH

H+Ca++

Ni++

Zn++

CH4CO2

H2H2S

NH4+

CO3-

C6H12O6

oTS

R-COOH

H+Ca++

Ni++

Zn++

CH4CO2

H2H2S

NH4+

CO3-

C6H12O6

oTS

ModellvorstellungActio-Reactio Regelwerk

Additive:•Mineralisch•Organisch

Mikroorganismen

Additive:•Mineralisch•Organisch

Mikroorganismen

NH3

Abb. 1: Schematische Darstellung der Voraussetzungen für eine

Optimierung der anaeroben Fermentation durch eine gezielte Prozesssteuerung.

2.2 Optimierung durch Prozesstrennung

Einstiegspunkt ist der Ablauf der Fermentation an sich, in dem die be-teiligten Mikroorganismen sehr unterschiedliche Ansprüche haben (Abb. 2).

Workshop „Bioenergie“ Kongressband 2008

- 110 -

Die deutlich geringeren pH- und höheren Temperaturoptima im ersten Teil der Fermentation im Vergleich zum Zweiten legen nahe, die Prozessführung zur Optimierung des Ablaufes räumlich zu trennen.

SyntropheAcetat-Oxidation

Syntrophe Bakterien

Homoacetogene

Fermentationsschritte

I. Hydrolyse

II. Versäuerung

III. Essigsäurebildung

IV. Methanbildung

Organische Polymere(Fette, Eiweiße, Kohlenhydrate)

Monomere

Hydrolytische Bakterien

H2, C1

CH4, CO2

Methanogene Archaeen

Flüchtige Fettsäuren,

Alkohole

Essigsäure

Acidogene Bakterien

Acetogene Bakterien

76% 4%20%

Biomassebildungs-koeffizient

0,04 - 0,10

0,04 - 0,10

0,02 - 0,06

0,02 - 0,04> 50%

Hydrogenotrophe

pH 4,5 – 7,0Temp. 55-65°C

pH 6,8 – 8,2Temp. 37-55°C

Abb. 2: Schematische Darstellung des Ablaufes der anaeroben

Fermentation, ergänzt um die optimalen Randbedingungen der einzelnen Fermentationsschritte und ein Maß für das Wachstum der beteiligten Mikroorganismen

Bisher sind die Erfahrungen damit allerdings zwiespältig. So kann zwar ge-zeigt werden, dass auf diesem Wege ein stark säurehaltiges Substrat die erste Phase verlässt und die Methankonzentration im Biogas der zweiten Phase ansteigt. Allerdings geht dies auf Kosten des spezifischen Methanertrages (Tab. 1). Diese Daten aus Batchversuchen bestätigen sich auch in Durch-flussversuchen der beteiligten Arbeitsgruppen. Das in der ersten Phase ge-bildete Hydrolysegas (CO2 und H2) ist die Ursache der verminderten Effizienz und stellt solange einen Verlust dar, als es nicht direkt (H2) oder indirekt (Methanbildung durch Gaseinpressung in die zweite Phase) genutzt werden kann. Der Wasserstoffnutzung steht die Mischung mit CO2 im Weg; bei der Gasrückführung fehlen noch klare Daten zur technisch-biologischen Lösbarkeit des Ansatzes.

Trotzdem stecken in der zweiphasigen Betriebsweise Potenziale für die Zu-kunft, so z.B. im gezielten Aufschluss schwer abbaubaren Materials. Hierzu wird aktuell eine gezielte Anpassung der Biozönose und/oder Enzymaus-stattung in verschiedenen Arbeitsgruppen bearbeitet Insgesamt führt Zwei-phasigkeit zu einen höheren Sensibilität des Prozessablaufes und erfordert damit einen höheren Kontrollaufwand.

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Tab. 1: Ergebnisse zur Auswirkung der Prozesstrennung bei Mono-Maisvergärung auf: die Zusammensetzung des Hydrolysats als Produkt der ersten Phase (links), den Methangehalt im Biogas (rechts oben) und den spezifischen Methanertrag (rechts unten). Zweiphasig heißt mit Prozesstrennung, einphasig laufen alle Fermentationsschritte im gleichen Reaktionsraum ab. Daten aus Preißler et al. (2008)

Säure Gehalt im Hydrolysat [mg/kg]

Essigsäureäquivalent 11450

Essigsäure 7637

Propionsäure 686

Iso-Buttersäure 22

n-Buttersäure 3297

Iso-Valeriansäure 103

n-Valeriansäure 113

Capronsäure 1678

Vergärung Methan im Biogas [%]

zweiphasig 61,3

einphasig 52,4

VergärungMethanertrag [LN /kg oTM]

zweiphasig 325

zweiphasig 340

einphasig 371

2.3 In-Line Status Kontrolle, die Basis einer Prozessführung

Der Kontrollaufwand im Prozessablauf steigt überproportional, je mehr die An-lage an ihre Leistungsgrenze kommt, da die Sensibilität entsprechend zunimmt. Nachdem Änderungen im Fermenterzustand im Einzelfall schnell (in Stunden) erfolgen, muss eine In-line Analytik nicht nur reproduzierbar, einfach und günstig, sondern auch schnell sein. NIRS birgt das Potenzial zur Erfüllung dieser Ansprüche und bietet sich für eine vollständige Messkette im Produktionssystem ‚Biogas’ an. Für das Messprinzip nachteilige Eigenschaften des Fermenterinhaltes (dunkle Farbe, wässrig, Emulsion-Suspension) er-schweren allerdings eine Erfassung mit NIRS. Außerdem kommt NIRS für einige der gewünschten Größen schnell an seine Nachweisgrenze. Zusätzlich erschwert eine an sich hohe räumliche, zeitliche und anlagenbedingte (Technik und Futter) Variation die Charakterisierung des mittleren Zustandes des Fermenterinhaltes.

Beispielhaft sind hier aktuelle Ergebnisse zur Abschätzung des Essig- und Propionsäuregehaltes eines Praxisfermenters mit NIRS dargestellt. Für Propion-säure (Abb. 3) konnte NIRS den grundsätzlichen Verlauf der Änderungen in den Gehalten über die Zeit gut abbilden. Die hohe Streuung von zeitnah ge-wonnenen NIRS-Daten belegt noch deutliche Defizite in der Präzision der Einzelmessung. Optimierungspotenzial steckt hier, neben der Verbesserung der NIRS-Kalibration, besonders in der Frage der Probenentnahme und -präsentation. Durch die Bildung eines gleitenden Mittelwerts für diesen Schlüsselparameter im Prozess kann schon jetzt das Geschehen In-line präziser abgebildet werden - allerdings auf Kosten der zeitlichen Auflösung.

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-1

1

3

5

7

9

1.2.07 1.4.07 1.6.07 1.8.07 1.10.07 1.12.07 1.2.08 1.4.08

HPr NIRS (g/kg) HPr Lab (g/kg)

Abb. 3: Änderung der Propionsäuregehalte [g/kg] in einem Praxisfermenter

über die Zeit, dargestellt anhand der Labormesswerte ( ) und NIRS-Schätzwerte (•). Statische Masszahlen zur NIRS-Kalibration: Probenanzahl = 49, Hauptkomponentenanzahl = 5, Vorhersagefehler aus der Kreuzvalidierung = 810 mg/kg und Korrelation zum Messwert bei der Kreuzvalidierung = 0,94 (Jacobi et al., 2008)

Auf den ersten Blick scheinen die Daten zur Essigsäure größere Unter-schiede zwischen Laboruntersuchung und NIRS-Schätzung zu zeigen (Abb. 4). Berücksichtigt man aber die deutlich geringere Spreizung der Daten und den tatsächlich ermittelten Schätzfehler der Methode (RMSEP) von 330 mg/kg für Essigsäure gegenüber 810 mg/kg für Propionsäure, so relativiert sich dieser Eindruck.

Das Potenzial zur Abbildung der Dynamik des Prozesses ist klar belegt und damit die Eignung von NIRS für eine In-line, On-line Prozessüberwachung der anaeroben Fermentation. Voraussetzung für eine Anwendung in der Prozessführung bleibt aber z.B. eine deutliche Reduktion des Schätzfehlers für Propionsäure und eine höhere Übereinstimung mit den Laborwerten für Essigsäure. Offen ist auch noch, ob allgemeingültige NIRS-Methoden ent-wickelt werden können, die unter allen Bedingungen einsetzbar sind, oder ob diese jeweils nur für eine Teilmenge ähnlich arbeitender Systeme gelten werden.

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0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

1.2.07 1.4.07 1.6.07 1.8.07 1.10.07 1.12.07 1.2.08 1.4.08

HAc NIRS (g/kg) HAc Lab (g/kg)

Abb. 4: Änderung der Essigsäuregehalte [g/kg] in einem Praxisfermenter

über die Zeit, dargestellt anhand der Labormesswerte ( ) und NIRS-Schätzwerte (•). Statische Masszahlen zur NIRS-Kalibration: Probenanzahl = 89, Hauptkomponentenanzahl = 4, Vorhersagefehler aus der Kreuzvalidierung = 330 mg/kg und Korrelation zum Messwert bei der Kreuzvalidierung = 0,74 (Jacobi et al., 2008)

2.4 Prozessführung durch Additive 3

Biogasadditive sind Stoffe, die in kleinsten Mengen im Fermentations-prozess notwendig sind bzw. diesen positiv beeinflussen. Innerhalb der großen Vielfalt an Stoffen, die unter diesem Etikett gehandelt werden, ist einzig für die Spurenelemente (SE) die Notwendigkeit ihrer Zufuhr aufgrund der spezifischen Ansprüche der Biozönose unstrittig. Insbesondere eine von Mais dominierte Vergärung kann durch Zugabe von Spurenelementen ver-bessert werden. So zeigt Abb. 5 die Beschleunigung des Abbauprozesses zu Beginn und die Erhöhung der Ausbeute über einen Zeitraum von 70 Tagen im Batchversuch auf. Im Durchflussversuch (Abb. 6) sichert die Zugabe einer Spurenelementmischung eine konstant hohe Umsetzung des Kohlen-stoffs aus Maissilage in Biogas (ca. 75 %), während der Prozess ohne SE-Zugabe zusammenbricht. In einem Praxisfermenter wurde eine starke Versäuerung des Prozesses mit Propionsäureanreicherung innerhalb von weniger als 2 Wochen kuriert (Abb. 7). Somit konnte kurzfristig die Raum-belastung der Anlage verdoppelt und eine überproportionale Zunahme der Leistung der Anlage erzielt werden.

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0

50

100

150

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350

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0,00 10,00 20,00 30,00 40,00 50,00 60,00 70,00

Zeit [d]

Akk

umul

iert

er M

etha

nert

rag

[ml/K

olbe

n]

Mit Spurenelementenunterversorgte Gülle

Mais-Monovergärung

Zugabe von Spurenelementen

Schnellerer Abbau= höhere Leistungsfähigkeit

der Fermenterbiologie(höhere Methanerträge)

Abb. 5: Vergleich der Methanakkumulation im Hohenheimer Biogasertrags-

test bei Mono-Vergärung von Mais in einer mit Spurenelementen unterversorgten (rote Kurve) bzw. supplementierten (schwarze Kurve) Gülle (Preißler et al., 2008)

Abb. 6: Auswirkung der Spurenelementversorgung auf die Bildung von

gasförmigem Kohlenstoff aus Maissilage im Durchflussversuch. Die Fermenter liefen vor dem SE-Zusatz knapp 1 Jahr in Mono-Vergärung und waren nach einer Versäuerung ausgehungert. Dunkelgrün ist die Variante ohne Zugabe von SE; hellgrün ist die-jenige, die zunächst ohne, nach dem zweiten Prozesszusammen-bruch, dann auch mit einer Supplementierung geführt wurde; alle anderen Varianten sind mit täglicher SE-Zufuhr (Lebuhn et al., 2008)

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Säureentwicklung von Fermenter 1 und Fermenter 2

0,000

1,000

2,000

3,000

4,000

5,000

6,000

7,000

8,000

02.02 .2007

09.02 .2007

16.02 .2007

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02.03 .2007

09.03 .2007

16.03 .2007

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30.03 .2007

06.04 .2007

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20 0

Säur

e [p

pm]

F1 HAC F1 Essigsäure F1 PropionsäureF2 HAC F2 Essigsäure F2 Propionsäure

SE

in F1

Abb. 7: Auswirkung einer Spurenelementzugabe (Pfeil) in einen ver-säuerten Praxisfermenter mit Propionsäurestau (Fermenter 1, durchgezogene Linien) auf den Gehalt an Gesamt-, Essig- und Propionsäure im Vergleich zu einem nicht-supplementierten Fermenter derselben Anlage (Fermenter 2, gestrichelte Linien) (Preißler et al., 2007)

Diese Beispiele belegen sehr klar, dass die Kontrolle der Spurenelementver-sorgung ein Schlüsselelement in der Prozessführung darstellt. Dass darin aber nicht automatisch die Lösung steckt, zeigt Abb. 8. Hier konnte eine ver-säuerte Mono-Grasvergärung durch die Zugabe von Spurenelementen allein nicht revitalisiert werden. Eine anschließende Zugabe von Bentonit ver-besserte den Prozessablauf nur vorübergehend. An diesem Beispiel zeigt sich das Dilemma im Bereich Zusatzstoffe: es gibt eine Vielzahl positiver Er-fahrungen für einzelne Stoffe, dem gleichzeitig viele Beispiele ohne Wirkung gegenüberstehen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass Biogas-additive auch eine Belastung der Prozesskette darstellen können. So kann z.B. durch die Zugabe von Spurenelementen eine unzulässig hohe Belastung des Gärrestes mit einzelnen Schwermetallen entstehen.

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Keine Fütterung

Abb. 8: Auswirkung einer Zugabe von Spurenelementen und Bentonit auf

den spezifischen Methanertrag einer versäuerten, thermophilen Gras-Monovergärung im Durchflussversuch. Zwischen den senk-rechten gestrichelten Linien war die Fütterung ausgesetzt (Lebuhn, unveröffentlicht)

Für die Prozessführung ist zentral, dass die genannten Wirkungen der SE nicht per se entstehen sondern indirekt über den Ausgleich einer Unterver-sorgung bei den die Umsetzung durchführenden Mikroorganismen. Mit einer Kausalanlayse ist deshalb hier anzusetzen (Bauer et al., 2008), um über das Prozessverständnis zur gezielten Prozessführung zu kommen. 3. Schlussfolgerung

Es sind klar erkennbare Möglichkeiten zur Optimierung des Fermentations-prozesses gegeben, die im Mittel höhere Raumbelastungen und kürzere Ver-weilzeiten realistisch erscheinen lassen. Auch befindet sich die Entwicklung der dazu benötigten In-line Erfassung des Fermenterzustandes mit NIRS auf einem guten Weg. Allerdings besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf zu den Fragen

(1) der Grenzwerte (Prozess, Gärrest) in der Spurenelementversorgung, (2) bei der Wirkungsweise anderer Biogasadditive, (3) im Potenzial, das gezielte Futtermischungen bieten könnten, und ob (4) technisch verfeinerte Ansätze (z.B. Phasentrennung) zur Optimierung

beitragen können.

4. Literatur

Batstone, D.J., Keller, J., Angelidaki, I., Kalyuzhnyi, S.V., Pavlostathis, S.G., Rozzi, A., Sanders,W.T.M., Siegrist, H., Vavilin, V.A., 2002: Anaerobic Digestion Model No. 1. IWA Task Group on Mathematical Modelling of

VDLUFA Schriftenreihe 64 Workshop „Bioenergie“

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Anaerobic Digestion Processes. IWA Scientific and Technical Report No. 13.

Bauer, C., Korthals, M., Gronauer, A., Lebuhn M., 2008: Methanogens in biogas production from renewable resources – a novel molecular popula-tion analysis approach. Water Sci. Tech. 58(7), 1433-1439.

Jacobi, H. F., Andree, H., Thiessen, E., Hartung, E., 2008: NIRS-Online-Monitoring of the Biogas Process. Vth International Symposium on An-aerobic Digestion of Solid Wastes and Energy Crops, Hammamet, Tuni-sia.

Lebuhn, M., Liu, F., Heuwinkel, H., Gronauer, A., 2008: Biogas production from mono-digestion of maize silage – long-term process stability and requirements. Water Sci. Tech. 58(8), 1645-1651.

Preißler, D. et al., 2007: Güllefreie Vergärung von nachwachsenden Roh-stoffen, FORTSCHRITT BEIM BIOGAS, Internationale Tagung, IBBK, Hohenheim, 18.-21. September 2007.

Preißler, D. et al., 2008: Bietet eine separate Hydrolyse zusätzliche Potentiale in NawaRo-Biogasanlagen? Fachtagung der Arbeitsgruppe Biogas beim TBV e.V., Großrudestedt, 5.6.2008.

Preißler, D. et al., 2008: Spurenelementeinsatz in Biogasanlagen - Grund-lagen und Praxis, DLG-Arbeitsgruppe Biogas, Surwold, 6. / 7. Februar 2008.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Probleme der Biogasproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen im Langzeitbetrieb und molekular-biologische Analytik M. Lebuhn1, C. Bauer1, A. Gronauer1 1Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Landtechnik und Tierhaltung, Freising 1. Einleitung: Hintergründe der Biogasproduktion aus nach-

wachsenden Rohstoffen

Die anaerobe Vergärung wurde bereits vor über 2000 Jahren eingesetzt, um aus organischer Masse Energie (Biogas) und Dünger (Gärrest) zu gewinnen. Mit der Verknappung fossiler Energieträger und der Erkenntnis, dass die Emissionen klimarelevanter Gase ein entscheidender Faktor für das "Global Change Szenario" sind, gewinnt die anaerobe Vergärung von erneuerbaren (organischen) Energieträgern weltweit an Attraktivität. Heutzutage ist die Biogasproduktion eine der zukunftsträchtigsten Biotechnologien zur nach-haltigen Produktion von Energie und Energieträgern wie Methan. Dies liegt einerseits an explodierenden Preisen für die Energie- (aber auch Rohstoff-) Versorgung, bei sachgemäßem Einsatz kann die Biogastechnologie aber auch wesentlich zur Einsparung fossiler Energieträger und zur Verringerung der Emissionen klimarelevanter Gase beitragen (Verstraete et al., 2005).

Für die EU-25 prognistiziert die European Environment Agency der Land-wirtschaft eine Verdreifachung der nachhaltigen Produktion von Biomasse bis 2030, während diese Entwicklung für Abfall und Forst eher stabil bleiben soll. Die Landwirtschaft wird demnach annähernd die Hälfte dieser Bio-masse produzieren. Entsprechend wurde die Forschung zur effizienten Nutzung landwirtschaftlicher Biomasse zur Energiegewinnung intensiviert. Der Anteil der Stromproduktion aus Biogas betrug 2006 in Deutschland etwa 1 % und in Bayern etwa 2,5 % der gesamten Elektrizitätsproduktion. Dabei haben landwirtschaftliche Biogasanlagen, in denen nachwachsende Roh-stoffe (NawaRo) zur Energiegewinnung vergoren werden, in den letzten Jahren stark zugenommen. Derzeit gibt es in Deutschland knapp 4000 Bio-gasanlagen, davon ca. 1400 Bayern, von denen etwa 77 % mit NawaRo zu-sammen mit Wirtschaftsdünger und etwa 8 % rein mit NawaRo (ohne Wirt-schaftsdünger) betrieben werden. Ursachen hierfür sind vor allem, dass eine Reihe landwirtschaftlicher Biogasanlagen ohne Viehhaltung zur Energie-gewinnung betrieben werden, und dass die Energieerträge aus NawaRo höher als aus Wirtschaftsdünger sind. Dabei stellen Maissilage neben Gras- und Getreide-Ganzpflanzensilagen den größten Teil der eingesetzten NawaRo.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Die Klimabilanz von Mono-NawaRo-Anlagen ist umstritten. Für einen öko-logisch und ökonomisch sinnvollen Betrieb muss bestmögliche Effizienz erreicht werden. Die prozesstragende Mikroorganismengesellschaft muss also bestmöglich und durchgängig aktiv und der verfahrenstechnische Rahmen dafür optimal ausgelegt sein. Erfahrungen im Langzeitbetrieb aus-schließlich mit NawaRo beschickter Anlagen liegen allerdings nicht vor, und weniger als 1 % der prozesstragenden Mikroorganismen sind bekannt. Die Anlagen werden als "black box" nach dem "trial-and-error"-Prinzip be-trieben. Entsprechend häufen sich Berichte zu Prozessstörungen, Problemen im Anfahrbetrieb oder gar Havarien solcher Mono-NawaRo-Anlagen.

Aus diesen Gründen wurde jüngst die Forschung zu Ursachen der Prozess-störungen und zur Mikrobiologie der Biogasproduktion aus NawaRo stark intensiviert. Erste relevante Erkenntnisse sind beispielsweise, dass der Anteil der hydrogenotrophen Methanogenese (Methanbildung aus H2 und CO2) an der Biogasbildung aus NawaRo bisher stark unterschätzt wurde (Bauer et al., 2008; Klocke et al., 2008), und dass die Ausschwemmung bestimmter Spurenelemente ein Grund für Prozessstörungen mit Versäuerungs-Symptomatik sein kann (Jarvis et al., 1997; Preissler et al., 2007; Lebuhn et al., 2008). Die vorliegende Arbeit hatte folgende Zielstellungen:

(1) Langzeit-Monitoring der Biogasproduktion aus Maissilage im Durchflussbetrieb,

(2) Feststellung eventueller Prozessstörungen und Ursachen-forschung auf biochemischer und mikrobiologischer Ebene,

(3) Definition von Maßnahmen zur Behebung der Störungen und Sicherung eines stabilen Langzeitbetriebs.

2. Material und Methoden

2.1 Biogasreaktoren und Fermentermanagement

Im Juni 2006 wurden 6 Durchflussfermenter (B1 - B3, C1 - C3) mit einem Arbeitsvolumen von 28 - 32 L (Abb. 1) mit 50 % Wasser und 50 % "Standardbiozönose" einer 3,5 m³ Pilotanlage (Gronauer et al., 2006) an-gefahren. Im Juli wurden sie in den Mono-Nawaro-Betrieb (70 % Mais-, 30 % Grassilage) und am 2.8.2006 in den Mono-Mais-Betrieb überführt. Die kontrolliert mesophil (38°C) betriebenen Rührkesselfermenter wurden 1x täglich manuell gefüttert. Erhöhungen der organischen Raumbelastung (OLR) und der Temperatur erfolgten in kleinen Schritten (0,5 g oTS * (L * d)-

1 bzw. 0,3°C * d-1) nach ca. 14 d bei stabilem Betrtieb. Gasvolumen und Gas-zusammensetzung wurden stündlich online gemessen und Proben offline chemisch analysiert (Gronauer et al., 2006).

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Abb. 1: Semikontinuierlich betriebene 36 L Versuchsfermenter 2.1 Chemische und physikalische Parameter

Die Biogasproduktion wurde mittels Ritter Milligas-Countern kontinuierlich gemessen und die Produktionsraten auf Normalbedingungen umgerechnet Die Gaszusammensetzung (CH4, CO2, O2, H2, H2S) wurde kontinuierlich mit AWISE-Gasanalysesystemen bestimmt (Gronauer et al., 2006).

Chemische Analysen von Fermenterinhalten und Silagen wurden nach Deutschen Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammunter-suchung (1981) bzw. nach VDLUFA (1997) durchgeführt. Folgende Para-meter wurden bestimmt: TS, VS, pH, NH4-N, flüchtige Fettsäuren (C2-7), FOS/TAC (Zweipunkt-Titrationsmethode, modifiziert, De Haas and Adam, 1995), Makroelemente (Gesamt C, N, P, K, Ca, Mg, S) mittels Elementar-analyse oder ICP-OES, Spurenelemente (Fe, Ni, Cu, Co, Mn, Se, Mo, Zn, Al, B, Cd) aus dem Königswasseraufschluss über AAS oder ICP-OES bzw. mit der Graphitrohrmethode sowie Temperatur und Luftdruck. 2.2 Molekularbiologische Untersuchungen

Für ausgewählte Proben wurden Populationen methanogener Archaea ana-lysiert. Dabei wurde eine direkte PCR-Klonierungs-Strategie angewandt. Zielmolekül der PCR war eine etwa 430 bp lange Sequenz der Untereinheit A des Gens der Methyl-Coenzym M Reduktase (mcrA bzw. Allel mrtA). Das Schlüsselenzym der Methanogenese ist ausschließlich in methanogenen Archaeen zu finden. Die bioinformatische Überprüfung der konstruierten Primer MeA (Bauer et al., 2008) ergab, dass kein anderer Organismus in der stringenten PCR ein positives Signal ergeben sollte. Entsprechend waren Bacteria negativ während Typ- und Referenzstämme methanogener Archaea ein Amplicon korrekter Länge produzierten (Bauer et al., 2008).

Zunächst wurde von den Fermenterproben über eine optimierte Methode (Lebuhn et al., 2003, 2004) DNA extrahiert. Aliquots der extrahierten DNA

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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wurden mittels MeA-PCR amplifiziert (Bauer et al., 2008) und die ge-reinigten Amplicons entweder direkt unter Einsatz des TOPO-TA® cloning kits (Invitrogen) in E. coli kloniert. Die Plasmide zufällig ausgewählter Klone wurden (ggf. DNA nach Reinigung und Reamplifizierung) sequenziert und die Sequenzen phylogenetisch analysiert. 2.3 Zusatz von Spurenelementen Nach etwa 10 Monaten Mono-Nawaro-Betrieb zeigten sich bei den 6 Fermentern B1 – C3 Versäuerungssymptome, obwohl die OLR mit (2,0 – 2,4 g oTS * (L * d)-1) relativ gering war. Nach einer kurzen Einstellung der Fütterung wurde sie mit einer niedrigeren OLR (1,0 – 2,2 g oTS * (L * d)-1) wieder aufgenommen, die Reaktoren versäuerten erneut und die Biogas-produktion ging stark zurück. Mitte Mai 2007 lagen die FOS/TAC-Werte in den Fermentern B1 und C1 im Bereich 1,0 – 1,3, in den Fermentern C2 und C3 im Bereich 1,3 – 2,9 und in den Fermentern B2 und B3 im Bereich 0,8 – 1,2. Danach wurde die Fütterung abhängig vom Grad der Versäuerung bis zum Abbau der angestauten Fettsäuregehalte für 20 – 40 d völlig eingestellt. Tab. 1: Zusammensetzung des Spurenelement- (SE-) Cocktails und täg-

licher Zusatz

Seit 2.7.2007 wurde den Fermentern B1 und C1 täglich 60 µL (1xSE) eines Spurenelementcocktails (Tab. 1) und den Fermentern C2 und C3 600 µL (10xSE) des Cocktails zugesetzt. Zur Fällung von Sulfiden war dem SE-Zusatz die Zufuhr von 60 oder 600 µL einer Lösung von FeCl3*6H2O (1,453.23 mg * L-1) vorangestellt. Fermenter B2 und B3 blieben als Kontrollen ohne SE-Zusatz. Ab 2.7.2007 wurde die Fütterung der Fermenter B1, B2 and C2 mit einer OLR von 0,63 g oTS * (L * d)-1 und ab 25.7.2007 der Fermenter B3, C1 and C3 mit einer OLR von 0,52 g oTS * (L * d)-1 wieder aufgenommen. Die FOS/TAC-Werte lagen dabei jeweils unter 0,5. Wegen relativ hoher Gehalte von Cu und Zn in den Fermentern und in den

zu [Cu] und [Zn] siehe Text

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Silagen wurde seit 5.3.2008 auf den Zusatz dieser Elemente im SE-Cocktail verzichtet Ab 29.3.08 erfolgte kein initialer Zusatz von FeCl3*6H2O mehr. 3. Ergebnisse

3.1 Effekte des Spurenelementzusatzes auf die Prozessstabilität

Die Effekte des Spurenelement- (SE-) Zusatzes auf den Methanertrag der Versuchsfermenter B1 – C3 sind in Abb. 2 für den Zeitausschnitt bis Februar 2008 dargestellt. Während die Fermenter mit SE-Zusatz einen stabil hohen Methanertrag aus der zugesetzten Maissilage lieferten (stabiler Betrieb bei OLR 4 g oTS * (L * d)-1 im August 2008) versäuerten die Kontrollfermenter B2 Mitte Oktober 2007 und B3 Anfang Dezember 2007, obwohl die OLR relativ gering waren (Abb. 2). Der Umsatz des gefütterten C in die Gasphase betrug in den Varianten mit SE-Zusatz etwa 70 %. Der FOS-TAC-Wert lag mit SE-Zusatz immer im Bereich 0,5, während er in Fermenter B2 Mitte November 2007 auf über 7 und in Fermenter B3 Ende Dezember 2007 auf 2,5 anstieg (Lebuhn et al., 2008). Dabei erreichten die Propionsäure-Gehalte in den Kontrollfermentern hohe Werte (in B2 bis zu 290 mg * L-1 bzw. 3,5 g * kg TS-1), während sie mit SE-Zusatz unter der Nachweisgrenze lagen. Auch höhere Fettsäuren (Iso-Buttersäure, Buttersäure, Iso-Valeriansäure, Valerian-säure, Capronsäure, Oenanthsäure) waren in bedeutendem Umfang in den Kontrollfermentern messbar, nicht aber in den supplementierten Fermentern. Der pH-Wert ging im Fermenter B2 auf Werte bis zu 6,3 zurück, während die pH-Werte in den anderen Fermentern immer über 7 lagen.

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S-1)

Datum der Gasmessung

B2 (Kontrolle) B3 (Kontrolle)B1 (1xSE) C1 (1xSE)C2 (10xSE) C3 (10xSE)OLR (B2), B1, C2 OLR (B3), C1, C3

der Pfeil markiert den erstmaligen Zusatz des Spurenelementcocktails Abb. 2: Methanertrag und organische Raumbelastung der Versuchs-

fermenter B1 – C3 nach Spurenelementzusatz und Wiederanfahren

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In der Folge wurde die Fütterung der Kontrollfermenter B2 und B3 aus-gesetzt und Fermenter B2 zur Fortführung von Versuchen mit Löschkalk auf einen pH-Wert etwas über 7 eingestellt. Wiederanfahrversuche von Fermenter B2 scheiterten zunächst (Abb. 2) und waren erst kürzlich nach Zusatz des SE-Cocktails erfolgreich (nicht dargestellt).

Die Spurenelementgehalte der Inhalte der supplementierten und der Kontrollfermenter waren etwa zum Zeitpunkt des ersten SE-Zusatzes hin-sichtlich Al, B, Cd, Cu, Fe, Mn, und Zn nicht interpretierbar verschieden. Die Co-Gehalte lagen aber in den Kontrollen mit etwa 10 µg * L-1 nur halb so hoch wie in den supplementierten Fermentern B1 und C1-C3 und stiegen in den Fermentern B1 und C1-C3 im betrachteten Zeitraum abhängig vom Zusatz deutlich an (Lebuhn et al., 2008). Ein ähnliches Verhalten war für Ni und Se sowie tendenziell für Mo zu beobachten (nicht dargestellt). 3.1 Molekularbiologische Analysen

Tab. 2: Prozentualer Anteil von mcrA/mrtA-Fragmenten in den Fermentern B1 und B2 und phylogenetische Zuordnung auf Ordnungsebene

B1, 25.2.08 1xSE; OLR 3,6 (%)

B1, 17.7.08 1xSE; OLR 4 (%)

B2 (13.6.07) versäuert, 0 SE, OLR 1,5 (%)

B2 (17.7.08) versäuert, 0 SE, OLR 1 (%)

Methanopyrales, ANME 0 0 0 0 Methanococcales 0 0 0 0 Methanobacteriales* 35 9 13 50 Methanomicrobiales 18 18 87 50 Methanosarcinales (M.sarcinaceae) (M.saetaceae)

47 (29) (18)

73 (73) (0)

0 (0) (0)

0 (0) (0)

* enthalten 1 mcrA und 1 mrtA Gen Tabelle 2 zeigt Ergebnisse aus den Klonierungsexperimenten für die Fermenter B1 (1xSE) und B2 (Kontrolle) für jeweils 2 Zeitpunkte. In keiner der untersuchten Proben konnten den Methanopyrales, den Methanococcales oder den anaeroben Methanoxidierern (ANME) zu-zuordnende mcrA/mrtA-Sequenzen gefunden werden. Im supplemen-tierten Fermenter B1 dominierten mcrA/mrtA-Sequenzen der Ordnung Methanosarcinales, während diese im versäuerten Fermenter B2 nicht ge-funden wurden. Hier dominierten Archaeen der Ordnungen Methanobacteriales und Methanomicrobiales (bisher nur obligat hydrogenotrophe Vertreter

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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bekannt geworden) die im Fermenter B1 schwächer vertreten waren. Mit der im Versuchsverlauf (leicht) gesteigerten Fütterung von Fermenter B1 und der gestiegenen Acetat-Konzentration sank die Abundanz von Methanosaetaceae innerhalb der Methanosarcinales (Tab. 2). 4. Diskussion

Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein Mono-Mais-Betrieb von Biogasanlagen auch in Langzeitperspektive bei hoher Leistung problemlos möglich ist, wenn eine ausreichende Spurenelementversorgung gesichert ist. Die be-obachtete Versäuerung (Abb. 2) beruht höchstwahrscheinlich auf einem durch gehemmte Methanogenese bei gleichzeitig intensiver Hydrolyse und Acido/Acetogenese verursachten Säurestau. Erst durch die ausreichende Ver-sorgung der Methanogenen (u.U. auch syntrophen Bacteria) mit essentiellen Spurenelementen (SE-Zusatz, Tab. 1) konnten die akkumulierten Fettsäuren abgebaut werden. Offenbar war insbesondere Co limitierend, möglicher-weise aber auch Ni, Se und Mo. Diese 4 Elemente sind essentiell für eine funktionierende Methanogenese. Für Co besteht anscheinend eine Mindest-schwelle von ca. 20 µg * L-1. Eine Schwelle in dieser Höhe stellten auch Jarvis et al. (1997) für die Methanisierung von Grassilage fest.

Der vergleichenden Populationsanalyse (Tab. 2) zufolge waren bei aus-reichender SE-Versorgung Methanosarcinales dominant. Diese tragen offen-bar bei stabilem Mono-Mais-Betrieb hauptsächlich den Prozess, werden aber bei SE-Mangel ausgedünnt. Dass innerhalb der Methanosarcinales bei höheren Acetat-Gehalten Methanosaetaceae verschwanden, entspricht Er-gebnissen verschiedener anderer Studien. Die bei SE-Mangel dominanten hydrogenotrophen Methanogenen haben offenbar eine höhere Toleranz gegenüber geringen SE-Gehalten. Danksagung Wir danken der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FKZ 220-11-505, 220-11-905) für die finanzielle Unterstützung. 6. Literatur Bauer, C., Korthals, M., Gronauer, A., Lebuhn, M., 2008: Methanogens in

biogas production from renewable resources – a novel molecular popula-tion analysis approach. Wat. Sci. Tech., submitted

De Haas, D.W., Adam, N., 1995: Use of a simple titration procedure to de-termine H2CO3* alkalinity and volatile fatty acids for process control in wastewater treatment. Water SA 21(4), 307-317

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Deutsche Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammunter-suchung, 1981: Wasserchemische Gesellschaft, Fachgruppe in der GDCh / in Gemeinschaft mit dem Normenausschuss Wasserwesen (NAW) im DIN e.V. (eds.), Weinheim, Wiley-VCH

Gronauer, A., Schlattmann, M., Speckmaier, M. und Metzner, T., 2006: Konzeptionierung, Erstellung und Betrieb einer Versuchsfermenteranlage zur Bearbeitung von Fragestellungen im Bereich Inputmaterialien und Mikrobiologie bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen. Bayer. Landes-anstalt für Landwirtschaft, ILT-Forschungsbericht, 198 pp.

Jarvis, Å., Nordberg, Å., Jarlsvik, T., Mathisen, B. and Svensson, B.H., 1997: Improvement of a grass-clover silage-fed biogas process by the addition of cobalt. Biomass Bioen. 12(6), 453-460

Klocke, M., Nettmann, E., Bergmann, I., Mundt, K., Souidia, K., Mumme, J. Bernd Linke, B., 2008: Characterization of the methanogenic Archaea within two-phase biogas reactor systems operated with plant biomass. Syst. Appl. Microbiol. 31, 190–205

Lebuhn, M., Effenberger, M., Gronauer, A., Wilderer, P. A., Wuertz, S., 2003: Using quantitative real-time PCR to determine the hygienic status of cattle manure. Wat. Sci. Tech. 48(4), 97-103

Lebuhn, M., Liu, F., Heuwinkel, H., Gronauer, A., 2008: Biogas production from mono-digestion of maize silage – long-term process stability and requirements. Wat. Sci. Tech., submitted

Preißler, D., Lemmer, A., Oechsner, H., Jungbluth, T., 2007: Güllefreie Ver-gärung von Maissilage. Landtechnik 3, 160-161

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und For-schungsanstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 1997: Handbuch der Landwirt-schaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Band III Die chemische Untersuchung von Futter-mitteln. VDLUFA-Verlag, Darmstadt

Verstraete, W., Morgan-Sagastume, F., Aiyuk, S., Waweru, M., Rabaey, K., Lissens, G., 2005: Anaerobic digestion as a core technology in sustainable management of organic matter. Wat. Sci. Tech. 52(1-2), 59-66

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Untersuchungen zu Verlusten an Trockenmasse in Siloanlagen mit unterschiedlicher Abdeckung bei Biogasanlagen. W. Richter1, N. Zimmermann1, S. Neser1 M. Schuster1, K. Kölln-Höllrigl1, J. Triller-Hofmann2, H. Geitner2, I. Rosenbauer2 1Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising und Grub 2Amt für Landwirtschaft und Forsten, Nördlingen 1. Einführung Eine stabile Lagerung über einen mehrmonatigen Zeitraum ist durch die luftdichte Lagerung d.h. die Silierung von feuchter Biomasse möglich. Das Ziel ist dabei die am Feld erzeugten Nährstoffe über den Futterbarren in Milch und Fleisch umzuwandeln und dies mit sowenig Umwandlungsver-lusten wie nur möglich. Aus Kostengründen, der besseren Vergärbarkeit und wegen der geringeren Umweltbelastung wird versucht das Grüngut vorzu-welken und somit den Gär- bzw. Sickersaft zu vermeiden. Die luftdichte Ab-deckung gewährleistet, dass der im Grüngut vorhandene Zucker in Milch-säure umgewandelt wird. Die dadurch bedingte pH-Wertabsenkung gewährleistet, dass nicht eine ungewünschte buttersaure noch essigsaure Silage entsteht. Durch eine hohe Verdichtung wird dafür gesorgt, dass CO2, das schwerer als Luft ist, nicht so schnell abfließt und der Sauerstoff nicht so schnell in den Silostapel eindringt. Der vorhandene Restzucker sowie der eindringende Sauerstoff ermöglichen es den Hefen ihren zunächst anaeroben Stoffwechsel, bei dem sie Alkohol bilden in den aeroben Stoffwechsel umzu-stellen, bei dem sie nahezu 10-mal mehr Wärme bilden. Die Nacherwärmung der Silagen mit anschließender Verschimmelung wird durch die aerobe Stabilität in Tagen gemessen. Das Risiko der Wiedererwärmung von Silagen ist umso geringer, je länger das Silo geschlossen bleibt und je besser durch-gegoren die Silagen sind. Ist nun der Einsatz von verdorbenem Futter bei der Biogasproduktion möglich? Zunächst entfallen hier die futtermittelrecht-lichen Einschränkungen, wenn nicht der Gärrest verfüttert werden soll. Es erhebt sich aber die Frage, ob die Gasausbeute oder der Fermentations-prozess durch Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) beeinträchtigt wird. Diese Frage stellt sich dann, wenn auf die Abdeckung der Silos verzichtet wird oder eine Begrünung mit z.B. Roggen erfolgt. Diese Art der Abdeckung bringt enorme Arbeitserleichterung mit sich, da sie nicht entfernt werden muss und mitvergoren werden kann (Bild 1). Fahrsilos für Biogasanlagen sind in der Regel als Nebeneinrichtung einer Biogasanlage zu sehen. Damit ist der Bau und der Betrieb von Fahrsilos für Biogasanlagen durch das BImSchG geregelt.

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Abb. 1: Eingrünung von Maissilos ohne Folienabdeckung (Foto Richter) Aufgrund der derzeit geringen Kenntnis über die immissionsfachlichen Wirkungen der o.g. Fahrsilos einerseits und wachsender Anwohner-beschwerden andererseits ist die Beachtung folgender Hinweise bei der Planung, dem Bau und Betrieb sinnvoll:

Ab Abständen von 300 m zur Wohnbebauung (allgemeines Wohngebiet) ist davon auszugehen, dass die Eingrünungspraxis bei Fahrsilos zu keinen wesentlichen Belästigungen führt. Gegenüber Dorfgebieten kann dieser Ab-stand bis auf die Hälfte reduziert werden. Die Eingrünungspraxis sollte nur bei befestigten Silos mit entsprechender Ableitung des Oberflächenwassers und des Sickersaftes angewandt werden. Durch die einsickernden Nieder-schläge ist mit einem höheren Anfall an Sickersaft bzw. kontaminiertem Niederschlagswasser zu rechnen. Ausschließliche Abdeckung mit Gülle oder Festmist ist nach derzeitigem Kenntnisstand abzulehnen. Da Trockenmasse-verluste bzw. die erzielbare Gasausbeute aus der Silage einen sehr großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlagen hat, sollten fundierte Ergebnisse für die Beratungsarbeit gewonnen werden. 2. Material und Methoden

In einer Feldstudie wurde in 4 Betrieben in Zusammenarbeit mit dem Amt für Landwirtschaft und Forsten Nördlingen durchgeführt, um die Aus-wirkung unterschiedlicher Abdeckungen bei Fahrsiloanlagen zu untersuchen, da es sich zur gängigen Praxis entwickelt hatte aus arbeitswirtschaftlichen Gründen auf die Abdeckung von Fahrsiloanlagen, in der Praxis bestehender Biogasanlagen im Leistungsbereich von 300 kW bis über 1MW, zu ver-zichten. Um eine möglichst gute Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu er-reichen wurden räumlich sehr nahe beieinanderliegende Biogasanlagen mit

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ackerbaulich sehr ähnlichen Voraussetzungen ausgewählt. Alle untersuchten Anlagen befinden sich im zentralen Ries. Die weiteste Entfernung zwischen den Anlagen beträgt ca. 10 km Luftlinie. In diesen vier Betrieben im Land-kreis Donau-Ries wurden im Herbst 2006 Bilanznetze in den Silomais ein-gelegt. Es wurde teilweise mit wechselnder Anzahl an Häckslern geerntet Festgefahren wurde ca. ab 1/3 der Füllhöhe des Silos und verstärkt erst gegen Ende der Silierung. Es wurden vier Abdeckvarianten untersucht: Folie mit Unterziehfolie (Betrieb 1), gemähter Raps – Ganzpflanze unzerkleinert (Betrieb 2), gehäckselte Sonnenblumen (Betrieb 3), ohne jegliche Abdeckung (Betrieb 4). Die benötigte Menge des Ausgangsmaterial pro Netz betrug ca. 3 kg. Die Trockenmasse-Proben wurden von Mitarbeitern des ALF Nördlingen ge-zogen und die TM am ALF Nördlingen bestimmt. Die Probe für die Be-stimmung der Rohnährstoffe und Gärparameter wurde an das ITE der LfL weitergeleitet und dort untersucht.

Abb. 2: Einlegen der Bilanznetze (Foto Rosenbauer) 12 Bilanznetze wurden pro Silo, aufgeteilt auf 3 Lagen, eingelegt. Oben sollten noch ca. 50 cm bedeckt werden, Mitte etwa bei Erreichen der halben Ernte, unten bei Beginn der Walzarbeit bei ca. 1 – 1,5 m Füllhöhe im Silo. Da sich die Ernte über mehrere Tage hinzog, wurde für jede Lage das aktuelle Material verwendet Die Entnahme der Netze erfolgte im Sommer 2007. Sobald vom Landwirt ein Band bei der Entnahme entdeckt wurde, wurden auch alle anderen Netze entnommen. Die Außentemperatur und mind. 6 Messpunkte im Silo wurden gemessen. Jeder Messpunkt im Silo wurde in zwei Einstichtiefen 40 cm und 100 cm abgelesen. Vor jeder

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Messung mit dem Temperaturmessgerät im Silo wurde mit dem ent-sprechenden Bohrstock ein Loch vorgebohrt, um Beschädigungen an der Temperatursonde zu vermeiden. Die Probenahme erfolgt mit einem kommerziellen Probenbohrer. Es wurde möglichst in der Silomitte beprobt. Es wurde für jeden Meter in der Silohöhe mind. eine Bohrung angestrebt. Die Bohrung erfolgte waagrecht in den Siloanschnitt. Die Dichte wurde über das Volumen (m³) der Bohrung und über den Innendurchmesser des Bohr-zylinders (= 4,5cm) Bohrtiefe ermittelt. Zur Bestimmung der Trockenmasse werden 300 bis 400 g der Frischproben in ein Trockenblech gewogen und im Trockenschrank für 36 h bei 65 oC und Frischluftbetrieb vorgetrocknet Anschließend werden die Proben 4 h bei 105 oC im Umluftbetrieb fertig ge-trocknet Nach Rückwaage wird der Trockenmassegehalt berechnet Die Analysenprobe wird ausschließlich bei 65 oC getrocknet und gemahlen. Die Nährstoffuntersuchungen der Silageproben erfolgen mittels NIRS Analyse. Die Gärparameter wie Milch-, Essig-, Propion- und Buttersäuresäure sowie der Ammoniakgehalt wurden ionenchromatographisch (VDLUFA, 2006) bestimmt. Die Bestimmung der aeroben Stabilität erfolgte nach Honig (1990) bei Raumtemperatur von 20°C. 3. Ergebnisse

Bei allen vier Betrieben wurde im Juli 2007 zeitnah zur Bergung der Bilanz-netze ein Controlling (Richter et al., 2007) durchgeführt. Tab. 1: Temperatur im Silo (°C) verschiedener Praxissilos bei 100 cm Ein-

stichtiefe Abdeckung Folie Raps Sonnenblumen ohne Betrieb Betrieb 1 Betrieb 2 Betrieb 3 Betrieb 4 oben 24,0 30,9 32,0 30,3 Mitte 25,8 31,3 27,1 28,8 unten 23,9 27,6 24,6 26,4 Durchschnitt im Silo 24,6 29,3 27,9 28,5 Außentemperatur 16,2 19,0 16,5 19,7

Es wurde die Kerntemperatur (100 cm) und die Temperatur bei 40 cm er-fasst. Da der Unterschied zwischen beiden Messtiefen jeweils minimal war, wird in Tabelle 1 nur die Kerntemperatur angegeben. In dem mit Folie ab-gedecktem Silo schwankte die Temperatur zwischen oben und unten zwischen 24°C und 25°C. Bei den drei Silos ohne Folienabdeckung be-wegten sich die Temperaturen von oben nach unten zwischen 32°C und 25°C. Dies deutet eine Nacherwärmung an. Klar zeigt sich, dass die drei Silos ohne Abdeckung vor allem im oberen Bereich eine deutliche Er-

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wärmung (durchschnittlich 31,1°C ) aufwiesen. Bei der Ermittlung der Dichte zeigt sich eine erwartete Erhöhung der Dichte von oben nach unten (Tab. 2). Im abgedeckten Silo von 185 kg TM/m³ auf 249 kg TM/m³ und in den nicht abgedeckten Silos von durchschnittlich 175 kg TM/m³ auf durch-schnittlich 237 kg TM/m³. Es wird deutlich, dass alle vier Betriebe ein Problem mit der Verdichtung des Silos im oberen Bereich hatten. Tab. 2: Dichte im Silo (kg TM/m³) der beprobten Betriebe Abdeckung Folie Raps Sonnen-

blumen ohne nicht abgedeckt

Betriebe Betrieb

1 Betrieb 2

Betrieb 3

Betrieb 4

Durchschnitt Betriebe 2-4

oben 185 196 158 170 175 Mitte 209 223 214 205 214 unten 249 251 240 220 237 Durchschnitt im Silo

214 223 204 198 208

Silohöhe 4,0 m 4,8 m 6,5 m 5,0 m - Je höher das Silo, desto schlechter ist die obere Schicht verdichtet Ein Grund hierfür ist möglicherweise die erhöhte Unfallgefahr beim Festwalzen in großer Höhe. Im unteren Bereich erkennt man bei allen eine optimale Verdichtung. Die große Silohöhe von bis zu über 6 m wirkt sich hier positiv aus. Grundsätzlich gilt: Je geringer die Auflockerung bei der Entnahme und je größer der Vorschub, desto geringer ist die Gefahr einer Nacherwärmung im Silo. Die Rohnährstoffe zeigen nur geringe Unterschiede auf (Tab. 3). Dabei zeigt sich, dass der Rohaschegehalt der Netze sich oben durch den Abbau an organischer Substanz erhöhen und der Energiegehalt sich er-niedrigt. Der erhöhte Rohaschegehalt im unteren Bereich des abgedeckten Silos, erklärt sich durch die ungünstigen Witterungsverhältnisse zur Einlage der Bilanznetze (Regen) und dem damit verbundenen Schmutzeintrag. Die erhöhten Rohproteingehalte der nicht abgedeckten Varianten im oberen Be-reich könnten sich aus dem Verderbsprozess erklären lassen.

Die Beurteilung der Fermentation ergibt weitere Möglichkeiten der Er-klärung der Verluste. Zunächst ist der Einfluss der Abdeckung in den Bilanznetze im Silo darzustellen. Dabei sind die in Tabelle 4 dargestellten Mittelwerte, aus allen Lagen für ein Silo gebildet Die entscheidende Frage neben den Unterschieden in der TM ist, ob diese TM um die flüchtigen Be-standteile korrigiert wird. Dies ist im Bereich der Futterkonservierung un-

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umstritten. Die TM-Korrektur wurde nach Weißbach und Kuhla (1995) durchgeführt.

Tab. 3: Mittelwerte der Rohnährstoffe (NIR-Bestimmung) Sammel-

probe je Lage

Silo mit Folie abgedecktSilos nicht abgedeckt

(n=3) Rohnährstoff oben Mitte unten oben Mitte unten

Rohasche % d. TM 3,83 3,59 4,42 4,51 3,80 3,83

Rohprotein % d. TM 7,60 7,86 7,54 8,88 7,87 7,61

Rohfett % d. TM 3,30 3,11 3,83 2,06 1,04 1,85

Rohfaser % d. TM 19,16 20,16 17,31 19,97 20,35 20,19

Nfe % d. TM 69,40 65,28 66,91 64,58 66,94 66,53

NEL MJ/kg TM 6,59 6,50 6,76 6,46 6,49 6,48

Bei dem NH3-N deutet sich bei den drei nicht abgedeckten Silos an, dass hier ein höherer Eiweißabbau erfolgte, wenn auch unter 10 % Abbau bei den besten Silagen toleriert wird. Die berechneten DLG Punkte zur Beurteilung der Silagequalität zeigt auch nach dem neuen Schlüssel für alle die Note 1. Dies beruht darauf, dass keine Buttersäure nachgewiesen werden konnte. Die aerobe Stabilität aller Silagen kann als stabil (> 7 Tage) angesehen werden. Man hätte es aber auf Grund der gemessenen Temperatur anders erwartet Zur Absicherung sind die Gärsäuren zu beurteilen, die in dem gewünschten Bereich sich befinden. Im Hinblick auf die aerobe Stabilität weisen auch die Essigsäuregehalte auf stabile Silagen hin. Abgesichert wird diese Aussage noch durch die geringen pH-Werte nach dem Temperaturtest mit 3,7 – 4,1. Mit Hilfe der Bilanznetze (Tab.5) kann festgestellt werden wie viel Trockenmasse der Mais vom Einsilieren des Frischmaterials bis zur Ent-nahme der Silage tatsächlich verliert. Bei allen Betrieben zeigen sich ins-gesamt niedere TM-Verluste, die aber innerhalb der verschiedenen Lagen unterschiedlich schwanken. Dies ist auf das unterschiedliche Ausgangsmaterial der einzelnen Lagen zurückzuführen. Hinzu kommt, dass das Silo über mehrere Tage gefüllt wurde und die Netze damit zu unterschiedlichen Tagen eingelegt wurden.

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Tab. 4: Mittelwerte der Gärsäuren und Gärqualität der Maissilage in den eingelegten Bilanznetzen über alle Lagen (n = 12)

Abdeckung Folie Raps Sonnen- blumen ohne

Betrieb Betrieb 1 Betrieb 2 Betrieb 3 Betrieb 4

TM % 33,8 31,7 29,7 28,1TMkorr % 34,7 33,3 30,8 29,5pH-Wert 3,7 3,8 3,62 3,7NH3-N % FM 0,04 0,04 0,04 0,04

NH3-N % Ges.N. 8,9 10,0 9,3 9,5

Milchsäure % FM 2,8 2,2 2,5 2,4Essigsäure % FM 0,5 0,9 0,5 0,8Buttersäure % FM 0,0 0,0 0,0 0,0 Propionsäure % FM 0,00 0,02 0,00 0,00Gesamtsäure % FM 3,3 3,1 3,0 3,2Alkohol % FM 0,2 0,5 0,4 0,6aerobe Stabilität

Tage 7,3 9,8 9,7 11,8

pH aus 4,1 3,9 3,7 3,8

Tab. 5: TM-Verluste bei verschiedenen Siloabdeckungen Abdeckung Folie Raps Sonnenbl. ohne Betrieb 1 Betrieb 2 Betrieb 3 Betrieb 4

TM-Verlust Bilanznetz 1) oben 1 bis 1,5 m unter Silooberkante in % 6,2 19,8 10,8 11,5 Mitte Silo in % 10,9 8,85 11,1 12,1 unten 1 bis 1,5 m über Boden in % 5,6 8,1 8,8 17,6 Mittelwert in % 8 12 10 14 1) ohne Berücksichtigung der vergammelten und sichtbar verfärbten Schicht

Bei Betrieb 2 zeigt sich ein deutlicher Unterschied bei den TM-Verlusten in der oberen und in der mittleren Schicht. Dies ist überraschend, da die Bilanznetze (anders als geplant) nur rund 60 cm im Silo auseinander lagen.

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Die sehr hohen Verluste in der unteren Schicht bei Betrieb 4 sind dadurch zu erklären, dass die Bergung der Bilanznetze nicht zeitnah zum Erscheinen der farbigen Bänder, sondern wesentlich später erfolgte. 4. Fazit Die hier dargestellten Ergebnisse können nur Anhaltswerte für die Verluste liefern, da hier grundsätzlich die Betrachtung der Massen erforderlich ist. Aus methodischen Gründen ist bei der Ermittlung der Trockenmasse eine Korrektur um die bei der Trocknung flüchtigen Substanzen vorzunehmen Die Verluste an TM sind bei nicht abgedeckten Silos höher als in ab-gedeckten Silos aber nicht so hoch wie ursprünglich erwartet Dabei sind aber noch die Verluste der verdorbenen obersten Schicht (Abdeckung) zu berücksichtigen. Es hat sich gezeigt, dass die Verluste die Kosten einer ordnungsgemäßen Abdeckung überschreiten. Generell müssen alle Silos den gesetzlichen Ansprüchen entsprechen. Dies bedeutet neben dem Sickersaft muss auch das kontaminierte Regenwasser aufgefangen werden und die Be-stimmungen der Berufsgenossenschaft einzuhalten. 5. Literatur Honig, H., 1990: Evaluation of aerobic stability. Proceedings of the Eurobac

Conference, Grass and Forage Reports 3, Special Issue, 76-82

Richter W., Kaiser F., 2006: Voruntersuchungen zu Fermentationsverlusten im Laborsilo. Abdeckung von Silage für Biogas ein Muss ? Poster, EUROTIER, Stand LfL H23, H12

Richter, W., Zimmermann Natalie, Rauch, Petra, Lipovsky, J., Bauer, J., Spiekers, H., 2007: Controlling am Silo am Beispiel Silomais. Weniger Verluste und bessere Tiergesundheit. Mais, 34, 2, 72 - 74

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungs-anstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2006: Handbuch der Landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Band III Die chemische Untersuchung von Futtermitteln, VDLUFA-Verlag, Darmstadt

Weißbach, F., Kuhla, S. (1995): Stoffverluste bei der Bestimmung des Trockenmassegehaltes von Silagen und Grünfutter. Entstehende Fehler und Möglichkeiten der Korrektur. Übersichten Tierernährung 23,189 - 214

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Monitoring zu Selen und Vitamin E im Mischfutter K.-H. Grünewald1, G. Steuer2 1 Verein Futtermitteltest (VFT), Bonn,, 2 VFT-Koordinierungsstelle, Groß-Umstadt 1. Einleitung

Selen ist als essentielles Spurenelement bei der Ernährung von Mensch und Tier bedeutsam. Es ist in Proteine eingebunden und insbesondere als funktioneller Bestandteil von Enzymen wirksam. Die peroxidative Wirkung des Selen ist ebenfalls von Bedeutung. Ein Mangel führt zu einer Beein-trächtigung von Wachstum, Fruchtbarkeit und der Immunabwehr. Überhöhte Gehalte können chronisch-toxisch wirken, eine Toleranzschwelle wird bei 2 mg/kg T für Geflügel und Rinder gesehen, bei Schweinen werden Werte bis zu 4 mg/kg T toleriert. Aus diesem Grund sieht auch der Gesetzgeber einen Höchstgehalt für Selen in der Tagesration für Nutz- und Heimtiere vor.

Vitamin E ist ein Sammelbegriff und umfasst verschiedene Tocopherole mit antioxidativen Eigenschaften in unterschiedlicher Wirksamkeit. Wichtigste Aufgabe ist der Membranschutz in den Zellen. Ein Mangel an Vitamin E führt zur Beeinträchtigung von Fruchtbarkeit und Immunabwehr. Darüber hinaus kann es zu dystrophischen Erscheinungen (Muskel- und Leber-gewebe) führen. Beim Vitamin E sind auch bei deutlich erhöhten Zufuhren keine Probleme bekannt, der Gesetzgeber sieht daher keine Höchstgrenze im Futter vor.

Selen und Vitamin E wirken somit synergistisch. Aufgrund geologischer Unterschiede und unterschiedlicher Selenmineralisierung variieren die Ge-halte im Futter stark. Die Selen- und Vitamin E-Versorgung der Nutztiere ist bei den heute geforderten hohen Leistungen an Fruchtbarkeit und Wachstum oft begrenzend, so dass ein Zusatz zum Futter vielfach notwendig erscheint. Wegen der engen Spanne zwischen den ernährungsphysiologisch geforderten Mindestgehalten und den rechtlichen Höchstgehalten kommt einer guten Einschätzung der nativen Selengehalte in den Komponenten des Misch-futters und einer Ergänzung auf den Punkt eine große Bedeutung zu.

Es stellten sich folgende Fragen: − Welche Gehalte an Selen bzw. Vitamin E werden im Mischfutter für

Nutztiere in der Praxis tatsächlich erreicht? − Einordnung der Gehalte gegenüber den Versorgungsempfehlungen? − Einordnung der Gehalte gegenüber dem Futtermittelrecht? − In welchem Umfang werden Selen und Vitamin E in Futtermitteln

supplementiert?

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2. Material und Methoden

Um eine Übersicht zu den Selen- und Vitamin E-Gehalten im Nutztierfutter zu erhalten, wurde aus den im Rahmen des VFT Warentest beprobten Misch-futtern eine Stichprobe (n = 157) ausgewählt. Diese umfasst verschiedene Futtertypen (62 Milchleistungsfutter, 40 Alleinfutter für Mastschweine, 4 Alleinfutter für Sauen, 16 Ergänzungsfutter für Schweine, 27 Alleinfutter und 8 Ergänzungsfutter für Legehennen) aus verschiedenen Regionen Deutschlands.

Die Beprobung erfolgte bei Abfertigung der Ware im Werk oder bei An-lieferung der Ware beim Landwirt unter Beachtung der üblichen Probe-nahmeregeln. Die Analysen erfolgten im Auftrag des VFT bei verschiedenen LUFA-Labors unter Anwendung der Verbandsmethoden des VDLUFA. Bei deutlichen Abweichungen von der Deklaration und Überschreitungen der Höchstwerte erfolgte eine Nachuntersuchung zur Absicherung der Befunde. Zur Beurteilung der ermittelten Selen- und Vitamin E-Gehalte der einzelnen Futtertypen wurde folgendes Vorgehen gewählt: - Alleinfutter: Berücksichtigung der Befundwerte. - Ergänzungsfutter: Berücksichtigung der Selen- bzw. Vitamin E-Gehalte aus Grundfutter bzw. Getreide und des Mischungsanteils. - Vergleich mit Empfehlungen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GFE, 1999; GFE, 2001; GFE, 2006). - Vergleich mit den futtermittelrechtlichen Vorschriften (FMV, 2005). 3. Ergebnisse des Monitorings

3.1 Ermittelte Selen- und Vitamin E-Gehalte

Eine nominelle Nennung des Selenzusatzes erfolgt nur für einen geringen Teil der Futtermittel. Bei Vitamin E erfolgt eine durchgehende Ergänzung beim Futter für Schweine und Geflügel, wogegen beim Milchleistungsfutter nur ein Teil eine entsprechende Ergänzung enthielt. Dies ist verständlich, da in Abhängigkeit der verwendeten Grundfutter (Weidegang, Frischgras) eine solche Ergänzung zu gewissen Zeiten nicht notwendig ist. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die hier dargestellten Werte die Gesamtgehalte an Selen bzw. Vitamin E aufzeigten, eine Splittung in native Gehalte und Zusätze ist analytisch nicht möglich.

Tabelle 1 zeigt die ermittelten Selen- und Vitamin E-Gehalte für die einzel-nen Futtertypen mit Mittelwert und Spanne in Originalsubstanz auf.

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Tab. 1: Gehalte an Selen und Vitamin E im Mischfutter (n = 157)

n Selen Vitamin E Mittel-

wert min. max. Mittel-

wert min. max.

Milchleistungsfutter 62 0,40 0,01 2,04 35 12 175 Alleinfutter für Mast-schweine / Sauen

44 0,38 0,20 0,72 84 40 189

Ergänzer für Schweine 16 1,03 0,26 2,07 317 85 708 Alleinfutter für Lege-hennen

27 0,29 0,14 0,70 37 18 86

Ergänzer für Legehennen 8 0,61 0,22 1,83 41 25 59

Auffällig sind die relativ großen Spannen zwischen den geringsten und höchsten Messwerten, was durch die Einbeziehung von Allein- und Er-gänzungsfutter, mit entsprechend höheren zugesetzten Mengen an Spuren-elementen und Vitaminen, bedingt ist. Eine Beurteilung der ermittelten Werte im Vergleich zu den Empfehlungen zur Versorgung ist nur unter Be-rücksichtigung des Einsatzzweckes, bei Ergänzungsfutter also unter Berück-sichtigung der Vermischung mit Grobfutter/Getreide möglich (siehe 3.2). 3.2 Beurteilung der Selen- und Vitamin E-Gehalte

Zur Bewertung der Ergänzungsfutter ist wie oben angesprochen zu berück-sichtigen, dass diese zusammen mit Grobfutter (bei Rindern) bzw. mit Ge-treide u.a. (bei Schweinen und Geflügel) eingesetzt werden. Dies wurde in der vorliegenden Auswertung auf Basis tabellierter Werte (Jeroch et al. 1993) bei der Rinderfütterung ein Wert für das Grobfutter in Höhe von 0,145 mg Selen bzw. 0 oder 120 mg/Vit E/kg T unterstellt. Grundlage hierfür war die Annahme einer Grobfutterration aus 50 % Maissilage bzw. 50 % Grasprodukten sowie die Annahme, dass in den fertigen Silagen kein Vitamin E verbleibt oder durch Aufnahme von Weidegras oder Heu natives Vitamin E (240 mg/kg T in den Grasprodukten) verbleibt. Des Weiteren wurde unterstellt, dass in der Milch-viehration ein „Kraftfutteranteil“ von 50 % erreicht wird, soweit die Einsatz-mengen nicht stärker begrenzt waren. Bei den Ergänzungsfuttermitteln für Schweine- und Legehennen wurde der jeweils angegebene Mischungsanteil berücksichtigt und für das Getreide ebenfalls Tabellenwerte unterstellt (Schwein: Weizen + Gerste im Verhältnis 1 : 1 mit 0,145 mg Selen bzw. 25,2 mg Vitamin E/kg T; Legehenne: Weizen + Mais im Verhältnis 1 : 1 mit 0,11 mg Selen bzw. 18,5 mg Vitamin E/kg T). Nach Berücksichtigung der an-teiligen Ergänzung zu Grobfutter oder Getreide sind die resultierenden Gehalte an Selen und Vitamin E der Ergänzungsfutter mit denen der Alleinfutter vergleichbar (gefütterte Mischung/Ration) und können anhand der fachlichen und rechtlichen Vorgaben eingeordnet werden (Tab. 2).

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Tab. 2: Selen- und Vitamin E Gehalte der Mischfutter (bei Ergänzungs-futter umgerechnet auf die Ration*), mg/kg Originalsubstanz

n Mittel-wert

min. max. Empfehlung GfE

(mg/kgT)

rechtl. Höchst

wert

mit be-stätigtem

Übergehalt (n)

Selen Milch-leistungsfutter

62 0,27 0,08 1,09 0,20 0,5 2

Mast + Sauenfutter

60 0,38 0,17 0,77 0,15-0,20 0,5 2

Lege-hennenfutter

35 0,32 0,14 1,25 0,15 0,5 1

Vitamin E Milch-leistungsfutter

62 17 (77)

6 (66)

88 (148)

20 - -

Mast + Sauenfutter

60 87 40 189 15-30 - -

Lege-hennenfutter

35 36 18 86 6-10 - -

* Selen mg /kg T: in Getreide Wz/Ge 0,145; Wz/Ma 0,11; in Grobfutter 0,145 Vit. E mg /kg T: in Getreide: Wz/Ge 25,2; Wz/Ma 18,5; in Grobfutter 0 / (120)

Die in der Tab. 2 aufgeführten Mittelwerte und Spannen zeigen, dass die Ver-sorgungsempfehlungen mit Ausnahme einiger Milchleistungsfutter immer erreicht wurden. Ein Großteil der Gehalte liegt mehr oder weniger deutlich oberhalb der Empfehlungen bis zu den Höchstgehalten, einzelne liegen nominell darüber. Für die Beurteilung der Überschreitung der rechtlichen Höchstgehalte wurde der Ana-lysenspielraum nach VDLUFA (gestaffelt nach Gehalten) berücksichtigt, für fünf Futter wurde ein solcher Übergehalt bestätigt. Zur Beurteilung der „Verteilung“ der berechneten Selengehalte für die gefütterte „Ration bzw. Mischung“ sind in den Abbildungen 1 und 2 die Selengehalte in aufsteigender Reihenfolge für die Rinder-, Schweine- und Legehennenfutter aufgeführt. Es ist zu erkennen, dass ca. ein Drittel der Rationen für Milchkühe die Versorgungsempfehlungen unter-schritten. Einige Rationen überschritten den rechtlichen Höchstwert nominell. Bei den Schweine- und Geflügelfuttern wurden die Versorgungsempfehlungen in allen Fällen erreicht, einige Futtermischungen lagen ebenfalls nominell oberhalb der Höchstwerte. Hinsichtlich einer Beurteilung der möglichen Höchstwertüber-schreitung ist zu berücksichtigen, dass der Höchstwert auf die Originalsubstanz

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bezogen ist und der Analysenspielraum für das Selen berücksichtigt werden muss. Die tatsächliche Anzahl der Überschreitungen wird in der Tab. 2 dargestellt.

Abb. 1: Selengehalt in verabreichtem Milchviehfutter (Ration)

Abb. 2: Selengehalt in verabreichtem Schweine- und Legehennenfutter In den Abb. 3 und 4 werden die Vitamin E-Gehalte in aufsteigender Reihen-folge ebenfalls für die Rinder-, Schweine- und Legehennenfutter aufgeführt. Hier ist zu erkennen, dass rd. die Hälfte der Milchleistungsfutter bei An-nahme fehlender nativer Vitamin E-Gehalte unterhalb der empfohlenen Ver-sorgungsempfehlungen bleibt, einzelne Futter überschreiten die Ver-sorgungsempfehlungen dagegen deutlich. Wird angenommen, dass über nicht silierte Grasprodukte o.a. Futtermittel in der Ration noch Vitamin E geliefert wird, kann die leichte Unterversorgung an Vitamin E in einem Drittel der Milchviehrationen abgedeckt werden. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass ein Teil der Milchviehalter nach wie vor eine dreigeteilte Fütterung mit einer separaten Mineralfutterergänzung der Tiere vornimmt, über die üblicherweise auch Spurenelemente und Vitamine verabreicht werden. Die Daten zeigen, dass bei Milchviehrationen die Auswahl des

HöchstwertFMV

0,5 mg/kg

Empfehlung

ASR

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 61 65 69 73 77 81 85 89 93

mg/kg

Selen

Schweinefutter Legehennenfutter

HöchstwertFMV

0,5 mg/kg

Empfehlung

ASR

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 61 65 69 73 77 81 85 89 93

mg/kg

Selen

Schweinefutter Legehennenfutter

HöchstwertFMV

0,5 mg/kg

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 61

mg/kg

Selen

Empfehlung

ASR

HöchstwertFMV

0,5 mg/kg

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 61

mg/kg

Selen

Empfehlung

ASR

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Mineralfutters und dessen Einsatzhöhe bei der Rationsberechnung beachtet werden sollte, um unnötige Ergänzungen und eine Überversorgung ver-meiden zu können.

Abb. 3: Vitamin E-Gehalte in verabreichtem Milchviehfutter (Ration)

Abb. 4: Vitamin E-Gehalt in verabreichtem Schweine- und Legehennenfutter Bei den Mischungen für Schweine liegen die Gehalte deutlich über den er-nährungsphysiologischen Empfehlungen. Bei Mischungen mit höheren Fettgehalten (v.a. ungesättigte Fettsäuren) sind zusätzliche Vitamin E-Gaben erforderlich. Im Hinblick auf die Fleischqualität und den Oxidationsschutz des Fettes (Speck für die Dauerwarenproduktion) werden deutlich höhere Gehalte diskutiert, z.B. für ein Endmastfutter 190 mg/kg (AWT, 2001).

Bei den Legehennenfuttern sind die Vitamin E-Gehalte immer ausreichend und auch deutlich höher als empfohlen. Einzelne neuere Untersuchungen weisen niedrigere Selengehalte auf. In einem solchen Fall würden die hier ermittelten bis an die Maximalgrenze heran-reichenden Selengehalte niedriger ausfallen und damit „unkritisch“ sein. Eine

0

50

100

150

200

1 6 11 16 21 26 31 36 41 46 51 56 61 66 71 76 81 86 91

mg/kg

Vitamin E

Schweinefutter Legehennenfutter

Empfehlung- Sauen - Mast

EmpfehlungLegehennen

0

50

100

150

200

1 6 11 16 21 26 31 36 41 46 51 56 61 66 71 76 81 86 91

mg/kg

Vitamin E

Schweinefutter Legehennenfutter

Empfehlung- Sauen - Mast

EmpfehlungLegehennen

0

2040

60

80100120

140

160

1 4 7 10 13 16 19 22 25 28 31 34 37 40 43 46 49 52 55 58 61

mg/kg

Vitamin E

Vitamin E*

Empfehlung Milchkühe- trocken

- laktierend

ohne bzw. * incl. natives Vitamin E aus Grundfutter

0

2040

60

80100120

140

160

1 4 7 10 13 16 19 22 25 28 31 34 37 40 43 46 49 52 55 58 61

mg/kg

Vitamin E

Vitamin E*

Empfehlung Milchkühe- trocken

- laktierend

ohne bzw. * incl. natives Vitamin E aus Grundfutter

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konkrete Beurteilung des Einzelfalles kann aber nur unter Berücksichtigung der regionalen/betrieblichen Situation vor Ort mit den entsprechenden Gehalten für Grundfutter und Getreide erfolgen. Andererseits resultiert bei zusätzlichem Ein-satz von Mineralfutter (siehe oben) eine höhere Versorgung mit Spuren-elementen. Gerade wenn das Milchleistungsfutter schon eine Spurenelement-ergänzung enthält, kann so eine überzogene Selen-Versorgung resultieren. Da der Selen-Zusatz im Mischfutter nicht deklarationspflichtig ist, kommt der frei-willigen Angabe der Hersteller eine große Bedeutung zu. Nur dann kann der Berater / Landwirt die Versorgungshöhe kalkulieren. 4. Zusammenfassung Im Rahmen einer Stichprobe (n = 157) wurden Mischfutter auf Selen und Vitamin E untersucht. Die Gehalte differierten stark, was insbesondere auf Unterschiede zwischen Allein- und Ergänzungsfutter zurückzuführen ist. Bei Berücksichtigung des Mischungsanteils an Grobfutter/Getreide resultieren Gehalte zwischen 0,08 und 1,25 mg Selen/kg bzw. 18 bis 189 mg Vitamin E/kg (zusätzlicher Vitamin E-Gehalte aus dem Grünfutter). Die Be-urteilung der so ermittelten Selengehalte zeigt, dass die Versorgungs-empfehlungen eingehalten werden, bei einzelnen Futtermitteln werden die Maximalgehalte nominell überschritten, in fünf Fällen handelt es sich um eine tatsächliche Überschreitung. Die Vitamin E-Gehalte werden in den ge-fütterten Mischungen für Schweine und Geflügel immer erreicht, bei Milch-kühen kann eine nicht ausreichende Vitamin E-Versorgung bei einem Drittel der Rationen auftreten, sofern die Silagen als Vitamin E-frei angesehen werden und eine Mineralfutterergänzung nicht erfolgt. 5. Literatur AWT (Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V.) (Hrsg.),

2001: Vitamine in der Tierernährung, Agrimedia Verlag, Bergen

BMELV, 2007: Neufassung der Futtermittelverordnung (FMV), Bundes-gesetzblatt Nr. 22 vom 31.05.2007

EU, 2004: Verzeichnis der zugelassenen Futtermittel-Zusatzstoffe, Amtsblatt der EU, C50, S. 1 ff.

GfE (Gesellschaft für Ernährungsphysiologie), 1999: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Legehennen und Masthühner (Broiler). DLG-Verlag, Frankfurt

GfE (Gesellschaft für Ernährungsphysiologie), 2001: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Milchkühe und Aufzuchtrinder. DLG-Verlag, Frankfurt

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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GfE (Gesellschaft für Ernährungsphysiologie), 2006: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Schweinen. DLG-Verlag, Frankfurt

Jeroch, H., Flachowsky, G.., Weißbach, F., 1993: Futtermittelkunde, Anhang Mineralstoffgehalte in Futtermitteln, 485-494. Verlag Gustav Fischer, Stuttgart

Grünewald, K.-H., Lentföhr, G., Spiekers, H., Steuer, G., 2003: Spuren-element-Gehalte im Mischfutter – Einordnung aus ernährungsphysio-logischer und futtermittelrechtlicher Sicht; VDLUFA-Kongress 2003, Saarbrücken, 150-152

Radewahn, P., Czekala, A., 2004: Futtermittelrechtliche Vorschriften, An-hang/Teil 4, S. 246-252, Agrimedia-Verlag, Bergen

Danksagung: Die Prüfung von Mischfutter durch den Verein Futtermitteltest e.V. wird ins-besondere durch Zuschüsse des Bundesministeriums für Ernährung, Land-wirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) gefördert.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Untersuchungen zum Gehalt an ME und praecaecal verdaulichen Aminosäuren von Getreidetrocken-schlempe beim Broiler H. Kluth1, E. Wolf1, M. Rodehutscord1 1Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1. Einleitung

Die im Zuge der Ethanolherstellung anfallende Getreidetrockenschlempe stellt ein rohproteinreiches Koppelprodukt dar, das als Komponente im Mischfutter für das Geflügel von Interesse sein könnte. Ziel der durch-geführten Untersuchung war es, Ergebnisse zum Gehalt an Umsetzbarer Energie (ME) und praecaecal (pc) verdaulichen Aminosäuren zu liefern. Hierfür wurden zwei Teilversuche durchgeführt. 2. Material und Methoden

2.1 Gehalte an Rohnährstoffen und Aminosäuren der Getreide-schlempe

Gegenstand der Untersuchung war eine getrocknete Schlempe auf der Basis von Weizen und Gerste mit Anteilen von ca. 90 und 10 %, die am Standort Zeitz (Süd-zucker Bioethanol GmbH) produziert wurde. Insgesamt konnte für die ana-lysierten Inhaltsstoffe eine gute Übereinstimmung mit den Angaben von Richter et al. (2006) aus Untersuchungen beim Schwein festgestellt werden (Tabelle 1). Tab. 1: Gehalte an Rohnähr-, Mineralstoffen und Aminosäuren In g/kg Trockensubstanz 941 Rohasche / Rohprotein / Rohfett 48 / 367 / 60 Rohfaser / NDF / ADF 78 / 319 / 194 Ca / P / K / Na / Mg 1,0 / 8,6 / 11,3 / 2,9 / 3,0 Bruttoenergie, MJ/kg 19,68 In g/16 g N Alanin / Arginin / Asparaginsäure 3,6 / 4,2 / 4,8 Cystin / Glutaminsäure / Glycin 2,1 / 30,2 / 4,0 Isoleucin /Leucin / Lysin / Methionin 3,4 / 6,7 / 2,0 / 1,5 Threonin / Phenylalanin / Serin / Valin 3,1 / 4,7 / 4,4 / 4,2

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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2.2 Untersuchung zur pc Verdaulichkeit der Aminosäuren 2.2.1 Rationsgestaltung

Zur Bestimmung der pc verdaulichen Aminosäuren wurde die Schlempe in Anteilen von 100 und 200 g/kg einer Grundmischung im Austausch gegen Maisstärke zugelegt. Die Mischungen waren mit freien Aminosäuren gemäß den Empfehlungen der GfE (1999) supplementiert, enthielten TiO2 als un-verdaulichen Marker und wurden pelletiert. Somit wurden einschließlich der Grundmischung 3 Versuchsmischungen eingesetzt. 2.2.2 Versuchstiere und Haltung 3

Jede Versuchsmischung wurde mit 6 Käfigen mit jeweils 8 männlichen Broilerküken (Herkunft Ross, Linie 308) geprüft. Hierfür wurden die Tiere zunächst bis zum 14. Lebenstag mit handelsüblichem Starterfutter auf-gezogen. Mit der Umstellung auf die Versuchsmischungen erfolgten eine Tiereinzelwägung und eine Reduzierung der Tieranzahl von 10 auf 8. Dabei erfolgte auf der Grundlage der mittleren Lebendmasse aller Tiere eines Käfigs die gleichmäßige Verteilung über alle 3 Behandlungen. Die Fütterung der Versuchsmischungen erfolgte ad libitum über einen Zeitraum von 5 Tagen. Wasser stand über Nippeltränken zur freien Verfügung. 2.2.3 Probennahme und Aufbereitung

Zum Versuchsende wurden alle Tiere unblutig mit CO2 getötet, zügig er-öffnet und der Dünndarm freigelegt. Zur Gewinnung des Chymus wurden die letzten 2/3 Drittel des Abschnittes zwischen Meckel’schem Divertikel und Ileo-Caecal-Klappe beprobt (Kluth et al., 2005). Mittels destilliertem Wasser wurde der Chymus in Plastegefäße überführt und von allen Tieren eines Käfigs gepoolt und tiefgefroren. Für die Analytik erfolgten eine Ge-friertrocknung und Vermahlung über ein 0,5 mm-Sieb. 2.2.4 Chemische Analysen und Berechnungen

Die Analyse der Weender Rohnährstoffe in der Trockenschlempe wurde nach den Vorschriften des VDLUFA (VDLUFA, 1976) durchgeführt. Die Amino-säurenanalytik aus Futter und Chymus (Rodehutscord et al., 2004) sowie die Bestimmung des Titandioxides (Brandt und Allam, 1987) orientierte sich gleichfalls an etablierten Methoden. Die pc Verdaulichkeit (VQ) der Amino-säuren (AS) wurde unter Verwendung der analysierten Gehalte an Amino-säuren und Marker in Futter und Chymus wie folgt berechnet: pc VQ (%) = 100 - [(ASChymus × TiO2Futter) / (ASFutter × TiO2Chymus) × 100]. Aus der pc Ver-daulichkeit und der täglich aufgenommenen Aminosäurenmenge wurde die pc verdaute Menge der jeweiligen Aminosäuren für jeden Käfig berechnet

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Die Beziehung zwischen der pc verdauten und der aufgenommenen Menge an Aminosäure wurde anschließend mittels linearer Regression beschrieben, wobei die Steigung der Regressionsgeraden direkt als pc Verdaulichkeit der Aminosäure interpretiert werden kann (Rodehutscord et al., 2004). Die Be-rechnung der linearen Regression sowie die graphische Darstellung erfolgte mit dem Programm GraphPad Prism 3.0. 2.3 Untersuchungen zum Gehalt an ME

2.3.1 Rationsgestaltung

Der Gehalt an ME wurde nach dem Differenzverfahren bestimmt. Hierfür wurde die Schlempe im Austausch gegen eine Grundmischung basierend auf den Haupt-komponenten Mais, Weizen, Sojaextraktionsschrot und Weizenkleber in Anteilen von 0, 100, 200 und 300 g/kg eingesetzt. Alle Mischungen wurden pelletiert. 2.3.2 Versuchstiere und Haltung

Die Verdaulichkeitsbestimmung umfasste 5 Tage zur Adaptation an die Versuchs-mischungen sowie eine weitere 5-tägige tierindividuelle Exkrementsammlung. Die Tiere waren mit Beginn des Versuches 14 Tage alt. Wasser stand ad libitum zur Verfügung. Mit der Umstellung auf die Versuchsmischungen war eine Tier-einzelwägung verbunden, um in Abhängigkeit von der mittleren Lebendmasse eine gleichmäßige Verteilung der Tiere über alle Behandlungen sicherzustellen. Jeder Futtermischung wurden 10 Einzeltiere zugeordnet 2.3.3 Probennahme und Aufbereitung

Die Exkremente wurden zweimal täglich um 7 und 19 Uhr gesammelt und bei -20°C in verschließbaren Plasteeimer gelagert. Zum Ende der Sammel-periode wurden die Exkrementmengen gewogen. Für die weitere Analytik wurden die Exkremente aufgetaut, homogenisiert und durch Gefrier-trocknung und Vermahlung auf 1 mm Siebdurchgang aufbereitet 2.3.4 Chemische Analysen und Berechnungen

Zur Quantifizierung der täglichen Ausscheidung von Trockensubstanz wurde diese bei 105°C in den frischen Exkrementen bestimmt. Weitere Analysen aus den Exkrementen erfolgten aus der gefriergetrockneten Substanz. Die Analytik der Futter- und Exkrementproben wurde nach den Methoden des VDLUFA durchgeführt (VDLUFA, 1976). Die Brennwerte (GE) aus dem Futter und den Exkrementen wurden mittels Bombenkalorimeter (IKA C7000, IKA GmbH Staufen) ermittelt. Der Gehalt an ME, N-korrigiert (AMEN), für die Versuchsmischungen wurde anhand der Gleichung der GfE (1999) bestimmt unter Verwendung des Korrekturfaktors nach Titus et al.

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(1959, F=36,5 kJ/g N-Retention): AMEN (kJ/g) = [(Energieaufnahme (kJ) − Energieausscheidung (kJ)) − F×N-Retention (g)] / Futteraufnahme (g). Per Differenzrechnung wurden ausgehend von den drei Zulagestufen die Mengen an aufgenommener und ausgeschiedener Energie für die Trocken-schlempe in kJ/d errechnet Auf Basis der genannten absoluten Werte konnte durch Anwendung der regressiven Methode die Umsetzbarkeit der Trocken-schlempe ermittelt werden, wobei diese durch den linearen Anstieg der Regressionsgeraden beschrieben wird. Die statistische Auswertung wurde auf der Grundlage einer einfaktoriellen Varianzanalyse unter Nutzung des Programms Statistika für Windows durchgeführt. Die Berechnung der linearen Regression sowie die graphische Darstellung erfolgte mit dem Programm GraphPad Prism 3.0. Als Gütemaße wird neben dem Bestimmtheitsmaß auch die Standardabweichung der Residuen (sy.x) in mg/d angegeben. 3. Ergebnisse und Diskussion

3.1 Untersuchungen zur pc Verdaulichkeit der Aminosäuren

250 300 350 400 450

200

250

300

350

400Methionin, pc verdaut (mg/d)

y = 33 (±21) + 0,76 (±0,06) x, r2: 0,92, sy.x: 11

n=18

Methioninaufnahme (mg/d)

Abb. 1: Beziehung zwischen Aufnahme und pc verdauter Menge an Methionin

Prinzipiell konnte die lineare Beziehung zwischen pc verdauter und auf-genommener Aminosäurenmenge aus der Trockenschlempe bestätigt werden. Sie ist für das Methionin beispielhaft in der Abbildung 1 dargestellt. Alle Ergebnisse zur pc Verdaulichkeit der Aminosäuren einschließlich des Rohproteins aus der Trockenschlempe sind in der Tabelle 2 zusammen-gestellt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die pc Verdaulichkeit der einzelnen Aminosäuren in einem weiten Bereich schwankte. Die niedrigste

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Verdaulichkeit wurde für die Asparaginsäure mit nur 53 % ermittelt. Die höchste war beim Arginin mit 83 % zu verzeichnen. Tab. 2: Praecaecale Verdaulichkeit des Rohproteins und der Aminosäuren (in %; SE der Schätzung) sowie Gütemaße der Regressionen r2 sy.x Rohprotein 74 ± 0,04 0,94 492 Alanin 67 ± 0,08 0,80 33 Arginin 83 ± 0,03 0,97 21 Asparaginsäure 53 ± 0,08 0,74 41 Cystin 67 ± 0,04 0,94 10 Glutaminsäure 82 ± 0,02 0,99 81 Glycin 66 ± 0,05 0,92 20 Isoleucin 73 ± 0,05 0,94 20 Leucin 75 ± 0,06 0,91 46 Lysin 79 ± 0,06 0,90 26 Methionin 76 ± 0,06 0,92 11 Phenylalanin 81 ± 0,04 0,96 23 Serin 71 ± 0,05 0,93 24 Threonin 71 ± 0,06 0,89 24 Valin 76 ± 0,05 0,94 26

Von den essentiellen bzw. halbessentiellen Aminosäuren war Cystin mit nur 67 % am niedrigsten verdaulich. Im Mittel der 9 Aminosäuren Arginin, Cystin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin und Valin ergab sich eine pc Verdaulichkeit von 76 %, die als relativ niedrig im Vergleich zu anderen Proteinträgern einzuschätzen ist. Für Extraktions-schrote aus Soja (Kluth und Rodehutscord, 2006) und Raps (Rodehutscord et al., 2004) wurden bei gleicher Methodik deutlich höhere Verdaulichkeiten mit Werten von jeweils 80 % gemessen. Die in der Literatur angegebene deutlich niedrigere Verdaulichkeit speziell für das Lysin (Gady et al., 2008) konnte in den hier vorliegenden Untersuchungen nicht nachgewiesen werden.

Sollte Schlempe in der Geflügelfütterung eingesetzt werden, muss neben der allgemein geringen Verdaulichkeit auch das Aminosäurenmuster bachtet werden, da sie relativ arm an Lysin ist. 3.2 Untersuchungen zum Gehalt an ME

Die Verdaulichkeit der Trockensubstanz aus den verfütterten Mischungen nahm mit der Erhöhung des Anteils an Trockenschlempe signifikant von 80

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% in der Grundmischung auf 68 % bei 300 g Trockenschlempe in der Mischung ab. Dies wirkte sich negativ auf die Gehalte an AMEN in den einzelnen Mischungen aus. Während für die Grundmischung ein AMEN-Gehalt von 15,4 MJ/kg T errechnet wurde, verringerte sich der Gehalt signi-fikant über 14,8 und 14,2 auf 13,7 MJ/kg T bei der höchsten Zulagestufe. Unter Berücksichtigung der Beziehung zwischen der aufgenommenen und ausgeschiedenen Menge an GE aus der Trockenschlempe konnte ent-sprechend des Anstieges der Regressionsgeraden eine Umsetzbarkeit der GE von 49 % berechnet werden (Abb. 2). Ausgehend von einer GE der Trocken-schlempe von 20,9 MJ/kg T (Tabelle 1) ergibt sich daraus ein Gehalt an AMEN von 10,2 MJ/kg T.

100 150 200 250 300 350 400

0

50

100

150

200GE, ausgeschieden (kJ/d)

n=30

y = -2 (±5) + 0,49 (±0,02) x, r2: 0,96, sy.x: 10

GE-Aufnahme (kJ/d)

Abb. 1: Beziehung zwischen Aufnahme und ausgeschiedener Menge an GE Ein unmittelbarer Vergleich mit Angaben aus der Literatur ist zum gegen-wärtigen Zeitpunkt nicht möglich, da keine weiteren Ergebnisse aus Verdau-lichkeitsbestimmungen beim Geflügel mit einem ähnlichen Produkt vorliegen. Ein Vergleich mit internationalen Arbeiten wird weiterhin dadurch erschwert, da im Wesentlichen Mais als Gärsubstrat verwendet wurde. Jeroch et al. (1993) gaben in ihrem Tabellarium einen Gehalt an AMEN für getrocknete Weizenschlempe von 12,2 MJ/kg T an, der somit deutlich höher ausfällt. 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Die pc Verdaulichkeit der Aminosäuren Arginin, Cystin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin und Valin betrug für die hier geprüfte Schlempe im Mittel 76 % und ist somit niedriger als bei Raps- und Soja-extraktionsschrot. Bei einem Einsatz im Mischfutter ist neben der Verdaulichkeit

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der Aminosäuren gleichfalls das Aminosäurenmuster zu berücksichtigen. Für die praktische Anwendung sind weitere Untersuchungen erforderlich, um die Höhe in der Variation der Verdaulichkeit besser abschätzen zu können. Der Gehalt an AMEN lag bei 10,2 MJ/kg T, was im Wesentlichen auf einen hohen Gehalt an unverdaulichen Faserfraktionen zurückzuführen ist. Demzufolge bietet sich die Schlempe als Futterkomponente für schnell wachsendes Geflügel nicht oder nur in geringen Anteilen an. 5. Literatur Brandt, M., Allam, S. M., 1987: Analytik von TiO2 im Darminhalt und Kot nach

Kjeldahlaufschluß. Arch. Anim. Nutr. 37, 453-454

Gady, C., Dalibard, P., Geraert, P.A., 2008: Nutritional variability of major co-products of the bioethanol industry. Abstracts of 97th Annual Meeting of the Poultry Science Association, July 20-23, 2008, Niagara Falls, Ontario, Can-ada, 111

GfE, Gesellschaft für Ernährungsphysiologie, 1999: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Legehennen und Masthühner (Broiler). DLG Verlag Frankfurt

Jeroch, H., Weißbach, F., Flachowsky, G., 1993: Futtermittelkunde. Verlag Gustav Fischer, Jena-Stuttgart

Kluth, H., Rodehutscord, M., 2006: Comparison of amino acid digestibility in broiler chickens, turkeys, and Pekin ducks. Poult. Sci. 85, 1953-1960

Kluth, H., Mehlhorn, K., Rodehutscord, M., 2005: Studies on the intestine sec-tion to be sampled in broiler studies on precaecal amino acid digestibility. Arch. Anim. Nutr. 59, 271-279

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und For-schungsanstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 1976: Handbuch der Landwirt-schaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Bd. III Die chemische Untersuchung von Futtermitteln. Ergänzungslieferungen 1983, 1988, and 1993. VDLUFA-Verlag, Darmstadt

Richter, G., Hagemann, L., Alert, H.-J., Weber, M., Otto, F., Chudaske, C., 2006: Einsatz von Trockenschlempe auf Weizenbasis aus der Bioethanolherstellung bei Ferkeln und Mastschweinen. In: Rodehutscord, M. (Hrsg.) 9. Tagung Schweine- und Geflügelernährung 28.-30. November 2006, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, 150-155

Rodehutscord, M., Kapocius, M., Timmler, R., Dieckmann, A., 2004: Linear regression approach to study amino acid digestibility in broiler chickens. Br. Poult. Sci. 45, 85-92

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In vitro-Untersuchungen zur Wirkung von Arsen auf die Nährstofffermentation und Effizienz der Pansen-mikroben R. Krüger1, J. Boguhn1, O. Steinhöfel2, R. Klose2, M. Rodehutscord1 1 Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2 Sächsisches Landesamt für Umwelt, Land-wirtschaft und Geologie, Dresden 1. Einleitung

Die Problematik von Schwermetallrückständen in Böden verschiedener Regionen Sachsens ist bereits lange bekannt (Schwarz et al., 1991) und ge-wann mit dem Elbehochwasser im August 2002 erneut an Aktualität. Wie Untersuchungen von Haßler und Klose (2006) zeigten, traten bei mehr als 90 % der Bodenproben höhere Arsengehalte auf, als laut Maßnahmewert der Bundesbodenschutzverordnung für die Grünlandnutzung (50 mg As/kg Boden) erlaubt sind. Ursache dieser hohen Belastung sind arsenhaltige Ge-steine, die nach der Erzgewinnung auf Halden abgelagert worden sind. Durch Verwitterungsvorgänge mobilisiertes Arsen (As) wurde dann mit Fließgewässern und Hochwasser verbreitet (Geller et al., 2004).

In den Futterpflanzen selbst kommt es nur in wenigen Fällen zu einer Über-schreitung des As-Höchstgehaltes für Futtermittel von 2 mg/kg Trocken-substanz (T) (Richtlinie 2003/100/EG), so dass eine Kontamination von Silagen und anderen Grasprodukten überwiegend auf Verschmutzungen durch Bodenpartikel während der Futterbergung zurückzuführen ist. Zudem nehmen weidende Tiere größere Mengen an Erde während des Grasens auf und können so mit As in Berührung kommen (Field, 1964).

In Böden kommt As vorrangig anorganisch in der 5-wertigen Form als Arsenat (unter oxidativen Bedingungen) und in der 3-wertigen Form als Arsenit (unter reduktiven Bedingungen) vor. Es ist allgemein anerkannt, dass anorganisches As toxischer ist als organische Arsenverbindungen. Besonders Arsenit besitzt durch seine Mobilität und starke Affinität zu Thiolgruppen ein hohes toxisches Potential. Es wird sehr schnell und in beträchtlichem Umfang im Verdauungstrakt absorbiert (NRC, 1980) und kann in alle tierischen Gewebe gelangen.

Inwieweit das von weidenden Tieren aufgenommene As durch mikrobielle Stoffwechselprozesse im Pansen in seiner Toxizität verändert wird, ist bis-lang ungeklärt. Erste Untersuchungen weisen darauf hin, dass die mikro-

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bielle Aktivität im Pansen durch Arsenverbindungen inhibiert wird (Sierra-Alvarez et al., 2004). Ob und in welchem Ausmaß sich eine Arsenaufnahme auf die Nährstofffermentation und Effizienz der Pansenmikroben auswirkt, sollte mit der vorliegenden Untersuchung auf der Basis von in vitro An-sätzen geklärt werden. 2. Material und Methoden

2.1 Futtergrundlage und Analysen

Futtergrundlage aller Untersuchungen war eine Grassilage, für die 218 g Rohprotein, 241 g Rohfaser und 40 g Rohfett je kg T analysiert wurden. Zur Simulation einer Arsenkontamination wurde diese Grassilage entweder mit di-Natriumhydrogenarsenat Heptahydrat (AsV) oder di-Arsentrioxid (AsIII) versetzt. Dabei wurde die Zulage der Verbindungen so kalkuliert, dass der jeweils angestrebte Gehalt an elementarem As erreicht wurde.

Die Analyse der Arsenkonzentrationen erfolgte im Labor der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Bereich Landwirtschaftliches Unter-suchungswesen in Leipzig gemäß der VDLUFA-Methode 2.1.3 (VDLUFA, 2007) mittels Mikrowellen-gestütztem Druckaufschluss. Für die Messung der Arsenkonzentrationen in den Lösungen wurde ein Quadrupol-Inductively Coupled Plasma Mass Spectrometer (Elan 6000, Perkin Elmer, Waltham, USA) verwendet Die detaillierte Beschreibung der Messmethode kann der VDLUFA-Methode 2.2.2.5 (Bassler, 2003) entnommen werden. 2.2 Gasbildung

Basierend auf dem von Menke et al. (1979) beschriebenen Hohenheimer Futterwerttest (HFT, VDLUFA, 2004) wurde über einen Zeitraum von 5 Tagen die Gasbildungsdynamik bei der Inkubation der lufttrockenen und auf 1 mm Siebdurchgang vermahlenen Grassilage (Einwaage ~200 mg) mit 30 ml einer Pansensaft-Pufferlösung verfolgt.

Es wurden 11 Varianten geprüft, die sich aus jeweils 5 Zulagen (2, 5, 10, 20 und 50 mg As/kg T) der beiden Arsenverbindungen sowie der Inkubation der Grassilage ohne Arsenzulage ergaben. Um eine gleichmäßige Verteilung und exakte Einwaage des As in der zu inkubierenden Probe zu erreichen, wurde eine entsprechende Menge der Arsenverbindung in destilliertem Wasser gelöst und jeweils einem kleinen, definierten Teil der Grassilage beigemischt. Die anschließende Trocknung erfolgte bei 65°C in einem Umlufttrockenschrank. Diese Mischung wurde nachfolgend variantenabhängig mit einer entsprechenden Menge an Gras-silage gemischt. Die Analyse der so präparierten Proben zeigte für AsV eine

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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hohe Übereinstimmung mit den angestrebten Konzentrationen (Tabelle 1). Für AsIII konnte auf diesem Weg zwar die Abstufung der Arsen-konzentrationen belegt werden, jedoch auf einem 10fach niedrigeren Niveau als geplant. Die Ursache für diese Diskrepanz ist bisher noch unklar. Ein Verlust des Arsens während des Trocknungsvorganges ist unwahrscheinlich. Ein Kalkulationsfehler wird ausgeschlossen. Tab. 1: Arsenzulage und analysierter Arsengehalt (mg/kg T) in der Gras-

silage nach Zulage der Verbindungen

Arsenzulage analysierter Arsengehalt AsIII AsV

0 0,22 2 0,45 2,28 5 0,56 3,45

10 0,72 8,01 20 1,54 16,8 50 5,00 48,0

In zwei unabhängigen Durchgängen wurden jeweils 4 Wiederholungen pro Variante inkubiert. Das Ablesen des gebildeten Gasvolumens erfolgte zu den Zeitpunkten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 11, 13, 15, 17, 21, 25, 29, 33, 39, 45, 57, 69, 81 und 93 h nach Inkubationsstart. Die Schätzung des Gasbildungspotenzials sowie die graphische Darstellung der kumulativen Gasbildung erfolgten mit der Software GraphPad Prism 4 für Windows unter Nutzung einer modifizierter Gompertz-Funktion (Beuvink und Kogut, 1993). Mit Hilfe der ersten und zweiten Ableitung der Funktion konnte die maximale Gasbildungsrate zum Zeitpunkt tx geschätzt werden. Statistische Unterschiede im Gasbildungspotenzial wurden anhand des Nicht-Überschneidens der jeweiligen Konfidenzintervalle erkannt (P < 0,025; Horn und Erdmann, 1978). 2.3 Pansensimulation

Zur Bestimmung des ruminalen Abbaus der Rohnährstoffe und der mikro-biellen Syntheseleistung bei Zusatz verschiedener Arsenverbindungen zu einer Grassilage wurde ein semi-kontinuierliches Pansensimulations-System genutzt (Czerkawski und Breckenridge, 1977). Aufbauend auf der Dosis-Wirkungsstudie zur Dynamik der Gasbildung wurde die Grassilage ohne und mit Zusatz von jeweils 5 oder 20 mg As je kg T in Form von di-Arsentrioxid und di-Natriumhydrogenarsenat Heptahydrat geprüft. Eine separate Ein-

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waage der Arsenzulage in jeden Futterbeutel gewährleistete die angestrebte Arsenkonzentration.

In den drei durchgeführten Teilversuchen wurde jeweils 1 Fermenter pro Variante verwendet, so dass insgesamt 3 Wiederholungen je Behandlung zur Auswertung kamen.

Die Inkubation sowie die Erfassung und Analyse der Proben erfolgte analog der Vorgehensweise bei vorausgegangenen Untersuchungen mit diesem in vitro System (Boguhn et al., 2006). Zur Markierung des Pools von Ammonium-N wurde der Pufferlösung mit 15N angereichertes Ammonium-chlorid in einer Dosierung von 0,7 mmol NH3N je Liter zugesetzt.

Die N-Konzentrationen in den Referenzmikroben und den Überläufen sowie die 15N-Gehalte in allen Proben wurden mit einem Elementaranalysator (EuroVector, HEKAtech GmbH, Wegberg) bestimmt, der mit einem Iso-topen-Massenspektrometer (Delta V Advantage, ThermoScientific GmbH, Bremen) gekoppelt war.

Die Differenz an 15N-Menge zwischen Input (Futter, Puffer) und Output (Überlauf, Futterreste) in Relation zur 15N-Konzentration in den isolierten Mikroben multipliziert mit dem Faktor 6,25 ergibt die Menge an gebildetem Mikrobenprotein. Die Effizienz der mikrobiellen Syntheseleistung wurde in g mikrobielles Rohprotein je kg abgebauter organischer Substanz aus-gedrückt.

Der Abbau der Rohnährstoffe wurde aus der Differenz zwischen der täglich mit dem Futter zugeführten Nährstoffmenge und der mit dem Futterrest ent-nommenen Nährstoffmenge in Relation zur zugeführten Nährstoffmenge be-rechnet Die am Futterrest anhaftenden Mikroben blieben unberücksichtigt.

Zur statistischen Auswertung wurde das Programm SAS für Windows 9.1 unter Nutzung der Prozedur glm herangezogen. Unterschiede zwischen den Varianten galten beim Mittelwertsvergleich mittels t-test ab einem P ≤ 0,05 als signifikant. 3. Ergebnisse

3.1 Gasbildung

Das geschätzte Gasbildungspotenzial lag zwischen 45,7 und 48,5 ml/200 mg T und unterschied sich unabhängig von der Dosis und Art der zugesetzten Arsen-verbindung kaum zwischen den Varianten. Lediglich für die Variante mit 50 mg AsIII/kg T und für die Variante mit 2 mg AsV/kg T konnten signifikante Unter-schiede im Vergleich zu der Kontrolle ohne Arsenzulage erkannt werden (Tabelle 2).

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Die maximale Gasbildungsrate lag mit Ausnahme der Variante mit 50 mg As/kg T aus AsV bei 1,7 bis 1,8 ml/h und wurde für die Kontrolle nach 8,1 h und mit zunehmender Arsendosis mit zeitlicher Verzögerung erreicht (Tabelle 2). Tab. 2: Geschätztes Gasbildungspotenzial (b), maximale Gasbildungsrate

und Zeitpunkt des Erreichens (tWendepunkt) (n = 8)

Arsen-konzentration b maximale

Gasbildungsrate tWendepunkt

mg/kg T ml/200 mg T ml/h h 0 46,2ab 1,7 8,1

AsIII

21 45,7a 1,7 8,2 52 47,0abc 1,7 8,3 102 47,3abc 1,8 8,4 203 45,9ab 1,7 8,5 50 47,7c 1,7 8,7

AsV

2 48,5c 1,8 8,3 52 47,8bc 1,8 8,5 10 47,4bc 1,7 8,6 20 47,7bc 1,7 8,6 50 47,5bc 1,5 7,2

1 n = 6; 2 n = 7; 3 n = 5 a,b Unterschiedliche Hochbuchstaben kennzeichnen signifikante Unter-schiede zwischen den Varianten laut Horn und Erdmann (1978) (P<0,025) 3.2 Pansensimulation

Der mittlere Abbau der organischen Substanz im Pansensimulationssystem lag für alle 5 geprüften Varianten in einem Bereich von 40 bis 44 % (Tabelle 3). Signifikante Unterschiede ergaben sich zwischen den Varianten mit jeweils 20 mg As/kg T aus AsIII und AsV.

Für den Abbau des Rohproteins und der Rohfaser wurden Werte zwischen 49 und 53 % bzw. 16 und 25 % ermittelt. Es bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den geprüften Varianten. Es ist zu beachten, dass die Nichtberücksichtigung der an den Futterresten anhaftenden Mikroben zu einer Unterschätzung insbesondere des Abbaus des Rohproteins führt.

Die berechnete Effizienz der mikrobiellen Proteinsynthese lag in einem sehr hohen Bereich zwischen 330 und 356 g mikrobielles Rohprotein je kg ab-gebaute organische Substanz. Es bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Varianten ohne und mit Zulage von AsIII und AsV.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Tab. 3: Abbau der Rohnährstoffe und Effizienz der mikrobiellen Protein-synthese (Mittelwerte und s; n = 3)

Arsen-konzentration

Organische Substanz Rohprotein Rohfaser Effizienz1

mg/kg T % % % g/kg

0 MW 40,9ab 49,9 20,4 355 s 4,1 4,5 6,4 31

AsIII

5 MW 40,1ab 49,4 15,9 356 s 2,3 3,9 8,6 21

20 MW 39,5 a 49,0 16,6 353 s 1,8 4,0 5,8 5

AsV

5 MW 40,8ab 49,6 20,8 330 s 1,8 4,5 4,2 17

20 MW 44,2 b 52,8 25,0 331 s 1,5 3,2 3,0 14

1 g mikrobielles Rohprotein je kg abgebaute organische Substanz a,b Unterschiedliche Hochbuchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede zwischen den Varianten laut t-Test (P < 0,05)

Ebenso zeigten sich mit Ausnahme von Prolin keine Unterschiede im Muster der Aminosäuren des mikrobiellen Proteins beim Zusatz der beiden Arsen-verbindungen (Werte nicht gezeigt). 4. Zusammenfassung und Diskussion

Arsen in der dreiwertigen Form wird allgemein als toxischer angesehen als in der fünfwertigen Form, auch in Bezug auf die mikrobielle Aktivität im Pansen. Bereits Arsenkonzentrationen von 5 mg/l können zu einer Reduktion der Gasmenge innerhalb von 3 h von bis zu 30 % führen (Forsberg, 1978). Der Zusatz von dreiwertigem As zu Reinkulturen methanogener Mikroben hat ab einer Konzentration von 50 µmol/l zu einer deutlichen Reduktion der mikrobiellen Aktivität geführt (Sierra-Alvarez et al., 2004). Die Ab-weichungen der kalkulierten von den analysierten Arsengehalten für di-Arsentrioxid in der Grassilage lässt für die vorliegende Untersuchung keine Aussage der Wirkung höherer Konzentrationen für diese Bindungsform zu. Eine klare Abstufung der Arsenkonzentration war in der Untersuchung für das verwendete 5-wertige As zu erkennen gewesen. Bis zu einer Arsen-konzentration von 50 mg/kg T scheint jedoch keine Beeinträchtigung der Gasbildung zu bestehen.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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In Bestätigung der Versuche zur Höhe und Dynamik der Gasbildung wurden auch unter den standardisierten Bedingungen einer Pansensimulation keine Beeinträchtigungen der mikrobiellen Syntheseleistung im Pansen durch Arsenkonzentrationen bis zu 20 mg/kg T nachgewiesen. Sowohl der Abbau der Rohnährstoffe als auch die mikrobiell gebildete Proteinmenge waren zur Kontrollvariante ohne Arsensupplementierung nicht verschieden.

Die Wahl der Dosierung in der vorliegenden Untersuchung richtete sich nach der Arsenbelastung in der Umwelt. Um sich einer Grenze für eine Beein-trächtigung der Pansenmikroben durch As annähern zu können, müssen weitere Versuche mit höheren Dosierungen folgen.

Anhand der gezeigten Ergebnisse ist eine Beeinträchtigung der mikrobiellen Tätigkeit im Pansen durch Arsenkonzentrationen, wie sie in Grasprodukten der Elbe- und Muldeaue bestehen, unwahrscheinlich.

Bei der Interpretation der Daten und dem Vergleich mit anderen Ergebnissen sollte allerdings das Verhältnis zwischen Substrat, Arsendosierung und Volumen der Fermenter beachtet werden, da dies die Arsenwirkung beein-flussen könnte. Zur Bestätigung dieser, auf Basis von in vitro Unter-suchungen getroffenen Aussagen bedarf es weiterer Studien mit Tieren. 5. Literatur

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Beuvink, J.M.W. und Kogut, J., 1993: Modeling gas production kinetics of grass silages incubated with buffered ruminal fluid. J. Anim. Sci. 71, 1041-1046

Boguhn, J., Kluth, H., Rodehutscord, M., 2006: Effect of total mixed ration composition on fermentation and efficiency of ruminal microbial crude protein synthesis in vitro. J. Dairy Sci. 89, 1580-1591

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Forsberg, C.W., 1978: Some effects of arsenic on the rumen microflora; an in vitro study. Can. J. Anim. Sci. 24, 36-44

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VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Untersuchungen zur ruminalen Fermentation von Glycerin in vivo und in vitro E. Haese1, G. Kneer1, H.Steingaß1, W. Drochner1 1Universität Hohenheim, Institut für Tierernährung, Stuttgart-Hohenheim 1. Fragestellung und Versuchsaufbau

Glycerin fällt als Nebenprodukt der Biodieselgewinnung aus Rapsöl in einer Höhe von etwa 10 % an. Dies entspricht durchschnittlich 100 kg Glycerin pro Hektar Anbaufläche Raps (Kijora, 1995).

Neben einer Verwertung in der Industrie kann Glycerin auch in der Tier-ernährung eingesetzt werden. Auf Grund seiner glucoplastischen Eigen-schaften kann es zur Energieversorgung der Tiere beitragen. Auch ein pro-phylaktischer Einsatz im Hinblick auf eine Reduktion des Ketoserisikos bzw. eine therapeutische Wirkung werden diskutiert. Bisherige Untersuchungen zum Ausmaß der Fermentation und der Zusammensetzung der Endprodukte führten zu widersprüchlichen Ergebnissen. Zurückzuführen ist dies auf unterschiedliche Rationen, zu denen Glycerin zugelegt wurde, die Ver-abreichungsform sowie die Versuchsmethodik (in vivo vs. in vitro).

Die Ziele der vorliegenden Untersuchung waren, Fermentationsparameter in vivo und vitro zu ermitteln und deren Vergleichbarkeit zu überprüfen. Frühere Untersuchungen von Remond et al. (1993) und Huwyler et al. (1999) hatten in vivo und in vitro zu unterschiedlichen Fermentationsergeb-nissen geführt, so dass von Huwyler et al. (1999) eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse angezweifelt wurde. Des Weiteren sollten Einflüsse auf die Fermentation des Glycerins durch die Verabreichungsform und eine Adaption untersucht, sowie eine Beurteilung im Hinblick auf die antiketotische Wirkung des Glycerins abgegeben werden. 1.1 Material und Methoden

Für die Versuche standen 2 pansenfistulierte, nicht laktierende Holstein Kühe zur Verfügung. Die Tiere erhielten nacheinander eine Kontrollration (Ration I), eine Versuchsration mit Glycerin (3 % in TM, Ration II) und eine Ver-suchsration mit Rapsöl (3,2 % in TM, Ration III).

Nach einer Anfütterungsphase von jeweils 10 Tagen erfolgte an 2 Tagen die Entnahme des Pansensaftes. Für den in vivo Versuch wurde 4 x täglich (1, 3, 5 und 7 h nach der Morgenfütterung) Pansensaft entnommen, für den in vitro-Versuch 1 x täglich vor der Morgenfütterung. Im Anschluss an diese Entnahmeperiode erhielten die Tiere für den in vivo Versuch an weiteren 2

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Tagen eine zusätzliche Glycerin-Gabe von 500 g FS per fistulam und es wurde wiederum Pansensaft nach demselben Schema entnommen (Ration I+, II+ bzw. III+). Tab. 1: Zusammensetzung der Rationen in kg TM

Ration I I+ II II+ III III+ Heu 7,36 7,36 7,36

Kraftfutter* 1,77 1,50 1,50 Glycerin** 0,28

Rapsöl 0,29 Glycerin** 0,43 0,43 0,43

* 36 % Sojaschrot, 30 % Gerste, 30 % Weizen und 4 % Mineralfutter ** technisches Glycerin, TS-Gehalt 86,62 % In vivo wurden als Fermentationsparameter die Gesamtfettsäurenmenge sowie die flüchtigen Fettsäuren Acetat, Propionat und Butyrat mittels Gas-chromatographie bestimmt und der pH-Wert gemessen.

In vitro wurde der Hohenheimer Futterwerttest mit Pansensaft der mit den Ver-suchsrationen I bis III gefütterten Tiere durchgeführt. Des Weiteren wurde auch hier die Gesamtfettsäurenmenge sowie die flüchtigen Fettsäuren Acetat, Propionat und Butyrat bestimmt. Neben dem reinen Glycerin wurden Mischungen des Glycerins mit Kraftfutter (0, 33, 66, 100 % Glycerin) inkubiert. 2. Ergebnisse und Diskussion

2.1 Fermentation in vivo Tab. 2: pH-Wert und Gesamtfettsäurenmenge (in mmol/l)

Ration I I+ II II+ III III+ pH 6,70 6,68 6,68 6,57 6,72 6,46

VFA 96 aA 91 αA 105 bA 108 βA 102 abA 105 βA Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,05), a, b, c zwischen I, II, III: α, β, γ zwischen I+, II+, III+, A, B zwischen I, I+; II, II+; III, III+ Die pH-Werte unterschieden sich bei keiner Variante signifikant. Lediglich bei ölhaltigem Kraftfutter in Kombination mit einer Glycerinzulage kam es zu einem tendenziell niedrigeren pH-Wert (p = 0,08), was auf eine geringere Pufferkapazität hinweist. Möglicherweise wurde die fetthaltige Ration beim Fressen weniger eingespeichelt oder es kam im Pansen zur Bildung von Seifen mit puffernden Kationen.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Die Gesamtfettsäurenkonzentration war bei der glycerinhaltigen Ration gegen-über der Kontrollgruppe signifikant erhöht. Dies bestätigt Untersuchungen von Bergner et al. (1995), Schröder und Südekum (2002) und De Frain (2004), bei denen nach Glycerinzulagen unterschiedlicher Reinheit und Höhe die Gesamt-fettsäurenmenge ebenfalls anstieg.

Im Vergleich der Zulagenrationen (I+, II+, III+) war die Konzentration der Fett-säuren sowohl bei Ration II+ als auch bei Ration III+ erhöht. Adaptierte Tiere fermentieren Glycerin demnach stärker als nicht adaptierte Tiere, wobei eine Adaption offenbar auch indirekt durch Fettfütterung und das bei der Lipolyse freigesetzte Glycerin zu erzielen ist. Die molaren Anteile der einzelnen Fettsäuren gibt Abbildung 1 wider.

69,8 61,1 65,2 55,4 68,4 62,6

16 20,6 18,7 21,7 17,2 20,4

10,6 14,4 12,8 19,4 11,1 14

0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%

100%

I I+ II II+ III III+

C2 mol% C3 mol%

Abb. 1: Anteile der einzelnen Fettsäuren in mol% Tab. 3: Statistische Analyse der Fettsäurenanteile

Ration I I+ II II+ III III+ C4

mol% 10,6 aA 14,4 αB 12,8 bA 19,4 βB 11,1 cA 13,9 αB

C3 mol% 16,0 aA 20,6 αA 18,7 aA 21,7 αA 17,2 aA 20,4 αA

C2 mol% 69,8 aA 61,1 αB 65,2 bA 55,4 βB 68,4 cA 62,6 γB

Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,05), a, b, c zwischen I, II, III: α, β, γ zwischen I+, II+, III+, A, B zwischen I, I+; II, II+; III, III+

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Zu beobachten war ein signifikanter Rückgang des Acetatanteiles bei Ver-abreichung von Glycerin, unabhängig von der Verabreichungsform. Die Propionatanteile waren lediglich tendenziell (p<0,1) erhöht, dies war aber bei keiner Ration statistisch abzusichern. Bei den nicht adaptierten Tieren war der molare Propionatanteil nach Verabreichung von Glycerin per fistulam (Vergleich Ration I/I+) mit p = 0,0571 allerdings nahezu signifikant erhöht. Der prozentuale Anteil an Butyrat dagegen stieg signifikant bei jeder Form der Glycerinverabreichung an. Besonders deutlich wurden die Effekte bei den adaptierten Tieren (Ration II). Bei einem prozentualen Rückgang des Acetats von nahezu 10 % stieg der Butyratanteil um knapp 7 % und nahm damit einen ähnlichen Anteil ein wie das Propionat.

Damit decken sich die Ergebnisse weitgehend mit bisherigen Unter-suchungen (Remond et al., 1993; Khalili et al., 1997; Schröder und Südekum 2002; De Frain, 2004). 2.2 Fermentation in vitro

Abbildung 2 zeigt die Gasbildung bei Inkubation von reinem Glycerin im Zeitverlauf bei den verschiedenen Fütterungen.

0

10

20

30

40

50

60

70

0 10 20 30 40 50

Gasbildung in

ml/200g TS

Zeit in h

IIIIII

Abb. 2: Gasbildungsverlauf von reinem Glycerin Die Gasbildung verläuft in verschiedenen Phasen. In der ersten Phase (2-12 h) war nur ein verzögerter Anstieg der Gasbildung zu erkennen, während es in der zweiten Phase (12-24 h ) zu einem steilen Anstieg der Gasbildung

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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kam. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Glycerin im Pansensaft der adaptierten Tiere (Ration II) schneller fermentiert als in dem der nicht adaptierten Tiere.

Standardgasbildung und Gasbildungsrate sind Tabelle 3 zu entnehmen. Tab. 3: Standardgasbildung nach 24 h und Gasbildungsrate von reinem

Glycerin

Ration der Spendertiere I II III

Standardgasbildung nach 24 h

in ml/200 g TM

47,3 ±1,5

55,0 ±1,5

51,2 ±1,5

Gasbildungsrate in %/h 3,8 4,7 4,5

Ersichtlich wird auch aus diesen Ergebnissen, dass bei Inkubation von Glycerin mit Pansensaft adaptierter Tiere die Fermentation intensiver und schneller verläuft.

In Tabelle 4 ist die Fettsäurenzusammensetzung bei Fermentation von reinem Glycerin in vitro zusammengefasst. Tab. 4: Fettsäurenmuster in mol% bei Fermentation von reinem Glycerin

Ration der Spendertiere I II III

C4 7,0 c 5,5 b 0,4 a C3 61,8 a 69,5 b 73,5 c C2 29,7 c 22,8 a 26,3 b

Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,05) Im Gegensatz zu den Ergebnissen in vivo wurde in vitro reines Glycerin bei allen Rationstypen größtenteils zu Propionat auf Kosten des Acetats fermentiert. Der Butyratanteil sank in vitro bei den Versuchsrationen singnifikant gegenüber der Kontrollration (I) ab.

Des Weiteren wurde Glycerin mit verschiedenen Anteilen von Kraftfutter verschnitten und diese Mischung inkubiert. Die Ergebnisse sind in Ab-bildung 3 dargestellt.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

GLC

2GlC

:1K

F

1GLC

:2K

F

KF

GLC

2GlC

:1K

F

1GLC

:2K

F

KF

GLC

2GlC

:1K

F

1GLC

:2K

F

KF

I II III

C2 mol% C3 mol% C4 mol% Rest

Abb. 3: Fettsäurenzusammensetzung bei verschiedenen Glycerin-inkubationen

Bei steigendem Kraftfutteranteil in der Inkubationsmischung ging der Propionatanteil linear zurück bei steigenden Acetat- und Butyratanteilen. Die Linearität des Verlaufes war bei den adaptierten Tieren (Ration II) bei einer Kombination von 1/3 Glycerin und 2/3 Kraftfutter unterbrochen. Hier lag der Butyratanteil höher als bei Inkubation von reinem Kraftfutter. 3. Schlussfolgerungen

Es konnte sowohl in vivo als auch in vitro nachgewiesen werden, dass Adaption und Verabreichungsform (Kombination mit Kraftfutter oder reines Glycerin) eine wichtige Rolle bei der Fermentation von Glycerin spielen. So können auch in vitro Befunde mit reinem Glycerin nicht direkt auf in vivo Bedingungen übertragen werden. Da Glycerin in vivo nur einen kleinen An-teil der Ration ausmacht, entsteht unter diesen Bedingungen ein völlig anderes Fettsäuremuster als bei Reininkubation in vitro.

Bei nicht an Glycerin adaptierten Tieren wurde eine geringere Fermentationsintensität und ein glucogeneres Fettsäuremuster gefunden Daher scheint der Einsatz von Glycerin als Ketosetherapeutikum, oral verab-reicht, vielversprechend. Dies zeigten auch Versuche von Goff und Horst (2003) sowie Kohno et al. (2004).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Auch wenn anzunehmen ist, dass ein Teil des Glycerins unabgebaut ab-sorbiert wird (Remond et al., 1993), scheint Glycerin als Ketosepro-phylaktikum aber eher ungeeignet Denn die adaptierte Mikroflora fermentiert Glycerin in höherem Ausmaß und produziert ein ketogeneres Fettsäuremuster mit hohen Butyratanteilen. 4. Literatur

Bergner, H., Kijora, C. Ceresnakova, Z., Szakacs, J., 1995: In vitro Unter-suchungen zum Glycerinumsatz durch Pansenmikroorganismen. Archives of Animal Nutrition, 1995, 245-256

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Huwyler, U., Messerli, P., Wanner, M., Pallauf, J., 1999: Prüfung der Wirkung verschiedener Ketoseschutzmittel auf die Pansenfermentation im Pansensimulationssystem RUSITEC und bei fistulierten Kühen. Pro-ceedings of the Society of Nutrition Physiology, 8, 121

Khalili, H., Varvikko, T., Toivonen, V., Hissa, K., Suvitie, M., 1997: The ef-fects of added glycerol or unprotected free fatty acids or a combination of the two on silage intake, milk production, rumen fermentation and diet digestibility in cows given grass silage based diet Agricultural and Food Science in Finland, Vol. 6, 349-362

Kijora, C., 1995: Einsatz von Glycerin in der Fütterung. Raps, 13. Jg., 72-74

Kohno, M., Murayama, I., Sawamukai, K., Sato, S., 2004: Blood component changes and therapeutic effects in ketotic cows by orally administered glycerol. Journal of Japan Veterinary Medical Association, 57, 165-169

Remond, B., Souday, E., Jouany, J., 1993: In vitro and in vivo fermentation of glycerol by rumen microbes. Animal Feed Science and Technology, 41, 121-132

Schröder, A., Südekum, K.-H., 2002: Effekte von Glycerin unterschiedlicher Reinheit auf die Pansenfermentation und Nährstoffverdaulichkeit von Rindern. UFOP-Schriften Heft 17, 51-67

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Wirkung von Glyzerinzulagen auf Futteraufnahme und Leistung bei Milchkühen J. Harzheim1, H. Steingaß1, W. Drochner1 1Universität Hohenheim, Institut für Tierernährung, Stuttgart-Hohenheim 1. Einleitung

Die Nachfrage nach regenerativen Kraftstoffen ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Biodiesel aus Pflanzenöl ist in unseren Breiten ein sehr beliebter regenerativer Kraftstoff. Bei der Umesterung von Pflanzenöl zu Biodiesel fallen in Abhängigkeit von der Fettquelle etwa zehn Prozent Glyzerin an.

Ob der Einsatz von Glyzerin in Wiederkäuerrationen ökonomisch sinnvoll ist, hängt mit dessen Preis zusammen. Dieser hängt wiederum von der Nach-frage nach Biodiesel ab, die sich aus dem Öl-, Getreide- und Ölsaatenpreis ableiten lässt. Bisher ist Glyzerin neben Propylenglycol hauptsächlich als glucoplastische Substanz, zur Prophylaxe und Behandlung der Ketose ein-gesetzt worden. Da Propylenglycol in der Vergangenheit preisgünstiger war, ist es bevorzugt eingesetzt worden.

Die Gefahr an Ketose zu erkranken, ist für Milchkühe im peripartalen Zeit-raum besonders groß. Der hohe Energiebedarf mit Einsetzen der Laktation sorgt teilweise für eine übermäßige Fettmobilisierung. Weniger stoff-wechselstabile Kühe können dann an einer Ketose erkranken. Therapiert wird dies mit der oralen Gabe von glucoplastischen Substanzen (Drench). Da dies ein „zwanghafter“ und zeitaufwendiger Eingriff ist, wurde anhand der Parameter der Pansenfermentation untersucht, ob Glyzerin wenn es direkt in die Totalmischration (TMR) gegeben wird, ebenfalls antiketotische Wirkung besitzt. Die in der Literatur beschriebenen Ergebnisse hierzu sind sehr heterogen. Der Schwerpunkt dieser Arbeit lag allerdings darin, mehr über die Wirkungsweise eines Rohglyzerins auf die Futteraufnahme, Milchleistung und Milchzusammensetzung zu erfahren.

Gleichzeitig wurde untersucht, wie sich eine Glycerinzulage auf die Nähr-stoffverdaulichkeit der Ration auswirkt. 2. Material und Methoden

Für den Versuch standen 21 Milchkühe der Rasse Holstein im mittleren Laktationsstadium zur Verfügung. Der Versuch war als vollständig randomisiertes lateinisches Quadrat der Dimension 3x3 aufgebaut. Es gab drei Durchgänge mit je vier Wochen, von denen jeweils die letzten drei

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Wochen ausgewertet wurden. Das Rohglyzerin wurde zu einer TMR zu-gelegt. Die Zusammensetzung der TMR ist Tabelle 1 zu entnehmen. Neben der reinen TMR als Kontrollration wurden jeweils 2,5 % und 5 % Roh-glyzerin (GL) in die Ration gegeben, dies entspricht bei einer an-genommenen täglichen Trockensubstanzaufnahme von 20kg und einem Glyzeringehalt von 77,8 % (LUFA, Speyer 2008) etwa 400 bzw. 800g Rein-glyzerin pro Tier und Tag. Die Futteraufnahme wurde täglich an insgesamt zwölf Wiegetrögen erfasst. Jeweils vier Tröge waren einer Tiergruppe von sieben Kühen fest zugeteilt. Die Milchmenge und Futteraufnahme wurden täglich erfasst. Es wurden einmal pro Woche Milchproben genommen und beim Milchprüfring Baden-Württemberg auf Fett und Eiweiß, somatische Zellen, Harnstoff- und Laktose untersucht. Tab. 1: Rationszusammensetzung (% i. TM)

Maissilage 24,3 Grassilage 21,0 Heu 10,4 Kraftfutteranteil 41,3 Mineralfutteranteil 3,0

Um Veränderungen der ruminalen Fermentation beobachten zu können, wurden von zwei fistulierten Kühen, die Teil der Versuchstiergruppe waren, einmal wöchentlich nach den Melkzeiten Pansensaftproben entnommen. Der pH und die Temperatur wurden unmittelbar nach der Entnahme bestimmt. Nach dem Zentrifugieren bei 3500 U/min. und 4°C wurden Proben für die weitere Analyse tiefgefroren. Nach Versuchsende wurden die flüchtigen Fettsäuren (FFS) gaschromatographisch und die Ammoniakkonzentration des Pansensafts mittels Wasserdampfdestillation bestimmt. Tab. 2: Rohnährstoffzusammensetzung und Energiegehalt der Versuchs-

rationen

Rationen (i. % TS) 0 % GL 2,5 % GL 5 % GL XP 15,3 15,1 14,7 XF 17,1 16,7 16,8 XL 3,6 3,6 3,7 XA 8,7 8,5 8,5 XX 55,3 56,1 56,3 NDF 38,2 37,9 37,8 NEL (MJ/kg TM) 6,9 7,0 7,0

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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In den ersten zehn Tagen des dritten Versuchsdurchgangs wurde ein Ver-dauungsversuch mit dem Indikator TiO2 durchgeführt. Nach vier Tagen An-fütterungsphase wurden von allen Versuchskühen über einen Zeitraum von 6 Tagen nach jeder Melkzeit Kotproben genommen und die Verdaulichkeit der Rohnährstoffe und der Faserfraktionen nach der Detergenzienmethode von van Soest (1991) anhand der Konzentrationsdifferenzen des Markers in Futter und Kot bestimmt.

Die Versuchsergebnisse sind in den Tabellen als Mittelwerte der jeweilig verfütterten Ration über alle Durchgänge mit ihren Standardabweichungen dargestellt. Die einfaktorielle Varianzanalyse erfolgte mit dem t-Test des Statistikprogramms JMP 7 (SAS Institute). 3. Ergebnisse und Diskussion

Futteraufnahme, Milchmenge und -zusammensetzung

In Tabelle 3 sind die Ergebnisse zur Futteraufnahme, Milchmenge und Milchzusammensetzung aufgeführt. Tab. 3: Futteraufnahme, Milchmenge und -zusammensetzung

Rationen 0 % GL 2,5 % GL 5 % GL TM-Aufnahme (kg) 20,4±1,6 20,3±1,7 20,5±2,1 Milchmenge (kg) 27,7±4,8 27,0±5,2 27,7±5,5 Milchfett (%) 3,97±0,56 3,94±0,58 3,95±0,62 Milcheiweiß (%) 3,50±0,33 3,50±0,29 3,52±0,35 Laktose (%) 4,77±0,20 4,75±0,20 4,75±0,19 Harnstoff (mg/dL) 25,5±4,2 a 23,5±3,6 ab 23±3,2 b NEL Bilanz (MJ/Tag) 13±12,7 15,3±12,3 14,4±12,1 Lebendmasse (kg) 670±75 666±70 669±74 Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p < 0,05). Alle Totalmischrationen wurden gut aufgenommen. Die Futteraufnahme lag bei allen Rationen über 20 kg/Tag und unterschied sich nicht signifikant voneinander. Die Milchleistung veränderte sich bei den verschiedenen Rationen nicht, die Milchinhaltsstoffe Fett, Protein und Laktose blieben ebenfalls unverändert.

Deutlich ist der Rückgang des Milchharnstoffs, der auf einen Verdünnungs-effekt der Proteinträger in der Ration bei der Zulage von Glyzerin als reinem Energieträger zurückzuführen ist. Rémond et al. (1991) und DeFrain et al.

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(2004) stellten mit vergleichbarer Glyzerindosierung ebenfalls keine Steigerung der Futteraufnahme fest.

In einer separaten Auswertung wurden die Tiere in zwei Gruppen mit unter- bzw. überdurchschnittlicher Milchleistung eingeteilt, um zu prüfen, ob leistungsabhängige Effekte der Glycerinsupplementierung zu erkennen sind. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4 dargestellt. Tab. 4: Wirkung einer Glycerinergänzung in Abhängigkeit vom Leistungs-

niveau

Kühe mit höherer Leistung Kühe mit geringerer Leistung 0 % GL 2,5 % GL 5 % GL 0 % GL 2,5 % GL 5 % GL TMA1 20,6±1,5 20,6±1,7 21,0±2,0 20,3±1,8 20,0±1,9 20,3±2,1 FECM2 30,7±2,1 30,7±1,7 31,4±2,2 24,9±2 24,2±3,4 24,2±2,8 % Fett 3,98±0,73 3,93±0,59 3,95±0,76 3,95±0,39 3,98±0,61 3,90±0,51% Eiw. 3,37±0,38 3,32±0,27 3,34±0,39 3,65±0,22 3,67±0,20 3,70±0,23%Lakt. 4,87±0,15 4,88±0,12 4,87±0,12 4,68±0,22 4,62±0,19 4,66±0,18MH3 24,1±4,0 23,5±3,7 22,8±2,9 26,4±4,3 23,8±4,2 23,5±3,8

1: aufgenommene Trockenmasse (kg/Tag) 2: Fett-u. Eiweißkorrigierte Milchmenge (kg/Tag) 3: Milchharnstoffkonzentration (mg/dL)

In der Gruppe der Kühe mit höherer Leistung stieg die Trockenmasseaufnahme mit Erhöhung der Glyzeringabe leicht an. Auch bei der fett- und eiweiß-korrigierten Milchleistung war diese Tendenz zu erkennen. Diese Unterschiede waren aber nicht signifikant. Die Milchinhaltsstoffe blieben unverändert. Die niedrigleistende Gruppe zeigte keinerlei Effekt der Glyzeringabe auf die Futteraufnahme, Milchleistung und -zusammensetzung. Rémond et al. (1991) stellte ebenfalls keine Steigerung der Futteraufnahme beim Austausch von 190g bis 610g Glyzerin pro Tag gegen Kraftfutter fest. Pansenphysiologische Parameter

Der pH-Wert stieg mit der Zulage von Glyzerin in der Ration tendenziell an (Tabelle 5). Bei Verfütterung der Kontrollration wurde ein mittlerer pH-Wert von 6,28 gemessen, während bei beiden Glyzerinzulagen der mittlere pH-Wert 6,46 und 6,45 betrug. Die Bicarbonatkonzentration stieg ebenfalls tendenziell an. Betrachtet man diese Feststellungen zusammen mit der niedrigeren Konzentration der flüchtigen Fettsäuren, deutet dies eine geringere Fermentationsintensität bei Glyzerinzulagen an.

Glyzerin wird im Pansen mit ca. 4 % pro Stunde relativ langsam fermentiert (Haese et al. 2008). Da die Kohlenhydratfraktion der verfütterten TMR im Vergleich dazu schneller abgebaut wird und das Glycerin einen Teil der Grundration verdrängt hat, kann dies eine Erklärung für höheren pH-Werte

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und Bicarbonatkonzentrationen bei gleichzeitiger Senkung der Fettsäuren-konzentration sein.

Der Rückgang der Ammoniakkonzentration im Pansensaft von Kontrolle zu den glyzerinsupplementierten Rationen ist signifikant. Glyzerin verdünnt den Anteil der Proteinträger im Kraftfutter, womit der Rückgang der Ammoniak-konzentration im Pansen teilweise erklärt werden kann. Die Zusammen-setzung der flüchtigen Fettsäuren verändert sich mit der Zulage von Glyzerin. Von der Kontrollration hin zur höchsten Glyzerindosierung sinkt der Acetat-anteil signifikant ab und der Butyratanteil nimmt signifikant zu. Der Propionatanteil bleibt unverändert. Demnach ist der Einsatz von Glyzerin als Ketoseprophylaktikum, wenn es über die TMR verabreicht wird, kritisch zu bewerten. Tab. 5: Kennzahlen der Pansenfermentation

Rationen 0 % GL 2,5 % GL 5 % GL pH 6,3±0,4 6,5±0,3 6,5±0,4 HCO3

- (mmol/l) 19,4±16 29,7±21,6 31,5±23,2 NH3

(mmol/l) 14,6±8,6 a 8,5±6,7 b 8,4±4,5 b FFS (mmol/l) 116,4±20,1 102,4±20,3 108,2±15,6 Acetat (%) 62,9±2,6 a 61,4±2,7 ab 59,7±4,3 b Propionat (%) 20,1±2,9 19,7±2,3 20,4±2,7 Butyrat (%) 13,3±1,1 a 15,1±1,4 b 15,8±2,1 b

Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p < 0,05). Verdaulichkeit der Nährstoffe

Die Verdaulichkeiten der organischen Substanz, der Rohfaser, des Rohfetts und Rohproteins unterschieden sind nicht signifikant. Bemerkenswert sind die Veränderungen innerhalb der Detergenzienfaserfraktionen. Die Verdau-lichkeit der Neutraldetergenzienfaser (NDF) nahm von der Kontrolle zu 2,5 % GL signifikant von 54,2 % um knapp 5 % auf 49,3 % ab. Bei 5 % Glyzerinsupplementierung wurden ähnlich der Kontrollration wieder 52,1 % Verdaulichkeit erreicht. Die Verdaulichkeit der Säuredetegenzien-faserfraktion (ADF) sank bei 2,5 % GL gegenüber der Kontrolle tendenziell ab. In Tabelle 6 sind die Ergebnisse des Verdauungsversuchs aufgeführt.

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Tab. 6: Verdaulichkeit der Rohnährstoffe Rationen Verdaulichkeit(%) 0 % GL 2,5 % GL 5 % GL OS1 70,9±3,8 71,1±1,5 71,6±1,4 XF2 52,0±8,0 48,2±2,8 51,8±3,6 XL3 79,1±2,8 79,9±4,2 80,6±2,9 XP4 68,3±3,7 68,3±2,2 67,2±1,7 NDF5 54,2±6,2 a 49,3±2,6 b 52,1±3,2 ab ADF6 42,6±7,1 38,0±3,5 40,3±2,8 NFC7 92,9±1,3 a 94,5±0,7 b 94,5±0,7 b

1 organische Substanz 2 Rohfaser 3 Rohfett 4 Rohprotein 5 Neutraldetergenzienfaser 6 Säuredetergenzienfaser 7 Nicht Faser Kohlenhydrate (=OS-XP-XL-NDF) Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p < 0,05). Nach Südekum und Schröder (2002) besteht ein negativer Zusammenhang zwischen dem Stärkegehalt der Ration und der Faserverdaulichkeit bei Glyzerinfütterung. Mit hohem Stärkeanteil (30 % Stärke in der TS) in der Ration war die Verdaulichkeit der Zellwandfraktionen herabgesetzt, wobei sie bei stärkearmer Ration (<10 % Stärke i. TS) anstieg. Dieser Zusammen-hang kann durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit bestätigt werden, denn der Stärkeanteil kann mit ca. 21 % in der TM als relativ hoch be-zeichnet werden. Auch Eckl et al. (2008) haben einen negativen Einfluss von Glyzerin auf die Rohfaserverdaulichkeit bei kraftfutter- und stärkereichen Rationen beim Lamm festgestellt. Die Ursache für diese Wechselwirkung zwischen Glyzerin und Stärke und ihre Wirkung auf die Faserverdaulichkeit ist unklar, auch Südekum und Schröder (2002) lieferten dafür keine Er-klärung. Möglicherweise kommt es bei zusätzlichem Angebot fermentier-barer Substanz in Form von Glyzerin zu einer verstärkten Konkurrenz der Bakterien um Nährstoffe. Die Fibrolyten sind dabei wahrscheinlich be-nachteiligt. Mit steigendem Glyzerinanteil nimmt die Verdaulichkeit der NFC zu. Da sich Glyzerin rechnerisch in dieser Fraktion befindet, weist dies auf eine hohe Verdaulichkeit des Glyzerins selbst hin. In der Arbeit von Eckl et al. (2008) wurde eine Umsetzbarkeit der Energie aus Glyzerin von 87 % ermittelt. 4. Schlussfolgerungen

Rohglyzerin kann bei günstiger Preislage ohne Leistungseinbußen bis zu 5 % in Totalmischrationen für Milchkühe eingesetzt werden. Mit dieser

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Applikationsweise ist jedoch keine antiketotische Wirkung zu erwarten, weil die geringere Acetatbildung im Pansen eine höhere Butyratbildung zur Folge hatte. Es bedarf noch weiterer Untersuchungen, um die Zusammenhänge zwischen der vermutlich geringeren Fermentationsintensität, einer eventuell veränderten Flüssigkeitskinetik, dem Digestafluss und der bei stärkereicher Ration herabgesetzter Faserverdaulichkeit zu klären. 5. Literatur

DeFrain, J.M., Hippen, A.R., Kalscheur, K.F., Jardon, P.W., 2004: Feeding Glycerol to Transition Dairy Cows: Effects on Blood Metabolites and Lactation Performance. J. Dairy Sci., 87, 4195-4206

Eckl, E., Steingass, H., Drochner, W., 2008: Energetic Evaluation of Glyc-erol in Ruminants. Proc. Soc. Nutr. Physiol. 17, 126

Haese, E., Kneer, G., Steingass, H., 2008: Untersuchungen zu ruminalen Fermentation von Glycerin in vivo und in vitro. VDLUFA Schriftenreihe, 64, (im Druck)

Rémond, B., Rouel, J., Ollier, A., 1991: Effet de l’addition de glycérol à la ration des vaches laitières sur leur production et sur quelques paramètres de leur métabolisme. Annales de Zootechnie, 40, 59-66

Rémond, B., Souday, E., Jouany, J.P., 1993: In vitro and in vivo fermentation of glycerol by rumen microbes. Anim. Feed Sci. Technol., 41, 121-132.

Südekum, K.-H., Schröder, A., 2002: Einfluß der Reinheit und Konzentration von Glyzerin auf die Energiegehalte von Glyzerin und die Nährstoffverdaulichkeiten gemischter Rationen für Wiederkäuer. Ufop Schriftenreihe 17, 37-50

Van Soest, P.J., Robertson, J.B., Lewis, B.A., 1991: Methods for dietary fi-ber, neutral detergent fiber, and non-starch polysaccharides in relation to animal nutrition. J. Dairy Sci., 74, 3583-3597

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Qualität von Milch, Fleisch und Eiern aus Thüringer Erzeugung - Erhebungen und Einbeziehung in die Ernährungsberatung F. Schöne1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

In Deutschland, überhaupt in den entwickelten Ländern, repräsentieren Lebens-mittel tierischen Ursprungs - Flüssigmilcherzeugnisse, Butter und Käse, Fleisch und Wurst sowie Eier und Eiprodukte – ein Viertel bis ein Drittel unserer Gesamt-nahrungsmenge (Basis Trockenmasse). Eine pflanzendominierte Kost mit einem Zehntel und weniger an der Nahrungstrockenmasse ist typisch für Entwicklungs-länder, weil die wenig effiziente Landbewirtschaftung ausreichend Nahrung aber nur unzureichend Futter zu erzeugen in der Lage ist. Genannte Angaben zur Nahrungszusammensetzung basieren auf einem pro Kopf Jahresaufkommen jeweils in den entwickelten Ländern gegenüber den Entwicklungsländern an: Ge-treideerzeugnissen von 60 bis 100 gegenüber 150 bis 200 kg Mehläquivalenten, Milch(produkten) von weniger als 100 gegenüber mehr als 300 kg (Rohmilch-äquivalenten), Fleischerzeugnissen von unter 10 bis 100 kg auf Basis Schlacht-körpergewicht (davon sind etwa 70 % Verzehrbares), Eiern von weniger als 50 bis über 250 Stück (BMELF 2001, FAO 2006. Schwellenländer mit ihren hohen Zu-wächsen in Industrie und Agrarwirtschaft steigerten in den beiden letzten Jahr-zehnten und steigern besonders die tierische Erzeugung. Das Beispiel China steht für eine Explosion des Schweinefleischkonsums besonders der Stadtbevölkerung entsprechend den steigenden Einkommen (FAO, 2006).

Lebensmittel tierischen Ursprunges vermitteln in besonderem Maße Genuss und Sättigung und sie stabilisieren die Versorgung mit bestimmten Aminosäuren, Mengen bzw. Spurenelementen und Vitaminen. So stehen Milchprodukte für die Versorgung mit Calcium, Fleisch(erzeugnisse) für die mit Eisen hoher Bioverfüg-barkeit. Die beiden Grundlagen unserer Jodversorgung sind die Jodierung des Speisesalzes für eine Verwendung z. B. in der Wurst und die Futterjodierung mit der Jodanreicherung in Milch(produkten) oder Eiern.

Genanntem Positivem für unsere Gesundheit, erreichbar bereits mit einer moderaten Aufnahme tierischer Erzeugnisse, stehen ungünstige Wirkungen des zu hohen Konsums auf die Gesundheit gegenüber, enthalten doch Fleischerzeugnisse (Wurst) und Milcherzeugnisse oft zu viel Fett. Eine fettreiche Nahrung führt zu Übergewicht beziehungsweise Adipositas und diese wiederum erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Letztere repräsentieren in Deutschland etwa die Hälfte der Todesfälle, je ¼ entfallen auf Krebs und sonstige Todesursachen.

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Ernährungsberatung verfolgt im Hinblick auf das Nahrungsfett zwei, zumindest didaktisch zu trennende, Ziele: 1.) ist die aufgenommene Fettmenge zu kontrollieren, in der Regel zu vermindern 2.) ist die Fettzusammensetzung zu optimieren (Übersicht 1). Am Markt entspricht am ehesten dem Ziel 1, der Fett-mengenkontrolle, das „Du Darfst“ Sortiment; das Ziel 2, die Fettmodifizierung, repräsentieren die „maßgeschneiderten“ Fette des „becel-Programms“.

In der vorliegenden Arbeit sollte zum einen der Fettgehalt häufig verzehrter Wurst eines Thüringer Sortimentes in seinen Auswirkungen auf die verzehrte Fettmenge untersucht werden. Zum anderen war die Fettsäurenzusammensetzung von Wurst aber auch des Depotfettes von Schweinen zu untersuchen. Die Rückenspeck-proben stammten aus Erhebungen an Schweinen von Thüringer Schlachthöfen (Krüger, 2005) und aus einem Fütterungsversuch mit Rapsöl (Schöne et al. 2002). 2. Material und Methoden

Zum Fettgehalt und Brennwert Thüringer Fleischerzeugnisse: Es wurden 191 Fleischwaren von insgesamt 13 Verarbeitern (davon 6 industriell, 7 handwerklich) untersucht, die sich auf 18 bekannte und häufig verkaufte Produkte aufteilten und zwar auf jeweils 5 Arten von Roh- oder Kochwürsten und auf jeweils 4 Arten von Brühwurst und stückigen Pökelwaren. Mit Ausnahme grober und feiner Mett-wurst, von denen jeweils nur 5 Proben vorlagen, wurden je Produkt 11 bis 13 Proben analysiert.

Die Proben wurden gefriergetrocknet, die Analysen im feingemahlenen Lyophilisat durchgeführt unter “Zurückrechnung“ auf die Frischmasse. Die Ana-lysenmethoden folgten für Trockenmasse bzw. Wasser, Gesamtprotein (über

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Stickstoff) und Fett dem § 35 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (AS 35 1980 a, b; 1989), jetzt Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, LMFGB. Der Brennwert = Bruttoenergie wurde aus den energieliefernden Hauptbestand-teile mit 4 kcal je g Protein und 9 kcal je g Fett als Brennwertfaktoren berechnet (Europäische Gemeinschaft, 1990).

Zur Fettzusammensetzung in Wurst und Rückenspeck von Schweinen: Die Fettsäurenzusammensetzung des Fettes von 23 Rohwürsten, 9 Brühwürsten, 14 Kochwürsten, 88 Rückenspeckproben, aufgeteilt auf 48mal Feldmaterial aus Thüringer Mastbetrieben (Krüger, 2005) und 2 X 20 Proben von Schweinen im Fütterungsversuch (Schöne et al., 2002) ohne oder mit 2 % Rapsöl im Futter. Die Analyse der Fettsäuren erfolgte nach Umesterung mittels Na- Methylat zu den Fettsäuremethylester (engl. fatty acid methyl esters, FAME) am GC (Varian CX3400). Die Anfangstemperatur der Säule von 30 m Länge und einem Durch-messer von 0,25 mm betrug 130 °C und wurde um 5 °C pro Minute gesteigert, bei einer Laufzeit von 30 min bis zu einer Endtemperatur von 240 °C. Die Temperatur des Injektors betrug 250 °C, ebenso wie die des Detektors (Flammenionisations-detektor). Weitere Details zum Nachweis und zur Auswertung der Ergebnisse bei Krüger (2005). 3. Ergebnisse

Fettgehalt und Brennwert Thüringer Fleischerzeugnisse Übersicht 2 ist ein Auszug aus den detaillierten Ergebnistabellen (Schöne et al. 2004a) für die untersuchten 18 Fleischwarenarten. Unterschiede des Ge-haltes an Fett und damit des Brennwertes bestanden zwischen den unter-suchten Wurstarten (Leberwurst fetter als Brühwurst) aber auch innerhalb einer Wurstart – zum Beispiel bei der Salami von über 20 bis 45 %. Gegen-über Fleischerzeugnissen ist Fleisch = Muskel mit 2 ... 3 % intra-muskulärem Fett fett- und damit „kalorienarm“. Vor einem Hintergrund der Erzeugung „Fettarmen Fleisches “ und dessen Honorierung im EUROP Handelsklassensystem besteht eine Riesenverantwortung der Verarbeiter. Zunehmend setzen hier Innovationen an, wie von bestimmten Thüringer Wurstmachern (Schöne et al., 2005) oder die extrem fettarmen Rezepturen der Fleischerei Pointner (Anonymus, 2007).

Zur Untersetzung einer solchen Strategie der Fettkontrolle wurden die ana-lysierten Fettkonzentrationen und Brennwerte den Daten zum Fleischwaren-verzehr (Übersicht 3, DFV, 2003) zugeordnet, um so eine Fett- bzw. Energieaufnahme zu ermitteln (Übersicht 4). Ein Mittelwert von 23 g Fett und 261 kcal über die tägliche Aufnahme an geschätzt 88 g Fleischwaren (DFV, 2003) zusammen mit den 4 bis 6 g Fett aus dem Verzehrsmittel für Fleisch repräsentiert bezogen auf die Gesamtfettaufnahme mehr als ein Viertel Fett aus Fleischwaren und Fleisch.

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Übersicht 2: Mittelwerte und von-bis-Bereiche des Fettgehaltes und Brenn-wertes ausgewählter Thüringer Wurstwaren im Vergleich zu magerem Schweinefleisch und einem innovativen Wurstsortiment (Schöne et al., 2004)

0 10 20 30 40 50 60

Schweinefleisch, innovative Wurst

Bratwurst, roh

Salami

Jagdwurst

Leberwurst

g Fett/100 g Wurst

0 100 200 300 400 500 600

kcal/100 g Wurst

Leberwurst

Jagdwurst

Salami

Bratwurst, roh

Schweinefleisch, innovative Wurst

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Übersicht 3: Aufnahme an Wurst und sonstigen Fleischerzeugnissen nach Angaben des Deutschen Fleischer Verbandes (DFV, 2003) Von Brisanz für die einzelnen Verbraucher und Verarbeiter sind die vor-liegenden Schwankungsbreiten in der Fett- und Energieaufnahme über Fleischwaren. Laut Übersicht 4 leitet sich der für „Ernährungsbewusste“ „best case“ mit 16 g mittlerem Fettverzehr/Tag und 194 kcal ab, der „worst case“ mit nahezu der doppelten Fettmenge (30 g/Tag) und etwa 40 % mehr Energie entsprechend 319 kcal/Tag. Als Botschaft für die Verarbeiter lassen sich für jedes Erzeugnis „fett- bzw. kaloriereduzierte“ selektieren und aus den vorgestellten Fleischwaren könnte, unterstützt durch Verbraucher-information und Werbung, ein nährstoffoptimiertes Marktsegment entstehen mit entsprechender Verbraucherinformation sowie Werbung und der Chance einer höheren Wertschöpfung. Der Vergleich der Wurst zeigt mit 10 % mehrfach ungesättigten Fettsäuren (engl. polyunsaturated fatty acids, PUFA) einen geringeren Anteil der PUFA als der Rückenspeck aus Feldmaterial mit 14 % PUFA. In das Wurstfett gehen auch Fettpartien aus dem Körperinneren mit ihren niedrigeren An-teilen PUFA ein, was aber nur zum Teil die PUFA Differenz Wurstfett versus Rückenspeck erklärt. Verwiesen werden soll auf das Rapsöl, das die PUFA erhöht und – im Sinne der Empfehlungen von DACH (2000) sehr vorteilhaft

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- das Verhältnis Omega 6 : Omega 3 Fettsäuren verengt (Jahreis und Schöne, 2006).

Fettzusammensetzung in Wurst und Rückenspeck von Schweinen

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Für das gesamte untersuchte Fett unterschritten die PUFA den Grenzwert von 15 % im Hinblick auf die Oxidationsstabilität (Enser et al., 1983). In der Schweiz visiert man sogar als Höchstgrenze 12 % PUFA im Auflagefett an, vor dem Hintergrund lagerstabile Salami oder Schinkenspeck zu erzeugen. Jedoch repräsentieren bezogen auf den deutschen Fleischwarenverzehr Speck, Rohwurst und Schinken nur ein Drittel des Gesamt-Pro-Kopf-Verbrauches von 30 kg (Übersicht 3) und davon wiederum ist nur ein kleiner Teil Dauerwaren. So liebt der Thüringer die frische Knackwurst, den frischen weichen Rohschinken und hier ist die Zeit für eine Fettoxidation zu kurz - die Ware gegessen, bevor sie überhaupt ranzig werden kann. Für den „Frischwaren präferierenden Esser“ ist also das Fettsäurenmuster mehr nach den ernährungsphysiologischen Erfordernissen und weniger nach der Oxidationsstabilität optimieren. 4. Schlussfolgerungen und Empfehlungen

In einem Sortiment üblicher Thüringer Fleischwaren waren der Fett- und der Salzgehalt (nicht gezeigt) produktabhängig, dies jedoch mit einer beträcht-lichen Spanne beim gleichen Produkt von den verschiedenen Herstellern. Ein fett- und salzarmes (Schöne et al., 2004b) Segment ist da, aber den Herstellern und Konsumenten weitgehend unbekannt. Im Fettgehalt und Brennwert reduzierte Fleischwaren sind auszuloben, aber auch das Fleisch selbst als die naturbelassene Alternative zur Wurst! Die Fettsäuren-zusammensetzung sollte nach Ernährungsrelevanz optimiert werden, bei Be-achtung der sensorischen Eigenschaften. Mehr Omega 3 Fettsäuren sind durch moderate Rapsölfütterung erreichbar. Eine Optimierung nach Fett-stabilität (wenig PUFA) kommt nur für Dauerwaren in Qualitätsprogrammen in Betracht. Die Untersuchungen des Fleisches und Fettes vom Schwein mit den entsprechenden Wurstwaren, bis hin zu den Konsequenzen für unsere Ernährung, können als Beispiel für weitere Lebensmittelgruppen dienen. Untersucht wurden ebenfalls Rindfleisch, Eiinhalte, Milch und Käse, Back-waren und Kartoffelprodukte. Für Multiplikatoren, wie Lehrer, Ernährungs-mediziner, Qualitätsverantwortliche aus den Betrieben der Agrar- und Er-nährungswirtschaft, aber auch für Teilnehmer an Gewichtsreduktionskursen wurde ein Leitfaden erstellt (Schöne et al., 2005). Dort sind die Original-arbeiten zu den genannten und weiteren untersuchten Lebensmittelgruppen zitiert. Die folgenden Grundsätze der Beratung für die Agrar- und Er-nährungswirtschaft und den Verbraucher in Thüringen finden sich in der Ein-leitung der zitierten Schrift:

1. Nahrungsmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit, Förderung von Qualitäten aus der Region (z.B. mit dem Zeichen Geprüfte Qualität Thüringen)

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2. Umfassende, sachgerechte Information zwischen den Beteiligten der Wertschöpfungskette: Landwirtschaftliche Erzeuger → Verarbeiter → Handel → Verbraucher (Wissensfundus, z. B. aus der TLL)

3. Umfassende Sicht des Lebensmittels: Alles gehört auf den Tisch – keine Vorverurteilung bestimmter Nahrungsmittel (Fleisch).

4. Für die Auslobung sollte eine Kombination allgemeiner mit spezifischen Qualitätskriterien erfolgen, z. B. Naturbelassenheit, Frische mit be-stimmten Fettsäuren, Mikronährstoffen oder weiteren besonderen Inhalts-stoffen.

5. Literatur

Anonymus, 2007: Neuartige fettarme aber schmackhafte Wurstwaren. Foodaktuell, Internetmagazin für die Lebensmittelbranche. http://www.foodaktuell.ch/nachrichten.

Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, - BMELV, 2007: Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der Bundesrepublik Deutschland

D.A.CH., 2000: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Umschau Braus GmbH, Verlagsgesellschaft, Frankfurt/M., 1. Aufl.

Deutscher Fleischerverband – DFV, 2003: Das Fleischerhandwerk im Inter-net – Presse: grafiken.htm, Pro-Kopf-Verzehr 2001 Wurst und sonstige Fleischerzeugnisse

Enser, M., Fisher, A.V., Wood, J.D., 1983: The effect of fatty acid conmposi-tion on the suitable of pig backfat for the production of bacon, Lecture at the 29. Europ. Fleischforscherkongress Salsomaggiore (Parma), Session D, 479

Europäische Gemeinschaft, 1990: Richtlinie für die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln. Amtsblatt Nr. L 276/40 vom 6.10.1990

FAO Food and Agriculture Organisation of the United Nations, 2006. http://faostat.fao.org/site/573/default.aspx

Jahreis, G., Schöne, F., 2006: Rapsöl – ein physiologisch besonders wert-volles unter den Ölen. In: Öl- und Proteinpflanzen, Tagungsband OIL 2005, UFOP- Schriften, Heft 29, 7 – 17

Krüger, R., 2005: Fettsäuren und weitere Qualitätskriterien von Schlacht-schweinen und einem Wurstsortiment in Thüringen und Vorschläge zur Optimierung. Diplomarbeit Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Ernährungswissenschaften

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Scherz, H., Senser, F., 2000: Die Zusammensetzung von Lebensmitteln, Nährwerttabellen. Begründet von Souci, S.W., Fachmann, W. und Kraut, H. medpharm Scientific Publishers Stuttgart.

Schöne, F., Kinast., C., Bergmann, H., Meixner, B., 2005: Produkt-innovationen aus der Thüringer Agrar- und Ernährungswirtschaft, TLL-Eigenverlag

Schöne, F., Kinast, C., Bergmann, H., Ihling, M. Greiling, A., Kirchheim, U., Breitschuh, G., 2004a: Zusammensetzung und Energiegehalt von Fleisch-waren aus Thüringen. 1. Eiweiß, Fett und Brennwert. Fleischwirtschaft 7, 100 –106

Schöne, F., Leiterer, M., Greiling, A., Kinast, C., Meixner, B., 2004b: Zu-sammensetzung und Energiegehalt von Fleischwaren aus Thüringen. 2. Mineralische Substanz und Kochsalz. Fleischwirtschaft 8, 93 – 100

Schöne, F., Tischendorf, F., Kirchheim, U., Reichardt, W., Bargholz, J., 2002: Effects of high fat rapeseed press cake on growth, carcass, meat quality and body fat composition of leaner and fatter pig crossbreeds. Animal Science 74, 285 – 297

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Einfluss der Vaterrasse beim Schwein auf die Endproduktqualität von Rohschinken S. Müller1, P. Freudenreich2, W. Branscheid2, H. Hartung1 1 Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena; 2 Max-Rubner-Institut, Kulmbach 1. Einleitung

Als Besonderheit des „Original Südtiroler Markenspeck“ gilt die traditionelle Herstellungsweise. Nach Zugabe einer Spezialsalzmischung wird der speziell zugeschnittene Schinkenspeck je 2 Wochen gepökelt, bei 5 – 6 °C getrocknet Nach einer milden Räucherung über eine Woche reifen die Schinken über sechs Monate. Die Schinkenteilstücke entstammten Schlachtkörpern, die neben objektiv messbaren Kriterien wie 80-103 kg Schlachtgewicht und >55 % Muskelfleischanteil u.a. mindestens einen Gehalt von 1,5 % intramuskulären Fett (IMF) im M. longissimus dorsi (12./13. Rippe) aufweisen sollten. Die Anforderungen an den IMF-Gehalt basierten auf den nachgewiesenen Zu-sammenhängen zur sensorischen Fleischqualität und instrumentell messbaren Zartheit (Tab. 1). Seit den 80er Jahren wird dem IMF deshalb eine tragende Rolle für die Geschmacks- und Verzehrseigenschaften von Schweinefleisch zu-gemessen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass sensorische Tests in dieser Hinsicht ausschließlich an erhitztem Fleisch durchgeführt wurden. Tab. 1: Ausgewählte Literaturergebnisse über Beziehungen zwischen IMF-

Gehalt im M. longissimus und Sensorikmerkmalen des Fleisches (Korrelation r)

Quelle Zartheit Saftigkeit Aroma/ Geschmac

k

Scherkraft

Kaufmann et al. (1963) 0,44+ 0,70+ 0,38+ -0,35+ Stumpe (1989) 0,33 0,25+ 0,25+ -0,32+

Glodek et al. (1993) 0,23+ 0,21+ 0,15+ Kirchheim et al (1997) 0,34+ 0,04 0,11 -0,14+

Mörlein (2005) 0,32+ 0,08 0,21+ -0,51+ 2. Zielstellung der Untersuchungen

Aus den aufgeführten positiven Zusammenhängen zwischen IMF-Gehalt und Sensorik bzw. Zartheit wurde für die Schinkenproduktion geschlussfolgert, dass gut marmoriertes Fleisch mit höherem IMF-Gehalt ebenfalls günstigere

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technologische (Salzbindungsvermögen, Reifungsvermögen) und organoleptische Eigenschaften im Endprodukt Rohschinken aufweist.

Das Ziel der Untersuchungen bestand darin zu prüfen, ob durch Festlegung auf bestimmte Linien Teilstücke (Rohschinken für „Original Südtiroler Marken-speck“) erzeugt werden, die sich durch zugesicherte Qualitätseigenschaften beschreiben lassen.

Folgende Thesen lagen der Untersuchung zugrunde: • Der IMF-Gehalt im Kotelett und Schinken kann über die Vaterrasse (Pietrain

gg. Duroc) zuverlässig erhöht werden • Die rassenspezifischen Differenzen im IMF-Gehalt des Koteletts lassen sich auf

das Teilstück Schinken übertragen, d.h. die zwischen den Rassekombinationen bestehende Rangierung nach IMF im Kotelett bleibt auch bezüglich des Teil-stückes Schinken erhalten.

• Eine Erhöhung im IMF-Gehalt des Schinken ergibt messbare Verbesserungen in der Endproduktqualität des „Südtiroler Markenspeck“

3. Material und Methoden

Für die Untersuchung wurde von einem zweistufigen Versuchsansatz mit den Vater-rassen Piétrain und. Duroc ausgegangen, die an Hybridsauen angepaart wurden. Je Versuchsstufe wurden ca. 240 Tiere mit ausgeglichenem Geschlechterverhältnis erzeugt. Deren Aufzucht und Mast erfolgten unter einheitlichen Bedingungen in der Prüfstation Dornburg (TLPVG GmbH, Buttelstedt) mit einphasiger Fütterung ent-sprechend der ALZ-Richtlinie (Müller et al., 2007a). Der gesamte Versuchszeitraum erstreckte sich von Januar–Dezember 2006.

Neben der Erfassung der im Rahmen der Stationsprüfung üblichen Merkmale der Mast- und Schlachtleistung (Müller et al., 2007a; Ergebnisse bei Müller et al. 2007b) wurden für die Bewertung der Endproduktqualität 60 Tiere (je 15 Sauen und 15 Börge jeder Vaterrasse) repräsentativ aus der Gesamtstichprobe ausgewählt und deren linker Schinken zerlegt. Dabei wurden die in Tabelle 2 aufgeführten Haupt-muskeln der Ober- und Unterschale und der Nuss berücksichtigt. Tab. 2: In die Untersuchung einbezogenen Hauptmuskeln des Teilstücks

Schinken Hauptmuskel (Lokalisation) Abkürzung M. semimembranosus (Oberschale) SM M. adductor magnus et brevis (Oberschale) AD M. biceps femoris (Unterschale) BF M. semitendinosus (Unterschale) ST M. rectus femoris (Nuss) RF

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Je Muskel wurde an fest vorgegebener Lokalisation eine Fleischprobe zur Analyse des IMF-Gehaltes entnommen.

Der IMF-Gehalt des Schinkens wurde als IMF-Gehalt im M. semimembranosus (IMF-Schinken-SM) und zwei rechnerisch ermittelten Mittelwerten aus-gewertet:

IMF-Schinken-5M = (IMFSM x Gewicht SM ) + (IMF AD x Gewicht AD ) + (IMF BF x Gewicht BF ) + (IMF ST x Gewicht ST ) + (IMF RF x Gewicht RF )/ ∑ Gewicht SM, AD, BF, ST, RF

IMF-Schinken-3M = (IMF BF x Gewicht BF ) + (IMF ST x Gewicht ST ) + (IMF RF x Gewicht RF )/ ∑ Gewicht BF, ST, RF

Zusätzlich wurde das Fettsäuremuster aus einer gewichteten Mischprobe der fünf Teilmuskeln ermittelt.

Die Bestimmung des Fettgehalts (TTL) erfolgte nasschemisch ohne Säureauf-schluss mittels Petrolether (Schinken), n-Hexan : Aceton-Gemisch 2:1 ( Rückenspeck) bzw. n-Hexan (Kotelett).

Die Analyse der Fettsäurezusammensetzung (TTL) von Rückenspeck, Kotelett und Schinken erfolgte gaschromatographisch auf der Basis der EU-Methode der IDF (1997) mit einem Varian Star 3400 CX Gaschromatographen. Der rechte Schinken derselben Tiere wurde nach dem Zuschnitt als Rohschinken für Original Südtiroler Markenspeck in die kommerzielle Produktion zur weiteren Verarbeitung gesandt. Die gereiften Schinken wurden an einem definierten Teilmuskel sensorisch geprüft. Diese Bewertung wurde sowohl im kommerziellen Betrieb als auch an standardisierten, einge-schweißten Teil-proben im Panel nach DLG-Prüfschema (MRI) durchgeführt. Bei der Benotung 1-5 entsprach die Note 1 einer schlechten, die Note 5 einer sehr guten sensorischen Bewertung.

Zusätzlich wurde die Festigkeit mittels Instron (MRI) bestimmt. Dazu wurden an Proben von 1 cm Stärke die Scherkraft (Newton N) und die Energie beim Bruch (MJ) ermittelt. Darüber hinaus wurden an den Endprodukten als Kenn-größen der Fettqualität (MRI) die Säurezahl, die Peroxidzahl sowie der Gehalt an Thiobarbitursäure reaktiven Substanzen (TBARS) ermittelt (Blüchel und Honikel, 2006)..

Die Probenziehung für die Endproduktprüfungen (TTL) erfolgten an vier Schlachttagen im Juli bzw. September 2006. Die Rückführung der fertigen Roh-schinken als Original Südtiroler Markenspeck fand im Januar bzw. März 2007

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statt. Die biostatistische Auswertung (TTL) wurde varianzanalytisch mit dem Programmpaket „SPSS 11.5 für Windows“ nach Prüfung der signifikanten Ein-flussfaktoren und Co-Variablen für die Einzelmerkmale durchgeführt. 4. Ergebnisse

4.1 Intramuskulärer Fettgehalt im Kotelett und Schinken

Die analytisch ermittelten Gehalte an intramuskulärem Fett im Kotelett und in den Schinkenmuskeln des SM, BF, ST und RF sowie die gewichteten Mittelwerte der 5 Schinkenmuskel SM, AD, BF, ST und RF bzw. der 3 Schinkenmuskel BF, RF und ST zeigten einen signifikanten Einfluss der Vaterrasse (Tab. 3). Die Piétrain-Masthybriden wiesen im Kotelett bzw. je nach Schinkenmuskel zwischen 0,4 und 1,3 % geringeren Fettgehalt auf als die Duroc-Masthybriden. Tab. 3: Intramuskulärer Fettgehalt (IMF) im Kotelett und Schinken

(LSQ-Mittelwerte (LSM) und Standardfehler (se) in %)

Merkmal

Vater- rasse

LSM

se

Diff. Pi-Du1 Sign.2

IMF Kotelett Piétrain 1,21 0,08 -0,44 Duroc 1,65 0,08 +++ IMF-Schinken-SM Piétrain 2,60 0,16 -0,63 Duroc 3,22 0,16 ++ IMF-Schinken-5M Piétrain 2,13 0,11 -0,52 Duroc 2,65 0,11 ++ IMF-Schinken-3M Piétrain 2,17 0,11 -0,58 Duroc 2,75 0,11 +++ 1 Differenz in % zwischen Rassegruppe Pietrain und Duroc 2 Signifikanz: +++: P < 0,001; ++: P < 0,01, +: P < 0,05

Der phänotypische Korrelationskoeffizient zwischen IMF-Gehalt im Kotelett und dem gewichteten IMF-Gehalt in den 5 untersuchten Muskeln SM, AD, BF, ST und RF betrug r = 0,87. Der IMF-Gehalt im M. semimembranosus (SM) wies eine enge Korrelation von r = 0,92 zu den gewichteten IMF-Gehalt der 5 Schinkenmuskeln auf. Etwas schwächere, dennoch aus-reichend hohe Beziehungen (r = 0,82) bestanden zwischen dem IMF-Gehalt im SM und dem gewichteten IMF-Gehalt der 3 Muskeln (BF, RF und ST), die im kommerziellen Schinkenzuschnitt dominieren. Der M. semimembranosus ist daher als Referenzmuskel für die Bestimmung des IMF im Schinken geeignet

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4.2 Produktbewertung der Schinken Aus der Produktprüfung sind die Merkmale mit statistisch gesicherte Rassenunterschieden in Tab. 4 zusammengestellt. Die Ausbeute am fertigen Schinken gegenüber dem Rohprodukt lag bei Schinken der Duroc-Masthybriden mit knapp 42 % um 1 % günstiger als bei den Piétrain-Masthybriden. Tab. 4: Ergebnisse der Produktbewertung der Rohschinken

LSQ-Mittelwerte (LSM) und Standardfehler (se), in Punkten)

Merkmal Vaterrasse LSM se Diff. Pi-Du1 Sign.2

Bewertung im Herstellerbetrieb (Notenskala 1 – 5) Ausbeute Piétrain 40,68 0,33 -1,04 Duroc 41,72 0,33 + Festigkeit Piétrain 2,67 0,11 -0,35

Duroc 3,02 0,11 + Geschmack Piétrain 2,81 0,10 0,33

Duroc 2,49 0,10 + Bewertung nach DLG-Prüfschema ; bewertet im MRI (Notenskala 1 – 5) Geruch/Geschmack Piétrain 4,68 0,14 0,57 Duroc 4,12 0,14 ++ DLG-Qualitätszahl Piétrain 4,82 0,07 0,28 Duroc 4,53 0,07 ++ 1 Differenz in Punkten zwischen Rassegruppe Pietrain und Duroc 2 Signifikanz: +++: P < 0,001; ++: P < 0,01, +: P < 0,05 Die im Herstellerbetrieb vorgenommene sensorische Bewertung der Konsistenz ergab für Schinken von Piétrain-Masthybriden signifikant niedrigere Werte (= als weicher bewertete Rohschinken) als bei den Duroc-Masthybriden. Die sensorische Bewertung in Hinblick auf den Geschmack machte dagegen statistisch gesicherte Vorteile für die Piétrain-Schinken deutlich. Diese im Herstellerbetrieb vorgenommene sensorische Einstufung stimmte mit der DLG-Prüfung in der Benotung von Geschmack und Geruch überein. Auch von diesem Panel wurden die Piétrain-Schinken statistisch gesichert als besser eingestuft. Von den jeweils 30 bewerteten Schinken innerhalb Vaterrasse erreichten bei den Piétrain-Schinken 20 Schinken die Note 5 für Geruch und Geschmack, während dies bei Duroc nur 11 Tiere waren. Bei Schinken dieser Masthybriden wurde die Note 3 und schlechter insgesamt 7 mal vergeben, während dies beim Piétrain nur 2 mal (1x leimig, 1x tranig fischig) zu verzeichnen war.

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Im Mittel lag die Bewertung der Schinken bei allen Kriterien auf hohem Niveau. Die nach DLG-Prüfschema für Schinkenspeck berechnete Qualitäts-zahl („Gesamtnote“) bekräftigte die bessere Benotung der Piétrain-Masthybriden. Zu beachten ist, dass in der Qualitätszahl die Teilnoten für Geruch und Geschmack besonders hoch gewichtete werden (Faktor 4). 4.3 Instrumentelle Bewertung der Festigkeit der Schinken

In den untersuchten Teilmuskeln BF und RF wurde die maximale Druckkraft beim Durchscheren der Proben (Scherkraft) ermittelt (Tab. 5). Die Schinken der Duroc-Masthybriden lieferten danach festere Schinken als die Piétrain-Masthybriden. Die Unterschiede in der Scherkraftmessung entsprachen der sensorischen Bewertung der Festigkeit im Herstellerbetrieb (Tab. 4). Tab. 5: Ergebnisse der Scherkraftmessungen am Rohschinken mittels

Instron in drei Schinkenmuskeln (LSQ-Mittelwerte (LSM) und Standardfehler (se), in Newton N)

Muskel aus dem Vater- LSM se Diff. Pi-Du1 Rohschinken rasse Sign.2 M. biceps femoris (BF) Piétrain 59,42 1,95 -7,54

Duroc 66,96 1,95 ++ M. rectus femoris (RF) Piétrain 44,77 1,71 -7,55

Duroc 52,31 1,55 ++ 1 Differenz in N zwischen Rassegruppe Pietrain und Duroc 2 Signifikanz: +++: P < 0,001; ++: P < 0,01, +: P < 0,05 4.4 Fettsäurenzusammensetzung im Schinken

Die Ergebnisse in Tabelle 6 belegen einen signifikanten Einfluss der Vater-rasse auf das Fettsäuremuster des intramuskulären Fettes der Schinken-muskulatur (Mischproben aus SM, AD, BF, RF und ST von unverarbeiteten Schinken). So ist der Gehalt an gesättigten Fettsäuren (SFA) bei Tieren mit Piétrainanteil signifikant geringer als bei den Duroc-Kreuzungen und dem-entsprechend der Anteil ungesättigter und auch mehrfach ungesättigter Fett-säuren (PUFA) bei den Piétrain-Kreuzungen signifikant höher.

Berücksichtigt man jedoch den Fettgehalt der einbezogenen Muskeln und damit die ernährungsphysiologisch entscheidende, tatsächlich vorhandene Menge an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, zeigt sich eine Umkehrung zwischen den genetischen Gruppen. In diesem Fall besitzen Tiere mit Piétrain-Genanteilen aufgrund ihres geringeren IMF-Gehaltes im Schinken eine niedrigere Gesamtmenge an mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Roh-produkt.

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Tab. 6: Fettsäurezusammensetzung des Schinkens (LSQ-Mittelwerte (LSM) und Standardfehler (se) in %)

Merkmal Vater- LSM se Diff. Pi-Du1 Rasse Sign.2 Gesättigte Fettsäuren (SFA) Piétrain 38,63 0,30 -1,93

Duroc 40,56 0,30 +++ Mehrfach ungesättigte Fett-säuren (PUFA) 3

Piétrain 10,39 0,34 1,08 Duroc 9,31 0,34 +

Mehrfach ungesättigte Fett-säuren (PUFA absolut) 4

Piétrain 2,10 0,07 -0,32 Duroc 2,42 0,07 ++

1 Differenz in % zwischen Rassegruppe Pietrain und Duroc 2 Signifikanz: +++: P < 0,001; ++: P < 0,01, +: P < 0,05 3 in % der Gesamtfettsäuren 4 in g/100 g Rohprodukt

4.5 Gehalt an Komponenten des Fettabbaus

Unter den Fettkennzahlen zeigte nur die Säurezahl einen signifikanten Unterschied zwischen den Masthybriden: die Piétrain-Schinken waren hin-sichtlich des Gehalts an freien Fettsäuren als Zeichen des Fettabbaus günstiger zu bewerten als die Schinken der Duroc-Masthybriden (Tab. 7). Diese Beobachtung wurde bekräftigt durch den gleichsinnig ausgeprägten Gehalt an Thiobarbitursäure reaktiven Substanzen (TBARS), der kenn-zeichnend für die Konzentration der Hauptoxidationsprodukte des Fett-abbaus ist. Allerdings war der Unterschied statistisch nicht zu sichern. Tab. 7: Fettkennzahlen im M. biceps femoris der Rohschinken

(LSQ-Mittelwerte (LSM) und Standardfehler (se)) Merkmal Vater- LSM se Diff. Pi-Du1

Einheit Rasse Sign.2 Säurezahl Piétrain 17,02 0,39 -2,01

mg KOH/g Fett Duroc 19,03 0,39 +++ TBARS3 Piétrain 0,22 0,05 -0,10

mg MDA/kg4 Duroc 0,32 0,05 n.s. Peroxidzahl Piétrain 0,04 0,03 -0,01

mÄqu O25 Duroc 0,05 0,03 n.s.

1 Differenz zwischen Rassegruppe Pietrain und Duroc, 2 Signifikanz: +++ = P< 0,001; n.s. = nicht signifikant, 3 Thiobarbitursäure reaktive Substanzen, 4 MDA = Malondialdehyd, 5 Gehalt an Milliäquivalenten Sauerstoff

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Die Schinken waren entsprechend der in beiden Gruppen niedrigen Peroxid-zahl weitgehend frei von Peroxiden (peroxidisch gebundenem Sauerstoff). Dies spricht für die eingesetzte Technologie der Schinkenherstellung. 5. Diskussion und Schlussfolgerungen

Südtiroler Markenspeck hebt sich insbesondere durch die traditionelle und besondere Herstellungsweise (milde Räucherung, lange und schonende Reifung) hervor. Mit vorgegebenen Richtlinien zu Tierhaltung, Fütterung und Management definieren die Hersteller Anforderungen zur Sicherung der Produktqualität. Im Vergleich von Masthybriden mit jeweils 50 % Genanteil der Vaterrassen Duroc bzw. Piétrain sollten ergänzende Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Standardisierung der Rohstoffqualität geprüft werden. Der Erhöhung des intramuskulären Fettgehalts (IMF) wurde dabei eine vorrangige Bedeutung beigemessen.

Der Genusswert von Schweinefleisch als Resultat der wichtigsten sensorischen Eigenschaften Zartheit, Saftigkeit und Aroma wird schon seit mehr als 40 Jahren im Zusammenhang mit dem Gehalt an intramuskulärem Fett diskutiert (Übersicht bei Link (2007). Nach Wood et al. (2003) ver-bessert ein höherer IMF-Gehalt die sensorischen Eigenschaften und speziell das Aroma, weil Lipide in der Lage sind, Fleischsaft bzw. intrazelluläre Flüssigkeit im Muskel einzuschließen und damit die Saftigkeit zu erhalten. Außerdem akkumulieren sie Duft- und Aromastoffe im Fettgewebe.

Für die Herstellung des Südtiroler Markenspecks leitete sich aus diesen Faktoren die Überlegung ab, dass gut marmorierte Schinken mit einem höheren IMF-Gehalt bessere technologische Eigenschaften für den Salz- und Reifungsprozess aufweisen müssten und zu bevorzugen wären. Als Vorgabe aus Sicht der Verarbeitungstechnologie wurde hierfür ein Zielwert von >2 % IMF im Schinken (M. semimembranosus) angesetzt. Der eigenen Unter-suchung lagen Thesen zugrunde, zu denen nunmehr Antworten gegeben werden können.

Es wurde deutlich, dass sich signifikante rassespezifische Differenzen im IMF-Gehalt des Koteletts zwischen den alternativen Vaterrassen Pietrain und Duroc auf das Teilstück Schinken (r = 0,87)übertragen lassen. Damit ist eine zuverlässige Erhöhung des IMF-Gehaltes im Kotelett und Schinken über den Einsatz von Duroc- im Vergleich zu Piétrain-Masthybriden möglich. Der IMF-Gehalt im Schinken, gewichtsadäquat ermittelt aus den 5 Teil-muskeln SM, AD, BF, ST und RF, ist um ca. 1 % höher als im Kotelett.

Der M. semimembranosus ist als einer der Hauptmuskeln des Schinkens (ca. 31 % des Schinkengewichts) als Leitmuskel für die Ermittlung des IMF-Gehalts im Schinken geeignet Mit einer phänotypischen Korrelation von r =

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0,92 bzw. 0,82 kann mit der Erfassung des IMF im M. semimembranosus zuverlässig und ausreichend genau eine Bestimmung des IMF des Schinkens der 5 Teilmuskeln SM, AD, BF, ST und RF bzw. der 3 Teilmuskeln BF, ST und RF erfolgen. Der M. semimembranosus ist für Messungen am Schlacht-körper gut zugänglich. Die hier vorgelegten Ergebnisse stehen in gutem Ein-klang mit Befunden von Branscheid und Freudenreich (2005) und Freudenreich et al. (2007) an ähnlichem Tiermaterial. Somit wäre eine zu-verlässige Sortierung von Schlachtkörpern aufgrund der Schätzung des IMF-Gehaltes im M. semimembranosus technisch möglich.

Die vaterrassenspezifischen Auswertungen belegen weiter, dass eine zuver-lässige Anhebung des IMF-Gehaltes über die Wahl der Vaterrasse gegeben ist. Mit einem mittleren Fettgehalt bei Duroc-Masthybriden im Kotelett von 1,7 % bzw. 2,7 % im Schinken (gewichteter Mittelwert aus 5 Teilmuskeln) betrugen die Differenzen zu den Pietrain-Masthybriden 0,4 % bzw. 0,5 % zugunsten der Vaterrasse Duroc.

Auch der vom Herstellerbetrieb favorisierte Fettgehalt im M. semimembranosus von 2,0 % wird von beiden väterlichen Rassegruppen er-reicht bzw. mit 3,2 % (Duroc) bzw. 2,6 % Pietrain deutlich überschritten. Geverink et al. (2006) untersuchten an reinrassigen Duroc- und Piétrain-Schweinen ebenfalls den IMF-Gehalt im M. semimembranosus. Auch sie berichten über eine deutliche Rasseabhängigkeit des IMF im Schinken mit einer gleichgerichteten Differenzierung, der Fettgehalt betrug bei den Durocs 2,2 %, bei den Piétrains 1,5 %, lag in der Differenz also in der gleichen Größenordnung wie in den eigenen Untersuchungen, jedoch auf einem um ca. 1 % niedrigerem Niveau.

Die These, dass sich aus der Erhöhung des IMF im Schinken eine spürbare Verbesserung der Qualität des Endproduktes Südtiroler Markenspeck ergibt, traf in den eigenen Untersuchungen nicht vorbehaltlos zu. Die Wahl von Masthybriden mit einem vaterrassenbedingt höheren IMF-Gehalt führt nicht, wie angenommen, zu einer verbesserten Schinkenqualität, wenn als Maßstab die DLG-Qualitätszahl herangezogen wird. Insbesondere beim sensorisch wahrnehmbaren Geruch/Geschmack der Schinken wirkte sich die Vaterrasse Piétrain gegenüber Duroc vorteilhaft aus, unabhängig davon, ob die Prüfung über ein DLG-Panel oder im Herstellerbetrieb selbst erfolgte.

Diese Ergebnisse könnten im Zusammenhang mit den beobachteten signi-fikanten Unterschieden in der Säurezahl als Maßstab für den Gehalt an freien Fettsäuren zuungunsten der Duroc-Schinken (+ 2 mg KOH/g Fett) mit dem Fettverderb stehen. Demnach käme diesem bei den Duroc-Masthybriden eine größere Bedeutung zu als bei den Piétrain. Dies leitet zur Problematik der Fettsäurenzusammensetzung über, die zunächst bei den Piétrain-Masthybriden aufgrund ihrer geringeren Schlachtkörperverfettung einen

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höheren Anteil der ungesättigten und poly-ungesättigten Fettsäuren (PUFA) und umgekehrt bei den Duroc eine Verschiebung zugunsten der gesättigten Fettsäuren belegt. Danach wäre die Oxidationsempfindlichkeit der Fette bei den Piétrain-Masthybriden als höher einzuschätzen als bei den Duroc. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass bei den Duroc-Masthybriden die absolute Menge an ungesättigten Fettsäuren höher ist, weil der leicht geringere Anteil der PUFA an den Gesamtfettsäuren des intra-muskulären Fettes durch den deutlich höheren Fettgehalt in der Muskulatur mehr als aufgewogen wird. Diese größere Menge an leicht oxidierbaren, d. h. leicht verderblichen Fetten könnte sich also entsprechend in der höheren Peroxidzahl, dem tendenziell höheren Anteil an Thiobarbitursäure reaktiven Substanzen und in der ungünstigeren sensorischen Bewertung der Duroc-Masthybriden ausgewirkt haben.

Nicht ganz einheitlich erfolgte die Bewertung der vaterrassenspezifischen Unterschiede in der Festigkeit des Südtiroler Markenspecks. Während die taktil im Panel des Verarbeitungsbetriebes ermittelte höhere Festigkeit der Duroc-Schinken gegenüber Pietrain-Schinken mit einer mittleren Bewertung von 3,0 Punkten um 0,3 Punkte näher dem Optimum von 5 (sehr gut) lag, wurde die instrumentell ermittelte größere Festigkeit mit 7 bis 8 Newton höheren Scherkraftwerten bei den Duroc-Hybriden gegenüber Pietrain als Nachteil gewertet Allerdings müssen auch regional geprägte und mit be-stimmten Herstellungs- und Reifungsverfahren in Zusammenhang stehende subjektive unterschiedliche Ansprüche an das Endprodukt Roh-schinken/Schinkenspeck diskutiert werden. In jedem Fall ist die Festigkeit bei Rohschinken ein Optimierungsproblem: Sie sollte weder zu groß noch zu niedrig sein und innerhalb eines produktspezifischen Zielbereichs liegen, der zu definieren wäre. Diese Definition fehlt im speziellen Fall jedoch.

Ursache der signifikanten Unterschiede in den Scherkraftwerten nach 6-monatiger Reifung sind möglicherweise Unterschiede in der Muskelstruktur und in der Ausstattung mit Bindegewebskomponenten. Der Widerspruch zu der beobachteten besseren Zartheit gegrillter Proben von Duroc-Masthybriden (Fischer et al., 2000; Schwab et al. 2006) wäre ansonsten im Vergleich zu den höheren Scherkraftwerten bei gereiften Schinken desselben Genotyps schwer zu erklären. Ein Hinweis auf die Mitwirkung rassespezi-fischer Muskelstrukturen auf die Ausbildung der Zartheit findet sich auch bei Van Laack et al. (2001), indem darauf verwiesen wird, dass ein steigender Fettgehalt allein nicht notwendigerweise die Zartheit von Schweinefleisch beeinflusst.

Für die Südtiroler Markenspeck-Produktion sind also aus Sicht der sensorischen Qualität mit dem Schwerpunkt Geruch/Geschmack bzw. DLG-Qualitätszahl Mastendprodukte zu bevorzugen, die aus der Verpaarung von

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Piétrain-Ebern mit Hybridsauen erzeugt werden. Eine Rohschinken-produktion auf der Basis von Schweinen mit 50 % Durocanteil führt für den Schinkenproduzenten nur hinsichtlich der Ausbeute (+1 %) zu einer Ver-besserung. Nicht eindeutig vor- oder nachteilig ließ sich die höhere Festig-keit des Südtiroler Markenspecks von Duroc-Masthybriden bewerten. 6. Literatur

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Untersuchungen zu Futterverzehr und Verzehrsverhalten von intensiv wachsenden Mastschweinen C. Wecke1, H. Bielfeldt1, H.-J. Alert2, F. Liebert1 1Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Tierphysiologie und Tierernährung, 2Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Abteilung 9: Tierische Erzeugung, Köllitsch 1 Einleitung

Zuverlässige Angaben zur Höhe des Futterverzehrs von landwirtschaftlichen Nutztieren bilden eine wesentliche Grundlage für die Ableitung von Konzentrationsnormen. Das trifft sowohl für die Energie als auch für die essentiellen Nährstoffe zu, indem ein Bezug der aus Grundlagenuntersuchungen abgeleiteten Bedarfswerte zur jeweils verzehrten Futtermenge hergestellt wird. Diese Werte stellen eine wichtige Voraussetzung für die bedarfsgerechte Ver-sorgung der Tiere dar und sind für die Herstellung von Futtermischungen in den Landwirtschafts- und Mischfutterbetrieben von ausschlaggebender Bedeutung. Für die Schweinemast liegen derzeit kaum aktuelle, repräsentative Daten zum täg-lichen Futterverzehr und zum Verzehrsverhalten moderner Genotypen im Verlauf der Mastperiode vor. Davon ausgehend bestand das Ziel vorliegender Unter-suchungen darin, einzeltierbezogene, verzehrsrelevante Daten von Mastschweinen während der gesamten Mastzeit in Abhängigkeit von Wachstumsintensität, Geschlecht und Futterproteinqualität unter Beachtung von täglichen Fresszeiten, Fressdauer und jeweils verzehrten Futtermengen zu erfassen. 2 Material und Methoden

Für die Untersuchungen standen insgesamt 42 Schweine einer Dreirassen-kreuzung [Pi x (DE x DL)] zur Verfügung. Die Tiere wurden auf 3 Versuchs-gruppen á 14 Schweine unter Beachtung eines ausgewogenen Geschlechts-verhältnisses von 1 : 1 aufgeteilt. Die Gruppen erhielten in der Anfangsmast- (28 - 70 kg) und Endmastperiode (70 - 120 kg Lebendmasse) jeweils eine einheitliche Versuchsmischung (Tabelle 1), die durch Zulagen von Lysin und Threonin auf differenzierte Aminosäurengehalte eingestellt wurden, um ihren Einfluss auf den Futterverzehr und die Mast- und Schlachtleistung zu untersuchen. Die Futterbereitstellung erfolgte zur freien Aufnahme über Futterautomaten (3 computergestützte Abrufstationen der Fa. ACEMO). Dabei wurden jeweils der Beginn, das Ende und die verzehrte Futtermenge mittels Sensoren, die den Tieren zu Versuchsbeginn am Ohr angebracht

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 193 -

wurden, registriert. Einzeltierwägungen im Abstand von 2 Wochen dienten der Kontrolle der Lebendmasseentwicklung.

Tab.1: Zusammensetzung der Futtermischungen

Mischung Anfangsmastfutter Endmastfutter

1 2 3 1 2 3 Triticale 348 436 Gerste 278 348 Sojaschrot 194 108 Erbsen 97 54 Pflanzenöl 50 30 Prämix1 33 33 33 24 24 24 Rohprotein 168 165 182 147 134 142 Lysin 10,3 10,3 10,8 8,0 7,4 8,1 Threonin 5,9 6,4 7,6 5,1 4,6 5,3

1Bedarfsangepasste Anteile einer mit Vitaminen und Spurenelementen angereicherten Vormischung einschließlich mineralischer Einzelfuttermittel sowie differenzierte L-Lysin-HCl- und L-Threonin-Zulagen mit Stärke als Ausgleichsfuttermittel Alle erfassten Daten wurden in eine Excel-Tabelle überführt und mit Hilfe des Kalkulationsprogrammes Microsoft® Excel X für Mac® einer mehr-faktoriellen Auswertung unter Berücksichtigung von Wachstumsintensität (Mastdauer), Geschlecht und Versuchsmischung unterzogen (Tabelle 2). Tab. 2: Übersicht über die Zuordnung der Versuchstiere zu den unterschiedlichen Einflussfaktoren

Wachstum Masttage**

Schnell 86

Mittel 100

Langsam*

114 Sauen Börge*

4 12

6 6

11 2

Mischung 1 Mischung 2* Mischung 3

4 3 9

3 6 3

7 4 2

Tierzahl, ges. (%)

16 (39)

12 (29)

13 (32)

* ein Tier wurde krankheitsbedingt selektiert **Anzahl Versuchstage bis zum Erreichen der angestrebten Mastendmasse von 115kg Zum Nachweis signifikanter Unterschiede kam der Wilcoxon Range Test (Statistik-Paket SAS) zur Anwendung.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

- 194 -

3 Ergebnisse

3.1 Futterverzehr

Im Tagesverlauf wurden in den Perioden zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden nur relativ geringe Mengen zwischen 2 % und 8 % der täglichen Gesamtration verzehrt (Abbildung 1). Während der Vormittags- und Mittagsstunden kam es zu einem Anstieg der Futteraufnahme in Größenordnungen zwischen 10 % und 12 %, um in den Nachmittags- und Abendstunden den Höhepunkt zwischen 11 % und 15 % je Zeitperiode zu erreichen. Danach folgte ein deutlicher Verzehrsrückgang bis gegen Mitter-nacht. Dieser tageszeitliche Rhythmus im Verzehrsverhalten der Mast-schweine war relativ einheitlich über die gesamte Mastperiode und un-abhängig von den variablen Faktoren Wachstumsintensität, Geschlecht und Versuchsmischung zu beobachten. Abb. 1: Mittlere Verteilung des Futterverzehrs von Mastschweinen im Ver-

lauf von 24 Stunden (Angaben in Prozent der Tagesration) Im Verlauf der Mast stieg der tägliche Futterverzehr nach relativ schneller Adaptation der Tiere an die Abrufautomaten von ca. 1,5 kg zu Versuchs-beginn auf 3 - 4 kg/Tier gegen Ende der Mastperiode an. Dabei waren signi-fikante Unterschiede (p < 0,05) zwischen den geprüften Variablen nachweis-bar, die insbesondere deutlich zu Gunsten der Börge und der intensiver wachsenden Schweine ausfielen.

Im Mittel wurden von den Tieren 5,7 ± 1,2 Tagesmahlzeiten (Besuche in der Futterstation) eingenommen, wobei eine degressive Entwicklung von Ver-suchsbeginn (6 - 8) bis Versuchsende (ca. 4 Mahlzeiten/Tag) und signifikante

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

2:10

:55

4:21

:49

6:32

:44

8:43

:38

10:5

4:33

13:0

5:27

15:1

6:22

17:2

7:16

19:3

8:11

21:4

9:05

0:00

:00

Tagesverlauf

Wachstumsgeschwindigkeit Geschlecht Futtermischung

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 195 -

Differenzen (p < 0,05) innerhalb der Einflussfaktoren Wachstumsintensität, Geschlecht und Versuchsmischung zu verzeichnen waren.

Je Mahlzeit wurden von den Schweinen im Mittel zwischen 370g und 510g Trockenfutter aufgenommen (Abbildung 2). Diese Verzehrsmengen unter-lagen einer relativ großen Variabilität, vor allem lebendmassebedingt. Innerhalb der analysierten Variablen Wachstumsintensität, Geschlecht und Versuchsmischung waren Signifikanzunterschiede (p < 0,05) festzustellen.

0100200300400

500600700800

Schn

ell (a

)

Mittel

(a)

Lang

sam

(b )

Saue

n (a

)

Kastr

ate (

b)

Mischu

ng 1

(a)

Mischu

ng 2

(a)

Mischu

ng 3

(b)

Varianten

g/M

ah

lzeit

Abb. 2: Mittlere Verzehrsmengen je Mahlzeit in Abhängigkeit von

Wachstumsintensität, Geschlecht und Versuchsmischung Gleichgerichtete Differenzen ergaben sich auch im Ergebnis der Kalkulation der Gesamtfresszeiten je Versuchsgruppe und Tag. Im Mittel wurde ein Wert von 11 Stunden und 44 Minuten mit Standardabweichungen zwischen 2 und 3 Stunden erhalten. Die durchschnittliche Fressdauer pro Mahlzeit schwankte zwischen 7,5 und 10,5 Minuten bzw. zwischen 43 und 57 Minuten pro Tier und Tag.

Hinsichtlich der Verzehrsgeschwindigkeit konnte ein Gesamtmittel von 39,2 ± 20,9 g Trockenfutter pro Minute abgeleitet werden. 3.2 Mast- und Schlachtleistung

Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Mast- und Schlachtleistungs-ergebnisse in Abhängigkeit von den verfütterten Versuchsmischungen. Mit Mischung 3, die sich durch die höchsten Aminosäurengehalte und damit durch die beste Proteinqualität auszeichnete, wurden mit beachtlichen 936 g

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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pro Tier und Tag signifikant höhere Lebendmassen erzielt als mit Mischung 2 (p < 0,05). Dieses Ergebnis ist zurückzuführen auf die numerisch höhere Futteraufnahme der Tiere dieser Gruppierung (p > 0,05) in Verbindung mit dem festgestellten, tendenziell verbesserten Futteraufwand (p > 0,05). Bei der Schlachtleistung konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den geprüften Mischungen nachgewiesen werden.

Tab. 3: Mast- und Schlachtleistungsergebnisse von Schweinen (35 - 120 kg Lebendmasse)

Versuchsfuttermischung

1 2 3

Tierzahl 14 13 14

Futterverzehr (kg/Tag) 2,31 2,31 2,52 Lebendmassezunahme (g/Tag) 839ab 815b 936a

Futteraufwand (kg Futter/kg Zunahme) 2,77 2,86 2,71

Muskelfleischanteil (%) 54,0 56,2 53,8

Fleischmaß (mm) 60,1 60,9 59,3

Speckmaß (mm) 18,9 16,5 18,9 4 Zusammenfassung

In Fütterungsversuchen mit Mastschweinen (35 - 120 kg Lebendmasse) wurde der Einfluss differenzierter Lysin- und Threoningehalte im Misch-futter, das den Tieren über Abrufstationen zur freien Aufnahme angeboten wurde, auf den Futterverzehr und das Verzehrsverhalten untersucht. Im Mittel wurden von den Schweinen 2,4 kg Futter pro Tag und bei durch-schnittlich 5,7 ± 1,2 Tagesmahlzeiten zwischen 370 und 510 g/Mahlzeit ver-zehrt. Insgesamt war eine starke Abhängigkeit dieser Daten von der Lebendmasse der Tiere sowie den Einflussfaktoren Wachstumsintensität, Geschlecht und Versuchsmischung zu Gunsten der Tiere mit dem intensivsten Wachstum, der Börge und der Mischung mit den höchsten Aminosäurengehalten feststellbar. Der Futterverzehr unterlag einem typischen tageszeitlichen Verlauf mit höchsten Verzehrsaktivitäten in den Nachmittags- und Abendstunden. Die Aufenthaltsdauer der Tiere in den Ab-rufstationen bewegte sich zwischen 7,5 bis 10,5 min/Mahlzeit.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Zum optimalen Kraftfutterniveau im ökologisch wirtschaftenden Milchviehbetrieb M. Pries1, A. Dieckmann2, A. Verhoeven3, H. van de Sand3

1Landwirtschaftkammer Nordrhein-Westfalen, Münster, 2 Landwirtschaft-kammer Nordrhein-Westfalen, Dortmund, 3Landwirtschaftzentrum Haus Riswick, Kleve

Unter ökologisch wirtschaftenden Betriebsleitern wird der Kraftfuttereinsatz auch vor dem Hintergrund hoher Kraftfutterpreise kontrovers diskutiert. Die Vorstellungen bezüglich des optimalen Aufwandes an Kraftfutter reichen von etwa 8 dt bis zu über 20 dt pro Kuh und Jahr, wobei bei den geringeren Auf-wandmengen auch niedrigere Leistungen in Kauf genommen werden. Auch die Kraftfutterzuteilung im Verlauf der Laktation wird unterschiedlich ge-handhabt.

Der Fütterungsversuch wurde in der Ökoherde des Landwirtschaftzentrums Haus Riswick in Kleve mit zwei verschiedenen Fütterungsstrategien an-gelegt, mit denen ein Kraftfutterniveau von 12 oder 20 dt je Kuh und Jahr angestrebt wurde. Der Versuch ist über mehrere Jahre, beginnend im Januar 2006 geplant. Dieser Bericht umfasst das Versuchsjahr 2007. 1.1 Wie wurde vorgegangen?

Die Herde des Ökostalles in Haus Riswick wurde in zwei Gruppen mit jeweils etwa 20 Tieren geteilt. Angestrebt wurden für die 1. Gruppe 12 dt Kraftfutter pro Kuh und Jahr und für die 2. Gruppe 20 dt Kraftfutter pro Kuh und Jahr. Die Grobfutterration am Futtertisch bestand auf Basis der Trockenmasse aus durchschnittlich 90 % Gras- und Kleegrassilagen (durch-schnittlicher Energiegehalt 6,1 MJ NEL/kg TM), 9 % Maissilage (6,3 MJ NEL/kg TM) und 1 % Grassamenheu mit einer entsprechender Mineralstoff- und Vitaminergänzung.

Die Mischration am Futtertisch wurde mit Kraftfutter, das zu unterschied-lichen Anteilen aus Weizen, Ackerbohnen und Milchleistungsfutter bestand, aufgewertet Die Kraftfuttermenge in der aufgewerteten Mischration war für Gruppe 1 knapp 1 kg und für Gruppe 2 knapp 3 kg je Kuh und Tag. Die Mischration wurde zur freien Aufnahme vorgelegt.

Die leistungsabhängige Zuteilung von Milchleistungsfutter (MLF) erfolgte 3-mal täglich in 0,5 kg Schritten. Bis zum 28. Laktationstag wurde das MLF wöchentlich um 1,5 kg bis auf eine Menge von 6 kg gesteigert. Die maximale Kraftfuttermenge wurde bis zum 50. Laktationstag beibehalten.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Nach dem 50. Laktationstag wurde das Kraftfutter tierindividuell für Leistungen oberhalb von 25 kg Milch in beiden Gruppen gleich verabreicht. Ab dem 100. Laktationstag wurde bei Leistungen über 25 kg ECM eine tier-individuelle Kraftfutterergänzung nach dem folgenden Schema vor-genommen: Die Zuteilung für Gruppe 1 erfolgte unter der Maßgabe von 1/3 kg Milchleistungsfutter je kg Milch, was einer Wirkung von 3 kg Milch je kg Kraftfutter entspricht. Die Zuteilung für Gruppe 2 erfolgte leistungsgerecht auf Basis der Milchenergieabgabe. In beiden Gruppen wurden tierindividuell maximal 6,0 kg MLF je Tier und Tag gefüttert.

Das MLF bestand aus 43 % Weizen, 40 % Lupinen, 15 % Rapskuchen, 1,5 % Futterkalk und 0,5 % Viehsalz. Der Energiegehalt lag bei 7,3 MJ NEL/kg mit einem kalkulierten nXP-Gehalt von 164 g/kg und einer RNB von 6,7 g/kg.

Zusätzlich kamen die Tiere vom 28.3.-31.10.2007 für durchschnittlich 7,8 Stunden (3-12 Stunden) auf die Weide.

Die tierindividuellen Milchleistungsdaten wurden mit einem Testtagsmodell in Anlehnung an Bulang et al. (2006) mit Hilfe von SAS-Prozeduren aus-gewertet In dem Modell wurden folgende Faktoren berücksichtigt: Kraft-futterniveau, Laktationsnummer, Laktationstag, Einzeltier sowie Restfehler. 1.2 Welche Leistungen wurden erzielt? Tab. 1: Milchleistungsdaten für die beiden Kraftfuttergruppen in Ab-

hängigkeiten von Stall- und Weideperiode (305-Tage Leistung)

Stallperiode Weide-periode

Effekte Kraftfuttergruppe

Gr. 2 zu Gr. 1 Kraftfuttergruppe 1 2 1 2 Stall Weide Milch [kg] 29,2 30,6 25,6 25,0 1,4* -0,6 ECM [kg] 30,6 32,9 25,6 25,3 2,2* -0,2 Fett [%] 4,51 4,74 4,19 4,29 0,22* 0,11 Fett [kg] 1,30 1,41 1,06 1,05 0,11* -0,02 Protein [%] 3,39 3,50 3,14 3,32 0,11* 0,18* Protein [kg] 0,98 1,05 0,78 0,81 0,07* 0,03* Fett/Protein 1,34 1,36 1,34 1,30 0,02 -0,04* Lactose [%] 4,85 4,81 4,69 4,66 -0,03 -0,03 Zellzahl, in tsd 78 53 112 118 -25 6 Urea [ppm] 166 189 331 357 23* 26*

* signifikanter Effekt (p<0,05)

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Insgesamt standen aus dem Versuch 991 Datensätze aus der MLP zur Ver-fügung. Die zusammengefassten Ergebnisse der Milchleistungsparameter sind in der Tabelle 1 für die 305-Tage Leistung dargestellt. Die Ergebnisse werden getrennt für die Stall- und Weideperiode wiedergeben.

Die Milchleistung der Gruppe 2 war in der Stallperiode signifikant um 1,4 kg gegenüber Gruppe 1 erhöht. Bezogen auf Weideperiode und Gesamt-jahr zeigten sich keine signifikanten Einflüsse der Fütterungsgruppe auf die Milchmenge. In Gruppe 2 waren, auf das Gesamtjahr bezogen, die Fett- und Eiweißgehalte um 0,3 %-Punkte höher. Dem entsprechend war die Menge an energiekorrigierter Milch (ECM) auch für das Gesamtjahr mit + 2,0 kg signi-fikant höher. In der Weideperiode hatte die Fütterungsgruppe wiederum keinen Einfluss auf die ECM-Menge.

Der Lactosegehalt der Milch war in der Weideperiode 0,3 %-Punkte niedriger als in der Stallperiode und insgesamt in Gruppe 2 leicht (0,07 %-Punkte) niedriger als in Gruppe 1. Der Milchharnstoffgehalt war in Gruppe 2 in allen Phasen höher. Die erheblich größeren Differenzen zeigten sich hier zwischen der Weide- und der Stallperiode. In der Weideperiode wurden in beiden Futtergruppen Harnstoffgehalte deutlich oberhalb von 300 ppm ge-messen.

Bei den Zellzahlen ergaben sich sowohl in der Weide- als auch in der Stall-periode keine signifikanten Unterschiede zwischen den Futtergruppen. Insgesamt sind die Zellzahlen als sehr niedrig zu betrachten, was auf eine gute Eutergesundheit in beiden Gruppen schließen lässt. 1.2 Fruchtbarkeitsdaten

Für den Auswertungszeitraum stehen zur Zwischenkalbezeit (ZKZ) 18 Daten aus Gruppe 1 und 19 aus Gruppe 2 und zur Güstzeit 21 Daten aus Gruppe 1 und 22 aus Gruppe 2 zur Verfügung (Tabelle 2). Die ZKZ kann überwiegend als Maß für die Fruchtbarkeit aus dem Vorjahr betrachtet werde, in dem bereits der gleiche Versuchsansatz bei gleicher Gruppenzuordnung verfolgt wurde. Die Güstzeiten spiegeln die Verhältnisse des Versuchsjahres 2007 wider.

Die ZKZ war für Gruppe 1 niedriger und die Güstzeit für Gruppe 2. Insgesamt ist auch aufgrund der geringen Anzahl an Daten kein Einfluss der Kraftfutterzulage auf die Fruchtbarkeitsdaten herzuleiten.

Die extrem lange Güstzeit der Tiere der ersten Laktation in der Gruppe 1 geht auf drei Kühe zurück, die zwischen dem 28.12.2006 und dem 26.1.2007 gekalbt haben. Dies zeigt deutlich die große Empfindlichkeit der Aus-wertung mit dieser geringen Tierzahl z. B. für Umwelteffekte.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Tab. 2: Mittelwerte der Zwischenkalbe- und Güstzeiten der beiden Gruppen unterteilt nach die einzelnen Laktationsnummern

Zwischenkalbezeit Güstzeit Laktations-nummer

Anzahl Mittelwert Anzahl Mittelwert 1 2 1 2 1 2 1 2

1 3 3 254 121 2 4 9 411 423 4 9 131 141 3 6 3 401 427 6 3 117 143 4 5 3 438 416 5 3 152 137 5 3 481 3 197 6 2 458 2 175 8 1 454 1 171 9 1 424 1 141

Gesamt 18 19 421 433 21 22 154 147 1.4 Und die Versorgungsbilanzen?

In der monatsweisen Auswertung der Energiebilanzen (Abbildung 1) zeigt sich, dass die im Stall gefütterte Ration den Energiebedarf der Tiere in der Weideperiode von April bis Oktober nicht abdeckte. Auch nXP wurde nicht bedarfsdeckend gefüttert. Vergleicht man dies mit den Daten zur Körper-kondition (Abbildung 2) so zeigte sich nach der ersten Weidephase, also zum Messtermin Anfang Mai, ein Rückgang der mittleren RFD. Ansonsten zeigten sich in dieser Zeit jedoch keine einheitlichen Abnahmen von RFD, BCS oder Lebendmassen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Energie-lücke weitgehend durch die Aufnahme von Weidefutter gedeckt wurde.

Abb. 1: Monatliche Energie-Bilanzen ohne Berücksichtigung der Weide-futteraufnahme

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Abb. 2: Entwicklung der Rückenfettdicken und Lebendmassen im Laufe des Versuchs

In Tabelle 3 sind die Ergebnisse der verschiedenen gruppenbezogenen Ver-gleiche bezüglich der Futteraufnahme und Energiebilanz dargestellt. Die Er-gebnisse für die Milchmengen wurden ebenfalls aufgenommen, um für die weiteren Kalkulationen einheitlich ermittelte Werte auf 365 Tage Basis zur Verfügung zu haben.

Mit einer Kraftfuttermenge von 10,3 dt pro Tier in 365 Tagen in Gruppe 1 und 20,4 dt in Gruppe 2 wurde die angestrebte Differenz in der Kraftfutter-gabe von 8 dt gut erreicht. Die Tiere der Gruppe 1 nahmen in allen Ver-suchsphasen mehr Grobfutter ohne Weide auf. In der Stallperiode fraßen sie 3,6 kg TM Grobfutter je Tier und Tag mehr als die Tier aus Gruppe 1. Das Niveau der Grobfutteraufnahme in der Stallperiode war auch in der Gruppe 2 mit 15,7 kg TM je Tier und Tag im Vergleich zu dem mit der modifizierten DLG Schätzformel ermittelten Wert von 13,2 kg TM sehr hoch.

Auch die Gesamt-TM-Aufnahme in der Stallperiode war mit 21,7 bzw. 20,9 kg auf einem hohen Niveau. Die Tiere der Gruppe 1 hatten eine ins-gesamt geringfügig höhere Gesamt-Trockensubstanzaufnahme ohne Weide und somit die geringere TM-Aufnahme aus Kraftfutter mehr als aus-geglichen.

Bedingt durch die geringere Milchleistung hatte Gruppe 1 bei fast gleicher Gesamtenergieaufnahme eine deutlich positive Energiebilanz. In der Weide-periode zeigten sich für beide Gruppen negative Energiebilanzen von -28 bzw. -26 MJ NEL/Tag. Legt man den Energiegehalt für junge Weide im Sommer von 6,4 MJ NEL/kg TM zugrunde, müssten die Tiere der Gruppe 1

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4,3 kg TM und die Tiere der Gruppe 2 4,1 kg TM aus Weidefutter auf-nehmen, um die Energiebilanz auszugleichen. Tab. 3: Tägliche Aufnahme an Trockenmasse, Energie und sowie Energie-

bilanzen

Periode Gesamt Stall Weide Differenz (Gruppe 2-1)

Gruppe 1 2 1 2 1 2 Gesamt Stall Weide

Tage 365 365 151 151 214 214 ECM [kg] 26,3 28,0 25,8 29,2 26,8 26,9 1,7 3,4 0,0 TM-Aufnahme [kg/Tier und Tag]* Grobfutter* 15,9 13,0 19,3 15,7 12,6 10,4 -2,9 s -3,6 -2,2 Kraftfutter 2,5 4,9 2,4 5,2 2,6 4,7 2,4 s 2,8 2,1 Gesamt 18,4 17,9 21,7 20,9 15,2 15,0 -0,5ns -0,8 -0,1 NEL [MJ /Tier und Tag]* - AufnahmeGesamt * 118 120 138 139 98 100 1,7ns 0,7 2,7

- Bedarf 124 131 122 135 126 127 6,7 s 12,5 0,8 - Bilanz -6,2 -

11,1 15,6 3,8 -27,9 -26,1 -5 s -11,8 1,9

* ohne Einbeziehung der Weidefutteraufnahme s (ns) signifikanter (nicht signifikanter) Unterschied (p≤0,05) zwischen den Gruppen (nur für gekennzeichnete geprüft)

1.5 Ökonomische Bewertung

In der Abbildung 3 sind zwei ökonomischen Berechnungen für die im Ver-such aufgetretenen Leistungs- und Futterverbrauchsdifferenzen dargestellt. Es wurden Milchpreise zwischen 30 und 60 ct/kg, Kraftfutterpreise zwischen 30 und 50 ct/kg und Grundfutterkosten von 14 ct/kg TM entsprechend der Betriebszweiganalyse 2006/07 zugrunde gelegt.

Bei alleiniger Betrachtung der Stallperiode wurden Gewinnveränderungen zwischen +1,60 €/Tier und Tag und -0,07 €/Tier und Tag berechnet Die Wirtschaftlichkeit des Mehreinsatzes von Kraftfutter wurde bereits bei einem Milchpreis von 28 ct/kg ECM erreicht.

In der Weideperiode wurden die Mehrkosten nicht durch eine Steigerung der Milchmenge aufgefangen, so dass durch die höheren Kraftfuttergaben in

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 203 -

Gruppe 2 unabhängig vom Milchpreis Verluste zwischen 0,40 und 0,80 €/Tier und Tag entstanden.

Weideperiode: ECM ±0 kg, KF +2,4 kg, GF -2,2 kg

-1,00

-0,50

0,00

0,50

1,00

0,25 0,35 0,45 0,55 0,65

Milchpre is (€/kg)

€/T

ier

und

Tag

0,30

0,400,50

GF-Koste n: 0,14 €/kgTM

KF-Preis [€/kg]

Stallperiode: ECM +3,4 kg, KF +3,2 kg, GF -3,6 kg

-0,50

0,00

0,50

1,00

1,50

2,00

0,25 0,35 0,45 0,55 0,65

Milchpreis (€/kg)

€/Ti

er u

nd T

ag

0,30

0,400,50

GF-Koste n: 0,14 €/kgTM

KF-Preis [€/kg]

Abb. 3: Finanzielle Auswirkungen hoher Kraftfuttergaben in der Stall- und

Weideperiode bei unterschiedlichen Kraftfutter- (KF) und Milch-preisen und bei von Grobfutter-(GF-)Kosten von 14 ct/kg TM

2. Empfehlungen für die Praxis

Bei Zugrundelegung der auf Basis von gängigen Schätzformeln zu er-wartenden Futteraufnahmen erhielt die in diesem Versuch als Gruppe 2 be-zeichnete Fütterungsgruppe eine bedarfsdeckende Zulage von Kraftfutter. Gruppe 1 reagierte auf die niedrigere Kraftfutterzulage im Vergleich zu Gruppe 2 mit erhöhten Grobfutteraufnahmen und in der Stallperiode mit geringeren Leistungen. In der Weideperiode reichten die erhöhten Auf-nahmen an Grob- und Weidefutter aus, um die geringere Kraftfuttermenge zu kompensieren und das gleiche Milchleistungsniveau wie Gruppe 2 zu er-reichen.

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In der Stallperiode war die Fütterungsstrategie von Gruppe 2 wirtschaftlich vorteilhafter, in der Weideperiode die von Gruppe 1. Bei Betrachtung des Gesamtjahres entscheiden die Preislage für Milch und Futter über die Wirtschaftlichkeit der Kraftfutter-Versorgungsstrategien.

Für die Praxis sollte in der Stallperiode die Kraftfutterzulage nach bisherigen Vorgaben entsprechend der Zuteilungsliste nach Rationsberechnung vor-genommen werden. In der Weideperiode sind geringere Kraftfuttermengen bei entsprechendem Grobfutter- und Weideangebot ausreichend. Hier sollten Kraftfuttergaben erst für Leistungen oberhalb von 22 kg Milch in einer maximalen Menge von etwa 6 kg je Tier und Tag erfolgen. Für das praktische Vorgehen hat es sich bewährt, ein kg Kraftfutter für eine Milch-menge von drei kg zuzuteilen.

Abschließend sei noch mal erwähnt, dass die erzielten Ergebnisse und die abgeleiteten Empfehlungen nur bei guten bis sehr guten Grobfutterqualitäten Gültigkeit haben. 3. Verwendete Literatur

ADR - Richtlinie 1.1 für das Verfahren der Durchführung der Milchleistungs- und Qualitätsprüfung (MLP) bei Rindern

Bulang, M., Kluth, H., Engelhard, T., Spilke, J., Rodehutscord, M., 2006: Zum Einsatz von Luzernesilage bei Kühen mit hoher Milchleistung, Journal of Animal Physiology and Animal Nutrition, Vol. 90 (3-4), April 2006, 89-102(14)

DLG, 1/2006: Schätzung der Futteraufnahme bei der Milchkuh, DLG Frankfurt a. M.

Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, 2006: Futterwerttabelle Rinderfütterung

Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, 2008: 19. Milchviehreport (in Druck)

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Beurteilung der Körperkondition bei Fleckviehkühen H. Spiekers1, K. Steinke, M. Steyer, A. Obermaier, T. Ettle 1Bayr. Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft, Poing-Grub 1. Einführung

Im Rahmen des Fütterungscontrollings kommt der Beurteilung der Körper-kondition als Steuerungsgröße eine maßgebliche Bedeutung zu (DLG, 2001; Spiekers, 2007). Über die Produktionszyklen der Milchkuh hinweg sollen die Körperfettreserven über eine entsprechende Ausgestaltung der Fütterung gesteuert werden. Die Abschätzung der Körperfettreserven erfolgt entweder subjektiv über den Body Condition Score (BCS) oder über die Messung der Rückenfettdicke (RFD) mittels Ultraschall. Bei der Holsteinkuh liegen um-fangreiche Ergebnisse mit BCS und RFD vor. Dies betrifft insbesondere die Arbeitsgruppe Staufenbiel (Staufenbiel et al., 1992; Staufenbiel et al., 2004). Beim Fleckvieh erfolgt die Bewertung der Körperkondition mittels BCS in der Methode leicht abgewandelt und beim Zielwert mit plus 0,5 BCS-Note abweichend zu den Holsteintieren (Jilg und Weinberg, 1998).

Vergleichende Untersuchungen zwischen RFD und BCS liegen beim Fleck-vieh kaum vor (Schneider et al., 2005). Aufgrund der Situation ergeben sich aus wissenschaftlicher Sicht und im Hinblick auf die Anwendung von BCS und RFD bei Fleckviehkühen in der Beratungspraxis folgende Fragen: −

− Welcher Maßstab soll zur Konditionsbeurteilung bei Fleckviehkühen Verwendung finden?

− Ist bei Fleckvieh ein zur Rasse Holstein abweichendes Vorgehen in der Anwendung und Beurteilung von BCS bzw. RFD erforderlich?

− Welche Beziehungen bestehen bei den verschiedenen Maßstäben der Konditionsbeurteilung zum Energiesaldo bei Fleckviehkühen?

Ein Beitrag zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen soll die Aus-wertung von systematisch erhobenen Daten zur BCS und RFD in der Milch-viehherde des Versuchsbetriebs Grub und von Pilotbetrieben zur Kurzrasen-weide (Rauch et al., 2007) liefern. 2. Material und Methoden

Im Versuchsbetrieb Grub wird der gesamte Bestand der Milchviehherde im vierwöchigen Rhythmus im Hinblick auf BCS und RFD beurteilt. Die Daten von Oktober 2004 bis Februar 2008 wurden für die vorliegende Auswertung genutzt. Es wurden Daten von insgesamt 404 Fleckviehkühen mit 5.545

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Einzelmessungen verrechnet Die Kühe waren aus allen Laktationsstadien wobei Messungen von hochtragenden Färsen bis zu Kühen in der 8. Laktation vor-liegen. Das Leistungsniveau der Herde von im Mittel etwa 130 Tieren liegt bei 8.000 kg Milch je Kuh und Jahr mit 3,9 % Fett und 3,5 % Eiweiß. Die mittlere Lebendmasse liegt bei etwa 700 kg.

Während der Beobachtungszeit war ein Teil der Kühe in verschiedenen Fütterungsversuchen (Preißinger et al., 2006; Spiekers et al., 2007; Steinke, 2008). Der Versuch von Steinke (2008) wurde für die speziellen Auswertungen zum Energiesaldo genutzt. Bei den Pilotbetrieben zur Kurzrasenweide handelt es sich um 8 Praxisbetriebe zwischen 20 und 70 Kühen mit 5.900 bis 7.400 kg Herdenschnitt, die bei der Produktionsumstellung von Mitarbeitern des Institutes begleitet werden. In diesem Zusammenhang werden auch BCS und RFD erfasst. Die Maßgaben zum Vorgehen entsprechen dabei denen im Versuchsbetrieb Grub. Von den Betrieben werden Fleckvieh- und teils Holstein- bzw. Kreuzungstiere gehalten. Zur Auswertung kamen 3.836 Einzelmessungen aus den Jahren 2006 bis 2008.

Die Erfassung der RFD wurde über eine Ultraschallmessung (Ultraschallgerät Tringa Linear, Firma Esaote) nach den Maßgaben von Staufenbiel et al. (1992) durchgeführt. Bei der Beurteilung der Körperkondition fand die „Konditions-karte für Fleckvieh“ von top agrar nach Jilg und Weinberg (1998) Anwendung. Die BCS-Noten wurden in 0,25-Schritten erfasst. Voruntersuchungen zur An-wendung der RFD wurden von Schneider et al. (2005) durchgeführt.

Zur Beurteilung der Veränderungen bei BCS und RFD wurden die Daten über den Laktationsverlauf ausgewertet Ferner wurden die Zusammenhänge zwischen RFD und BCS geprüft. Hierzu wurde die Korrelation berechnet Bei den Streuungsmaßen wurden ergänzend die 5 %-Quantilen ausgewiesen, da Minimum und Maximum auf Grund möglicher Fehlmessungen weniger Aus-sage zukommt.

Auf Basis der Daten des Versuchs von Steinke (2008) wurden die möglichen Beziehungen zur Energiebilanz geprüft. In diesem Versuch wurden über 2 Jahre die Futteraufnahmen täglich beim Einzeltier erfasst. Für die Berechnung der Korrelationskoeffizienten zwischen der Energiebilanz und den Körper-konditionsparametern wurden die Daten aus 64 Laktationen (min. 30 Laktationswochen) von 48 Tieren verwendet Die Erfassung der Lebendmasse erfolgte dabei alle 4 Wochen während die RFD- und BCS-Messungen im Ab-stand von 3 bis 5 Wochen statt fanden. Die wöchentliche Energiebilanz wurde aus der Differenz zwischen Energieaufnahme und dem Bedarf der Tiere für Er-haltung, Milchbildung und evtl. Gravidität und Bildung von Eutergewebe be-rechnet Für die Prüfung des Zusammenhangs der energetischen Versorgung und den verschiedenen Konditionsparametern wurde die Energiebilanz der Wochen zwischen den jeweiligen Messungen aufsummiert. Zusätzlich erfolgte eine Auf-

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summierung der drei der Messung vorhergehenden Wochen als Vergleich. Die statistische Auswertung wurde mit dem Softwarepaket SAS für Windows (SAS Institute Inc., USA, Version 9.1, 2002-2003) durchgeführt. Mit Hilfe der Prozedur GLM wurde eine partielle Korrelationsanalyse unter Ausschaltung der Effekte Tier und Laktationsnummer gerechnet Ein P ≤ 0,05 stellte dabei die Grenze zum Erkennen eines signifikanten Unterschiedes dar. 3. Ergebnisse

3.1 Daten der Milchviehherde Grub

Aus der Tabelle 1 sind die mittleren BCS und RFD der Herde aus Grub er-sichtlich. Im Mittel wurde eine Rückenfettdicke von 20,1 mm bei einer BCS-Note von 3,70 gefunden. Bei der RFD war die Streuung mit einem Variationskoeffizienten von 41 % allerdings erheblich größer als bei der BCS mit 13 %. Gleiches gilt für die Spanne der 5 %-Quantilswerte. Tab. 1: Mittlere BCS-Note und RFD aus den Messungen an der gesamten

Fleckviehherde in Grub von 10/2004 bis 02/2008

Methode n Mittelwert s Minimum 5 % Quantil

Maximum 5 % Quantil

BCS 5.545 3,70 0,47 3,0 4,5 RFD, mm 5.545 20,1 8,3 7,9 34,2

Abb. 1: Veränderung der BCS-Note und der RFD im Verlauf der Laktation, Fleckviehherde Grub von 10/’04 – 02/’08

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Aus der Abbildung 1 sind die Verläufe von BCS und RFD im Verlauf der Laktation ersichtlich. Aufgeführt sind der Mittelwert der für den jeweiligen Laktationsmonat zur Verfügung stehenden Tiere und deren Standardab-weichung. Die Verlaufskurven der mittleren RFD und der BCS-Note im Laktationsverlauf zeigen weitgehende Parallelität. Darüber hinaus spiegeln diese Verlaufskurven gut die zu erwartende Einschmelzung bzw. den Wiederaufbau der Körperfettdepots im Laktationsverlauf wider. Das Niveau im Bereich der Rückenfettdicke entspricht dem bei Holsteintieren (Staufenbiel et al., 2004).

Abb. 2: Zusammenhang zwischen BCS-Note und RFD bei Fleckviehkühen

(5.545 Einzelmessungen) der Milchviehherde Grub Die Korrelation zwischen BCS- und RFD-Werten betrug bei Betrachtung der Einzelwerte r = 0,81. Aus Abbildung 2 ist eine Auswertung der Einzel-messungen ersichtlich. Mit zunehmenden BCS vergrößert sich die jeweilige Spanne der gemessenen RFD. Die mittlere RFD steigt mit der BCS über-proportional an. 3.2 Daten der Pilotbetriebe „Kurzrasenweide“

Aus der Tabelle 2 sind die mittleren BCS und RFD der Pilotbetriebe zur Kurzrasenweide ersichtlich. Im Mittel wurde eine Rückenfettdicke von 12,9 mm bei einer BCS-Note von 3,55 gefunden. Bei der RFD war die Streuung mit einem Variationskoeffizienten von 47 % allerdings erheblich größer als bei der BCS mit 11 %. Gleiches gilt für die Spanne der Quantilswerte. Im

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Vergleich zu den Daten aus Grub liegen BCS und RFD auf einem niedrigeren Niveau, wobei insbesondere die RFD abweichen.

Tab. 2: Mittlere BCS-Note und RFD aus den Messungen in den Pilot-betrieben zur Kurzrasenweide aus 2004 bis 2008

Methode n Mittelwert s Minimum 5 % Quantil

Maximum 5 % Quantil

BCS 3.836 3,55 0,40 3,0 4,25 RFD, mm 3.836 12,9 6,0 6,4 24,7

Aus der Abbildung 3 sind die Verläufe von BCS und RFD im Verlauf der Laktation im Vergleich der Gruber Herde zu den Betrieben mit Weide er-sichtlich. Bei der BCS zeigt sich nur eine geringe Differenz zwischen den beiden Gruppen. Ab dem 3. Monat in der Laktation liegen die Weidebetriebe etwas niedriger. Zu Ende der Laktation sind die „Weidekühe“ in der BCS um etwa 0,5 Note niedriger. Bei der RFD zeigt sich von Beginn der Laktation an eine Differenz. Diese nimmt von etwa 5 mm zu Beginn auf knapp 10 mm im 7. bis 10. Monat der Laktation zu. Zu Ende der Laktation nähern sich die Daten wieder an. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ab dem 10. Monat der Laktation auf Grund unterschiedlicher Laktationslängen die Anzahl Tiere wieder geringer ist.

Abb. 3: Vergleichende Darstellung der BCS und RFD im Verlauf der Laktation für die Daten aus Grub und die Weidebetriebe

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3.3 Beziehungen zum Energiesaldo Aus der Tabelle 3 sind die Ergebnisse zur partiellen Korrelation zwischen Energiebilanz und den Faktoren RFD, BCS und Lebendmasse ersichtlich. Unterschieden ist hierbei zwischen der summarischen Energiebilanz zwischen zwei Messzeitpunkten bzw. standardisiert auf 3 Wochen vor der RFD/BCS-Messung. Geprüft wurden jeweils die absolute Höhe und die Differenz in RFD, BCS und Lebendmasse zwischen den Messungen. Alle Größen zeigen eine positive Korrelation und sind signifikant. Die höchste Korrelation hat die Differenz in der Lebendmasse. RFD und BCS liegen etwa gleich.

Dass die absoluten Werte von RFD, Lebendmasse und BCS weniger stark mit dem Energiesaldo korrelieren, erscheint logisch, da sich der Saldo auf eine Änderung der Fettgehalte im Tier auswirken sollte. Bezüglich der Lebendmasse ist zu beachten, dass Änderungen in der Lebendmasse bei der Kalkulation des Erhaltungsbedarfs berücksichtigt wurden. Tab. 3: Partielle Korrelationen zwischen Energiebilanz (MJ NEL) und

„Körperkondition“ - Daten aus Versuch Steinke (2008) – (64 Laktationen)

Referenzzeit- raum

∆ RFD, mm

∆ Lebend-masse, kg

∆ BCS RFD, mm

Lebend- masse, kg

BCS

Energiebilanz zw. Messungen

0,471 0,808 0,457 0,253 0,580 0,284

P <0,0001 <0,0001 <0,0001 0,0181 <0,0001 0,0078 Energiebilanz (3Wochen)

0,501 0,835 0,532 0,221 0,468 0,268

P <0,0001 <0,0001 <0,0001 0,0398 <0,0001 0,0122 4. Diskussion

Bei der Betrachtung der vorliegenden Ergebnisse zu BCS und RFD ist fest-zuhalten, dass alle RFD-Messungen mit dem gleichen Gerätetyp durch-geführt wurden und Messungen von BCS und RFD am gleichen Tag erfolgten. Es liegen somit gute Voraussetzungen zum Vergleich der Daten vor. Durch die verschiedenen Betriebe ist gleichzeitig eine große Bandbreite in den Werten gegeben. Vorab wurde die Methodik überprüft (Schneider et al., 2005) und das Vorgehen standardisiert.

Als erstes bleibt festzuhalten, dass die Werte der RFD erheblich stärker streuen als die für BCS. Dies kann zum einen mit der nivellierenden Wirkung von Noten aus Bonituren erklärt werden und zum anderen durch eventuell größere Fehler bei der RFD durch punktuelle Messungen und

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Probleme beim Ablesen. Schneider et al. (2005) stellen insbesondere bei fetten Kühen Probleme bei der wiederholten RFD-Messung fest. Das Niveau der RFD-Werte unterscheidet sich mit im Mittel 20,1 mm bei den Tieren der Gruber-Herde eindeutig von den Pilotbetrieben zur Vollweide mit 12,9 mm. In der BCS ist der Unterschied dabei geringer, mit 3,7 in Grub und 3,55 für die Weidebetriebe. Insgesamt liegen die RFD-Werte nicht höher als bei Holsteinherden mit 18 ± 8 mm (Staufenbiel et al., 2004).

Trotz der unterschiedlichen Streuungen und Spannen bei BCS und RFD ist die Korrelation mit r = 0,81 relativ hoch. Dies steht in Übereinstimmung mit früheren Arbeiten (Schneider et al., 2005). Die beobachteten Verläufe von RFD und BCS im Verlauf der Laktation sind als typisch zu erachten. Einer Abnahme von 0,5-BCS-Note von der Kalbung bis zum 2. Laktationsmonat steht in Grub eine Abnahme der RFD bis zum 3. Laktationsmonat von 10 mm gegenüber. Bei den Betrieben mit Weide ist der Abfall ähnlich allerdings auf einem erheblich niedrigeren Niveau und der minimale Wert wird erst im 4. Monat der Laktation erreicht. Der Anstieg in der RFD erfolgt ebenfalls erheblich später. Zu erklären sind die Unterschiede durch das Fütterungs-regime. Bei Vollweide wird ein hoher Weidedruck ohne Beifütterung an-gestrebt (Rauch et al., 2007). Die Ausfütterung des Einzeltieres steht nicht im Vordergrund.

Offen bleibt die Ursache für die relativ hohe BCS-Benotung der „Weide-kühe“ zu Beginn der Laktation im Vergleich zur RFD und den Daten aus Grub. Eine Überprüfung des Vorgehens bei der BCS hinsichtlich der Methodik und der Standardisierung der Bonitierenden erscheint geboten. Dies betrifft auch die anzustrebende Note bei der BCS. Zur Kalbung sind bei Fleckviehkühen RFD-Werte um 20 mm als günstig zu erachten. Dies ist auch aus Arbeiten von Steinberger et al. (2007) und Steinberger (2008) an Mutter-kühen der Rasse Fleckvieh abzuleiten. Eine Absenkung des Grads der Ver-fettung bei der Kalbung wirkte sich günstig auf Abkalbeverhalten und die weitere Produktion aus. Offen ist, ob bei Fleckvieh im Vergleich zu Holstein bei gleicher RFD auch gleiche Fettgehalte im Tierkörper vorliegen. Arbeiten von Wright und Russel (1984) zeigen, dass Unterschiede zwischen Fleisch- und Milchrindern bestehen. Eine geringere Verfettung von Fleckvieh im Vergleich zu Holstein wäre daher durch Differenzen im Nierenfett etc. denk-bar.

Mit der Messung von RFD oder Abschätzung des BCS sollen Veränderungen im Fettgehalt auf Grund unterschiedlicher Energiesalden erfasst werden. Eine entsprechende Korrelation zwischen Energiesaldo und Änderungen in RFD und BCS wären daher zu erwarten. Die Auswertung der Daten von Steinke (2008) bestätigen dies. Allerdings überrascht die hohe Korrelation zur Lebendmasse. Generell sagen Änderungen in der Lebendmasse weniger

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aus, da nicht zwischen der Änderung in der Leerkörpermasse und der Magen/Darmfüllung unterschieden werden kann. Eine mögliche Erklärung für die hohe Korrelation zur Lebendmasse im Versuch Steinke (2008) ist in der im Vergleich zur Milchleistung relativ hohen Futteraufnahme zu sehen, die bereits ab der 5. Woche der Laktation bei den meisten Tieren zu positiven Energiesalden führte. Der hiermit zu erwartende Ansatz an Körpermasse hat sich offensichtlich weitgehend im Anstieg der Lebendmasse gespiegelt. Insgesamt besteht nur wenig Information über die tatsächliche Dynamik der Körperfettgehalte bei Fleckviehkühen in Abhängigkeit von Laktationsstand, Laktationsnummer und Fütterungsregime. Systematische Arbeiten unter Einbeziehung der Zusammenhänge zu BCS, RFD und Lebendmasse sind zur Abklärung der Zusammenhänge zu empfehlen. 5. Zusammenfassung/Empfehlungen

Aus den vorgestellten Daten und deren Diskussion ergeben sich folgende Punkte: − BCS und RFD zeigen etwa gleichen Verlauf in der Laktation; RFD

reagiert hierbei etwas verzögert − Die RFD zeigt eine relativ starke Streuung mit eingeschränkter Wieder-

holbarkeit ⇒ eine weitere Standardisierung ist daher erforderlich − Im Niveau und im Verlauf der Laktation zeigen sich bei der RFD keine

grundlegenden Unterschiede zwischen Fleckvieh- und Holsteinkühen; ein unterschiedliches Ziel in der RFD steht daher zur Diskussion

− Die Kenntnisse zur Beziehung zwischen RFD und Körperfettgehalt sind gering; grundlegende Untersuchungen zur Abklärung sind insbesondere bei Fleckvieh erforderlich

− Für die praktische Anwendung sind die Vorgaben zur Erhebung und Interpretation von RFD und BCS zu konkretisieren.

6. Literatur

DLG, 2001: DLG-Information 1/2001: Empfehlungen zum Einsatz von Mischrationen bei Milchkühen; DLG Frankfurt a. M.

Jilg, T., Weinberg, L., 1998: Konditionsbewertung jetzt auch beim Fleckvieh

Top Agrar 6/98, R 12-R 15

Preißinger, W., Obermaier, A., Spiekers, H., 2006: Auswirkung gestaffelter Strukturwerte (Häcksellänge von Maissilage, Kraftfutterzusammen-setzung) bei der Milchkuh; in: Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung, Fulda 2006, Herausgeber: Verband der Landwirtschaftskammern, Bonn, 35-41

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Rauch, P., Steinberger, S., Spiekers, H., 2007: Vollweide mit Winterkalbung – Erste Ergebnisse; in: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau Band 8: Neue Funktionen des Grünlands: Ökosysteme, Energie, Erholung; Hrsg.: N. Wrage, J. Isselstein, Uni. Göttingen, 26-29

Schneider, S., Bellof, G., Preißinger, W., Spiekers, H., Hitzlsperger, L., 2005: Die Aussagefähigkeit und der Einsatz der Rückenfettdickenmessung mittels Ultraschall bei Milchkühen der Rasse Fleckvieh; in: Forum an-gewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung, Fulda 2005, 85-90. Herausgeber: Verband der Landwirtschaftskammern, Bonn

Staufenbiel, R., Meier, R., Hackbarth, K.H., Staufenbiel, B., Rossow, N., 1992: Untersuchungen zum optimalen Fettansatz bei der Milchkuh. Monatshefte der Veterinärmedizin 47, 125-135

Staufenbiel, R., Arndt, G., Schröder, U., Gelfert, C., 2004: Körperkondition und Stoffwechselstabilität als Grundlage für eine hohe Milchleistung bei ungestörter Fruchtbarkeit von Milchkühen – ein Beitrag zur Ableitung von Referenzwerten; Deutsche tierärztl. Wochenschrift 111 (5) 173-228

Spiekers, H., 2007: Rationsplanung und Rationskontrolle; in: Precision Dairy Farming, Elektronikeinsatz in der Milchviehhaltung; KLTBL-Schrift 457, Darmstadt, 39-52

Spiekers, H., Obermaier, A., Steinke, K., Preißinger, W., 2007: Kraftfutter-gabe bei Fleckviehkühen; 119. VDLUFA-Kongress Göttingen 2007, Kongressband, VDLUFA-Schriftenreihe 63, 503-510

Steinberger, S., 2008: Kondition und Kontrolle; Bayr. Landw. Wochenblatt 3/2008, 28-30

Steinberger, S., Spiekers, H., Prischenk, R., 2007: Mutterkühe: Trocken-steher magerer füttern; top agrar 10/2007, R 20-R 22

Steinke, K., 2008: Langfristiger Einsatz von gentechnisch verändertem Mais (Mon 810) in der Milchviehfütterung im Hinblick auf Leistungs- und Stoffwechselparameter, Fruchtbarkeit und Tiergesundheit; Dissertation TUM, Department für Tierwissenschaften, in Vorbereitung

Wright, J.A., Russel, A.J.F., 1984: Partition of fat, body composition and body condition score in mature cows, Animal Production 1984, 38, 23-32

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Untersuchungen zum Einsatz von Sojaextraktionsschrot, Rapsextraktionsschrot und Lupinen bei Mastbullen J. Groß1, A. S. Sami2, M. Schuster3, F. J. Schwarz1 1Department Tierwissenschaften, Lehrstuhl für Tierernährung, Technische Universität München, Freising-Weihenstephan, 2Department of Animal Production, Faculty of Agriculture, University of Cairo, Giza, Ägypten, 3Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Poing-Grub 1. Einleitung

Die Eiweißergänzung ist einer der Schlüsselfaktoren für den wirtschaftlichen Erfolg in der Intensivmast von Bullen mit Maissilage als Grundfutter. Ein Mangel an Protein beeinflusst die Leistung, Schlachtkörpereigenschaften und Fleischqualität von wachsenden Rindern negativ (Schwarz und Kirch-geßner, 1995, Schwarz et al., 1995). In vielen Versuchen wird Soja-extraktionsschrot als Quelle von hochwertigem Eiweiß eingesetzt und kann daher als „Standardeiweißquelle“ bezeichnet werden.

In einigen Arbeiten wurden Lupinen zur Eiweißergänzung in der Rindermast bewertet (Murphy und McNiven, 1994, Schwarz und Kirchgeßner, 1989). Einige Lupinensorten weisen einen hohen Alkaloidgehalt auf, der zu reduzierter Futteraufnahme führen kann (Hill, 1977). Allerdings können die Alkaloidgehalte der Süßlupinen über einen weiten Bereich von 0,007 und 0,222 % schwanken (Ruiz, 1978). Süßlupinen verdienen jedoch als eine heimische Leguminose besondere Aufmerksamkeit. Rapsextraktionsschrot fällt als Nebenprodukt der Ölgewinnung aus Rapssamen an und eignet sich als eiweißreiches Futtermittel in der Wiederkäuerfütterung.

Es war Ziel des Versuchs, die Auswirkungen von Lupinen als Eiweißfutter-mittel im Vergleich zu Soja- und Rapsextraktionsschrot auf Leistungs- und Qualitätsparameter in der Bullenmast zu untersuchen. Dabei erfolgte gleich-zeitig die Zulage der Eiweißfuttermittel in differenzierter Menge, um auch den Einfluss einer unterschiedlichen Höhe der Rohproteinversorgung in der Gesamtration zu überprüfen. 2. Material und Methoden

2.1 Tiermaterial und Versuchsbedingungen

36 männliche Fleckviehbullen (ca. 26 Wochen alt, durchschnittliches An-fangsgewicht 276 ± 3,9 kg) wurden zufällig auf 6 Behandlungen verteilt, bei denen zum einen die Rohproteinversorgung über das Kraftfutter entweder

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durch Sojaextraktionsschrot (S), Rapsextraktionsschrot (R) oder Lupinen (L) erfolgte und zum anderen sich jeweils die Höhe der Rohproteinversorgung unterschied (Normal- (NP) und Hochprotein (HP)). Es wurde eine Blaue Süßlupine (Lupinus angustifolius L.) der Sorte „Borlu“ verfüttert, während Raps- und Sojaextraktionsschrot handelsüblich bezogen wurden. Der ana-lysierte XP-Gehalt für die Einzelkomponenten Rapsextraktionsschrot, Lupinen und Sojaextraktionsschrot lag bei 36,5 %, 40,5 % und 47,1 % in der T, der Rohfettgehalt bei 2,01 %, 4,21 % und 1,40 % in der T. Der Rohfaser-gehalt betrug 15,3 %, 12,6 % und 10,8 % in der T. Der Gesamtalkaloidgehalt der verwendeten Süßlupinen war mit 0,0079 % in der FM niedrig. Die NP- bzw. die HP-Behandlungen enthielten durchschnittlich 12,4 % bzw. 14,0 % Rohprotein in der T der Gesamtration. Dabei entsprach die NP-Zufuhr weit-gehend den Empfehlungen der GfE (1995) für Mastrinder. Die Versuchs-dauer betrug 278 Tage.

Alle Tiere erhielten während des Versuchs die gleiche Ration bestehend aus Maissilage und Kraftfutter. Das Kraftfutter enthielt das jeweilige Eiweiß-futtermittel (L, R und S, 36-61 %), Körnermais (16-24 %), Weizen (19-35 %) und Mineralfutter (4 %). Maissilage wurde einmal täglich ad lib. vor-gelegt, das Kraftfutter zweimal täglich, ansteigend von 2,2 bis 3,4 kg je Tier und Tag mit zunehmender Lebendmasse.

Jeweils sechs Bullen wurden in vollperforierten Buchten mit Einzelfress-plätzen gehalten. Alle Behandlungen waren in jeder Bucht vertreten. Die individuelle Futteraufnahme wurde täglich erfasst und die Bullen 14tägig gewogen. Als Leistungskriterien wurden die Aufnahmen an TM (kg/d), Roh-protein (g/d), Energie (ME, MJ/d) und die täglichen Zunahmen (g) berechnet Die T-Bestimmung der Maissilage erfolgte wöchentlich. Die chemische Untersuchung der eingesetzten Maissilage und Kraftfuttermischungen erfolgte in Mischproben im 2-Wochen-Rhythmus über das gesamte Experi-ment. 2.2 Erfassung der Schlachtkörperdaten

Die Bullen wurden 18 Stunden vor der Schlachtung genüchtert. Die Schlachtkörper wurden nach EU-Richtlinien zerlegt. Die Gewichte der warmen Schlachtkörper wurden aufgezeichnet, die Ausschlachtung be-rechnet Die Klassifizierung nach Konformation und Fettklasse erfolgte nach dem EUROP-Klassifizierungssystem. Die Schlachtkörper wurden in zwei Hälften geteilt und für 24 Stunden bei 4°C gelagert. Von der linken Schlachtkörperhälfte wurden jeweils Teile des M. longissimus dorsi im Be-reich zwischen der 9. und 11. Rippe abgetrennt und bis zur chemischen Ana-lyse bei -20°C eingefroren.

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2.3 Bestimmung des Fettsäuremusters

Bei den M. longissimus dorsi (MLD) wurde der intramuskuläre Fettgehalt (IMF) nach §64 LFGB (2006) bestimmt. Für die Bestimmung des Fett-säuremusters im MLD wurde eine Gesamtfettextraktion nach der Methode von Folch et al. (1957) vorgenommen. Die Proben wurden gaschromato-graphisch analysiert und die Fettsäuren unter Verwendung geeigneter Standards (Sigma-Aldrich, Deutschland, Larodan, Schweden) bestimmt. 2.4 Statistik

Die gesammelten Daten wurden statistisch zweifaktoriell mit der GLM-Prozedur von SAS (2000) ausgewertet Das Modell enthielt die fixen Effekte Proteinquelle und Proteinstufe als Haupteffekte. Unterschiede zwischen den Mittelwerten wurden mit Duncans multiple range test (Duncan, 1955) ge-testet 3. Ergebnisse und Diskussion

Die meisten Mastleistungsparameter wurden signifikant (P<0,05) vom Eiweißfuttermittel, nicht aber von der Höhe der Rohproteinversorgung (P>0,05, Tabelle 1) beeinflusst. Tabelle 1: Auswirkungen der Eiweißkomponente und Höhe der Rohprotein-zufuhr auf Leistungsparameter von Fleckviehbullen Eiweißkomponente Proteinstufe

L1 R1 S1 SE NP2 HP3 SE

n 12 12 12 18 18 Anfangsgewicht (kg) 275 277 277 3,36 277 275 2,74 Endgewicht (kg) 663b 702a 683ab 9,15 676 690 7,47 Ø tägl. Zunahmen (g/d) 1396b 1529a 1460ab 30,66 1435 1493 25,04 T-Aufnahme(kg/d) 8,38b 8,93a 8,45b 0,11 8,56 8,62 0,09 XP-Aufnahme (g/d) 1085c 1177a 1147b 9,12 1066b 1207a 7,44 Energieaufnahme (MJ ME/d) 97 99 97 1,12 98 98 0,91

a,b Signifikant verschieden (P< 0,05). 1 L (Lupinen), R (Rapsextraktionsschrot), S (Sojaextraktionsschrot) 2 NP (Normalproteinstufe), 3 HP (Hochproteinstufe)

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Die Verfütterung von L als Haupteiweißfuttermittel reduzierte das End-gewicht, die täglichen Zunahmen, T- und Rohproteinaufnahme signifikant im Vergleich zu R. Bullen der L-Behandlung unterschieden sich in den meisten Leistungskriterien dabei allerdings nicht von der S-Gruppe. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen R und S im Endgewicht und den täglichen Zunahmen gefunden, aber R zeigte eine signifikant höhere T- und XP-Aufnahme gegenüber S. Nur die XP-Aufnahme wurde von der Proteinstufe beeinflusst. Die HP-Stufe erhöhte die XP-Aufnahme signifikant (1207 g/d) im Vergleich zu NP (1066 g/d).

Die Ergebnisse zeigen, dass keine zusätzlichen ökonomischen Vorteile er-zielt werden, wenn selbst unter intensiven Mastbedingungen der Roh-proteingehalt über 12,4 % in der T liegt. Dies ist mit Fleckviehbullen (Schwarz und Kirchgeßner, 1995, Schwarz et al., 1995) und bei anderen Rassen (Fiems et al., 1995, Gleghorn et al., 2004) bestätigt worden. Neuere Untersuchungen mit Fleckviehbullen (Steinwidder et al., 2006) zeigen einen engen Zusammenhang zwischen der Lebendmasse des Tieres und der Rohproteinzufuhr. Demnach benötigen junge Bullen (LM <200 kg) zwar eine hohe Eiweißzufuhr, wohingegen der Rohproteingehalt in der Endwachstumsphase älterer Bullen (>500 kg LM) auf 10 % in der T ab-gesenkt werden kann.

Das Eiweißfuttermittel und/oder die Höhe der Rohproteinzufuhr kann die Futteraufnahme und Energieversorgung beeinflussen. Wie im vorliegenden Versuch erhöhte die Verfütterung von R die T- und ME-Aufnahme, was sich damit gleichzeitig in sehr hohen täglichen Zunahmen äußerte. Die Ver-fütterung von Lupinen an Charolais-Kreuzungsochsen zeigte demgegen-über in einer älteren Arbeit (Murphy und McNiven, 1994) signifikant niedrigere tägliche Zunahmen im Vergleich zu Sojaextraktionsschrot-fütterung. Dies sollte auch in der vorliegenden Arbeit insbesondere bei hoher Zulage von Lupinen (1,6-1,8 kg/d) in der HP-Stufe diskutiert werden. Daher wird unter Berücksichtigung früherer Arbeiten (Schwarz und Kirchgeßner, 1989) eine Höchstmenge von 1,2-1,4 kg Lupinen je Tier und Tag bei Mastbullen empfohlen.

Hohe Mastendgewichte führen auch zu schwereren Schlachtkörpern. Auch in der vorliegenden Arbeit erzeugte die Verfütterung von R signifikant schwerere Schlachtkörper und eine höhere Ausschlachtung im Vergleich zur Lupinenverfütterung (Tabelle 2). Jedoch ist die Energieaufnahme der Hauptfaktor, der die Schlachtkörper- und Fleischqualität beeinflusst (Sami et al., 2004, Schwarz, 2003). Tabelle 2 enthält weiterhin die Ergebnisse zum intramuskulären Fettgehalt des MLD und Fettsäuremuster im MLD.

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Tab. 2: Auswirkungen der Proteinquelle und -stufe auf Schlachtkörper- und Fleischqualität von Fleckviehbullen

Proteinquelle Proteinstufe

L1 R1 S1 SE NP2 HP3 SE n 12 12 12 18 18 Schlachtkörpergewicht (kg) 366b 396a 379b 5,94 375 386 4,85 Ausschlachtung (%) 55,3b 56,5a 55,5ab 0,37 55,5 55,9 0,30 Schlachtkörperklassifzierung: Konformationd 2,4 2,1 2,3 0,14 2,3 2,2 0,11 Fettklassee 3,0 3,0 2,9 0,05 2,9 3,0 0,04 IMF-Gehalt (%) 2,33 2,41 2,37 2,26 2,48 SFA 46,1 44,5 45,6 45,3 45,6 MUFA 45,6 46,6 46,3 45,8 46,6 PUFA 7,66 8,64 7,81 8,50 7,57 Fettsäuremuster: CLA c9,t11 (%)4 0,44b 0,70a 0,48b 0,50 0,57 n-34 0,77b 0,93a 0,74b 0,86 0,77 n-64 6,44 7,02 6,58 7,14 6,23 n-6/n-3 8,39a 7,48b 8,88a 8,40 8,10 a,b Signifikant verschieden (P< 0,05). d 1= ausgezeichnet und 5= schlecht, e 1= sehr wenig und 5= sehr viel Fett 1 L (Lupinen), R (Rapsextraktionsschrot), S (Sojaextraktionsschrot) 2 NP (Normalproteinstufe), 3 HP (Hochproteinstufe) 4 in % der Gesamtfettsäuren So zeigt die ähnliche chemische Zusammensetzung der Fleischproben aller Behandlungsgruppen, dass sich beim Einsatz von Lupinen als alleinigem Eiweißträger in der Bullenmast statt R und S keine Qualitätsänderungen er-geben. Auch ein Gehalt von 14 % Rohprotein in der T der Gesamtration ver-ändert die gemessenen Parameter der Fleischqualität nicht. Allerdings ist es denkbar, dass das Eiweißfuttermittel oder die Eiweißzufuhr in der Ration indirekte Effekte auf die Rindfleischqualität haben, z.B. wenn jüngere Tiere infolge höherer täglicher Zunahmen bei gleichen Lebendgewichten ge-schlachtet werden (Schwarz, 2003).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Pansenmikroorganismen des Wiederkäuers können ungesättigte Fettsäuren hydrolysieren und biohydrogenieren. Daher weist das Wiederkäuergewebe einen höheren Anteil an SFA und weniger PUFA als beim Monogaster auf. Die ruminale Umwandlung der ungesättigten Fettsäuren der Ration ist in der Regel nicht vollständig (Byers und Schelling, 1993). Murphy und McNiven (1994) zeigten, dass sich Unterschiede in der Fettsäurenzusammensetzung des Futters im Fettsäuremuster des tierischen Gewebes auswirken können. Die Ergebnisse im hier durchgeführten Versuch ergeben ebenfalls, dass die Verfütterung von R an Mastbullen die Konzentration bestimmter Fettsäuren im Fleisch ändern kann. So wurde der Gesamtfettgehalt an PUFA im Fleisch hierbei im Vergleich zu L und S erhöht. Gleichzeitig nahm der Gehalt an konjugierter Linolsäure (CLA c9,t11) signifikant zu. Ferner wiesen die Bullen der R-Gruppe im MLD ein niedrigeres Verhältnis von n-6- zu n-3-Fettsäuren sowie einen höheren Gesamtgehalt an n-3-Fettsäuren im Ver-gleich zu den L- und S-Gruppen auf. 4. Schlussfolgerungen

Im vorliegenden Versuch mit Fleckviehbullen wurden im Gewichtsbereich von 275-680 kg sehr hohe tägliche Zunahmen von im Mittel 1460 g erzielt. Dabei zeigten Tiere bei Zulage von R in Verbindung mit einer deutlich er-höhten Futteraufnahme die besten Zunahmen. Die unterschiedliche Roh-proteinzufuhr hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Leistungsmerk-male. Allerdings deutete eine erhöhte Lupinenzulage eine geringfügige Verschlechterung von Futteraufnahme und täglichen Zunahmen an. 5. Literatur

Byers, F. M.; Schelling, G. T., 1993: Lipid in ruminant nutrition In: D. C. Church, Editors, ruminant Animal: Digestive Physiology and Nutrition, Waveland Press Inc., Prospect Heihts, IL. 298-312

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Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Hill, G. D., 1977. The composition and nutritive value of lupin seed. Nutr. Abstr. Rev. 47, 511-529

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Murphy, S. R., McNiven M. A., 1994: Raw or roasted lupin supplementation of grass silage diets for beef steers. Animal Feed Science and Technology. 46, 23-35

Ruiz, L. P., 1978: Alkaloid analysis of sweet lupin seed by GLC. N. Z. J. Ag-ric. Res. 21, 241-245

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Schwarz, F.J.; Kirchgeßner, M., 1989: Verfütterung von Samen ver-schiedener Leguminosen (Ackerbohne, Erbse, Lupine) und Raps-extraktionsschrot aus 0- und 00-Sorten in der Bullenmast. 1. Mitteilung: Zum Austausch von Sojaextraktionsschrot gegen alternative Eiweiß-komponenten. Züchtungskunde 61, 71-82

Schwarz, F.J.; Kirchgeßner, M., 1995: Zum Einfluß unterschiedlicher Roh-protein- und Energiezufuhr auf Mast- und Schlachtleistung von Fleck-vieh-Jungbullen. 1. Mitteilung: Versuchsplan und Mastleistung. Züchtungskde. 67, 49-61

Schwarz, F.J.; Kirchgeßner, M.; Heindl, U.; Augustini, C., 1995: Zum Einfluß unterschiedlicher Rohprotein- und Energiezufuhr auf Mast- und Schlachtleistung von Fleckvieh-Jungbullen. 2. Mitteilung: Schlacht-körper- und Fleischqualität sowie Auswirkungen auf den Rohprotein-bedarf. Züchtungskde. 67, 62-74

Schwarz, F.J., 2003: Zum Einfluß der Fütterung auf die Rindfleischqualität. Züchtungskde. 75, 357-267

Steinwidder, A.; Gruber, L.; Guggenberger, T.; Gasteiner, J.; Schauer, A.; Maierhofer, G.; Häusler, J., 2006: Einfluss der Rohprotein- und Energie-versorgung in der Fleckvieh-Jungbullenmast. 1. Mastleistung. Züchtungskde. 78, 136-152

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Validierung des Analysenverfahrens zur Bestimmung ausgewählter Pflanzenschutzmittel in ausgewählten be- und verarbeiteten Futtermitteln (Multiverfahren) und Ermittlung der statistischen Kennzahlen der Methode G. Offenbächer1, L. Anders2, E. Janssen3, T. Knobloch4, A. Trenkle5 1LUFA Speyer, 2Landeslabor Brandenburg, Potsdam, 3Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Standort Kassel, 4 1Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft, Leipzig, 5Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augusten-berg, Karlsruhe 1. Einleitung und Fragestellung

Die Kontrolle von Futtermitteln auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln wurde 2001 in der Futtermittel-Verordnung festgelegt (Anonym, 2001). Dabei wurden Vorgaben für Lebensmittel auf den Bereich der Futtermittel übertragen. Die Ana-lysenmethoden für Lebensmittel wurden somit auch für die Untersuchung der Futtermittel verbindlich vorgeschrieben. Allerdings gelten Futtermittel, vor allem Mischfuttermittel auf Grund Ihrer komplexen Zusammensetzung, als schwierig zu analysieren und können Probleme bei der Überprüfung der festgelegten Höchst-mengen bereiten. Für den Bereich der Mischfuttermittel liegen bisher noch keine validierten Methoden vor. In früheren Studien wurden vom VDLUFA bereits methodische Vorarbeiten zu diesem Thema geleistet Das vorliegende Projekt führte diese methodischen Arbeiten zur Analytik von Pflanzenschutzmittelrück-ständen in be- und verarbeiteten Futtermitteln fort (BLE, 2006). 2. Kurzbeschreibung der Analysenmethode

Titel: „Bestimmung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in ausgewählten be- und verarbeiteten Futtermitteln mittels chromatographischer Verfahren und massen-spektrometrischer Detektion“.

Anwendungsbereich: Diese Methode beschreibt ein Verfahren zur Analytik von Pflanzenschutzmittelrückständen in Mischfuttermitteln mit einem Feuchtigkeitsgehalt < 20 %. Ausgenommen sind chlorierte Kohlenwasser-stoffe, deren Bestimmung in einer weiteren VDLUFA-Methode beschrieben ist (VDLUFA, 2006-1). Die vorliegende Methode ist zunächst nicht validiert für die Bestimmung von Pflanzenschutzmittelrückständen in Mineralfutter-mitteln, Silagen, feuchten Misch- und Einzelfuttermitteln. Feuchte Einzel-futtermittel werden gemäß Methode „L00.00-34“ untersucht (BVL, 2002).

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Prinzip: Die Methode bietet in Abhängigkeit von der Matrix sowie von der Auswahl der zu bestimmenden Wirkstoffe verschiedene Möglichkeiten zur Extraktion. Die Extraktreinigung erfolgt mittels Gelpermeationschromatographie (GPC) und gegebenenfalls weiterer chromatographischer Reinigungsschritte. Die Wirkstoffe werden durch Kapillargaschromatographie (GC) mit Massenspektrometrie (MS-, CI-MS und MS/MS-Technik) und Hochdruck-Flüssig-chromatographie (HPLC) mit Tandem-Massenspektrometrie (MS/MS-Technik) nachgewiesen und quantitativ bestimmt. Die Methode ist inzwischen vom VDLUFA ver-abschiedet und zur Veröffentlichung eingereicht (VDLUFA, 2008).

3. Validierung

3.1 Vorgehensweise zur Validierung

Als typisches Mischfuttermittel wurde ein komplex zusammengesetztes handelsübliches Ergänzungsfutter für Milchkühe ausgewählt. Das überprüfte Stoffspektrum umfasste 50 repräsentative Wirkstoffe bzw. Metabolite aus unterschiedlichen chemischen Stoffklassen. Die Methodenvalidierung erfolgte auf zweierlei Weise. In Dotierungsexperminenten wurden alle 50 Wirkstoffe auf verschiedenen Konzentrationsniveaus durch mindestens drei Teilnehmer überprüft. In einem Ringversuch wurde schließlich die gleiche Probenmatrix mit 12 Wirkstoffen beaufschlagt und von allen 15 Teilnehmern untersucht. Die Auswahl geeigneter Bausteine zur Extraktion und Reinigung war jedem Teilnehmer freigestellt (SANCO, 2004).

3.2 Auswahl des Mischfuttermittels

Als Mischfuttermittel wurde ein handelsübliches Ergänzungsfutter für Milchkühe ausgewählt. Die Probe enthielt einen Fettgehalt von ca. drei Pro-zent und hatte folgende Zusammensetzung: Rapsextraktionsschrot (20,0 %), Rübenmelasseschnitzel (20,0 %), Sonnenblumenextraktionsschrot (16,9 %), Weizengrießkleie (14,0 %), Roggenkleie (10,0 %), Palmkernexpeller (5,6 %), Maiskleberfutter (4,0 %), Calciumcarbonat (3,8 %), Sojaextraktions-schrot, dampferhitzt (2,0 %), Harnstoff (2,0 %), Natriumchlorid (0,86 %) und Rübenmelasse (0,80 %). Die Hauptbestandteile setzten sich nicht aus reinen pflanzlichen Komponenten, sondern aus verarbeiteten Materialien zusammen. Die technische Bearbeitung (Extraktion, Gewinnung der Melasse, Dampferhitzung, Pelletierung usw.) kann Veränderungen der chemischen Eigenschaften des Futtermittels hervorrufen. Daher waren Schwierigkeiten bei der Analytik solcher Gemische im Vergleich zu den Ausgangskomponenten zu erwarten, vor allen in Form eines Matrixeffekts. Matrixeffekt bedeutet hierbei, dass sich die Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe in reinem Lösungsmittel anders verhalten als in einer aufbereiteten Proben-lösung.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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3.3 Durchführung der Dotierungsexperimente

Zur Dotierung wurden 50 Wirkstoffe bzw. Metabolite aus unterschiedlichen chemischen Stoffklassen ausgewählt. Die Auswahl der Module zur Extraktion und Extraktreinigung war freigestellt. Die Dotierung erfolgte auf den Konzentrations-niveaus von 0,010 mg/kg, 0,025 mg/kg und 0,250 mg/kg. Die Dotierung wurde von jedem Teilnehmer in fünffacher Wiederholung mit den drei Bereichen durch-geführt.

3.4 Zielsetzung des Ringversuchs

Aus dem Ringversuch sollten in Ergänzung zu den Dotierungsversuchen weitere Erkenntnisse zu folgenden Punkten gewonnen werden: - Eignung der Methode als Übersichtsverfahren (Screening), - Eignung der Methode für geringe Rückstandsgehalte, - Eignung der Effizienz der Extraktionsverfahren, - Vergleichbarkeit und Wiederholbarkeit, - Robustheit der Analysenmethode, - Bewertung nach Qualitätskriterien, - Aussagen zur erweiterten Messunsicherheit.

-

3.5 Herstellung des Probenmaterials zum Ringversuch

Eine Teilmenge des unter 3.2 beschriebenen Futtermittels wurde entfettet Dem resultierenden Extrakt wurde eine Lösung von 12 typischen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen zugegeben, und die Lösung wurde auf das in pelletierter Form vor-liegende Futtermittel zurück gegeben. Diese Teilprobe wurde mit einer größeren Menge des Ausgangsfutters versetzt, gemischt und vermahlen: Nach erneuter Homogenisierung wurden die Ringversuchsproben über einen Probenteiler geteilt und aufgeteilt. Die Probenhomogenität wurde an fünf Teilproben in jeweils drei-facher Bestimmung untersucht und erfolgreich belegt. Die Proben wurden anschließend von 15 Teilnehmern in jeweils fünffacher Auf-arbeitung analysiert. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte an zentraler Stelle nach einer robusten Auswertemethode gemäß „DIN 38402-45“ (DIN, 2003).

4. Ergebnisse und Bewertung

4.1 Analysenmethode

Die Methode ist grundsätzlich geeignet, um geringe Rückstandsgehalte in der Matrix Mischfuttermittel zu erfassen. Die Anwendung von frei wählbaren Modulen zur Extraktion und zur Nachreinigung hat sich bewährt. Die Be-stimmung erfolgt mittels massenspektroskopischer Techniken nach gas- und flüssig-chromatographischer Trennung (GC-MS und LC-MS/MS). Der Einsatz beider Techniken ist unerlässlich. Einschränkungen gibt es bei der Quantifizierung hinsichtlich der Vergleichbarkeit für spezielle Wirkstoffe.

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4.2 Kenndaten der Validierung

Die Mittelwerte der Wiederfindungen lagen für fast alle Wirkstoffe innerhalb von 70–120 % bzw. wiesen nur geringe Streuungen auf, wenn sie unterhalb von 70 % lagen (Chlorthalonil, Demeton-S-methylsulfon). Die Mittelwerte der Vergleichs-variationskoeffizienten lagen innerhalb eines weiten Bereiches von ca. 13 % (lambda-Cyhalothrin) bis ca. 59 % (Formothion).

Die Richtlinien für pflanzliche Lebensmittel fordern einen Vergleichsvariations-koeffizienten von 20 %, ermittelt an typischen pflanzlichen Komponenten wie z.B. Bohnen, Erbsen oder Getreidearten (SANCO, 2007). Dieser Wert wurde für 16 Verbindungen erreicht, weitere 24 Verbindungen erzielten Vergleichbarkeiten zwischen 20 und 30 %. Die erhöhten Werte sind auf den störenden Einfluss des Mischfuttermittels auf die Analytik zurückzuführen.

Daher wird vorgeschlagen, für Mischfuttermittel einen höheren Vergleichs-variationskoeffizienten von 30 % zu akzeptieren.

Unter dieser Voraussetzung gelten 40 Wirkstoffe als validiert. Es sind dies Azinphos-methyl, Azoxystrobin, Binapacryl, Bitertanol, Captafol, Carbaryl, Carbendazim, Chlorpyrifos-methyl, Chlorthalonil, Cypermethrin, Demeton-S-methylsulfon, Dichlorvos, Dinoseb, Disulfoton-sulfon, Famoxadone, Fenvalerat (und Esfenvalerat), Folpet, Hexaconazol, Iprodion, Kresoxim-methyl, Lambda-Cyhalothrin, Malathion, Malaoxon, Metalaxyl, Methidathion, Methomyl, Myclobutanil, Nitrofen, Phosphamidon, Pirimiphos-methyl, Prochloraz, Procymidon, Profenofos, Propyzamid, Quintozen, Thiodicarb, Triadimefon, Triadimenol, Trichlorfon und Vinclozolin.

Die Bestimmungsgrenzen (LOQ) betrugen 0,010 mg/kg für 23 Wirkstoffe und 0,025 mg/kg für weitere 17 Wirkstoffe.

Folgende 10 Verbindungen wiesen Vergleichbarkeiten von mehr als 30 % auf: Azinphos-ethyl, Brompropylat, Captan, Deltamethrin, Dicofol (o,p und p,p-Isomer), Disulfoton, Formothion, Oxydemeton-methyl, Resmethrin und Triazophos.

Der Ringversuch wurde an einer gering kontaminierten Probe mit Gehalten zwischen 0,024 und 0,12 mg/kg durchgeführt. Hinsichtlich der Wiederfindung lieferte er ähnliche Ergebnisse. Im Mittel wurde eine Wiederfindungsrate von 88 % erzielt. Die Vergleichsvariationskoeffizienten ergaben Werte zwischen 24 % und 61 %. Der Mittelwert von 40 % (unter Ausschluss der Ergebnisse von Myclobutanil und Procymidon) war deutlich höher als bei den Dotierungsexperi-menten.

Das Qualitätskriterium der Horwitz-Verhältniszahl (Horrat-Wert) (Horwitz, 1982; Thompson, 2000; Horwitz & Albert, 2006) ergab Werte von 0,99 bis 2,17. Die

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Wirkstoffe Brompropylat, Carbendazim, Famoxadone, Hexaconazol, Kresoxim-methyl, Lambda-Cyhalothrin, Methidathion, Pirimiphos-methyl, Profenofos, Propyzamid und Vinclozolin ergaben Werte unterhalb von 2,0. Myclobutanil und Procymidon hatten einen Horrat-Wert von 2,16 bzw. 2,17. 4.3 Empfehlung zur Umsetzung in die Amtliche

Futtermittelkontrolle

Für die Umsetzung der hier erzielten Ergebnisse in die Amtliche Futtermittel-kontrolle (BMVEL, 2004) wird empfohlen, die oben genannten 40 Wirkstoffe als validiert zu betrachten. Sie könnten in das Nationale Kontrollprogramm auf-genommen werden. Weitere 9 Wirkstoffe lassen sich zwar qualitativ nachweisen, bereiten jedoch Schwierigkeiten in der Quantifizierung. Captan lässt sich offen-sichtlich nur mittels Gaschromatographie und negativ chemischer Ionisierung (GC-NCI) bestimmen.

Aussagen zur Erweiterten Messunsicherheit können aus dem im Ringversuch er-mittelten Vergleichsvariationskoeffizienten abgeleitet werden (DIN, 1995; VDLUFA, 2006-2). Eine nach diesem Modell errechnete Erweiterte Mess-unsicherheit würde einen Wert von ca. 80 bis 90 % ergeben. Für Pestizide in pflanzlichen Lebensmitteln wird eine Erweiterte Messunsicherheit von 50 % empfohlen. Der Ringversuch wurde unter sehr wirklichkeitsnahen und robusten Bedingungen durchgeführt. Daher entsprach die erreichte Vergleichbarkeit tat-sächlich einem Grenzfall unter schwierigsten Bedingungen („worst case“). Vom VDLUFA wird daher für Mischfuttermittel eine Erweiterte Messunsicherheit von ca. 60-70 % empfohlen. Zu diesem Vorschlag besteht noch Diskussionsbedarf. Die Mittelwerte der Wiederfindungsraten waren sowohl im Ringversuch als auch bei den Dotierungsexperimenten zufriedenstellend. Bei Chlorthalonil wird empfohlen, im Fall von Positivbefunden die Wiederfindungsrate zu berück-sichtigen. 4.4 Verbesserungsvorschläge, weiterer Forschungsbedarf und

zukünftige Entwicklungen

Die vorgestellte Analysenmethode beinhaltet die beiden Techniken der Gas-chromatographie und der Flüssigchromatographie als obligatorische Be-stimmungsverfahren. Im Bereich der Gaschromatographie gibt es Hinweise darauf, dass sich einige kritische Verbindungen (z.B. Captan, Captafol, Folpet, Cypermethrin) durch Einsatz der negativen chemischen Ionisation (GC-NCI) er-fassen lassen. Außerdem kann die Analytik für einzelne Verbindungen, ab-weichend von dem Ansatz einer universellen Multimethode, durch eine spezielle Anpassung des Detektionssystems (z.B. Kaltinjektion, kurze Trennsäulen, Spezialphasen) verbessert werden.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Das Verfahren der LC-MS/MS wurde noch nicht auf das gesamte Stoffspektrum der 50 Wirkstoffe angewendet Es ist zu erwarten, dass sich weitere Wirkstoffe mittels LC-MS/MS erfolgreich bearbeiten lassen.

In diesem Projekt wurden erst 50 Wirkstoffe überprüft. Die Futtermittelver-ordnung regelt in Anlage 5a Höchstmengen für über 230 Pflanzenschutzmittel (Anonym, 2007). Die Validierung weiterer, mit dieser Multimethode erfassbarer Wirkstoffe, steht noch aus.

Für den Detektionsbaustein LC-MS/MS stehen alternative Aufarbeitungsver-fahren aus dem Bereich der Lebensmittelanalytik zur Verfügung (BVL, 2007-1 - 3). Besonders das Verfahren „L 00.00-114“ bietet einen erfolgversprechenden An-satz für LC-gängige Stoffe. Es ist bisher noch nicht für Mischfuttermittel validiert. Derzeit ist keine universelle Analysenmethode ersichtlich, welche alle Pestizide mit ausschließlich einem einzigen Verfahren der Gas- oder Flüssigchromato-graphie erfasst. Für spezielle Wirkstoffe, welche sich dem Nachweis mit den uni-versellen Multimethoden entziehen, kann auf Einzelmethoden zurückgegriffen werden.

5. Literatur

Anonym, 2001: „Vierte Verordnung zur Änderung futtermittelrechtlicher Ver-ordnungen“. BGBl. I, 1632 - 1653

Anonym, 2007: „32. Verordnung zur Änderung der Futtermittelverordnung vom 21. Nov. 2007“. BGBl. I, 2574 – 2583

BMVEL, 2004: “Nationales Kontrollprogramm Futtermittelsicherheit, Anlage 13a“

Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE), 2006: Forschungsprojekt Nr. 04HS042 zum Thema „Methodische Anpassung des Analysenverfahrens zur Bestimmung ausgewählter Pflanzenschutzmittel in ausgewählten be- und verarbeiteten Futtermitteln (Multiverfahren)“

BVL, 2002: § 64 LFGB, Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren, Methode L00.00-34 „Modulare Multimethode zur Bestimmung von Pflanzen-schutzmittelrückständen in Lebensmitteln“. Beuth Verlag GmbH, Berlin

BVL, 2007-1: § 64 LFGB, Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren, Methode L00.00-113 „Multimethode zur Bestimmung von Pflanzenschutz-mittelrückständen in Lebensmitteln mittels LC-MS/MS nach Methanol-extraktion und Aufreinigung an Diatomerde“. Beuth Verlag GmbH, Berlin

BVL, 2007-2: § 64 LFGB, Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren, Methode L00.00-114 „Rückstandsanalyse von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln (Tabellarische Auflistung von Precur-sor-Ionen und typischen

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Fragmenten sowie weiterer Messparameter von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen zur Bestimmung mittels gekoppelter Flüssigchromato-graphie/Tandem-Massenspektrometrie)“. Beuth Verlag GmbH, Berlin

BVL, 2007-3: § 64 LFGB, Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren, Methode L00.00-115, „Multimethode zur Bestimmung von Pflanzenschutz-mittelrückständen in pflanzlichen Lebensmitteln mittels GC-MS(/MS) oder LC-MS/MS nach Acetonitril-Extraktion/Verteilung und Aufreinigung mittels dispersiver SPE (QuEChERS)“. Beuth Verlag GmbH, Berlin

DIN, 1995: DIN V ENV 13005: „Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen“. Beuth-Verlag GmbH, Berlin

DIN, 2003: DIN 38402-45 Deutsche Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung, Allgemeine Angaben (Gruppe A)-Teil 45: „Ring-versuche zur externen Qualitätskontrolle von Laboratorien“. Beuth-Verlag GmbH, Berlin

Horwitz, W., 1982: “Evaluation of analytical methods used for regulation of foods and drugs”. Anal. Chem. 54, 67A 76A

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Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2008: Methode 3.3.7.1 Bestimmung von Pflanzenschutz-mittelwirkstoffen in ausgewählten be- und verarbeiteten Futtermitteln mittels chromatographischer Verfahren und massenspektrometrischer Detektion. In: Handbuch der Landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Bd. VII, Umweltanalytik, 3. Aufl., VDLUFA-Verlag Darmstadt

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Bestimmung von Verfahrenskenndaten bei Kalibration durch gewichtete lineare Regression P. Steliopoulos1 1Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt, Karlsruhe 1. Einführung Üblicherweise werden in der analytischen Chemie Leistungsmerkmale von Untersuchungsmethoden auf der Grundlage empirischer Kalibrationsdaten gewonnen. Der gängigste Ansatz geht von einem linearen Regressionsmodell aus, das eine konzentrationsunabhängige Variabilität des Messfehlers an-nimmt. OLS-Anpassung (Ordinary Least-Squares, Methode der kleinsten Abweichungsquadrate ohne Gewichtung) liefert Schätzwerte für die Koeffizienten der Kalibrierfunktion, einen Näherungswert für die Varianz des Messfehlers (Residualvarianz) und an jeder interessierenden Stelle einen Schätzwert für die Varianz des Fehlers der Analysenfunktion. Damit lassen sich dann Prognoseintervalle konstruieren und die daraus ableitbaren Leistungskenngrößen berechnen. Allerdings ist in der Praxis die Bedingung der Homoskedastizität häufig nicht erfüllt. In solchen Fällen stellt eine Kurvenanpassung durch gewichtete Regression (WLS, Weighted Least-Squares) die geeignetere Strategie dar und wird auch von verschiedenen internationalen Normen bzw. Richtlinien (ISO, IUPAC, EPA) ausdrücklich empfohlen. Dennoch ist die Akzeptanz der WLS-Regression in Routine-laboratorien gering, was wohl mitunter daran liegt, dass die Bestimmung adäquater Gewichte recht komplex ist. Diese sollten die Streuung der Response wiederspiegeln und, präziser formuliert, proportional zur reziproken Varianz sein. Ein praktikabler Ansatz zur Modellierung von Ge-wichten als Funktion der Konzentration findet sich in der Arbeit von Steliopoulos und Stickel (2007). Im vorliegenden Beitrag wird ein Excel-VBA-Programm vorgestellt, das auf der Basis der im zitierten Artikel be-schriebenen Rechenverfahren die Bestimmung geeigneter Gewichte ermög-licht, eine Kalibrationsgerade durch gewichtete Regression konstruiert und das verschiedene präzisionsabhängige Leistungsmerkmale berechnet 2. Statistisches Modell Betrachten wir einen Satz von JI × Kalibrationspunkten ),( iji yx . Die Laufzahl Ii ,...,1= bezeichne das Konzentrationsniveau, der Index

Jj ,...,1= bezeichne die Nummer des Replikats (unter Replikaten versteht man wiederholte Messungen an der gleichen Stelle). Nehmen wir an, dass

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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die Beziehung zwischen der Response ijy und der Konzentration ix ge-geben ist durch ein Modell der Form

ijiij bxay ε++= ,

wobei ijε den Messfehler repräsentiert. ijε sei eine Zufallsvariable, die an jeder Stelle i einer Normalverteilung mit Erwartungswert 0 und Varianz

iw2σ folgt. Sind die Gewichte iw gegeben, so lassen sich die Schätzwerte

a , b und 2σ über WLS-Anpassung berechnen. In der Realität sind die iw allerdings unbekannt und müssen geschätzt werden. Das VBA-Programm bietet hierfür die Möglichkeit, die Varianz der Responses von Replikaten, iv , als Funktion der Konzentration ix zu modellieren und den reziproken Wert der Varianz als Gewicht iw der Position i zuzuordnen. Vier verschiedene Modellfunktionen stehen zur Auswahl:

dxgv

dxgv

gv

xgv

i

ii

dxi

dii

i

+=

+=

×=

×=

2

e

Der Nutzer kann sich anhand des Kurvenverlaufs und der resSS (Summe der quadrierten Residuen) für die geeignete Varianzfunktion frei entscheiden (Abb. 1). Wird keine der angebotenen Funktionen ausgewählt, so rechnet das Programm mit 1=iv (d. h. es führt eine OLS-Anpassung durch). Folgende Größen lassen sich bestimmen: • Nachweisgrenze und Erfassungsgrenze • Entscheidungsgrenze und Nachweisvermögen für die Überschreitung

eines definierten Schwellenwerts • Schätzwert des Analytgehaltes, 0x , aus den Messwerten ky0 einer

Probe mit unbekannter Konzentration 0x sowie das dazugehörige Konfidenzintervall ]ˆ;ˆ[ obenunten xx (Anm.: gewichtete Regression führt zu asymmetrischen Konfidenzintervallen um 0x ).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Abb. 1: Modellierung der Varianz als Funktion der Konzentration 3. Anwendungsbeispiel

Verfahrenskenndaten einer HPLC-Methode zur Bestimmung von Rück-ständen des Antibiotikums Tetracyclin in Futtermitteln

Kalibrationskurve: 16 matrixspezifische Kalibrierstandards (dotierte Futter-mittel-Leerproben), 4=I , 4=J .

ix 1iy 2iy 3iy 4iy 100 0,438 0,190 0,351 0,382 250 1,171 0,955 1,180 1,158 500 2,444 2,090 2,340 1,954 750 4,003 3,511 3,000 3,683

Varianzmodellfunktion: xev 00487,000454,0 ×= Leistungsmerkmale (N = 1):

NG = 84 µg/kg ( 01,0α = ) EG = 119 µg/kg ( 05,0β = )

Analyse zweier Ansätze einer Probe mit unbekantem Gehalt lieferte die Responses 294,201 =y und 182,202 =y (K = 2). Daraus ergibt sich: 490ˆ0 =x µg/kg 412ˆunten =x und 622ˆoben =x (für %98=p ) 424ˆunten =x und 590ˆoben =x (für %95=p )

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Abb. 2: Durchführung der gewichteten linearen Regression 4. Literatur

Steliopoulos, P., Stickel, E., 2007: Estimation of performance characteristics of a confirmation method for thyreostats in plasma by means of a weighted least-squares approach. Analytica Chimica Acta 592, 181-186

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Schätzung der Biogasausbeute von Futtermitteln aus Kennzahlen der Futterbewertung K. Rutzmoser1, U. Keymer2 1Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft ITE, Grub 2Institut für Ländliche Strukturentwicklung, Betriebswirtschaft und Agrar-informatik ILB, München 1. Einführung und Fragestellung

In Biogasanlagen werden in erheblichem Umfang Futtermittel eingespeist, um aus diesen Biogas zu gewinnen. Der zu erwartende Biogasertrag dieser Substrate ist eine wichtige Kennziffer, beispielsweise als Planungsgröße oder zur Ermittlung der Preiswürdigkeit. Da gewisse Ähnlichkeiten der Um-setzungen im Verdauungstrakt von Wiederkäuern und in einer Biogasanlage bestehen, lag es nahe, aus Erkenntnissen der Futterbewertung auf das Bio-gasbildungsvermögen zu schließen.

Um die Vorgehensweise des Schätzverfahrens aufzuzeigen, werden zunächst die erforderlichen Untersuchungsdaten genannt, dann die Ableitung der Ver-daulichkeiten als Hilfsgrößen des Abbauverhaltens dargestellt. Daraus erfolgt die Berechnung der Biogasausbeute mit Gasertragsfaktoren aus der Literatur. Der Rechenweg wird an einem Beispiel vorgeführt und ab-schließend auf die Anwendung eingegangen. 2. Grundlagen und Vorgehensweise

2.1 Weender Analyse der Rohnährstoffe

Wie die Futterbewertung beruht die Schätzung der Biogasausbeute auf der Weender Analyse der Rohnährstoffe im Futtermittel. Folgende Rohnähr-stoffe (mit Abkürzungen aufgeführt) werden dabei untersucht:

- Trockenmasse (TM) - Rohasche (RA) - Organische Masse (OM) - Rohprotein (RP) - Rohfett (RL) - Rohfaser (RF) - N-freie Extraktstoffe (NfE)

-

Wie bei Futtermitteln üblich wird die Trockenmasse in g/kg (Frischmasse), die anderen Rohnährstoffe in g/kg TM angegeben. Die Weender Analyse ist als Verfahren der nasschemischen Untersuchung definiert. Wenn die Werte durch heute verbreitete optische Verfahren (Nahe-Infra-Rot-Spektroskopie)

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bestimmt werden, kann die Genauigkeit der Messung anders ausfallen als mit einer nasschemischen Untersuchung, die Verfahren der Bewertung werden davon aber nicht berührt. 2.2 Schätzung von Verdaulichkeiten der Rohnährstoffe

Weil gewisse Ähnlichkeiten der Umsetzungen im Verdauungstrakt von Wiederkäuern und in einer Biogasanlage bestehen, werden die beim Wieder-käuer verwendeten Verdaulichkeiten der Rohnährstoffe (VQ in Prozent) als Abbauraten der Rohnährstoffe in der Vergärung zu Biogas verwendet Die VQ der Futtermittel sind in den DLG-Futterwerttabellen für Wiederkäuer (1991, 1997) aufgelistet Grundfuttermittel haben in der Regel einen größeren Schwankungsbereich der Rohnährstoffe und der VQ. Deshalb wurden aus den Tabellenangaben für jede bedeutsame Grundfutterart (Futtergruppe) Schätzgleichungen für die Verdaulichkeiten abgeleitet Als Bezugsgröße wurde für den VQ von RP der Gehalt an RP in der OM (RP/OM) und für die VQen von RL, RF und NfE der Gehalt an RF in der OM (RF/OM) verwendet Von den am häufigsten vorkommenden Futterarten Maissilagen sowie Grassilage 1. Schnitt und Grassilage Folgeschnitte sind die entsprechenden Gleichungssätze im folgenden aufgeführt:

Maissilagen: VQ RP = 47,75 + 104,75 * RP/OM VQ RL = 86,10 – 42,60 * RF/OM VQ RF = 55,03 + 39,54 * RF/OM VQ NfE = 97,77 – 94,62 * RF/OM Grassilage 1. Schnitt: VQ RP = 47,40 + 120,33 * RP/OM VQ RL = 62,56 + 15,18 * RF/OM VQ RF = 96,20 – 67,13 * RF/OM VQ NfE = 102,96 – 101,10 * RF/OM Grassilage Folgeschnitte: VQ RP = 24,02 + 233,75 * RP/OM VQ RL = 57,14 + 7,68 * RF/OM VQ RF = 101,70 – 102,09 * RF/OM VQ NfE = 97,09 – 96,61 * RF/OM

Die Faktoren der VQ-Gleichungen sind den entsprechenden Futtermitteln in Dateien zugeordnet und werden zur Berechnung geladen. Um die Zu-sammenhänge von Rohnährstoffgehalten und Verdaulichkeiten zu ver-anschaulichen, ist in Abbildung 1 ein Beispiel zu Maissilage dargestellt.

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Abb. 1: Abhängigkeit von VQ Rohfaser und VQ NfE vom Gehalt an Roh-faser in der OM am Beispiel von Maissilage

2.3 Berechnung der verdaulichen Rohnährstoffe

Durch Multiplikation der gemessenen Rohnährstoffgehalte (Untersuchung nach Weender Analyse) mit den geschätzten Verdaulichkeiten der Rohnähr-stoffe ergeben sich die Gehalte an verdaulichen Rohnährstoffen 2.4 Berechnung des Biogasertrages

Zur Gasausbeute (Liter/kg) und zum Methangehalt (%) des Biogases aus verschiedenen Stoffklassen berichtet Baserga (1998) die folgenden Faktoren:

Gasausbeute Methangehalt Proteine 700 71 Fette 1250 68 Kohlenhydrate 790 50

Die Faktoren für Proteine werden dem verdaulichen RP, die Fettfaktoren dem verdaulichen RL und die Faktoren der Kohlenhydrate den verdaulichen RF sowie verdaulichen NfE zugewiesen und entsprechend multipliziert. Dies ergibt den Gasertrag der jeweiligen (verdaulichen) Rohnährstoffe. Die Summe der Gaserträge aus den Rohnährstoffen ist der Gasertrag des Futter-mittels. Entsprechend den Ausgangswerten sind die Beträge auf 1 kg Trockenmasse bezogen und können mit dem TM-Gehalt auf Frischmasse umgerechnet werden. Mit einer Umrechnung auf den Gehalt an Organischer

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Masse kann der Biogasertrag auch auf diese Bezugsgröße dargestellte werden (auch als Ertrag je kg oTM bezeichnet). 3. Berechnungsweg mit Beispiel

Der Ablauf der Berechnungen zur Schätzung der Biogasausbeute sei an einem (fiktiven) Beispiel einer Maissilage dargestellt. Dabei seien bei einem Gehalt von 320 g TM/kg folgende Werte der Weender Analyse (in g/kg TM) unterstellt:

Rohasche RA 40 Organische Masse OM 960 Rohprotein RP 80 Rohfett RL 40 Rohfaser RF 180 N-freie Extraktstoffe NfE 660 3.1 Gleichungen zur VQ-Schätzung der Rohnährstoffe

Aus den angesetzten Werten errechnen sich folgenden Bezugsgrößen für die VQ-Schätzgleichungen:

RP/OM = 80/960 = 0,083 RF/OM = 180/960 = 0,188

Diese Werte in die Gleichungen von Maissilagen eingesetzt ergibt folgende Rohnährstoffverdaulichkeiten:

VQ RP = 47,75 + 104,75 * 0,083 = 56,5 % VQ RL = 86,10 – 42,60 * 0,188 = 78,1 % VQ RF = 55,03 + 39,54 * 0,188 = 62,4 % VQ NfE = 97,77 – 94,62 * 0,188 = 80,0 % 3.2 Verdauliche Rohnährstoffe

Die angesetzten Rohnährstoffgehalte mit den vorher ermittelten VQ-Schätzungen mal genommen führen zu den verdaulichen Rohnährstoffen (g/kg TM):

Verdaul. RP = 80 g * 56,5 % = 45,2 g Verdaul. RL = 40 g * 78,1 % = 31,2 g Verdaul. RF = 180 g * 62,4 % = 112,4 g Verdaul. NfE = 660 g * 80,0 % = 528,2 g

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3.3 Berechnung des Biogasertrages Auf die ermittelten verdaulichen Rohnährstoffe werden die Faktoren der Gasausbeute und des Methangehaltes angewendet und zum gesamten Bio-gasertrag (Normliter nl je kg TM) aufsummiert:

Verdaul. Rohnährstoff Gasausb. Methan %. Gasertrag RP: 45,2 g * 700 l 71 % = 22,5 l RL 31,2 g * 1250 l 68 % = 26,6 l RF 112,4 g * 790 l 50 % = 44,4 l NfE 528,2 g * 790 l 50 % = 208,6 l Summe 302,0 nl Für die im Beispiel unterstellte Maissilage wird somit ein Gasertrag von 302 nl Methan je kg TM geschätzt. Auf Frischmasse (320 g TM/kg) umgerechnet ergeben sich 302 * 0,320 = 96,6 nl/kg. Der Gasertrag je kg OM errechnet sich mit 302 / 0,960 = 314,6 nl. 4. Anwendung

Das geschilderte Verfahren zur Schätzung der Biogasausbeute ist in die Be-rechnungsabfolgen zur Bewertung von Futtermitteln im Bereich der staat-lichen Beratung in Bayern eingefügt. Werden Futtermittel über das LKV-Labor in Grub zur Untersuchung eingesandt, kann ohne Zusatzkosten der Biogasertrag abgerufen werden. Auch in dem Futterberechnungssystem ZIFO (Zielwert-Futteroptimierung) sind entsprechende Berechnungen ein-gegliedert.

Zur Übereinstimmung der Schätzung mit erreichten Biogaserträgen unter praktischen Verhältnissen kann aus einzelnen Rückmeldungen geschlossen werden, dass die ermittelten Größenordnungen und die Abstufungen ver-schiedener Futterqualitäten realistisch erscheinen, aber die errechneten Werte meist übertroffen werden. Dies ist durchaus verständlich, denn durch die längeren Verweilzeiten in einer Biogasanlage gegenüber dem Verdauungs-trakt eines Tieres ist ein zusätzlicher Abbau der als unverdaulich gewerteten Stoffe anzunehmen. Mit entsprechenden zusätzlichen Untersuchungen könnte diese Differenz genauer beziffert und möglicherweise die Genauig-keit der Schätzung gesteigert werden. 5. Literatur

Baserga, U., 1998: Landwirtschaftliche Co-Vergärungs-Biogasanlagen, Bio-gas aus organischen Reststoffen und Energiegras. FAT-Bericht Nr. 512, 1-4

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Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (Hrsg.: Universität Hohenheim, Dokumentationsstelle): DLG-Futterwerttabellen für Wiederkäuer, 6. Aufl. 1991, 7. Aufl. 1997. DLG-Verlag Frankfurt a. Main

Keymer, U., Schilcher, A., 1999: Überlegungen zur Errechnung theoretischer Gasausbeuten vergärbarer Substrate in Biogasanlagen. Landtechnik-Bericht Nr. 32, Freising

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Untersuchungen zum Futterwert von Heulage (haylage) G. Schlegel1, F. Zeller1, F.J. Schwarz1 1Department für Tierwissenschaften, Lehrstuhl für Tierernährung, Technische Universität München, Freising-Weihenstephan 1 Einleitung

Heulage, also Grünfutter, das auf ca. 60-75 % T-Gehalt angewelkt, gepresst und luftdicht verpackt wird, gewinnt in den letzten Jahren in der Pferdefütte-rung immer mehr an Bedeutung. Dies liegt einerseits an den immer häufiger auftretenden Stauballergien der Pferde und dem damit verbundenen verstärk-ten Austausch von Heu gegen Feuchtfutter. Andererseits hat sich die Technik der Heulagebereitung durch die Möglichkeit, das Siliergut stärker zu ver-dichten und Kleinballen zu produzieren, verbessert. Wie sich der Futterwert der Heulagen in der Praxis darstellt, wurde auf verschiedenen pferdehalten-den Betrieben untersucht. 2 Material und Methodik

2.1 Probenahme

Es wurden zehn Pensionspferdebetriebe aus den Landkreisen Landshut, Erding, Ebersberg, Dachau, Fürstenfeldbruck und München ausgewählt, auf denen Heulage zum Einsatz kam. Im Abstand von jeweils zwei Wochen (Zeitraum: März – April 2007) wurden pro Betrieb drei Heulageballen (n= 30) beprobt. Das Probenmaterial wurde von mehreren Stellen der Ballen, die gerade zur Verfütterung benutzt wurden, entnommen, um eine repräsentative Probe zu erhalten. Pro Ballen wurden zwei Beutel mit je 1,5 bis 2,0 kg Mate-rial abgefüllt. Das Probenmaterial wurde vor der weiteren Aufbereitung tief-gefroren. Sechzehn der untersuchten Heulageproben waren dem 1. Grün-landaufwuchs zuzuordnen, während die weiteren vierzehn Proben den 2. und folgenden Schnitten entstammten. 2.2 Verfahren der Dichtigkeitsmessung der Heulageballen

Zur Dichtigkeitsmessung der Rund- und Quaderballen kam der Ekolag Messeimer zum Einsatz, den freundlicherweise das Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft der LfL (Dr. W. Richter) zur Verfügung stellte. Mit dem Eimer kann über eine Injektionsnadel Unterdruck im Ballen erzeugt werden. Die Zeit, die gebraucht wird, um von -200 Pa auf -150 Pa im Ballen auszu-gleichen, ist die sogenannte Dichtezeit (Jonsson, 2006). Die Dauer der Dich-tezeit korreliert positiv mit der Dichtigkeit des Ballens. Zur Beurteilung wur-den die in Tabelle 1 aufgeführten Richtwerte zugrunde gelegt.

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Tab. 1: Richtwerte zur Beurteilung der Dichtezeit (Jonsson, 2006) Dichtezeit in

Sekunden Beurteilung Kommentar

über 60 s gute Dichtig-keit

Widersteht Tag-/Nacht-Druckvariationen, dadurch minimale Luftleckage

30-40 s mittelmäßige Dichtigkeit

Kann unter der kalten Jahreszeit funktionie-ren, jedoch nicht bei warmem Wetter

unter 10 s schlechte Dichtigkeit

Falls verfütterbar, direkt verfüttern oder Ballen neu einwickeln. Risiko: Totalschaden

2.3 Probenaufbereitung und Analytik Das Probenmaterial (Beutel 1) wurde zur Trockensubstanzbestimmung 24 Stunden bei 60°C im Trockenschrank getrocknet Anschließend wurden die Proben auf 1 mm vermahlen und dienten zur Bestimmung der Rohnährstoff-gehalte Rohasche, Rohprotein, Rohfett und Rohfaser nach dem WEENDER-Verfahren (VDLUFA , 1997). Das Probenmaterial in Beutel 2 wurde zur Be-stimmung der Gärparameter wie pH-Wert und Gehalte an Essig-, Butter- und Milchsäure benutzt (Böttcher, 1982). 2.4 Berechnung der verdaulichen Energie und des verdaulichen

Rohproteins

Die verdauliche Energie (DE) für die Heulageproben wurde unter Berück-sichtigung der analysierten Rohnährstoffgehalte und Verdaulichkeitswerte nach der DLG-Futterwerttabelle für Pferde (1995) berechnet Da für Heulage keine Verdaulichkeiten angegeben sind, wurden als Kompromiss die Verdau-lichkeiten von Grassilage und Heu entsprechend geordnet nach Aufwuchsalter und Schnitt herangezogen und die daraus berechneten Energiegehalte ge-mittelt. Das verdauliche Rohprotein wurde ebenso nach der gleichen Ein-teilung für Heu und Silage anhand der Werte der DLG-Futterwerttabelle für Pferde (1995) ermittelt.

3 Ergebnisse

3.1 Ergebnisse der Dichtigkeitsmessung

Die Dichtigkeitsmessung der Heulageballen ergab in Abhängigkeit von den Dichtezeiten aus Tabelle 1 bei 62 % der Ballen gute Werte (siehe Abbildung 1). Das bedeutet eine ausreichende Dichtigkeit der Ballen, um für eine längere Lagerung geeignet zu sein. Allerdings zeigte knapp ein Drittel der untersuch-ten Ballen mittelmäßige oder schlechte Dichtezeiten. Diese Ballen sind nur bedingt oder gar nicht für eine längere Lagerung geeignet

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Abb. 1: Prozentualer Anteil an Ballen mit guter, mittelmäßiger und schlechter Dichtezeit (n=30)

Die mittlere Zeitdauer der guten, mittelmäßigen und schlechten Dichtezeiten bei den beprobten Ballen ist aus Abbildung 2 zu entnehmen. Hier zeigt sich, dass der Durchschnitt der als dicht eingestuften Ballen bei deutlich über 60 s Dichtezeit lag, bei im Mittel 2 Minuten 46 Sekunden. Die Ballen mit mittelmäßiger bzw. schlechter Dichtezeit wiesen wesentlich kürzere mittlere Dichtezeiten von 36 bzw. 13 Sekunden auf. Hier war also die Dichte der Ballen bedeutend eingeschränkt.

Folienfarbe, Ballenform sowie Art der Lagerung hatten keinen Einfluss auf die Dichtezeit, da in allen Kategorien der Dichtezeit Ballen jeglicher Art und Lager-form vorhanden waren.

Abb. 2: Mittlere Dichtezeit (in min) der Heulageballen und ihre Ein-ordnung hinsichtlich der Lagerstabilität

3.2 Trockensubstanz- und Rohnährstoffgehalte der Heulagen

Tabelle 2 gibt die Gehalte an Trockensubstanz sowie für Rohasche, Rohpro-tein, Rohfett und Rohfaser in den Proben gemittelt über die Schnittzeitpunk-

0:13 min

0:36 min

2:46 min

0.00 0.50 1.00 1.50 2.00 2.50 3.00 3.50 4.00Zeitdauer (min)

schlechtmittelmäßiggut

gut62%

schlecht24%

mittelmäßig14%

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te sowie die Standardabweichung der Einzelwerte wieder. Gleichzeitig ist auch die Spannweite der Messwerte über die Angabe der min.-max.-Werte (Werte in Klammern) ersichtlich. Tab. 2: Mittlere Gehalte an Trockensubstanz (%), Rohasche, Rohprotein,

Rohfett und Rohfaser (% d. T) sowie min.-max.-Werte (Werte in Klammern)

1. Schnitt

(n=16) 2. und folgende Schnitte (n=14)

T (%) 63,2 ± 7,53 (40,5-75,5)

69,9 ± 12,1 (41,0-82,1)

Rohasche (% d. T) 8,40 ± 2,11 (5,25-13,2)

8,81 ± 1,03 (6,28-10,1)

Rohprotein (% d. T) 10,0 ± 2,66 (6,41-17,0)

13,2 ± 3,08 (8,77-21,1)

Rohfett (% d. T) 2,35 ± 0,66 (1,60-3,84)

2,97 ± 0,50 (2,18-4,12)

Rohfaser (% d. T) 32,8 ± 4,60 (25,1-38,8)

28,5 ± 3,01 (22,2-34,0)

Die Trockensubstanzgehalte der Heulagen mit Werten von im Mittel 63 % (1.Schnitt) bzw. 70 % (2. und ff. Schnitte) wiesen einen Bereich auf, wie dieser bei Heulagen zu erwarten ist. Allerdings ist die Spannweite enorm, da sowohl niedrige T-Gehalte vergleichbar mit Silagen (ca. 40 % T) als auch sehr hohe T-Gehalte nahezu einer Heutrocknung entsprechend (>80 % T) gemessen wurden. Dabei erreichten die Heulagen der 2. und folgenden Schnitte im Mittel etwas höhere T-Gehalte bei gleicher Spannweite als die Proben der 1. Schnitte.

Die Rohnährstoffgehalte variierten ebenfalls erheblich. So weisen Rohaschege-halte von 10 % und höher doch im Einzelfall auf eine erhebliche Verschmutzung hin. Aber auch die Rohfasergehalte - insbesondere der Proben des 1. Schnitts - deuten auf einen außerordentlich späten Schnittzeitpunkt hin. Entsprechend er-geben sich auch sehr niedrige Rohproteingehalte. Die mittleren Rohfasergehalte der 2. und ff. Schnitte liegen mit knapp 29 % d. T überraschend um etwa 4 % niedriger als die Messwerte des 1. Schnitts. Entsprechend sind auch die mittleren Rohproteingehalte hier mit etwa 13 % d. T um ca. 3 % höher als beim 1. Schnitt. 3.3 Gärparameter der Heulagen In Tabelle 3 sind die Mittelwerte (Minima und Maxima in Klammern) der Gärparameter der Heulagen gemittelt nach Schnittzeitpunkten aufgeführt.

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Tab. 3: Mittlere pH-Werte und Gärsäuren (% d. T) der Heulagen 1. Schnitt

(n=16) 2. und folgende Schnitte (n=14)

pH-Wert 5,79 ± 0,54 (4,55-6,88)

6,06 ± 0,51 (5,48-7,60)

Milchsäure (% d. T) 1,12 ± 1,34 (0,15-5,07)

0,59 ± 0,85 (0,10-2,94)

Essigsäure (% d. T) 0,37 ± 0,38 (0,02-01,63)

0,20 ± 0,26 (0,00-0,86)

Buttersäure (% d. T) 0,02 ± 0,03 (0,00-0,12)

0,12 ± 0,29 (0,00-0,86)

Gärsäurengehalte und pH-Wert der Heulagen differieren dabei erwartungs-gemäß deutlich von Messwerten, wie sie bei Silagen auftreten sollten. So beträgt der mittlere pH-Wert aller Proben etwa 5,8 bzw. 6,1. Allerdings fanden sich auch Einzelwerte im Bereich der üblicherweise zu messenden pH-Werte von Silagen (pH-Wert <5,0). 16 Messwerte lagen zwischen 5,3 und 6,0 und bei 12 Proben ergab die Analyse einen pH-Wert über 6,0. Es konnte allerdings keine eindeutige Beziehung zwischen pH-Werten und Trockensubstanzgehalten der Proben festgestellt werden. Die Gärsäuren zeigten ebenfalls alle sehr große Spannweiten, wobei die Milchsäure- und Essigsäuregehalte wie erwartet im Mittel sehr niedrig waren. Zwei der 30 Heulageproben erreichten jedoch sehr hohe Buttersäuregehalte von 0,81 bzw. 0,86 % d. T, die als außerordentlich kritisch zu beurteilen sind. 3.4 Verdauliche Energie und verdauliches Rohprotein der Heulagen Tabelle 4 zeigt die berechneten Gehalte an verdaulicher Energie sowie an verdaulichem Rohprotein. Wiederum wurden die Proben entsprechend der Schnittezeitpunkte eingeteilt. Tab. 4: Mittlere Gehalte an verdaulicher Energie (DE, MJ/kg T) und an

verdaulichem Rohprotein (DP, g/kg T) 1. Schnitt

(n=9) 2. und folgende Schnitte (n=14)

DE (MJ/kg T) (n=23)

9,03 ± 0,75 (8,02-10,1)

8,76 ± 0,79 (7,46-10,2)

1. Schnitt (n=16)

2. und folgende Schnitte (n=14)

DP (g/kg T) (n=30)

64,1 ± 19,5 (38,5-115,3)

87,1 ± 24,9 (55,3-148,5)

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Die Berechnung der verdaulichen Energie ergab einen abnehmenden mittleren Energiegehalt vom 1. Schnitt zu den 2. und folgenden Schnitten mit berechneten Werten von etwa 9,0 bzw. 8,8 MJ ME/kg T Möglicherweise sind diese Energiegehalte unter Berücksichtigung der hohen Rohfasergehalte etwas überschätzt. Die Gehalte an verdaulichem Rohprotein erhöhen sich jedoch vom ersten auf die folgenden Schnitte. Allerdings sind auch die be-achtlichen Differenzen in den DP-Gehalten zwischen den einzelnen Betrie-ben zu beobachten. 4. Schlussfolgerungen In Schnittzeitpunkt, Aufbereitungstechnik und Anwelkgrad traten innerhalb der einzelnen Betriebe und auch zwischen den Betrieben große Differenzen auf. Diese spiegelten sich in den sehr unterschiedlichen Trockenmasse-, Rohasche-, Rohfaser- und Rohproteingehalten, der Gärqualität und folglich auch im Futterwert der Heulagen wider. Es ergab sich außerdem kein Zu-sammenhang zwischen Trockenmasse- oder Rohnährstoffgehalten und den Gärparametern. Überdies wurde immerhin bei knapp einem Drittel der Ballen die Dichtigkeit als kritisch erkannt.

Qualitativ hochwertige Heulagen können zwar durchaus das Heu in der Ration ersetzen, doch besteht noch hoher Informationsbedarf, um Wissens-lücken hinsichtlich der produktionstechnischen Grundlagen zu schließen und die Akzeptanz beim Pferdehalter für den Einsatz von Heulage zu steigern. 5. Literatur Böttcher, W., 1982: Gaschromatographische Analytik von Milchsäure und

flüchtigen Fettsäuren und Alkoholen in wässriger Lösung. Arch. Tierernähr. 32, 287-304

DLG (Hrsg.), 1995: DLG-Futterwerttabellen – Pferde. 3., erw. und neu ge-staltete Auflage, DLG-Verlag, Frankfurt am Main

Jonsson, C., 2006: Gebrauchsanweisung für die Dichtigkeitsmessung von Rundballen mit dem Ekolag Messeimer. Ekolag AB, Björklinge

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungs-anstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 1997: Handbuch der Landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Bd. III, Die Untersuchung von Futtermitteln, 3. Aufl., 1.-4. Ergänzungsliefe-rung, VDLUFA-Verlag Darmstadt

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Vorkommen diverser Fusarientoxine in sächsischem Futter 2007

G. Hanschmann1, D. Krieg1 1Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft, Leipzig 1. Einleitung

Seit 2006 gibt es für die Fusarientoxine Deoxynivalenol (DON), Zearalenon (ZEA) und die Fumonisine B1 (FB1) und B2 (FB2) Richtwerte für die Gehalte in Futtermitteln. Für die A-Trichothecene T-2 und HT-2-Toxin fehlen solche bisher noch. Für deren Vorkommen in Pflanzen und Futtermitteln gibt es bis-her nur wenige Daten, ebenso wie über das gleichzeitige Vorkommen mehrer Fusarientoxine. Die EU fordert deshalb in der Empfehlung 2006/576/EG alle Mitgliedsländer auf, Daten zu diesen offenen Fragen zu erheben. Aus diesem Anlass wurden in unserem Labor alle relevanten Proben des Jahres 2007 auf die oben genannten Toxine, sowie auf Diacetoxyscirpenol (DAS) und den Metaboliten 3-A-DON untersucht.

2. Probenaufkommen

Untersucht wurden: 178 Getreideproben: Die Proben stammten aus Futtermittelkontrollunter-suchungen, sowie aus dem Programm des DON-Monitorings, welches die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft seit dem Jahr 2000 jährlich an ca. 400 Winterweizenproben aus allen Regionen Sachsens durchführt. Zusätzlich wurden etwa 30 Proben aus Projekten zu verschiedenen Fragestellungen ana-lysiert. In den meisten Fällen handelte es sich um Winterweizen.

82 Maisproben (hauptsächlich Silomais): 48 Proben stammten aus dem Futterqualitätsprogamm der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft von 2007. Hier wurden pro Landwirtschaftsamt von jeweils 3 Praxisschlägen bei der Ernte gehäckselte Maisganzpflanzenproben direkt auf dem Feld gezogen und zur Untersuchung gebracht. 27 Proben (Silomais und Körnermais) stammen aus GVO-Versuchsprojekten in Sachsen, der Rest aus der amtlichen Futtermittelkontrolle.

32 Mischfutter: Dies waren Proben aus Futtermittelkontrollprogrammen, die auf unterschiedliche Mykotoxine untersucht werden sollten. 3. Untersuchungsmethoden

3.1. Trichothecenanalyse

Die Trichothecenanalytik wurde in Anlehnung an eine von Berthiller et al. 2005 veröffentlichte Methode durchgeführt.

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Probenvorbereitung: zu 10 g gemahlener Probe gibt man 50 µl 10 ppm Verrucarol (VER) und 50 µl Zearalanon (ZAN) als Wiederfindungsstandard und extrahiert mit 40 ml (im Falle von Maisganzpflanzen 60 ml) Acetonitril/Wasser = 84/16 (v/v). Nach 90-minütigem Schütteln wird über Faltenfilter (Whatman Nr.4) filtriert. 8 ml des Extraktes werden auf eine Spe-Säule (Mycosep 226, Co-ring) gegeben, das Eluat aufgefangen und 4 ml davon zur Trockne eingeengt. Der Rückstand wird in 1 ml des HPLC-Starteluenten aufgenommen. Messung: MS: API 4000 (Applied Biosystems), 3 Perioden: ESI negativ 0-7 min (NIV, DON, 3-A-DON, VER), ESI positiv 7-12 min (DAS, HT-2, T-2-Toxin), ESI negativ 12-15 min (ZEA, ZAN). Die Quantifizierung erfolgt über die Tochter-Acetationen. HPLC (Fa. Shimadzu), Säule: SynergiPolar RP18, 125 x 2 mm, 4 µm, 80 Å (Phenomenex), Eluent A: Methanol/Wasser 20/80 (v/v) + 5 mM Ammoniumacetat, Eluent B: Methanol/Wasser 90/10 (v/v) + 5 mM Ammoniumacetat. Gradient: 25 % B zu 100 % B in 16 min, Flußrate: 0,2 ml/min, Injektionsvolumen: 10 µl, Ofentemperatur: 25 °C. 3.2. Fumonisinanalyse Probenvorbereitung: Zu 9 g (Silomais 5 g) gemahlenem Futtermittel, eingewogen in einem 50 ml Zentrifugenglas, gibt man 45 ml Acetonitril/Methanol/Wasser (25/25/50) und schüttelt 20 min. Nach dem Zentrifugieren werden 10 ml des Überstandes mit 40 ml PBS-Puffer verdünnt. 10 ml dieser Lösung werden auf eine Immuno-affinitätssäule (Fumoniprep, r-Biopharm) gegeben. Anschließend wird mit 10 ml PBS-Puffer gewaschen und die Säule mittels Durchleiten von Luft ge-trocknet Die Fumonisine eluiert man langsam mit 2 ml Methanol, engt den Extrakt zur Trockne ein und nimmt ihn in 1 ml des HPLC-Eluenten auf. Messung: MS: API 4000 (Applied Biosystems), ESI positiv 7-12 min Die Quanti-fizierung erfolgt über die Tochterionen. HPLC (Fa. Shimadzu), Säule: SynergiPolar RP18, 125 x 2 mm, 4 µm, 80 Å (Phenomenex), Eluent A: Wasser + 0,2 % Ameisensäure, Eluent B: Methanol + 0,2 % Ameisensäure. Gradient: 50 % B zu 100 % B in 10 min, dann 5 min unter diesen Bedingungen. Flußrate: 0,2 ml/min, Injektionsvolumen: 10 µl, Ofentemperatur: 25 °C. 4. Auswertemodus

Das Vorkommen und die Gehalte der verschiedenen Fusarientoxine wurden zum DON-Gehalt, dem „Leittoxin“ in Getreide und Mais, in Beziehung

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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gesetzt. In die graphische Auswertung nicht einbezogen wurden DAS, das wir in keiner Probe finden konnten, sowie die Fumonisine, die insgesamt nur in 5 Maisproben nachweisbar waren. Zur Auswertung wurden die Proben in Klassen eingeteilt, entsprechend ihres DON- und ZEA-Gehaltes. Dazu wurden die Mittelwerte der DON- bzw. ZEA-Gehalte der einzelnen Klassen für die Matrizes Getreide, Mais und Mischfuttermittel in Beziehung zum prozentualen Probenaufkommen gesetzt.

Eine zweite Auswertung betrachtet die Mehrfachmykotoxinbefunde im Zu-sammenhang mit den DON-Klassen, sowohl bezogen auf das prozentuale Vorkommen, als auch auf die Höhe der Gehalte. 5. Ergebnisse

Abbildung 1 zeigt das Vorkommen von DON in den 3 Matrizes Getreide, Mais und Mischfutter sowie die DON-Mittelwerte in den einzelnen Klassen und Matrizes. Abbildung 2 zeigt die gleiche Darstellung für ZEA.

Den Darstellungen ist zu entnehmen, dass 100 % aller untersuchten Misch-futter, ca. 60 % aller Getreideproben, aber nur 38 % der Maisproben DON-Gehalte zwischen 0 und 500 µg/kg aufwiesen. Ca. 20 % der analysierten Ge-treide- und Maisproben hatten Gehalte zwischen 500 und 1000 µg/kg DON mit Mittelwerten zwischen 700 und 800 µg/kg. 15 % der Getreideproben ent-hielten im Mittel 1500 µg/kg DON und 27 % der Maisproben enthielten im Mittel 1900 µg/kg. Beim Getreide fanden wir immerhin noch ca. 5 % Proben mit einem mittleren DON-Gehalt von 3800 µg/kg und in 15 % der Maisproben lag der Mittelwert dieser Klasse bei 4800 µg/kg. Für ZEA ergibt sich ein ähnliches Bild, nur sind hier die Gehalte insgesamt niedriger als beim DON. ZEA-Gehalte größer als 100 µg/kg konnten nur noch im Mais gefunden werden. Die im Jahr 2007 gefundenen DON- und ZEA-Gehalte liegen damit sowohl bei Getreide, aber insbesondere bei Mais deutlich über den Vorjahren, erklärbar durch die Witterungsbedingungen im Frühjahr und Sommer.

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Getreide Mais Fumi Getreide Mais Fumi

Gesamtprobenzahl: Getreide: 178, Mais: 82, Mischfutter: 32

Abb. 1: Vorkommen von DON in sächsischen Futterproben 2007

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ZEA Gehalt (µg/kg)

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Getreide Mais Fumi Getreide Mais Fumi

Gesamtprobenzahl: Getreide: 178, Mais: 82, Mischfutter: 32

Abb 2: Vorkommen von ZEA in sächsischen Futterproben 2007

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ZEA NIV 3-A-DON HT-2 T-2 ZEA NIV 3-A-DON HT-2 T-2

Probenzahlen: 110 35 26 7

Abb 3: Mehrfachmykotoxinbefunde 2007 bei sächsischen Getreideproben

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ZEA NIV 3-A-DON HT-2 T-2 ZEA NIV 3-A-DON HT-2 T-2

Probenzahlen: 30 18 21 13

Abb. 4: Mehrfachmykotoxinbefunde 2007 bei sächsischen Maisproben

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ZEA NIV 3-A-DON HT-2 T-2 ZEA NIV 3-A-DON HT-2 T-2

Abb. 5: Mehrfachmykotoxinbefunde 2007 bei sächsischen Mischfuttern

In den Abbildungen 3-5 werden die einzelnen Matrizes getrennt betrachtet und die DON-Gehalte, wieder eingeteilt in Klassen, in Beziehung gesetzt zum Vorkommen und den Gehalten der anderen untersuchten Fusarien-toxine. Die drei Diagramme sind im gleichen Maßstab dargestellt, so dass man bereits optisch sehr gut die Unterschiede zwischen den 3 Futterarten sehen kann. Während in den untersuchten 32 Mischfuttermitteln keine DON-Werte über 500 µg/kg auftraten und lediglich ZEA als zweites Toxin in nennens-werter Weise, aber mit sehr niedrigen Gehalten vorkommt, sind in Getreide und Mais Zusammenhänge zwischen steigendem DON-Gehalt und Mehr-fachmykotoxinbefunden zu sehen. Je höher die DON-Gehalte, desto höher auch das prozentuale Vorkommen an anderen Toxinen. So finden wir bei Ge-treideproben mit einem DON-Gehalt >3000 µg/kg, auch noch in 71 % dieser Proben ZEA und in 68 % NIV und 3-A-DON. Auch konnte in 13 % der Proben HT-2 detektiert werden. Beim Mais finden wir in der DON-Gehaltsklasse >3000 µg/kg in allen Proben zusätzlich ZEA, NIV und 3-A-DON und immerhin in über 90 % auch HT-2. Aber nicht nur die Zahl der mit anderen Mykotoxinen befallenen Proben nimmt mit steigendem DON-Gehalt zu, auch die Mittelwerte der einzelnen Mykotoxine in den Klassen steigen mit zunehmendem DON-Gehalt, wie die entsprechenden farbigen Linien zeigen, wobei die Gehalte an NIV, ZEA, 3-A-DON und HT-2 im Mais durchschnittlich etwa 4 bis 5 mal so hoch sind wie im Getreide. Lediglich das T-2-Toxin wurde unabhängig von der Höhe des DON-Gehaltes generell nur in wenigen Proben und in gleichbleibend niedriger Konzentration gefunden. In Betracht ziehen muss man bei dieser Darstellung allerdings auch die ungleiche Verteilung der Proben auf die einzelnen DON-Klassen, die den hochbelasteten Proben, vor allem beim Weizen ein Über-gewicht verleihen.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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6. Zusammenfassung In wetterbedingten Fusarienjahren muss zusätzlich zu einem hohen DON-Gehalt auch noch mit entsprechenden ZEA- und anderen Trichothecenengehalten gerechnet werden. In Mischfuttermitteln wirkt sich diese massive Kontamination wegen der Vermischung mit anderen Bestand-teilen nur graduell aus, hier lässt sich die Kontamination über das Mischungsverhältnis steuern, vorausgesetzt es steht genügend un-kontaminiertes Material zur Verfügung. Für reines Getreide, insbesondere Weizen, ganz besonders aber für Mais können sehr hohe Mykotoxingehalte verschiedener Fusarientoxine resultieren. Die Toxizitäten der untersuchten Toxine sind allerdings sehr unterschiedlich, über das Zusammenspiel ist bis-her wenig bekannt. Die Untersuchungen werden noch bis Ende 2009 fort-geführt. 7. Literatur Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 229, 2006: Empfehlung

2006/576/EG betreffend das Vorhandensein von Deoxynivalenol, Zearalenon, Ochratroxin A, T-2- und HT-2-Toxin sowie von Fumonisinen in zur Verfütterung an Tiere bestimmten Erzeugnissen vom 17. August 2006, S.7

Berthiller, F., Schuhmacher, R., Buttinger,G., Krska, R., 2005: Rapid simul-taneous determination of major type A-and B-trichothecenes as well as zearalenone in maize by high performance liquid chromatography-tandem mass spectrometry. Journal of Chromatography A, 1062, 209-216

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Selen-Status ausgewählter Futtermittel in einer ersten Erhebung F. Schöne1, D. Pick2, S. Dunkel1, E. Herzog1, R. Kirmse1, M. Leiterer1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena, 2Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Anorganische und Analytische Chemie 1. Einleitung

Selen ist Bestandteil der Glutathionperoxidase und weiterer Schlüsselenzyme. Nutztiere benötigen 0,15 – 0,25 mg Selen/kg Futtertrockenmasse (GfE 2001, 2006, NRC 1998, 2001), dies vor dem Hintergrund zu niedriger natürlicher Gehalte der Futtermittel oder unsicherer bzw. veralteter Angaben hierzu. Ziel der Erhebung war es, den aktuell (2006 und 2007) in Futtermitteln ana-lysierten Selengehalt mit den tabellierten Werten zu vergleichen. Ebenfalls sollte die Methode des VDLUFA für die Selenbestimmung mit einer neuen Methode zur quantitativen Analyse des Spurenelementes verglichen werden. 2. Material und Methoden

Es wurden 59 Futtermittel, davon 27 Konzentrate (Proben aus 2006/07) und 32 Silagen (17 x Gras, 15 x Mais Thüringer Ernte 2006) einbezogen. Der Druckaufschluss erfolgte mittels Salpetersäure und Wasserstoffperoxid. Analysiert wurde das Selen in den Aufschlusslösungen mittels Hydrid-AAS (VDLUFA, 2003), in den Silageproben zusätzlich nach einer neu entwickelten Hausmethode (Pick, 2008) mittels DRC-ICP-MS (Dynamic Reaction Cell Inductively Coupled Plasma Mass Spectrometry) unter Verwendung von Methan als Reaktionsgas. Die Begleituntersuchungen auf Trockenmasse und Rohasche erfolgten nach den Vorgaben des VDLUFA (2003). 3. Ergebnisse

Unter den Konzentraten (Tabelle 1) resultieren die für das Mischfutter er-mittelten teils hohen Konzentrationen aus einer Selenergänzung in drei der vier untersuchten Proben. Getreide, Melasse und Trockenschnitzel sind mit 13 -71 µg Selen/kg T als selenarm einzustufen. Die höheren Selengehalte in Proben aus Mischfutterwerken (eine Maisprobe mit 130 µg/kg T, Soja-extraktionsschrot mit 100-400 oder der hitzebehandelte Rapskuchen mit an-nähernd 100 bis 200µg Se/kg T) könnten entweder auf von vornherein höheren Selenkonzentrationen in den Pflanzen (Importe aus den USA) oder auf Kontamination im Zusammenhang mit der Mischfutter- bzw. Mineral-futterherstellung beruhen. Einen Sonderfall scheint die Trockenschlempe

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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darzustellen, ist doch hier durch den Stärkeentzug aus dem Getreide eine Selenanreicherung zu konstatieren: im Vergleich zu Getreide um den Faktor 2 bis 3. Die in Mais und Sojaextraktionsschrot analysierten Gehalte stimmen mit den Angaben der Futtermitteltabellen (DLG, 1973; NRC, 2001) überein, wogegen die älteren Tabellen für Gerste oder Weizen und mehr noch für Rapsfuttermittel um ein Mehrfaches höhere Konzentrationen ausweisen. Tab. 1: Selengehalte ausgewählter Konzentrate (µg/kg T) - Bestimmung

mittels Hydridtechnik

Futtermittel n Mittel s von - bis Mittel Tabellen DLG, NRC (1973)

Mischfutter/MLF 4 349 196 56-460 2001 Getreidemischung 1) 3 28 14 13-40 120-280 Mais/Maisschrot 3 64 58 20-130 70-100 Rapskuchen 3 46 18 29-64 1100 Rapskuchen, geschützt 2) 3 152 72 87-230 1100 Melasse 4 58 13 45-71 keine Angaben Sojaextraktionsschrot (SES) 3 265 191 130-400 210-320 Trockenschnitzel 2 46 13 36-55 140-180 Weizenschlempe, getrocknet

2 104 23 87-120 keine Angaben

MLF - Milchleistungsfutter 1) Gerste und Weizen zu gleichen Teilen 2) Bioprofin Für die rassilagen (Tabelle 2) entsprechen die analysierten Selen-konzentrationen etwa der Hälfte der Angaben des NRC (2001) von 0,09 – 0,11 mg/kg T; Maissilage ist mit 0,02 – 0,04 mg Selen/kg T am unteren Be-reich der amerikanischen Werte.

Zwischen dem Rohaschegehalt ud dem Selengehalt der Grassilagen besteht eine Beziehung (Abbildung 1), wogegen Rohasche und Selen der Maissilage nicht korreliert waren (R2 = 0,05; P > 0,05, nicht gezeigt).

Die beiden angewendeten Analysenmethoden liefern im Mittel der Maissilagen den gleichen Selengehalt (Tabelle 2). Bei drei der fünfzehn Proben traten aber größere Abweichungen auf. Im Fall der Grassilage werden jedoch durch die Hydridtechnik gut ein Viertel niedrigere Selen-gehalte als durch die DRC-ICP-MS bestimmt.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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y = 5,03x + 4R2 = 0,19; P < 0,05, n=17

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Abb. 1: Lineare Regression des Selengehaltes (y) - Analyse mittels DRC-ICP-MS - auf den Rohaschegehalt (x) von Grassilage (n = 17), An-gaben bezogen auf Trockenmasse (T). Ohne die beiden hohen Selenkonzentrationen (n=15) erhöht sich R2 auf 0,75 (P<0,001).

4. Schlussfolgerungen

Tab. 2: Konzentration des Selens in Gras- und Maissilage bezogen auf Trockenmasse (T), Frischmasse (F) und Asche (Mittelwert ± Standardabweichung und Min – Max)

Gehalt Se Grassilage Maisilage Grassilage 1) Maissilage 2) (n = 17) (n = 15) (n = 17) (n = 15) Bestimmung mittels

Hydridtechnik Bestimmung mittels DRC-ICP-MS

µg/kg T 42 ± 35 15 ± 14 58 ± 48 15 ± 15 < 9 - 191 < 9 - 59 µg/kg F 19 ± 17 5 ± 4 27 ± 24 5 ± 5 2 - 82 1 - 19 µg/kg Asche 388 ± 329 332 ± 303 527 ± 426 332 ± 332 71 - 1965 105 - 1369

1) 429 ± 144 g/kg Frischmasse mit Gärsäurekorrektur und 108 ± 42 g Asche/kg T 2) 327 ± 34 g/kg Frischmasse mit Gärsäurekorrektur und 43 ± 13 g Asche/kg T

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Vor dem Hintergrund gestiegener Anforderungen an die Tierernährung im Hin-blick auf Tierleistung und Umweltgerechtheit sind auch die Spurenelementgehalte der Futtermittel mit neuen Analysenmethoden zu definieren. In der vorliegenden Untersuchung wichen analysierte Konzentrationen des Selens, vor allem der Konzentratfuttermittel, teils stark von den vorliegenden tabellierten Werten ab.

Die Verschmutzung des Grobfutters hat Einfluss auch auf den Selenstatus. Die Veränderungen der Silage durch Erdkontamination sollten ebenfalls für weitere Spurenelemente, z.B. das Jod untersucht werden. In Grassilage wurden je nach angewendetem Analysenverfahren unterschiedliche Selengehalte ermittelt. Die Ursachen hierfür sollten in weiteren Untersuchungen geklärt werden. 5. Literatur

DLG, 1973: DLG-Futterwerttabelle. Mineralstoffgehalte in Futtermitteln. DLG-Verlags-GmbH, Frankfurt/Main

GfE - Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere, 2001: “Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Milchkühe und Aufzuchtrinder.”136 pp. DLG-Verlags GmbH, Frankfurt am Main

GfE - Gesellschaft für Ernährungsphysiologie, 2006: “Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, Nr. 4: Schweine.”247 pp. DLG-Verlag, Frankfurt GfE

NRC, 1998: “Nutrient Requirements of Swine” 10th Edition (ed National Acad-emy of Science), pp. 128-129. Nat. Acad. Press, Washington, D.C.

NRC, 2001: “Nutrient Requirements of Dairy Cattle” 7th Revised Edition (ed Na-tional Academy of Science), Nat. Acad. Press, Washington, D.C.

Pick, D., 2008: Anwendung der dynamischen Reaktionszelle (DRC) zur Ver-minderung von Molekülioneninterferenzen bei der Analyse von biologischen Proben mit der Quadrupol-ICP-MS. Diplomarbeit FSU, Institut für An-organische und Analytische Chemie, Jena

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2003: Handbuch der Landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Bd. III, Die Unter-suchung von Futtermitteln, 3. Aufl., 1.-4. Ergänzungslieferung, VDLUFA-Verlag Darmstadt

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2003: Methode 2.2.2.4. Bestimmung von Selen in Futtermitteln. In: Handbuch der Landwirtschaftlichen Versuchs- und Unter-suchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Bd. VII, Umweltanalytik, 2. Aufl., VDLUFA-Verlag Darmstadt

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Wachstumsleistung und Schlachtkörpermerkmale von Broilern in Abhängigkeit von Bruttemperatur und Geschlecht C. Wecke1, C. Werner2, F. Liebert1, M. Wicke2 1Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Tierphysiologie und Tier-ernährung, 2Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Tierzucht und Haustiergenetik 1. Einleitung

Der Bruttemperatur wird ein beachtlicher Einfluss auf die embryonale Myo-genese und das spätere Wachstum der Masthähnchen zugeschrieben. Dabei sind dem natürlichen Brutverhalten von Hennen angepasste Temperatur-schwankungen sowohl im Tagesverlauf als auch während der Gesamtzeit des Bebrütens der Eier von Bedeutung, die bei herkömmlichen Brutprogrammen bisher keine Berücksichtigung finden. Aus diesem Grund sollte der Einfluss einer erhöhten Temperatur mit Beginn der 2. Brutwoche auf zootechnische Parameter, die Schlachtkörperzusammensetzung sowie auf spezielle Eigen-schaften des Brustmuskels untersucht werden. 2. Material und Methoden

Befruchtete Eier einer Cobb-Elterntierherde (Alter der Hennen: 45-50 Wochen) wurden in zwei identische Brutautomaten der Fa. Petersime nach folgender Temperaturregulierung bebrütet:

Gruppe I: 1. Tag bis Schlupf: konstant bei 37,5 °C, Gruppe II: 1.- 6. Tag: 37,5 °C; 7.-10. Tag: 38,5 °C,

11. Tag bis Schlupf: 37,5°C.

Die Geschlechtssortierung der geschlüpften Küken erfolgte nach der Methode des Federsexens. Mit insgesamt 192 Eintagsküken (mittlere Lebendmasse: 46,0 ± 5,1 g) wurde ein Gruppenfütterungsversuch durch-geführt, um die Küken aus den unterschiedlichen Bebrütungsvarianten einer vergleichenden Prüfung zu unterziehen. Jede der beiden Versuchsgruppen (n = 96) bestand aus 12 Wiederholungen (Abteilen) zu je 8 Tieren bei einem Geschlechtsverhältnis von 1 : 1. Die Tiere bekamen eine konventionelle Starter- (1.- 3. Woche) bzw. Growermischung (4.- 5. Woche) auf der Basis von Getreide, Sojaschrot und Futtererbsen (Tabelle 1) zur freien Aufnahme angeboten.

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Wöchentliche Einzeltierwägungen und Futterrückwaagen dienten der Kontrolle der Lebendmasseentwicklung und des Futterverzehrs. Am Ver-suchsende (36. Lebenstag) wurden 30 weibliche und 30 männliche Tiere je Versuchsgruppe geschlachtet und einer Schlachtkörperzerlegung sowie speziellen Brustmuskeluntersuchungen nach standardisierten Methoden unterzogen. Tab. 1: Zusammensetzung und Futterwertkenndaten der Versuchs-

mischungen (Angaben in g/kg)

Starterperiode (1.- 21. Lebenstag)

Growerperiode (22.- 36. Lebenstag)

Mais Weizen Sojaschrot Futtererbsen Sojaöl Prämix*

225 280 345 40 70 40

280 270 305 40 70 35

ME (MJ/kg) Rohprotein Lysin Methionin+Cystin Threonin

12,8 216 12,5 9,4 8,3

13,0 202 11,5 8,7 7,7

* Bedarfsangepasste Anteile einer mit Vitaminen und Spurenelementen angereicherten Vormischung einschließlich mineralischer Einzelfuttermittel und Futteraminosäuren

3. Ergebnisse

Die erzielten Versuchsergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Insgesamt konnte mit einer mittleren Mastendmasse von 2250 g eine sehr gute Leistung erzielt werden. Obwohl die Tiere der Gruppe II mit der variierten Bruttemperaturgestaltung eine um reichlich 50 g höhere mittlere Endmasse erreichten, ließ sich kein signifikanter Unterschied zu den Tieren der Kontrollgruppe mit standardisiertem Brutprogramm fest-stellen. Dagegen waren die männlichen Tiere mit 2421 g Mastendmasse den weiblichen Tieren um 342 g überlegen (p < 0,05). Der Futterverzehr und die Futterverwertung wurden durch die unterschiedlichen Brut-temperaturen nicht beeinflusst.

Mit Ausnahme des Schenkelanteils zu Gunsten der männlichen Tiere konnten bei der Schlachtkörperzusammensetzung keine signifikanten Unterschiede nachgewiesen werden. Die am Brustmuskel 20min bzw. 24h post mortem vorgenommenen pH-, Leitfähigkeits- (LF) und Farb-wertmessungen, differenziert nach Helligkeit (L*), Rotfaktor (a*) und

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Gelbfaktor (b*), lieferten Werte, die im physiologischen Normbereich lagen. Sie wurden durch die verschiedene Temperaturgestaltung während des Bebrütens der Eier nicht verändert. Bei der Muskelfaseranzahl er-gaben sich für Gruppe II und die männlichen Tiere im Gegensatz dazu signifikante Überlegenheiten. Tab. 2: Versuchsergebnisse

Gruppe I Gruppe II weiblich männlich Endmasse (g) Futterverzehr (g/Tag) Futteraufwand (kg/kg)

2222 95,5 1,59

2246 96,5 1,60

2079B

2421A

Schlachtausbeute (%) Brustanteil (%) Schenkelanteil (%)

70,7 24,7 28,7

71,3 24,9 28,8

71,3 25,1 28,3B

70,7 24,5 29,3A

pH24h LF24h (mS/cm) L*20min / L*24h a*20min / a*24h b*20min / b*24h Muskelfaseranzahl

6,05 4,16

47,0 / 49,4 2,68 / 3,77 2,64 / 8,88 436022a

6,04 4,09

46,9 / 50,3 2,64 / 3,76 2,74 / 9,12 500557b

6,04 4,19

46,0 / 49,8 2,66 / 3,76 2,86 / 9,16 407210B

6,05 4,06

47,8 / 49,9 2,65 / 3,77 2,54 / 8,91 536142A

Unterschiedliche Hochbuchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p < 0,05) 4. Schlussfolgerungen

1. Die Modifizierung der Bruttemperatur wirkte sich unter den gegebenen Versuchsbedingungen in Übereinstimmung mit den Befunden von Halle et al. (2007) nur tendenziell auf die Mast- und Schlachtleistungsergebnisse der geprüften, schnell wachsenden Broilergenetik aus, die auf Grund der be-grenzten Tierzahlen nicht signifikant abgesichert werden konnten.

2. Die vorgenommene, um 1°C erhöhte Bruttemperatur während des 7.- 10. Bebrütungstages, bewirkte eine signifikante Erhöhung der Muskelfaser-anzahl im Brustmuskel. Somit kann ein direkter Effekt auf die embryonale Myogenese oder ein indirekter Effekt durch Stimulierung des Stoffwechsels der Embryos bzw. eine Kombination beider Effekte angenommen werden. Die vorliegende kleine Stichprobe (n = 6) erfordert jedoch weitere Unter-suchungen, um die gemessenen Werte zu verifizieren.

3. In ergänzenden Untersuchungen sollte ebenfalls eine verlängerte Mast-periode Berücksichtigung finden, damit die altersabhängige Dynamik der Muskelentwicklung besser quantifiziert werden kann.

Keine Ergebnisse, da gemischte Gruppenhaltung

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5. Zusammenfassung

In vorliegenden Studien wurde der Einfluss einer um 1°C erhöhten Temperatur im Verlauf des 7.- 10. Bebrütungstages auf die Mast- und Schlachtleistung sowie auf spezielle Brustmuskeleigenschaften der ge-schlüpften und nach Geschlecht selektierten Küken untersucht. Mit Aus-nahme der Muskelfaseranzahl konnten keine auf die veränderte Brut-temperatur zurückzuführenden Effekte nachgewiesen werden.

Dagegen bestanden bei den Wachstumsleistungen, den Schlachtkörper-massen, dem prozentualen Schenkelanteil sowie der Muskelfaseranzahl signifikante, geschlechtsabhängige Unterschiede zu Gunsten der männlichen Tiere. 6. Literatur Halle, I., Tzschentke, B., Jankel, O., 2007: Effects of variation in incubation

temperature on feed intake and performance of broilers. Proc. Soc. Nutr. Physiol. 16, 31 (Abstr.)

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Einfluss eines gestaffelten Gehaltes an Bohnenkraut im Hennenfutter auf Legeleistungs- und Zuchtmerkmale I. Halle1, R. Thomann2, U. Bauermann2

1Friedrich-Loeffler-Institut, Institut für Tierernährung, Braunschweig, 2Institut für Getreideverarbeitung GmbH, Bergholz-Rehbrücke

1. Einleitung

Das Verbot der Antibiotika als Leistungsförderer im Tierfutter erfordert die Suche nach alternativen Substanzen, um den Gesundheitsstatus der Nutztiere zu stabilisieren und so eine optimale Leistung zu erreichen. Inhaltsstoffe der Arznei- und Gewürzpflanzen sind vielfältig und gehören den unterschied-lichsten chemischen Gruppen an. Daher sind ihre für die Nutztierernährung möglicherweise positiven Wirkungen ebenso vielseitig. Die meisten Er-kenntnisse über pflanzliche Wirkungen entstammen der Humanmedizin. So werden sie zur Anregung des Appetits eingesetzt, zur Beeinflussung der Mikroflora des Verdauungstraktes, zur Förderung der Sekretion von Ver-dauungssäften sowie darüber hinaus aufgrund ihrer antioxidativen und stimulierenden Wirkung auf das Immunsystem. Die Tierernährung nutzt bereits bekannte Wirkungsspektren von Kräutern und Extrakten und prüft deren Potential in wissenschaftlichen Untersuchungen am Nutztier.

Das Ziel der beiden Untersuchungen bestand darin, den Einfluss einer ge-staffelten Anreicherung des Futters mit einem Bohnenkraut, dessen Gehalt an ätherischem Öl bei 3,1 ml pro 100 g Ausgangssubstanz lag, auf Wachstum und Schlachtmerkmale beim Broiler bzw. Lege- und Zuchtmerkmalen bei Legehennen zu untersuchen. 2. Material und Methoden

Für den Broilermastversuch wurden 600 männliche Broilerküken (Ross) in 5 Gruppen mit jeweils 6 Abteilen a 20 Tieren aufgeteilt. Die Versuchsdauer betrug 35 Tage. Das Futter wurde zur freien Aufnahme angeboten. Einmal wöchentlich erfolgten eine Futterrückwaage und die Wägung der Tiere. Nach dem Versuchabschluss wurde aus jedem Abteil ein Broiler, dessen Lebend-masse dem Mittelwert des Abteils der Gruppe entsprach, geschlachtet und die Massen an wertvollen Fleischteilen und Organen ermittelt. In dem Lege-hennenversuch wurden 180 Hennen (LSL) in 5 Gruppen a 36 Hennen auf-geteilt und in Einzelhaltung untergebracht. Der Versuch begann in der 23. Lebenswoche der Hennen und dauerte 13 Monate. Die Wägung der Eier fand an vier Tagen in zwei Wochen in jedem Legemonat statt. In dem 2., 6. und

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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10. Legemonat wurden 5-10 Bruteier pro Henne gesammelt und in den Brut-apparat eingelegt. Die frisch geschlüpften Küken wurden gewogen.

Die Zusammensetzung der eingesetzten Futtermischungen geht aus der Tabelle 1 hervor. Bohnenkraut wurde in getrockneter und gerebelter Form dem Futter in Konzentrationen von 2,5/5 g (Broilermast) bzw. 5/10 g (Lege-hennen) pro kg zugesetzt. Es wies 3,1 ml ätherisches Öl pro 100 g Aus-gangssubstanz mit 54,3 % Carvacrol, 26,7 % γ-Terpine und 5,7 % p-Cymen auf. Die Tiere von jeweils 2 Gruppen konnten zwischen dem Kontrollfutter (K) und dem Bohnenkrautfutter (BK) wählen. Die statistische Auswertung der Merkmale erfolgte unter Verwendung des Programmpaketes SAS (Version 9.1., 2002/2003). Signifikante Unterschiede in den Merkmalen zwischen den Gruppen eines Versuches wurden über den multiplen Mittel-wertvergleich mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von P<0,05 errechnet Tab. 1: Zusammensetzung des Kontrollfutters (g/kg)

Komponenten Broiler Legehennen Weizen/Mais Weizen/Gerste/Mais Soja Sojaöl Premix

553 -

372 29 46

- 720 160

7 113

Wertbestimmende Inhaltsstoffe (g/kg OS) Trockensubstanz Rohprotein ME, MJ/kg

894 203 12,8

897 146 10,9

3. Ergebnisse

3.1 Broilermast

Die Ergebnisse zur Untersuchung der Wahlfütterung bei Mastbroilern sind aus der Tabelle 2 zu ersehen. Im Endmastabschnitt (22. - 35. Tag) ereichten die Broiler der Wahlfuttergruppe mit Kontroll- und 5 g Bohnenkrautfutter die höchsten Lebendmassezunahmen im Vergleich zu den Tieren der weiteren Gruppen. Resultierend daraus war der Futteraufwand in der Endmastphase dieser Wahlfuttergruppe am niedrigsten und im Mittel der gesamten Prüfperiode gesichert (P<0,05) niedriger im Vergleich zu der Kontroll- und den Versuchs-gruppen. In den beiden Wahlgruppen kam es nicht zu einer bevorzugten Auf-nahme entweder des Kontrollfutters oder des Futters mit Bohnenkraut. Die Aus-schlachtung ergab einen teilweise gesichert höheren Anteil an Brustfleisch und niedrigeren Anteil an Abdominalfett bei der Gruppe mit 5 % Bohnenkraut im Futter im Vergleich zu den anderen Gruppen.

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Tab. 2: Ergebnisse zum Wachstum und zur Ausschlachtung der Mast-broiler (Mittelwert, P<0,05)

Gruppe / Merkmal K BK

2,5 g BK 5 g

K / BK 2,5 g

K / BK 5 g

Futteraufnahme, g/T/Tg LM-Zunahme, g/Tier Futterverwertung, kg/kg

96 2160 1,55 a

97 2181 1,56 a

99 2200 1,57 a

96(49/47) 2163 1,56 a

95 (48/47) 2203 1,52 b

Brustfleisch, % Oberschenkel, % Abdominalfett, %

14,9 b20,4

1,5 ab

15,2 ab 20,8 1,4 b

16,0 a 21,2 1,4 b

15,3 ab 20,8 1,6 a

15,0 b 20,8

1,5 ab a; b – signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen bei einem Merkmal sind durch unterschiedliche kleine Buchstaben gekennzeichnet 3.2 Legehennen

Im Mittel der 13 Legemonate wirkte ein steigender Bohnenkrautgehalt negativ auf die Futteraufnahme (Tab. 3). Die Höhe der Futteraufnahme der Kontrolltiere wurde erst wieder von Hennen in der Wahlfuttergruppe Kontrolle/10g Bohnenkraut erreicht. In beiden Wahlfuttergruppen gab es dabei sowohl Hennen, die von der täglich insgesamt aufgenommenen Futtermenge über 70 g von dem Futter mit Bohnenkraut verzehrten (8-14 % der Hennen), als auch Tiere die weniger als 20 g Bohnenkrautfutter pro Tag (28-30 % der Hennen) während der 13 Legemonate aufnahmen. Offensichtlich war die Konzentration an ätherischem Öl in der Futter-mischung von Bedeutung für die tägliche Aufnahmemenge an Futter der einzelnen Hennen, zwischen denen es aber eine große Variation gab. Tab. 3: Ergebnisse Legehennenversuch (Mittelwerte, P<0,05)

Gruppe / Merkmal K BK 5 g

BK 10 g

K/ BK 5g

K/ BK 10g

Futteraufnahme, g/H/Tg Legeintensität, % Eimasseprod., g/H/Tg Futterverwertung, kg/kg

117 a 95 a 57 a 2,08

116 a 94 a 55 bc 2,11

113 b 91 b 54 c 2,11

113 b (65/48)92 b 54 c 2,10

117 a (77/40) 94 a 56 ab 2,10

Befruchtete Eier, % Geschlüpfte Küken % Kükengewicht, g/Tier

94 94 39

94 96 38

93 94 38

96 92 38

91 94 38

a; b; c – signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen bei einem Merkmal sind durch unterschiedliche kleine Buchstaben gekennzeichnet

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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In beiden Wahlfuttergruppen (gleichzeitiges Angebot von Kontrollfutter und Futter mit Bohnenkraut) wurde von den Hennen gesichert (P<0,05) mehr Kontrollfutter als Futter mit Bohnenkraut pro Legemonat aufgenommen. Die tägliche Eimasseproduktion wurde in den Bohnenkrautgruppen und der Wahlfuttergruppe mit 5 g Bohnenkraut durch die reduzierte Futteraufnahme negativ beeinflusst (P<0,05). Nur in der Wahlfuttergruppe mit 10 g Bohnen-kraut erreichten die Hennen annähernd die gleiche Eimasseproduktion wie die Kontrolltiere. In allen drei Brutversuchen konnten keine gesicherten Unterschiede bei den einzelnen Parametern zwischen den Gruppen ermittelt werden. 4. Schlussfolgerungen

Schlussfolgernd aus den Ergebnissen des Broilermastversuches lässt sich feststellen, die Supplementierung von 5 g Bohnenkraut ins Futter den Futter-aufwand günstig beeinflusste, sowohl bei der Verfütterung als alleiniges Futter, als auch bei der Schaffung von Möglichkeiten, dass die Tiere wählen konnten zwischen einem Futter mit bzw. ohne Bohnenkraut. Die Supplementierung von Bohnenkraut ins Legehennenfutter reduzierte die täg-liche Futteraufnahme und hatte damit negative Auswirkungen auf die täg-liche Eimasseproduktion. Die Schaffung der Möglichkeit einer Futterwahl der Hennen zwischen einem Futter mit und einem Futter ohne Bohnenkraut verbesserte die Futteraufnahme und die Leistungsmerkmale der Hennen.

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Einfluss von Oreganozusatz auf die Wachstumsleistung von Ferkeln W. Wetscherek1, K. Zitterl-Eglseer2, J. Oswald1 1Department für Lebensmittelwissenschaften und -technologie, Abteilung Tierische Lebensmittel, Tierernährung und Ernährungsphysiologie, Uni-versität für Bodenkultur Wien, Österreich. 2Institut für Angewandte Botanik und Pharmakognosie, Department für öffentliches Gesundheitswesen und Lebensmittelwissenschaften, Veterinärmedizinische Universität, Wien, Österreich. 1. Einleitung

Die Absetz- und Aufzuchtphase stellt für Ferkeln eine Zeit mit großen Stressbelastungen durch Futterumstellung, Trennung vom Muttertier sowie Umstallung dar. Um dennoch ein hohes Leistungsniveau zu sichern, wurden zur Aufrechterhaltung der Darmgesundheit über viele Jahre hindurch anti-mikrobielle Leistungsförderer eingesetzt. Seit dem Verbot des Einsatzes dieser Stoffe durch die europäische Kommission (1.1.2006) konzentrieren sich die Forschungsaktivitäten auf die Suche nach alternativen Substanzen und Strategien. Eine davon ist der Einsatz von „phytogenen“ Zusatzstoffen, welche aus Kräutern, Gewürzen und anderen Pflanzen oder deren Pflanzen-teilen bestehen oder aus ihnen durch Extraktion gewonnen werden (z.B.: ätherische Öle). Es ist bekannt, dass einige die Tiergesundheit verbessern und stabilisieren und eine antimikrobielle Aktivität besitzen, über eine Appetitanregung zu einer Steigerung der Futteraufnahme beitragen bzw. die Verdauung durch Anregung der Speichel-, Magen- und Darmsekretion fördern. 2. Versuchsdurchführung

Der Versuch wurde an der LFS-Hatzendorf in zwei Durchgängen mit jeweils 48 Ferkel durchgeführt. Die Ferkel wurden mit dem 28. Lebenstag abgesetzt und auf die 2 Versuchsgruppen aufgeteilt (Tabelle 1). Bei der Aufteilung wurde auf eine gleichmäßige Verteilung von Geschlecht, Gewicht, Wurf und Sauenfütterung geachtet Die Sauenfütterung unterschied sich durch den Zu-satz von 2 g/kg Oregano im Alleinfutter für laktierende Sauen. Die ver-wendeten Tiere stammten aus der eigenen Nachzucht des Betriebes. Es handelte sich dabei um F1-Kreuzungstiere der Rassen Edelschwein x Pietrain. Der Versuch begann nach der 4. Lebenswoche der Ferkel und er-streckte sich über fünf Versuchswochen. Für den Versuch standen in jedem Durchgang vier Boxen in einem vollklimatisierten Aufzuchtsabteil zur Ver-fügung. Die einstreulosen Boxen waren mit einem Teilspaltenboden mit

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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einer beheizten Liegefläche ausgestattet Beide Versuchsgruppen erhielten die gleichen handelsüblichen Absetz- bzw. Aufzuchtfuttermischungen (Tabelle 2 und 3). Die Umstellung von der Absetzfuttermischung auf die Aufzuchtfuttermischung erfolgte nach 2 Versuchswochen. Die Nährstoff-zusammensetzung, Energiegehalte sowie die Gehalte an ätherischen Ölen der Futtermischungen sind der Tabelle 4 zu entnehmen. Die Lebendmasse der Ferkel wurde bei der Einstellung und im weiteren Versuchsverlauf im einwöchigen Abstand tierindividuell erfasst. Weiterhin wurden die Auf-nahme an Absetz- bzw. Aufzuchtfutter für jede Versuchswoche je Box er-mittelt. Tab. 1: Versuchsplan

Merkmal Sau KG – Ferkel KG

Sau KG – Ferkel VG

Sau VG – Ferkel KG

Sau VG – Ferkel VG

Oregano im Sauenfutter

nein nein ja ja

Oregano im Ferkelfutter

nein ja nein ja

Durchgänge, n 2 2 2 2 Boxen, n 2 2 2 2 Ferkel / Box 6 6 6 6 Ferkel, n 24 24 24 24

Tab. 2: Zusammensetzung der Absetzfuttermischungen

Futtermittel Kontrollgruppe (KG)

Versuchsgruppe (VG)

Gerste, % 20,55 20,35 Weizen, % 33,50 33,50 Sojaextraktionsschrot - 48, % 20,00 20,00 Kartoffeleiweiß, % 6,00 6,00 Molkenfettkonzentrat, % 5,00 5,00 Bierhefe, % 2,80 2,80 Rapsöl, % 4,00 4,00 Dicalciumphosphat, % 0,50 0,50 Viehsalz, % 0,20 0,20 L-Lysin, % 0,40 0,40 DL-Methionin, % 0,05 0,05 Dextrose, % 4,00 4,00 Mineral- und Vitaminmix, % 3,00 3,00 Oregano, % --- 0,20

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Tab. 3: Zusammensetzung der Aufzuchtfuttermischungen

Futtermittel Kontrollgruppe (KG)

Versuchsgruppe (VG)

Gerste, % 39,90 39,70 Weizen, % 20,33 20,33 Sojaextraktionsschrot - 48, % 15,67 15,67 Mais, % 10,17 10,17 Provilacta, % 4,00 4,00 Rapsöl, % 2,53 2,53 Sonnenblumenextraktionsschr., %

2,00 2,00

Weizenkleie, % 1,67 1,67 Calciumcarbonat, % 1,33 1,33 Monocalciumphosphat, % 0,87 0,87 Viehsalz, % 0,33 0,33 L-Lysin, % 0,50 0,50 DL-Threonin, % 0,13 0,13 Spuren- und Vitaminmix, % 0,57 0,57 Oregano, % --- 0,20

3. Versuchsergebnisse

Wie in der Tabelle 4 dargestellt, unterschieden sich die Absetz- und Auf-zuchtfuttermischungen für die beiden Gruppen in ihrer Nährstoffzusammen-setzung nur unwesentlich. Während der Carvacrolgehalt in den Absetz- und Aufzuchtfuttermischungen annähernd gleich war, unterschieden sich die Thymolgehalte sehr stark, weil unterschiedliche Oreganochargen eingesetzt werden mussten.

Ein Ferkel der Kontrollgruppe ist im 1. Versuchsdurchgang am 2. Versuchs-tag ausgefallen. Für die übrigen Tiere verlief der Versuch ohne gesundheit-liche Probleme und tierärztlicher Behandlungen.

Wie in der Tabelle 5 dargestellt, hatte der Einsatz von Oregano in der Ab-setzphase geringe negative Einflüsse auf die Gewichtsentwicklung der Ferkel. In den folgenden 3 Versuchswochen entwickelten sich die Ferkel der Versuchsgruppe aber um 9 % signifikant schlechter als die Ferkel der Kontrollgruppe.

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Tab. 4: Analysenergebnisse der verwendeten Futtermischungen

Inhaltsstoffe je kg Frischmasse

Absetzfutter-mischungen

Aufzuchtfutter-mischungen

KG VG KG VG Trockenmasse, g 888 888 874 876 Rohprotein, g 209 212 166 165 Rohfett, g 73 73 42 40 Rohfaser, g 30 30 35 34 Rohasche, g 62 62 55 63 Stärke, g 306 306 418 410 Zucker, g 148 144 77 73 ME, MJ 14,28 14,30 13,34 13,23 Carvacrol, mg 0,0 32,03 0,0 28,76 Thymol, mg 0,0 0,07 0,0 0,34

Tab. 5: Einfluss der Oreganoeinsatzes im Ferkelfutter auf die Aufzucht-

leistung

Merkmal Kontroll-gruppe

Versuchs-gruppe

s P

Lebendmasse, kg Versuchsbeginn 7,86 7,94 1,20 0,9515 14. Versuchstag 11,66 11,44 1,57 0,4878 35. Versuchstag 23,14 21,92 2,61 0,0269 Tageszuwachs, g 1.und 2. Versuchswoche 265 250 57 0,2045 3. bis 5. Versuchswoche 546 499 70 0,0016 1. bis 5. Versuchswoche 434 400 55 0,0033

Der Einfluss des Einsatzes von Oregano im Futter der laktierenden Sauen wird in der Tabelle 6 dargestellt. Die Ferkel, welche von Sauen stammten, die Oregano im Futter hatten, starteten mit einem 7 % signifikant geringeren Anfangsgewicht. Sie entwickelten sich danach in ähnlicher Weise wie die Ferkel der Kontrollgruppe.

Die Futteraufnahme wurde um etwa 3 % durch den Einsatz von Oregano reduziert. In Kombination mit den schlechteren Wachstumsleistung der Ver-suchsgruppe resultierte dies in einer Verschlechterung des Futteraufwandes um etwa 4 % bei der Betrachtung beider Versuchsdurchgänge. Wobei der Futteraufwand im 1. Versuchsdurchgang über die gesamte Aufzuchtperiode gleich war. Im 2. Versuchsdurchgang trat aber eine Verschlechterung um etwa 8 % auf (Tabelle 7).

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Tab. 6: Einfluss des Oreganoeinsatzes im Futter für laktierende Sauen auf die Aufzuchtleistung

Merkmal Kontroll-

gruppe Versuchs-

gruppe s P

Lebendmasse, kg Versuchsbeginn 8,25 7,65 1,20 0,0186 14. Versuchstag 11,96 11,14 1,57 0,0131 35. Versuchstag 23,08 21,98 2,61 0,0454 Tageszuwachs, g 1. und 2. Versuchswoche 265 249 57 0,1762 3. bis 5. Versuchswoche 529 516 70 0,3728 1. bis 5. Versuchswoche 424 410 55 0,2154

Tab. 7: Auswertung des Futteraufwandes je kg Zuwachs der Aufzucht-

ferkel Futterverwertung, kg Kontroll-

gruppe Versuchs-

gruppe s P

1. Versuchsdurchgang 1. und 2. Versuchswoche 1,39 1,42 0,115 0,3732 3. bis 5. Versuchswoche 1,79 1,81 0,019 0,2044 1. bis 5. Versuchswoche 1,70 1,70 0,027 0,4990 2. Versuchsdurchgang 1. und 2. Versuchswoche 1,36 1,48 0,130 0,2412 3. bis 5. Versuchswoche 1,80 1,92 0,019 0,0838 1. bis 5. Versuchswoche 1,69 1,82 0,082 0,0328 1. und 2. Versuchs-durchgang

1. und 2. Versuchswoche 1,39 1,42 0,115 0,3732 3. bis 5. Versuchswoche 1,80 1,87 0,063 0,0673 1. bis 5. Versuchswoche 1,69 1,76 0,065 0,0794

4. Diskussion

Oregano (Origanum vulgare L.) wurde schon in verschiedenen Studien als mit Fütterungsantibiotika vergleichbarer Leistungsförderer beschrieben (Allan und Bilkei, 2005; Gössling, 2001; Günther und Bossow, 1998; Hof-mann et al., 2002; Kyriakis et al., 1998; Tsinas et al., 1998) und die Haupt-komponenten des ätherischen Öls, Carvacrol und Thymol, als potentielle Wirkstoffe bei Darmerkrankungen von Ferkeln betrachtet (Gössling, 2001; Recht, 2005).

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Abb. 1

Entwicklung der Lebendmasse, kg 1. Versuchsdurchgang

5

10

15

20

25

30

Start 1.Wo. 2.Wo. 3.Wo. 4.Wo. 5.Wo.Sau KG, Ferkel KG Sau KG, Ferkel VG Sau VG, Ferkel KG Sau VG, Ferkel VG

Abb. 2

Entwicklung der Lebendmasse, kg 2. Versuchsdurchgang

5

10

15

20

25

30

Start 1.Wo. 2.Wo. 3.Wo. 4.Wo. 5.Wo.Sau KG, Ferkel KG Sau KG, Ferkel VG Sau VG, Ferkel KG Sau VG, Ferkel VG

Zitterl-Eglseer et al. (2007) erreichten eine positive Wirkung (+ 6 % Tages-zuwachs gegenüber der negativen Kontrollgruppe) durch den Einsatz der Mischung von ätherischen Ölen aus Oregano, Anis und Schalen von Zitrus-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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früchten. Der Gehalt an Carvacrol lag mit 15,1 mg/kg Futter bei der Hälfte der Dosierung im eigenen Versuch. Positive Effekte auf die Leistung zeigten auch Untersuchungen mit Oreganoöl von Wald (2002) (+ 5 %) bzw. und von Gollnisch et al. (2001) (+ 5,5 %). Im Gegensatz dazu, zeigte eine Über-prüfung der Wirkung von Oreganoöl durch Hebeler et al. (2000) bzw. Neill et al. (2006) keine Auswirkung auf die Aufzuchtleistung von Ferkeln.

Der Einsatz von 2 g/kg gemahlenem Oregano verbesserte in zwei Unter-suchungen von Hofmann et al. 2002 im Gegensatz zum eigenen Versuch die Aufzuchtleistung von Ferkeln. 4. Literatur

Allan, P., Bilkei, G., 2005: Oregano improves reproductive performance of sows. Theriogenology, 63, 716-721

GfE, 2008: Schätzung der Umsetzbaren Energie von Mischfuttermitteln für Schweine. Proc. Soc. Nutr. Physiol. 17, 199-204, 2008

Gollnisch, K., Halle, I., Flachowsky, G., 2001: Einsatz von Kräutern und ätherischen Ölen in der Tierernährung. Proc., Deutsche Gesellschaft für Qualitätsforschung, 36. Vortragstagung, Jena, 249-258

Gössling, A., 2001: Wirkungen eines Oreganoöl-Zusatzes als Futteradditiv auf die Darmflora von Absetzferkeln. Dissertation, Tierärztl. Hochschule Hannover

Günther, K.D., Bossow, H., 1998: The effects of etheric oil from Origanum vulgaris (Ropadiar) in the feed ration of weaned pigs and their daily feed intake, daily gains and food utilization. Proc., 15th IPVS Congress, Birmingham, 223

Hebeler, D., Möller, T., Ewe, A., Kamphues, J., Amtsberg, G., 2000: Einfluss eines Oreganoöl-Zusatzes zum Futter auf die Zusammensetzung von Chymus sowie die Mikroflora im Darmkanal von Absetzferkel. 6. Tagung Schwein- und Geflügelernährung, 64-66

Hoffmann, M., Schumacher, A., Boldt, E., Gropp, J.M., 2002: Oregano (Origanum vulgare) - an alternative growth promoter for piglets? Proc., Soc. Nutr. Physiol., 11, 113

Kyriakis, S.C., Sarris, S., Lekkas, S., Tsinas, A.C., Giannakopoulos, C., Alexopoulos, C., Saulidis, K., 1998: Control of post weaning diarrhoea syndrome of piglets by in-feed application of origanum essential oils. Proc., 15th IPVS-Congress, Birmingham, 218

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungs-anstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2003: Handbuch der Landwirtschaftlichen

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Bd. III, Die Untersuchung von Futtermitteln, 3. Aufl., 1.-4. Ergänzungsliefe-rung, VDLUFA-Verlag Darmstadt

Neill, C.R., Nelson, J.L., Tokach, M.D., Goodband, R.D., De Rouchey, J.M., Dritz, S.S., Groesbeck, C.N., Brown, K.R., 2006: Effects of oregano oil on performance of nursery pigs. Journal of Swine Health and Production, 14 , 312-316

Recht, J., 2005: Einfluss seltener Erden in Verbindung mit phytogenen Zu-satzstoffen auf Leistungsparameter beim Ferkel. Dissertation, Universität München

Wald, C., 2002: Untersuchungen zur Wirksamkeit ätherischer Öle im Futter von Aufzuchtferkeln und Broilern. Dissertation, Universität Halle-Wittenberg

Zitterl-Eglseer, K., Wetscherek, W., Stoni A., Kroismayr, A., Windisch, W., 2007: Bioverfügbarkeit der ätherischen Öle eines phytobiotischen Futter-zusatzes und der Einfluss auf die Leistung bzw. Nährstoffverdaulichkeit bei Absetzferkeln. Austrian J. Agric. Res., 59, in press

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Einfluss einer L-Carnitinzulage im Futter bei unterschiedlicher Energiekonzentration auf Mast- und Schlachtleistung von Mastschweinen F. Hutterer¹, W. Windisch¹, T. Ettle2 ¹ Universität für Bodenkultur Wien, Department für Lebensmittewissen-schaften und -technologie, Abteilung Tierische Lebensmittel, Tierernährung und Ernährungsphysiologie, 2 Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft, Poing-Grub 1. Einleitung

L-Carnitin – ein lebenswichtiges Aminosäurederivat – übt im Intermediär-stoffwechsel von Tier und Mensch wichtige Funktionen aus. Eine zentrale stoffwechselphysiologische Aufgabe besteht darin, als Carrier den Transport von langkettigen Fettsäuren vom Zytosol ins Innere der Mitochondrien zu ermöglichen, wo diese in die ß-Oxidation eingeschleust werden.

Untersuchungen an Zuchtsauen zeigen, dass durch Zulage von L-Carnitin eine Verbesserung der Reproduktionsleistung erreicht wird (Ramanau et al., 2002). Studien beim Mastschwein (Owen et al., 2001) deuten an, dass durch L-Carnitinzulagen ein geringerer Fettansatz erreicht werden kann.

Speziell bei carnitinarmen, rein pflanzlichen Diäten könnten sich durch Zusätze von L-Carnitin Auswirkungen auf die Mastleitung ergeben. Darüber hinaus lassen sich aufgrund der Funktion als Fettsäuren-Carrier Auswirkungen einer L-Carnitinzulage auf die Schlachtkörperzusammensetzung insbesondere dann ab-leiten, wenn unterschiedliche Energiekonzentrationen in der Ration durch unter-schiedliche Gehalte an Fett in der Ration eingestellt werden.

Vor diesem Hintergrund sollte die vorliegende Studie mögliche Effekte von L-Carnitinzulagen bei unterschiedlichen Energiekonzentrationen bzw. Fettgehalten in der Ration auf Mast- und Schlachtleistungen von Mast-schweinen aufzeigen. 2. Material und Methoden

Die Studie wurde mit 60 Mastschweinen (männliche Kastraten) der öster-reichischen Dreirassenkreuzung (OEHYB) durchgeführt. Die Tiere wurden in der österreichischen Schweineprüfanstalt in Streitdorf (NÖ) mit einem mittleren Gewicht von 30 kg eingestallt und unter Berücksichtigung von Wurf (Herkunft) und Gewicht gleichmäßig über 12 Boxen auf 4 Versuchs-gruppen aufgeteilt (5 Tiere pro Box, 3 Boxen bzw. 15 Tiere je Behandlung). Gemäß dem zweifaktoriellen Versuchsansatz wurden die Rationen der Ver-

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suchsgruppen 1 und 2 auf einen Energiegehalt von 13 MJ ME/kg eingestellt, die Rationen der Versuchsgruppen 3 und 4 auf einen Energiegehalt von 14 MJ ME/kg; während den Rationen der Versuchsgruppen 1 und 3 kein L-Carnitin zugesetzt wurde, wurden die Rationen der Versuchsgruppen 2 und 4 jeweils mit 50 mg L-Carnitin supplementiert (Tabelle1). Tab. 1: Versuchsplan Versuchsgruppen Merkmale 1 2 3 4 Energiegehalt MJ ME/kg 13 13 14 14 Carnitinzulage mg/kg - 50 - 50

Die Tiere erhielten bis 65 kg ein Anfangmastfutter und anschließend bis zur Schlachtung mit ca. 112 kg Lebendmasse ein Endmastfutter. Die Haupt-komponenten der Futtermischungen waren Mais, Sojaextraktionsschrot, Weizen und Weizenkleie und Gerste (Tabelle 2). Der jeweilige Energiegehalt der Rationen wurde im Anfang- und Endmastfutter bei sonst gleichen An-teilen der Hauptkomponenten mittels Celite (einem inertem Produkt) und Rapsöl eingestellt.

Sowohl das pelletierte Futter als auch Wasser standen den Tieren zur freien Aufnahme zur Verfügung. Die Futteraufnahme wurde über eine individuelle Tiererkennung am Fütterungsautomaten täglich erfasst. Die Lebendgewichte der Einzeltiere wurden wöchentlich ermittelt.

Die Tiere wurden nach Erreichen eines Lebendgewichtes von ca. 112 kg im betriebseigenen Schlachthof unter standardisierten Bedingungen ge-schlachtet Die Schlachtleistungsparameter wurden nach den Methoden der österreichischen Schweineprüfanstalt erhoben. Im Zuge der Schlachtung wurden Blutproben sowie Gewebeproben von Rückenmuskel, Leber und Herz zur Bestimmung des Carnitingehaltes genommen. Die Gewebeproben wurden homogenisiert und gefriergetrocknet Das aus Frischblut mittels Zentrifugation gewonnene Plasma wurde tiefgefroren.

Der Carnitingehalt in den Futter- und Gewebeproben wurde mittels radio-metrischem Nachweis ermittelt.

Die ermittelten Daten wurden einer Varianzanalyse (GLM Procedure of SAS, SAS Inst., Inc., Cary, NC) unterzogen. Signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten (P≤0,05, Student-Newman-Keuls-Test) sind mit Hochbuchstaben gekennzeichnet

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 273 -

Aufgrund von Erkrankungen und kranheitsbedingten Minderleistungen wurden 7 Tiere (je 2 Tiere aus den Gruppen 1, 2 und 3 sowie ein Tier aus Gruppe 4) von der statistischen Auswertung ausgeschlossen. Tab. 2: Rationszusammensetzung und analysierte Nährstoffgehalte Anfangmast Endmast Versuchsgruppen Versuchsgruppen Merkmale 1 / 2 3 / 4 1 / 2 3 / 4 Energiegehalt MJ ME/kg 13 14 13 14 Carnitinzulage mg/kg 0 / 50 0 / 50 0 / 50 0 / 50 Komponenten in % Mais 58,3 58,3 57,6 57,6 Sojaextraktionsschrot 48 % 20,5 20,5 12,6 12,6 Weizen 10,0 10,0 15,0 15,0 Weizenkleie 3,0 3,0 3,0 3,0 Gerste 0,0 0,0 4,0 4,0 Celite 2,7 0,0 2,8 0,0 Rapsöl 0,0 2,7 0,0 2,8 L-Cellulose 0,8 0,8 0,6 0,6 Mineralstoffe 2,5 2,5 2,5 2,5 AS, Vit.- Spurenelement-VM 1,2 1,2 0,9 0,9 Melasse 1,0 1,0 1,0 1,0 L-Carnitin, mg/kg 0 / 50 0 / 50 0 / 50 0 / 50 100,0 100,0 100,0 100,0 Analysierte Inhaltsstoffe g/kg Trockenmasse 890 890 890 887 Rohprotein 162 159 142 136 Rohfett 29 53 30 55 Rohfaser 31 25 29 25 Stärke 453 473 487 512 ME MJ/kg 13,5 14,5 13,7 14,6

3. Ergebnisse und Diskussion

Im Mittel der gesamten Versuchsperiode zeigte sich kein gerichteter Be-handlungseinfluss der Carnitinzulage auf die Mastleistungen (Tabelle 3). Weder in der Anfangmast noch in der Endmast zeigte sich ein diesbezüg-licher Effekt. Die Carnitinzulage zeigte darüber hinaus keine Effekte auf die

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Schlachtleistungen (Tabelle 4). Im Mittel der mit L-Carnitin supplementierten Gruppen zeigten sich jedoch deutlich (p<0,05) höhere Carnitinkonzentrationen in Leber, Herz, Rückenmuskel sowie im Plasma. Dabei entsprachen die Werte der Carnitingehalte in den untersuchten Ge-webeproben vergleichbaren Untersuchungen (Gustavsen, 2000).

Literaturdaten belegen verbesserte Reproduktionsleistungen bei Zuchtsauen durch Zulagen von L-Carnitin (Ramanau et al., 2002). Musser et al. (1999) stellten neben verbesserten Geburtsgewichten bei Ferkeln auch erhöhte Ge-wichtszunahmen bei Zuchtsauen nach Carnitinzulagen während der Trächtigkeit fest.

Bei Mastschweinen wird in der Literatur auf verbesserte Schlachtleistungs-daten im Sinne von verringerten Fettansätzen nach Zulage von L-Carnitin zu Rationen von Mastschweinen hingewiesen (Owen et al., 2001). Ein weiterer Versuch von Owen et al. (2001) ergab ebenfalls einen reduzierten Fettansatz, einen höheren Magerfleischanteil sowie einen höheren täglichen Protein-ansatz. Für diese Merkmale wurden 49 – 64 mg Carnitin je kg Futter als optimaler Carnitingehalte ermittelt.

Die Funktion von L-Carnitin als Carrier für langkettige Fettsäuren bzw. ein Zusatz von L-Carnitin könnte speziell bei Rationen deren unterschiedliche Energiekonzentrationen durch unterschiedliche Fettgehalte eingestellt wurden einen Einfluss auf die Mast- und Schlachtleistungen zeigen.

In der vorliegenden Studie konnten keine gerichteten Effekte einer Zulage von L-Carnitin auf die Mast- und Schlachtleistung aufgezeigt werden. Obwohl signifikant höhere Carnitingehalte im Plasma der Gruppen mit Carnitinzulagen gemessen wurden, waren keine Effekte ersichtlich, die in den erwähnten Literaturarbeiten nachgewiesen werden konnten. Dieses Er-gebnis deutet an, dass im vorliegenden Versuch entweder die Carnitingehalte in Getreide - Soja Rationen für Mastschweine ausreichend hoch waren und/oder die endogene Canitinsynthese den Bedarf vollständig abdecken kann.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Energiekonzentrationen war sowohl in der Anfangmastperiode (p<0,05; Daten nicht aufgeführt) als auch über die gesamte Mastperiode (p<0,1) in der Gruppe mit 14 MJ ME/kg ein deutlich bzw. tendenziell geringerer Futteraufwand zu erkennen, was sich mit Literaturdaten (Ettle et al., 2003) deckt. Im Gegensatz zu anderen Unter-suchungen (Roth et al., 2000), die zeigen, dass Mastschweine eine er-niedrigte Energiekonzentration der Ration in bestimmten Grenzen durch eine erhöhte Futteraufnahme kompensieren können, war die Futteraufnahme in vorliegender Untersuchung bei niedrigerem Energiegehalt des Futters allerdings nur geringfügig erhöht.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 275 -

Die höhere Energiekonzentration von 14 MJ ME/kg führte im Mittel der Be-handlungen zu einem geringeren Magerfleischanteil (p<0,05) und zu einer erhöhten Rückenspeckdicke (p<0,05). Diese Effekte des höheren Energie-gehaltes auf Magerfleischanteil und Rückenspeckdicke widersprechen früheren Untersuchungen (Ettle et al., 2003), in denen keine Effekte einer von 13 auf 14 MJ ME/kg gesteigerten Energiekonzentration auf Mager-fleischanteil und andere Schlachtleistungskriterien gezeigt werden konnten. In vorliegender Untersuchung war allerdings die Futteraufnahme bei einer Energiekonzentration des Futters von 14 MJ ME/kg nicht reduziert, woraus eine zumindest nominal (p<0,1) erhöhte Gesamtenergieaufnahme resultiert (Tabelle 1), welche andererseits eine höhere Verfettung erklären kann. 4. Schlussfolgerungen

Zulagen von L-Carnitin zu Futter mit unterschiedlichen Energiekonzentrationen zeigten keinen Effekt auf die Mast- und Schlachtleistungsdaten von Mastscheinen. Offensichtlich liegen die Carnitingehalte in Getreide-Soja-Rationen für Mastschweine bereits so hoch, dass sich durch L-Carnitinzulagen keine Effekte ergeben, insbesondere auch dann nicht, wenn höhere Energie-gehalte durch höhere Fettanteile eingestellt werden. Carnitinanreicherungen im Gewebe konnten durch Zulagen über das Futter eindeutig belegt werden. Der zweifaktorielle Versuchsansatz konnte einen Effekt von höheren Energie-konzentrationen auf Magerfleischanteil und Rückenspeckdicke aufzeigen. 5. Literatur

Ettle, T., Roth-Maier, D. A., Roth, F. X., 2003: Effect of apparent ileal di-gestible lysine to energy ratio on performance of finishing pigs at differ-ent dietary metabolizable energy levels. J. Anim. Physiol. Anim. Nutr. 87, 269-279

Gustavsen, H., 2000: Bestimmung des L-Carnitingehaltes in rohen und zu-bereiteten pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln. Dissertation Univ. Hannover

Musser, R. E., Goodband, R. D., Tokach, M. D., Owen, K. Q., Nelssen, J. L., Blum, S. A., Dritz, S. S., Civis, C. A., 1999: Effects of L-carnitin fed dur-ing gestation and lactation on sow and litter performance. J. Animal Sci. 77, 3289-3295

Owen, K.Q., Ji, H., Maxwell C.V., Nelssen, J.L., Goodband, R.D., Tokach, M. D., Tremblay, G. C., Koo, S.I., 2001: Dietary L-carnitin supresses mi-tochondrial branched-chain keto acid dehydrogenase activity and en-hances protein accretion and carcass characteristics of swine. J. Anim.Sci 79, 3104-3112

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

- 276 -

Owen, K. Q., Nelssen, J.L., Goodband, R.D., Tokach, M. D., Friesen, K. G., 2001: Effect of dietary L-carnitine on growth performance and body composition in nursery and growing-finishing pigs. J. Anim.Sci 79, 150-1515

Ramanau, A., Kluge, H., Spilke, J., Eder, K., 2002: Reproductive perform-ance of sows supplemented with dietary L-carnitine over three reproduc-tive cycles, Arch. Anim. Nutr. 56, 287-296

Roth, F. X., Eder, K., Rademacher, M., Kirchgessner, M., 2000: Effect of apparent ileal digestible lysine to energy ratio on performance of growing pigs at different dietary metabolizable energy levels J. Anim. Physiol. Anim. Nutr. 83, 181-192

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VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Einfluss von Kraftfutterniveau und Leistungsförderern bei energiearmer Maissilage als Grundfutter in der Bullenmast mit Fleckvieh und Fleckvieh-Kreuzungen aus der Mutterkuhhaltung L. Gruber1, M. Urdl1, A. Schauer1, R. Steinwender1 1LFZ Raumberg-Gumpenstein, Irdning, Österreich 1. Einleitung

In einer Felduntersuchung haben Gruber und Lettner (1985) festgestellt, dass in der Bullenmast mit energiereicher Maissilage Kraftfuttergaben von über 1 kg/Tag die Tageszunahmen nicht erhöhen (1186, 1191, 1189 und 1169 g bei 0,9, 1,8, 2,5 und 2,9 kg TM Kraftfutter) und die Futterverwertung ver-schlechtern. Auch Daenicke und Rohr (1983) fanden keine signifikante Er-höhung der Tageszunahmen (1275 und 1299 g) bei 1,60 bzw. 2,29 kg TM Kraftfutter sowie auch eine ungünstigere Futterverwertung (3483 bzw. 3583 STE/kg Zuwachs). Die Verschlechterung der Futterverwertung führen die Autoren auf verstärkten Fettansatz zurück. Durch einen zwei-faktoriellen Versuchsansatz konnten Carmanns et al. (1987a und b) zeigen, dass die Wirkung des Kraftfutters auf die Tageszunahmen vom Reifegrad und somit von der Energiekonzentration der Maissilage abhängt. Bei Maissilage mit geringem TM-Gehalt (28,8 % TM, 11,16 MJ ME) bewirkten Kraftfutter-gaben von 1,07, 1,95 und 2,81 kg TM steigende Tageszunahmen von 1217, 1290 und 1307 g. Dagegen erhöhten sich bei einer Maissilage mit hohem TM-Gehalt (36,6 % TM, 11,24 MJ ME) die Tageszunahmen nicht (1167, 1156, 1163 g bei 1,07, 2,04 und 2,94 kg TM Kraftfutter). Sowohl die Unter-suchungen von Daenicke und Rohr (1983) als auch von Carmanns et al. (1987a) zeigen, dass ein positiver Effekt des Kraftfutters auf die Zuwachs-leistung nur im niedrigen Lebendmassebereich auftritt. Auch Giardini et al. (1976) haben eine Wechselwirkung zwischen Reifegrad der Maissilage und Kraftfutterniveau in der Bullenmast festgestellt. In Versuch I wurde daher in Weiterführung der Arbeit von Gruber und Lettner (1985) der Einfluss des Kraftfutterniveaus bei Maissilage mit niedrigem Energiegehalt untersucht, wobei Bullen der Rasse Fleckvieh und Fleckvieh-Kreuzungen (Limousin, Charolais) aus der Mutterkuhhaltung nach einer Weideperiode (ab 340 kg Lebendmasse) verwendet wurden (Steinwender und Gold, 1989).

Die Leistungsförderer Rumensin und Lasalocid (sog. carboxylische Poly-äther-Ionophore) sind antibiotisch wirksame Stoffe, die in der Rindermast zur Verbesserung der Futterverwertung und/oder der Zuwachsleistung ein-gesetzt werden (in der EU seit 01.01.2006 mit Verordnung VO(EG) Nr.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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1831/2003, Artikel 11 (2) verboten). Die vorliegenden Versuche wurden vor diesem Datum durchgeführt. Der Wirkungsmechanismus der Ionophore be-ruht vorwiegend auf der Veränderung der Permeabilität der Zellwand der Pansenmikroben, wobei gramm-positive Mikroben geschädigt werden, gramm-negative Mikroorganismen dagegen überleben. Dadurch verändert sich die Zusammensetzung der Mikrobenpopulation und in weiterer Folge erhöht sich der Anteil der Propionsäure an den flüchtigen Fettsäuren im Pansen (Bergen und Bates, 1984). Der Stoffwechsel der Propionsäure ist mit geringeren Fermentationsverlusten und einem höheren Energiegewinn ver-bunden als der Stoffwechsel von Essigsäure und Buttersäure, bei dem Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) entstehen (Amstrong und Blaxter, 1957a und 1957b). Im Stoffwechsel werden bei Bedarf auch Aminosäuren zur Energiegewinnung herangezogen. Da Propionsäure auch ein wichtiges intermediäres Vorläufersubstrat für die Gluconeogenese darstellt, kommt es zum Teil auch zum einem protein-sparenden Effekt (Amstrong und Blaxter, 1957a; Bergen und Bates, 1984). Auf diesen physiologischen Zusammen-hängen – höhere energetische Effizienz bei der ruminalen Fermentation und Einschränkung des Proteinabbaues – beruhen die Wirkungen der anti-biotischen Leistungsförderer Rumensin und Lasalocid, deren Ausmaß in vielen Versuchen und Reviews beschrieben wurde. Goodrich et al. (1984) beziffern die Verbesserung der Mastleistung durch Rumensin (246 mg/d bzw. 31,8 mg/kg TM) in einer zusammenfassenden Auswertung von 228 Versuchen (16.000 Tiere) mit einer Erhöhung der Tageszunahmen von 1,6 %, einer Verminderung der Futteraufnahme von 6,4 % und einer daraus resultierenden Verbesserung der Futterverwertung von 7,5 %. Neben diesen physiologischen Wirkungen im Pansen und im Stoffwechsel der Wirtstiere wird den antibiotischen Leistungsförderern auch ein positiver Einfluss auf den Gesundheitsstatus der Masttiere zugeschrieben (Bergen und Bates, 1984; Goodrich et al., 1984; NRC, 2000). Bretschneider et al. (2008) erstellten ein Review über den Einfluss von antibiotischen Leistungsförderern bei der Fütterung von grundfutter-betonten Rationen (48 Literaturquellen, 136 Ver-gleiche). Demnach erhöhte Rumensin (70 mg/100 kg Lebendmasse, LM) die Tageszunahmen um 12,1 % und Lasalocid (68 mg/100 kg LM) um 10,3 %, während sich die Futteraufnahme (kd TM/d) um 2,7 bzw. 0,6 % verminderte. Der Einfluss der Leistungsförderer auf die Mastleistungsparameter (Futter-aufnahme, Zuwachs, Futterverwertung) war signifikant abhängig von deren Dosierung und auch von der Energiekonzentration der Futterration. Im Hin-blick auf die globale Klimasituation wird der Einsatz von antibiotischen Leistungsförderern durch Steigerung der Effizienz (verringerter Futterauf-wand) und Reduktion der Emission von klimarelevanten Gasen (Glashaus-effekt von CO2 und besonders von CH4) nun verstärkt diskutiert (Johnson und Johnson, 1995; Tedeschi et al., 2003), was im Gegensatz zur Skepsis bezüglich Ernährungssicherheit (Antibiotika-Resistenz) und dem darauf be-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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gründeten Verbot dieser Futterzusatzstoffe steht (Callaway et al., 2003). In Versuch II wurde daher der Einfluss der antibiotischen Leistungsförderer Rumensin und Lasalocid im Vergleich zu einer negativen Kontrollgruppe untersucht, wobei ebenfalls Bullen der Rasse Fleckvieh und Fleckvieh-Kreuzungen (Limousin, Charolais) aus der Mutterkuhhaltung nach einer Weideperiode (ab 345 kg Lebendmasse) verwendet wurden (Steinwender und Gold, 1989). 2. Material und Methoden

Die Produktionstechnik in der Mutterkuhhaltung und die Beschreibung der Mastmethodik ist bei Steinwender und Gold (1989) ausführlich beschrieben. Im folgenden werden Versuchstiere, Versuchsplan bzw. Fütterung, Mast- und Schlachtleistung, chemische Analyse sowie statistische Auswertung kurz dargestellt. 2.1 Versuchstiere

Die Versuchstiere entstammten einem Kreuzungsversuch (Fleckvieh als Mutterrasse), bei dem neben Fleckvieh als Kontrollgruppe Limousin und Charolais in der Gebrauchskreuzung auf Mast- und Schlachtleistung unter-sucht wurden. In Versuch I (Einfluss von Kraftfutter) wurden aufgeteilt auf zwei Jahre insgesamt 37 Bullen in 4 Gruppen geprüft und in Versuch II (Ein-fluss von Leistungsförderern) im Laufe von drei Jahren 44 Bullen in 3 Gruppen. Es wurde eine Abkalbung im Februar angestrebt (Mitte Jänner – Mitte März). Die Kälber wurden von den Mutterkühen gesäugt. Sie erhielten im Stall zusätzlich Kälberheu sehr guter Qualität und wurden von Beginn bis Ende der Vegetation mit den Mutterkühen auf der Weide gehalten. Bis zum Absetzen erhielten weder die Mutterkühe noch die Kälber Kraftfutter. Der eigentliche Versuchszeitraum begann mit der an die Weidezeit an-schließenden Stallperiode (bei etwa 340 kg LM) bis zum Mastende (675 kg für Fleckvieh und Charolais, 625 kg für Limousin). Die Tageszunahmen von der Abkalbung bis zum Ende der Weideperiode betrugen 1192, 1125 und 1230 g für Fleckvieh, Limousin bzw. Charolais (Steinwender und Gold, 1989). 2.2 Versuchsplan und Fütterung

In Versuch I wurde der Einfluss unterschiedlicher Kraftfuttermengen (1, 2, 3 bzw. 4 kg pro Tag) bei Maissilage niedrigen Energiegehaltes untersucht, in Versuch II die Auswirkungen der antibiotischen Leistungsförderer Rumensin und Lasalocid gegenüber einer negativen Kontrollgruppe ohne Futterzusatz-stoff auf die Mast- und Schlachtleistung (Versuchsplan in Tabelle 1 und 2).

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Tab. 1: Versuchsplan für Versuch I – Einfluss unterschiedlicher Kraftfuttermengen in der Bullenmast bei Maissilage von niedriger Energiekonzentration

Gruppe 1 2 3 4 Anzahl n 9 10 9 9 Maissilage ad lib. ad lib. ad lib. ad lib. Heu kg/d 1,0 1,0 1,0 1,0 PKF 1) kg/d 1,0 1,0 1,0 1,0 EKF 2) kg/d 0,0 1,0 2,0 3,0

1) PKF = Protein-Kraftfutter (85 % Sojaextraktionsschrot, 15 % Mineralfutter) 2) EKF = Energie-Kraftfutter (50 % Gerste, 50 % Mais) Die Tiere erhielten Maissilage ad libitum sowie 1,0 kg Heu pro Tag als Grundfutter. Die Protein- und Mineralstoffergänzung erfolgte über 1 kg PKF (Protein-Kraftfutter, bestehend aus 85 % Sojaextraktionsschrot und 15 % Mineralfutter). Die unterschiedlichen Kraftfuttermengen wurden folglich nur über ein Energie-Kraftfutter (EKF, bestehend aus 50 % Gerste, 50 % Mais) verabreicht. Zur pansenphysiologischen Adaption an die hohen Kraftfutter-mengen erfolgte die Steigerung auf 2 bzw. 3 kg EKF in Schritten von 1 kg pro Woche (d.h. volle Kraftfuttermenge in Gruppe 3 ab 2. und in Gruppe 4 ab 3. Versuchswoche). Tab. 2: Versuchsplan für Versuch II –

Einfluss von antibiotischen Leistungsförderern in der Bullenmast

Gruppe Kontrolle Rumensin Lasalocid Anzahl 14 15 15 Maissilage ad lib. ad lib. ad lib. Heu kg/d 1,0 1,0 1,0 Kraftfutter kg/d 3,0 3,0 3,0 Dosierung mg/kg TM - 34 34

Auch in Versuch II erhielten die Bullen Maissilage ad libitum und 1,0 kg Heu pro Tag als Grundfutter. Die Kraftfuttermenge zur Energie-, Protein- und Mineralstoffergänzung betrug 3,0 kg pro Tag. Das Kraftfutter setzte sich aus 66 % Gerste, 30 % Sojaextraktionsschrot, 2,0 % kohlensaurem Futter-kalk, 1,5 % Mineralstoffmischung und 0,5 % Viehsalz zusammen. Die Futterzusatzstoffe in Gruppe 2 und 3 wurden in der Gerste vorgemischt. Die Dosierung betrug 34 mg/kg Trockenmasse und wurde monatlich an die Futteraufnahme angepasst. Im ersten Versuchsmonat war die Dosis zur An-gewöhnung halbiert.

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2.3 Erhebungen zur Mast- und Schlachtleistung

Die Tiere wurden zur Ermittlung des Zuwachses monatlich zum gleichen Zeit-punkt gewogen. Die Futteraufnahme wurde individuell für jedes Tier zu jeder Mahlzeit erhoben, indem von jedem Futtermittel die Ein- und Rückwaage in-klusive Trockenmasse-Gehalt festgestellt wurde. Die Fütterungszeit dauerte 8 Stunden (04:30 – 08:30 Uhr und 14:30 – 18:30 Uhr). Die Tiere standen in An-bindehaltung und die Futtermittel wurden getrennt in der Reihenfolge Heu, Maissilage und Kraftfutter verabreicht. In der Ausschlachtung wurde die linke Schlachthälfte in die einzelnen Teilstücke und diese weiter grobgeweblich in Fleisch, Knochen sowie Oberflächen- und Beckenhöhlenfett zerlegt. Weiters wurde der m. longissimus dorsi chemisch analysiert. 2.4 Analysen und Futterbewertung

Der Gehalt der Futtermittel an Trockenmasse (TM) wurde täglich durch eine 24-stündige Trocknung bei 104°C festgestellt. Die bei der Trocknung ent-stehenden Verluste über flüchtige Substanzen wurden nach den Angaben von Weißbach und Kuhla (1995) korrigiert. Für die chemische Analyse wurden die Proben täglich bei der Morgenfütterung gezogen und zu einer Sammel-probe pro Monat vereinigt. Die chemische Analyse erfolgte nach den Methoden der ALVA (1983) sowie des VDLUFA (1976) mit Tecator-Geräten. Von den Futtermitteln des Versuches I wurde die Verdaulichkeit in vivo mit Hammeln nach den Leitlinien der Gesellschaft für Ernährungs-physiologie (GfE, 1991) für die Bestimmung der Verdaulichkeit von Roh-nährstoffen festgestellt (14 Tage Vorperiode und 14 Tage Sammelperiode, Futterniveau 1 kg TM Versuchsration pro Tag, 4 Tiere pro Futtermittel). Die Kraftfutter wurden im Differenzversuch getestet (50 % Versuchsfutter, 50 % Heu). Die Energiebewertung der Futtermittel des Versuches II erfolgte mit den Hohenheimer Futterwerttest (Menke und Steingaß, 1988).

Die Energiebewertung der einzelnen Futtermittel wurde nach den Gleichungen der GfE (2001) vorgenommen. Die Versorgung mit nutzbarem Rohprotein am Dünndarm (nXP) wurde entsprechend den Angaben der GfE (2001) – unter Berücksichtigung des in den DLG-Futterwerttabellen (DLG, 1997) angegebenen UDP-Anteils der eingesetzten Futtermittel – kalkuliert. 2.5 Statistische Auswertung

Die statistische Auswertung wurde mit Statgraphics Plus 5 (2000) durch-geführt (mehrfaktorielle ANOVA, multipler Mittelwertsvergleich mit Student-Newman-Keuls, P<0,05). Das Modell bestand aus den fixen Effekten Versuchspruppe, Rasse und Jahr sowie der Interaktion Versuchs-gruppe × Rasse.

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3. Ergebnisse und Diskussion

Die Inhaltsstoffe der in Versuch I und II eingesetzten Futtermittel sind in Tabelle 3 angeführt. Wie erwartet, wiesen die Maissilagen in beiden Ver-suchen einen hohen Gehalt an Rohfaser (256 bzw. 294 g XF/kg TM) und Gerüstsubstanzen (522 bzw. 554 g NDF/kg TM) auf. Die Verdaulichkeit der OM betrug 67,1 bzw. 66,0 % dOM und die Energiekonzentration 9,53 bzw. 9,29 MJ ME/kg TM. Der Futterwert des Silomaises wird von der Qualität der Restpflanze und vom Anteil des Kolbens bestimmt (Groß und Peschke, 1980; Gruber et al., 1983; Gruber und Hein, 2006), wobei sich diese Faktoren zu einem großen Teil aufheben (Gruber et al., 1983). In der DLG-Tabelle für Wiederkäuer wird die Verdaulichkeit von Maissilage in Ab-hängigkeit von Reifegrad und Kolbenanteil in einem Bereich von 67 – 75 % dOM angegeben (DLG, 1997). Die in den vorliegenden Versuchen ein-gesetzte Maissilage liegt somit ganz im unteren Spektrum der Verdaulichkeit dieses Futtermittels, was in der Versuchsanstellung beabsichtigt war und sich aus der klimatischen und geographischen Lage des Versuchsstandortes Gumpenstein als Maisgrenzlage ergibt (Gruber und Hein, 2006). Auch das in beiden Versuchen eingesetzte Heu wies einen hohen Gehalt an Gerüst-substanzen (613 und 590 g NDF/kg TM) und damit eine niedrige Verdau-lichkeit (55,4 und 62,6 % dOM) auf. Als Folge davon ergeben sich auch die Gehalte an Protein und Mineralstoffen, die den Werten der österreichischen Futterwerttabelle entsprechen (Resch et al., 2006). 3.1 Einfluss unterschiedlicher Kraftfuttermengen in der Bullen-

mast bei Maissilage von niedriger Energiekonzentration (Versuch I)

Die Ergebnisse des Versuches I (Einfluss unterschiedlicher Kraftfutter-mengen in der Bullenmast bei Maissilage von niedriger Energie-konzentration) sind in Tab. 4 und Abb. 1 angeführt. Auf Grund des Produktionssystems (Abkalbung im Februar, Haltung der Mutterkühe inkl. Nachzucht auf Weide bis Herbst) starteten die Bullen bei einer relativ hohen Lebendmasse von 337 kg. Das Endgewicht betrug im Mittel 620 kg und war damit niedriger als geplant, da besonders die Tiere der Versuchsgruppen mit niedrigem Kraftfutterniveau ihr Endgewicht nicht im vorgesehenen Zeitraum erreichten (Jahresrhytmus der Produktion). Das Endgewicht in Kraftfutter-niveau 1, 2, 3 und 4 belief sich auf 585, 626, 629 und 642 kg. Die Tages-zunahmen stiegen besonders stark von Kraftfutterniveau 1 auf 2, während sich die höheren Kraftfuttermengen in immer geringerem Ausmaß auf die Tageszunahmen auswirkten (850, 1004, 1078 und 1126 in Gruppe 1, 2, 3 und 4). Die tägliche Kraftfuttermenge betrug im Durchschnitt 0.89, 1.75, 2.59 und 3.41 kg TM.

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Tab. 3: Inhaltsstoffe der in Versuch I und II eingesetzten Futtermittel 1) Versuch I Versuch II Heu 2) MS EKF PKF Heu MS KF 2) TM 843 231 877 877 872 226 880 Weender Nährstoffe 3) XP 92 88 113 398 97 82 235 XL 18 23 32 8 17 22 17 XF 325 256 40 69 314 294 64 XX 499 573 793 309 495 547 606 XA 66 60 22 216 77 54 79 Faser- und Nichtfaser-Kohlenhydrate 4) NDF 613 522 168 121 590 554 185 ADF 374 288 47 71 358 329 67 ADL 47 28 9 4 41 27 9 XS - 106 647 59 - 65 416 Verdaulichkeit und Energie 5) dOM 55,4 67,1 86,7 87,8 62,6 66,0 86,8 ME 7,77 9,53 13,05 11,00 8,58 9,29 12,60 Protein 6) nXP 102 120 166 266 112 116 194 UDP 23,1 25,0 36,5 40,2 22,4 25,0 28,3 RNB -1,6 -5,1 -8,4 21,2 -2,3 -5,4 6,5 Mengen- und Spurenelemente 7) Ca 6,1 3,6 0,8 45,4 5,5 3,8 15,1 P 2,1 2,4 3,9 16,5 2,8 2,4 5,7 Mg 2,9 1,8 1,2 10,7 1,8 1,6 2,4 K 13,7 13,7 3,8 18,5 23,2 13,1 10,5 Na 0,36 0,44 0,15 12,25 0,37 0,68 4,02 Mn 129 46 19 155 137 41 54 Zn 34 33 33 123 35 46 88 Cu 7,4 8,3 5,6 190,7 7,7 9,0 26,8

1) Abkürzungen und Einheiten: 2) MS = Maissilage, EKF = Energie-Kraftfutter, PKF = Protein-Kraftfutter, KF = Kraftfutter 3) XP, XL, XF, XX, XA = Rohprotein, Rohfett, Rohfaser, N-freie Extr., Rohasche (g/kg TM)

4) NDF, ADF, ADL = neutrale und saure Detergenzienfaser, Lignin, XS = Stärke (g/kg TM) 5) dOM = Verdaulichkeit der organischen Masse (%), ME = umsetzbare Energie (MJ/kg TM) 6) nXP = nutzbares Rohprotein am Dünndarm (g/kg TM), UDP = unabgebautes XP (% des

XP), RNB = ruminale N-Bilanz (g/kg TM); nach GfE (2001)

7) Ca, P, Mg, K, Na = Calcium, Phosphor, Magnesium, Kalium, Natrium (g/kg TM) Mn, Zn, Cu = Mangan, Zink, Kupfer (mg/kg TM)

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Tab. 4: Mast- und Schlachtleistung der Bullen in Abhängigkeit des Kraft-futterniveaus (Versuch I)

Gruppe 1 2 3 4 RSD P Gewichtsentwicklung LM Beginn kg 339,1 337,3 337,0 335,4 28,5 0,995 LM Ende kg 585,4 a 625,5

ab 628,9

ab 641,9

b 38,9 0,039

Mastdauer Tage 288,0 288,5 269,8 273,2 30,1 0,465 Tageszunahmen g 850 a 1004 b 1078 b 1126 b 117 <0,001 Futter- und Nährstoffaufnahme (pro Tag) Maissilage kg TM 5,62 a 5,44 a 5,14 a 4,42 b 0,52 <0,001 Heu kg TM 0,86 0,86 0,86 0,86 - - Grundfutter kg TM 6,47 a 6,30 a 5,99 a 5,27 b 0,52 <0,001 Kraftfutter kg TM 0,89 a 1,75 b 2,59 c 3,41 d 0,01 <0,001 Gesamtfutter kg TM 7,36 a 8,05 b 8,58 c 8,68 c 0,52 <0,001 Energie MJ ME 70,0 a 79,6 b 87,8 c 91,7 c 4,9 <0,001 Rohprotein g XP 931 a 1009 b 1073 c 1102 c 47 <0,001 Nutzb. Rohprotein g nXP 1000 a 1121 b 1223 c 1272 c 62 <0,001 Ges.TM pro LMx g/kg 74,5 a 78,3 b 81,8 c 82,5 c 3,0 <0,001 Ges.NDF pro LMx g/kg 7,78 a 7,48 ab 7,23 b 6,76 c 0,33 <0,001 Ges.ME pro LMx MJ/kg 708 a 774 b 837 c 870 d 28 <0,001 Zusammensetzung und Nährstoffgehalt der Ration (in der TM) Kraftfutteranteil % 12,4 a 22,3 b 30,8 c 39,5 d 2,0 <0,001 Energie MJ ME 9,51 a 9,89 b 10,23

c 10,55

d 0,06 <0,001

Rohprotein g/kg 127 125 125 127 2 0,399 XP/ME g/MJ 13,3 a 12,7 b 12,3 c 12,1 c 0,2 <0,001 RNB g/kg -1,47 a -2,21

b -2,77 c -3,10

d 0,18 <0,001

Rohfaser g/kg 240 a 217 b 198 c 180 d 5 <0,001 NDF g/kg 483 a 447 b 416 c 387 d 9 <0,001 ADF g/kg 270 a 245 b 224 c 204 d 6 <0,001 Futterverwertung (pro kg Zuwachs) Trockenmasse kg 8,86 a 8,11 ab 7,96 ab 7,84 b 0,78 0,056 Energie MJ 84,3 80,1 81,5 82,5 7,7 0,726 Rohprotein g 1126 1019 996 998 108 0,069 Schlachtkörperqualität Ausschlachtung % 58,2 58,7 59,2 59,5 1,2 0,154 Pistole % SK1) 34,9 a 33,9 b 33,6 b 33,8 b 0,9 0,026 Fleisch % SK 82,3 81,6 82,6 81,5 1,2 0,262 Fett % SK 3,6 4,2 3,8 4,7 0,8 0,057 Knochen % SK 14,1 14,2 13,6 13,8 0,9 0,515 Nierenfett % LM2) 0,371 a 0,511

b 0,459

ab 0,511

b 0,106 0,040

Fettgeh. m. l. dorsi % 1,11 1,36 1,30 1,62 0,54 0,307 1) SK = Schlachtkörper, 2) LM = Lebendmasse

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Abb. 1: Futteraufnahme, Tageszunahmen und Futterverwertung der Bullen in Abhängigkeit des Kraftfutterniveaus (Versuch I)

Die vorliegenden Ergebnisse zur Zuwachsleistung bestätigen die Versuche von Giardini et al. (1976) und Carmanns et al. (1987a und b), nach denen bei Maissilage von niedriger Energiekonzentration durch steigende Kraftfutter-gaben eine Erhöhung der Tageszunahmen zu erwarten ist, wenn auch in ab-nehmendem Maße. Auch Steinwidder et al. (2006) stellten bei vergleichbarer Qualität der Maissilage – allerdings mit reinen Fleckvieh-Bullen bei der Mast vom Kalb weg – steigende Tageszunahmen (1214, 1345, 1385 g) durch höhere Kraftfuttergaben fest (1,29, 2,53, 3,48 kg TM). Dagegen führen höhere Kraftfuttermengen bei energiereicher Maissilage nicht zu einer signi-fikanten Erhöhung der Zuwachsleistung, wie die Versuche von Giardini et al. (1976), Daenicke und Rohr (1983), Gruber und Lettner (1985) und Carmanns et al. (1987a und b) zeigen. Daher hängt die optimale Kraftfutter-menge in der Bullenmast in starkem Maß von der Energiekonzentration der Maissilage ab.

Die Grundfutteraufnahme ging mit steigenden Kraftfuttermengen progressiv – einer quadratischen Funktion folgend – zurück, analog dazu stieg die Gesamtfutteraufnahme nur degressiv an (Abb. 1).

Grundfutter-VerdrängungFutteraufnahme

FutterverwertungTageszunahmen

Gru

ndfu

tter-

Ver

drän

gung

(k

g TM

)

Futte

rauf

nahm

e (k

g T

M/d

)

Kraftfutteraufnahme (kg TM/d)

Futte

rver

wer

tung

(M

J ME/

kg Z

uwac

hs)

Kraftfutteraufnahme (kg TM/d)

Tag

eszu

nahm

en (g

)

4

5

6

7

8

9

1 2 3 4

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1 2 3 4

70

75

80

85

1 2 3 4700

800

900

1.000

1.100

1.200

1 2 3 4

Gesamtfut ter

Grundfutter

Grundfutter-VerdrängungFutteraufnahme

FutterverwertungTageszunahmen

Gru

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Ver

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g TM

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Kraftfutteraufnahme (kg TM/d)

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Kraftfutteraufnahme (kg TM/d)

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1.000

1.100

1.200

1 2 3 4

Gesamtfut ter

Grundfutter

Gesamtfut ter

Grundfutter

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GF = 6,26 + 0,40 × KF – 0,201 × KF² [R² = 98.5 %, RSD = 0.06] GES = 6,26 + 1,40 × KF – 0,201 × KF² [R² = 98.8 %, RSD = 0.06] GF, KF, GES = Aufnahme an Grund-, Kraft- bzw. Gesamtfutter (kg TM pro Tag)

Aus der Funktion für Grundfutter [GF] errechnet sich über die 1. Ableitung eine Grundfutter-Verdrängung, die von 0 beim niedrigsten Kraftfutterniveau auf 0,97 bei der höchsten Kraftfuttermenge ansteigt (Abb. 1). Dieser extreme Anstieg der Grundfutter-Verdrängung ist sowohl über die Säureproduktion aus den Nichtfaser-Kohlenhydraten des Kraftfutters im Pansen zu erklären (Kaufmann, 1976; Faverdin et al., 1991; Van Houtert, 1993) als auch über die physiologische Regulation der Futteraufnahme (Mertens, 1994; Gruber et al., 2004; Forbes, 2007). D.h., einerseits führte der steigende Kraftfutter-anteil (12, 22, 31 bzw. 40 % der TM) zu einer Absenkung des pH-Wertes in einen für zellulolytische Pansenmikroben ungünstigen Bereich und damit zu einer Reduktion der Fermentation der Gerüstsubstanzen vorwiegend aus dem Grundfutter. Andererseits erhöhte die, mit steigendem Kraftfutteranteil ver-bundene, höhere Energiekonzentration auch das Energieangebot für die Bullen und es ist denkbar, dass diese Energiekonzentration (9,5, 9,9, 10,2, 10,5 MJ ME) zu einer Energieaufnahme führte, die an die Grenze des Be-darfes der Tiere ging. Hierbei ist besonders zu beachten, dass der Versuchs-zeitraum in einen Lebendmasse-Abschnitt fiel, in dem die maximale Wachstumskapazität der Tiere bereits überschritten und ein verstärkter Fett-ansatz zu verzeichnen war. Darauf weisen auch mehrere Parameter der Schlachtkörperqualität in Tab. 4 hin. So betrug der Fettgehalt des Schlacht-körpers 3,6, 4,2, 3,8 und 4,7 %, auch der Fettgehalt des musculus longissimus dorsi stieg an und ganz besonders auch der Anteil des Nieren-fettes (0,37, 0,51, 0,46 und 0,51 % der LM). Die Ausschlachtung verbesserte sich mit steigendem Kraftfutteranteil tendenziell, allerdings ging der Anteil der Pistole („das Hintere“) am Schlachtkörper (Rücken und Keule) signi-fikant zurück.

Für einen großen und mit steigendem Kraftfutteranteil immer wichtigeren Beitrag der Energiebilanz (d.h. der physiologischen Regulation) an den Er-gebnissen der Futteraufnahme sprechen auch die Daten der Aufnahme an Gerüstsubstanzen. Sie gingen mit steigendem Kraftfutteranteil zurück und betrugen 7,8, 7,5, 7,2 bzw. 6,8 g NDF pro kg LM. Nach Mertens (1994) be-trägt die maximale NDF-Aufnahme 12,5 g, wenn die Futteraufnahme der Wiederkäuer nicht primär physiologisch sondern über die Aufnahmekapazi-tät des Pansens, d.h. physikalisch über den sog. rumen fill, reguliert wird. Daher veränderte das Kraftfutterniveau auch die Energieverwertung nicht signifikant (im Durchschnitt 82,1 MJ ME pro kg Zuwachs), wogegen die Verwertung der Trockenmasse (und auch des Rohproteins) mit steigenden Kraftfuttergaben günstiger wurde (8,9, 8,1, 8,0, 7,8 kg TM pro kg Zuwachs).

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3.2 Einfluss von antibiotischen Leistungsförderern in der Bullen-mast (Versuch II)

Die Ergebnisse des Versuches II (Einfluss von antibiotischen Leistungs-förderern in der Bullenmast) sind in Tab. 5 angeführt. Gegenüber der negativen Kontrollgruppe ohne Futterzusatz war die Gruppe Rumensin identisch in den Tageszunahmen, während die Gruppe Lasalocid gering-fügig (nicht signifikant) unterlegen war (1176, 1176 und 1134 g). Die Lebendmasse zu Beginn und Ende des Versuches betrug im Mittel aller drei Gruppen 350 und 673 kg.

In der Futteraufnahme unterschieden sich die Gruppen relativ deutlich, wenn auch nicht signifikant (P = 0,10). Gegenüber der Kontrollgruppe war die Gesamtfutteraufnahme von Rumensin bzw. Lasalocid um 3,0 bzw. 4,6 % vermindert (8,62, 8,36 und 8,22 kg TM). Da die Kraftfutter-menge mit 2,64 kg TM für alle Gruppen konstant gehalten wurde, gelten diese Differenzen auch für die Grundfutteraufnahme. Die Energie-konzentration war durch den Kraftfutteranteil von 32 % relativ hoch (10,3 MJ ME), doch ist die Ration noch durchaus als wiederkäuergerecht zu werten, wie die Gehalte an Rohfaser (22,1 % XF) und Gerüst-substanzen (43,7 % NDF) zeigen. Kaufmann (1976) gibt den Mindest-gehalt an Rohfaser mit 16-18 % an, NRC (2001) den Mindestgehalt an NDF für Milchkühe je nach Grundfutteranteil der NDF mit 25 – 33 %.

In der aus Futteraufnahme und Tageszuwachs errechneten Futterver-wertung erbrachten die Rumensin-Tiere – gleicher Zuwachs bei geringerer Futteraufnahme – ein um 3,0 % günstigeres Ergebnis, während die Lasalocid-Gruppe – geringerer Zuwachs bei noch geringerer Futter-aufnahme – die gleiche Futterverwertung wie die Kontrollgruppe er-reichte (75,9, 73,6 und 75,8 MJ ME/kg Zuwachs, P = 0,51). Auch in den Kriterien der Schlachtkörperqualität (Anteil von Fleisch, Fett und Knochen, Ausschlachtung) waren (mit Ausnahme des Pistolenanteils) keine signifikanten Unterschiede festzustellen.

Nach dem technischen Handbuch Rumensin wirkt sich dieser Futter-zusatzstoff bei energiearmen Rationen über erhöhte Zunahmen bei gleichbleibender Futteraufnahme positiv auf die Futterverwertung aus. Dagegen werden laut Handbuch bei energiereichem Futter die Zunahmen nicht gesteigert (das genetische Leistungspotenzial ist ausgeschöpft), doch kommt es über bessere Energieverwertung im Stoffwechsel (siehe Einleitung) zu Futtereinsparungen und dadurch zu einer günstigeren Futterverwertung (Elanco, 1978). Die im vorliegenden Versuch an-gewendete Energiekonzentration ist – auf Grund der mäßigen Grund-futterqualität und eines Kraftfutteranteils von einem Drittel der Ration als überdurchschnittlich zu bezeichnen. Somit ist zu erwarten, dass wohl

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beide Wirkungsmechanismen zum Tragen kamen, jedoch eher von einer Einsparung von Futter auszugehen war, zumal auch in diesem Versuch die Phase der maximalen Wachstumskapazität überschritten war. Im Falle von Rumensin wurden exakt die gleichen Tageszunahmen wie in der Kontrollgruppe ermittelt, bei Lasalocid lagen sie sogar um 3,6 % darunter. Die Futteraufnahme wurde bei Rumensin bzw. Lasalocid um 3,0 bzw. 4,6 % reduziert. Daraus errechnet sich eine um 3,0 % günstigere Futterverwertung für Rumensin, während Lasalocid gegenüber der Kontrollgruppe keine Vorteile in der Futterverwertung erbrachte.

In einer zusammenfassenden Auswertung von 228 Versuchen mit Rumensin ermittelten Goodrich et al. (1984) eine durchschnittliche Er-höhung der Tageszunahmen von 1,6 %, eine Verminderung der Futterauf-nahme von 6,4 % und eine daraus resultierende Verbesserung der Futter-verwertung von 7,5 %. Bretschneider et al. (2008) erstellten ein Review über den Einfluss von antibiotischen Leistungsförderern bei der Fütterung von grundfutter-betonten Rationen (48 Literaturquellen, 136 Vergleiche) und stellten fest, dass Rumensin die Tageszunahmen um 12,1 % und Lasalocid um 10,3 % erhöhte, während sich die Futterauf-nahme um 2,7 bzw. 0,6 % verminderte. Diese Literaturübersichten und die vorliegenden eigenen Ergebnisse zeigen, dass die Wirkung dieser Wachstumsförderer auf Tageszuwachs und Futteraufnahme neben der Dosierung auch von der Energiekonzentration der Futterration und damit vom Energieversorgungsgrad der Masttiere abhängen. Im vorliegenden Versuch führte Rumensin bei gleichbleibender Zuwachsleistung, jedoch geringerer Futteraufnahme zu einer Verbesserung der Futterverwertung um 3,0 %. Dagegen wurde durch Lasalocid die Futteraufnahme gegen-über Rumensin deutlicher reduziert, allerdings auch die Tageszunahmen, was sich in einer gegenüber der Kontrollgruppe nicht verbesserten Futterverwertung auswirkte. Für beide Futterzusatzstoffe waren die pro-zentuellen Veränderungen in Zuwachs, Futteraufnahme und Futterver-wertung geringer als in der Literatur angegeben.

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Tab. 5: Mast- und Schlachtleistung der Bullen beim Einsatz von antibiotischen Leistungsförderern im Vergleich zur neg. KG1) (Versuch II)

Gruppe KG RU LA RSD P Gewichtsentwicklung LM Beginn kg 348,4 350,5 350,0 22,3 0,968 LM Ende kg 678,6 675,8 663,7 31,5 0,411 Mastdauer Tage 282,7 278,1 278,3 24,4 0,852 Tageszunahmen g 1176 1176 1134 119 0,566 Futter- und Nährstoffaufnahme (pro Tag) Maissilage kg TM 5,13 4,87 4,72 0,49 0,100 Heu kg TM 0,85 0,85 0,85 - - Grundfutter kg TM 5,98 5,72 5,58 0,49 0,100 Kraftfutter kg TM 2,64 2,64 2,64 - - Gesamtfutter kg TM 8,62 8,36 8,22 0,49 0,100 Energie MJ ME 88,7 86,2 84,9 4,6 0,104 Rohprotein g XP 1120 1098 1085 40 0,075 Nutzb. Rohprotein g nXP 1208 1177 1160 57 0,098 Ges.TM pro LMx g/kg 78,9 76,6 76,2 3,5 0,109 Ges.NDF pro LMx g/kg 7,26 7,01 6,95 0,40 0,111 Ges.ME pro LMx MJ/kg 811 790 788 32 0,117 Zusammensetzung und Nährstoffgehalt der Ration (in der TM) Kraftfutteranteil % 31,2 32,2 32,8 1,9 0,080 Energie MJ ME 10,29 10,32 10,34 0,06 0,126 Rohprotein g/kg 130 132 132 3 0,154 XP/ME g/MJ 12,7 12,8 12,8 0,2 0,170 RNB g/kg -1,62 -1,49 -1,44 0,25 0,188 Rohfaser g/kg 223 221 219 5 0,151 NDF g/kg 440 437 434 7 0,086 ADF g/kg 247 245 243 5 0,134 Futterverwertung (pro kg Zuwachs) Trockenmasse kg 7,38 7,14 7,33 0,58 0,496 Energie MJ 75,9 73,6 75,8 6,0 0,513 Rohprotein g 960 940 971 82 0,588 Schlachtkörperqualität Ausschlachtung % 59,8 59,5 59,4 1,3 0,765 Pistole % SK2) 35,1 a 34,5 ab 34,1 b 0,8 0,014 Fleisch % SK 83,1 83,6 82,6 1,3 0,129 Fett % SK 3,9 3,8 4,2 0,9 0,555 Knochen % SK 13,0 12,6 13,2 0,9 0,179 Nierenfett % LM3) 0,578 0,602 0,608 0,139 0,839 Fettgeh. m. l. dorsi % 2,07 1,90 2,24 0,64 0,375

1) KG = negative Kontrollgruppe (ohne Zusatz), 2) SK = Schlachtkörper, 3) LM = Lebendmasse

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Eutergesundheitsstatus von gemerzten Milchkühen M. Freitag1, M. Meimann1, A. Brammen1, W. Wolter², A. Pelzer³, M. Holsteg³, E. Albers³, H. van de Sand³, U. Exner4, P. Zieger5 1Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest, ²Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Gießen, ³Landwirtschaftskammer Nordrhein Westfalen, Münster, 4Boehringer Ingelheim, 5Pfizer, Berlin 1. Einleitung

Mangelhafte Eutergesundheit ist nach Angaben der Betriebsleiter die zweit-häufigste Abgangsursache für Milchkühe (VIT 2005). In welchem Euter-gesundheitsstatus sich aus der Produktion ausscheidende Kühe tatsächlich befinden, ist bisher selten geprüft worden. Mastitiden werden von Infektionserregern ausgelöst, die im Eutergewebe lokale Entzündungen hervorrufen, auf die in der Milchdrüse mit einer vermehrten Bildung von Leukozyten reagiert wird. Eine erhöhte Anzahl von Leukozyten in der ermolkenen Milch, nachgewiesen als somatische Zellen, gibt Hinweise auf Störungen im Drüsengewebe und dient der Beurteilung der Eutergesundheit. Gemäß Definition der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (2002) gilt ein Euter als gesund, wenn der Gehalt an somatischen Zellen pro ml Milch unter 100.000 liegt und euterpathogene Erreger nicht nach-gewiesen werden. Beträgt die Zahl der somatischen Zellen mehr als 100.000 pro ml Milch, ohne dass ein Erreger nachgewiesen wird, so liegt eine Sekretionsstörung vor, verursacht durch z.B. Verletzungen am Euter oder Einflüsse durch die Melktechnik. Bei einer latenten Mastitis liegen die Zell-zahlen im Bereich unter 100.000 pro ml Milch, obwohl ein Mastitiserreger nachgewiesen wird. Es wird vermutet, dass in diesem Fall der Erreger im Strichkanal lokalisiert war, ohne das Gewebe zu besiedeln. Erst bei erhöhter Zellzahl und gleichzeitigem Nachweis euterpathogener Mikroorganismen wird eine Mastitis diagnostiziert. Streptococcen, Staphylococcen und coliforme Keime sind die häufigsten Auslöser einer solchen Erkrankung (Krömker, 2007).

Mastitiden gehen im Allgemeinen mit verstärkter Durchblutung und Schwellungen im Euter einher, in deren Folge das Drüsengewebe geschädigt wird. In vielen Fällen zeigt sich auch nach Abklingen der Symptome eine Beeinträchtigung der Milchleistung sowie Verhärtungen im Drüsengewebe (Krömker, 2007). Chronische Mastitiden sind unter anderem an ungleich-großen Knoten im Euter des erkrankten Viertels palpierbar (Winter, 2005). Als mögliche Ursachen für Euterinfektionen werden auch morphologische Besonderheiten der Drüse angenommen. Als solche gelten Hyperkeratosen

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an der Strichkanalkuppe (Wendt et al., 1998), unerwünschte Euter- und Zitzenformen sowie ein geringer Euter-Boden-Abstand.

2. Eigene Untersuchungen

Um den Eutergesundheitsstatus von Kühen zu erfassen, die aus unterschied-lichen Gründen aus der Produktion ausschieden (Tab. 1), wurden von 43 Kühen der Landwirtschaftszentren Haus Düsse (n=14) und Haus Riswick (n=29) die Euter vermessen, auf Verhärtungen palpiert und die bakterio-logische Beschaffenheit der Euterhaut in Zitzennähe, des Strichkanals und der ermolkenen Milch bestimmt. Bei 35 Kühen wurden auch die Keime im Drüsengewebe und in den Euterlymphknoten differenziert. Morphologische Eutermerkmale und Milchproben aus Vorgemelk, Viertelanfangsgemelk und Endgemelk wurden bereits drei Tage vor der Schlachtung erhoben, Milch-proben aus Viertelanfangsgemelk und Endgemelk ein zweites Mal am Tag der Schlachtung. Nach der Schlachtung wurden die Euter einzeln steril ver-packt und zur weiteren Untersuchung zum Landesbetrieb Hessisches Landeslabor in Gießen transportiert. Dort wurde bei den Milchproben mit dem Gerät „Fossomatik 5000“ der Gehalt an somatischen Zellen bestimmt. An den abgetrennten Eutern wurden von jedem Viertel Gewebeproben ent-nommen und diese mittels Columbia-Rinderblut-Agar-Nährböden mit Äskulin auf pathogene Mastitserreger untersucht.

3. Ergebnisse

3.1 Abgangsursachen Tab. 1: Abgangsursachen der gemerzten Kühe (n=43) Abgangsursache Anzahl Kühe Fruchtbarkeit 13 Eutergesundheit 10 mangelnde Leistung 5 Klauen- und Gelenkserkrankungen 3 Alter 1 Melkbarkeit 1 Stoffwechselerkrankung 1 sonstiges / nicht bekannt 9

Bei den in die Untersuchung eingehenden Kühen wurden Fruchtbarkeits-probleme als häufigste Abgangsursache genannt, gefolgt von mangelnder Eutergesundheit, schlechter Milchleistung und Klauen- bzw. Gelenkserkrankungen (Tab. 1). Der Merzgrund „Eutergesundheit“ liegt

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damit bei den untersuchten Kühen mit 23 % leicht über dem Durchschnitt der Kühe Norddeutschlands von 17,5 % (VIT, 2005). 3.2 Morphologische Merkmale

Um Störungen beim maschinellen Melken und damit eine Reizung des Euters zu vermeiden, wird ein Euter-Boden-Abstand von mindestens 45 cm angestrebt (Wendt et al., 1998). Tief hängende Euter gelten als anfälliger für Verletzungen und bakterielle Kontaminationen. Dieser Zusammenhang konnte bei dem vor-liegenden, zahlenmäßig begrenzten Datenmaterial nicht bestätigt werden (Abb. 1). Ebenso wurde kein Zusammenhang zwischen der Zitzenstellung sowie dem Auf-treten von Hyperkeratosen und Infektionen des Euters festgestellt.

Abb. 1: Prozentualer Anteil von Kühen mit erhöhter Zellzahl (> 100.000

Zellen /ml Milch) in Abhängigkeit vom Euter-Boden-Abstand Auffällig ist der hohe Anteil von Kühen mit erhöhter Zellzahl im Endgemelk. Sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Milchprobe hatten mehr Kühe im Endgemelk erhöhte Zellzahlen als im Vorgemelk bzw. Viertelanfangsgemelk (Abb. 1). 3.3 Staphylococcus aureus

Bei fünf von 43 Kühen wurde Staphylococcus aureus in mindestens einer Milchprobe diagnostiziert. Dabei waren bei einer Kuh drei Viertel betroffen, bei den anderen jeweils nur ein Viertel. Da Milch- und Gewebeproben nach Vierteln getrennt beprobt wurden, können insgesamt 9 Viertel betrachtet

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werden, wobei bei zwei Vierteln weder am ersten noch am zweiten Probetag Milch gewonnen werden konnte.

In der Milch wurde bei drei Eutervierteln der Erreger nur an einem Tag diagnostiziert, bei zwei weiteren Vierteln nur aus dem Endgemelk, nicht jedoch im Vorgemelk, gewonnen nach Verwerfen der Milch aus der Zitzen-zisterne. In diesen letztgenannten Eutervierteln wies das Vorgemelk auch keine erhöhte Zellzahl auf (80.000 bzw. 69.000 Zellen/ml Milch). In zwei weiteren Vierteln ging auch der Erregerbefund nicht mit einer erhöhten Zell-zahl einher (73.000 bzw. 51.000 Zellen). Lediglich in drei Vierteln wurde der Erreger in allen untersuchten Milchproben nachgewiesen. Diese hatten auch in allen Milchproben erhöhte Zellgehalte (348.00 bis 16,0 Mio. Zellen/ml Milch).

Die Palpation ergab bei sieben von neun Eutern Veränderungen im Gewebe. Zwei Euterviertel wiesen physiologische Euterhautödeme auf und konnten daher nicht auf Verhärtungen untersucht werden. Die anderen Viertel zeigten grobknotige bzw. diffuse Verhärtungen, die eine Veränderung des Drüsen-gewebes vermuten lassen. 3.4 Erregernachweis im Verlauf der Milchabgabe

Abb. 2: Vorkommen von Mastitiserregern im Verlauf der Milchabgabe

(n=163 Euterviertel) Während des Melkens wurden am Montag der Schlachtwoche drei (Vor-, Viertelanfangs-, Endgemelk) und am Donnerstag, dem Schlachttag, zwei Proben (Vorgemelk, Endgemelk) gewonnen und auf Keimgehalte analysiert (Abb. 2). Mit Ausnahme der coliformen Keime waren alle nachgewiesenen

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Mastitserreger im Vorgemelk am häufigsten vorhanden. Lediglich bei 38 von 163 Eutervierteln wurde kulturell kein Keimgehalt nachgewiesen. Das Vorgemelk scheint daher das geeignete Substrat für den Keimnachweis aus Milch zu sein. 3.5 Erregernachweis an der Euterhaut und im Gewebe Tupferproben von Zitzenhaut und Strichkanal sowie Gewebeproben aus dem Drüsengewebe wurden gewonnen, um die bakteriologische Beschaffenheit der Milchumgebung im Vergleich zum Vorgemelk zu erheben. Auffällig ist der hohe Anteil von Kühen mit Erregernachweis im Strichkanal und vor allem im Eutergewebe im Vergleich zum Vorgemelk (Abb. 3).

Abb. 3: Erregernachweis in der Euterumgebung (n=43 Kühe) sowie im

Eutergewebe (n=35 Kühe) im Vergleich zum Vorgemelk (n=43 Kühe) (Anzahl Kühe mit positivem Nachweis)

4. Diskussion

5.

Bei den untersuchten Kühen war die Abgangsursache „Eutererkrankungen“ mit 23 % etwas häufiger als im Schnitt der abgehenden Kühe in Norddeutschland.

Als wesentliches Kriterium zur routinemäßigen Überprüfung der Euter-gesundheit gilt der Nachweis des Milchzellgehaltes mittels Schalmtest. Literaturangaben, wonach vor allem ein tiefhängendes Euter aufgrund von Problemen in der Melkbarkeit einen erhöhten Zellgehalt aufweist, konnten in dieser Untersuchung nicht bestätigt werden. Tiere mit einem Euter-Boden-Abstand von weniger als 45 cm hatten im Durchschnitt in keiner der Milch-proben einen höheren Anteil an erhöhten Zellzahlen über 100.000 pro ml Milch.

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Von den 43 untersuchten Kühen schieden nur fünf Kühe während der Probe-nahme den Erreger Staphylococcus aureus mit der Milch aus, obwohl in 23 von 35 untersuchten Eutergeweben der Erreger lokalisiert werden konnte. Eine negative Milchprobe ist daher keine Garantie für die Keimfreiheit des Eutergewebes. Von 163 untersuchten Vierteln wurden in sieben Vierteln in mindestens einer Milchprobe der Erreger nachgewiesen. Dabei war bei zwei Vierteln auch bei zwei Milchproben im Abstand von drei Tagen der Erreger nur im Endgemelk nachweisbar, so dass die Keimbelastung des Gewebes bei der üblichen Kontrolle aus dem Vorgemelk nicht erkannt worden wäre. Aus zwei weiteren Vierteln konnte aufgrund einer akuten Mastitis keine Milch-probe gewonnen werden.

Die offensichtliche „Verkapselung“ von Keimen scheint nach den vor-liegenden Untersuchungen nicht auf den Erreger Staphylococcus aureus be-schränkt zu sein. Auch die Mastitiserreger Streptococcus agalactiae und dysgalactiae sowie coliforme Keime wurden im Gewebe in größerer Zahl nachgewiesen als im Vorgemelk. Über Eintrittspfade dieser Keime sowie deren weiterem Verhalten (Auslösen einer Mastitis bei geschwächtem Immunsystem?) kann nur spekuliert werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich allerdings erneut die häufig in der Praxis diskutierte Frage, ob ein gegenseitiges Euterbesaugen bei Kühen oder Kälbern bereits den Grundstein für eine spätere Mastitis legen kann. Diesbezüglich sind weitere Unter-suchungen erforderlich. 5. Literatur

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Einfluss der Stalltemperatur auf Futteraufnahme und Milchleistung S. Dunkel1, K.Trauboth, W.I. Ochrimenko, G. Früh2 1Thüringer Landesansatlt für Landwirtschaft, Jena, 2Landwirtschafts-genossenschaft e.G. Förtha, Eckartshausen 1. Einleitung

Hohe Temperaturen belasten vor allem Hochleistungskühe, da diese einen sehr intensiven Stoffwechsel besitzen. Steigende Umgebungstemperaturen führen bei Milchkühen zu Hitzestress mit der Folge sinkender Milch-leistungen und Futteraufnahmen, wobei die reduzierte Futteraufnahme mit einer Verzögerung von zwei Tagen dem Temperaturanstieg folgt. Mehr-kalbige Kühe reagieren sensibler auf Hitzestress als Erstlaktierende. Hitze-stress kann angenommen werden, wenn die Messung der Körpertemperatur bei einer Stichprobe von 10 Tieren bei mehr als 70 % der Probanden über 39,2 Grad Celsius liegt (Rossow, 2005). Gruber et al. (2001) berichten, dass es erst ab Umgebungstemperaturen von über 25 Grad Celsius zu einem Rückgang der Futteraufnahme kommt. Die neutrale Temperaturzone für Milchkühe im ersten Laktationsdrittel liegt zwischen 0 und 18 Grad Celsius und für trockenstehende Milchkühe zwischen 5 und 18 Grad Celsius (Ulbricht et al., 2004). Kirchgeßner (1997) gibt die thermoneutrale Zone bei Rindern von -10 bis 20 Grad Celsius an. Die verschiedenen Hinweise aus der Literatur waren der Anlass für eine mehrjährige Erhebung bei Milchkühen unter Produktionsbedingungen zur Stalltemperatur, Milchleistung und Futteraufnahme. 2. Material und Methoden

Die Erhebungen zur Stalltemperatur, Milchleistung und Futteraufnahme fanden von Januar 2004 bis Dezember 2006 statt. 192 Milchkühe einer Produktionsherde (Holstein Frisian, erstes und zweites Laktationsdrittel) standen zur Verfügung. Die mittlere Lebendmasse der Milchkühe wurde mit 650 kg angenommen. Die Laktationsleistung der Produktionsherde lag im Erhebungszeitraum im Mittel bei 9789 kg Milch (Eiweißgehalt: 3,53 %, Fettgehalt: 4,30 %). Die Stalltemperatur, die Milchleistung, die Futterauf-nahme und Restfutteraufnahme wurden täglich erfasst. Die Regulierung der Stalltemperatur erfolgte über Stallfensterrollos, Axiallüfter und einer Trauf-First-Lüftung. Die Totale-Mischration (TMR) setzte sich aus Grund- und Kraftfutter sowie einer Mineralstoffmischung zusammen. Die Kraftfutter-komponenten variierten gering über den Erhebungszeitraum.

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3. Ergebnisse

Die mittlere Energiekonzentration der TMR lag im Erhebungszeitraum konstant bei 7,2 MJ NEL/kg TM. Die mittlere Stalltemperatur im Erhebungszeitraum ist in Tabelle 1 dar-gestellt. Die Stalltemperatur folgte dem jahreszeitlichen Temperaturverlauf. Die höchsten Stalltemperaturen traten im Mittel im Juli (22,1° C) auf. Die niedrigsten Stalltemperaturen wurden in Januar/Februar (7,7° C) gemessen. Tabelle 1: Mittlere Stalltemperatur (Grad Celsius) im Erhebungszeitraum

Monat 011) 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 MW MW2) 7,7 7,7 9,6 13,5 16,0 19,7 22,1 19,2 18,5 14,7 10,5 8,5 14,6

1) Monat 01 = Januar 2) MW = Mittelwert Bei Anstieg der Stalltemperatur über 20° C verminderte sich die Futterauf-nahme um 2,3 kg Trockenmasse/Kuh und Tag (Abbildung 1).

20,0 22,0 24,0 26,0

Stalltemperatur (Grad Celsius)

22,0

24,0

26,0

Futte

rauf

nahm

e (k

g T

M/K

uh u

nd T

ag)

Futteraufnahme = 32,25 - 0,34* Stalltemperatur, R2=0,17, P<0,01

Abb. 1: Beziehung zwischen Futteraufnahme und Stalltemperatur Die Milchkpühe hielten die Milchleistung auf dem gleichen Niveau von 36,8 kg/Kuh und Tag (Abbildung 2). Auch fünf Tage nach der Periode mit er-höhten Stalltemperaturen zeigten die Milchkühe keine wesentlichen Ver-änderungen in der Milchleistung (-0,1 kg Milch/Kuh und Tag). Die Kühe

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 303 -

greifen offensichtlich in Phasen mit hohen Stalltemperaturen auf eigene Körperreserven zurück.

20,0 22,0 24,0 26,0

Stalltemperatur (Grad Celcius)

20,0

30,0

40,0

50,0

Milc

hlei

stun

g (k

g K

uh u

nd T

ag)

Milchleistung = 36,98 - 0,01* Stalltemperatur, R2=0,00, P>0,05

Abb. 2: Regression von Milchleistung und Stalltemperatur 4. Schlussfolgerungen

Im Produktionsbetrieb führten hohe Stalltemperaturen bei Milchkühen zur Verringerung der Futteraufnahme. Die Konstanz der Milchleistung zeigt, dass die Milchkühe auf eigene Körperreserven zurückgreifen. Dies be-günstigt unter Umständen Stoffwechselstörungen sowie nachfolgend Euter-, Klauen- und Fruchtbarkeitsprobleme. Alle baulichen und technischen Maß-nahmen zur Verbesserung des Stallklimas und damit zur Reduzierung der Belastung bei Hochleistungskühen sind auszuschöpfen. 5. Literatur

GfE, 2001: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Milch-kühe und Aufzuchtrinder. DLG-Verlag, Frankfurt am Main

Gruber, L., Steinwidder, A., Guggenberger, T., 2001: Futteraufnahme von Milchkühen. Regulation- wichtige Einflussfaktoren- Vorhersage. ÖAG Info 4/2001

Kirchgeßner, M., 1997: Tierernährung. 10., neubearbeitete Auflage. München: BLV-Verl.- Ges., Frankfurt (Main): DLG-Verl., Münster-

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

- 304 -

Hiltrup: Landwirtschaftsverl., Wien: Österr. Agrarverl., Wabern: Büchler Grafino, (VerlagsUnion Agrar)

Rossow, N., 2005: Gesundheits- und Fruchtbarkeitsmanagement in Milchkuhbeständen Teil 5: Managementaufgaben vom Abkalben bis zum Erreichen der Laktationsspitze. http://www.portal-rind.de/portal/artikel/detail.php?artikel=99, 7.11.2007

Ulbricht, M., Hoffmann, M., Drochner, W., 2004: Fütterung und Tiergesund-heit. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Rationsgestaltung mit Aminosäuren: Das nXAA -System - eine Erweiterung des nXP-Systems A. Schröder1, R. Bennett2, H. Rulquin3 1 Kemin Deutschland GmbH, Köln; 2 Adisseo, Antony, Frankreich; 3 INRA, St-Gilles, Frankreich

1. Einleitung und Problemstellung

Das Ziel der Proteinforschung, egal ob für Schweine, Geflügel oder Wieder-käuer, besteht darin, der höchsten Effizienz der Proteinverwertung nahezu-kommen, so dass ein Maximum des Futterproteins in tierisches Protein um-gewandelt wird. Seit 30 Jahren gibt es weltweit auch im Wiederkäuerbereich effektive Fortschritte vom verdaulichen über das nutzbare zum metabolisierbaren Protein und schließlich auch die Einführung der Aminosäuren im INRA System (INRA, 1989, 2004, 2007; Rulquin et al.,1993, 1998), im NRC System (2001) und entsprechende Anpassungen im niederländischen DVE System sowie im dänischen AAT/PBV und im skandinawischen NorFor System. Mit jedem dieser Schritte wird die Effizienz der Proteinverwertung höher und höher, die Stickstoffverluste in die Umwelt werden reduziert, Energieverluste im Stoffwechsel werden eingespart und Rationskosten sinken (Rulquin, 2001). Ziel dieser Arbeit ist es, eine tragfähige Erweiterung für das deutsche Protein-bewertungssystem (GEH, 1986; GfE, 2001) zu formulieren, mit der die Lysin- und Methioninbedarfsdeckung der Milchkuh in die Rationsgestaltung ein-bezogen werden kann. 2. Material und Methoden

2.1 Generelles Prinzip

In Frankreich wird seit 1993 das Aminosäurenbewertungssystem, basierend auf einer Aminosäuren-Bedarfsableitung aus Dosis-Wirkungskurven (Rulquin et al., 1993) genutzt. Es hat sich seitdem in der Fütterungspraxis außerordentlich be-währt. Da sich, wie in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt, das französische PDI und das deutsche nXP-System sehr ähnlich sind, wurde zur Erweiterung des nXP-Systems wie im französischen System der Dosis-Wirkungsansatz gewählt. – Im deutschen nXP System gibt es bisher weder für den Bedarf noch für die Futtermittel Aminosäurenwerte. Daher war es erforderlich

- den Bedarf der Milchkuh an Lysin und Methionin abzuleiten sowie - die Futtermittel hinsichtlich ihrer Aminosäuren-Gehalte zu bewerten um

die Zufuhr kalkulieren zu können.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

- 306 -

Abb. 1: Vergleich des französischen (PDI System) mit dem deutschen

Proteinbewertungssystem (nXP System) 2.2 Methode zur Ableitung des Aminosäurenbedarfs

Die Grundlagen zur Bedarfsableitung sind bei Rulquin et al. (1993) umfassend dargestellt. Die DCAARET-(Dairy Cow Amino Acid Requirements Elaboration Tools) Datenbank, die auch im französischen System zur Ableitung des Amino-säurenbedarfs genutzt wurde, ist auch Basis der Bedarfsableitung für das nutz-bare Aminosäuren (nXAA)-System. Diese Datenbank enthält Daten von 33 Leistungsversuchen, 128 Behandlungen, 812 Kühen und 63 verschiedenen Futtermitteln. Die Aminosäurenzufuhr wurde für jeden Versuch in nXLys und nXMet-Einheiten ermittelt und Dosis-Wirkungs-kurven mit Regressions-gleichungen für eine zunehmende Lysin- bzw. Methioninzufuhr erstellt.

Da die Kontrollvarianten in den Versuchen der Datenbasis DCAARET ver-schiedene nXAA-Werte hatten, konnte eine direkte Dosis-Wirkungskurve nicht erstellt werden. Daher wurden für jeden Versuch “Referenz-Produk-tionswerte” auf 2,4 nXMet (% nXP) und 7,0 nXLys (% nXP) interpoliert. Die Differenzen zwischen den tatsächlich ermittelten und den „Referenz-Produktionswerten“ wurden für jeden Versuch bestimmt und die Wirkung des Lysin- bzw. Methioninanteils (nXMet bzw. nXLys in % des nXP) auf das Milcheiweiß als Relativwerte ausgedrückt.

PDI Futtermittel PROTEIN

CP ENERGIE

DUODENALER PPOTEINFLUSS

A.A.-Gehalt

A.A. wahr verdaut im Dünn-darm

0,9 145

FOM

100 %

55 % bis

95 %

PDIN PDIE

80 %

80 %

PDIMN

PDIME

MIKROBEN- PROTEIN

fermentiert

PDIA

abbaubar unabbaubar 1,11 × (1-abbaub.)

Pansen

Darm

Portalvene

Stoffwechsel

Euter

MIKROBEN- PROTEIN

UNABGEBAUTES FUTTERPROTEIN

Effizienz der Umsetzung zu mikrobiellem Protein

UNABGEBAUTES FUTTERPROTEIN

PDI

64 %

Milchprotein

PROTEIN XP

ENERGIE ME

nXP

unabbaubar 1,03 × UDP

A.A.-Gehalt im NAN

A.A. Absorption

nXP

Milchprotein

A.A. Verwertung 75 %

85 %

73 %

-6,82 (UDP/XP) × ME

METABOLISIER-BARE AMINO-SÄUREN

+

=

46 % 2,1

39 – 48 %

2,08 – 2,56

Effizienz im Stoffwechsel

11,93 × ME

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Die Konzentrationen an Methionin und Lysin und die jeweils entsprechende Wirkung auf die Milcheiweißmenge relativ zum „Referenz-Produktionswert“ diente zur Kalkulation der Regressionsgleichungen, wobei die am besten mit der Dosis-Wirkungskurve übereinstimmenden quadratischen Gleichungen gewählt wurden. 3. Kalkulation der Aminosäurenzufuhr

Die Ermittlung der Gehalte an nutzbarem Methionin bzw. Lysin in den Futter-mitteln erfolgt auf Basis der Gleichung 9 (GfE, 2001) aus der Summe von un-abgebautem Futtermethionin bzw. Futterlysin (3.1) plus mikrobiellem Methionin bzw. mikrobiellem Lysin (3.2).

Es wurde angenommen, dass das Aminosäurenprofil des unabgebauten Futter-proteins dem des Futtermittels entspricht. Wie von Rulquin und Vérité (1993) in einem Übersichtsartikel zusammengefasst, ist die Variation im Aminosäuren-profil zwischen dem aufgenommenen Futtermittel und dem am Duodenum an-flutenden unabgebauten Futterprotein sehr klein im Vergleich zu den Unter-schieden zwischen Futtermitteln. Die in dieser Arbeit genutzten Lysin- und Methioningehalte für Konzentratfuttermittel entstammen einem INRA Tabellenwerk (INRA, 2004). Die Grobfutterdaten wurden einer separaten Tabelle (Rulquin, unveröffentlicht) und die Werte für das unabbaubare Futter-protein (UDP) der DLG Tabelle (1997) entnommen.

Das Aminosäurenprofil des Mikrobenrohproteins kann von vielen Faktoren, be-einflusst werden: z.B. Methode der Separation und Analytik, Ernährungs-faktoren (Futteraufnahme, Grob-/Konzentratfutterverhältnis,…), Anteil der an Flüssigkeit oder feste Partikel gebundenen Bakterien, Anteil an Protozoen usw.. Da der Einfluss dieser Faktoren bisher nicht zuverlässig geschätzt werden kann, wird in der vorliegenden Arbeit von einem konstantem Aminosäurenprofil aus-gegangen. Die mittleren Aminosäurenanteile am Mikrobenrohprotein, abgeleitet aus 66 Publikationen (Le Henaff, 1991) betragen für Lysin 7,79 g/100 g Roh-protein und für Methionin 2,43 g/100 g Rohprotein. 3.1 Unabgebautes Futtermethionin und unabgebautes Futterlysin

Dieses entspricht dem im Pansen nicht abgebautem Futterprotein: (1,03 × UDP) Gleichung 9, GfE (2001) multipliziert mit dem Methionin- bzw. Lysingehalt vom jedem Futtermittel einer Ration. 3.2 Mikrobielles Methionin und mikrobielles Lysin

Dieses enspricht dem Pansenmikrobenrohprotein: (11,93 – (6,82 × (UDP/XP))) × ME Gleichung 9, GfE (2001)

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

- 308 -

multipliziert mit dem Methionin- bzw. Lysinanteil am Mikrobenrohprotein (konstante Werte, siehe 3.).

3.3 Synthetische Aminosäuren

In Versuchen, in denen synthetische Aminosäuren supplementiert wurden, wurden diese entweder in den Labmagen infundiert oder als pansen-geschützte Produkte verfüttert. Sie werden generell als „verdaulich“, das heißt intestinal verfügbar, beschrieben. Um in Einklang mit den nXAA-Werten aller anderen Futtermittel zu sein, mussten sie auf „nX- Werte“ über-tragen werden. Dazu wurden für die in diesen Experimenten genutzten Futtermittel der DCAARET Datenbank die Koeffizienten des französischen PDI Systems (INRA, 1989) genutzt: im Mittel der DCAARET-Futtermittel sind 65 % des verdaulichen Proteins mikrobiellen Ursprungs und 35 % ent-stammen dem unabgebautem Futterprotein. Der Aminosäurenanteil am Mikrobenrohprotein als auch am unabgebauten Futterprotein beträgt 80 % mit einer wahren Verdaulichkeit von 80 % (Mikrobenrohprotein) bzw. 70 % (unabgebautes Futterprotein). Der daraus abgeleitete Faktor um vom nutz-baren zum verdaulichen Protein zu gelangen beträgt 0,65 × 0,8 × 0,8 + 0,35 × 0,8 × 0,7 = 0,61. Das heißt, um verdauliche Aminosäuren auf nX-Werte umzurechnen, muss man sie durch 0,61 teilen oder mit 1,64 multiplizieren. 4. Bedarf an nutzbarem Methionin und nutzbarem Lysin

Zur Bedarfsableitung wurden, wie oben beschrieben, Dosis-Wirkungskurven erstellt (Abbildung 2). Die Wirkung von Methionin (nXMet, % nXP) auf den Milchproteingehalt variiert von –1,5 bis +1,5 g/kg, wenn die Methionin-gehalte in den Rationen von 2,0 bis 3,0 variieren. Die entsprechende Milch-proteinmenge variiert von –40 bis +60 g/d. – Bei Variation der Lysingehalte (nXLys, % nXP) von 5,37 bis 9,20 ergeben sich relative Milchprotein-gehalte von –3.5 bis +1.0 g/kg. Die entsprechende Wirkung auf die Milch-proteinmenge liegt zwischen –100 und +50 g/d.

Abb. 2: Wirkung von Methionin (nXMet, % nXP) und Lysin (nXLys, % nXP) auf den Milchproteingehalt

y = -1,3891x2 + 8,6443x - 12,687R2 = 0,70

-1,50

-1,00

-0,50

0,00

0,50

1,00

1,50

2,00

1,9 2 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 3 3,1 3,2 3,3

nXMet, % nXP

Rel

. Pro

tein

-Geh

alt,

g/kg

Praktische Empfehlung

y = -0,4651x2 + 7,5516x - 30,037R2 = 0,75

-4

-3

-2

-1

0

1

2

5 5,4 5,8 6,2 6,6 7 7,4 7,8 8,2 8,6 9 9,4

nXLys, % nXP

Rel

. Pro

tein

-Geh

alt,

g/kg

Praktische Empfehlung

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 309 -

Um den Aminosäurenbedarf zu bestimmen wurden die gleichen Regeln wie im französischen System angewendet Es erfolgte eine Ableitung auf Basis der Dosis-Wirkungskurven für den Proteingehalt, weil diese präziser sind als für die Proteinmenge. Der Bedarf wurde wie folgt festgelegt: Volle Bedarfsdeckung = Konzentration bei der maximalen Wirkung minus 0,2 g/kg Milchprotein. Praktische Empfehlung = Konzentration bei voller Bedarfsdeckung minus 0,5 g/kg milk protein. Kritische Grenze = Konzentration bei voller Bedarfsdeckung minus 0,7 g/kg milk protein. Der danach ermittelte Aminosäurenbedarf ist in Tabelle 1 zusammengefasst. Tab. 1: Richtwerte zur Versorgung von Milchkühen mit nutzbarem

Methionin (nXMet in % nXP) und nutzbarem Lysin (nXLys in % nXP)

nXMet (% nXP) nXLys (% nXP) nXLys/nXMet Volle Bedarfsdeckung 2,80 7,50 2,7 Praktische Empfehlungen 2,60 7,10 2,7 Kritische Grenze 2,40 6,90 2,9 5. Vergleich des deutschen nXAA Systems mit dem französischen

AADI System

5.1 Beschreibung der Rationen zum Vergleich der Systeme Tab. 2: Rationen zum Vergleich des deutschen (nXAA, erweitertes nXP

System) mit dem französischen Aminosäurenbewertungssystem (AADI) (kg Trockenmasse/Tier und Tag)

Ration 1 Ration 2 Ration 3 Maissilage

+ SojaGrassilage + Soja

Maissilage + Maiskl.futter

Maissilage 14 14 Grassilage 14 Weizen 3,6 3,6 Mais, Körner 3,6 Sojaextraktionsschrot 2,7 2,7 Maiskleberfutter (eiweissreich) 2,7 Gesamt-Trockenmasse 20,3 20,3 20,3

Obwohl beide Systeme die gleiche Basis haben (gleiche Aminosäurenprofile für Futtermittel und Mikrobenrohprotein, gleiche Datenbasis zur Bedarfs-

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

- 310 -

ermittlung) sind die Werte im deutschen System generell höher als im französischen. Das liegt daran, dass im nXP System nutzbare Aminosäuren kalkuliert werden, während man im PDI System mit den intestinal verdau-lichen Aminosäuren arbeitet Auch werden verschiedene Methoden zur Schätzung des unabaubaren Futterproteins angewendet Jedoch sollte die Zufuhr von Aminosäuren die gleiche Wirkung auf den Eiweißgehalt hervor-rufen. Dieses wurde anhand von drei Testrationen überprüft (siehe Tabelle 2). So wurde einerseits für jede Ration die Zufuhr an Aminosäuren aus-gedrückt als nXAA (in % des nXP) bzw. AADI (verdauliche Aminosäuren in % des PDIE) kalkuliert und des weiteren die Wirkung einer Zulage von pansengeschütztem Methionin auf den Milcheiweißgehalt. 5.2 Kalkulierte Zufuhr

Beide Systeme rangieren die Rationen ähnlich (Tabelle 3): Die Rationen 1 und 2 (mit Sojeextraktionsschrot) stimmen sehr gut überein, während die Ration 3 mit Maiskleberfutter sich sehr von den Rationen 1 und 2 unterscheidet D.h. für Methionin: die Rationen sind sich in beiden Systemen sehr ähnlich: 1,79 und 1,81 im französischen System (MetDI, % PDIE) und 2,18 und 2,15 im deutschen System (nXMet, % nXP). Demgegenüber sind die Methioningehalte in Ration 3 in beiden Systemen deutlich höher: 1,97 im französischen System und 2,25 im deutschen System.

Für Lysin sind die Rationen 1 und 2 ebenso dicht beieinander: 6,71 und 6,79 im französischen System (LysDI, % PDIE) und 6,96 and 7,07 im deutschen System (nXLys, % nXP), während Ration 3 deutlich geringere Lysingehalte ausweist: 5,60 LysDI (% PDIE) und 6,68 nXLys (% nXP).

Mit dem französischen System wird die Ration 3 jedoch differenzierter gewertet als mit dem deutschen System: Lysin ist in Ration 3 viel niedriger als der Durch-schnitt der Rationen 1 und 2 (5,6 vs. 6,75), während diese Werte im deutschen System dichter beieinander liegen (6,03 vs. 6,92). Dieses liegt an den sehr unter-schiedlichen UDP Werten für das eiweißreiche Maiskleberfutter: 71 % im französischen (INRA, 2004) vs. 25 % im deutschen System (DLG, 1997). Tab. 3: Aminosäurenzufuhr kalkuliert nach dem deutschen (nXAA, er-

weitertes nXP System) und dem französischen Aminosäuren-bewertungssystem (AADI) (in % des nXP bzw. % des PDIE)

Ration 1 Ration 2 Ration 3 Maissilage + Soja Grassilage + Soja Maissilage +

Maiskleberfutter Lys Met Lys Met Lys Met

nXAA 6,82 2,18 7,02 2,15 6,03 2,32 AADI 6,71 1,79 6,79 1,81 5,6 1,97

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 311 -

5.3 Wirkung von synthetischen Aminosäuren

Die Regressionsgleichungen, die die Dosis-Wirkungskurven in Abbildung 2 be-schreiben, wurden auch auf die Rationen 1, 2 und 3, jeweils mit und ohne Zusatz von synthetischem Methionin oder Lysin angewendet In Tabelle 4 sind die Wirkungsvorhersagen von Methionin- bzw. Lysin-Zulagen (nXMet bzw. nXLys in % nXP und MetDI bzw. LysDI in % PDIE) auf den Milchproteingehalt für die Rationen 1 bis 3 dargestellt. Die Wirkungsvorhersagen sind sich in beiden Systemen sehr ähnlich mit nur 0,1g/kg mittlerer Abweichung zwischen den Systemen. Die vorhergesagten Effekte sind größer, wenn der Mangel ausgeprägter ist. Tab. 4: Kalkulierte Wirkung von supplementiertem Methionin und Lysin*

auf den Milchproteingehalt (g/kg) Ration 1 Ration 2 Ration 3 Mittelwert Maissilage + Soja Grassilage + Soja Maissilage +

Maiskleberfutter

Lys Met Lys Met Lys Met Lys Met nXAA +0,9 +1,0 +0,7 +1,1 +1,7 +0,8 +1,10 +0,97 AADI +0,6 +1,2 +0,5 +1,0 +1,4 +0,6 +0,83 +0,93

*Wirkung von 20 g nXMet, d.h. 12 g MetDI oder 49 g nXLys, d.h. 30 g LysDI . 6. Schlussfolgerungen und Zusammenfassung

Zusammenfassend kann zunächst festgestellt werden, dass die Wirkung der Aminosäuren auf die Leistung am besten durch den Anteil an nXLys bzw. nXMet am Gesamt-nXP zu erklären ist und weniger durch die Mengen an nXLys bzw. nXMet Diese Feststellung bekräftigt, dass das Konzept des „idealen Proteins“ auch für die Milchkuhernährung seine Gültigkeit hat.

Wenn die „volle Bedarfsdeckung“ zur Versorgung mit Aminosäuren aus öko-nomischer Sicht nicht sinnvoll erscheint, kann man sehr gut mit den „praktischen Empfehlungen“ arbeiten. Unterhalb dieses Niveaus fällt die Leistung erheblich ab, und unterhalb der „kritischen Grenze“ sind auch andere Parameter erheblich be-troffen. Wenn die „Praktische Empfehlung“ nicht zu erreichen sind, ist vorrangig ein nXLys/nXMet-Verhältnis von 2,7 zu 1 anzustreben. – Der Nutzen des Konzeptes „Balancieren der Aminosäuren“ sollte nicht nur die spontane Leistung in Form von Milchmenge und Milchprotein, sondern auch die Sekundäreffekte (Tiergesundheit, Fruchtbarkeit, Umwelt, usw.) einer ausgeglichenen Ration mit berücksichtigen.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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7. Literatur

DLG, 1997: DLG-Futterwertabellen für Wiederkäuer. 7. erweiterte und über-arbeitete Auflage. DLG-Verlag, Frankfurt am Main

GfE, 2001: Ausschuss für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungs-physiologie, Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere. Nr. 8. Milchkühe und Aufzuchtrinder, DLG-Verlag, Frankfurt am Main

INRA, 1989: Ruminant Nutrition – Recommended allowances and feed tables. Editor R. Jarrige. INRA and John Libbey Eurotext, Paris, France.

INRA, 2004: Tables of composition and nutritional value of feed materials. Inra Editions, Paris, France

INRA, 2007: Alimentation des bovins, ovins et caprins – Besoins des ani-maux – Valeurs des aliments – Tables INRA 2007, Editions Quae, c/o INRA, Versailles, France

Le Hénaff L., 1991: Importance des acides aminés dans la nutrition des va-ches laitières. Thèse de docteur 3e cycle, Université Rennes I, 125 p.

Rulquin, H. Vérité R., 1993: Amino acid nutrition of dairy cows: productive effects and animal requirements. In Garnsworthy P.C., Cole D.J.A. (Eds.), Recent Advances in Animal Nutrition. Nottingham Univ. Press, Notting-ham, England, pp. 55-77

Rulquin H., Pisulewski P.M., Vérité R., Guinard J., 1993: Milk production and composition as a function of postruminal lysine and methionine sup-ply: a nutrient-response approach. Livest.Prod.Sci. 37, 69-90

Rulquin, H, Guinard, J., Vérité, R., 1998: Variation of amino acid content in the small intestine digesta of cattle: development of a prediction model, Livestock Production Science 53, 1-13

Rulquin, H., 2001: Amino acids truly digestible in the small intestine : the AADI system for the dairy cow. INRA Prod. Anim., 14 (4), 265-274

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Erste Erfahrungen in der Analytik von Selen und weiteren Spuren- und Mengenelementen in biologischen Matrices mit einem ICP-MS mit Reaktions/ Kollisionszellen-Technologie (ORS-ICP-MS)¶ E. Most1, W. Reiher2, A. Müller1, J. Pallauf1¶ 1Institut für Tierernährung und Ernährungsphysiologie und 2Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement der Justus-Liebig-Universität Giessen, Giessen 1. Einleitung und Fragestellung

Die ICP-MS haben als Multielementmessgeräte in den letzten Jahren auf-grund ihrer Schnelligkeit und ihres hohen Nachweisvermögens zunehmend Eingang bei der simultanen Messung von Mengen- und Spurenelementen in biologischen Proben gefunden. Jedoch sind einige Elemente, wie z.B. Se, durch Interferenzen beeinträchtigt, so dass auf ergänzende Messtechniken nicht verzichtet werden konnte. Durch die in jüngerer Zeit entwickelte Reaktions- und Kollisionszellentechnologie ist es möglich, diese Interferenzen zu reduzieren bzw. ganz zu eliminieren. In der vorliegenden Studie werden erste Ergebnisse mit einem ICP-MS, ausgestattet mit einer Reaktions-/Kollisionszelle, am Beispiel verschiedener Versuchsdiäten, Organe (Leber, Herz) und Blutplasma vorgestellt und mit den Messwerten von ICP-OES bzw. AAS-Hydrid-Technik verglichen.

2. Material und Methoden

Als Probenmaterial wurden Diäten für Ratte, Pute, Ferkel und Meerschwein-chen aus Se-Versuchen ausgewählt, denen definierte Mengen an Se in Form von Natriumselenit, Natriumselenat oder Selenomethionin zugelegt wurden. Die Proben zur Messung von Se in Leber, Herz und Plasma stammten aus einem Se-Versuch mit Puten. Zertifiziertes Referenzmaterial (Rinderleber NIST SRM1577b) diente zur Methodenabsicherung. Die Mineralisierung der Proben erfolgte mit einem Mikrowellen-unterstützten, oxidativen HNO3/H2O2-Aufschluss. Mit den Hochdruckbomben HPV-80 (Fa. MWS, Modell Mega 1200) wurden bei trockenem Material, wie den Diäten, maximal 0,6 g und bei Organen bzw. Plasma bis zu 2 g eingewogen. Die Mengen- und Spurenelemente wurden mit einem ICP-MS, das mit einem Octopol-Reaktionsystem (ORS) (Fa. Agilent, Modell 7500ce) ausgestattet war, bestimmt. Hierbei wurden von jedem Element verschiedene Isotope (Ausnahme: monoisotopische Elemente Na, K, P, Mn) mit den unterschied-lichen Gaseinstellungen „mit H2“ (H2), „mit He“ (He) oder „no gas“ (ng)

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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ausgewählt. Die Versuchsdiäten wurden 1:10, Plasma, Herz und Leber 1:2 nachverdünnt. Die Quantifizierung erfolgte mit Multielementstandards über externe Kalibrierung in Kombination mit Sc und Y als Interne Standards. Vergleichend zu dieser Technik wurden in den Diäten die Mengenelemente Na, Mg, P, K und Ca sowie die Spurenelemente Fe, Mn, Cu und Zn mit einem ICP-OES (Fa. Thermo, Modell PU 701) gemessen. Für die Se-Bestimmung nach der VDLUFA-Verbandsmethode kam ein AAS der Fa. Thermo (Modell Solaar S2) mit Deuterium-Untergrundkompensation zum Einsatz, das mit einer Hydrideinheit mit kontinuierlichem Fließsystem (Fa. Thermo, Modell PU9360X) betrieben wurde. Tab. 1: Geräteparameter ICP-OES und ORS-ICP-MS Parameter ICP-MS-ORS, 7500ce,

Fa. Agilent ICP-OES, PU701, Fa. Unicam

Messprinzip Quadrupol, Massen Echelle Optik, Wellenlängen Leistung 1500Watt 1000 Watt Plasma, Beobachtung axiale radiale Zerstäuber Babington Hildebrand-Grid Zerstäuberdruck 0,1 rps 37 psi Make up Gas 0,26 L/min Carrier Gas Fluss 0,88 L/min Messzeit 0,3 sec (Se: 0,9 sec) Octopol RF 170 V Octopol bias -6 V Gaseinstellung der ORS: Reaktionszelle Kollisionszelle

H2: 5 ml/min He: 5 ml/min

Isotop (Reaktionsgas) 1= H2, 2=He, 3=ohne Gas

23Na (1,2), 24Mg (1,2,3), 25Mg (1,2,3), 26Mg (1,2,3),31P (1,2,3), 39K(1,2), 42Ca (1,2,3), 43Ca (1,2,3), 44Ca(1,2,3), 46Ca (1,2,3), 54Fe(1,2,3), 56Fe (1,2,3), 57Fe(1,2,3), 55Mn, 63Cu (1,2,3), 65Cu (1,2,3), 66Zn (1,2,3),68Zn (1,2,3), 76Se (1,2,3), 77Se (1,2,3), 78Se (1,2,3),80Se(1,2), 82Se (1,2,3)

3. Ergebnisse

3.1 Selen

Matrixunabhängig konnten für Se auf den Massen 76, 77 und 78 im H2-Modus gute Übereinstimmungen mit den Referenzwerten erzielt werden (Abb. 1). Helium, als Kollisionsgas zur Unterdrückung polyatomarer Inter-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

- 315 -

ferenzen, eignete sich für die Massen 76, 77, 78 und 82 bei Organen und Putenplasma.

Der „no gas“-Modus war nur auf der Masse 82 empfehlenswert. Keine störungsfreie Messung war unter den gewählten Bedingungen auf der Masse 80, dem Hauptisotop des Selens, zu erzielen.

Abb. 1: Vergleichende Darstellung der Se-Gehalte gemessen mit dem ICP-

MS im Vergleich zu den AAS-Hydrid-Werten (=100 %) und dem zertifizierten Gehalt der NIST-Rinderleber in %

3.2 Weitere Spurenelemente

Die Messung der Isotope von Fe, Mn, Cu und Zn (Tab. 1) erbrachte im H2- und He-Modus gute Übereinstimmungen mit den ICP-OES-Werten. Einschränkend muss für Cu berücksichtigt werden, dass die Messwerte bei den Diäten im unteren Bereich der Eichung lagen. Im „no gas“-Modus waren die geringsten Wiederfindungen, unabhängig von Isotop und Matrix zu beobachten.

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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Tab. 1: Mit dem ICP-MS gemessene Gehalte an Fe, Mn, Cu und Zn im Ver-gleich zu den ICP-OES-Werten (100 %) und dem zertifizierten Ge-halt der Rinderleber in %

Element ModusNIST

RinderleberPuten-

DiätSchweine-

Diät

Meerschwein-chen-Diät

Ratten-Diät

Fe - Soll mg/kg 184,0 113,6 172,1 51,8 68,2100 % 100 % 100 % 100 % 100 %

Fe 54 H2 % 117,8 107,8 109,6 104,8 104,7Fe 54 He % 112,2 108,6 101,8 98,0 96,2Fe 54 no gas % 103,0 93,0 87,5 75,7 79,1

Fe 56 H2 % 116,7 116,0 107,5 104,8 104,4Fe 56 He % 110,4 107,4 98,8 99,4 95,8

Fe 57 H2 % 116,4 116,6 106,0 104,0 103,9Fe 57 He % 109,3 107,9 98,5 97,2 94,7Fe 57 no gas % 89,6 119,9 94,1 84,7 85,9

Mn - Soll mg/kg 10,5 74,5 45,5 59,2 21,6100 % 100 % 100 % 100 % 100 %

Mn 55 H2 % 98,3 93,2 90,3 93,2 91,8Mn 55 He % 95,0 92,1 87,8 88,9 83,3Mn 55 no gas % 90,5 81,5 79,3 79,0 77,4

Cu - Soll mg/kg 160,0 12,4 10,9 7,9 11,5100 % 100 % 100 % 100 % 100 %

Cu 63 H2 % 101,2 68,7 68,9 70,7 69,1Cu 63 He % 88,6 71,0 75,5 77,5 74,0Cu 63 no gas % 72,4 79,8 65,4 65,8 62,6

Cu 65 H2 % 98,5 79,3 69,6 72,3 70,1Cu 65 He % 88,2 74,6 75,7 77,4 74,0Cu 65 no gas % 70,9 68,1 62,2 62,9 60,3

Zn - Soll mg/kg 127,0 71,1 127,3 34,5 60,7100 % 100 % 100 % 100 % 100 %

Zn 66 H2 % 84,8 92,0 100,6 98,4 97,0Zn 66 He % 81,9 86,5 92,8 91,3 87,9Zn 66 no gas % 73,8 78,0 80,3 79,0 75,7

Zn 68 H2 % 84,4 90,7 99,7 97,5 95,9Zn 68 He % 82,2 86,2 91,6 92,0 87,3Zn 68 no gas % 74,0 78,2 80,0 77,6 75,0

Soll-Wert bei NIST-Rinderleber = zertifizierter WertSoll-Wert bei Versuchsdiäten = ICP-OES-Wert 3.3 Mengenelemente

Für die Mengenelemente Na (m23), Mg (m24, m25, m26), P (m31), K (m39) und Ca (m42, m43, m44) konnten im H2- ebenso wie im He-Modus gute Übereinstimmungen mit den mit dem ICP-OES gemessenen Konzentrationen der Versuchsdiäten (= 100 %), ebenso wie mit der NIST-Rinderleber (zertifizierter Gehalt = 100 %) erreicht werden. Im „no gas“-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Tierische Produktion und Futtermittel

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Modus (ng) lagen die Konzentrationen zumeist bis zu 10-20 % unter dem Referenzwert (Abb. 2).

Abb. 2: Vergleichende Darstellung der Gehalte von Na, K, P (Abb. 2a), Mg

(Abb. 2b) und Ca (Abb. 2c) gemessen mit dem ICP-MS in Bezug zu den ICP-OES-Werten (100 %) und dem zertifizierten Gehalt der NIST-Rinderleber in %

Das nur mit geringer Häufigkeit (Abundanz: 0,004 %) vorkommende Isotop 46Ca war für die niedrigen Ca-Gehalte in der NIST-Rinderleber nicht mehr als Messgröße geeignet, erzielte aber bei den höher konzentrierten Diäten im

Tierische Produktion und Futtermittel Kongressband 2008

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„no gas“- wie auch im H2-Modus mit den ICP-OES-Werten gute Vergleich-barkeiten. 4. Schlussfolgerung

Insgesamt betrachtet war es möglich, in einem einzigen Messgang Mengen- wie auch Spurenelemente in sehr unterschiedlichen Matrices in zufrieden-stellender Weise zu quantifizieren. Besonders für Se bedeutet diese Technik einen großen Fortschritt, da durch den Einsatz der Kollisions- und Re-aktionszelle auf die sehr arbeits- und zeitintensive AAS-Hydridmessung ver-zichtet werden kann. Weiterer Optimierungsbedarf besteht allerdings noch in den Geräteeinstellungen, wie z.B. Plasmabedingungen, Integrationszeiten, Zerstäuberwahl und Tuning-set-up. 5. Literatur

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungs-anstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2006: Methode 11.6.2 Bestimmung von Selen in Futtermitteln, Fließinjektions-Hydrid-AAS-Methode Handbuch der Landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Bd. III, Die Untersuchung von Futtermitteln, 3. Aufl., 1.-5. Ergänzungslieferung, VDLUFA-Verlag Darmstadt

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Erfassen und Bewerten von Treibhausgasemissionen im landwirtschaftlichen Betrieb H. Eckert1

1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung und Situation

Die Landwirtschaft ist an den Gesamtemissionen der Treibhausgase (THG) in Deutschland zu ca. 11 % beteiligt und gilt damit als bedeutender Emittent. Das macht die Erfassung der Emissionsinventare im landwirtschaftlichen Betrieb nötig, weil Maßnahmen zur Verminderung von THG dort ansetzen müssen, wo sie entstehen. Nur so können Minderungspotenziale erkannt, Beratungsangebote genutzt und gegenüber der Öffentlichkeit argumentative Kompetenz gewahrt werden. Zur Erfassung des Emissionsinventars gibt es einheitliche Berechnungsverfahren, die auch einzelbetrieblich anwendbar sind (NIR, 2007, IPCC, 2006, Dämmgen et al., 2008). Auf Beschluss des USL-Fachausschusses ist 2004 die THG-Emission in das Kriteriensystem KUL (Übersichten s. Eckert et al., 1999, Breitschuh et al., 2008) ein-gegliedert worden. Die Landwirtschaft emittiert neben CO2 auch die hinsichtlich Klimawirk-samkeit wesentlich potenteren Treibhausgase CH4 (Rinderhaltung) und N2O (Stickstoffumsatz), die einen GWP-Faktor von 21 bzw 310 aufweisen (CO2=1). Gemessen an der Wertschöpfung ist daher die THG-Emission des Agrarsektors überproportional hoch (Tabelle 1). Tab. 1: THG-Emission der deutschen Landwirtschaft (NIR1 2007,

Wegener 2007)

Treibhausgas 2004 t

CO2-Äq/ha LF

Mt CO2-Äq

rel. zu Deutschland

CO2 48 5 2,8 CH4 25 44 1,5 N2O 40 65 2,4 ∑ Landwirtschaft 113 11 6,6 ∑ Deutschland 1017 100 -

1 National Inventory Report (Nationales Treibhausgasinventar)

Insgesamt emittiert die deutsche Landwirtschaft 113 Mt CO2-Äq (ca. 11 % der Gesamtemission Deutschlands). Das entspricht ca, 6,6 t CO2-Äq. je ha

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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LF. Davon entfallen 2,8 t auf CO2, 1,5 t auf CH4 und 2,4 t auf N2O. Die rel. hohe Emission bei CO2 und N2O wird vor allem durch die Bearbeitung organischer Böden verursacht, die mit einer Emission von fast 30 Mt CO2-Äq (1,7 t CO2-Äq/ha) den größten Einzelposten der landwirtschaftlichen THG-Emission stellen (Wegener, 2007). 2. Erfassen und Bewerten landwirtschaftlicher THG-Emissionen

2.1. Ermittlung des THG-Inventars im Landwirtschaftsbetrieb

Die Aufnahme des betrieblichen Emissionsinventars muss Mindest-anforderungen entsprechen, um neben betrieblichen Beratungsaufgaben auch eine außerbetriebliche Ergebnisverwendung zu ermöglichen. Sie muss - vollständig sein und Ausgrenzungen begründet benennen, - hinreichend genau sein, - weitgehend den Richtlinien entsprechen und - dokumentiert und reproduzierbar sein (Dämmgen und Lüttich, 2002). Das Grundprinzip aller Berechnungen zur Erfassung von THG besteht darin, eine Aktivität mit einem Emissionsfaktor zu belegen: Emissionsstrom = Aktivität * Emissionsfaktor Beispiele: CO2-Emission = Energieverbrauch in GJ * CO2-Emission je GJ CH4-Emission = Anzahl Tierplätze * CH4-Emission je Tierplatz N2O-Emission = N-Umsatz in kg N/ha * N2O-Emssion je kg N-Umsatz.

Dabei wird zwischen einfacheren Verfahren, die sich auf statistische Größen und mittlere Emissionsfaktoren stützen, verbesserte Verfahren, die sich zu-mindest teilweise auf gemessene oder berechnete Ausgangsgrößen beziehen und detaillierte Verfahren, die den Gesamtprozess in Teilprozesse bzw. Teil-populationen auflösen, unterschieden (IPCC 2006, Dämmgen et al. 2008, unveröff.) Für Landwirtschaftsbetriebe kommt je nach THG und betrieb-licher Datenlage der detaillierte bzw. verbesserte Ansatz in Frage, wobei Letzteres von der Datenqualität des jeweiligen Auswertungsbetriebs abhängt. 2.1.1 CO2-Emission

CO2 entsteht direkt durch den Verbrauch von Energieträgern (Treibstoffe, Brennstoffe, Zukauffutter, Saatgut etc.) und indirekt durch den Verbrauch von Betriebsmitteln, deren Herstellung zu CO2-Emissionen führt (Strom, Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel etc.). Daneben entstehen erhebliche CO2-Emissionen durch Netto-Mineralisationsprozesse (Humusoxidation) und durch Kalkung. Aufgrund der unzureichenden Datenlage werden beide Prozesse in KUL vorerst nicht berücksichtigt. Allerdings ist vorgesehen in

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Betrieben, die organische Böden bearbeiten, die zusätzliche CO2- und N2O-Emission zu erfassen.

Grundlage zur Erfassung des CO2-Emissionsinventars ist die Energiebilanz, die den direkten und indirekten Verbrauch an Energieträgern in GJ ermittelt. Durch Multiplikation des Heizwerts (GJ) mit dem Emissionsfaktor (kg CO2/GJ) des jeweiligen Energieträgers ergibt sich der CO2-Emissionsstrom.

Ausgegrenzt werden nicht eindeutig quantifizierbare Energieinputs (mensch-liche Arbeitskraft, Immobilienbestand, Maschinen und Geräte), deren Be-wertung unklar ist und in der Literatur auch sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Da der Anteil dieser Größen am Gesamtenergieinput gering ist und in keinem Verhältnis zum hohen Erhebungsaufwand steht, ist eine Ausgrenzung im Interesse von Transparenz und Machbarkeit zu rechtfertigen (Pimentel, 1992; Born, 1992). 2.1.2 CH4-Emission

Hauptquellen der CH4-Emissionen aus der Tierhaltung sind die direkte stoffwechselbedingte (ruminale) Emission, die ca. 80 % der gesamten Methanemission ausmacht und die Emission aus Wirtschaftsdünger, die mit ca. 20 % veranschlagt wird. Für die ruminale Emission berechnet sich der CH4-Emissionsfaktor EF nach EF = BE * XCH4/ECH4 (IPCC 2006). EF = CH4-Emissionsfaktor (kg CH4/Tier*a) BE = Bruttoenergie des Futters (MJ/Tier*a) XCH4 = CH4-Konversionsrate (Anteil Bruttoenergie, der in CH4 umgewandelt wird =0,065 für Rinder) ECH4 = Energiegehalt CH4 (55,56 MJ/kg CH4).

Für Tiergruppen, für die der Bruttoenergie des Futters nicht belegbar zur Verfügung steht, kommen Standard-Emissionsfaktoren zum Einsatz, die ver-bindlich vorliegen (NIR, 2007).

Die Emission aus dem Wirtschaftsdüngermanagement berechnet sich aus dem Anteil des umsetzbaren C, der sich aus Futterverdaulichkeit und Asche-gehalt ermittelt (NIR, 2007).

EFWD = VS * 365 d * BO * PCH4 * MCF EFWD = CH4-Emissionsfaktor (kg CH4/Tier*a) VS = umsetzbarer C (Futter-TM * (1-V) * (1-A)); V= %Verdaulichkeit/100, A = % Asche/100) BO = Methan-Bildungspotential (m³ CH4/kg VS) PCH4 = Dichte von Methan (0,67 kg/m³) MCF = Konversionsfaktoren für Aufstallung und Klimaregion

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Auch hier ist in Ermangelung exakter betrieblicher Daten auf Standardwerte zurückzugreifen, die das Methanbildungspotential aus den Exkrementen verbindlich vorgeben (Dämmgen et al., 2008, IPCC, 2006). 2.1.3 N2O-Emission

Es sind im Wesentlichen die Prozesse der Nitrifikation (NH3 NO3) und der Denitrifikation (NO3 N2), durch die N2O freigesetzt wird, das dann via Bodenluft die Atmosphäre erreichen kann. Einflussgrößen für diesen Prozess sind die N-Umsatzraten sowie Bodenparameter wie Temperatur, Luftvolumen, Wassersättigung etc. In Anlehnung an IPCC (1995) und Dämmgen et al. (2002 und 2008) wird unabhängig von der Art des N unter-stellt, dass 1 % des Stickstoff-Umsatzes als N2O-N emittiert wird. Auf dieser Grundlage erfolgt die Berechnung der N2O-Emission nach

N2O-Emission (kg N2O/ha) = N-Umsatz (kg N/ha) * 1,57

100

(1,57 = N2O/N2O-N) Als N-Umsatz zählt jede Art der N-Einbringung in den Boden (Wirtschafts-dünger, Mineraldünger, symbiontische N-Bindung, Rückführung von Ernte-rückständen, Gründüngung, NH3-Emissionen etc.). 2.2 Kriterien zur Beurteilung der THG-Emissionen im Landwirt-

schaftsbetrieb

Im Rahmen von KUL charakterisieren zwei Kriterien die Treibhausgas-emission des Betriebs:

a) die spezifische Emission (Emission in kg CO2-Äq je GJ Markt-

produktion), die angibt, wie viel kg CO2-Äq emittiert worden sind, um 1 GJ Marktprodukt zu erzeugen und

b) der Treibhausgassaldo in kg CO2-Äq/ha, der die Netto-CO2-Vermeidung kennzeichnet

Die Dokumentation der betrieblichen THG-Emission und Berechnung der beiden Kriterien erfolgt über ein Excel-Arbeitsblatt (Tab. 2), das Art und Um-fang der THG-Emissionen, die Marktproduktion und die Berechnung der beiden Kriterien angibt. Die linke Spalte zeigt die diversen THG-Quellen (Aktivität) des Produktionsprozesses vom Treibstoffverbrauch bis zur NH3-Emission. Die zweite Spalte kennzeichnet die Größe der jeweiligen Aktivität in GJ, N oder kg CH4 und die nächsten vier Spalten geben die Emission in kg/ha für die drei THG

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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und die einheitliche Bezugsgröße kg CO2-Äq an, die sich aus kg THG multi-pliziert mit dem GWP-Faktor des jeweiligen THG ergibt. 2.2.1 Ermittlung der spezifischen Emission

Für den Beispielsbetrieb ermittelt sich eine Emission von 5434 kg CO2-Äq, ein Wert der wenig aussagt, aber durch Bezug auf das verkaufte Markt-produkt aussagefähig wird. Die Marktproduktion umfasst den Verkauf pflanzlicher und tierischer Marktprodukte und evtl. den Verkauf von Wärme, Strom oder Rapsöl. Im Beispiel (Tab. 2) sind das 100,7 GJ/ha. Aus THG-Gesamtemission (kg CO2-Äq) geteilt durch die Marktproduktion (GJ), ergibt sich die spezifische Emission mit 54 kg CO2-Äq/GJ Marktproduktion. Der betriebsspezifische Toleranzbereich liegt zwischen 42 und 63, d.h. der ermittelte Wert lieht im Toleranzbereich.

Tab. 2: Erfassung der THG-Emission im Landwirtschaftsbetrieb

Betrieb Tierbesatz: 0,5 RGV/ha; BF = 1000 ha; 15 % E.-Pflanzen THG-Emission in kg/ha Bilanzfläche (BF)

Aktivität je ha BF CO2 CH4 N2O ∑ CO2-

Äq Zukauf Treibstoffe 4,7 GJ 343 - - 343 Mineraldünger 6,0 GJ 340 - 2,2 1016 Strom (0,35 MWh) 3,9 GJ 216 - - 216 Futter 18,4 GJ 1840 - - 1840 Sonstiger Zukauf 2,0 GJ 146 - - 146 Gülle (0,5 GV) + 50 ha BG-Gülle (35/8) 43 kg N - 18 0,7 587

Ruminale CH4 –Emission 55 kg CH4

- 55 - 1155

Symbiontische N-Bindung 10 kg N - - 0,2 48 NH3-Emission (0,5 GV+50 ha BG-Gülle) 17 kg N - - 0,3 83

Summe THG-Emission (kg/ha BF) 2885 73 3,4 5434 Verkauf pflanzlicher Markt-produkte/ha 75,4 GJ * 100 kg CO2-Äq/GJ 7540

Verkauf tierischer Markt-produkte/ha 8,8 GJ * 70 616

Verkauf Wärme, Strom, Rapsöl 16,5 GJ * 85; 56; 73 kg CO2-Äq/GJ 1126

Summe Marktproduktion/ha BF 100,7 GJ 9282 Spez. THG-Emission (kg CO2-Äq/GJ M.-Produkt) 54 Toleranzbereich < 42 ... 63

THG-Saldo (kg CO2-Äq/ha BF) 3849 Toleranzbereich > 4515 … 3010

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 324 -

2.2.2 Ermittlung des THG-Saldos

Der THG-Saldo errechnet sich aus

THG-Saldo (kg CO2-Äq/ha) = Marktprodukt (GJ) * Emissionsfaktor (kg CO2-Äq/GJ) minus THG-Emission (kg CO2-Äq/ha)

und gibt Auskunft über die effektive THG-Vermeidung des Betriebs. Für den Beispielbetrieb errechnet sich ein THG-Saldo von 3849 kg CO2-Äq/ha (9282 kg CO2-Äq minus 5434 kg CO2-Äq). Das kennzeichnet die Menge an CO2-Äq die der Atmosphäre netto entzogen und als Marktprodukte verkauft worden sind. Die Menge von 3850 kg/ha entspricht der CO2-Emission, die beim Verbrennen von ca. 1,2 t Heizöl freigesetzt wird. Das ist als erheblicher umweltentlastender Effekt zu werten. Vorbehalte, dass dieser C-Export aus dem Betrieb keine wirkliche CO2-Entlastung darstellt, weil außerhalb des Betriebs durch Verstoffwechselung der Marktprodukte eine CO2-Entbindung stattfindet, haben keine Grundlage. Betrachtungsebene von KUL ist der einzelne landwirtschaftliche Betrieb und nicht die Volkswirtschaft, und es liegt auch nicht im Einflussbereich des Landwirts, ob die verkauften Markt-produkte als Energieträger zur Substitution fossiler Rohstoffe dienen oder als Nahrungsmittel verstoffwechselt werden. 2.3 Bewertung der Kriterien

Mit den Kennziffern spezifische Emission und THG-Saldo lassen sich Landwirtschaftsbetriebe hinsichtlich ihres THG-Emission zuverlässig be-werten, Mängel aufdecken und in Verbindung mit den anderen KUL-Kriterien die zugrunde liegenden Ursachen benennen, aus denen sich ent-sprechende Handlungsoptionen ableiten lassen.

Die Bewertung muss allerdings berücksichtigen, dass die Höhe der THG-Emission struktur- und standortbedingt ist. Ein tierhaltender Betrieb kann ebenso wenig die spezifische Emission und den THG-Saldo eines viehlosen Betriebs erreichen, wie ein Betrieb in benachteiligter Lage die Flächen-produktivität einer begünstigten Lage. Grundsatz muss daher sein, optimal bewirtschafte Betriebe unterschiedlicher Struktur ähnlich zu bewerten, um sicher zustellen, dass festgestellte Mängel Managementprobleme und nicht strukturelle oder standörtliche Unterschiede widerspiegeln. Es waren mithin Bewertungsalgorithmen zu schaffen, die unvermeidliche Einflüsse von ver-meidlichen trennen.

Als unvermeidliche Einflussfaktoren gelten z.B. - abfuhrorientierte Düngung (PK-Saldo = 0; N-Saldo = 0...20) - standortangepasste Tierhaltung (Flächenproduktivität > Futterbedarf) - angemessene tierische Leistungen (1 RGV = 16 GJ Marktproduktion; 4 t Milch, 0,4 t Fleisch)

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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- angemessenes Ertragsniveau (130 ... 70 GJ/ha) - normgerechter Energieeinsatz (400 kWh/GV; 100 l Diesel/ha) etc. Die bisherigen Ergebnisse an über 100 Betrieben aus dem gesamten Bundes-gebiet zeigen, dass mit diesem Vorgehen Betriebe sehr unterschiedlicher Standorte und Struktur zuverlässig bewertet werden können. 3. Literatur

Born, P., 1992: CO2-neutrale Energieträger aus Biomasse? BWK 44, S. 271-274

Breitschuh, G., Eckert, H., Matthes, I., Strümpfel, J., 2008: Kriteriensystem nach-haltige Landwirtschaft. KTBL-Schrift 466

Dämmgen, U., Lüttich, M., 2002: Spurengasemission aus der deutschen Tier-haltung. In: Agrarspektrum, Bd. 34 Umweltrelevante Spurengase in der Land- und Forstwirtschaft. Hrsg. Dachverband Agrarforschung

Dämmgen, U., Lüttich, M., Döhler, H., Eurich-Menden, Brigitte, Osterburg, B., 2002: GAS-EM - ein Kalkulationsprogramm für Emissionen aus der Land-wirtschaft, Abschnitt 7.3. In: Landbauforschung Völkenrode 52, S. 19-42.

Dämmgen, U., Lüttich, M., Haenel, H.-D., Döhler, H., Eurich-Menden, B., Oster-burg, B., 2008: Nationaler Inventarbericht 2008 für 2006 - Emissionen aus der deutschen Landwirtschaft (unveröff.)

Eckert, H., Breitschuh, G., Sauerbeck, D., 1999: Kriterien umweltverträglicher Landwirtschaft (KUL) – ein Verfahren zur ökologischen Bewertung von Landwirtschaftbetrieben. Agribiological Research 52, 57-76

IPCC, 1995: Guidelines for National Greenhouse Inventories. Vol 3. Greenhouse gas inventory reference manual. University Press, Cambridge, UK.

IPCC, 2006: Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories, Volume 4: Ag-riculture, Forestry and Other Land Use.

NIR, 2007: Berichterstattung unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen 2007.

Nationaler Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar 1990-2005, Umweltbundesamt

Pimentel, D., 1992: Energy inputs in production agriculture. In: Stout, B. A.: En-ergy in World Agriculture. Vol. 6: Fluck, R. (Ed.) Energy in farm production, 13-29, Elsevier

Wegener, J., 2007: Treibhausgas-Emissionen in der deutschen Landwirtschaft – Herkunft und technische Minderungspotenziale unter besonderer Berück-sichtigung von Biogas, Dissertation Universität Göttingen

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Vergleich des Energiepflanzenanbaus unter variierenden Standortbedingungen Ch. Strauß1, A. Nehring1, A. Vetter1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Ziele und Aufbau des Verbundprojektes „EVA“

Zur Erstellung von Entscheidungshilfen für den Anbau von Energiepflanzen für die landwirtschaftliche Praxis, werden im Rahmen des vom BMELV über die FNR finanzierten Verbundvorhabens „EVA“1 seit 2005 Anbausysteme getestet, die sowohl pflanzenbaulich, ökonomisch als auch ökologisch fundierte Aussagen zur optimalen Bereitstellung von Energiepflanzen liefern sollen.

Das Verbundprojekt besteht aus sechs Teilprojekten und verschiedenen Satellitenprojekten, in die eine Vielzahl von Partnern integriert sind. Im Zentrum des Verbunds steht ein Fruchtfolgeversuch mit deutschlandweit fünf Fruchtfolgen, die in sieben Bundesländern einheitlich angebaut werden. Darüber hinaus werden Fragestellungen zu alternativen Anbausystemen wie dem Zweikulturen-Nutzungssystem oder dem Mischfruchtanbau, zur Nutzung von mehrjährigem Ackerfutter, zur optimalen Intensität des Faktor-einsatzes (Beregnung, Bodenbearbeitung, Düngung und Pflanzenschutz) sowie zu den Substrateigenschaften und der Biogasausbeute durchgeführt. Begleitet werden die Fragestellungen durch eine ökologische und öko-nomische Begleitforschung sowie durch Praxisversuche. Durch die vernetzte Bereitstellung von Daten ist die Betrachtung der gesamten Prozesskette von der Aussaat bis zur Biogaserzeugung gewährleistet

Die Einbindung verschiedener Standorte ermöglicht es, Aussagen über den Energiepflanzenanbau in ganz Deutschland zu treffen. Sowohl im Frucht-folgeversuch, dem Systemversuch zum Zweikulturnutzungssystem als auch im Satellitenversuch zu Ackerfuttermischungen werden Standortvergleiche möglich. Im vorliegenden Artikel werden Auszüge dieser Ergebnisse vor-gestellt, die in umfangreicher Form auch in der Broschüre „Standort-angepasste Produktionssysteme für Energiepflanzen“ der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe veröffentlicht wurden (Abb. 1) 1 „Entwicklung und Vergleich von Standortangepassten Anbausystemen für die landwirtschaftliche Produktion von Energiepflanzen unter den verschiedenen Standortbedingungen Deutschlands.“

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Abb. 1: Standorte des Fruchtfolgeversuchs (rot), des Systemversuchs zum

Zweikultur-Nutzungssystem (grün) und des Ackerfutter-Satellitenversuchs (blau)

2. Fruchtfolgeversuch Abbildung 2 gibt eine Übersicht über die Charakteristika der verschiedenen Standorte des Fruchtfolgeversuchs. In diesem wird der Anbau verschiedener Kulturen, sowohl in Haupt- als auch in Zweitfruchtstellung vorgenommen. Neben Wintergetreide und Getreidemischungen werden Mais, Hirsen und Ackergräser in den Fruchtfolgen kombiniert. Berücksichtigung finden auch Zwischenfrüchte.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Abb. 2: Standortcharakteristika der Standorte des Grundversuchs im Rahmen des EVA-Projektes

3. Ergebnisse

Insgesamt lassen sich mit Fruchtfolgen, die sowohl massereiche C4-Sommerungen und Wintergetreide so wie weitere C3- bzw. C4-Glieder ent-halten auf allen untersuchten Standorten die höchsten Erträge erzielen.

Mais bleibt in den Fruchtfolgesystemen die Fruchtart, die auf den meisten Standorten und unter den dort vorherrschenden Bedingungen die höchsten TM-Erträge liefert. (Mittelwert über die Standorte: 188,68 dt TM/ha). Im Jahr 2007, in dem die spezifische Witterung optimale Bedingungen für den Maisanbau schaffte, lagen Maiserträge auch in den trocken-sandigen Regionen Ostdeutschlands deutlich über denen aller anderen Kulturarten. Bei einer Betrachtung von Jahren mit geringeren Niederschlägen, zeigt sich, dass Hirsearten (sorghum bicolor bzw. sorghum sudanense x sorghum bicolor) dort ein vergleichbares Ertragsniveau erreichen. So wurden sowohl in Dornburg 2005 als auch in Güterfelde 2006 mit Sudangrashybriden gegenüber Mais höhere Erträge erzielt (175,53 vs. 163,49 dt TM//ha bzw. 99,46 vs. 88,24 dt TM/ha).

Auch Wintergetreide konnte vor allem an den Standorten, an denen eine geringere Vorzüglichkeit von Mais vorliegt, als wichtige Alternative genannt werden. In Dornburg konnten 2006 136,9 dt TM/ha2 und 2007 145,0 dt TM/ha3 als Ganzpflanzenertrag erreicht werden. Untermauert wurden diese Erträge durch einen an den Landessortenversuchen angelehnten Versuch zur Ermittlung von Ganzpflanzenerträgen, bei dem auf drei thüringer Standorten 2 Fruchtfolge 5 - 2006, BBCH 83,Vorfrucht: Hafersortenmischung 3 Mittel aus Fruchtfolge 1 und 3, jeweils 2007, BBCH 83; Vorfrüchte Mais bzw. Sudangrashybride.

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

31 48 31 36 63 45 75

Werlte Gülzow Güterfelde Trossin Dornburg Ascha Ettlingen

NS MV BB SN TH BY BW

0

2

4

6

8

10

12durchschnittliche Jahrestemperatur

(°C) Niederschlag (mm) Temperatur (°C)durchschnittlicher

Jahres-iederschlag(mm)

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- 329 -

MaisSommergersteÖlrettichWintertriticale

FutterhirseWinterweizen*

Sudangrashybride

Winterroggen

WeidelgrasKleegras

Hafersortenmischungen

Raps

Gesamttrockenmasse-Erträge im Mittel aller Standortefür die Anlage 1

0

100

200

300

400

500

600

FF 1/05 FF 2/05 FF 3/05 FF 4/05 FF 5/05

Ges

amttr

ocke

nmas

seer

trag

[dt/h

a]

K

S

K K

K

KK

S

K

ZwF

ZwF

ZF

ZF

ZwF

S Strohertrag bei KornnutzungK KornertragZF ZweitfruchtstellungZwF Zwischenfrucht

als mittlerer Ertrag verschiedener Triticalesorten 2007 Erträge zwischen 147,4 dt TM/ha und 202,0 dt TM/ha erzielt werden konnten (Schreiber et al., 2007).

Abb. 3: Gesamt-Trockenmasseerträge im Mittel der Standorte 2005 – 2008

(Anlage 1) Neben den hohen Trockenmasseerträgen sprechen aber auch die niedrigeren Kosten beim Anbau für Ganzpflanzengetreide. Obwohl an den trocken-sandigen Standorten die errechneten Methanhektarerträge von Winter-getreide-Ganzpflanzensilage nur etwa 75-80 % des Wertes von Mais er-reichten, lagen die Gewinnbeiträge des Getreideanbaus vor allem aufgrund geringerer Saatgut-, PSM- und Erntekosten über dem Maisanbau (Toews, 2008)

Neben der Betrachtung der Einzelkultur interessiert im Rahmen des Ver-bundprojektes auch die Kombination aus Winterkultur und massewüchsiger Sommerung. Die Kombination der Zwischenfrucht Grünschnittroggen4 mit Mais (Fruchtfolge 3) oder einer Sudangrashybride (Fruchtfolge 3) lässt sich im Rahmen der Fruchtfolgen einer Hauptfruchtnutzung von Mais (Frucht-folge 1) gegenüberstellen (Abbildung 4). Im Mittel der Jahre 2006 und 2007 konnte Mais als Zweitfrucht besser abschneiden als Sorghum. Eine Ertrags-steigerung durch die Kombination Grünschnittroggen-Mais wurde dort er-reicht, wo sowohl Wasserangebot als auch Vegetationszeit ausreichend waren. 4 Geerntet zum Zeitpunkt des Grannenspitzens (BBCH 49) bzw. zu Beginn des Ährenschiebens.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 330 -

Abb. 4: Gegenüberstellung von Erträgen der Kombination Grünschnitt-

roggen-Mais; Grünschnittroggen Sorghum sudanense x bicolor (Sorte Susu) und dem Hauptfruchtanbau von Mais im Mittel der Jahre 2006/2007 anhand der Fruchtfolgen 1 (Mais HF); 2 (Grün-schnittroggen- Mais ZF) und 3 (Grünschnittroggen-Sudangras ZF)

Mit dem so genannten „Zweikulturnutzungssystem", welches im Rahmen des Verbundprojektes an sieben Standorten unter der Leitung der Universität Kassel durchgeführt wird, sollen zwei Ernten pro Jahr realisiert werden mit dem Ziel einer Steigerung der Flächenproduktivität. Es erfolgt der Anbau der Zweitkulturen (z. B. Mais, Sonnenblume, Sorghumhybride) nach einer Erst-kultur (z. B. Winterroggen, Winterrübsen; Winterroggen-Erbsen- oder -Gerste-Gemenge). Wobei hier zu beachten ist, dass die Erstkulturen nicht wie Grünschnittroggen (BBCH 49) geerntet werden, sondern zur Milchreife (BBCH 75).

Insgesamt konnte gezeigt werden, dass mit dem System eine Ertrags-steigerung gegenüber dem Hauptfruchtanbau möglich ist. Höchste Erträge wurden mit den Kombinationen Winterroggen (GPS) + Mais und Winter-roggen-Erbse-Gemenge + Mais erzielt. Jedoch treten zwischen den Jahren deutliche Abweichungen auf. Im Jahr 2006 waren an allen Standorten Mehr-erträge erzielbar, wobei 2007 die hohen Sommerniederschläge sehr gute Be-dingungen für den in Hauptfruchtstellung angebauten Mais ermöglichten. Somit waren Ertragsvorteile nur an wenigen Standorten zu realisieren . Im Mittel der Jahre konnte für den Standort Gülzow mit der Abfolge Winter-roggen-Mais die größte Vorzüglichkeit ermittelt werden. Vor dem Hinter-grund, dass der Wasserverfügbarkeit bei der Etablierung und Masseent-wicklung der Zweitkultur eine zentrale Bedeutung zukommt, überrascht dieses Ergebnis am Standort Gülzow. Eine mögliche Ursache sind die über-

Mais Sorghum GrünschnittroggenMais Sorghum Grünschnittroggen

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 331 -

050

100150200250300350400450500

A3

A3

Grä

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Luze

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A3

Rot

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BBPaulinen-

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BB Berge

THBurkersdf.

TH Haufeld

TH Dornburg

THOberweißb.

NSSophienhof

NS Wehnen

NS Bramstädt

NSVreschen-

Bokel

2007

2006

durchschnittlichen Sommerniederschläge5, welche 2006 um 37,3 % und 2007 um 69,6 % über dem langjährigen Mittel lagen.

Sowohl im Rahmen der Fruchtfolgeversuche als auch im Zweikultur-Nutzungssystem konnte gezeigt werden, dass eine zu enge Gestaltung der Fruchtfolgen, beispielsweise mit einem Anbau von Hirsearten nach einem spät geernteten Ganzpflanzengetreide Risiken birgt. So besteht die Gefahr, dass zu spät gesäte Zweitfrüchte nicht mehr die entsprechende Silierfähigkeit erreichen. Durch die zu berücksichtigenden Silierverluste ist mit deutlich geringeren Methanausbeuten zu rechnen. Aus Sicht einer optimalen Flächennutzung werden demzufolge Sorten nachgefragt, die eine hohe Er-tragsleistung mit einer frühen Abreife kombinieren.

Als mehrjährige Kulturarten kommen auch Ackergras- bzw. Luzernegrasmischungen für die Nutzung als Biogassubstrat in Betracht, vorausgesetzt die Biogasanlage ist auf eine Verwertung derartiger Substrat-mischungen ausgelegt. In einem Satellitenversuch wurde verschiedene Mischungen getestet Einheitlich über alle Standorte kam die Mischung „A3“, d. h. eine Mischung aus Welschem, Deutschem und Bastardweidelgras zum Einsatz. Diese und andere weidelgrasbetonte Mischungen lieferten vor allem auf den niedersächsischen Standorten hohe Erträge.

Abb. 5: Erträge der Ackerfuttermischungen mit reduzierter Schnitthäufig-

keit 2006 und 2007 an Standorten in Brandenburg, Niedersachsen und Thüringen; dargestellt ist die Vergleichsmischung A3 und die jeweils ertragsstärkste Mischung.

5 Niederschlagssumme April-August

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 332 -

Anhand einer Gegenüberstellung zweier Schnittregimes konnte festgestellt werden, dass durch eine geringere Anzahl von Schnitten Trockenmasse-erträge höher ausfallen. Zwar sinkt im Mittel die spezifische Methanaus-beute des Substrats, insgesamt betrachtet ist der Methanhektarertrag allerdings höher. Abb. 5 zeigt exemplarisch die vergleichende Betrachtung der Ertragsentwicklung der angebauten Mischungen bei reduzierter Schnitt-häufigkeit an den einzelnen Standorten.

Die höchsten Erträge waren am Standort Sophienhof zu verzeichnen. Auf diesem jungen Seemarschboden im maritimen Klimaraum (AZ 74) konnte mit einer Bastardweidelgrasmischung in den beiden Nutzungsjahren im Durchschnitt pro Jahr 226,4 dt TM/ha mit geerntet werden.

Doch auch unter kontinental geprägteren Bedingungen konnten hohe Er-träge, allerdings mit stärker Klee- bzw. Luzernebetonten Mischungen erzielt werden. Am Standort Berge, einem lehmigen Sandstandort (Bodentyp: Para-braunerde), konnte mit einer Mischung aus Wiesenschweidel, Wiesenliesch-gras und Luzerne in den beiden Nutzungsjahren im Durchschnitt eine Erntemenge von 213,2 dt/ha und Jahr (AZ 30-45) erzielt werden. Aus öko-nomischer Sicht sind diese hohen Erträge allerdings zu relativieren, da die Etablierungsphase und höhere Bewirtschaftungskosten zu berücksichtigen sind.

Auf der anderen Seite wird der positive Einfluss mehrjähriger Ackerfutter-mischungen bei einer Bilanzierung der Fruchtfolgen und vor allem die positive Humusbilanz der Fruchtfolge 4 deutlich. Die Humusbilanzierung wurde im Rahmen des Verbundprojektes unter Verwendung des Modells REPRO vorgenommen. Dieses ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der Standorte (vgl. Abb. 5). Wichtigste Inputparameter für eine derartige Unterscheidung sind: - Ertrag (Höhere Erträge führen zu einer größeren Humuszehrung) - Niederschläge (Die bessere Verfügbarkeit mineralisch gedüngten Stick-

stoffs verringert die Mineralisierung des organisch gebundenen Stick-stoffs)

- Bodengüte -

Der Tatsache, dass bei einer Nutzung als Biogassubstrat kaum Biomasse auf dem Feld verbleibt ist immer gegenüberzustellen, dass mit den Gärresten humusbildende Substanzen auf den Acker zurückgelangen.

Beim derzeitigen Stand des Wissens ist allerdings noch unklar, in welchem Umfang die organische Substanz zur Humusreproduktion beiträgt. Der in den Berechnungen verwendete Faktor von 0,3 ist daher in weiteren Forschungen zu überprüfen.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 333 -

Abb. 6: Humusbilanzen der Fruchtfolgen an den verschiedenen Standorten des Fruchtfolgeversuchs. Quelle: Willms et al. (2008)

Der Tatsache, dass bei einer Nutzung als Biogassubstrat kaum Biomasse auf dem Feld verbleibt ist immer der Umstand gegenüberzustellen, dass mit den Gärresten auch eine Fracht humusbildender Substanzen auf den Acker zurückgelangt. Beim derzeitigen Stand des Wissens ist allerdings noch un-klar, in welchem Umfang die organische Substanz zur Humusreproduktion beiträgt. Der in den Berechnungen verwendete Faktor von 0,3 ist daher in weiteren Forschungen zu überprüfen. 4. Zusammenfassung

Im Rahmen des Verbundprojektes konnte aufgezeigt werden, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, Anbausysteme standortangepasst zu ge-stalten. Unter Verwendung masseträchtiger, alternativer Fruchtarten wie Wintergetreide-GPS, Sorghumarten oder mehrjährigem Ackerfutter stehen Anbausysteme im Vordergrund, mit denen sowohl pflanzenbauliche, öko-nomische und ökologische Ziele verfolgt werden können. 5. Literatur

Schreiber, E.; Jentsch, U.; Guddat, C., 2007: Sortenversuche in Thüringen. Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (Hrsg.), Jena

Toews, T.; Kuhlmann, F., 2007: Ökonomische Bewertung des Anbaus und der Verwertung von Energiepflanzen. Teilprojekt 3 (FKZ 22002505). 3. Zwischenbericht, Justus-Liebig-Universität Gießen

Willms, M.; Hufnagel, J; Glemnitz, 2008: Ökologische Begleitforschung. In: Vetter, A. et al. Standortangepasste Anbausysteme für Energiepflanzen. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (Hrsg.), Gülzow

0

250

500

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Ff1 Ff2 Ff3 Ff4 Ff5

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/ha]

Ascha

Dornburg

Ettlingen

Gülzow

Güterfelde

Trossin

Werlte

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Optimierte Maisfruchtfolgen für die Biomasseproduktion zur Biogaserzeugung B. Eder1, J. Eder1, E. Sticksel1 1Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Freising-Weihenstephan 1. Einleitung

In Bayern ist Silomais die wichtigste Kulturpflanze zur Erzeugung von Bio-gas aus Nachwachsenden Rohstoffen. Um die Vorteile des Maisanbaus bei der Biogasproduktion nachhaltig nutzen zu können, sind Fruchtfolgebei-spiele zu erarbeiten, die der Gefahr des einseitigen Maisanbaus vorbeugen und gleichzeitig eine hohe Flächenproduktivität sicherstellen. Zu diesem Zweck wurde die Fruchtfolge Winterzwischenfrucht - Silomais - Winter-weizen eingehend untersucht (Eder, 2008). In den hier vorgestellten Unter-suchungen wird der Fruchtfolgeausschnitt Winterzwischenfrucht und nach-folgender Silomaisanbau dargestellt. Ziel war es, für den Winterzwischen-fruchtanbau geeignete Arten auszuwählen, deren optimalen Erntetermin ab-zuleiten und festzulegen, welche Reifetypen des Silomais in dieser Anbau-folge zu wählen sind. 2. Material und Methoden

Standort: In den drei Erntejahren 2004 bis 2006 wurde in Grucking im Be-reich der lößbedeckten Erdinger Altmoräne ein mehrfaktorieller Parzellen-versuch angelegt. Der Bodentyp ist eine Parabraunerde aus Löß, die nutzbare Feldkapazität beträgt 220 mm. Jahresniederschläge von 850 mm und eine Jahresmitteltemperatur von 7,5 °C stellen die Grundlage der sehr hohen Er-tragsfähigkeit der Versuchsfläche dar.

Winterzwischenfrüchte: Geprüft wurden die Arten Welsches Weidelgras ("Adriana"), Winterrübsen ("Perko"), Grünroggen ("Wiandi") und Winter-erbsen. Die Winterhärte der hier verwendeten Wintererbsen war un-befriedigend, die daraus resultierenden Biomasseerträge vernachlässigbar, so dass im Folgenden auf die Betrachtung der Wintererbsen verzichtet wird. Die Produktionstechnik (Saattermin, -stärke) der Zwischenfrüchte wurde ortsüblich optimal gestaltet

Silomais: Zwei Silomaistypen mit deutlicher Abstufung in der Reifezahl (FAO 250 bzw. FAO 370) kamen zum Anbau. Die produktionstechnischen Maßnahmen (Düngung, Pflanzenschutz) entsprachen ebenso ortsüblichen Vorgaben.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 335 -

Versuchsanlage und Durchführung: Die Winterzwischenfrüchte wurden zu zwei unterschiedlichen Terminen beerntet Bei einer frühen Ernte (zweite Aprildekade) und einer späten Ernte (zweite Maidekade) wurde die Frisch-masse des gesamten Aufwuchses bestimmt. Der zugehörige Trocken-substanzgehalt (TS%; 105 °C) wurde an einer repräsentativen Teilprobe er-fasst. Aus der Frischmasse und zugehörigem TS-Gehalt errechnet sich der Trockenmasseertrag (TM). Nach der Zwischenfruchternte erfolgte eine wendende Bodenbearbeitung und anschließend die Silomaissaat. Entsprechend den abgestuften Beerntungen der Zwischenfrüchte ergab sich für den nachfolgenden Silomais eine Staffelung des Saattermins (zweite April- bzw. zweite Maidekade). Um den Vorfruchteffekt zu erfassen, wurde Mais ohne Zwischenfrucht als Kontrollvariante angebaut. Die Beerntung des Silomais erfolgte Mitte Oktober nach den Vorgaben des Bundessortenamtes für die Wertprüfung Mais (BSA, 2008).

Es wurden drei Wiederholungen mit einer Parzellengröße von 18 m² an-gelegt. 3. Ergebnisse

3.1 Trockenmasseertrag und Trockensubstanzgehalt der Winter-zwischenfrüchte

In Abb. 1 ist die Ertragsleistung der geprüften Winterzwischenfrüchte als Mittel der Erntejahre 2004 bis 2006 dargestellt. Das Ertragsniveau reichte beim ersten Erntetermin von 26,2 dt/ha (Weidelgras) bis 48,9 dt/ha (Grün-roggen). Erwartungsgemäß führte die Verzögerung der Ernte (ca. 30 Tage) zu einem Ertragsanstieg von 19,5 dt/ha (Winterrübsen) bis zu 38,5 dt/ha (Weidelgras). Somit ergab sich bei der Ernte Mitte Mai ein Trockenmasse-ertrag von 55,1 dt/ha (Winterrübsen) bis 82,6 dt/ha (Grünroggen). Grün-roggen erwies sich zu jedem Erntetermin als die ertragsstärkste Variante. Unabhängig vom Erntetermin lagen die TS-Gehalte aller Winterzwischen-früchte stets unter 20 %. Bei einer Konservierung als Silage ist deshalb zur Vermeidung übermäßiger Sickersaftbildung das Anwelken des Erntegutes unerlässlich. Winterrübsen erscheinen hierfür als ungeeignet

Im außergewöhnlich kalten und schneereichen Winterhalbjahr 2005/06 war keine frühe Beerntung möglich. Diese Beobachtung lässt den Schluss zu, dass die Anbaufolge Winterzwischenfrucht mit früher Ernte und nach-folgendem Silomaisanbau in schneereichen Höhenlagen riskant und deshalb nicht zu empfehlen ist.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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0

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40

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früh spät früh spät früh spät

W.Weidel Grünroggen Winterrübsen

Troc

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asse

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g (d

t/ha)

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12,0

16,0

20,0

Troc

kens

ubst

anzg

ehal

t (%

)

Trockenmasse Trockensubstanz GD 5%: 5,8 dt/ha

Abb. 1: Trockenmasseertrag und Trockensubstanzgehalte von Winter-

zwischenfrüchten in Abhängigkeit vom Erntetermin (Frankendorf, 2004-2006 GD5 = 6 dt)

3.2 Ertrag von Silomais der Reifezahl 250 in Abhängigkeit von

Saattermin und Vorfrucht

Die Saatzeitverzögerung von Mitte April auf Mitte Mai brachte bei Silomais mit mittelfrüher Reifezahl, der ohne Vorfrucht zur Aussaat kam, einen Er-tragsrückgang von 182 dt/ha auf 173 dt/ha mit sich (Abb. 2). Die Vornutzung der Winterzwischenfrüchte senkte bei früher Maissaat zwar generell das Er-tragsniveau, allerdings ist der Rückgang auf 168 dt/ha (Mais nach Grün-roggen) bzw. 174 dt/ha (Mais nach Weidelgras) nicht signifikant. Bei später Saat war die Reaktion des Silomais auf die Vornutzung uneinheitlich. So war nach der Vorfrucht Winterrübsen ein deutlicher Ertragsrückgang von 173 dt/ha auf 153 dt/ha zu verzeichnen, während nach Weidelgras nur ein-geringer Einfluss gemessen wurde, der Ertrag sank von 173 dt/ha auf 170 dt/ha gemessen wurde. Die Ursachen für die unterschiedlichen Vor-fruchteffekte konnten nicht geklärt werden.

Der Trockensubstanzgehalt bei früher Maissaat lag über 40 % (Abb. 2) und auch bei dem verspäteten Saattermin wurden stets Werte über 30 % ermittelt. Somit konnten unabhängig vom Saattermin silierfähige Pflanzenbestände

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 337 -

erzeugt werden. Die Wahl der Vorfrucht hatte zudem keinen Effekt auf den TS-Gehalt.

120

140

160

180

200

220

früh spät früh spät früh spät früh spät

Kontrolle W.Weidel Winterrübsen Grünroggen

Troc

kenm

asse

ertra

g (d

t/ha)

20

25

30

35

40

45

Troc

kens

ubst

anzg

ehal

t (%

)

Trockenmasse Trockensubstanz GD 5%: 36,8 dt/ha

Abb. 2: Trockenmasseertrag und Trockensubstanzgehalt von Silomais

(FAO 250) in Abhängigkeit von Saattermin und Vorfrucht (Frankendorf, 2004-2006)

3.3 Ertrag von Silomais der Reifezahl 370 in Abhängigkeit von

Saattermin und Vorfrucht

Silomais mit einer späten Reifezahl reagierte mit deutlichen Ertragseinbußen auf die Verzögerung der Saatzeit. Bei einer Saat erst Mitte Mai sank der Er-trag der Kontrollvariante von 204 dt/ha auf 153 dt/ha (Abb. 3). Bei früher Saat mit Vornutzung war die Ertragshöhe gegenüber der Variante ohne Vor-nutzung generell vermindert, wobei die stärkste Ertragseinbuße nach Grün-roggen gemessen wurde. Bei später Saat war der Effekt der Vorfrucht un-einheitlich, allerdings war der Vorfruchteffekt bei beiden Saatterminen gegenüber dem Effekt der Saatzeit nicht signifikant.

Die Trockensubstanzgehalte von Mais mit später Reifezahl erreichten nur bei früher Saat silierfähige Werte (Abb. 3). Bei der Aussaat Mitte Mai lagen demgegenüber die Werte generell unter 25 %. Eine Saat Mitte April ist demzufolge für Mais der späten Reifegruppen nicht mehr möglich.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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120

140

160

180

200

220

früh spät früh spät früh spät früh spät

Kontrolle W.Weidel Winterrübsen Grünroggen

Troc

kenm

asse

ertra

g (d

t/ha)

20

25

30

35

40

45

Troc

kens

ubst

anzg

ehal

t (%

)

Trockenmasse Trockensubstanz GD 5%: 38,8 dt/ha

Abb. 3: Trockenmasseertrag und Trockensubstanzgehalt von Silomais

(FAO 370) in Abhängigkeit von Saattermin und Vorfrucht (Frankendorf, 2004-2006)

4. Zusammenfassung

In den hier vorgestellten Untersuchungen konnten durch die Kombination aus Winterzwischenfruchtanbau und nachfolgendem Silomais Ertrags-steigerungen gegenüber alleinigem Silomaisanbau erreicht werden. Dabei ergaben sich aus der mittleren Ertragsleistung der Winterzwischenfrüchte (frühe Ernte) zuzüglich des Silomais Erträge von ca. 210 dt/ha (FAO 250, frühe Saat) bzw. 224 dt/ha (FAO 370, frühe Saat) (Abb. 4). Dies entsprach einem Ertragsanstieg gegenüber alleinigem Maisanbau von +28 dt/ha (FAO 250) bzw. +20 dt/ha (FAO 370). Bei später Zwischenfruchternte und ent-sprechend verzögerter Maissaat erreichte die Anbaukombination Mais (FAO 250) und Winterzwischenfrucht den höchsten Ertrag von 231 dt/ha (Abb. 4). Die Möglichkeit, unterschiedliche Erntetermine der Winterzwischenfrucht mit unterschiedlichen Reifegruppen des Silomais zu kombinieren, erleichtert die Anpassung der hier vorgestellten Anbaufolge an die jeweilige Winter-witterung und einzelbetriebliche Gegebenheiten. Für die landwirtschaftliche Praxis lässt sich ableiten, dass das standortspezifische Ertragspotential sowohl bei früher Ernte der Winterzwischenfrucht als auch bei später Ernte ausgeschöpft werden kann. Bei früher Ernte der Zwischenfrucht erzielen auch spätere Sorten eine ausreichende Reife. Hingegen ist bei später Ernte

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 339 -

der Winterzwischenfrucht, etwa als Reaktion auf eine verspätet einsetzende Vegetation, ein mittelfrüher Mais (FAO 250) zu wählen, da andernfalls die sichere Ausreife nicht gewährleistet ist.

Bei früher Saat konnten bei Mais der späten Reifegruppe im Mittel der Jahre bereits 204 dt/ha erreicht werden. Dies unterstreicht das hohe Ertrags-potential des Versuchstandortes. Die hier ermittelte Ertragsleistung stellt damit eine obere Grenze für entsprechende Standorte in Bayern dar. In weiterführenden Untersuchungen sollen die Möglichkeiten und Grenzen der Kombination aus Winterzwischenfrucht und Silomais in Abhängigkeit von der Ertragsfähigkeit des Standortes ermittelt werden.

0

50

100

150

200

250

FAO 250 FAO 370 FAO 250+ ZF

FAO 370+ ZF

FAO 250 FAO 370 FAO 250+ ZF

FAO 370 + ZF

Troc

kenm

asse

ertra

g (d

t/ha)

Mais

Zwischenfrucht

frühe Maissaat (zweite Aprildek.) späte Maissaat (zweite Maidek.)

Abb. 4: Trockenmasseertrag von Silomais mit differenzierter Reifezahl und Winterzwischenfrüchten in Abhängigkeit vom Saattermin (Frankendorf, 2004-2006)

5. Literatur

Bundessortenamt, 2008: Richtlinie für die Durchführung von landwirtschaft-lichen Wertprüfungen und Sortenversuchen, Mais 2008 www.bundessortenamt.de/internet30/fileadmin/Files/PDF/RILI_0803_Mais.pdf. 19 S.

Eder, B., 2008: Pflanzenbauliche Untersuchungen zum Einfluss von Geno-typ und Anbauverfahren auf die Ertragsbildung und das Methanbildungs-potential von Mais (Zea Mays L.), Dissertation Technische Universität München (in Vorbereitung)

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- 340 -

Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) – eine Alternative für den Einsatz in der Biogasanlage M. Conrad1, A. Biertümpfel1, A. Vetter1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Die Durchwachsene Silphie, auch nordamerikanische Becherpflanze ge-nannt, ist ein ausdauernder Korbblütler, der in den 1980er Jahren in Deutsch-land bereits versuchsweise als Futterpflanze angebaut wurde. Es zeigte sich, dass die Pflanze unter hiesigen Bedingungen gut gedeiht, hohe Biomasse-erträge erreicht und über eine gute Siliereignung verfügt. Ein großflächiger Anbau scheiterte damals jedoch an der mangelnden Akzeptanz bei Wieder-käuern. Die vorab genannten Eigenschaften weisen aber auf die Eignung der Durchwachsenen Silphie als Kofermentpflanze für Biogasanlagen hin. Nachdem sich diese Merkmale in ersten Vorversuchen von 2004 bis 2006 bestätigten, begann 2007 ein von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. gefördertes Projekt zum Thema „Optimierung des Anbauverfahrens für Durchwachsene Silphie als Kofermentpflanze in Biogasanlagen sowie Über-führung in die landwirtschaftliche Praxis. 2. Material und Methoden

Tab. 1: Charakterisierung der Versuchsstandorte Standort Bodenform/-art Acker-

zahl Höhen-lage (m)

Temperatur (°C)

Nieder-schlag (mm)

Dornburg (TH)

Löss-Parabraunerde/Lehm

46 – 80 260 8,1 578

Heßberg (TH)

Bergton-Staugley/ Lehm-Ton

43 380 7,1 760

Straußfurt (TH)

Ton-Schwarzerde/ Ton

64 185 8,5 473

Großenstein (TH)

Löss-Parabraunerde/Lehm

51 – 58 300 7,8 608

Gülzow (MV)

Pseudogley-Braun-erde/sandiger Lehm

50 – 58 10 8,4 559

Bingen (RP)

Parabraunerde/ Sandiger Lehm

64 78 9,9 548

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- 341 -

Da bei der Durchwachsenen Silphie von einer Nutzungsdauer der Bestände von über 10 Jahren auszugehen ist, wurden im Rahmen des Themas sowohl die in den Voruntersuchungen in Thüringen angelegten Versuche weiter-geführt, als auch neue Fragestellungen aufgegriffen, die teilweise bundesweit untersucht werden (Tab. 1 und Tab. 2). Tab. 2: Bearbeitete Versuchsfragestellungen Versuchsfrage Versuchs-

orte Varianten Anlagejahr

Erntetermin/ Nutzungs-dauer

Dornburg Heßberg

3 Erntetermine 2004

Dornburg 3 Erntetermine 2005 Herkunftsprüfung Dornburg 5 Herkünfte 2007 Gülzow

Bingen 4 Herkünfte 2007

Heßberg 3 Herkünfte 2007 Bestandesdichte Dornburg

Großenstein 3 Pflanzvarianten 2007

Anbau unter Deckfrucht Dornburg 2 Deckfrüchte 2007 Dornburg 1 Deckfrucht 2008 Direktsaat Dornburg 2 Saatgutpartien 2007 Großenstein 2 Saatzeiten 2008 Herbizidverträglichkeit Dornburg 5 Varianten 2008 Straußfurt 8 Varianten 2008

3. Ergebnisse

Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse beziehen sich vorrangig auf die 2004 und 2005 angelegten Versuche. Ertragszahlen der 2007 und 2008 be-gonnenen Versuche liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vor, weil die Silphie im Anlagejahr lediglich eine Rosette bildet und erst im 2. Standjahr schosst.

In Auswertung der nunmehr dreijährigen Anbauversuche in Dornburg und Heßberg (Anlage 2004) zeigte sich, dass die hier verwendete nord-amerikanische Herkunft von 2005 bis 2007 Biomasseerträge erreichte, die auf dem Niveau von Silomais oder darüber lagen. Zwischen den drei, in Anhängigkeit vom Trockensubstanzgehalt gewählten Ernteterminen (1. Termin: 25 bis 28 % TS, 2. Termin: 28 bis 30 % TS, 3. Termin: 30 bis 32 % TS) traten nur geringe Unterschiede auf, wobei die beiden Standorte unter-schiedlich reagierten. Während in Dornburg nach dem ersten Erntetermin

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 342 -

noch ein Biomassezuwachs zu verzeichnen war, erreichte dieser in Heßberg in allen drei Jahren den höchsten Ertrag (Abb. 1).

2005 2006 2007 2005 2006 20070

50

100

150

200

250

300

1. Erntetermin 2. Erntetermin3. Erntetermin Silomais PR38F53

Dornburg Heßberg

Abb. 1: Trockenmasseertrag von Durchwachsener Silphie in Abhängigkeit

vom Erntetermin, Dornburg und Heßberg 2005 bis 2007 Die anhand der relevanten Inhaltsstoffe im Erntegut berechneten Methan-gehalte lagen mit Werten zwischen 315 und 370 l/kg oTS im Bereich des Silomaises, so dass der theoretische Methanertrag ebenfalls dem des Silomaises entspricht (Abb. 2).

2005 2006 2007 2005 2006 20070

2000

4000

6000

8000

10000

1. Erntetermin 2. Erntetermin3. Erntetermin Silomais PR38F53

Dornburg Heßberg

Abb. 2: Theoretischer Methanertrag von Durchwachsener Silphie in Ab-

hängigkeit vom Erntetermin, Dornburg und Heßberg 2005 bis 2007

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 343 -

Untersuchungen zur Siliereignung der Pflanze am Erntegut der oben be-schriebenen Anbauversuche wiesen auf gute Eigenschaften hin. Es traten bei Ver-wendung eines standardisierten Silierhilfsmittels nur marginale Silierverluste auf.

Um die Silierung sicherer zu gestalten, wurden die Versuche 2007 intensiviert und das Erntegut zweier Herkünfte vom Standort Dornburg zu drei verschiedenen Ernteterminen (1. Termin: 25 bis 28 % TS, 2. Termin: 28 bis 30 % TS, 3. Termin: 30 bis 32 % TS) siliert. Dabei kamen drei ver-schiedene Silierhilfsmittel zum Einsatz, eine Vergleichsprobe wurde ohne Zusatzstoffe konserviert. Die zwischen den einzelnen Proben aufgetretenen Unterschiede hinsichtlich der theoretischen Methangehalte waren jedoch sehr gering. Sie bewegten sich über alle Termine und Hilfsstoffe zwischen 312 und 324 l Methan/kg oTS. Die Differenzen zwischen den einzelnen Chargen eines Erntetermins waren noch deutlich niedriger, so dass sie eher der Heterogenität des Pflanzenmaterials als dem Zusatzstoff zuzuschreiben sind (Abb. 3). Die Versuche werden 2008 fortgesetzt.

4. Sept. 13. Sept. 24. Sept. 4. Sept. 13. Sept. 24. Sept.310

315

320

325

ohne Zusatz Bio-Sil Blatti-SilSila-Sil MW ohne Zusatz MW Bio-SilMW Blatti-Sil MW Sila-Sil

Herkunft Nordamerika Herkunft Norddeutschland

Abb. 3: Theoretische Methangehalte von Durchwachsener Silphie mit und

ohne Silierhilfsmittel in Abhängigkeit vom Erntetermin, Dornburg 2007

Im Ergebnis der bisherigen Untersuchungen lassen sich die nachfolgend auf-geführten vorläufigen Anbauempfehlungen ableiten.

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Bei der Einordnung der Durchwachsenen Silphie in die Fruchtfolge ist auf Unkraut unterdrückende Eigenschaften der Vorfrucht zu achten. Nach dem Umbruch der Bestände bietet sich Getreide an, da hier eventueller Durchwuchs gut bekämpfbar ist.

Vor der Anlage der Bestände sollte nach einer Herbstfurche ein fein-krümeliges Pflanz- bzw. Saatbett bereitet werden.

Das bisher übliche Verfahren zur Neuanlage von Silphiebeständen ist die Pflanzung von 4 Pflanzen/m² in Reihenabständen von ca. 50 cm im Zeitraum Mai/Juni. Dies ist zum einen der Keimbiologie der Silphie (Kalt- bzw. Wechselkeimer) geschuldet, zum anderen der Zulassungssituation im Be-reich der Pflanzenschutzmittel (keine Mittel zugelassen). Eine Direktsaat ist generell möglich, erfordert aber vorbehandeltes Saatgut und zieht erhöhte Aufwendungen zur Unkrautbekämpfung nach sich.

Erste Bestände wurden 2007 im Versuchsmaßstab mit einer Saatstärke von 10 bis 12 keimfähigen Samen/m² mit zwei unterschiedlichen Saatgutpartien angelegt. Die gesäten Varianten entwickelten sich gut, konnten aber bis zum Herbst den Entwicklungsrückstand gegenüber der zum gleichen Zeitpunkt gepflanzten Variante nicht aufholen und erreichten auch keinen vollen Bestandesschluss (Abb. 4).

Blätter/Pfl. Bestandeshöhe (cm) Deckungsgrad (%)0

20

40

60

80

100Pflanzung 50 x 50 cmSaatgutpartie 1Saatgutpartie 2

Abb. 4: Bestandesentwicklung bei Pflanzung und Direktsaat, Dornburg 2007 (Bonitur am 20.09.2007)

Eine bedarfsgerechte Düngung bildet die Voraussetzung für eine gute Ent-wicklung der Bestände und hohe Biomasseerträge ab dem 2. Standjahr. In Ab-hängigkeit vom Ertragsniveau benötigt die Durchwachsene Silphie ca. 140 bis

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180 kg N/ha, 20 bis 30 kg P/ha und 100 bis 200 kg K/ha. Besondere Beachtung kommt der Magnesiumversorgung der Pflanzen zu, da hier Entzüge von 50 bis 70 kg/ha festgestellt wurden. Auch Kalzium entzieht die Silphie relativ viel, so dass eine Kalkung bei saurer Bodenreaktion positiv wirken sollte.

Geerntet wird bei Erreichen der Siloreife bei TS-Gehalten zwischen 28 und 35 % mit herkömmlichen Feldhäckslern. Dieses Entwicklungsstadium weist die Silphie in Abhängigkeit von der Jahreswitterung Anfang bis Ende September auf.

Seitens der landwirtschaftlichen Praxis besteht großes Interesse an der Durch-wachsenen Silphie. Dies beweisen zum einen die zahlreichen Anfragen, zum anderen aber auch die Bereitschaft der Landwirte, den Anbau auf Testflächen zu versuchen. So stehen derzeit ca. 3,5 ha Silphie in landwirtschaftlichen Betrieben Deutschlands auf Flächengrößen von 0,25 bis 0,6 ha. Weitere Betriebe, aber auch wissenschaftliche Einrichtungen und Züchterhäuser legten Schau- und Versuchs-parzellen an.

Neben der Weiterführung der langjährigen Versuche zur Feststellung der mög-lichen Nutzungsdauer ist es für eine weitere Etablierung der Durchwachsenen Silphie in der landwirtschaftlichen Praxis unabdingbar, offene Fragen im Anbau-verfahren zu klären. Dies betrifft in erster Linie die Direktsaat, da viele landwirt-schaftliche Betriebe nicht über die technischen Voraussetzungen für eine Pflanzung verfügen bzw. vor den relativ hohen Pflanzkosten im Anlagejahr zurückschrecken. Hier spielen Saatzeit, Saatstärke und die Saatgutvorbehandlung eine wichtige Rolle. Unbedingt erforderlich ist zeitgleich ein Verfahren zur effizienten Unkrautbekämpfung im Anlagejahr, da die Konkurrenzkraft gesäter Bestände gegenüber Unkräutern im Vergleich zu gepflanzten deutlich niedriger ist. In diesem Zusammenhang ist 2009 die Anlage eines Praxisdrillversuchs in Thüringen geplant.

Insgesamt sind der Pflanzenschutz und auch die Stellung in der Fruchtfolge im Produktionsverfahren stärker zu beleuchten, da 2008 auf einer Versuchsfläche Be-fall mit Sclerotinia zu beobachten war. Der in Thüringen 2007 in der Praxis an-gelegte Versuch wurde vor wenigen Tagen geerntet und separat siliert. Von den beim Einsatz der Silage in der betriebseigenen Biogasanlage zu messenden Bio-gas- und Methangehalten sind wesentliche Erkenntnisse zu erwarten. 4. Zusammenfassung

Im Ergebnis der mehrjährigen Versuche zu Durchwachsener Silphie lässt sich ein-schätzen, dass die Pflanze gute Chancen hat, sich als Kofermentpflanze für Bio-gasanlagen in der landwirtschaftlichen Praxis zu etablieren. Dies setzt allerdings die Klärung offener Fragen im Produktionsverfahren, die Verbesserung der Saatgutverfügbarkeit und Praxisversuche zum Einsatz in der Biogasanlage voraus.

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Zuckerhirse und Sudangras – Rohstoffpflanzen für Biogasanlagen C. Röhricht1, D. Zander1 1Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Leipzig 1. Einleitung und Problemstellung

Die Hirsen zählen zur Familie der Süßgräser. Von weltwirtschaftlicher Be-deutung sind die so genannten echten Hirsen (Millethirsen) der Unterfamilie der Chloridoideae und die Sorghumhirsen, die zu den Panicoideae zählen. In der Produktion von Millethirsen (Korn) sind Indien und China die Haupt-erzeugungsländer. Sorghumhirsen (Korn, Futter) werden vor allem in den USA und Indien produziert (Franke, 1992; Potthast und Chudaske, 2008). Seit einigen Jahren werden die Arten Sorghum bicolor (L.) Moench (Zuckerhirse) und Sorghum sudanense (Piper) Stapf (Sudangras) und Hybriden (Sorghum bicolor (L.) Moench x Sorghum sudanense (Piper, Stapf) im Versuchs- und Demonstrationsmaßstab als Energiepflanzen im gemäßigten Klimaraum geprüft. Die Versuche verfolgen das Ziel, die be-stehende, hauptsächlich auf Mais und Getreideganzpflanzen ausgerichtete Anbaustruktur für Biogasrohstoffpflanzen zu diversifizieren. 2. Anbautechnische Eigenschaften

Die Gattung der Sorghumhirsen stammt aus Äquatorialafrika (Lieberei und Reisdorff, 2007). Sie zählt zu den so genannten C4-Pflanzen, die unter dem Einfluss von hoher Wärme- und Lichtzufuhr eine intensive photo-synthetische Leistung erreichen. Ein für den Anbau wesentlicher Vorzug ist ihre hohe Trockentoleranz, der geringe Wasserverbrauch je Kilogramm Trockensubstanz (ca. 250 l H2O/kg Trockensubstanz) und die sehr effiziente Nutzung der Nährstoffe. Auf Grund dieser Eigenschaften gedeihen sie auch auf sehr armen Böden (Franke, 1992).

Sorghumhirsen sind Wärme liebende Pflanzen. Ihre Aussaat sollte im ge-mäßigten Klimaraum erst ab Bodentemperaturen von ca. 12°C erfolgen. Das Saatgut (TKM ≈ 30 g) kann in Drill- oder Einzelkornaussaat 3 bis 4 cm tief in den feinkrümeligen, gut abgesetzten Boden eingebracht werden. Die Aus-saatstärke kann je nach Nutzungstyp und Tausendkornmasse stark schwanken. Nach ersten Erfahrungen ist für Sorghum sudanense und Sorghum bicolor x Sorghum sudanense eine Saatmenge zwischen 15 und 35 kg/ha (30-40 Körner/m²) zu wählen, für Sorghum bicolor sind 6-12 kg/ha (15-28 Körner/m²) auszubringen. In der Reihenweite erlauben beide Kulturen eine größere Variationsbreite (25 bis 60 cm). Meist wählt man für

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Sorghum sudanese und Sorghum bicolor x Sorghum sudanense eine Reihenweite von 25 cm und bei Sorghum bicolor einen Abstand von 50 cm zwischen den Reihen. Die N-Düngergabe ist unter Beachtung des pflanzen-verfügbaren N-Gehaltes in der Ackerkrume im Frühjahr zwischen 70 und 150 kg N/ha zu bemessen und kurz vor oder nach der Aussaat zu applizieren. Hohe Aufwendungen >100 kg N/ha sind zweckmäßigerweise in zwei Teil-gaben zur Aussaat und während der Jugendentwicklung der Pflanzen auszu-bringen. Um dem Kalium- und Phosphorbedarf der Sorghumhirsen optimal zu entsprechen, sollte die Ackerkrume der Böden mindestens die Ver-sorgungsstufe C aufweisen. Vor der Aussaat ist auf leichten Böden eine P/K-Gabe (20 kg P/ha und 80 kg K/ha) zu empfehlen.

Zur Unkrautbekämpfung sind drei Herbizide zugelassen: „Certrol B“ (1,5 l/ha), „Mais Banvel WG“ (0,5 kg/ha) und „Gardo Gold“ (4,0 l/ha). Sie sind während des Drei- bis Vierblattstadiums der Kulturpflanzen auszu-bringen und bekämpfen während der Jugendentwicklung ein breites Spektrum an zweikeimblättrigen Unkräutern. Gegen hirseartige Unkräuter sind „Dual Gold“ (1,2 l/ha) und „Spektrum“ (1,2 l/ha) mit guter Wirkung und ohne Schädigung der Kulturpflanzen einzusetzen. Ihre Anwendung ist über die Einzelgenehmigung §18b des Pflanzenschutzmittelgesetzes zu er-wirken.

Die Sorghumhirsen sind erntereif, wenn sie einen Trockensubstanzgehalt von ≤26 % erreicht haben. Dieser Trockensubstanzgehalt ist nach ca. 120- 140 Tagen nach der Saat erreicht. Die Festlegung eines optimalen Erntezeit-punktes nach den FAO Reifestadien wie beim Mais ist nicht immer möglich. Aus diesen ersten agronomischen Anbauerfahrungen leitet sich noch ein er-heblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf zur standortspezifischen An-bauoptimierung ab. 3. Ergebnisse anbautechnischer Prüfungen

In einem Projekt, das die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. Gülzow gefördert hat, wurden anbautechnische Untersuchungen zu Sorten-prüfung, zur N-Düngung, zum Erntezeitpunkt und zur Biogasausbeute von Sorghumhirsen auf Standorten (Ackerzahl 26-35) mit leichten Böden und geringen Niederschlagsmengen in den Jahren 2004 bis 2007 durchgeführt. Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse vorgestellt. 3.1 Sorten 4

Die Prüfungen (2004-2007) zeigen, dass neben der sortenabhängigen Wirkung ein deutlicher Jahreseinfluss auf die Höhe des Trockenmasse-ertrages zu beobachten ist.

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Unter den feucht-kühlen Witterungsbedingungen des Versuchsjahres 2004 erreichen die geprüften Sorghumhirsesorten mit 50 bis 80 dt TM/ha ein geringes Ertragsniveau, das nur 44 bis 71 % des Ertrages der Energiemais-sorten entspricht. Wesentliche Ursache für den deutlichen Ertragsunterschied war die sehr langsame und schwache Jugendentwicklung sowie die geringe Trockensubstanzeinlagerung (17-23 % TS) bei den Sorghumhirsen. Die Sorghum bicolor- Sorte „Super Sile 18“ zeigte noch die beste Anpassung an diese für das Wachstum der Wärme liebenden Pflanzen ungünstigen Witterungsbedingungen (Abbildung 1).

Die feucht-warme Witterung des Versuchsjahres 2005 bot bessere Voraus-setzungen (Wasser, Wärme), um das Ertragspotenzial der Sorten auszu-schöpfen. Wiederum schnitten die Maissorten (171,11 dt TM/ha) am besten ab. Im Vergleich dazu lagen die mittleren Erträge der Sorghum bicolor-Sorten um 22 %, die der Sorghum bicolor x Sorghum sudanese-Sorten um 31 % und die der reinen Sorghum sudanese Sorten um 36 % niedriger. Der sehr hohe Ertrag der Sorte „Sugargraze“ (Sorghum bicolor) weist auf das beachtliche Leistungsvermögen der Sorghumhirsen auf leichten Standorten hin (Abbildung 1).

57,284,7

109,2 118,7118,9109,1

138,5

182,2

87,4

131,4

65,491,9

72,4

136,1

0

50

100

150

200

250

Nov

adou

r

Fang

io

Gav

ott

Supe

r Sile

10

Supe

r Sile

15

Supe

r Sile

18

Supe

r Sile

20 Frig

go

Suga

rgra

ze

Verc

ors

Akk

limat

Susu

Luss

i

GK

Csa

ba

Sorghum bicolor Sorghumsudanese

Sorghum bicolor xSorghum sudanese

Mais Zuckerhirse Sudangras

Fruchtarten/Sorten

TM-E

rtrag

(dt/h

a)

2004 2005 Mittel

Abb.1: Durchschnittliche Trockenmasseerträge (dt TM/ha) der geprüften

Energiemais- und Sorghumhirsesorten von 6 Standorten (D1/D2; Ackerzahl 28-35) und 2 Versuchsjahren

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Das Versuchsjahr 2006 war durch eine starke und anhaltende Trockenheit bei hohen Lufttemperaturen während der Hauptwachstumszeit gekennzeichnet Im Vergleich der Sorten erwiesen sich die Sorghumhirsen den Energiemais-sorten deutlich ertragsüberlegen (Abbildung 2). Insbesondere die Sorghum bicolor Sorten („Super Sile“, „Sugargraze“) erreichten noch einen für die extrem ungünstigen Witterungsverhältnisse hohen Ertrag. Er lag um 97 % über dem mittleren Ertrag der Maissorten. Ebenso erzielten die Sorten „Rona“ (Sorghum bicolor), „Susu“ (Sorghum bicolor x Sorghum sudanese) und „Lussi“ (Sorghum bicolor x Sorghum sudanese) einen um 25 % höheren Ertrag als die Maissorten. Der niedrige Maisertrag ist auf frühzeitige Trockenschäden und Schädlingsbefall (Maiszünsler, Maisbeulenbrand) zurückzuführen. Die Sorghumhirsen konnten unter diesen Bedingungen das Ertragsrisiko erheblich vermindern.

81,8761,63

102,69

133,10157,80

71,69 84,9686,06

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

Gavott Fangio Super Sile 20 Super Sile 15 Sugargraze Rona Susu Lussi

Sorghum bicolor Sorghum bicolor x Sorghumsudanese

Mais Zuckerhirse Sudangras

Fruchtarten/Sorten

TM -

Ertra

g (d

t TM

/ha)

Abb.2: Trockenmasseerträge ausgewählter Energiemais- und Sorghum-

sorten im Mittel von drei diluvialen Standorten, AZ 30, Versuchsjahr 2006

Das in der Wärme- und Niederschlagsverteilung für die Ertragsentwicklung der Kulturpflanzen allgemein günstige Versuchsjahr 2007 bot auch für die geprüften Sorghumhirsen günstige Voraussetzungen. Der an vier Standorten im Jahr 2007 neu angelegte Versuch führte zu dem Ergebnis, dass die Sorten „Goliath“ sowie „King 61“ und „Susu“ 90 % bzw. 82 % des Ertrages der sehr leistungsstarken Maissorten („NK Magitop“ und „Lukas“) erreichten. Die zum Erntezeitpunkt ermittelten Trockensubstanzgehalte weisen darauf hin, dass die Sorghumhirsen für ein hohes Ertragsniveau mindestens TS- Werte von ≥26 % erreichen sollten (Tabelle 1).

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Tab. 1: Erträge ausgewählter Sorten von Energiemais, Sorghum bicolor und Sorghum sudanense, Sorghum bicolor x Sorghum sudanense im Mittel von vier diluvialen Standorten (Ackerzahl 30-48), Versuchsjahr 2007

Art/Sorte Frischmasse TS Trockenmasse

dt/ha % dt/ha

Energiemais

Lukas 532,1 32,77 174,0

NK Magitop 533,3 32,15 170,7

Sorghum bicolor

Super Sile 20 466,7 23,21 109,8

Goliath 561,5 27,76 156,4

Sorghum bicolor x Sorghum sudanense

Susu 527,5 26,35 139,1

King 61 523,4 27,01 142,0 4.1 Inhaltsstoffe, Methanausbeute 5

Aus den Sortenversuchen konnten erste Richtwerte zum Nährstoffgehalt und –entzug der Sorghumhirsen abgeleitet werden (Tabelle 2). Danach be-stehen zwischen den Mais- und Sorghumhirsen nur geringe Unterschiede. Beide Kulturarten signalisieren auf Grund ihrer mineralischen Zusammen-setzung einen hohen Bedarf an Stickstoff und Kalium, der durch ent-sprechende Düngegaben unter Beachtung der pflanzenverfügbaren Nähr-stoffe im Boden abzusichern ist.

Nach Düngerexperimenten sind in der Regel moderate N-Gaben (70-120 kg N/ha) je nach Standortbedingungen für den Höchstertrag erforderlich (El Bassam, 1998; Röhricht, Zander, 2008). Zur Deckung des P/K-Bedarfs werden Gaben von 21 kg P/ha und 120 kg K/ha empfohlen (El Bassam, 1998). Neben mineralischen Düngemitteln bildet auch der Einsatz von Gär-resten aus Biogasanlagen eine Möglichkeit den Nährstoffbedarf zu decken.

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Tab. 2: Durchschnittliche Nährstoffgehalte und Nährstoffentzüge von Mais und Sorghumhirsen auf diluvialen Böden zum Zeitpunkt der Silo-reife (Sortenversuche 2004 - 2007)

Fruchtart n Nährstoffgehalt (kg/dt TM) Nährstoffentzug (kg/ha)1) N P K Mg N P K Mg

Mais 10 1,52 0,23 1,31 0,20 172 28 161 23 Sorghum bicolor 15 1,55 0,24 1,84 0,30 187 30 230 37

Sorghum bicolor x Sorghum sudanense

18 1,52 0,21 1,58 0,25 161 24 172 27

1) Ertrag 115 dt TM/ha In den Untersuchen zur Silagequalität wiesen die Maissilagen höhere Ge-halte an leicht vergärbaren N-freien Extraktstoffen (59 % in der TS) und eine geringe Konzentration an schwer umsetzbaren Rohfasern (24 % in der TS) als die Sorghumhirsesorten auf, die durchschnittlich 50 % N-freien Extrakt-stoffe und 30 % Rohfasern in der TS enthalten.

Im Gehalt an Rohfett und Rohprotein bestehen zwischen den Arten und Sorten nur marginale Unterschiede. Der im Vergleich zum Mais höhere Ge-halt an Rohasche mindert bei den Sorghumhirsen allerdings den vergärbaren Anteil an organischer Trockensubstanz (Tabelle 3). Tab. 3: Durchschnittliche gärchemische Zusammensetzung und

theoretische Biogas-Methan- Ausbeute in Mais- und Sorghumsilagen auf leichten diluvialen Standorten

n

gärchemische Zusammensetzung theoretische Ausbeute

Roh-asche

Roh-fett

Roh-faser

Roh-protei

n

N-freie Extrakt-

stoffe Biogas Methan Methan

% l/kg oTS % Mais

10 4,76 1,85 24,33 9,88 59,18 563,41 293,75 52,16 Sorghum bicolor

15 7,00 2,21 29,37 10,13 51,58 451,35 236,49 51,52 Sorghum bicolor x Sorghum sudanense

18 5,67 2,00 33,25 9,30 49,79 462,52 241,26 52,17

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Auf Grund der stofflichen Zusammensetzung der Silagen wurden für die Maissorten höhere Methanausbeuten (294 l/kg oTS) berechnet als für die Sorten der Sorghumhirse (241 l/kg oTS Sorghum bicolor x Sorghum sudanense; 236 l/kg oTS Sorghum bicolor). Wie Biogasversuche im Labor-maßstab belegen, erreichen einzelne Sorten von Sorghum bicolor und Sorghum bicolor x Sorghum sudanense höhere, mit Mais vergleichbare Methanausbeuten von ≥300 l/kg oTS (Petersen et al., 2007).

Über die Wahl des Erntezeitpunktes lassen sich beachtliche Ertragsreserven erschließen (Abbildung 3). Durch eine Verlagerung des Erntetermins von einem frühen Schnittzeitpunkt zum Beginn der generativen Phase (E1) zu einem späteren Entwicklungsstadium (E2) erhöhte sich bei allen geprüften Sorten der Methanertrag. Im Durchschnitt nahm der Ertrag um 900 m³ Methan je Hektar zu. Dies ist hauptsächlich auf die Zunahme der Trocken-masse, weniger auf eine höhere Ausbeute an Methan (Biogas) je kg organische Trockenmasse, zurückzuführen.

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1.Ernte 2.Ernte 1.Ernte 2.Ernte 1.Ernte 2.Ernte 1.Ernte 2.Ernte 1.Ernte 2.Ernte 1.Ernte 2.Ernte

Fangio Gavott Super Sile 15 Super Sile 20 Susu Lussi

Mais Zuckerhirse Sudangras

Fruchtarten/Sorten/Erntetermine

Bio

gas-

/Met

hana

usbe

uten

(lN

/kg

oTM

)

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

Biog

as-/M

etha

nhek

tare

rträ

ge (m

³/ha)

Biogasausbeute Methanausbeute Biogashektarertrag Methanhektarertrag

Sorghum bicolor Sorghum bicolor x Sorghum sudanese

Abb.3: Biogas-/Methanausbeute und Biogas-/Methanhektarerträge,

Praxisversuch Wöllnau, Versuchsjahr 2005 4. Zusammenfassung

Sorghumhirsen bilden auf den leichten Standorten im Energiepflanzenanbau eine gute Ergänzung zum Silomais. Insbesondere in trockenen Jahren, wo der Mais mit Trockenschäden und Ertragseinbußen reagierte, erreichen die Sorghumhirsen ein mittleres Ertragsniveau (8-12 t TM/ha) und senken somit das wirtschaftliche Risiko. In feucht-kühlen und feucht-warmen Jahren ist

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der Energiemais ertragsüberlegen. Die Sorghum bicolor Sorten „Goliath“, „Sugargraze“, Super Sile 20“, aber auch die Hybrid-Sorten (Sorghum bicolor x Sorghum sudanese) „Susu“ und „King 61“ erreichen unter diesen Be-dingungen 67-90 % des Ertragsniveaus der Energiemaissorten. Zur Ernte sind TS-Gehalte von ≥26 % anzustreben, um das Ertragspotenzial der Sorghumhirsen auszuschöpfen.

In der Biogasproduktion bestehen gegenüber den Energiemaissorten gewisse Nachteile, die vor allem auf einen geringeren Gehalt an N-freien Extrakt-stoffen und höhere Rohfaserwerte zurückzuführen sind. Sorghumhirsen wie auch Energiemais sichern bei moderater N-Düngung (100-120 kg N/ha) hohe Erträge und geringe Nmin- Gehalte nach der Ernte im Boden.

Im Sinne ausgeglichener Nährstoff- und Humusbilanzen ist die Rückführung der Gärreste als Dünger sinnvoll. 5. Literatur

El Bassam, N., 1998: Energy plant species their use and impact on environ-ment and development. James and James Ltd, London

Franke, W., 1992: Nutzpflanzenkunde. 5. unv. Auflage, Stuttgart, New York

Lieberei, R., Reisdorff, C., 2007: Nutzpflanzenkunde. 7. Auflage, Stuttgart, New York

Petersen, J., Fecht, G., Bues, P., 2008: Ertragsstabilität und Ertragspotenziale von Sorghum-Hirsen in trocken-warmen Regionen Südwestdeutschlands. Fachhochschule Bingen

Potthast, V., Chudaske, C., 2008: Sorghum/Hirse/Milocorn - Eine bekannte Komponente neu auf dem Markt. Feed Magazine/Kraftfutter 1/2 2008

Röhricht, C., Zander, D., 2008: Anbau und Nutzung von Energiehirse als Alternative für ertragsschwache Standorte in Trockengebieten Mittel-deutschlands. (Teilvorhaben 1 im Verbundvorhaben „Energiepflanzen für die Biogasproduktion“, Berichtszeitraum 2004-2006). Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Dresden, Heft 2/2008

Röhricht, C., Zander, D., Dittrich, R., 2008: Anbauversuch Energiehirse. (Teilvorhaben 1: „Anbau und Nutzung von Energiehirse als Alternative für ertragsschwache Standorte in Trockengebieten Mitteldeutschlands“ im Verbundvorhaben „Energiepflanzen für die Biogasproduktion“, Ver-suchsergebnisse 2007). Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Dresden, Heft 18/2008

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Entwicklung einer geeigneten NIRS-Analytik für die Steuerung von Biogasanlagen M. Schmidt1, M. Fischer1, W. Friedt2, P. Tillmann3, H. Brunn4, W. Zerr1 1Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Schloss Eichhof, Bad Hersfeld, 2Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Justus Liebig Universität Gießen, 3VDLUFA Qualitätssicherung NIRS GmbH, Kassel; 4Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Gießen 1. Einleitung

Die nicht-invasive Methode der Nahinfrarot-Reflexionsspektroskopie (NIRS) basiert auf der Aufnahme eines charakteristischen Absorptions-spektrums, entstanden durch die Wechselwirkung der Nahinfrarotstrahlung mit spezifischen Molekülbindungen (Murray, 2004).

Sie stellt ein in der landwirtschaftlichen Futtermittelanalytik seit vielen Jahren fest etabliertes Analyseverfahren zur Bestimmung verschiedener Stoffe und Stoffgruppen an getrocknetem und gemahlenem Probenmaterial dar.

Eine viel versprechende Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten sind Geräteinstallationen zum mobilen Einsatz auf landwirtschaftlichen Nutz-fahrzeugen. Durch Online- Messungen können damit während eines Ernte-vorganges Trockenmasse und andere Parameter direkt bestimmt werden. Auch für die Ausbringung von Gülle auf Nutzflächen befinden sich mobile Spektrometer im Einsatz, um über Trockensubstanz- und Stickstoffgehalte Mengendosierungen zu ermöglichen (Reeves, 2000).

Die Möglichkeit mittels Online-Messungen verschiedene Inhaltsstoffe parallel zu erfassen, macht die Anwendung von NIRS- Geräten auch für Biogasanlagen attraktiv (Nordberg et al., 2000).

Dies wäre nicht nur eine Perspektive für eine Optimierung der Prozessüber-wachung sondern auch als Steuerelement von Bedeutung.

Die gemessenen Konzentrationen der Inhaltsstoffe wie z.B. der Essigsäure dienen als Indikator für die Stabilität der Biogasfermentation und bieten dem Anlagenbetreiber über gezielte Zufütterung frühzeitig die Möglichkeit in den Prozess einzugreifen. Die Messung der Gehalte umsetzbarer Stoffe und Stoffgruppen und der Vergleich mit Säurekonzentrationen, Ammoniak-gehalten und weiteren Parametern könnten als Grundlage für eine autarke Prozesssteuerung dienen.

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Die Voraussetzung für die Nutzung der NIRS-Analytik an Biogasanlagen ist jedoch die Verfügbarkeit substrat- und systemspezifischer Kalibrierungen und eine fundierte Kenntnis möglicher Interferenzen der zu untersuchenden Parameter. 2. Material und Methoden

Die qualitative und quantitative Bestimmbarkeit sowohl der kurzkettigen Carbonsäuren Essigsäure, Propionsäure, n-Buttersäure und Valeriansäure als auch andere für die Methanbildung relevante Substrate wie Zellulose, Stärke, Eiweiß, Fett und Glyzerin, aber auch Ammoniumverbindungen und Zwischenprodukte aus dem Abbauprozess,wurden innerhalb einer Machbar-keitsstudie (Fischer, 2008) mittels eines Standard-Additionsverfahrens in Fermentergülle ermittelt.

Bei der verwendeten Gülle-Matrix handelt es sich um ein standardisiertes Gemisch von ca. 70 % Rinder- und 30 % Schweinegülle aus dem Vorrats-behälter für Gärversuche des LHL, Standort Eichhof, welche nach einem 57 Tage andauernden Ausfaulungsprozess einen TS-Gehalt von 4,3-5,1 % (oTS 2,8-3,5 %) aufwies.

Für die Probenpräsentation wurden Quarzküvetten (10 mm Füllhöhe, 10 ml Probenvolumen) verwendet, wobei die Messungen über eine „Zeiss Corona“ (Dioden-Array Spektrometer, Carl Zeiss Microimaging GmbH, Jena) erfolgten.

Weiterhin wurde die Möglichkeit der Verwendung einer Durchflussküvette untersucht. Das System mit einer Umwälzpumpe ermöglicht die Zirkulation eines Volumens von 1000ml und ist daher besonders für Messung nach dem Standardadditionsverfahren geeignet

Die gewonnenen Absorptionsspektren (Messsteuerung über die Software „Cora“, Carl Zeiss Microimaging GmbH Jena) wurden basierend auf einem Regressionsverfahren (Software „WinISI 1.50, Infrasoft International, Port Matilda, PA USA) zur Kalibrierung und Validierung umgerechnet und aus-gewertet

Die Reflexionswerte wurden dabei im Wellenlängenbereich von 960-1690 nm aufgezeichnet 3. Ergebnisse und Diskussion

Die Verwendung einer Durchflussküvette als alternative Messmethodik er-wies sich als problematisch. Durch die Umwälzung wurde Luft in die Fermentergülle eingetragen, wodurch aufgrund verschiedener Effekte, wie die Änderung der Flüssigkeitsdichte (somit der Konzentration) und dem

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Auftreten von Streustrahlung, Einfluss auf die Absorptionswerte der Nah-infrarotstrahlung ausgeübt wurde. Daher wurden für die Ergebnisinter-pretationen ausschließlich die in Quarzküvetten ermittelten Messwerte be-rücksichtigt.

Um die Repräsentativität der Anwendung der NIR-Spektroskopie zu gewähr-leisten, sollten die Messungen möglichst geringe Kalibrationsfehler (SEC, mittlerer Standardfehler der Analyse) und ein hohes Bestimmtheitsmaß (r2) erreichen.

In Abhängigkeit der Art und des Konzentrationsbereichs der verwendeten Substrate weisen die Kalibrierungen qualitative Unterschiede auf.

Tabelle 1 und 2 geben eine Übersicht über alle durchgeführten Messungen wieder, wobei die Messproben über den angegebenen Konzentrationsbereich in gleichmäßigem Abstand verteilt vorlagen. Tab. 1: Auflistung der NIR-spektroskopisch untersuchten Verbindungen Nr. Bezeichnung Anzahl

Proben Kalibrierungs-

messungen Validierungs-

messungen 1 Essigsäure* 261 126 130 2 Propionsäure* 25 10 14 3 Butansäure* 25 11 14 4 Valeriansäure* 25 11 14

5 Essigsäure 260 36 224 6 Propionsäure 116 35 80 7 Acetat 200 95 105 8 Propionat 100 40 60 9 Glyzerin 80 19 60 10 Stärke 200 45 155 11 Eiweiß-N 148 41 106 12 Ammonium-N 190 57 124 13 Milchfett 120 58 60 14 Zellulose 239 42 155

* Matrix = Wasser ∑ 1989 626 1206 Die Wahl der Konzentrationsmaxima erfolgte hierbei nicht in Anlehnung an die in einer Biogasanlage natürlich vorkommenden Bezugsgrößen, sondern übersteigt diese teilweise um ein Mehrfaches, um eventuelle technische Be-grenzungen der Erfassung höherer Wertebereiche aufzeigen zu können. Die aufgelisteten Vorversuche in Wasser dienten als einfacheres Bezugs-system, um Störgrößen der Güllemessungen abschätzen zu können.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 357 -

Die z. T. sehr niedrig ausgefallene statistische Sicherheit der Versuchsreihe in Wasser basiert einerseits auf der geringen Anzahl der gemessenen Lösungen und andererseits auf der geringen Pufferwirkung des Systems und ist für die Gesamtaussagekraft der Qualitätsstudie unerheblich.

Insgesamt zeigt sich, dass für die größeren molekularen Verbindungen Zellulose, Stärke, Eiweiß, Ammonium und Fett durchgängig hohe Bestimmt-heitsmaße von >0,97 und ein verhältnismäßig geringer Standardfehler von <13 % des Konzentrationsmaximums erreicht werden konnte.

Für die kurzkettigen Fettsäuren hingegen variierte der Standardfehler in Ab-hängigkeit der jeweiligen Messreihe in Gülle zwischen 11-55 % des Konzentrationsmaximums, wobei die Abweichungen bei niedrigeren Konzentrationen auch einen höheren Stellenwert annahmen. Um eine durch-gängig hohe Reproduzierbarkeit der Säurenversuche zu erreichen, müssen weitere Parameter berücksichtigt werden. Eine besondere Rolle kommt der Beschreibung und der Erfassung der pufferwirksamen Inhaltsstoffe des Substrates zu. Tab. 2: Ergebnisse der Kalibrierungen

Additiv Konzentrations-bereich [g/L]

Bestimmtheitsmaß der Kalibrierung

Mittlerer Standardfehler

der Analyse SEP(C)**

Essigsäure* 0,03 – 60,00 0,95 ±13,02 Propionsäure* 0,10 – 0,55 0,10 ± 0,30 n-Butansäure* 0,01 – 0,20 0,85 ± 0,40 Valeriansäure* 0,01 – 0,20 0,30 ± 0,17

Essigsäure 0,21 – 49,87 0,98 ±10,59

Propionsäure 0,10 – 18,85 0,94 ± 7,75 Acetat 0,20 – 36,90 0,99 ± 4,13

Propionat 0,50 – 18,25 0,98 ± 5,46 Glyzerin 0,50 − 9,54 0,84 ± 3,47 Stärke 0,25 – 50,08 0,99 ± 2,95

Eiweiß-N 0,10 – 15,00 0,98 ± 1,84 Ammonium-N 0,01 – 15,00 0,99 ± 1,04

Milchfett 0,25 – 35,00 0,99 ± 1,03 Zellulose 0,25 – 50,03 0,97 ± 4,77

* Matrix = Wasser ** SEC = Standard Error of Prediction corrected for bias um systematischen Fehler korrigiert

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 358 -

Abbildung 1 und 2 zeigen an exemplarischen Beispielen Validierungen von Essigsäure bzw. Stärke, wobei der höhere Streuungsgrad der per NIRS er-mittelten Essigsäurewerte im niedrigeren Konzentrationsbereich gut zu er-kennen ist.

Unabhängige Validierung der Essigsäurekonzentration in Fermentergülle

y = 0,9052x - 2,4762R2 = 0,9081

-10

-5

0

5

10

15

20

25

30

35

40

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45

Vorgabe des Essigsäuregehalts [g/L]

NIR

S A

naly

sew

erte

de

s Es

sigs

äure

geha

lts [g

/L]

Abb. 1: Kontrollmessung der kalibrierten NIRS-Analytik, Beispiel: Essigsäure

Unabhängige Validierung der Stärkekonzentration in Fermentergülle

y = 0,9954x + 0,0864R2 = 0,9955

-10

0

10

20

30

40

50

60

0 10 20 30 40 50 60

Vorgabe des Stärkegehalts [g/L]

NIR

S A

naly

sew

erte

de

s St

ärke

geha

lts [g

/L]

Abb. 2: Kontrollmessung der kalibrierten NIRS-Analytik, Beispiel: Stärke Wie sich zeigte, ist die Sonderstellung der Fettsäuren auf den unterschied-lichen Dissoziationsgrad zurückzuführen, wobei den Kalibrierungen als Unterscheidungsmerkmal der Säure- bzw. Salzzustand zugrunde liegt.

Deutlich wird dies bei einer Konzentrationsbestimmung innerhalb variierender pH-Werte. Abbildung 3 zeigt eine exemplarische Versuchsreihe, wobei wässrigen Essigsäure-Lösungen in ansteigender Konzentration Kaliumhydroxid in gegenläufiger Mol-Menge hinzugesetzt wurde.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 359 -

Bei der Auftragung der über NIR-Spektroskopie bestimmten Konzen-trationen mit den tatsächlich vorliegenden zeigt sich eine Diskrepanz zu der bei einer erfolgreichen Validierung erhaltenen Winkelhalbierenden. Die für den sauren pH-Bereich erstellten Kalibrierung lassen sich für die basischen Medien nicht zur Erfassung der Acetatkonzentration verwenden.

Vorgabe Essigsäure

[g/L]

Vorgabe KOH [g/L]

pH

0,00 56,10 14,00 6,00 50,49 13,90 12,00 44,80 13,78 18,00 39,27 13,60 24,00 33,66 13,30 30,00 28,05 7,00 36,00 22,44 2,72 42,00 16,83 2,57 48,00 11,22 2,49 54,00 5,61 2,42 60,00 0,00 2,37

Abb. 3: pH-Abhängigkeit der Konzentrationsbestimmung von Essigsäure

mit Hilfe der NIRS-Analytik Die Übertragung dieser Erkenntnis auf das stärker gepufferte System der Fermentergülle und die Quantifizierung des Präzisionsverlustes bei an-steigendem pH-Wert sind infolgedessen für die Bestimmung der Säuren essentiell.

Aktuelle Versuche am LHL Eichhof widmen sich unter anderem diesem Phänomen um so den mittleren Fehler der Fettsäuren zu minimieren und um die simultanen Konzentrationsbestimmungen aller Komponenten in wechselnden Zuständen der Fermentergülle zu ermöglichen.

Hinzu kommt eine genauere Betrachtung der für Biogasanlagen signi-fikanten Wertebereiche und der Bestimmbarkeit im Spurenbereich. 4. Zusammenfassung

Mit dem NIRS-Verfahren können sowohl die für Gasbildung relevanten Stoffe- und Stoffgruppen, als auch Zwischenprodukte des Gärprozesses er-fasst werden. Die Aussagekraft der Ergebnisse als Grundlage zur Prozess-

Unabhängige Validierung der Essigsäurekonzentration in Wasser unter Zugabe von KOH

0

10

20

30

40

50

60

70

80

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0 10 20 30 40 50 60 70

Vorlage der Essigsäurekonzentration [g/L]

NIR

S A

naly

sew

erte

der E

ssig

säur

ekon

zent

ratio

n [g

/L]

0

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14

pH-W

ert

1. Validierung 2. Validierung 3. Validierung pH-Wert

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 360 -

führung ist von der Qualität der Kalibrierungen, besonders in niedrigen Konzentrationsbereichen, abhängig. Dem Einfluss einer sich verändernden Matrix und mögliche Interaktionen von Messsignalen unterschiedlicher Substanzgruppen muss bei der Ergebnisinterpretation berücksichtigt werden. 5. Literatur

Fischer, M., 2008: Entwicklung einer NIRS-Analytik zur Beurteilung des Gärverhaltens einzelner wertbestimmender Inhaltsstoffe pflanzlicher Ko-substrate in Biogasanlagen, Masterarbeit, Fachbereich Agrarwissen-schaften und Umweltmanagement, Gießen

Murray, I., 2004: Scattered information: philosophy and practice of near in-frared spectroscopy, Proc. 11th International Conference on Near Infrared Spectroscopy, 6-11 April, Cordoba, Spain, 1-12

Nordberg, A., Hansson M., Sundh I.. Nordkvist E., Carlsson H., Mathissen B., 2000: Monitoring of a biogas process using electronic gas sensors and near-infrared spectroscopy (NIR), Water Science and Technology 41 (3), 1-8.

Reeves, J. B., Van Kessel, J. A. S., 2000: Near-Infrared Spectroscopic deter-mination of Carbon, Total Nitrogen and Ammonium-N in Dairy Manures, Dairy Sci. 83, 1829-1836

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 361 -

Biogas- und Methanerträge alternativer Fruchtarten F. Hengelhaupt1, A. Nehring, K1. Gödeke1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Bedingt durch eine veränderte Energiepolitik und der damit entstandenen günstigen Gesetzeslage wurde ein verstärktes Interesse an der Biogas-produktion, vor allem im landwirtschaftlichen Bereich, gefördert. Aufgrund der gestiegenen Aktivitäten im Bereich Biogas stellt sich die Frage nach der Rohstoffverfügbarkeit und dem damit verbundenen und erforderlichen öko-logischen Anbau von Biomasse. Daher ist man bestrebt, neben dem bisher am häufigsten als Koferment eingesetzten Mais, weitere Fruchtarten zu finden, welche sich als Biogassubstrat eignen.

Im Rahmen des „EVA“ Verbundprojektes (gefördert vom BMELV über die FNR, Laufzeit 2005-2008) wird am Thüringer Zentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Dornburg ein standortangepasster Energiepflanzenanbau be-trieben. Dabei kommen unterschiedliche Fruchtfolgen mit verschiedenen Fruchtarten, hier vorrangig für die Biogasnutzung, zum Anbau. Um Auf-schluss über das Biogas- und Methanpotential der einzelnen Fruchtarten zu erhalten wird das einsilierte Pflanzenmaterial im Hohenheimer Biogas-ertragstest auf den Gasertrag untersucht. 2. Methoden und Durchführung

Winter-Weizen

Winter-Raps

Winter-Triticale

(GP)*

Hafer Sorten-

mischung(GP)*

5

Winter-Weizen

Winter-Raps

Arten-mischung

(Winter-Triticale, -Weizen,-Gerste)*

Hafer (GP)*

6

Winter-Weizen

Mais

Mais*

Mais

7

Winter-WeizenWinter-WeizenWinter-WeizenWinter-WeizenWinter-Weizen2008

Topinambur(Kraut und

Knolle)

Luzerne-gras

Winter-Triticale

(GP)Einjähriges

Weidelgras (SZF)

Winter-Triticale

Winter-Triticale

(GP)Zuckerhirse

(SZF)

2007

Topinambur(Kraut)*

Luzerne-gras

Sudangras(ZF)*

Mais(ZF)*

Mais*2006

Topinambur(Kraut)*

Sommer-Gerste (GP)*

+ Untersaat

Luzernegras

Mais*Futter-Roggen

(WZF)*

Sudangras*Futter-Roggen

(WZF)*

Sommer-Gerste (GP)*Ölrettich (SZF)

2005

84321

Winter-Weizen

Winter-Raps

Winter-Triticale

(GP)*

Hafer Sorten-

mischung(GP)*

5

Winter-Weizen

Winter-Raps

Arten-mischung

(Winter-Triticale, -Weizen,-Gerste)*

Hafer (GP)*

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Winter-Weizen

Mais

Mais*

Mais

7

Winter-WeizenWinter-WeizenWinter-WeizenWinter-WeizenWinter-Weizen2008

Topinambur(Kraut und

Knolle)

Luzerne-gras

Winter-Triticale

(GP)Einjähriges

Weidelgras (SZF)

Winter-Triticale

Winter-Triticale

(GP)Zuckerhirse

(SZF)

2007

Topinambur(Kraut)*

Luzerne-gras

Sudangras(ZF)*

Mais(ZF)*

Mais*2006

Topinambur(Kraut)*

Sommer-Gerste (GP)*

+ Untersaat

Luzernegras

Mais*Futter-Roggen

(WZF)*

Sudangras*Futter-Roggen

(WZF)*

Sommer-Gerste (GP)*Ölrettich (SZF)

2005

84321

Abb. 1: Im Versuch angebaute Fruchtfolgen am Standort Dornburg Am Standort Dornburg kommen im Rahmen des „EVA“ Verbundprojektes acht unterschiedliche Fruchtfolgen mit insgesamt 12 verschiedenen Frucht-

Biogassubstrat Kornnutzung

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 362 -

arten zum Anbau (siehe Abb. 1). Die Pflanzen werden als mögliche Biogas-substrate angesehen und auf ihre Biogas- und Methanausbeuten untersucht. Das geschieht unter besonderer Berücksichtigung der verschiedenen Frucht-arten und der Fruchtfolgestellung (Hauptfrucht/Zweitfrucht). Zudem werden zwei verschiedene Bodenbearbeitungsvarianten (konventionell mit Pflug/ minimal ohne Pflug) untersucht und es erfolgt eine Betrachtung der Pflanzen- bzw. Silageinhaltstoffe und deren Auswirkung auf den Biogas-ertrag. 2.1 Silage und Probenaufbereitung

Um Wiederholungseffekte auszuschließen wird jedes Fruchtfolgeglied in vierfacher Wiederholung angelegt. Die Ernte des Pflanzematerials erfolgt mittels Futterernter oder Häcksler. Dabei wird das Material bereits auf eine Länge von ca. 18 mm zerkleinert. Aus den vier Wiederholungen wird eine Mischprobe erzeugt und daraus wiederum eine repräsentative Probe von ca. 1 kg gezogen. Die Einsilierung des Pflanzenmaterials erfolgt in 1 Liter bzw. 1,5 Liter Modellsilos (Tulpengläser) der Firma Weck. Im Glas wird das Material mit einer Vorrichtung verdichtet und anschließend luftdicht ver-schlossen (Abb. 2). Dieser Vorgang wird in vierfacher Wiederholung durch-geführt und damit stehen je Fruchtart vier Silageproben zur Verfügung. Die Silierdauer beträgt 90 Tage und die entnommene Silage wird anschließend bei -20 °C gelagert.

Abb. 2: Verdichtungsvorrichtung zur Silagebereitung in Modellsilos (ATB) Als weitere Aufbereitung erfolgt eine Trocknung bei 60 °C und eine Zer-kleinerung auf 1-2 mm Siebdurchgang. Es folgt eine umfassende Analyse der Silagen (Weender Rohnährstoffe der erweiterten Futtermittelanalyse: Rohasche, Rohfett, Rohfaser, Rohprotein, NfE, Zucker Stärke, ADF und NDF sowie ADL, die Makro- und Mikronährstoffe sowie das Gärsäure-spektrum und der pH-Wert) und die Untersuchung im Hohenheimer Biogas-test.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 363 -

2.2 Hohenheimer Biogasertragstest

2.2.1 Aufbau und Funktion

Als Fermenter dienen bei dem HBT Kolbenprober mit einem Volumen von 100 ml (Glasspritzen, Abb. 3), einer 1:1 Graduierung und mit einem Kapillaransatz. Auf diesem ist ein Schlauchstück aufgesetzt welches mit einer Schlauchklemme verschlossen werden kann. Zwischen dem Kolben und dem Stopfen fungiert eine Silikonpaste als Dicht- und Schmiermittel.

Abb. 3: Schematischer Aufbau eines Kolbenprobers In den Kolben wird das Gärsubstrat (z.B. Mischung aus Impfmaterial und Testsubstrat) gegeben. Anschließend wird mit dem Stopfen, welcher vorher mit der Dichtpaste behandelt wurde, die Restluft aus dem Kolben gedrückt und die Schlauchklemme geschlossen. Die befüllten Kolbenprober werden in einem langsam drehenden Rotor eingesteckt (Abb. 4). Damit lässt sich eine kontinuierliche Durchmischung des Gärsubstrates und eine gleichmäßige Umlagerung der Dichtpaste realisieren. Der Rotoraufbau befindet sich in einem Trockenschrank, so dass für die gesamte Versuchsdauer eine konstante Gärtemperatur eingestellt werden kann.

Durch die einsetzenden Aktivitäten der Mikroorganismen kommt es zur Bio-gasbildung. Das entstehende Gas drückt den Stopfen heraus und der Füll-stand des Kolbens kann über die Graduierung abgelesen werden. Bei einem ausreichend hohen Gasvolumen wird, nach dessen Erfassen, das Gas über das Schlauchstück einem externen Gerät zur Analyse zugeführt. Dabei wird das gesamte Biogas herausgedrückt und die Schlauchklemme anschließend wieder verschlossen (Helffrich, 2003). 2.2.2 Praktische Umsetzung

Die Untersuchungen werden am einsilierten Pflanzenmaterial vorgenommen. Dabei kommen je Kolbenprober ca. 500 mg an Probenmaterial mit ca. 35 g an Impfmaterial in Mischung zum Ansatz. Als Impfmaterial wird aus-gegorene Gülle eingesetzt, das heißt diese hat schon einmal den Biogas-prozess durchlaufen. Damit kommt es nur zu einer geringen Eigengas-bildung der Gülle und das Impfmaterial dient somit nur als Träger der Mikroorganismen.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 364 -

In jedem Versuchsdurchgang wird zudem als Nullvariante die reine Impf-gülle und als Referenzprobe mikrokristalline Cellulose mitgeführt.

Abb. 4: Rotoraufbau im Trockenschrank bei dem Versuchsaufbau der TLL Die Proben werden in dreifacher Wiederholung angelegt und somit kommen in einem Durchgang, bei 57 zur Verfügung stehenden Rotorsteckplätzen, 17 Proben sowie eine Nullvariante und eine Referenzprobe zur Untersuchung. Zur Gasanalyse kommt ein externes Messgerät zum Einsatz welches nach der IR-Methode arbeitet Vorraussetzung für eine repräsentative Messung ist ein Mindestvolumen von 25-30 ml Biogas im Kolbenprober.

Die Versuchsdauer beträgt in der Regel 30 Tage. Dabei wird eine konstante Gär-temperatur von 37°C realisiert. Die Durchführungen sowie die Umrechnungen der Rohdaten erfolgt nach der VDI RL-4630 „Vergärung organischer Stoffe Substratcharakterisierung, Probennahme, Stoffdatenerhebung, Gärversuche“. 3. Ergebnisse

Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse sind noch nicht als endgültig zu betrachten, da bisher noch nicht alle Fruchtarten vollständig untersucht werden konnten. Vor allem im Bereich der verschiedenen Bodenbe-arbeitungen stehen noch Ergebnisse aus. Weitere Untersuchungen und Aus-wertungen wird es auch im Bereich der Inhaltsstoffe und deren Aus-wirkungen auf den Gasertrag geben. Die Versuche dauern momentan noch an. 3.1 Spezifische Gaserträge

In Abb. 5 sind die spezifischen Biogas- und Methanerträge der bisher unter-suchten Fruchtarten dargestellt. Den höchsten spezifischen Biogasertrag er-reicht in den Versuchen dabei die Topinambur-Knolle mit ca. 770 lN/kgoTS. Die nächst höheren Erträge bilden nachfolgend die Zuckerhirse, der Futter-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 365 -

roggen und Mais sowie der Triticale und die Artenmischung (Wi-Weizen+ Wi-Triticale+Wi-Gerste) in einem dichten Bereich von ca. 625-650 lN/kgoTS. Die Sommergerste und die Sommergerste (US) erreichen noch Erträge im Bereich von ca. 600 lN/kgoTS. Abb. 5: Spezifische Biogas- und Methanerträge verschiedener Fruchtarten Der Hafer, die Hafersortenmischung, das Sudangras und die Luzerne bilden geringere spezifische Biogaserträge von ca. 550-590 lN/kgoTS aus. Bei der Betrachtung des Topinambur-Krautes fällt auf, dass dieses mit 465 lN/kgoTS den deutlich niedrigsten Biogasertrag erreicht.

Bei den spezifischen Methanerträgen ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Topinambur-Knolle erreicht mit ca. 400 lN/kgoTS den höchsten Methanertrag und das Topinambur-Kraut mit ca. 280 lN/kgoTS wiederum den deutlich niedrigsten. Dazwischen schieben sich zwei Gruppierungen. Einmal die Zuckerhirse, der Futterroggen und der Mais sowie der Triticale und die Artenmischung mit einem Bereich von ca. 360-380 lN/kgoTS. Die zweite Gruppe bilden die Sommergerste (US), der Hafer, die Hafersortenmischung sowie das Sudangras und die Luzerne mit Erträgen im Bereich von ca 330-350 lN/kgoTS. Die spezifischen Methanerträge liegen dichter zusammen als die spezifischen Biogaserträge. 3.2 Gaserträge der unterschiedlichen Fruchtfolgestellungen

Die verschiedenen Stellungen in der Fruchtfolge konnten bisher nur für Mais und Sudangras untersucht werden. Dabei zeigen sich im Versuch bei der

0

100

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V [lN/kgoTS]

Biogas Methan

1 - Sommergerste2 - Mais3 - Triticale4 - Zuckerhirse

5 - Sudangras6 - Futterroggen7 - Sommergerste US8 - Luzerne

9 - Hafersortenmischung10 - Hafer11 - Artenmischung12 - Topinambur (Kraut)

13 - Topinambur (Knolle)

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 366 -

Zweitfruchtstellung von Mais sowie Sudangras höhere spezifische Gas-erträge gegenüber der Hauptfruchtstellung (Abb. 6).

Abb. 6: Biogas- und Methanerträge von Mais und Sudangras in Haupt- und Zweitfruchtstellung

Der Mais erreicht ein spezifisches Biogasvolumen von ca. 636 lN/kgoTS (Hauptfrucht) und 653 lN/kgoTS (Zweitfrucht). Sudangras bildet 559 lN/kgoTS (HF) und 586 lN/kgoTS (ZF) Biogas. Die Methanerträge verhalten sich ähn-lich. Die erreichten Methanvolumen liegen in Zweitfruchtstellung jedoch nur leicht höher als in Hauptfruchtstellung; Mais: ca. 361 lN/kgoTS (HF) zu ca. 366 lN/kgoTS (ZF); Sudangras: ca. 330 lN/kgoTS (HF) zu 348 lN/kgoTS (ZF). Die gefundenen Unterschiede konnten lediglich für die Methanausbeute im Sudangras statistisch abgesichert werden, alle anderen Unterschiede sind nicht signifikant. 4. Zusammenfassung und Ausblick

Der hohe spezifische Gasertrag der Topinambur-Knolle ist wahrscheinlich auf den Anteil des Polysaccharids Inulin, welches als Speicherstoff in der Knolle enthalten ist, zurückzuführen. Der hier erzielte Wert liegt in einem ähnlichen Bereich wie der nach Heiermann und Ploechl (2004) erreichte Gasertrag von 698 lN/kgoTS. Positive Auswirkungen auf die Gasqualität (Heiermann und Ploechl, 2004) können hier nicht bestätigt werden obwohl dafür auch versuchsbedingte Ursachen zugrunde liegen könnten. Der spezi-fische Methanertrag liegt allerdings in dem Bereich wie auch von der FNR (2005) mit 393 lN/kgoTS dargestellt. Betrachtet man den Topinambur ins-gesamt, ergibt sich mit den niedrigen spezifischen Gaserträgen des Krautes wiederum ein differenzierteres Bild.

0

100

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Mais HF Mais ZF Sudangras HF Sudangras ZF

V [lN/kgoTS]

Biogas Methan

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- 367 -

Die erreichten spezifischen Gaserträge der restlichen Fruchtarten decken sich größtenteils mit den Angaben aus der Literatur (Schattauer, 2005; Adam, 2006; Amon, 2006; Kaiser, 2007). Die Getreidearten erreichen hier relativ hohe Gaserträge, die Ausnahme bildet hierbei jedoch der Hafer. Für eine Gesamtbetrachtung der Gaspotentiale muss der Biomasseertrag, d.h. der Trockenmasseertrag der Fruchtarten mit einbezogen werden. Für die Gesamtleistung wird dieser das hauptsächliche Argument sein, vor allem wenn die spezifischen Gaserträge einzelner Fruchtarten nahe zusammen liegen.

Die verschiedenen Fruchtfolgestellungen konnten nur für Mais und Sudan-gras untersucht werden. Hierbei zeigt sich dass die Zweitfrüchte beider Fruchtarten einen höheren Gasertrag gegenüber der Hauptfruchtstellung aufweisen. Als mögliche Ursache kann ein verschobener Erntezeitpunkt der Zweitfrüchte genannt werden, welcher ein verändertes Nährstoffverhältnis in den Fruchtarten zur Folge hat. Um diese Tendenz zu bestätigen sind noch weitere Untersuchungen, auch mit anderen Fruchtarten, notwendig.

Die Untersuchungen sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Einige Fruchtarten konnten noch nicht untersucht werden (z. B. Weidelgras) und auch die Betrachtungen zu den verschiedenen Bodenbearbeitungen sind noch nicht vollständig durchgeführt, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt ab-zeichnet, dass in den Gaserträgen keine signifikanten Unterschiede zu er-warten sind. Die Untersuchungen werden fortgeführt und abschließende Er-gebnisse sind Ende 2008 zu erwarten. 5. Literatur

Adam, L., 2006: Sudangras - Anbauempfehlung zur Biomassenutzung, Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg

Amon, T., 2006: Optimierung der Methanausbeute aus Zuckerrüben, Silomais, Körnermais, Sonnenblumen, Ackerfutter, Getreide, Wirt-schaftsdünger und Rohglyzerin unter den Standortbedingungen der Steiermark, Universität für Bodenkultur Wien

Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (Hrsg.): Pflanzenporträt 3, Topinambur (Helianthus tuberosus L.) aus der Gattung Sonnenblumen (Helianthus) aus der Familie Asteraceae, Gülzow

Heiermann, M., Ploechl, M., 2004: Biogas aus Pflanzen - Ergebnisse von Gärversuchen, ATB, Potsdam

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 368 -

Helffrich, D., Oechsner, H., 2003: Hohenheimer Biogasertragstest - Ver-gleich verschiedener Laborverfahren zur Vergärung von Biomasse, Agrar-technische Forschung, Heft 3, S. 27-30

Kaiser, F., Gronauer, A., 2007: Methanproduktivität nachwachsender Roh-stoffe in Biogasanlagen, Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, Lerchl Druck, Freisingen

Schattauer, A., Weiland, P., 2005: Beschreibung ausgewählter Substrate, Handreichung Biogasgewinnung und Nutzung, Fachagentur Nach-wachsende Rohstoffe e.V., Gülzow, S. 86 - 96,

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Anbauempfehlungen für Kurzumtriebsplantagen A. Werner1, A. Vetter1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Unter Kurzumtriebsplantagen ist der langjährige Anbau von Energiehölzern auf landwirtschaftlicher Nutzfläche in mehreren Umtrieben zu verstehen. Dafür sind schnell wachsende Baumarten mit einer zügigen Jugendent-wicklung, einem hohen jährlichen Biomassezuwachs und der Fähigkeit zum Stockausschlag nach der Ernte geeignet, insbesondere Pappeln und Weiden. Auf der Grundlage langjähriger Erfahrungen mit dem Energieholzanbau in Parzellenversuchen und unter Praxisbedingungen werden Empfehlungen zur Sortenwahl, zum Pflanzverband, zum Anbau und zur Düngung gegeben. 2. Material und Methoden

Die ersten Anbauversuche mit schnellwachsenden Baumarten wurden 1993 in Dornburg, einem trockenen Standort am Südostrand des Thüringer Beckens sowie in Langenwetzendorf, im Vorgebirge des Thüringer Waldes angelegt (Tab. 1). Beide Standorte sind flachgründig bei einer Bearbeitungs-tiefe von 25-30 cm. 1996 kam eine Energieholzanlage in Bad Salzungen hinzu. Dieses Feld ist gegenüber Dornburg und Langenwetzendorf tief-gründiger und lockerer. Die geringe Bodengüte wird hier durch einen höheren Grundwasserstand kompensiert. Tab. 1: allgemeine Angaben zu Boden und Klima der Versuchsstandorte

Dornburg Langenwetzendorf Bad Salzungen Landschaft Ilm-Saale-

Platte Vorgebirgslage Th.

Schiefergebirge Salzunger Bund-

sandsteinland Standort Lö 1c V 5a V 4a2 Bodentyp Löß-

Parabraunerde Berglehm- Braun-

erde/ Staugley Bergsalm-Braunerde

Bodenart stark toniger Schluff

sandiger Lehm lehmiger Sand

Ackerzahl 60 36 32 Höhenlage (m) 260 440 280 langjährige Jahres-mitteltemperatur (°C)

8,1 7,0 8,1

Niederschlag, langjähr. Mittel (mm/a)

578 642 586

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Die 30 m² Parzellen im dreijährigen bzw. 75 m² Parzellen im fünfjährigen Um-trieb wurden im randomisierten Blockversuch in vierfacher Wiederholung per Hand gepflanzt. An allen drei Standorten erfolgte eine Prüfung im dreijährigen Umtrieb von sechs bis 12 Pappelklonen im Pflanzverband von 1,0 m x 0,9 m (11 100 Pfl./ha) und ein bis drei Weidensorten (1,0 m x 0,75 m, 13 300 Pfl./ha). Im fünfjährigen Umtrieb kamen neben acht Pappelklonen Birke (Betula verrucosa), Schwarzerle (Alnus glutinosa) und Robinie (Robinia pseudoacacia) in Dornburg und Langenwetzendorf zum Anbau. Es wurden Doppelreihen mit Reihen-abständen von 0,75 m im Wechsel mit Wegen von 2,50 m bzw. 3,50 m Breite an-gelegt. Bei einem Pflanzabstand in der Reihe von 0,75 m ergab sich eine Bestandesdichte von 7 100 Pfl./ha. Vor Anlage der Energieholzplantage sowie im 15-jährigen Versuchszeitraum wurde keine Düngung ausgebracht. Die Ernte der Bäume erfolgte in den Winter-monaten manuell mit der Motorsäge. 3. Ergebnisse

Anforderungen an den Standort Im Folgenden wird ausschließlich auf Weiden und Pappeln eingegangen, da für diese beiden Arten die Produktionstechnik am weitesten fortgeschritten ist. Pappeln und Weiden stellen verhältnismäßig geringe Ansprüche an die Bodenqualität, soweit es sich um bisher ackerbaulich genutzte Standorte handelt. Entscheidend ist die Wasserversorgung, die entweder über ausreichende Niederschläge von mindestens 550 mm Jahresniederschlag und/oder ein gutes Bodenwasserspeicherungsvermögen abgesichert werden muss. Weiden haben dabei höhere Ansprüche als Pappeln, so dass ihr Anbau vorrangig auf Aueböden erfolgen sollte. Böden mit Staunässe und sogenannte Minutenböden sind für beide Arten nicht geeignet Des weiteren sollte eine gute Durchlüftung und Durchwurzelbarkeit bis mindestens 30 cm Tiefe ge-geben sein, da sonst, zumindest in den ersten Jahren, mit geringen Zuwachsraten zu rechnen ist. Beide Energieholzarten bevorzugen schwach saure bis neutrale Böden. Steinreiche und schwere tonige Böden bereiten Probleme bei der Pflanzung. Der Anbau kann bis in Höhenlagen von 600 m erfolgen. Hohe Erträge >10 t TM/Jahr und Hektar sind nur auf gut durchlüfteten, nährstoffreichen Böden bei aus-reichendem Wasserangebot erzielbar. Auf ackerbaulichen Grenzstandorten ist eine Bestandesetablierung mit erheblichen Schwierigkeiten hinsichtlich Anwuchserfolg und jährlichem Biomassezuwachs verbunden. Die Anlage kleinerer Flächen (<2 ha) birgt, besonders bei Weiden, die Gefahr von größeren Wildschäden.

Möglichkeiten des Pflanzverbandes Kurzumtriebsplantagen können in verschiedenen Pflanzverbänden in Abhängig-keit von der Erntetechnik und der Umtriebszeit angelegt werden. Für die Ernte stehen der Claas Vollernter mit Holzgebiss für Stammdurchmesser bis zu 7 cm (dreijährige Rotationszeit) und der Einsatz von modifizierter Forsterntetechnik für Erntezyklen ab acht Jahren zur Verfügung. Für einen Einsatz in der Praxis noch

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nicht ausreichend erprobt ist der Einsatz von Mähhackern, welche für Stamm-stärken bis 7 cm, maximal 12 cm, d. h. für drei- bis fünfjährige Umtriebe geeignet sind.

Kurze Rotationen von drei bis fünf Jahren haben den Vorteil des schnelleren Kapitalrückflusses sowie eines geringeren Pflegeaufwandes in den ersten Jahren. Bei längeren Umtriebszeiten sind höhere jährliche Zuwachsraten zu erwarten. Es wird weniger Pflanzgut benötigt und die Ernte kann mit praxiserprobter Forst-technik erfolgen. Jedoch ist das Anbaurisiko höher, da die Flächenleistung stärker vom Einzelbaum abhängt (Tab. 2).

Tab. 2: Vor- und Nachteile der Umtriebszeiten

Umtriebszeit Vorteile Nachteile 3 – 5 Jahre • Geringer Lichteinfall und

geringer Pflegeaufwand • Bestandeslücken werden

durch Nachbarpflanzen ausgeglichen

• Schneller Kapitalrückfluss

• höhere Pflanzgutkosten • kein optimaler Ertragszu-

wachs • noch kein praxisreifer

Mähhacker verfügbar

>8 Jahre • Geringere Pflanzgutkosten • Höhere jährliche Zuwachs-

raten • Ernte mit praxiserprobter

Forsttechnik

• Hoher Lichteinfall und Pflegeaufwand

• Flächenleistung vom Einzelbaum abhängig

• später Kapitalrückfluss Für die Planung der Reihen- und Pflanzabstände ist die vorgesehene Umtriebszeit ausschlaggebend. Diese hängt in erster Linie von der zukünftigen Erntetechnik ab. Deshalb sind vor der Anlage einer Energieholzplantage Entscheidungen zur späteren Erntetechnik zu treffen, da es von den technischen Möglichkeiten der Erntemaschine abhängt, wie stark der Stammdurchmesser der Bäume zum Zeit-punkt der Ernte sein darf. Dieser bestimmt wiederum die Zahl der Vegetations-jahre bis zur Ernte. Die Ernteintervalle sollten mindestens drei Jahre betragen und dürfen aufgrund der gesetzlichen Regelungen 20 Jahre nicht überschreiten.

Der jährliche Biomassezuwachs und damit der Stammdurchmesser werden von dem Leistungsvermögen der Baumart bzw. des Klones, von den Gegebenheiten des Standortes und der Umtriebszeit beeinflusst. Unter Beachtung all dieser Kriterien legt man den Pflanzverband und damit die Bestandesdichte fest.

Ein optimaler Standraum wird erzielt, wenn jeder Baum nach allen Seiten gleich-viel und ausreichend Platz hat. Aufgrund der notwendigen Fahrgassen kann das oft nicht gewährleistet werden. Pflanzabstände bis 1,5 m schließen sich nach ca. drei bis vier Jahren. Zu weite Reihenabstände werden von den Bäumen nicht aus-reichend beschattet und neigen zur Verunkrautung.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Anlage einer Kurzumtriebsplantage Fehler bei der Anlage einer Kurzumtriebsplantage wirken sich über viele Jahre hinweg negativ auf den Ertrag aus. Deshalb ist dem zügigen Austrieb der Steck-linge höchste Aufmerksamkeit zu schenken, um eine hohe Anwuchsrate zu er-zielen. Nachpflanzungen sind sehr arbeitsintensiv und haben oft nicht den ge-wünschten Erfolg. Einen möglichst fehlstellenfreien Bestand erreicht man bei Beachtung folgender Maßnahmen:

Im Herbst vor der Pflanzung sollte eine tiefgründige Bodenlockerung (mindestens 20 cm) und eine ausreichende Unkrautbekämpfung durchgeführt werden. Die Pflanzung erfolgt im zeitigen Frühjahr von März bis April. Gesundes, sortenreines Pflanzgut von hoher Qualität erhält man in Baumschulen. Die Knospen sollen leicht angetrieben sein, damit sie im Boden zügig austreiben. Die Stecklinge dürfen nach der Hand- oder Maschinenpflanzung maximal 2 cm aus dem Boden schauen. Es ist dabei unbedingt auf Bodenschluss zu achten.

Eine mechanische Unkrautbekämpfung zwischen den Baumreihen ist im Pflanzjahr und eventuell im zweiten Vegetationsjahr oft unerlässlich, um ein zügiges Wachstum zu gewährleisten. Es können dabei Mulchgeräte, Hacken und Fräsen zum Einsatz kommen.

Düngung Auch für den Energieholzanbau sind wie für alle Ackerkulturen die Grundsätze einer „Guten fachlichen Praxis“ aufgrund einer fundierten Ermittlung des Dünge-bedarfs einzuhalten. Düngemittel sind unerlässlich, um die Bäume ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen sowie die Leistungsfähigkeit des Bodens zu er-halten, insbesondere bei der Wiedereingliederung der Kurzumtriebsplantage in die konventionelle Fruchtfolge. Tab. 3: Jährlicher Nährstoffentzug (kg/ha) von Pappeln

fünfjährige Rotation

vierjährige Rotation

fünfjährige Rotation

Nährstoff (Hofmann, 1999)

(Röhricht, Ruscher, 2004)

(Untersuchungen der TLL)

Stickstoff (N) Phosphor (P) Kalium (K) Magnesium (Mg) Kalzium (Ca)

19 – 36 4 – 8 16 – 36 2 – 5 12 – 42

22 – 59 4 – 10 16 – 42 5 – 13 32 – 86

47 8 26 6 60

Ausgehend vom Nährstoffangebot ehemals landwirtschaftlich genutzter Böden (anzustrebende Gehaltsklasse C) ist dieses für Energieholzplantagen in der Regel hoch bis sehr hoch einzustufen (Hofmann, 1999). Es ist zu be-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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achten, dass die Kulturen nach mehreren Jahren ihre höchste Leistung er-reichen und erst dann auf Düngergaben wirksam ansprechen. Besonders im Pflanzjahr kann ein hohes Nährstoffangebot durch zu starke Förderung der Beikrautflora sogar hinderlich sein. Die vergleichsweise zu anderen Kultur-arten geringen Nährstoffgehalte im Holz und niedrigen jährlichen Entzüge (Tab. 3) lassen keine erheblichen Düngeeffekte erwarten. Tabelle 4 zeigt die Veränderung der Nährstoffgehalte des Bodens nach 14-jährigem Anbau von Energieholz in Dornburg. Die durch abgestorbene Blätter entstandene Auflage bleibt bei der Bodenuntersuchung unberück-sichtigt. Im Versuchszeitraum 1993 bis 2008 erfolgte keine Düngung. Tab. 4: Veränderung des Nährstoffgehaltes/Nährstoffgehaltsklasse im

Boden (Dornburg, fünfjähriger Umtrieb) Boden-

schicht cm

Begründung der Anlage 1993

nach 14 Jahren 2007

Nmin kg/ha 0 – 30 52 16 P mg/100 g Boden 0 – 20 10,3 / D 7,5 / D K mg/100 g Boden 0 – 20 18,8 / D 11,0 / C Mg mg/100 g Boden 0 – 20 11,7 / E 9,5 / C pH-Wert 0 – 20 7,0 7,5 Org. Substanz % 0 – 20 3,0 1,5

Laut Unseld (1999) und Jug (1997) ist in den ersten zehn Jahren keine Düngung erforderlich. Es genügen die in den ehemaligen Ackerböden ge-speicherten bzw. aus der laufenden Mineralisation frei werdenden Nähr-stoffe, um einen ausreichenden Ernährungszustand der Bäume zu gewähr-leisten. Laut Unseld (1999) können nach zehnjähriger Bewirtschaftung auf Lehmböden bei Magnesium und auf Tonböden bei Kalium Nährelement-mängel auftreten. Auf Sandböden ist mit einem Mangel bei Calcium und Kalium zu rechnen. Nur die Korbweiden benötigen für eine hohe Biomasse-leistung zusätzlich Stickstoff (Jug, 1997).

Es wird empfohlen, entsprechend der Düngeverordnung für Ackerland, mindestens alle sechs Jahre den Boden auf Phosphor, Kalium und den Kalk-versorgungszustand zu untersuchen, um zu überprüfen, inwieweit sich der Nährstoffgehalt des Bodens verändert hat.

Die Notwendigkeit einer Düngung hängt stark vom Standort und der Energieholzart ab. Die Höhe der Düngergabe ist neben dem Nährstoffgehalt abhängig vom jährlichen Biomassezuwachs. Hinsichtlich der Nährstoffe hat

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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die Weide die höheren Ansprüche. Bei den Pappeln verringert sich dieser Anspruch von der Schwarzpappel über die Balsampappel zur Zitterpappel. Mineralische Dünger (P, K, Mg, Ca) können ganzjährig in Abhängigkeit der Befahrbarkeit der Kurzumtriebsplantage verabreicht werden. Der günstigste Zeitpunkt liegt im Frühjahr nach der Ernte, wenn der Baumbestand nicht hinderlich ist. Klärschlamm und Gülle dürfen nach den Richtlinien der Klär-schlammverordnung ausgebracht werden.

Biomassezuwachs und Eignung der Energieholzarten Im Modellvorhaben „Schnellwachsende Baumarten“ der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (Hofmann, 1999) wurden zahlreiche Arten und Klone getestet Dabei hat sich die Gruppe der Balsampappeln und ihrer Hybriden als besonders ertragreich herausgestellt. Davon sind nach den bis-herigen in Thüringen gewonnenen Erkenntnissen die Maxklone wegen ihrer hohen Ertragsleistung und Rostresistenz für Kurzumtriebsplantagen geeignet (siehe Abb. 1). In Bad Salzungen erzielten sie ab der zweiten Rotation >10 t TM/ha/a. Aufgrund des weiten Pflanzabstandes wurden beim fünfjährigen Umtrieb im Vergleich zum dreijährigen relativ geringe Erträge ermittelt (Abb. 2). Reihenabstände >2,5 m Breite sollten erst bei längeren Umtriebs-zeiten geplant werden.

0

4

8

12

16

20

Max 1

Max 3

Andro

sc.

NE 42

Schwarz

aJ 1

05Tora

t TM

/ha/

a

1996-1998 1999-2001 2002-2004 2005-2007

Abb. 1: jährlicher Biomassezuwachs (t TM/ha/a) von Pappelklonen und der Weide Tora im dreijährigen Umtrieb in Bad Salzungen (11 100 Pfl./ha)

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Von den 300 Weidenarten der Gattung Salix eignet sich hauptsächlich die Korbweide (Salix viminalis) für einen Anbau in Kurzumtriebsplantagen. Im Gegensatz zur Pappel kommen bei der Weide jährlich neue Sorten auf den Markt. Weiden mit wenigen, kräftigen Trieben, z. B. die Sorte Tora erzielen jährlich hohe Zuwachsraten (Abb. 1) und lassen sich im Gegensatz zu anderen dünntriebigen Weidensorten besser ernten.

Schwarzerle und Birke erreichen nicht die Wuchsleistungen wie Pappel-hybride und Korbweiden (Abb. 2). Zudem können sie nicht preisgünstig über Stecklinge vermehrt werden.

Dornburg Langenwetzendorf

0

2

4

6

8

10

12

14

Max 1,

3,4Max

2

Andros

c.

M. Lars

en Unal

ErleBirk

e

Robini

e

t TM

/ha/

a

1993-1998 1999-2003 1993-1998 1999-2003

Abb. 2: Jährlicher Biomassezuwachs (t TM/ha/a) von Pappelklonen und

anderen Baumarten im fünfjährigen Umtrieb an zwei Standorten (7 100 Pfl./ha)

Die in Dornburg angebaute Robinie erzielte den höchsten Biomasseertrag (Abb. 2). Sie lässt sich jedoch aufgrund des sparrig verzweigten Wuchses und der starken Ausläuferbildung sehr schwer ernten.

Für eine mechanisierte Ernte sind aufrechte Wuchstypen, wie die untersuchten Pappel- und Weidenklone erforderlich. Der Anbau verschiedener Sorten in einer Energieholzplantage kann das Risiko bei der Sortenwahl, d. h. kein optimaler Standort, schlechtes Anwuchsverhalten, Ausbreiten von Krankheiten minimieren und damit die Ertragssicherheit steigern.

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Für eine lange Nutzungsdauer der Energieholzplantage ist neben der jährlichen Wuchsleistung die Regenerationsfähigkeit aus dem Stock über mehrere Um-triebe von hoher Bedeutung. 4. Zusammenfassung

In Parzellenversuchen im drei- und fünfjährigen Umtrieb wurden seit 1993 an drei Thüringer Standorten 12 Pappelklone, drei Weidensorten, Erle, Birke und Robinie getestet Die Ergebnisse in Thüringen zeigen, dass sowohl Pappeln als auch Weiden sehr stark auf Standortunterschiede reagieren. Mit jährlichen Zuwachsraten von >8 t TM/ha/a haben sich die rostresistenten Pappelklone Max 1 bis 4 sowie die Weidensorte Tora bewährt. Robinie er-zielte im fünfjährigen Umtrieb >10 t TM/ha/a, kann aber aufgrund ihrer starken Neigung zu Wurzelbrut nicht empfohlen werden. Nach 15 Jahren Energieholzanbau in Thüringen kann im drei- und fünfjährigen Umtrieb noch kein Ertragsrückgang festgestellt werden.

Für hohe jährliche Zuwachsraten sind ausreichende Feuchtigkeit sowie eine gute Durchlüftung und leichte Durchwurzelbarkeit des Oberbodens erforder-lich. Die Bodenwertzahl ist von untergeordneter Bedeutung.

Die Planung der Reihen- und Pflanzabstände erfolgt unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Erntetechnik. Die Dichte des Baumbestandes muss an die Umtriebszeit und den Standort angepasst sein.

Bei der Anlage einer Kurzumtriebsplantage sollte auf eine hohe Pflanzgut-qualität, eine zeitige Pflanzung im Frühjahr und guten Bodenschluss ge-achtet werden, um eine hohe Anwuchsrate zu erreichen. Das Freihalten der Baumstreifen von Unkräutern im Pflanzjahr unterstützt ein zügiges Wachstum und ist die Voraussetzung für einen optimalen Baumbestand und einen hohen jährlichen Biomassezuwachs.

Ehemals landwirtschaftlich genutzte Flächen sind in der Regel ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Eine Düngung ist in den ersten zehn Jahren nicht erforderlich. 5. Literatur

Jug, A., 1997: Standortskundliche Untersuchungen auf Schnellwuchs-plantagen unter besonderer Berücksichtigung des Stickstoffhaushaltes. Diss. Universität München; Typoskript-Edition; Hieronymus München; 226 S.

Unsled, R., 1999: Kurzumtriebsbewirtschaftung auf landwirtschaftlichen Grenzertragsböden: Biomasseproduktion und bodenökologische Aus-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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wirkungen verschiedener Baumarten. Shaker Verlag, Aachen 1999. 193 S.

Hofmann, 1999: Modellvorhaben „Schnellwachsende Baumarten“. In: Schriftenreihe „Nachwachsende Rohstoffe“, Band 13, Landwirtschafts-verlag GmbH Münster S. 235-240, S. 377-382

Hofmann, 1998: Bewirtschaftung schnellwachsender Baumarten auf land-wirtschaftlicher Fläche im Kurzumtrieb. Merkblatt 11, Forschungsinstitut für schnellwachsende Baumarten, Hann. Münden, August 1998

Röhricht, Ch., RUSCHER, K., 2004: Anbauempfehlungen für schnell-wachsende Baumarten. Fachmaterial Sächsische Landesanstalt für Land-wirtschaft. Leipzig, Juli 2004, 40 S.

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Mensch und Umwelt im Klimawandel: Klimarelevante Luftschadstoffe und Treibhauspotentiale von Landwirt-schaft, Ernährungsbereich und Bioenergiewirtschaft in Deutschland im Bezugsjahr 2005 R. Isermann1 , K. Isermann1 Büro für Nachhaltige Ernährung, Landnutzung und Kultur, Hanhofen 1. Einleitung

Der vom Menschen verursachte Anteil am Klimawandel ist ebenso wie die entsprechenden anderen Umweltschäden der Versauerung und Eutrophierung von Pedosphäre und Hydrosphäre sowie u.a. auch demzufolge die Beein-trächtigung der Biodiversität nicht wegen ihrer Symptome, sondern hinsicht-lich Ursachen, Umfang und zeitlicher Ausdehnung neuartig. Durch Beein-trächtigung der Gesundheit und der Existenz wirken diese Umweltschäden ihrerseits auf den Menschen (Anthroposphäre) zurück. Alle diese 4 Umwelt-schadenskomplexe und 10 Bedrohungen der Böden haben mit den anthropo-genen Emissionen von reaktivem C, N, P, S mit jeweils unterschiedlichen Anteilen nicht nur dieselben Ursachen, sondern auch dieselben Verursacher mit den Bereichen Ernährung, Energie (einschl. Verkehr) sowie Industrie, Handel und Gewerbe mit den entsprechenden Produzenten (Unternehmen), Konsumenten (Haushalte) und Destruenten (Abwasser- und Abfallbereiche). Hierbei sind C, N, (und S), nicht aber P, multifunktional umweltschädigend, insbesondere hinsichtlich der klimarelevanten Gase/Luftschadstoffe (Tab. 1). Die jeweiligen Emissionen sind hierbei nicht nur sektoral für einzelne Wirt-schaftseinheiten (z. B.Landwirtschaft), sondern insbesondere auch systemar für die gesamten Wirtschaftsbereiche (z. B.Ernährung) hier zusätzlich mit Humanernährung sowie entsprechende Abwasser- und Abfallwirtschaft) aus-zuweisen (Life Cycle Assessment /LCA). - Schutzgüter sind hierbei der Mensch (Antroposphäre), die gesamte Umwelt von Pedo-, Litho-, Atmo-, Hydro-und Biosphäre (Umweltressourcen) einschließlich der natürlichen (Versorgungs-)Ressourcen. 2. Ergebnisse, Schlussfolgerungen, Diskussion

Der Klimawandel steigert nicht nur Umweltschäden durch Eutrophierung, Versauerung und Verlust an Biodiversität (Tab. 2 und 3), sondern auch noch als „Turbolader seiner selbst“ die Emissionen der Treibhausgase (THGs) aus den Böden relativ zu CO2 hinsichtlich NO auf das 2fache und N2O auf das 4fache, hinsichtlich deren Steigerungswirkung aber auf das 80fache bzw. 1076fache (Tab. 3) - bei N2O auch noch mit allen Folgen für die weitere Zer-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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störung des stratosphärischen Ozons. Damit wird die Begrenzung des Temperaturanstieges auf 2° C selbst bei weltweiter Reduktion der TGHs gegenüber 2005 um 36 % oder 50 % bis 2020/ 2050 zur Utopie. 2.1 Treibhauspotentiale (THPs)

2.1.1 Weltweit aller Verursacher

beträgt das THP der Industrieländer 60 %, dasjenige der Schwellen-und Entwicklungsländer 40 % des gesamten THP (100 %) und bedürfen auf der notwendigen Grundlage der einwohnerspezifischen Emissionen einer Reduktion um 79 % (Deutschland 76 %) bzw. 21 % bis 2020/2050 (Tab. 4). 2.1.2 Landwirtschaft und gesamter Ernährungsbereich Deutschland

Sich ergebend nur aus den (in)direkten Treibhausgas-Emissionen (THGs) CO2, CH4, N2O und NH3 beträgt das Treibhauspotential (THP) der deutschen Landwirtschaft 144 Mt CO2-Eq (vgl. UBA (2007) 2005: =133 Mt CO2-Eq) bzw. 1,7 t CO2-Eq/Einwohner (E) .a =14,4 % (vgl. UBA (2007) 2005: 13,3 %) des gesamten THP von Deutschland mit 1004 Mt CO2-Eq (=100 %) (Tab.5). Am THP der Landwirtschaft ist die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln mit 85 %, jene von pflanzlichen Lebensmitteln jedoch nur zu 15 % beteiligt (von Koerber 2007). Unter Einschluss auch der Ernährungs-wirtschaft und der Haushalte (Lebensmittel-Konsumenten) mit 112 Mt CO2-Eq und der entsprechenden Abwasser- und Abfallwirtschaft mit <14,1 Mt CO2-Eq ergibt sich gesamthaft für den Ernährungsbereich ein THP von 270 Mt CO2-Eq =27 % des gesamten THP von Deutschland (Vgl.; Verkehrs-bereich „nur“ 19 %!) oder ca. 3,3 t CO2-Eq /E. a. In der EU-15 beträgt dieser Anteil des Ernährungsbereiches 30 % und weltweit (u.a. durch Brandrodung) gar 45 % (Isermann/EUROSOIL, 2008). – Nahezu alle tierischen Nahrungsmittel weisen ein THP auf, welches ihr eigenes Gewicht übertrifft, bei Rindfleisch mit 13,3 kg CO2-Eq / kg sogar das 1,8fache wie für die Bereitstellung von Mineraldünger-N (7,5 kg CO2-Eq/kg N) (Tab. 6). - Gemessen an den Anteilen des Ernährungsbereiches an der Versauerung der Böden und Gewässer von ca. 40 % und an deren Eutrophierung von ca. 80 % sowie am Niedergang der Biodiversität von ca. 80 % erscheint dieser Beitrag von 27 % zum Klimawandel vergleichsweise gering. Zudem verursacht diese Humanernährung in Deutschland eine Überernährung überwiegend mit tierischen Nahrungsmitteln von 58 % und demzufolge mit 120 Mrd. € bereits 48 % der gesamten jährlichen Krankheitskosten von 250 Mrd. € sowie 78 % der vorzeitigen Todesfälle. An allen diesen Umweltschädigungen und Beein-trächtigungen der menschlichen Gesundheit hat die Konsumtion und ent-sprechende Produktion an tierischen Nahrungsmitteln einen Anteil von ca.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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75 (60-90) %. Keine andere menschliche Aktivität (z. B.Wohnen, Heizen, Mobilität, Tourismus, etc.) der Überflussländer gefährdet Umwelt, mensch-liche Gesundheit mehr und in perverser Weise gar als Opfer seiner selbst weltweit sowohl die Existenz der satten (ca. 1000 Mio.) als auch hungernden (ca. 960 Mio.) Menschen.

Die C, N, P, S-„Sequestrierungen“ in Böden bedeuten keine Entlastung, denn diese würden eine dauerhafte Festlegung von mindestens 1 000-10 000 (50 – 500 Menschengenerationen) erfordern z. B.C, als Torf Kohle, Diamant oder Carbonat (Grünwald/Tab. 2007). Andernfalls sind daran gemessen nur kurzfristige Anreicherungen von C, N, P, S (z. B.in der OBS) chemische Zeitbomben (CTBs) durch nachfolgende Emissionen von C (CO2 > CH4), N (N2O, NO, NO3

-), P (an)org P) und S (SO4> H2S). 2.1.3 Landwirtschaft/Bioenergiewirtschaft

Die Netto-Emissionen und THGs der Bioenergiewirtschaft und insbesondere die bisherige Unterschätzung der N2O-Emissionen ergeben sich aus Tab. 7. Bereits die N2O-Emissionen beim Anbau der zugrunde liegenden Futter- und Nahrungsmittelpflanzen der 1. Generation bewirken, dass bei der Erzeugung der Biokraftstoffe (Biodiesel, Bioethanol) mehr Treibhauspotential erzeugt als eingespart wird (Tab. 8). Selbst das hier noch als günstig erscheinende Zuckerrohr ist mit Emissionen von 4,5 (0 kg N/ha. a) bis 14,5 (200 kg N/ha. a) kg N2O/ha. a bereits ein Netto-Emittent an THGs (Allen et al., 2008). Im besonderen Maße gilt dies auch für die Biogas-Gewinnung aus Kultur-pflanzen (z. B. Mais), insbesondere auch aus Gülle. Mit Biogas-Gülle (hohe NH3-Emissionen mit pH 8.5 statt 7.5 und NH4-N-Anteil von 90 % statt 50-60 %). Solche Anlagen verbieten sich bei Viehbesatz von ≦ 1,0 GV/ha wegen Gefährdung der Humusbilanz und Viehbesatzdichten darüber sind ohnehin ökologisch nicht tragbar, mit und schon gar nicht mit Biogas-Gülle. Solche Biogas-Anlagen dienen nur zur scheinbaren Rechtfertigung viel zu hoher Viehbesatzdichten. Hinzu kommen noch weitere Umweltschädigungs-potentiale dieser nachwachsenden Rohstoffe zur Energieerzeugung hinsicht-lich N- und P-Eutrophierung, Versauerung, Erosion, negative Humus-bilanzen, Niedergang der Biodiversität, etc. (Abb.1, Tab. 9). Die Bioenergie (Biotreibstoffe, Biogas) –Produktion und –Konsumtion mit landwirtschaft-lichen Kulturpflanzen und im geringem Maße auch mit deren Ernteresten (z. B.Stroh) bewirken als „Turbolader“ weitere Emissionen an: a) (in-)direkt klimawirksamen sowie eutrophierend und versauernd

wirkenden Gasen (N2O, NO, NH3, CO2, CH4-Schlupf), b) N- und P-Austrägen in die Hydrosphäre Eutrophierung, verstärken also noch die o.e. Umweltschädigungen. Dies insbesondere, wenn nach der „guten fachlichen Praxis der Düngeverordnung (2007) oder nach

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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KSNL (TLL Jena: z. B.toleriertes N-Überschuss-Saldo von ca. 130 kg N/ha. a) bei der Ausbringung der Gärreste und Biogas-Gülle verfahren wird [u.a. Crutzen et al. (2007, 2008), Scharlemann and Laurance (2008), Zah (2007), SRU (2007), Zimmer (2008), IÖW (2008), Butterbach-Bahl (2008), Winiwarter (2008), Isermann und Isermann (2008) Bioenergie-Gewinnung und –Verwertung mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen oder mit Gülle sind also kein Umweltschutz und schon gar nicht Klimaschutz, sondern können diesen sogar entgegen wirken, sind also aus ökologischer, sozialer und öko-nomischer, also aus nachhaltiger Sicht nicht zu verantworten. Dies gilt auch für die Verbrennung von potentiell 9 Mio. t Stroh in Deutschland mit 0,35 kg N/GJ, welche die Landwirtschaft vom unscheinbaren zum wesentlichen NOx-Emittenten machen würde. Geeignet sind hingegen die Verbrennung von Holz ohne Rinde mit nur 0,17 kg N/GJ oder die Bioenergie-Gewinnung aus Bio-abfällen der 2. Generation wie Rest-Hausmüll, Klärschlamm, Abfällen aus Lebensmittel-und Futtermittelproduktion (SRU 2007).

2.2 Treibhausgas-Schutzziele

Zur beabsichtigten Einschränkung der Erderwärmung seit Beginn der vorigen Jahrhunderts auf 2°C (bisher „nur“ 0,8°C) wäre eine Reduktion der Treibhausgase gegenwärtig auf 3t CO2-Eq / E. a erforderlich, bis 2050 aber eine solche auf 2 t CO2-Eq / E. a. Diese Emission wird gegenwärtig in Deutschland aber bereits schon durch den Ernährungsbereich ausgeschöpft. Daraus ergibt sich bis 2050 für Deutschland insgesamt und auch für den Be-reich Ernährung mit Landwirtschaft ein notwendiges Reduktionsziel von -87 %, bzw. als Etappenziel bis 2020 von -30 %, während die Bundesregierung dieses Ziel insgesamt nur von -20 % bzw. für die Landwirtschaft nur von -14 % anstrebt (Tab. 10). Diese Reduktionsziele lassen sich im Bereich Er-nährung wie auch in anderen Lebensbereichen bereits zu ca. 70 (60-80) % nur durch gesunde Ernährung (Suffizienz) erreichen (Isermann u. Isermann, 1994-2008, Hoffmann, 2002, Öko-Institut, 2007, von Körber, 2007, McMichael et al., 2007), um sodann durch zielgerichtete, flankierende technische Maßnahmen das notwendige Reduktionsziel vollständig zu er-füllen. 2.3.1 Integrierte Lösungsansätze / Minderungsmaßnahmen 3

Nicht nur hinsichtlich des Klimawandels, sondern aller Umweltbeein-trächtigungen und Gefährdungen der menschlichen Gesundheit ausgehend vom Ernährungsbereich der „entwickelten“ Länder, hier also von Deutsch-land, ist die Optimierung der Humanernährung und demgemäß die Reduktion der Viehbestände auf 0,1 GV/Einwohner und der Viehbesatz-dichten auf 0,4-1,0 GV/ha mit Nährstoffen versorgbarer LF bei Weitem als Nachhaltigkeitsindikator 1. Priorität die umfassendste und effizienteste

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Maßnahme mit einem Einsparungspotential von 120 Mrd. EURO / Jahr an vermiedenen überernährungsbedingten Krankheitskosten, unterstützt durch regionale und saisonale Lebensmittel-Erzeugung und –Verwendung. Dies beinhaltet z. B.für Deutschland eine notwendige Reduktion der Viehbestände von -56 % (vgl. EU-27: -64 %). Danach sich anschließende, allein nicht wesentliche, aber dennoch wichtige technische Minderungsmaßnahmen sind dann zusätzlich nur noch flankierend und ergänzend wirksam. Des Weiteren sei diesbezüglich auf Tab. 11 (Agriculture and Development) sowie auf den Beitrag von hier, K. Isermann und R. Isermann: „Nachhaltige Ernährung und Bioenergiewirtschaft 2020“ verwiesen. 3. Literatur

Allen, D.E., Kingston, G., Rennenberg, H., 2008: Nitrous oxide emissions from sugarcane soils. Australian Society for Sugarcane Technologies, (in press)

Auerswald, K., 2008: Wirkungen des Grünlandes auf den Boden. In: Hand-buch Boden (Hrsg.: H.P. Blume) (im Druck)

Butterbach-Bahl, K., Kiese, R., 2008: Emissionen von N2O und anderen Spurengasen (VOC; NOx) beim Anbau von Biomasse. Tagungsband KTBL-Tagung „Ökologische und ökonomische Bewertung nach-wachsender Energieträger von 8. bis 9. Sept. 2008 in Aschaffenburg, 211-223

Crutzen, P.J., Mosier, A.R., Smith, K.A., Winiwarter, W., 2007: N2O release from agro-bioful production negates global warming reduction by replac-ing fossil fuels. 1. Atmos. Chem.. Phys. Discuss, 7, 11191-112005, 2007; 2. Atmos. Chem. Phys, 8, 389-395

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VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 385 -

Tab. 1: Relevance of the volatile compounds and greenhouse gases CO, CO2, CH4, NMVOC, NH3, N2O, NO, (N2 ) and of (fine-)dust (CPM) to the environment and to human health (Symbols: - not relevant; + relevant) Relevance environment and human health

CO CO2

CO2 CH4 NMVOC NH3 NH4

+ N2O NO

NO2 (N2) CPM

(PM10+PM2.5)

1. Eutrophication (Soils, Water)

-

+

-

-

+

-

+

-

-

2. Acidification (Soils, Water)

-

+

-

-

+

-

+

-

-

3. Climate change

+ indirectly

+

+

+ indirectly : Ozone-Synthesis troposphere

+ indirectly : a) N2O-Synthesis, Reduction b)CH4-Oxidization in natural near ecosystems (e.g. woodlands)

+ additionally Ozone-depletion stratosphere

+ indirectly : a) Ozone-Synthesis troposphere b) N2O-Synthesis in in natural near ecosystems (e.g. woodlands)

-

+ indirectly: Ozone-Synthesis troposphere

4. Decline of bio diversity

(Flora, Fauna)

+

+

+

+

+

+

+

-

+

5. Injury of human health

a) directly b) indirectly

+ +

- +

- +

- +

+ +

- +

+ +

- -

+ +

Re0992 Tab. 2: Changes of C-, N-, P-, S-reactions and –fluxes driven by climate change and their consequences for

the environment e.g. in Germany (Isermann 2008, according to Rinker et al. 2008)

___________________________________________________________________________________________________________

Changes ( ∆ ) of climate- and water dynamic (2071-2100) in relation to 1971-2000 [+ = increase, - = decrease, 0 = ± 0 ] (WASMOD – Modelling according to Rinker et al. (2008), supplemented) Temperature: + (increase of thawing and freezing) Precipitation: ++ (Summer-, Winter +++) Evaporation: +

Leaching : ++ Erosion, surface runoff: ++

C N

P S Reactions and Fluxes

∆ Emissions ∆ Emissions

∆ Emissions ∆ Emissions

1. Mineralisation + CO2 + Nmin

+ Pmin + Smin

2. (De)nitrification 0 0 ++ N2. N2O, NO

0 0 0 0

3. Erosion and surface runoff

+ Corg + Norg Ninorg

++ Porg Pinorg

+ Sorg Sinorg

4. Leaching ( + ) DOC + NO3- ++ Pinorg + SO4

2-

5. Plant uptake

0 0 0 0 0 0 0 0

Climate change: + Eutrophication: +

Climate change: + Eutrophication: + Acidification: +

Eutrophication:+

(Eutrophication: +) Acidification: +

Consequences for environment

L o s s of B i o d i v e r s i t y ++

Re0985

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 386 -

Tab. 3: Self acceleration of climate change: Carbon ( C ) and Nitrogen ( N ) stored belowground is transferred to the atmosphere by a warming-induced acceleration of greenhouse gas information, a positive feedback to climate change (could) occur.

Temperature sensivities of greenhouse gas (GHG) formation in terrestrial soils (13 European sites, 4 land use types: cropland, grasslands, forests, wetlands) [according to Zechmeister-Boltenstern et al. / EUROSOIL 2008-S.02.H.02] GHG [actual shares GWP]

1. Relative temperature sensivities in formation (a.o. activation energy)

2. Relative global warming potential (GWP)

3. Relative acceleration of climate change by temperature increase

[1. x 2.)

Explanation

1. CO2 [70%]

1

1

1

2. NMVOC (eg. Isoprene) [n.d.]

absolute:1.7 (Wiedinmyer et al.

2006)

n.d.

n.d.

- no influence of soil moisture or land use

- higher with low pH and high C/N ratios

Recalcitrant SOM more temperature sensitive than more easily decomposable substrates

3. NO (indirect) [n.d.]

2 40 (as NO2)

80 - Decreases with soil moisture

4. N2O [16%]

4 296 1076 ( ! ) - increase of anaerobic zones around soil particles

- increase with soil moisture

Re1029 A) Actual emissions of climate relevant gases (CO2, CH4, N2O, PFC, HFC, SFG) of selected countries in 2004B) Corresponding emission reduction demands (Limitation global warming: 2° C compared with the pre-industrial level)

B1) Sustainable: Demands based individually on the emissions per capita and year of the individual countries (BSNLC 2007) B2) Non sustainable: Intentionally misleading demands based on the flat rate of -50% for each country and year according to German and EU Policy on the G 8-Summit on June 6-8, 2007 in Heiligendamm/Germany

Tab.4: B) Emission reduction demands

A)

Emissions in 2004 (UNFCCC-Report 2006)

[CO2-Equiv.]

B1) Sustainable emission reduction up to 2020 to: (BSNLC 2007)

[CO2-Equiv.]

B2) Non Sustainable emission reduction up to 2050 according to German and EU Policy (G 8 Summit /June 6-8, 2007, Heiligendamm) to:

[CO2-Equiv.]

Countries … there from [G 8]

Mt. yr -1 t. cap-1. yr -1

t. cap-1. yr -1

3) % Mt. yr -1 t. cap-1. yr -1 % Mt. yr -1

1. Australia 2. USA [G 8] 3. Canada [G 8] 4. Russia [G 8] 5. Germany [G 8] 6. Japan [G 8] 7. Great Britain [G 8] 8. Italy [G 8] 9. France [G 8]

529 7,068

758 2,024 1,015 1,355

670 583 563

26.324.123.714.112.310.611.210.1

9.3

3 3 3 3 3 3 3 3 3

-88.6-87.6-87.3-78.7-75.6-71.7-73.2-70.3-67.7

60 (100)875 (100)

96 (100)431 (100)248 (100)383 (100)180 (100)173 (100)182 (100)

13.212.111.9

7.16.25.35.65.14.7

-50 -50 -50 -50 -50 -50 -50 -50 -50

265 (442) 3,534 (403)

379 (395) 1,012 (235)

508 (205) 678 (177) 336 (186) 292 (169) 282 (155)

10 PR China 11. India

ca. 5,6501) ca. 1,3542)

4.31.2

3 3

-30.0+ 150.0

3,943 (100)3,385 (100)

2.20.6

-50 -50

2,825 (72) 677 (20)

Total (1-11) (n= 3261 . 106 cap)

21,569 6.6 3

-54.5 9,957 (100) 3.3 -50 10,785 (108)

World Industrialized Countries (n = 41) 4)

EU-15 (2004) EU-25 (2004) (2005)

29,645 17,932

3,942 4,288 4,970

4.714.3

10,39.4

10.9

3 3

3 3 3

-36.2-79.0

-70,9-68.1-72.5

18,914(100) 3,766 (100)

1,147 (100)1,368 (100)1,367 (100)

2.47.2

5.24.75.4

-50 -50

-50 -50 -50

14,823 (78) 8,966 (238)

1,971 (172) 2,144 (157) 2,485 (182)

1) PR China: 4,707 (Energy) + 20% = 5,650 Mt . yr-1 ; 2) India : 1128 (Energy) + 20%= 1,354 Mt . yr-1 (IEA 2006) Re0830 3) 3 t. cap-1 .yr-1 corresponds to 6,300 Mio capita in the world (2004) equivalent to burning of 1000 l fuel oil, but 2 t. cap-1 .yr-1 corresponds to 9,450 Mio capita in the world (2050)! equivalent to burning of 670 l fuel oil ; 4) Annex I Parties

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 387 -

Tab.5 : Shares of the system nutrition with agriculture (producers), human nutrition (consumers) and waste as well as waste water management (destruents) to the total global warming potential (GWP) of Germany in the reference year 2005

(BSNLC 2008) Economic sectors (Sources)

Greenhouse gases (GWP-values (UBA 2005):

CO2=1; CH4 = 23; N2O= 296)

Global warming potential [kt CO2

. Eq/a]

References

1. Agriculture [1.1 – 1.8]

CO2, CH4, N2O (NO, NH3)

(14.4) 144 108 [100]= 1.7 t . cap-1. yr-1

Compare: (13.3) 133 200 (Dämmgen et al., UBA 2007)

…there off: 1.1 Consumption fossil energy (excl. firewood) 1.2 Cultivation organic soils

A) CO2-Gesamt CO2 CO2#

46 110 [32]6 440

18 853

Böttcher / EPA (2008) Hoeper (2007)

1.3 Change grassland to arable land CO2 18 019 Isermann (2007), Rahmann (2007), Auerswald (2008)

1.4 Urea fertilisation CO2 598 Dämmgen (2007) 1.5 Lime application CO2 2 200 Dämmgen (2007) 1.6 Animal production and Manure-Management

B) CH4 25 507 [18] Dämmgen (2007) Isermann u. Isermann (2007)

1.7 N-Fertilisation with mineral fertilizers and animal manure, cultivation organic soils

C) N2O 58 016 [40] Dämmgen (2007) Isermann u. Isermann (2007)

1.8 Mineral Fertilizer (N, P, K, Ca) + Pesticide Production and Transport

D) CO2, CH4, N2O [14 046 14 475 [10] + 429]

Isermann u. Isermann(2008) according IÖW (2008)

…there off in total: I) Animal production II) Plant production

CH4, N2O (NO, NH3) CO2 , N2O, (NO)

122 492 [85]21 616 [15]

von Koerber (2007)

2. Human nutrition (food industry and households)

CO2 (11.2) 112 000 = 1.3 t . cap-1. yr-1

von Koerber (2007)

3. Waste and waste water management (sewage treatment plants, waste deposits)

CH4, < CO2, N2O (<1.4) < 14 000 = 0.2 t/E. a

Umweltbundesamt (2005) Isermann u. Isermann (2007)

4 Total nutrition system (1-3) look 1.- 3. (27.0) 270 108 1) = 3.3 t . cap-1. yr-1

look 1.-3.

5. Total Germany: additionally energy incl. traffic, industry , woodlands, etc.

CO2, CH4, N2O, (NO, NH3)VOC, HFKW, FKW, HEE

(100) 1 004 000 =12.1 t . cap-1. yr-1 Aim 2020: 2.0 t . cap-1. yr-1 (16) 2050: 2.0 t . cap-1. yr-1

Umweltbundesamt (2007) BSNLC (2007) IPCC (2007), EU (2007)

1) Compare: system nutrition 270 108 kt CO2 . Eq . yr-1 (142) vs. traffic 190 000 kt CO2 . Eq . yr-1 (100) Re1025

Tab. 6: Greenhouse gas emissions with both animal food and vegetable food in Germany (Conventional production and processing trade)

[Öko-Institut 2007]

Animal food

Vegetable food

CO2-equivalents (g. kg -1 food)

CO2-equivalents (g. kg -1 food)

Beef 2)

13 300 Feed oil 2)

1 890

Cheese2)

8 500 Tofu 1) 2)

1 100

Sausage2)

7 820 Noodles 920

Poultry2)

3 490 Bread 720

Pork2)

3 250 Fruits 450

Eggs2)

2 570 Grains of wheat 415

Cream cheese2)

1 930 potatoes 200

Milk

940 vegetables 150

1) Conventional Tofu (Bio-Tofu, regenerative Energy: 700) 2) these kinds of food emit more CO2-Equivalent than their weight! Compare availability of mineral nutrients [g CO2 eq . kg-1]:N: 7 493; P: 1 200; K: 1 160, Ca: 294 and pesticides: 12 082 (GEMIS cited in IÖW 2008)

Re1030

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 388 -

Tab. 7: A) Net global (climate) warming potential (GWP) of bioenergy production and use [biofuels (bio-ethanol and bio-diesel)and biogas from crops, crop residues and forages] (Crutzen et al. 2008, supplemented by Isermann (BSNLC 2008)

= CO2 – equivalents released (emitted) as:

minus CO 2 –equivalents saved

= [ N2O In(direct): (De-)Nitrification in soils

+ CH4 Fermentation losses

+ CO2 ] Decline of SOM a)Grassland Crop land b) organic soils

minus CO 2 –equivalents saved

=[( 44/28 x rN x 0.04 ± 0.01/0.4)x 296

+ 16/12 CH4-C x 23

+ 44/12 CO2-C x 1]

minus

[ 44/12 x rc x CV]

Relative GWPs of GHGs:N2O: 296 CH4 : 23 CO2:1 Characters: rc = C amount in bioenergy CV = C bioenergy / C plant rN = N amount in plant 0.04 ± 0.01: Relative N2O-N- released (4± 1% of N deliveries and N inputs) 0.4: Global average N efficiency in (bioenergy) plant production ( = 40%) Compare Germany 2005: ca. 30% B)Underestimation of N2O-N emissions (released) with (bioenergy) plant production [N-Sources/N2O-N-Emissions] (Isermann/BSNLC 2008 supplemented according Crutzen et al. 2008) [kg . ha-1 . yr-1 in Germany 2005 ]: N2O-N = N deliveries [94/3.7]at the sites with: + N input [203/8.2] with: x 0.04 ± 0.01 = [297/11.91 ] 1)Compare Tab. 5: 7.8 (- 35%) 1. Atmospheric N deposition [30/1.2] 1) Mineral fertilisers [110/4.4] 2. Gross mineralization [64/2.5] 2) Organic fertilisers (fermentation residues, (biogas), (de)nitrification of Soil Organic Matter / SOM) slurry, (liquid) manure, etc. [82/3.3] (e.g. organic soils 8 kg N2O-N . ha-1 . yr-1) 3) Biological N-fixation [10/0.4]

4)Sewage sludges and other wastes [2/0.1] 5) Others (i.e. seeds) [<1 / > 0]

Re1040

Tab.8: N2O release versus CO2 saved in biofuels (Crutzen et al. 2007)

Relative warming (Meq

/ M) derived from N2O production for crops, crop residues and forages used in the production of biofuel Meq = climate warming effect of N2O emissions (N2O = CO2 . 296) (N2O-N emitted = 4 ± 1% of fixed N input) M = Cooling effect due to displacement of fossil fuels by biofuels = saved CO2 Meq > M: Net climate warming Meq = M : No effect Meq < M : Net cooling effect Crop rN (g N/kg dry matter) relative warming 1)

(Meq / M)

type of fuel produced

Wheat Barley, Oat Rapeseed Maize

22 19 39 15

1.70 (1.3 - 2.1) 1.50 (1.1 - 1.9) 1.35 (1.0 - 1.7) 1.20 (0.9 - 1.5)

Bio-ethanol Bio-ethanol Bio-diesel

Bio-ethanol

Sugar cane 7.3 0.70 (0.5 - 0.9)

Bio-ethanol

Residues and Forages

Forages, high N Sugar beet leaves Root crops Forages, low N

27 25 16 15

2.10 (1.6 – 2.6) 1.95 (1.5 – 2.4) 1.25 (0.9 – 1.6) 1.20 (0.9 – 1.5)

Bio-ethanol Bio-ethanol Bio-ethanol Bio-ethanol

1) But: Total environmental damages/costs of biofuels are not considered Re0968 Scharlemann and W.F. Laurance: How green are biofuels? (Science Vol. 319/2008, p. 43-44)

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 389 -

re0960 Abb. 1: Total environmental impact vs. greenhouse gas emissions (Scharlemann and Laurance 2008): Tab. 9: Environmental impacts Certification of: [ Authors: BSNLC (2008), KBU/ UBA (2008), EEA (2006) ] A) Present German Agriculture in comparison with: B) Crops for renewable raw materials C) Fermentation residues from renewable raw materials (e.g. silage maize, cereals) and liquid manure D) Change from permanent grass to arable crops (esp. on organic soils and with bio energy crops like maize)

Environmental impacts of the situations A, B, C, D 1= low, 2= medium, 3= high, 4= very high

Situations

1. Erosion (C,N,P,S)

2. Soil compaction

3. Negative humus balances

4. Eutrophication Hydrosphere (C, N, P, S)

5. Acidification Eutrophication Natural near ecosystem

6. Decline of bio diversity

7. Climate change (CO2, CH4, N2O, + NH3, NO)

8. Pesticide pollution (soil and water)

A) Present German Agriculture

3 3 2 4 4 4 4 2

B) Crops for renewable raw materials:

1. Maize 4 3 3 4 4 4 4 4 2. Sugar beets 4 4 4 4 3 3 3 3 3. Potatoes 4 4 3 3 3 3 3 3 4. Oilseed rape 2( -3) 2 1-2 3 2 2-3 4 4 5. Sunflowers 3 2 1-2 2-3 2 2 2 2-3 6. Cereals 1 (-2) 1 2 2 2 2-3 2 2 7. Arable grass 1 1-2 1 2 2 2-3 2 2 8. Permanent grass 1 1 1 1 1 1 1 1 9. Miscanthus 1 2 1 1 1 3 1 1 1

2-3 10. Only straw / prairie grass (BtL)

2 2 1

1 1 1 1 1

11. Short living plantations

1 2 1 1 1 3 1 1 1

12. Full tree harvesting

1 3 2 1 3 (acidification) 1 1 1

C) Fermentation residues from renewable raw materials

4 3 2 4 4 4 4 4

D) Change from permanent grass to arable crops

4 4 4 4 3 4 4 3

Re1022

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 390 -

Tab. 10: Aimed (EU 2008) and needed (UBA 2006, IPCC 2007, BSNLC 2007) reductions of the emissions of greenhouse gases (GHGs) and the resulting Global Warming Potential (GWP) from 2005 to 2020 and 2050 respectively,

taking as an example for an industrialised country like Germany with its nutrition system of agriculture, human nutrition and corresponding waste as well as waste water management.

Emissions of climate relevant gases (GHGs) and the resulting Global Warming Potential (GWP)

[CO2. Eq]

Actually 2005 2020

2050

82.5 . 106 cap [100] 80.5 . 106 cap [97]

67.5 . 106 cap [82]

Reference year Aimed reduction: -14% (EU 2008)

Needed Reduction: -30%(EPA 2006, IPCC 2007)

BSNLC 2007)

Needed Reduction: -87% (EPA 2006, IPCC 2007)

BSNLC 2007)

Mt . yr-1 kg.cap-1.yr-1 Mt . yr-1 kg . cap-1 . yr-1 Mt . yr-1 kg . cap-1 . yr-1

Mt . yr-1 kg . cap-1 . yr-1

A) Germany (total) …off it: B) Nutrition system …off it: B1) Agriculture B2) Food industry and households B3) Waste and Waste Water Management

1004 [100] (100) 256 [25] (50) 129 [13] (44) 112 [11] (6) <14 [1]

12.1

3.1

1.6

1.3

<0.2

863

220

111

96

<12

10.7

2.7

1.4

1.2

<0.15

703

179

90

78

<10

8.7

2.2

1.0

1.0

<0.12

131

33

17

14

<2

2.00

0.49

0.25

0.21

<0.03

Re01026

Tab. 11: Agriculture and Development: International Assessment on Agricultural Science and Technology for Development (IAASTD)

(Paris, 15th April 2008) [UNESCO, FAO, World Bank, WHO, UNEP, NGOs like GREENPEACE, etc.; Contributions of 400 leading agricultural scientists since 2003; signed by 64 governments, not signed by Germany, only with reflections: USA, Canada, Australia, UK] (www.greenfacts.org/en/agriculture-iaastd/ ) 1. Causes: Agriculture is closely linked to the concerns of:

1.1 Environmental damages like eutrophication, acidification, global warming, loss of biodiversity 1.2 Social concerns like both malnutrition (850 Mio peoples) and over-nutrition (1000 Mio. peoples) 1.3 Unsustainable use of natural resources like soils, wood lands and waters

2. Objectives: 2.1 Use of Agricultural Knowledge, Science and Technology (AKST) to reduce hunger and poverty, to improve

rural livelihoods and to facilitate equitable environmentally socially and economically sustainable development within the system nutrition

2.2 Business as usual is no option: The focus must turn to the needs of small farms (and not of agro industries!) in diverse ecosystems and to areas with the greatest needs. This means improving rural livelihoods, empowering marginalized stakeholders, sustaining natural resources, enhancing multiple benefits provided by ecosystems, considering diverse farms of knowledge and providing fair market access for farm products.

2.3 Food security is a situation when all people at all times have physical, social and economic access for sufficient, safe and nutritious food that meets their dietary needs and food preferences for an active and healthy life (FAO 2001)

2.4 Multifunctionality: Agriculture has multi-output activities producing not only commodities (food, feed, fibres. agro fuels, medicinal products and ornamentals), but also non-commodity products those as environmental services, landscape and cultural heritages.

3. Eight cross-cutting themes: Bio energy , biotechnology, climate change, human health, natural resource

management, trade and markets, traditional and local knowledge and community based innovation and women inagriculture

Re0991

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 391 -

Nachhaltige Ernährung und Bioenergiewirtschaft 2020: Sozial (genügsam), ökologisch (umweltgerecht) und ökomisch (effizient und preiswert) K. Isermann1 , R. Isermann1 1Büro für Nachhaltige Ernährung, Landnutzung und Kultur, Hanhofen

1. Einleitung

Weltweit sind die anthropogenen Quellen zu 60-80 % an den C (aber nur ca. 4 % an den CO2-C-), N-, P- und S-Flüssen beteiligt. Diese verursachen (in-) direkt die somit anthropogen bewirkten Anteile an den aktuellen, „neu-artigen“ Umweltschäden Eutrophierung und Versauerung von Pedosphäre und Hydrosphäre sowie Klimawandel – hierbei jedes Umweltproblem sich meist noch gegenseitig steigernd – zu mehr als 60 % die Schädigung der Schutzgüter Pedo-, Hydro-, Atmo-, Litho- und Biosphäre, aber auch der Anthroposphäre mit dem Bereich Humanernährung und menschliche Gesundheit. Hierbei wirken C, N und S hinsichtlich ihrer (potentiellen) Umweltschädigung gar noch multifunktional. Somit wird auch insbesondere die Versorgung der Menschen mit Nahrung und Wasser gefährdet [(4. UNEP-Report (25. Oktober 2007), 18th Week of World Water, Stockholm (18.-22. August 2008)] Dieser Ernährungsbereich beinhaltet (ursächlich) un-trennbar die Landwirtschaft mit Pflanzen- und Tierernährung (Produktion),die Humanernährung (Konsumtion) sowie den entsprechenden Abwasser- und Abfallbereich (Destruktion).Daraus resultiert die Notwendig-keit zur Erstellung ganzheitlicher systemarer und multimedialer C-,N-,P-,S-Bilanzen (Life cycle Assessments /LCAs)(Isermann, 2008, Isermann und Isermann, 2008, UBA, 2008). 2. Ergebnisse, Schlussfolgerungen, Diskussion

Annähernd 50 (25-80 %) dieser C-, N-, P-, S-Flüsse und –Emissionen sowie die dadurch ausgelösten o.e. Umweltschäden und 9 der 10 Hauptbe-drohungen der Böden werden durch diesen Ernährungsbereich maßgeblich gefährdet. Dieser Ernährungsbereich bewirkt somit insgesamt z.B. in Deutschland ca. 27 % des nationalen Anteils am Klimawandel (Tab.1), 40 % an der Versauerung und 80 % an der (N- und P-) Eutrophierung der Böden und des Wassers sowie überwiegend durch die Landwirtschaft auch noch zu ca. 80 % der Bedrohung der Biosphäre (Flora und Fauna). Hinzu kommt eine zu 56 % bewirkte Überernährung (Hypertrophie) der einheimischen Be-völkerung überwiegend mit tierischen Nahrungsmitteln (Ernährungsbericht, 2008), welche jährlich mit 120 Mrd. € bereits 48 % der gesamten Krank-heitskosten von 250 Mrd. € sowie 78 % der vorzeitigen Todesfälle ver-

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 392 -

ursacht. An diesen Umwelt-und Gesundheitsschäden des Ernährungs-bereiches hat die Tierproduktion und -konsumtion z.B. in Deutschland einen überragenden Anteil von 75 (60-90) %. Keine andere menschliche Aktivität (auf z.B. Wohnen, Heizen, Mobilität, Tourismus, etc.) der Überflussländer gefährdet Umwelt, menschliche Gesundheit und in perverser Weise gar als Opfer seiner selbst weltweit sowohl die Existenz der Satten (ca. 1000 Mio.) als auch der Hungernden (ca. 960 Mio.) Menschen. - Auch die gegenwärtig besonders diskutierte Bioenergiewirtschaft mit Biomasse vornehmlich der 1. Generation (Nahrungsmittelpflanzen), weniger der 2. Generation (Nicht-nahrungsmittelpflanzen, Abfälle) ist aus nachhaltiger (also aus sozialer. öko-logischer und ökonomischer) Sicht kaum positiv zu bewerten. Bioenergie-gewinnung und –Verwertung insbesondere von Gülle und landwirtschaftlichen Kulturpflanzen als Biogas oder Biotreibstoff sind kein Klimaschutz und schon gar nicht Umweltschutz, sondern können diesen sogar entgegenwirken. (R. Isermann und K. Isermann, 2008).

Solche systemar hier durch nichtnachhaltige Ernährungs- und Bioenergie-wirtschaft verursachten Schäden an Mensch und Umwelt (s. auch hier Bei-trag Arnold) bedürfen ebensolcher systemarer nachhaltiger Zielsetzungen und Lösungsansätze. Nur sektorale Betrachtungsweisen (z.B. nur Landwirt-schaft) fixiert z.B. nur auf eine Umweltwirkung (z.B. Klimawandel) sind hingegen nicht zielführend, ja oftmals sogar kontraproduktiv hinsichtlich Schädigung von Mensch und Umwelt.

Zuerst müssen aus nachhaltiger Sicht die allgemeinen Rahmenbedingungen nicht nur der Landwirtschaft, sondern des gesamten o.e. Ernährungs-bereiches und der (Bio-)Energiewirtschaft ausgewiesen werden, damit her-nach diese auf den Handlungsebenen der landwirtschaftlichen Betriebe, der Haushalte und Unternehmen sowie jener der Abwasser- und Abfallwirtschaft zielorientiert auch umgesetzt werden können. In den Überflussgesellschaften hat so z.B. die durch Besteuerung insbesondere der tierischen Nahrungs-mittel herbeigeführte Suffizienz (Genügsamkeit des Konsums) als der am meisten kostensparende, effizienteste, Ressourcen schonenste und multi-faktoriellste „win-win“-Nachhaltigkeitsindikator 1. Priorität (Abb. 1). Suf-fizienz beseitigt bereits 70 (60-80) % der notwendigen Emissions-minderungen an reaktivem C, N, P und S, hier des Ernährungsbereiches, sodann nur noch zu 30 (20-40) % flankierend unterstützt durch kosten-intensive zielorientierte technische Minderungsmaßnahmen.

Deshalb werden aus ganzheitlicher Sicht hier ausgerichtet an aufeinander abgestimmten, integrierten Schutzzielen/Nachhaltigkeitsindikatoren (u.a. kritische C-,N-,P-,S-Eintragskonzentrationen und -frachten) nunmehr gleichzeitig für alle o.e. Schutzgüter (inter-)nationale Strategien mit ent-sprechenden notwendigen Gesetzesinitiativen zum Schutz des Menschen,

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 393 -

seiner Ressourcen und der gesamten Umwelt dargestellt im Hinblick auf den o.e. Ernährungsbereich und Bioenergiewirtschaft und die Nährstoffe C, N, P und S (Tab.2a-2c). Daraus ergibt sich z.B. als realisierbares und auch vom UBA (Nachhaltiges Deutschland 2008) angestrebtes Ziel ein maximal tolerierbares N-Überschußsaldo der deutschen Landwirtschaft von max. 50 kg N/ha. a (Hoftorbilanz) bis 2020, welches ja 1955/60 bei bester Er-nährung seiner Bevölkerung bereits bestanden hatte. Daran gemessen ist das „tolerierbare“ N-Überschusssaldo von KSNL (hier Plenarvortrag Breitschuh) von 50 (Bodenüberhang) + 50 NH3-N-Emissionen +30 (weggerechnete De-nitrifikation und N2O-N-Emissionen) = 130 kg N/ ha. a weiterhin äußerst umweltschädigend und entspricht jenem des Status Quo der deutschen Landwirtschaft. Es beschäftig(t)en sich gegenwärtig 10 EU-COST-ACTIONEN mit der Ausweisung solcher Nachhaltigkeitsindikatoren (fact sheets) für C, N, P, S für unterschiedliche Landnutzungen (Ackerbau, Grün-landwirtschaft, Forstwirtschaft, Feuchtgebiete, naturnahe Gebiete, etc). Um deren Integration bemüht sich BNELK z.B. hinsichtlich COST 639 (Klima-wandel/http://www.cost639.net) und COST 869 (Eutrophierung/ http://www.cost 869.alterra.nl). Daraus erwachsen die Notwendigkeiten und Möglichkeiten zu nachhaltiger Nutzung und ebensolchem Management der Nährstoffe C, N, P und S im Hinblick auf die Schonung von Umwelt und natürlichen Ressourcen (Konsistenz), dementsprechende und am Bedarf orientierte Konsumtion insbesondere an tierischen Nahrungsmitteln (Suf-fizienz und menschliche Gesundheit) sowie Produktion an Nahrungsmitteln und Bioenergie (Effizienz) mit einer somit insgesamt nachhaltigen Land-nutzung und Kultur. Diese Strategien werden vom IAASTD (2008) im Sinne der entsprechenden notwendigen nachhaltigen globalen Umorientierung des gesamten Ernährungsbereiches und insbesondere der Landwirtschaft an-gestrebt und umgesetzt (Tab. 3). 3. Literatur

DGE / DACH 2000-2001: Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Referenz-werte für die Nährstoffzufuhr. 1. Auflage. 2. korrigierter Nachdruck, Frankfurt/M. Umschau / Braus, 240 S.

Ernährungsbericht, 2008:Deutsche Gesellschaft für Ernährung, (DGE): Die Ernährung der Deutschen. Godesberger Allee 18, 53175 Bonn. Siehe auch: 2. Nationale Verzehrstudie (http://www.was-esse-ich.de/ )

IAASTD (International Assessment on Agriculture Science and Technology for Development. Conference Paris 15th April 2008

Isermann, K., 2008: Sustainable mitigation and land use options for human health and environmental quality in respect to the nutrition system and

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 394 -

the nutrients C, N, P, S. EUROSOIL (2008), Vienna, August 25-29, 2008 / Book of Abstracts, S.27.B.04, p. 147

Isermann, R,. Isermann, K., 2008: Mensch und Umwelt im Klimawandel: Klimarelevante Luftschadstoffe und Treibhauspotentiale von Landwirt-schaft, Ernährungsbereich und Bioenergiewirtschaft in Deutschland im Bezugsjahr 2005. Kongressband 2008 Jena, VDLUFA-Schriftenreihe 64

McMichael, A., Powles, J.W., Butler, C.D., Vauy, R., 2007:_ Food, livestock production, energy, climate change and health. Emargo 00.01 H (UK time) Thursday, Sept. 13, 2007. www.thelancet.com, 55-65

Ploeg, van der, 2002: Konservierende Bodenbearbeitung, Hochwasserschutz und eine zukünftige Agrarpolitik – Projektüberlegungen. Manuskript DGU-Symposium Dresden, 19 S.

UBA (Umweltbundesamt), 2008: Hintergrundpapier zu einer multimedialen Stickstoff-Emissionsminderungsstrategie. Geupel et al., Sept. 2008, 104 S. Siehe auch: Fortschrittsbericht 2008 zur Nationalen Nachhaltigkeits-strategie der Bundesregierung von Deutschland. Oktober 2008, 218 S.

UNEP-Report 14 th of sustainable land use management, 25th October 2008

WCED (World Commission on Environmental and Development) Brund-landt-Report (1987): Our Common Future. Oxford University Press, 383 pp.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 395 -

Tab. 1: Contribution of: 1. the total system nutrition (agriculture with plant and animal production, human nutrition with plant

and animal food consumption as well as waste and waste water management) 2. animal production and animal food consumption within the system nutrition

to environmental changes / damages and threatening of human health in Germany % contribution Threatening environment and human health 1. Total system

nutrition 2. Animal production and

consumption within the system nutrition

1. Eutrophication 2. Acidification 3. Climate change 4. Decline of biosphere (also consequences of 1.-3.) 5. Threatening human healt (Untimely death)

80 40 27 80 78

70 90

60- 80 70 80

Abb. 1 : Tax Levy Model for Animal Products to Relieve the Environment and Public Health (van der Ploeg 2002) Re0715

indirect taxes on

meat,

eggs,

cheese,

and butter

less sufferingof animals

lessdomestic

fodder production

smaller stocks inanimal husbandry

fewer N2O-emissions, NH3-emissions, CH4-emissions, NO3-emissions, PO4-emissions

less environmetal encumbrance

fewer costs for environmental

repairs

reducedconsumption

higherfood quality

less need ofpharmaceuticals

more food for the 3rd world

cancer,

fewer coronary heart diseases,

strokes, less diabetes,

etc.

fewer public health

costs

fewer agriculturalsubsidies

more money forpublic health

more money for an environment- compatible agriculture

more money forenvironmental

repairs

higher taxrevenues

fewerimports

of fodder

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 396 -

Tab. 2a: Setting standards for a sustainable system nutrition: Sustainable mitigation and land use options for human health and environmental quality

in respect to the nutrition system and the nutrients C, N, P, S 1/3 A) Anthroposphere Healthy human nutrition:

Food Security and Food Sufficiency as prerequisites for environmental consistency and efficiency

A1) Food Security : is the situation when all people at all times have physical, social and economic access to sufficient safe and nutritious food that meets their dietary needs and food preferences for an active life [WCED 1987 (Brundlandt Report) Agenda 21 of Rio (1992), FAO (2001)] A2) Food Sufficiency: Setting standards for healthy human nutrition Recommended average daily dietary intake per capita (DGE/DACH 2000-2001, EU 2002, BSNLC 2002-2008, Mc Michael et al. 2007) 1. Nutritious matters:

1.1 Energy: 2100 kcal 20% = 420 kcal as animal food 1.2 Protein: 53 g; 10-15% Energy, 40% = 21 g as animal food 1.3 Fat: 70 g; 25-30% Energy, 50% = 35 g as animal food 1.4 Carbohydrates: 275g; 50-60% Energy 1.5 Dietary crude: 30g 1.6 Phosphorus: 700 mg P . d-1 = 256 g . yr-1 ; 30% = 210 mg as animal food 1.7 (Nitrogen: 53 g Protein/6.25 = 8.5 g N . d-1= 3.1 kg N. yr-1 ) 1.8 Nitrate not threatens (e.g. stomage cancer, methaemglobinoemia) but preserves human

health against gastroenteritis, dental caries, cardiac infection, infarct, cardiovascular disease, hypertension of blood pressure and gastric ulcers by 250-1395 mg . d-1 (Minimum of 2.5 l drinking water with 100 mg NO3 / l = 250 mg NO3, additionally nitrate rich vegetables)

2. Meat consumption as most important sustainable human nutrition standard: - Total meat Net: 64 g . d-1 = 23.4 kg . yr-1 ; Gross : 90 g . d-1 = 32,9 kg . yr-1 - Red meat: Net: 36 g . d-1 = 13.0 kg . yr-1 , Gross: 50 g. d-1 = 32,9 kg . yr-1

Recommended consumption for nutritious matters and especially for meat corresponds to a maximum tolerable animal stock in agriculture of 0.1 AU (=50 kg life weight) . capita-1 (BSNLC 2000-2008)

3. Practically no impacts of (un)healthy (over)nutrition on N and P input to waste and waste water.

Re1027a Tab. 2b: 2/3

Setting standards for reactive compounds of the nutrients: B) Environmental Spheres: Consistency Carbon ( C ) Nitrogen ( N ) Phosphorus ( P ) Sulfur ( S ) B1. Pedosphere

10 main threats on soils Soil chemistry : 1. Soil organic matter: Decline / enrichment (“Sequestration” of C, N, P, S) 2. Eutrophication; 3. Acidification/Leaching of nutrients ; 4. Salinisation; 5. Contamination Soil Physics: 6. Sealing ; 7. Compactation, 8. Erosion / Sedimentation ; 9. Floods and landslides Soil Biology : 10. Decline in soil bio diversity Total SOC: 0,7 – 2,5 % Dec SOC: 0.2 – 0.6 %

Total SON: 0.07 – 0.25%

Dec SON: 0.02 – 0.06% SOC/ SON: 8 – 12/1

- -

SOC/SOP:100 –200 /1

- -

SOC/SOS :70-140/1 2.0 t ROS.ha-1 .yr-1

(-75 t0 100 kg humus C.ha-1 . yr-1) Maximum tolerable N surplus:20-50 kgN.ha-1 .yr-1

(Farm gate balance)

Maximum tolerable P surplus:± 0 . ha-1 .yr-1

near the lowest optimum soil test P (STP) P shortage

Correspondingly to 2,0 t ROS . ha-1 .yr-1 (-75 t0 100 kg humus C.ha-1 . yr-1)

Examples: 1.1 Soil organic matter (SOM)

(0 – 20 / 35 cm)

1.2 Maintenance balances

a) Corresponds to maximum tolerable animal stocks of agriculture equivalent to 0.1 AU (=50 kg life weight) . capita -1 (Compare (2005): e.g. Germany: 0.225, EU-27: 0.290 AU. capita-1)

b) No C-, N-, P-, S-“Sequestration,- capture,- storage” above these social, ecological and economical optimum, otherwise soils become Chemical Time Bombs (CTBs) of reactive C (CO2 >> CH4), N (NOx , NO, NO3

-), P (Hx (PO4)y z- and S (SO42- , H2S) like changes from grassland to arable land or

cultivations of organic soils TOC: 5 3

TN: 3 1.5 Nitrate-N: 2.5 1.5 (drinking water: 11.3 Ammonium N: 0.3 0.1 (drinking water: 0.44)

TP: 0.15 0.08 PO4

—P: 0.1 0.04

Sulfate: 100 50 (drinking water: 240)

TOC: 1,5 x BG

TN: 1.5 x BG DIN: 1.5 x BG

TP, PO4-P: 1.5 x BG

-

B 2. Hydrosphere: Groundwater and surface waters 2.1 Critical levels (LAWA/UBA 2000/2005) 2.1.1 Inland surface waters and groundwater [mg.l-1] 2.1.2 Estuaries and coastal waters Background values (BG) Oriented on critical loads of transition waters (estuaries) and coastal waters 2.2 Critical loads Estuaries and coastal waters

Critical loads are oriented on those former C, N, P, S loads of the running waters where no eutrophication existed (e.g. Danube River Basin mid 1960 s)

1027b

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 397 -

Tab. 2c: 3/3 Setting standards for reactive compounds of the nutrients: B3) Environmental

Spheres: Consistency Carbon ( C ) Nitrogen ( N ) Phosphorus ( P ) Sulfur ( S ) 3. Atmosphere 3.1 Greenhouse gases (GHG)

Climate change

CO2, CO CO2, CH4, NMVOC, CPM

N2O, CPM (indirect: NHx, NOx)

- -

Maximum tolerable GHG emissions (loads) (EPA 2006, IPCC 2007, BSNLC 2007):

At present (2005): 3 t CO2-eq. .person-1. yr-1 with 6 300 M persons worldwide In 2050: 2 t CO2-eq . person-1. yr-1 with 9 450 M persons worldwide Compare only Nutrition System of Germany: 2005: 3.1 (100), aim 2050: 0.49 CO2-eq .person-1. yr-1(13)

3.2 Eutrophying and

acidifying gases CO2, CO CO2 NHy. NOx - (SO4

2-)

Maximum tolerable emissions (loads) [kg .ha-1 . yr-1]

see GHGs <5kg NHy-N + 5kg NOx -N =< 10 kg N. ha TA-1 . yr-1 and about < 5 kg NH3-N. AA-1 . yr-1

critical loads of natural near ecosystems

- Not relevant for the nutrition system as an emitter

3.3 Bio energy production and consumption

(also bio fuel)

Only from crops (e.g. wooden/ligneous plants, permanent grass, miscanthus, prairie grass, short living plantations) and residues from the 2nd generation (e.g. straw, wood) with high C, but low N and P concentrations, otherwise N and P eutrophication of agricultural soils

B 4. Lithosphere - N shortage: a) lack of fossil carbohydrates b) technical N with coal c) biological N-fixation

P-shortage: ± 0 kg P surplus .ha-1 .

yr-1 near the lowest optimum soil test P (STP)

-

B 5. Biosphere: Flora and fauna

Protection of biosphere by meeting the protection aims regarding C, N, P, S for anthroposphere, pedosphere, hydrosphere, atmosphere and lithosphere

C) Sustainable Legislation

Needed integrated sustainable legislation within the total nutrition system as framework Directives for C, N, P and S

D) Worldwide implementation of a Sustainable Nutrition System (SNS)

Initiatives of the International Assessment of Agriculture Science and Technologfy for Development (IAASTD) on 15th April 2008 in Paris/France. Focus / Options: 1. Food Security and Sustainability. 2. Multifunctionality; 3. Meet the needs of small farms and not of agroindustry, 4. Use of (agricultural) Knowledge, science and technology (AKST) [UNESCO, FAO, World Bank, WHO, UNEP, NGOs (www.greenfacts.org/en/agriculture-iaastd/

Re1027c

Tab. 3: Agriculture and Development: International Assessment on Agricultural Science and Technology for Development (IAASTD)

(Paris, 15th April 2008) [UNESCO, FAO, World Bank, WHO, UNEP, NGOs like GREENPEACE, etc.; Contributions of 400 leading agricultural scientists since 2003; signed by 64 governments, not signed by Germany, only with reflections: USA, Canada, Australia, UK] (www.greenfacts.org/en/agriculture-iaastd/ ) 1. Causes: Agriculture is closely linked to the concerns of:

1.1 Environmental damages like eutrophication, acidification, global warming, loss of biodiversity 1.2 Social concerns like both malnutrition (850 Mio peoples) and over-nutrition (1000 Mio. peoples) 1.3 Unsustainable use of natural resources like soils, wood lands and waters

2. Objectives: 2.1 Use of Agricultural Knowledge, Science and Technology (AKST) to reduce hunger and poverty, to improve

rural livelihoods and to facilitate equitable environmentally socially and economically sustainable development within the system nutrition

2.2 Business as usual is no option: The focus must turn to the needs of small farms (and not of agro industries!) in diverse ecosystems and to areas with the greatest needs. This means improving rural livelihoods, empowering marginalized stakeholders, sustaining natural resources, enhancing multiple benefits provided by ecosystems, considering diverse farms of knowledge and providing fair market access for farm products.

2.3 Food security is a situation when all people at all times have physical, social and economic access for sufficient, safe and nutritious food that meets their dietary needs and food preferences for an active and healthy life (FAO 2001)

2.4 Multifunctionality: Agriculture has multi-output activities producing not only commodities (food, feed, fibres. agro fuels, medicinal products and ornamentals), but also non-commodity products those as environmental services, landscape and cultural heritages.

3. Eight cross-cutting themes: Bio energy , biotechnology, climate change, human health, natural resource

management, trade and markets, traditional and local knowledge and community based innovation and women inagriculture

Re0991

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 398 -

Charakterisierung von Gärresten aus Biogasanlagen mit unterschiedlichem Substrateinsatz H.-W. Olfs1, D. Trautz1 1Fachhochschule Osnabrück 1. Einleitung

Seit der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes im Jahre 2004 hat die Erzeugung von Biogas, insbesondere in der Landwirtschaft, erheblich zugenommen. Nach Schätzungen des Fachverband Biogas (2008) werden in Deutschland derzeit knapp 3900 Biogasanlagen betrieben. In den Biogas-anlagen werden hauptsächlich Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung sowie nachwachsende Rohstoffe, aber auch organische Reststoffe aus Industrie, Kommunen und Haushalten (Co-Substrate) vergoren. Aufgrund der stark angestiegenen Anlagenzahl wurden beispielsweise in Deutschland im Jahre 2008 auf 500.000 ha nachwachsende Rohstoffe für die Biogasproduktion angebaut FNR 2008). Damit hat sich auch der Anfall entsprechender Gär-reste deutlich erhöht. Angaben über die Zusammensetzung dieser Gärreste sind im Vergleich zu anderen Wirtschaftsdüngern z.Z. nur relativ begrenzt verfügbar. 2. Material und Methoden

In einer Erhebungsuntersuchung wurden insgesamt 18 Biogasanlagen (Baujahr 1996-2007; elektrische Leistung 63-730 kW) in Nordwest-Deutschland beprobt. Die Beschickung der Anlagen erfolgte bei den meisten Anlagen alle 1-2 h. Die Fermenter-Temperaturen lagen bei 38-41°C (Ausnahme Anlage 7: 55°C). Um eine repräsentative Probenahme zu gewährleisten wurden die Gärrest-Lagerbehälter für mindestens 30 Minuten aufgerührt. Die entnommenen Proben wurden intensiv homogenisiert, in je zwei 1-Liter-Plastikflaschen abgefüllt, während des Transportes gekühlt und anschließend bei -18°C bis zur Analyse gelagert.

Nach dem Auftauen der Proben wurde zuerst der pH-Wert bestimmt. Eine der Teilproben wurde zur Bestimmung des Trockenmasse-Gehaltes bei 105 °C bis zur Gewichtskonstanz getrocknet, anschließend vermahlen und zur Ermittlung der P- und K-Gehalte im Muffelofen bei 550°C verascht. Die Ermittlung des Gesamt-P erfolgte mittels P-Gelb-Methode photometrisch. Der wasserlösliche P-Anteil wurde nach Wasser-Extraktion mittels P-Blau-Methode im Extrakt be-stimmt. Die Bestimmung des Kalium-Gehaltes erfolgte flammenphotometrisch. In der zweiten Teilprobe wurden nach dem Auftauen die Stickstoff-Gehalte mittels Destillation (direkt für Ammonium-N bzw. nach Kjeldahl-Aufschluss für

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 399 -

Gesamt-N) bestimmt. Weiterhin wurde der Ammonium-N-Gehalt mittels Schnellbestimmungsmethode „Quantofix N-Volumeter“ ermittelt (Klasse, 1988, Terraflor, 2008).

Nach der Berechnung der Mittelwerte sowie der Medianwerte wurden für die erhobenen Analysedaten Korrelationen (Spearman Korrelationskoeffizient) er-mittelt und eine Clusteranalyse durchgeführt. 3. Ergebnisse und Diskussion

Die Erhebung belegt, dass sich Biogasanlagen sehr stark im Einsatz der Substrate unterscheiden. Mais und andere Silagen stellen in 13 von den 18 untersuchten Anlagen die wichtigste Komponente dar (Abb. 1). Daneben werden vor allem Wirtschaftsdünger (Rinder- und Schweinegülle bzw. –mist, Hühner[trocken]kot) eingesetzt. 5 Anlagen sind als Co-Substrat-Anlagen zu bezeichnen, die zu größeren Anteilen u.a. Brot- und Speisereste, Fette, Ab-wässer aus der Lebensmittelproduktion bzw. überlagerte Lebensmittel ver-werten.

Abb. 1: Substrateinsatz in den 18 untersuchten Biogas-Anlagen Die pH-Werte der untersuchten Gärreste liegen relativ eng beieinander im leicht alkalischen Bereich (Tab. 1). Demgegenüber weisen die TS-Gehalte besonders große Unterschiede auf: sie reichen von 2,2 bis 10,5 %. Für die Gesamt-N-, die Ammonium-N- sowie die Gesamt-P-Gehalte ist die Streuung wiederum ver-gleichsweise gering. Bei Kalium und wasserlöslichem P ergibt sich ein Faktor zwischen größtem und kleinstem Wert von ungefähr 6. Der Anteil des NH4-N

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 400 -

am Gesamt-N beträgt rund 50 % (Ausnahme Anlage 14: 70 %). Vergleichbare Angaben zu Nährstoffgehalten in Gärresten aus Biogasanlagen finden sich u.a. bei Göhler und Emmerling (2007) sowie Schneider-Götz und Mastel (2007). Tab. 1: Charakterisierung der Gärreste aus 18 untersuchten Biogasanlagen

Nr. pH-

Wert TS Nges. NH4-N Pges. Pwas. K Quantofix

NH4-N [%] [kg/m3] 1 7,36 2,16 2,00 1,14 0,25 0,08 2,8 1,2 2 7,67 8,69 5,58 3,07 1,11 0,59 5,0 3,0 3 7,00 7,53 4,36 1,99 0,79 0,38 4,3 1,9 4 6,89 7,01 3,73 1,94 0,71 0,38 3,9 1,9 5 7,57 7,36 4,08 1,93 0,88 0,51 4,1 2,0 6 7,78 6,09 4,53 2,24 0,95 0,54 3,9 2,1 7 8,03 10,53 5,24 2,59 1,28 0,60 5,0 2,2 8 7,71 8,36 6,61 3,64 1,29 0,66 4,7 3,5 9 7,51 7,96 4,67 2,18 0,96 0,60 4,5 1,8

10 7,44 8,18 5,35 2,55 0,93 0,55 4,5 2,5 11 7,71 8,09 4,93 2,67 1,03 0,59 5,0 2,5 12 7,44 3,97 3,67 2,08 0,73 0,12 1,6 2,0 13 7,89 7,90 4,51 2,01 1,52 0,38 3,3 2,0 14 8,23 4,46 5,05 3,53 0,76 0,22 2,1 3,0 15 7,26 3,25 1,87 0,96 0,50 0,02 1,0 0,9 16 7,93 7,37 4,23 2,24 1,24 0,52 2,5 2,8 17 7,84 9,65 5,92 3,01 1,48 0,65 5,6 2,8 18 7,38 5,43 2,76 1,38 0,49 0,20 2,8 1,3

Mw1 7,59 6,89 4,39 2,29 0,94 0,42 3,7 2,2 Median 7,62 7,45 4,52 2,21 0,94 0,52 4,0 2,1

1: Mittelwert Basierend auf den Nährstoff-Analysedaten können mittels einer Cluster-Analyse die 18 Biogasanlagen gruppiert werden. Interessanterweise deckt sich diese Zuordnung nicht ganz mit der Einteilung entsprechend des Substrateinsatzes: wenig Ähnlichkeiten sind besonders für die Co-Substrat-Anlagen 12-16 festzustellen. Gruppierungen finden sich für Biogasanlagen auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen (Mais und andere Silagen) und Rinder- bzw. Schweinegülle.

Zwischen verschiedenen Analysedaten ergeben sich signifikante bzw. hoch signifikante Beziehungen (Tab. 2). Wie erwartet bestehen sehr enge Be-ziehungen zwischen Trockensusbtanzgehalt und den verschiedenen

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 401 -

Nährstoffgehalten. Der höchste Korrelationskoeffizient ergibt sich zwischen Gesamt-N-Gehalt und Ammonium-N-Gehalt.

Abb. 2: Gruppierung der Biogasanlagen anhand der Analysedaten mittels

Cluster-Analyse Tab. 2: Zusammenhang zwischen Analysedaten der untersuchten Gärreste

aus 18 Biogasanlagen (Spearman Korrelationskoeffizient)

TS Nges. NH4-N Pges. Pwas.

Nges. 0,84** NH4-N 0,66** 0,92** Pges. 0,82** 0,75** 0,66** Pwas. 0,90** 0,86** 0,73** 0,80**

K 0,90** 0,77** 0,56* 0,62** 0,87** * bzw. ** entspricht Signifikanzniveau von 5 % bzw. 1 % Die mittels Quantofix N-Volumeter ermittelten Ammonium-Werte stimmen sehr gut mit den Labordaten überein. Es besteht nahezu eine 1:1-Beziehung bei einem Bestimmtheitsmaß von r2 = 0,92. Wenn Anlage 16 aus der Be-rechnung ausgeschlossen wird, verbessert sich die Korrelation nochmals auf r2 = 0,97.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Abb. 3: Korrelation zwischen den Ergebnissen der Ammonium-Bestim-

mung mittels Schnellmethode „Quantofix“ und den Labordaten 4. Schussfolgerungen

Aufgrund der sehr großen Unterschiede im TS-Gehalt von Gärresten aus Biogasanlagen sollte dieser Parameter individuell untersucht werden. Der Einsatz der Quantofix Schnellmethode kann aufgrund der engen Korrelation zur Labormessung auch für Gärreste aus Biogasanlagen empfohlen werden. Anhand der NH4-N-Gehalte dürfte darüber hinaus der Gesamt-N-Gehalt von Gärresten aus Biogas-Anlagen ausreichend zuverlässig abzuleiten sein. 5. Zusammenfassung

Im Rahmen einer Erhebungsuntersuchung wurden 18 Biogasanlagen be-probt, die sehr unterschiedliche Substrate einsetzen (Mais und andere Silagen, Rinder- und Schweinegülle bzw. -mist, Hühner[trocken]kot, Co-Substrat wie Brot- und Speisereste, Fette, Abwässer aus der Lebensmittel-produktion und überlagerte Lebensmittel). Während die pH-Werte der unter-suchten Gärreste eng beieinander lagen, zeigten sich große Unterschiede in den TS-Gehalten. Vergleichsweise geringe Streuungen zeigten sich für Gesamt-N, Ammonium-N sowie Gesamt-P. Die Gehalte an K und wasserlös-lichem P unterschieden sich dagegen bei den einzelnen Anlagen erheblich. Die mittels Quantofix Schnellmethode ermittelten Werte liefern eine sehr verlässliche Information zum Ammonium-N-Gehalt der Gärreste.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Danksagung

Die Beprobung der Anlagen und die Untersuchung der Gärreste wurden im Rahmen einer Projektarbeit an der Fachhochschule Osnabrück von den Studierenden K. Anke, S. Dreß, S. Kerlfeld und D. Weßendorf durchgeführt. Den Betreibern der Biogasanlagen sei für ihre Kooperation und die bereit-willige Mitwirkung bei der Datenerfassung herzlich gedankt. Darüber hinaus gebührt unser Dank Dipl.Ing. H. Pralle für die ansprechende Aufbereitung der Daten sowie Dr. H. Schön für die statistische Auswertung und Unter-stützung bei der Interpretation. 7. Literatur

Fachverband Biogas, 2008: Fachverband Biogas sieht Aufwärtstrend für Biogasbranche. http://www.biogas. org/datenbank/file/notmember/presse/08-08-26_PMEntw_Biogas2009.pdf (Download vom 09.10.2008)

FNR – Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, 2008: Anbau nach-wachsender Rohstoffe in Deutschland. http://www.fnr.de (Download vom 09.10.2008)

Göhler, H., Emmerling, C., 2007: Landwirtschaftliche Verwertung von Gär-rückständen aus NaWaRo-Biogasanlagen. Forschungsbericht, Universität Trier

Klasse, H.-J., 1988: Entwicklung einer Schnellmethode zur Bestimmung des Ammoniumstickstoffs in Güllen und Klärschlamm sowie Lysimeterver-suche zur Beurteilung von Strohdüngung und Zwischenfruchtanbau als Maßnahmen zur Konservierung von Stickstoff aus der Gülledüngung im Herbst. Diss. Universität Bonn

Schneider-Götz, N., Mastel, K., 2007: Gärreste aus Biogasanlagen – Nähr- und Schadstoffe, Einsatzmöglichkeiten im Ackerbau. Landwirtschaft-liches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), Karlsruhe

Terraflor, 2008: Quantofix N-VOLUMETER Gebrauchsanweisung. http://www.terraflor.de/media/quantoga.pdf (Download vom 09.10.2008)

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Eigenschaften und Humuswirkung von Biogasgülle G. Reinhold1, W. Zorn1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Problemstellung

Mit dem des Erneuerbaren Energiengesetz und dessen Novelle in 2004 wurden die Voraussetzungen für eine Einführung der Biogastechnologie in die Landwirtschaft geschaffen. Die verstärkte Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen führte zu Eingriffen in den Nährstoff- und Kohlenstoffhaushalt (Änderung in der Fruchtfolge, Rückführung der Biogasgülle). Daraus ergibt sich folgender Forschungsbedarf:

- Ermittlung der Stoffeigenschaften des Wirtschaftsdüngers Biogasgülle - Bewertung der Änderungen der Fruchtfolge durch die Produktion von

Substraten zur Energieproduktion - Einschätzung der Humuswirkung der Biogaserzeugung - Bewertung der Wirkung der Biogasgülle im landwirtschaftlichen

Gesamtprozess einschließlich Hygienisierung und Geruchsabbau.

Ausgehend von diesen Fragestellungen wurde in Thüringen ein Programm zur Untersuchung der Biogasanlagen aufgelegt. Durch Erhebung bestand die Möglichkeit, den Stand und Entwicklung der der Anlagentechnik zu charakterisieren. Begleitet wurden diese Erhebungen, die im Jahr 2004, 2006 und 2008 durchgeführt wurden, durch nasschemischen Untersuchungen der Substrate und der entstehenden Biogasgülle zur Bewertung der Stoffeigen-schaften. Aber auch Rückschlüsse auf den biologischen Prozess sind durch die Kombination der Erhebungsdaten und der nasschemischen Unter-suchungen gut möglich. Die Untersuchung des Biomasseeinsatzes und speziell des Kohlenstoffes gestattet eine Bilanzierung der Abbauvorgänge. Ziel dieser Untersuchungen ist es, die Eigenschaften von Biogasgülle zu charakterisieren und ausgehend vom Wissensstand und den vorhandenen Eigenschaftsänderungen die Humuswirkung von Biogasgülle abzuschätzen. 2. Eigenschaften von Biogasgülle und Substraten

Durch die Kombination der Untersuchungen mit dem Thüringer Silage-monitoring konnte ein sehr effizientes Probenmanagement erreicht werden. In Auswertung der Untersuchungsjahre zeigt sich, dass sowohl bei Rinder-gülle als auch bei Schweinegülle ein leichter Trend zur Erhöhung des Trockensubstanzgehaltes festzustellen ist. Mit 0,39 bzw. 0,40 % gesamt N besitzen beide Wirtschaftsdünger einen ähnlichen Stickstoffgehalt. Der mittlere pH-Wert beider Gülleherkünfte beträgt ca. 7 (Tabelle 1).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Tab. 1: Eigenschaften von Wirtschaftsdünger Substratart Rindergülle Schweine-

gülle Stallmist Biogasgülle

n = 49 n = 14 n = 18 n = 60 Mittel s Mittel s Mittel s Mittel s TM % 8,90 3,64 5,50 3,02 26,03 6,62 5,79 1,76 N ges. % 0,39 0,10 0,40 0,16 0,67 0,37 0,42 0,09 NH4-N % 0,20 0,07 0,31 0,12 0,11 0,08 0,31 0,10 oTS % d. TM 80,0 4,8 71,8 9,7 85,6 4,0 71,5 5,5 Corg % 4,0 1,6 2,3 1,4 10,8 3,10 2,27 0,76 pH - 6,98 0,39 7,09 0,30 - - 7,73 0,23 Cu mg/kg TM 321 811 359 273 32 19 307 270 K % 0,27 0,06 0,22 0,12 0,58 0,17 0,28 0,06 P % 0,07 0,02 0,10 0,05 0,13 0,09 0,08 0,02 S % 0,05 0,01 0,04 0,02 0,09 0,04 0,04 0,01 Zn mg/kg TM 310 178 880 402 159 64 591 605

Tab. 2: Eigenschaften von Biogassubstraten Substratart Maissilage Getreide Anwelksilage n = 50 n = 31 n = 25 Mittel s Mittel s Mittel s TM % 30,4 4,31 83,8 10,2 33,6 10,1 N ges. % 0,46 0,09 1,84 0,31 0,89 0,27 NH4-N % 0,04 0,02 0,01 0,01 0,08 0,05 oTS % der TM 95,2 1,7 97,1 3,3 89,5 3,9 Corg % 14,3 2,2 38,0 4,6 15,8 4,4 Cu mg/kg TM 7 11 10 21 11 6 K % 0,33 0,06 0,43 0,08 0,73 0,29 P % 0,07 0,01 0,35 0,19 0,12 0,05 S % 0,03 0,01 0,11 0,02 0,08 0,04 Zn mg/kg TM 85 53 63 137 69 39

In den untersuchten Biogasanlagen kamen vorwiegend Maissilage, Getreide und Anwelksilage als Ko-Substrate zum Einsatz. Die hierbei ermittelten Eigen-schaften entsprachen dem bekannten Wissen. Für die Biogaserzeugung ist die Ermittlung des Trockenmassegehaltes der Substrate von großer Bedeutung und sollte anlagenspezifisch untersucht werden. Auffällig ist besonders bei der Anwelksilage die hohe Variabilität des Gehaltes an organischen Trockenmasse (Glühverlust), aber auch die Gehalte an Rohprotein, Rohfaser und Stärke variieren zwischen den einzelnen Anlagen deutlich.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Die Erhebungsuntersuchung im Jahr 2008 weist einen mittleren Trocken-massegehalt der eingesetzten Substrate von 14,1 % TS (errechnete Misch-substratwerte) auf. Nach der Vergärung liegt ein mittlerer Trockenmasse-gehalt von 5,8 % vor. Der Trockenmasseabbau hat deutliche Vorteile für das Güllemanagement, da die Neigung zu Verstopfungen der Gülletechnik reduziert und die Vergärung eine Homogenisierung der Biogasgülle bewirkt.

Der Biogasprozess führt im Mittel zu einer Reduzierung des Gehaltes an organischer Trockenmasse von 82 % in der Substratmischung auf 71,5 % in der Biogasgülle und erbrachte eine relativ gute Übereinstimmung zwischen dem Abbauverhalten und dem ins Biogas konvertierten Stoffmengen.

Der mittlere Gesamtstickstoffgehalt sinkt durch die Vergärung von 0,48 % auf 0,42 %. Gleichzeitig ist der NH4-N-Anteil am Gesamt-N-Gehalt von 41 % in der Substratmischung vor der Vergärung auf 73 % in der Biogasgülle ge-stiegen. Die Vergärung bewirkt einen Anstieg des pH-Wertes von 7,0 auf 7,7 und infolge dessen zu einer verstärkten Umwandlung von Ammonium in Ammoniak. Bei den im Biogasreaktor vorherrschenden pH-Werten und den Temperaturbedingungen ist ein Übergang dieses Ammoniaks im Biogasreaktor in die Gasphase denkbar. Durch entsprechende Messungen in der Praxis sollte diese These geprüft werden und die Entwicklung von Vermeidungsstrategien vorangetrieben werden, da der Stickstoff auch bei der Verwertung des Gases in den Blockheizkraftwerken zu Problemen führen kann. 3. Rechner Biogasgülle – ein Werkzeug für Praktiker

In Auswertung der Untersuchungen erfolgte die Entwicklung eines Biogas-güllerechners, welcher ausgehend von den Substrateingaben wesentliche Parameter der Biogasgülle bereitstellt. Im Einzelnen sind das: - Abschätzung des Masseabbaus und des Lagerraumbedarf - Ermittlung der Nährstoffgehalte für Düngungsempfehlungen - Ermittlung des Humus-C-Gehaltes der Biogasgülle - Bestimmung ökonomischer Grundwerte. Der Rechner Biogasgülle arbeitet auf Basis von TLL-Richtwerten der Nähr-stoffgehalte. Aber auch die Eingabe eigener Untersuchungswerte ist möglich, so dass eine individuelle Anpassung an die betrieblichen Bedingungen gegeben ist. 4. Humuswirkung von Biogasgülle

In den 1980er Jahren erfolgten in Thüringen umfangreiche Untersuchungen zum Kohlenstoffabbau während der Güllevergärung (Reinhold, 1988; Rein-hold et al., 1990). Deren Ergebnisse zeigen, dass die Biogaserzeugung zu einer ähnlichen C-Stabilisierung wie die aerobe Rotte führt. Die Ergebnisse von Bebrütungsversuchen mit Boden-Gülle- sowie Boden-Biogasgülle-Gemischen belegen, dass die Düngung unvergorener und vergorener Gülle

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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zu einer vergleichbaren Humusreproduktion führt. Ursache höhere C-Stabilität der Biogasgülle im Vergleich zur unvergorenen Gülle (Abb. 1).

Abb. 1: Kohlenstoffbilanzierung mit und ohne Biogaserzeugung

Aussagen zur Humusdynamik im Boden können nur mit Hilfe langjähriger Experimente getroffen werden. Da Ergebnisse von Langzeituntersuchungen zur C-Dynamik im Boden nach Biogasgülledüngung noch nicht vorliegen, wurde zur Schätzung der Humuswirkung der Gärreste der VDLUFA-Standpunkt zur Hu-musbilanzierung (2004) herangezogen. Der Standpunkt geht von einer höheren Humusreproduktionsleistung der Biogasgülle im Vergleich zu unvergorenen Wirt-schaftsdüngern aus (Abb. 2). Für Wirtschaftsdünger ist mit einer Humus-reproduktion von 87 kg Humus C/t TS und für Gärprodukte mit einem deutlich gestiegenen Faktor von 142 kg Humus C/t TS zu kalkulieren. Auch wenn hierfür nur ältere experimentelle Untersuchungen aus der Güllevergärung Jahre vorliegen (Reinhold, 1988), so sollte doch bei der Bewertung der Biogasgülle der höhere Humusreproduktionsfaktor zur Anwendung kommen.

Abb. 2: Humus-C Faktoren für Wirtschaftsdünger und Gärprodukte (nach VDLUFA-Standpunkt, 2004)

y = 141,79xR2 = 0,9959

y = 86,928xR2 = 0,9731

0

10

20

30

40

50

60

70

0% 20% 40% 60%

TS-Gehalt

kg H

ums

C /

t Ein

satz

stof

f

Wirtschafts-dünger

Gärprodukte

Linear(Gärprodukte)

Linear(Wirtschafts-dünger)

37,8 %

62,2 %

C - Abbau im Biogasreaktor

C - Abbau bei der Bebrütung

C - Abbau bei der Bebrütung

Im Boden zur Reproduktion der Bodenfruchtbarkeit verbleibender Kohlenstoff

63,0 %

20,5 %

16,5 %ohne Biogas mit Biogas

Quelle Reinhold 1988

37,8 %

62,2 %

C - Abbau im Biogasreaktor

C - Abbau bei der Bebrütung

C - Abbau bei der Bebrütung

Im Boden zur Reproduktion der Bodenfruchtbarkeit verbleibender Kohlenstoff

63,0 %

20,5 %

16,5 %ohne Biogas mit Biogas

37,8 %

62,2 %

C - Abbau im Biogasreaktor

C - Abbau bei der Bebrütung

C - Abbau bei der Bebrütung

Im Boden zur Reproduktion der Bodenfruchtbarkeit verbleibender Kohlenstoff

63,0 %

20,5 %

16,5 %

37,8 %

62,2 %

C - Abbau im Biogasreaktor

C - Abbau bei der Bebrütung

C - Abbau bei der Bebrütung

Im Boden zur Reproduktion der Bodenfruchtbarkeit verbleibender Kohlenstoff

63,0 %

20,5 %

16,5 %ohne Biogas mit Biogas

Quelle Reinhold 1988

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Beispielhaft erfolgte die Berechnung der Humusbilanz in einem Ackerbau-betrieb mit unterschiedlichem Anbauumfang von Pflanzen für die Biogas-produktion. Ohne Biogaserzeugung ergibt sich in der gewählten, relativ ver-einfachten Fruchtfolge aus der Produktion ein Humussaldo von -270 kg. Durch die Rückführung der Nebenprodukte wie Stroh, Zuckerrübenblatt u. ä. folgt ein Saldo von +273 kg C/ha. Bei Annahme der oberen Werte des VDLUFA-Richtwertes verringert sich das Saldo auf 130 kg C/ha.

Modellhaft wurde die Biogasproduktion integriert, indem Biogassubstrate Mais, Ganzpflanzensilage und Getreidekorn in Anteilen von 10 bzw. 30 % unter Verringerung des Getreideanbauanteils eingesetzt wurden (Abb. 3).

C-Bilanz im Ackerbaubetrieb (Biogasfrüchte reduzieren den Getreideanbau)

0

50

100

150

200

250

300

350Standard

10 % Mais

30 % Mais

10 % GPS

30 % GPS

10 % Getreide

30 % Getreide

kg C

/ha

Feldproduktion incl. NP Biogasgülle

Abb. 3: Kohlenstoffbilanz eines Ackerbaubetriebes Im Ergebnis der Modellkalkulation ist festzustellen, dass der Maisanbau zu keiner Verschlechterung der C-Bilanz im Ackerbaubetrieb führt. Bei Einsatz von Ganzpflanzengetreide ist, wie auch beim Einsatz von Getreidekorn, sogar noch eine Erhöhung des Humussaldos festzustellen. Verursacht wird dies durch die Tatsache, dass im Rahmen der Biogaserzeuger kein Export von Biomasse aus dem Betrieb heraus erfolgt. Die Rückführung der Biogas-gülle ist wesentlich an der Humusreproduktion beteiligt. 5. Zusammenfassende Schlussfolgerungen

Die Biogasproduktion greift in den Kohlenstoffkreislauf durch die Änderung der Fruchtfolge und die Rückführung der Biogasgülle als Wirtschaftsdünger-anteils ein. Zusätzlich ist die CO2-Vermeidung durch die Substitution fossiler Energie zu beachten. In der oftmals polemisch geführten Diskussion wird die Rückführung der Biogasgülle oft vernachlässigt bzw. es wird bei der Be-wertung der Humusbilanz nur auf eine Fruchtart und nicht auf eine Frucht-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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folge zurückgegangen. Prinzipiell ist festzustellen, dass im Rahmen des untersuchten Fruchtartenspektrums durch den erweiterten Anbau von Bio-energiepflanzen zur Biogaserzeugung keine Risiken für die Humus-reproduktion des Bodens bestehen. Zusätzlich ist für den Einsatz der Wirtschaftdünger die Steigerung des Ammoniumanteils als positiv zu be-werten, da hier eine schnellere und besser kalkulierbare N-Düngewirkung als bei organisch gebundenem Stickstoff festzustellen ist. Die Vergärung bewirkt den Anstieg des pH-Wertes im Substrat und erhöht die Gefahr höherer gas-förmiger Stickstoffverluste. Zur Minderung der Verluste sind emissionsarme Applikationstechniken einzusetzen. Im Gegensatz zur Produktion von nach-wachsenden Rohstoffen, bei der eine vollständige Abfuhr der Biomasse aus dem Betrieb erfolgt (z.B. Verbrennung, Herstellung von BTL-Kraftstoffen), führt Biogas durch die Kohlenstoffrückführung mit der Biogasgülle nicht zur Verschlechterung der Humusbilanz. 6. Literatur

Reinhold, G.., 1988: Untersuchungen zur großtechnischen Erzeugung und Verwertung von Biogas bei Berücksichtigung der Substratveränderungen. Dissertation, TH Leuna Merseburg

Reinhold, G., Klimaneck, E., Breitschuh, G., 1991: Zum Einfluss der Biogas-erzeugung auf die Veränderung in der Kohlenstoffdynamik von Gülle. – Archiv Acker- Pflanzenbau Bodenkunde 36, 129-137

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungs-anstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2004: Standpunkt „Humusbilanzierung - Methode zur Beurteilung und Bemessung der Humusversorgung von Ackerland“. Bonn, 30.4.2004, Eigenverlag

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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P-Düngungseffekte von Biomasseaschen K. Schiemenz1, B. Eichler-Löbermann1 1 Universität Rostock, Institut für Landnutzung 1. Einleitung

Mit vermehrter Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung stehen zu-nehmend auch Verbrennungsrückstände (Biomasseaschen) für die Wieder-verwendung im Pflanzenbau zur Verfügung. Da die weltweiten P-Ressourcen limitiert sind und die noch verfügbaren, abbauwürdigen Phosphorlagerstätten beim heutigen Nutzungsniveau nach Haarr (2005) nur noch für etwa 100 Jahre reichen, steigt das Interesse am Recycling von P-haltigen Rückständen und Abfällen. Asche als Sekundärrohstoffdünger ist aufgrund der Nährstoffgehalte für die Nutzung als Düngemittel interessant (Holzner, 2000; Pels et al., 2005).

Die Untersuchungen wurden mit dem Ziel durchgeführt, den Einfluss von Biomasse-Aschen auf die P-Ernährung verschiedener Fruchtarten zu er-mitteln. 2. Material und Methoden 2007 und 2008 wurden an der Universität Rostock zwei Gefäßversuche durchgeführt, um die Eignung verschiedener Biomasse-Aschen als P-Düngemittel an 4 Fruchtarten (siehe Tab. 1) auf verschiedenen P-armen Böden zu untersuchen. Tab. 1: Fruchtarten der Gefäßversuche 2007 and 2008.

Fruchtart Sorte Anzahl Pflan-

zen je Gefäß (zur Erntezeit) 2007 2008

Mais (Zea mays) Abakus Ronaldinio 8 Lupine (Lupinus angustifolius) Borlu Boregine 8 Sommer-Gerste (Hordeum vulgare)

Barke Barke 15

Sommer-Raps (Brassica napus) Landmark Landmark 10

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Die Aussaat der Kulturen erfolgte 2007 auf lehmigem Sand (P(Dl)-Gehalt < 4 mg/100g, pH 5,7) und 2008 auf sandigem Lehmboden (P(Dl)-Gehalt < 4 mg/100g, pH 6,2). Die Pflanzen wuchsen in den Versuchsgefäßen unter natürlichen Witterungsverhältnissen, in einem Käfig vor Vogelfraß ge-schützt. Die Ernte fand zum Zeitpunkt des höchsten Biomassezuwachses statt. Es wurden 6 Düngevarianten (siehe Tab. 2) hinsichtlich ihrer Aus-wirkungen auf Pflanzen- und Bodenparameter verglichen. Die Bestimmung des P-Gehaltes der Pflanzenproben erfolgte nach der Vanadat-Molybdat-Methode (Page et al., 1982). Tab. 2: Düngevarianten und Nährstoffmengen (g Gefäß-1) in den Gefäßver-

suchen 2007 und 2008.

Düngevariante Abkürzung Nährstoffgehalt N P K Kontrolle Kon 0,5 - - Phosphor (1,0 g TSP Gefäß-1) TSP 0,5 0,2 - Rapsextraktionsschrotasche (2,5 g Gefäß-1)

RESA 0,5 0,2 0,2

Strohasche (9,8 g Gefäß-1) SA 0,5 0,1 0,5 Getreideganzpflanzenasche (1,9 g Gefäß-1)

GGA 0,5 0,2 0,2

Kalium (1,0 KCl g Gefäß-1) KCl 0,5 - 0,5 3. Ergebnisse und Diskussion

Im Gefäßversuch 2008 konnten mit GGA und RESA, gefolgt von der TSP-Variante, die höchsten Spross-Erträge erzielt werden. Die GGA-Variante wies generell signifikant erhöhte Erträge im Vergleich zur ungedüngten Kontrollvariante auf (Tab. 3).

In 2007 wurden bei allen P-Varianten (Aschen und TSP) im Mittel der Fruchtarten Ertragssteigerungen im Vergleich zur Kontrolle und KCl-Variante verzeichnet (Abb. 1). Da andere Nährstoffe im Optimum vorhanden waren, lassen sich somit die Ertragsunterschiede auf die P-Zufuhr durch die Düngemittel zurückführen.

Bei einer guten Nährstoffversorgung, wie sie mittels Biomasseasche- bzw. TSP-Düngung gegeben war, kam es zu erhöhten Spross-Erträgen und P-Aufnahmen (Tab. 3, Abb. 1 und 2). Da die P-Aufnahme der Pflanzen u.a. von der P-Aktivität in der Bodenlösung, vom Wasserhaushalt, aber auch von der aufnahmeaktiven Wurzellänge beeinflusst wird, wurden auch wurzel-morphologische Erhebungen durchgeführt. 2007 konnte mittels Düngung von RESA die Wurzellänge positiv beeinflusst werden (Abb. 3).

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Tab. 3: Spross-Erträge (g Gefäß-1) und P-Aufnahme (mg Gefäß-1) der Fruchtarten in Abhängigkeit von der Düngung, 2008.

Mittelwerte mit verschied. Buchstaben unterscheiden sich signifikant, Duncan-Test, p ≤ 0,05; * p ≤ 0,05; ** p ≤ 0,01; *** p ≤ 0,001

Abb. 1: Spross-Ertrag (g Gefäß-1) in Abhängigkeit von der Düngung und

Fruchtart, 2007. Zweifakt. Varianzanalyse, Mittelw. mit verschied. Buchstaben unterscheiden sich signifikant, p < 0,05 (Duncan).

Düngung

Kon 32,3 a 29,2 ab 41,7 a 20,0 a 30,8 aTSP 44,7 c 31,7 ab 46,5 b 23,6 b 36,6 abcRESA 45,4 c 33,9 bc 48,3 b 24,8 b 38,1 bcSA 38,1 b 27,5 a 42,3 a 24,6 b 33,1 abcGGA 47,4 c 37,9 c 45,9 b 24,3 b 38,9 cKCl 32,7 a 28,2 ab 42,6 a 22,1 ab 31,4 ab

Kon 44,3 a 53,6 ab 67,1 a 47,2 a 53,1 aTSP 69,2 c 61,6 bc 92,7 b 78,4 b 75,5 cRESA 71,7 cd 64,9 c 94,6 b 73,2 b 76,1 cSA 56,7 b 56,3 bc 70,6 a 67,9 b 62,9 bGGA 77,0 d 74,0 d 88,6 b 73,0 b 78,2 cKCl 45,4 a 46,4 a 62,7 a 51,9 a 51,6 a

So-Gerste So-Raps

p=0,000***p=0,000*** p=0,000*** p=0,000*** p=0,000***P-Aufnahme in mg Gefäß-1

p=0,044*

MittelwertErträge in g Gefäß-1

p=0,000*** p=0,007** p=0,001*** p=0,011*

Mais Lupine

60,9 b

67,9 c

70,8 c

51,0 a

59,5 b

52,0 a

91,3 d

29,0 a

68,5 c

52,5 b

0 20 40 60 80 100

So-Raps

Sio-Gerste

Lupine

Mais

KCl

CA

SA

RESA

TSP

Kon

Fruc

htar

t / D

üngu

ng

P-Aufnahme (mg Gefäß-1)

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 413 -

Abb. 2: P-Aufnahme (mg Gefäß-1) in Abhängigkeit von der Düngung und

Fruchtart, 2007. Zweifakt. Varianzanalyse, Mittelw. mit verschied. Buchstaben unterscheiden sich signifikant, p < 0,05 (Duncan).

Abb. 3: Wurzellänge (m Gefäß-1) in Abhängigkeit von der Düngung und

Fruchtart, 2007. Zweifakt. Varianzanalyse, Mittelwerte mit ver-schiedenen Buchstaben unterscheiden sich signifikant, p < 0,05 (Duncan).

131,3 a

163,5 bc

173,7 c

145,1 ab

146,4 ab

137,3 a

210,7 c

40,5 a

168,1 b

178,8 b

0 50 100 150 200 250

So-Raps

So-Gerste

Lupine

Mais

KCl

GGA

SA

RESA

TSP

Kon

Fruc

htar

t / D

üngu

ng

Wurzellänge (m Gefäß-1)

17,3 b

29,7 c

12,9 a

51,2 d

28,8 c

27,8 bc

26,0 a

26,9 ab

28,9 c

28,3 bc

0 10 20 30 40 50 60

So-Raps

So-Gerste

Lupine

Mais

KCl

GGA

SA

RESA

TSP

Kon

Fruc

htar

t / D

üngu

ng

TM (g Gefäß-1)

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 414 -

Die untersuchten Fruchtarten zeigten in Abhängigkeit von Witterung und Boden unterschiedliche P-Aufnahmen. 2008 wurden bei So-Gerste die höchsten Werte festgestellt (Tab. 3). Im Vorjahr hatte Mais auf dem leichte-ren Sandboden höhere Erträge, die signifikant höchsten Wurzellängen und P-Aufnahmen (Abb. 1-3).

Ein erwarteter Einfluss der Düngung auf das Wurzel-Spross-Verhältnis konnte nicht festgestellt werden. Im Gegensatz zu anderen Untersuchungen wie z. B. von Eichler et al. (2008) wiesen die Pflanzen ohne P-Düngung kein erhöhtes Wurzel-Spross-Verhältnis auf. 3. Schlussfolgerungen

Die bisherigen Ergebnisse weisen auf die Eignung von Biomasseaschen zur P-Versorgung der Pflanzen hin, wobei deren Wirksamkeit vom eingesetzten Verbrennungsmaterial und den angebauten Fruchtarten abhängt. Das mit der Nutzung von Biomasseaschen verbundene Nährstoffrecycling ist ein Beitrag zur Erhöhung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. 4. Literatur

Eicher-Löbermann, B., Köhne, S., Kowalski, B., Schnug, E., 2008: Effect of catch cropping on phosphorus bioavailability in comparison to organic and inorganic fertilization. Journal of Plant Nutrition. 31, 659-676.

Haarr, A., 2005: The Reuse of Phosphorus. Eureau Position Paper EU2-04-SL09, 2005.

Holzner, H., 2000: Land- und forstwirtschaftliche Verwertung von Aschen aus Biomassefeuerungen. In: "Verwertung von Asche aus Biomasse-heizungen" (2000), Hrsg. Landesenergieverein Steiermark

Page, A.L., Miller, R.H., Keeney, D.R., 1982: Method of soil analysis. Chemical and microbiological properties (2nd edition). Madison, WI, USA.

Pels, J.R., De Nie, D.S., Kiel, J.H.A., 2005: Utilization of ashes from bio-mass combustion and gasification. 14th European Biomass Conference und Exhibition, Paris, France, 17-21 October 2005, ECN-RX-05-182.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

- 415 -

Düngewirkung von Schwefel beladener Aktivkohle aus der Biogasreinigung W. Zorn1, G. Marks1, H. Schröter1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Problemsstellung

Biogas aus landwirtschaftlichen Biogasanlagen enthält Schwefelwasserstoff in solchen Konzentrationen, die eine entsprechende Reinigung vor der Ver-brennung im Blockheizkraftwerk bzw. vor der Einspeisung in Erdgas-leitungsnetze erforderlich macht. Eine Möglichkeit zur Biogasent-schwefelung besteht im Einsatz von Aktivkohle. In diesem Prozess fällt Schwefelbeladene Aktivkohle an. Zur Untersuchung der Frage, ob dieses Abprodukt als Düngemittel oder Bodenhilfsstoff verwertet werden kann, wurde ein Gefäßversuch durchgeführt. Im Mittelpunkt der Arbeiten stand die Prüfung der Schwefelbeladenen Aktivkohle als schwefelhaltiger Boden-dünger und deren Eignung für den Einsatz als Bodenhilfsstoff zur Förderung der P-Aufnahme aus Böden mit ausgeprägter Calciumphosphatdynamik sowie nach Düngung von weicherdigem Rohphosphat durch pH-Absenkung im wurzelnahen Boden. Nachfolgend wird über die Ergebnisse berichtet

2. Material und Methoden

2.1 Zusammensetzung der Aktivkohle

Die Schwefelbeladene Aktivkohle enthält über 40 % Gesamtschwefel, der fast ausschließlich in elementarer Form vorliegt. Der wasserlösliche S-Anteil ist sehr gering (0,3 %). Infolge der S-Beladung der Aktivkohle 1 ist der pH-Wert gesunken (Tabelle 1). Tab. 1: Mittlerer pH-Wert, C- und S-Gehalt der Aktivkohle (AK)

Aktivkohle pH C Sgesamt Swasserlöslich TS %

AK 1 Original 5,4 82,8 0,3 n. n. 98,5 AK 1 nach Biogasentschwefelung 4,2 46,7 43,3 0,3 98,0 AK 2 nach Biogasentschwefelung 4,8 38,2 51,3 0,3 99,1

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

- 416 -

2.2 Methodik des Gefäßversuches

In einem einjährigen Gefäßversuch (Mitscherlichgefäße, 4 Wiederholungen) wurde die Eignung der Schwefelbeladenen Aktivkohle als schwefelhaltiger Bodendünger sowie Wirkung auf die P-Aufnahme durch Deutsches Weidel-gras (Lolium perenne) der Sorte „Lilora“ untersucht. Die 4 Aufwüchse des Deutschen Weidelgrases wurden auf den Frisch- und Trockensubstanzertrag sowie den Gehalt und Entzug an den Schwefel sowie Phosphor mittels Röntgenfluoreszensanalyse untersucht.

Im Teilversuch zur Prüfung der S-Düngewirkung kamen eine unbeladene sowie zwei S-Beladene Aktivkohlen unterschiedlicher Herkunft (vergl. Tab. 1) im Vergleich zu einer mineralischen S-Düngung (Kaliumsulfat) sowie einer Kontrolle ohne S-Düngung zum Einsatz (Tabelle 2). Die S-Gaben be-trugen jeweils 0, 1, 2 und 4 g S/Gefäß. Als Gefäßsubstrat wurde eine schwefelarme Braunerde aus Buntsandsteinverwitterung (11 % Ton, 1,3 % OS, pH-Wert 6,0) verwendet Tab. 2: Varianten des Teilversuches zur S-Düngerwirkung

S-Düngung g/Gefäß S-Düngerform

0 - 0 Aktivkohle 1 unbeladen

1; 2 ; 4 K2SO4 1; 2; 4 Aktivkohle 1 beladen 1; 2; 4 Aktivkohle 2 beladen

Tab. 3: Varianten des Teilversuches zur Wirkung auf die P-Verfügbarkeit

S-Beladene Aktivkohle 1 g/Gefäß

P-Düngung g P/Gefäß P-Form

0 0 - 2,5 0 0; 2,5; 5; 10 0,5 weicherdiges Rohphosphat

0 0,5 Ca(H2PO4)2 Im Teilversuch zur Prüfung der Wirkung auf die P-Verfügbarkeit wurde eine Lößschwarzerde (20 % Ton, 2,7 % OS, pH 7,0; 2,4 mg PCAL/100g) ein-gesetzt. Die Versuchsvarianten zeigt Tabelle 3. Parallel zur Düngung eines handelsüblichen weicherdigen Rohphosphates (Dolophos 26; 0,5 g P/Gefäß) erfolgte die Applikation steigender Mengen an S-Beladener Aktivkohle. Die

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Vergleichsvarianten umfassten eine Kontrollvariante ohne P-Düngung sowie 0,5 g P/Gefäß als Ca(H2PO4)2. In beiden Teilversuchen wurden alle anderen Nährstoffe in den für Gefäß-versuche üblichen Mengen appliziert. Die Prüfung auf Signifikanz erfolgte mittels Tukey-Test (α < 5 %). 3. Ergebnisse und Diskussion

3.1 S-Düngewirkung der Aktivkohle

Alle Aktivkohlevarianten sowie die Kontrolle ohne S-Düngung litten ab den 2. Aufwuchs unter sichtbarem Schwefelmangel, der den Trockenmasseertrag deutlich reduzierte (Ergebnisse nicht dargestellt). Einen Überblick über die S-Aufnahme des Deutschen Weidelgrases gibt Abbildung 2.

0

50

100

150

200

250

300

350

0

2,5

g AK

5 g

AK

10 g

AK

1 g

S2

g S

4 g

S

1 g

S2

g S

4 g

S

1 g

S2

g S

4 g

S

mg S/Gefäß ohne SAK 1 ohne SK2SO4AK 1 beladenAK 2 beladen

Abb. 2: S-Entzug von Deutschem Weidelgras (Summe von 4 Aufwüchsen)

nach differenzierter S- und Aktivkohledüngung Die Düngung von S-Beladener Aktivkohle hatte keine signifikante Erhöhung der S-Aufnahme durch die Pflanzen zur Folge. Steigende Gaben dieses Ab-produktes bewirkten nur eine tendenzielle, jedoch statistisch nicht gesicherte Erhöhung des S-Entzuges.

Die S-Aufnahme durch vier Weidelgrasaufwüchse betrug nur 0,2 bis 0,4 % der mit Aktivkohle ausgebrachten S-Gabe von 1g S/Gefäß, im Vergleich zu 8 % der mineralischen S-Düngung. Zu Versuchsende waren im Boden aller

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Varianten mit Aktivkohledüngung Smin-Gehalte von nur 1-2 mg S/Gefäß vor-handen. Die Pflanzen haben demzufolge das wasserlösliche Sulfat-S nahezu vollständig aufgenommen. Dieses Ergebnis bestätigt die sehr geringere Mobilisierung des Gesamt-S-Gehaltes der Aktivkohle.

Aus dem Ergebnis dieses Gefäßversuches ist der Schluss zu ziehen, dass die kurzfristige S-Löslichkeit S-Beladener Aktivkohle aus der Entschwefelung von Biogas sehr gering ist. Dieses Abprodukt ist daher als schnell wirkendes gezielt einsetzbares S-Düngemittel nicht geeignet 3.2 Wirkung auf die P-Verfügbarkeit

Im Parallelversuch wurde die Möglichkeit der Verbesserung der P-Aufnahme aus einem P-armen Kalkboden durch Düngung S-Beladener Aktivkohle untersucht. Gemessen an Ertrag (nicht dargestellt) und P-Aufnahme (Ab-bildung 3) war die Erhöhung der P-Verfügbarkeit durch S-haltige Aktivkohle nicht signifikant. Steigende Gaben an S-Beladener Aktivkohle haben die P-Mobilisierung im Boden und die P-Aufnahme aus dem gedüngten weich-erdigen Rohphosphat nur im geringen Maße erhöht.

Abb. 3: P-Entzug von Deutschem Weidelgras (Summe von 4 Aufwüchsen) nach differenzierter P- und Aktivkohledüngung

Der PCAL-Gehalt der Gefäßsubstrate zu Versuchsende ist bei unterlassener P-Düngung von ursprünglich 2,4 mg P/100g auf 1,5 … 1,6 mg P/100g ge-sunken (Tabelle 4). Nach Düngung von weicherdigem Rohphosphat hat sich

0

50

100

150

200

250

300

350

0 2,5 0 2,5 5 10 0

AK 1-Gabe g/Gefäß

mg P/Gefäß

0,5 g P als w eicherdiges Rohphosphat

0,5 g P als Ca(H2PO4)2

ohne P

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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der PCAL-Gehalt nicht verändert, wobei kein Einfluss der Zufuhr S-Beladener Aktivkohle festzustellen ist. Im Gegensatz dazu hatte die Düngung von Ca(H2PO4)2 einen Anstieg des Boden-P-Gehaltes auf 6,5 mg P/100g zur Folge. Dieses Ergebnis deutet auf die sehr geringe Mobilisierung der Phosphate aus dem weicherdigen Rohphosphat durch Zugabe S-Beladener Aktivkohle hin. Die S-Beladene Aktivkohle bewirkt infolge ihrer trägen Re-aktion keine Verbesserung der Phosphatverfügbarkeit eines P-armen Bodens mit ausgeprägter Ca-Phosphatdynamik sowie nach Düngung von weich-erdigem Rohphosphat. Tab. 4: PCAL-Gehalt im Boden zu Versuchsende

Aktivkohle g/Gefäß

P-Düngung PCAL mg P/100g

Boden g P/Gefäß P-Form

0 0 - 1,6 2,5 0 1,5 0 0,5

weicherdiges Roh-phosphat

2,4 2,5 0,5 2,5 5 0,5 2,4

10 0,5 2,3 0 0,5 Ca(H2PO4)2 6,5

4. Zusammenfassung

Bei der Entschwefelung von Biogas aus landwirtschaftlichen Biogasanlagen mit Hilfe von Aktivkohle fällt ein S-haltiges Abprodukt mit einem S-Gehalt von über 40 % an.

In einem einjährigen Gefäßversuch mit Deutschem Weidelgras wurden die S-Düngewirkung S-Beladener Aktivkohle sowie deren Wirkung auf die P-Mobilisierung nach Düngung von weicherdigem Rohphosphat untersucht. Die kurzfristige Schwefellöslichkeit der S-Beladenen Aktivkohle aus der Entschwefelung von Biogas ist sehr gering und trägt nur wenig zur S-Ernährung der Pflanzen bei und fördert die P-Mobilisierung aus Roh-phosphat nur sehr gering.

Aus diesen Ergebnissen ergeben sich keine Möglichkeiten für die Ver-wertung der S-Beladenen Aktivkohle als schnell wirkender S-Dünger sowie als Bodenhilfsstoff zur P-Mobilisierung aus weicherdigem Rohphosphat.

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Das agrarmeteorologische Messnetzes Thüringens H. Michel1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Aufgaben und Ziele

Ziel und Aufgabe des agrarmeteorologischen Messnetzes Thüringens ist die mög-lichst kleinräumige und agrarraumbezogene Erfassung, Aufbereitung und Speicherung agrarmeteorologischer Daten sowie die Bereitstellung der Messdaten in anwendungsorientierter Form für die landwirtschaftliche Praxis und Beratung, angewandte Forschung und Verwaltung, Prognose und Ergebnisinterpretation. 2. Aufbau des Messnetzes

Die meisten Maßnahmen zur Erzeugung pflanzlicher Produkte unter aus-gewogener Beachtung ökonomischer und ökologischer Erfordernisse werden im hohen Maße durch die Witterung beeinflusst. Dies trifft z.B. auf Sortenwahl, Düngung, Pflanzenschutz, Beregnung und letztendlich auf Ertrag und Qualität zu. Eine Vielzahl von rechnergestützten Entscheidungshilfen, Prognose- und Empfehlungsmodellen helfen dem Landwirt bei der fachgerechten Durch-führung all dieser Maßnahmen. Dabei setzten diese Programme in hohem Maße die Verfügbarkeit von möglichst ortskonkreten meteorologischen Daten voraus. Des Weiteren werden für die Auswertung von Feldversuchen in den Versuchs-stationen des Freistaates Thüringen (z. B. Sortenversuche, Pflanzenschutzver-suche) am Versuchsort gemessene Wetterdaten benötigt. Es besteht somit nicht nur die Möglichkeit zur Nutzung von Wetterdaten, sondern auch das dringende Erfordernis dazu.

Um diesen Belangen gerecht zu werden wurde im Jahre 1993 mit dem Aufbau des agrarmeteorologischen Messnetzes Thüringens, als spezifisches Messnetz für landwirtschaftliche Gegebenheiten begonnen. Dies war Notwendig, da die Bereitstellung täglicher, unter landwirtschaftlichen Bedingungen gemessener Daten durch andere Anbieter nicht oder nur in sehr eingeschränkten Maße mög-lich war. Dabei wurde großer Wert auf die Platzierung der Wetterstationen in die für Thüringen wichtigsten Agrarräume gelegt.

Durch die Neuprogrammierung der Abruf- und Verarbeitungssoftware im Jahre 2007 war es möglich, bereits bestehende Wetterstationen anderer Eigner in das Messnetz zu integrieren. Diese mussten, wie die bereits bestehenden Stationen auch, die Anforderungen der VDI-Richtlinie 3786 und die durch die Thüringer

Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) vorgegebenen Parameter (freie Abrufbar-keit, bestimmte Parameterdatensätze) erfüllen. Weiterhin sollten sich die

neuen Stationen in noch nicht durch bereits vorhandene Stationen abgedeckten

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Abb. 1: Standorte des Messnetzstationen in Thüringen (Stand: Juni 2008)

Agrarräumen befinden. Durch die Einbindung dieser Stationen in das Messnetz konnte die Anzahl der Messnetzstationen von 17 im Jahre 2006 auf nunmehr 31 (Stand Juni 2008) erhöht werden (Abb. 1).

Abb. 2: Konfiguration der Wetterstationen

1 Lufttemperatur und –feuchte (2 m) 2 Lufttemperatur ( 5 cm) 3 Windgeschwindigkeit und –richtung (2,5 m) 4 Blattnässe 5 Globalstrahlung (2 m) 6 Bodentemperatur (-5 cm) 7 Bodentemperatur (-10 cm) 8 Bodentemperatur (-20 cm) 9 Bodentemperatur (-50 cm) 10 Regenmesser (1 m) 11 Datenlogger (Messtakt 1 s)

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Stationstypen

TH IES AnzahlDL15 15TDL14 7

TOSSUK7 8

EPSA 1

Zentralrechnertäglicher Datenabruf

per M odem oder GSM

Agrarm eteorologische Datenbank - AGM EDAm it täglicherPrüfung auf Plausibilität

N utzer

Agrarbetriebe

Pflanzenschutz

Äm ter

Versuchsstat ionen

Institutionen

Weitere

TLL JenaWetterstationen

Infornationsaufbereitung-ISIP-Beregnungsberatung-Pflanzenbaufax-Obstbaufax-Spezeille Wetterdaten

Internetpräsentation

PC Stat ionsbetreiber

Den Anforderungen entsprechend, sind die Wetterstationen mit den für landwirtschaftliche Belange wichtigsten Sensoren ausgestattet (Abb. 2).

Die Wetterdaten werden automatisch per Modem durch die TLL in Jena in der Nacht abgerufen. Dort werden sie auf Plausibilität geprüft und in einer speziellen Datenbank (AGMEDA – Agrarmeteorologische Datenbank) ge-speichert. Nur auf diese Weise kann ein lückenloser und korrekter Daten-bestand gewährleistet werden. Aus dieser werden die für unterschiedliche Nutzer benötigten Informationen generiert (Abb. 3).

Abb. 3: Datenmanagement im agrarmeteorologischen Messnetz 3. Leistungen aus dem Messnetz

Nachdem die Daten in der Datenbank AGMEDA auf Plausibilität geprüft worden sind, werden daraus speziell angepasste Werte an die diversen Nutzer übermittelt. So wird u.a. täglich ein spezielles Datenfile an die Inter-netplattform ISIP (Informationssystem integrierte Pflanzenproduktion) per FTP übermittelt. Dort können die Landwirte interaktiv diverse Modelle und Prognosen zum Pflanzenschutz und zur Düngung für ihre jeweiligen Frucht-arten und Schläge nutzen. Für diese Modelle und Prognosen sind aber als ein Input-Parameter unbedingt möglichst kleinräumige Wetterdaten notwendig. Diese werden für Thüringen aus dem agrarmeteorologischen Messnetz bereitgestellt. Die Daten sind im Internet unter www.tll.de/wetter zugäng-lich, wo sie täglich aktualisiert werden. Unter Nutzung der Messnetzdaten werden an der TLL verschiedene Produkte für die Landwirtschaft erstellt (Tab. 1).

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Tab. 1: Beratungsprodukte der TLL sowie Abonnentenanzahl für die einzelnen Produkte im Jahr 2008

Produkt Abonnentenzahl Bemerkung Pflanzenbaufax 500 ca. 500 Tha (>50 % der AF) Obstbaufax 90 alle KIP-Betriebe Gemüsebaufax 90 alle KIP-Betriebe Zierpflanzenfax 95 ca. 1/3 der Betriebe Beregnungsempfehlung 50 fast alle Beregnungsbetriebe

Das Pflanzenbaufax (Abb. 4) wird von März bis November 2-mal pro Woche erstellt und beinhaltet vier Informationssegmente.

Abb. 4: Beispiel des TLL-Pflanzenbaufaxes

Klimaschutz und Bioenergie Kongressband 2008

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Das erste Segment informiert über die Witterung (Tmin, Tmax, Nieder-schlag) der zurückliegenden vier Tage an 11 ausgewählten, agrarischen Standorten. Daran schließt sich eine vier Tage vorausschauende Wetter-prognose (Wetterpictogramm, Tmin, Tmax, Niederschlagswahrscheinlich-keit, Windgeschwindigkeitsprognose) an, der ein Wetterkommentar folgt. Diese Informationen stammen vom Deutschen Wetterdienst. Das letzte Segment enthält aktuelle Pflanzenschutzhinweise, die auf spezielle Pflanzenschutzmittel und deren Aufwandmengen Bezug nehmen. Diese Informationen werden u.a. mit Modellen erstellt, deren wesentliche Grund-lage Wetterdaten des agrarmeteorologischen Messnetzes bilden.

Das Obstbaufax wir einmal pro Woche ebenfalls von März bis November erstellt. Die Wetterprognose entspricht der des Pflanzenbaufaxes. Statt des Wetterkommentars werden Temperatursummen, gerechnet ab 1.1. des jeweiligen Jahres, für die ausgewählten Standorte mitgeteilt, die ein wichtiges Kriterium für das Auftreten von Schädlingen in ihren onto-genetischen Entwicklungsstadien (Eiablage, Schlupf, Flug) darstellen. Der abschließende Teil beinhaltet die speziell auf den Obstbau zugeschnittenen Pflanzenschutzhinweise, die auf Befallssituationen und deren Be-kämpfungsmöglichkeiten(Mitteleinsatz) eingehen.

Das Gemüse- und Zierpflanzenfax wird im Bedarfsfall von der TLL erstellt, wobei hier Informationen über spezielle Schaderreger im Gemüse- und Zier-pflanzenbau sowie die Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln ge-geben werden.

In der Beregnungsempfehlung werden für die wichtigsten Beregnungs-kulturen Schlag- und Fruchtartenspezifische Empfehlungen zum Zusatz-wassereinsatz gegeben. Diese werden mit Hilfe eines Beregnungs-steuerungs-programmes erstellt, deren meteorologische Eingangsdaten aus dem Messnetz stammen. Dieses Produkt wird einmal pro Woche währen der Beregnungssaison versand. Tab. 2: Veränderungen verschiedener Parameter von 1983 bis 2007 im

Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten (1951-80) am Standort Buttelstedt

Parameter Veränderung Jahresniederschlag -28 mm Sommerniederschlag -26 mm Jahrestemperatur +0,8 °C Sommertemperatur +0,9 °C Vegetationszeit +16 Tage

VDLUFA Schriftenreihe 64 Klimaschutz und Bioenergie

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Weiterhin erfolgt die Veröffentlichung von Wetterinformationen und –analysen in verschiedenen Printmedien. Erstellt werden außerdem De-kaden- und Monatswitterungsberichte sowie ein ausführlicher Jahres-witterungsbericht.

Aus den vieljährigen Datenreihen der Wetterstationen, vor allem der Station in Buttelstedt, die seit 1983 besteht, werden Trends der Veränderung ver-schiedener Meteorologischer Größen berechnet (Tab. 2).

Durch die Nutzung von auf Wetterdaten basierenden Beratungsprogrammen, wie z.B. Programme zum Pflanzenschutzmitteleinsatz oder zur Düngung wird eine Verringerung des Eintrags an Stickstoff- und Pflanzenschutzmittel-rückständen in die Umwelt erreicht und somit die Ressourcen Boden und Wasser geschont. Auf Wetterdaten basierende Beregnungssteuerungs-programme reduzieren den Wasserverbrauch und schonen somit die Ressourcen Wasser und Energie. Dies zeigt, dass spezielle, agrarmeteoro-logische Messnetzdaten einen wirksamen Beitrag zum Umweltschutz und zur Kosteneinsparung leisten können. 4. Literatur

VDI 3786, 2006: VDI-Richtlinie - Meteorologische Messungen: Agrar-meteorologische Messstation mit rechnergestütztem Datenbetrieb

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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Ergebnisse von Feldversuchen zur Stickstoffdüngung von Qualitätsweizen in Thüringen H. Heß1, W. Zorn1, M. Kerschberger2 1 Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena, 2 Weimar 1. Einleitung

Der Winterweizenanbau hat in Thüringen eine große Bedeutung und umfasst 35 % der Thüringer Ackerfläche (TMLNU, 2007). Überwiegend wird Quali-tätsweizen angebaut. Der Anteil von E- bzw. A-Sorten beträgt jeweils ca. 40 %. Dabei steht entsprechend der Forderung von Handel und Ver-arbeitungsindustrie die Erzeugung von Weizen mit hohem Rohproteingehalt im Vordergrund. Die enge Abhängigkeit des Rohproteingehaltes von der Höhe der N-Düngung, insbesondere von der N-Qualitätsdüngung (N-Qualitätsgabe, N-Spätgabe, 3. oder letzte N-Gabe), wirft unter Landwirten sowie in der Beratung immer wieder Fragen auf. Im Mittelpunkt der Dis-kussionen stehen neben Sorten- und Fungizidstrategie vor allem die N-Düngung und deren Terminierung. Nicht zuletzt ist die N-Düngung von Qualitätsweizen im Rahmen der novellierten Düngeverordnung, die eine Bewertung des betrieblichen N-Saldos vorsieht, einzuordnen. In Thüringen ist die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) in Jena zuständige Behörde für die Herausgabe von Düngungsempfehlungen. Mit der Stick-stoffbedarfsanalyse (SBA) erfolgen die Empfehlungen zur Stickstoff-düngung. Zur Pflege des SBA-Systems erfolgen ständig Feldversuche zur Präzisierung der Düngungsempfehlungen. Nachfolgend wird über Ergebnisse aktueller Feldversuche zur N-Düngung zu Qualitätsweizen berichtet 2. Material und Methoden Die Düngungsversuche zu Winterweizen fanden auf insgesamt 4 Versuchs-stationen von Thüringen statt, deren Standortdaten in Tabelle 1 aufgeführt sind.

Der Anbau und die versuchsbegleitenden Maßnahmen erfolgten nach Empfehlungen der TLL unter Berücksichtigung der ortsüblichen Be-dingungen, wobei einer hohen Versuchssicherheit besondere Beachtung ge-schenkt wurde. Die Sortenwahl entsprach in Anlehnung an die TLL-Sortenempfehlung weitgehend dem für Thüringen typischem Sorten-spektrum.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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Tab. 1: Beschreibung der Versuchsstationen

Versuchs-ort

Stand-ort

Bodenform Bodenart Acker-zahl

Höhen-lage (m)

langjähriges Mittel Tempe- ratur°C

NS1) (mm)

Bad Salzunge

V4a2 Bergsalm-Braunerde

lehmiger Sand

32 280 8,1 586

Dornburg Lö1c Löss-Para-braunerde

stark toniger Schluff

57; 73; 63

260 8,1 578

Friemar Lö1a3 Lössbraun-Schwarzerde

Lehm 96 284 7,8 519

Großen-stein

Lö4b1 Löss-Para-braunerde

Lehm 58 300 7,8 608

1) Niederschlag Die Versuche wurden analog der Landessortenversuche gemäß der "Richtlinien für die Durchführung von landwirtschaftlichen Wertprüfungen und Sortenversuchen" des Bundessortensamtes Hannover (Ausgabe 2000) angelegt und ausgewertet Als Anlagemethode kam eine zweifaktorielle Blockanlage mit vier Wiederholungen zur Anwendung. Die Angaben zu den Erträgen basieren auf einem einheitlichen Trockensubstanzgehalt (TS) von 86 %. Zur Überprüfung der statistischen Sicherung erfolgte die Anwendung der Varianzanalyse mit F-Test sowie die Berechnung der Grenzdifferenzen (GD) nach Tukey-Test (alpha = 5 %).

Die Bestimmung des leichtlöslichen Stickstoffes (Nmin) fand mittels photo-metrischer Bestimmung für die Bodenschichten 0... 30 cm, 30... 60 cm und bei Möglichkeit 60... 90 cm zur SBA-Düngebedarfsermittlung im Frühjahr und außerdem nach der Ernte statt.

Die N-Gehalte im Korn wurden mittels und DUMAS-Verbrennungsmethode untersucht und beziehen sich auf die Trockenmasse (TM). Teilweise erfolgte auch die Bestimmung des Rohproteins durch Nahinfraspektroskopie (NIRS). Die Roh-proteingehalte errechnen sich aus den N-Gehalten der Ernteprodukte durch Multi-plikation mit dem Faktor 5,7.

Zielstellung und Prüfglieder Das geänderte Sortenspektrum, das höhere Ertragsniveau und die immer wieder diskutierten Grenzen für die N-Salden nach der novellierten Düngeverordnung sowie die häufigen Diskussionen in der Praxis über die N-Qualitätsdüngung haben eine neue Versuchsserie zu dieser Thematik notwendig gemacht. Versuchsergeb-nisse aus den Jahren 1996 bis 1999 (Kerschberger und Hess, 2003) führten zu dem Ergebnis, dass bei einem Ertragsniveau von ca. 70 dt/ha eine N-Qualitätsgabe zwischen 40 und 60 kg N/ha notwendig ist. Diese sollte möglichst zeitig zu ES 39

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 428 -

bis ES 41 erfolgen, um das Risiko einer verminderten N-Düngerwirkung unter der für Thüringen typischen Vorsommertrockenheit zu begrenzen.

Im Vordergrund der neuen Untersuchungen stand wiederum die Frage nach der optimalen Höhe und des Ausbringungszeitpunktes der N-Qualitätsgabe zum Er-reichen hoher Kornerträge und der angestrebten hohen Rohproteingehaltes im Korn. Dabei war insbesondere das betriebswirtschaftliche Optimum der N-Düngung bei tolerierbaren N-Bilanzüberschüssen zu ermitteln.

Tabelle 2 zeigt die Stickstoffdüngungsprüfglieder. Als N-Dünger wurde über-wiegend Kalkammonsalpeter verwendet Zum Anbau kamen die Sorten Altos (E), Compliment (A, rohproteinstark) und Ellvis (A, ertragsstark). Eine Anpassung der N-Düngung durch das SBA-System an die Sortenspezifik und eine Präzisierung der N-Gaben mittels Nitratschnelltest erfolgte nicht.

Bei den Prüfgliedern 1 bis 5 wurde die 1. und 2. N-Gabe jeweils um 10 kg N/ha im Vergleich SBA-Düngungsempfehlung reduziert (Gesamtredu-zierung: 20 kg N/ha). Bei Prüfglied 6 betraf die Reduzierung um 20 kg N/ha nur die 1. N-Gabe und bei Prüfglied 7 die 2. N-Gabe. Die N-Düngung der Prüfglieder 8 und 9 ent-sprach der SBA-Düngungsempfehlung.

Tab. 2: Prüfglieder (PG) der Versuche zur N-Qualitätsdüngung in Thüringen (Jahre 2005 bis 2007)

PG 1. + 2. N-Gabe N-Qualitätsgabe

1

SBA1) minus 20 kg N/ha

keine2 40 kg N/ha ES 39 - 45 3 80 kg N/ha ES 39 - 45 4 40 kg N/ha ES 39-45 + 40 kg N/ha ES 59 - 61 5 80 kg N/ha ES 59 - 61

6 SBA1) minus 20 kg N/ha; 2. Gabe betont

80 kg N/ha ES 39 - 45

7 SBA1) minus 20 kg N/ha; 1. Gabe betont

80 kg N/ha ES 39 - 45

8 SBA1)

80 kg N/ha ES 39 - 45 9 120 kg N/ha ES 39 - 45

1) SBA: SBA-Sollwert 170 kg N/ha minus Nmin-Gehalt im Boden Der mittlere Nmin-Gehalt im Frühjahr aller Versuche betrug 67 kg N/ha. Den niedrigsten leichtlöslichen N-Vorrat wies mit 51 kg N/ha der Standort Bad Salzungen und den höchsten der Standort Großenstein mit 82 kg N/ha auf. Daraus resultierte eine mittlere N-Düngung (1. und 2. Gabe) von 104 kg N/ha bei den

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Prüfgliedern 1 bis 7 mit reduzierter N-Menge und von 124 kg/ha bei den Prüf-gliedern 8 und 9 mit der Düngung nach SBA (N-Basissollwert 170 kg N/ha – Nmin-Gehalt; TLL, 2000). 3 Ergebnisse der Feldversuche 2005 bis 2007

Kornertrag und Rohproteingehalt im Mittel aller Jahre, Sorten und Standorte Die Abbildung 1 zeigt die Wirkung der differenzierten N-Düngung auf Kornertrag und Rohproteingehalt im Mittel aller Jahre, Orte und Sorten. Im Mittel aller Prüfglieder lag mit 92,9 dt/ha ein für das geprüfte Sortenspektrum hoher Kornertrag vor. Die niedrigsten Kornerträge und Rohproteingehalte traten im Mittel aller Versuche bei den Prüfgliedern ohne N-Qualitätsgabe und mit nur 40 kg N/ha (nach reduzierter 1. und 2. N-Gabe) auf. Die höchsten Kornerträge und Rohproteingehalte wurden durch eine N-Qualitätsgabe von 120 kg N/ha nach der vollen SBA-Düngung erzielt. Die N-Qualitätsgabe von 80 kg N/ha (PG 3: nach reduzierter SBA; PG 6: nach reduzierter 1. N-Gabe) sowie die Splitting-Variante (PG 4: 40 kg N/ha + 40 kg N/ha) führten zu vergleichbaren Kornerträgen, jedoch mit etwas geringeren Rohproteingehalten. Die spätere N-Qualitätsgabe mit 80 kg N/ha (PG 5) hatte bei einem verhältnismäßig hohen Rohproteingehalt einen niedrigeren Kornertrag zur Folge.

Eine verstärkte Andüngung mit verringerter Schossergabe (PG 7) ver-ursachte einen Rückgang des Kornertrages und des Rohproteingehaltes.

Abb. 1: Kornertrag und Rohproteingehalt von Winterweizen in Abhängig-keit von der N-Düngung (Mittel aller Versuche; Jahre 2005 bis 2007, Nmin-Gehalt Frühjahr: 67 kg N/ha)

Sorten Die Sorte Ellvis (95,1 dt/ha) führte zum höchsten Kornertrag, gefolgt von Compliment (91,9 dt/ha) und Altos (90,9 dt/ha). Den höchsten mittleren Rohproteingehalt wies die Sorte Compliment mit 13,8 % (Altos: 13,4 %, Ellvis 13,5 %) auf. Alle drei Sorten (Abb. 2 bis 4) zeigten eine ähnliche Wirkung der Stickstoffdüngung auf Kornertrag und Rohproteingehalt. Dabei hatte die Sorte Altos eine etwas schlechtere N-Verwertung.

GD: 1,5 dt/ha

GD: 0,6 %89,1

91,593,6 93,9

91,693,6

92,6 93,4 94,2

11,812,8

13,8 13,7 14,0 14,013,4

14,114,8

11,812,8

13,8 13,7 14,0 14,013,4

14,114,8

80

85

90

95

100

11

13

15

17

19

Rohproteingehalt (% i TM)Kornertrag dt/ha

1.+2. Gabe 104 104 104 104 104 104 104 124 124 kg/ha

N-Qualitäts- 0 40 80 40 ---- 80 80 80 120Düngung 40 80

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 430 -

Die Differenzen zwischen niedrigsten und höchsten Rohproteingehalt be-trugen sortenabhängig 2,5 bis 3,3 %. Die Unterschiede im Kornertrag zwischen den Düngungsprüfgliedern lagen im Bereich von 4,9 bis 5,7 dt/ha.

Abb. 2: Kornertrag und Rohproteingehalt von Winterweizen in Abhängig-keit von der N-Düngung (Sorte Altos: Mittel aller Versuche; Jahre 2005 bis 2007, Nmin-Gehalt Frühjahr: 67 kg N/ha)

Abb. 3: Kornertrag und Rohproteingehalt von Winterweizen in Abhängig-keit von der N-Düngung (Sorte Compliment: Mittel aller Versuche; Jahre 2005 bis 2007, Nmin-Gehalt Frühjahr: 67 kg N/ha)

Abb. 4: Kornertrag und Rohproteingehalt von Winterweizen in Abhängig-

keit von der N-Düngung (Sorte Ellvis: Mittel aller Versuche; Jahre 2005 bis 2007, Nmin-Gehalt Frühjahr: 67 kg N/ha)

Standorte

Die Standorte unterschieden sich hinsichtlich Kornertrag und Rohproteingehalt zum Teil deutlich. Die höchsten mittleren Kornerträge wurden mit 97,6 dt/ha in Großenstein festgestellt, gefolgt von Dornburg (96,9 dt/ha) und Bad Salzungen

GD: 2,4 dt/ha

GD: 1,2 %87,689,8

91,7 92

89,4

92,1 91,6 91,492,5

11,5

12,913,6 13,2

14,1 14,0

12,9

14,114,7

11,5

12,913,6 13,2

14,1 14,0

12,9

14,114,7

80

85

90

95

100

11

13

15

17

19

Rohproteingehalt (% i TM)Kornertrag dt/ha

1.+2. Gabe 104 104 104 104 104 104 104 124 124 kg/ha

N-Qualitäts- 0 40 80 40 ---- 80 80 80 120Düngung 40 80

GD: 2,4 dt/ha

GD: 0,9 %88,4

90,792,6 92,7

91,392,8

91,793,3 93,1

1212,8

14,0 14,0 14,1 14,1 13,814,4

15,3

1212,8

14,0 14,0 14,1 14,1 13,814,4

15,3

80

85

90

95

100

11

13

15

17

19

Rohproteingehalt (% i TM)Kornertrag dt/ha

1.+2. Gabe 104 104 104 104 104 104 104 124 124 kg/ha

N-Qualitäts- 0 40 80 40 ---- 80 80 80 120Düngung 40 80

91,3

93,9

96,6 97,0

94,096,0

94,695,7

96,9

11,912,8

13,6 13,8 13,7 14,113,6 13,8

14,4

11,912,8

13,6 13,8 13,7 14,113,6 13,8

14,4

80

85

90

95

100

11

13

15

17

19

Rohproteingehalt (% i TM)Kornertrag dt/ha

1.+2. Gabe 104 104 104 104 104 104 104 124 124 kg/ha

N-Qualitäts- 0 40 80 40 ---- 80 80 80 120Düngung 40 80

GD: 2,8 dt/ha

GD: 0,9 %

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(83,3 dt/ha), was sich aus der unterschiedlichen Ertragsfähigkeit der Standorte erklärt. Die Rohproteingehalte zeigten dem gegenüber ein umgekehrtes Bild. Bad Salzungen wies die höchsten Gehalte (Mittel 14,7 %) und Großenstein die geringsten Gehalte (Mittel 13,0 %) auf. Dornburg lag mit 13,8 % zwischen den beiden anderen Orten. Der Versuchsort Friemar wurde mit nur 2 Erntejahren (2006 und 2007; Mittel Kornertrag: 92,7 dt/ha; Rohproteingehalt: 12,3 %) nicht in den Vergleich der Standorte einbezogen.

Dieses Ergebnis bestätigte den bekannten Zusammenhang zwischen Korn-ertrag und Rohproteingehalt, wonach steigende Kornerträge auch bei hoher N-Düngung mit einer Reduzierung der Rohproteingehalte verbunden sind. Es zeigte sich deutlich, dass es im Hochertragsbereich (Versuchsstation Großenstein) problematisch sein kann, auch hohe Rohproteingehalte zu produzieren. Die Ursache dafür liegt offensichtlich im begrenzten N-Aufnahmevermögen aktueller Qualitätsweizensorten. Trotz dieser unter-schiedlichen Kornerträge und Rohproteingehalte reagierte der Weizen im Vergleich der Standorte ähnlich auf die verschiedenen Düngungsvarianten.

Nmin-Gehalt im Boden nach der Ernte Ein hohes N-Düngungsniveau sowie die späte N-Qualitätsdüngung zu ES 59 bis 61 führen zu hohen Nmin-Gehalten nach der Ernte (Abb. 5). Für die Verringerung der Gefahr von N-Auswaschungsverlusten sollten deshalb Maßnahmen zur Konservierung des Bodenstickstoffs bei hohen und/ oder späten N-Gaben An-wendung finden. Dies kann die Fruchtfolgestellung des Weizens mit einer Nach-frucht mit hoher N-Aufnahme im Herbst oder die gezielte Nutzung des Nmin-Restgehaltes im Boden zur Förderung der Strohrotte ohne zusätzliche N-Ausgleichsdüngung sein. Das trifft insbesondere dann zu, wenn in Folge von Vor-sommertrockenheit die Wirksamkeit der N-Qualitätsgabe vermindert war.

Abb. 5: Nmin-Gehalt im Boden nach der Ernte und N-Saldo in Abhängigkeit von der N-Düngung (Mittel aller Versuche; Jahre 2005 bis 2007, Nmin-Gehalt Frühjahr: 67 kg N/ha)

N-Salden im Qualitätsweizenanbau Bei der Betrachtung der N-Salden dieser Versuchsserie (N-Düngung minus N-Abfuhr Korn) ist das hohe Ertragsniveau zu berücksichtigen. Mittlere Korn-

kg N/ha

-54-33

-10 -10 -9 -14 -47

364051 55

76 7154

64 64

89

4051 55

76 7154

64 64

89

-60-40-20

020406080

100

Nmin nach ErnteN-Saldo

1.+2. Gabe 104 104 104 104 104 104 104 124 124 kg/ha

N-Qualitäts- 0 40 80 40 ---- 80 80 80 120Düngung 40 80

GD: 27 kg/ha

GD: 12 kg/ha

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erträge von 92,6 dt/ha in Verbindung mit dem Rohproteingehalt von 13,6 % führten zu einer N-Abfuhr von 190 kg N/ha. Mit einer mittleren N-Düngung aller Prüfglieder von 180 kg N/ha lag ein sehr geringer N-Saldo von minus 10 kg N/ha vor (Abb. 5). Die geringsten N-Salden traten in den Prüfgliedern ohne bzw. nur mit 40 kg N/ha als N-Qualitätsgabe auf. N-Salden von ca. minus 10 kg/ha konnten mit der reduzierten 1. und 2. N-Gabe und mit 80 kg N/ha als N-Qualitätsgabe festgestellt werden (PG 3 bis 7). Die Düngung nach SBA (1. + 2.-N-Gabe) mit N-Qualitätsgaben von 80 bzw. 120 kg N/ha führte erwartungs-gemäß zu den höchsten N-Salden. Dieses Ergebnis bestätigt die relativ geringe N-Verwertung hoher und später N-Gaben. Unter Praxisbedingungen können diese niedrigen N-Salden jedoch kaum er-reicht werden. Fahrspuren und Vorgewende sowie die teilweise höheren Ernte-verluste bewirken auf Praxisschlägen meist geringere Erträge im Vergleich zum Feldversuch und führen zu geringeren N-Abfuhren und damit höheren N-Salden. In den Versuchen sind nur Mineraldünger zum Einsatz gekommen. Bei Verwendung von organischen Düngern erhöhen sich die N-Salden in der Regel deutlich. Durch eine Abfuhr des Strohs kann der N-Saldo verringert werden. Ökonomische Bewertung der N-Qualitätsdüngung Als Kriterium für die ökonomische Bewertung dient der N-düngungs-kostenfreie Erlös, der die Kosten für den N-Dünger und dessen Ausbringung berücksichtigt. Durch das derzeit erheblich in Veränderung befindliche Ge-treide- und Düngerpreisniveau ist eine allgemeingültige Aussage zu den Er-lösen gegenwärtig kaum möglich. Neben den hier getroffenen Aussagen müssen immer regionale und weizenspezifische Verkaufs- sowie Vertrags-bedingungen Berücksichtigung finden. Die nachfolgende ökonomische Be-trachtung der Versuchsergebnisse zur N-Qualitätsdüngung basiert auf dem Preisniveau vom Frühjahr 2008. Als Erzeugerpreise wurden danach für Futterweizen 22 EUR/dt, Brotweizen 23 EUR/dt, A-Weizen 24 EUR/dt und E-Weizen 25 EUR/dt (Rohproteingehalte: C < 11,5 %; B > 11,5 bis 13 %; A > 13 bis < 14 %; E > 14 %) angesetzt.

Abb. 6: N-kostenfreier Erlös von Qualitätsweizen in Abhängigkeit von der

N-Düngung (Mittel aller Versuche, Jahre 2005 bis 2007)

2049 20572158 2158 2202 2252

2134 2227 2207

500

1000

1500

2000

2500Erlös EUR/ha

1.+2. Gabe 104 104 104 104 104 104 104 124 124 kg/ha

N-Qualitäts- 0 40 80 40 ---- 80 80 80 120Düngung 40 80

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Die Berechnung der N-Düngung erfolgte mit 8 EUR/ha je Applikation und mit 1,00 EUR je kg N. Die Ergebnisse zeigt Abbildung 6. Im Mittel aller Jahre, Sorten und Orte wurden von Prüfglied 6 (reduzierte 1. Gabe + betonte 2. Gabe + N-Qualitätsgabe 80 kg N/ha) der höchste N-düngungskostenfreie Erlös erzielt, gefolgt von den Prüfgliedern 8 und 9 (1. Gabe SBA + 2. Gabe SBA + N-Qualitätsgabe 80 bzw. 120 kg N/ha). Die Unterlassung der N-Qualitätsgabe (PG 1) sowie eine zu geringe N-Qualitätsgabe (SBA reduziert + N-Qualitätsgabe 40 kg N/ha, PG 2) führten zur geringsten Wirtschaftlich-keit. Alle anderen Düngungsvarianten unterschieden sich auch in Bezug auf die Reaktion der einzelnen Sorten nur unwesentlich. 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die Stickstoffdüngung nach der SBA entspricht der von der Düngever-ordnung geforderten Nährstoffzufuhr entsprechend Nährstoffbedarf der Pflanzen und Nährstoffgehalt im Boden und führt zu hohen und sicheren Kornerträgen. Ein für die Qualitätsweizenproduktion notwendiger hoher Rohproteingehalt kann jedoch nur durch eine N-Qualitätsdüngung ab-gesichert werden. Diese sollte standortangepasst, ertragsorientiert und unter Thüringer Bedingungen möglichst früh (ES 39 - 49) erfolgen. Es wird empfohlen, die Höhe der N-Qualitätsgabe mittels Nitratschnelltest zu er-mitteln (TLL, 2002).

Die Reduzierung der 1. N-Gabe im zeitigen Frühjahr bei gleichzeitiger Be-tonung der 2. N-Gabe in der Schossphase führte in der aktuellen Versuchs-serie zu hohen Kornerträgen und Rohproteingehalten und begrenzt so den N-Saldo im Qualitätsweizenanbau. Darüber hinaus erreichte dieses Düngungs-konzept hohe N-kostenfreie Erlöse.

Die Höhe der N-Qualitätsgabe sollte sich am Ertragsniveau orientieren und für Erträge unter 60 dt/ha bei ca. 40 kg N/ha liegen. Im höheren Ertrags-bereich bis 80 oder 90 dt/ha sind N-Mengen von etwa 80 kg N/ha not-wendig. Günstig erweist sich ein zeitiger Anwendungstermin, der hohe Roh-proteingehalte mit Ertragszuwachs sowie der Verringerung des Risikos von Wirkungsverlusten durch Vorsommertrockenheit verbindet

Wesentliche Unterschiede bezüglich N-Düngungsregime zwischen den ge-prüften Sorten und Standorten waren nicht feststellbar, somit benötigen die geprüften Sorten und Standorte keine grundsätzlich andere Strategie zur Ausbringung der N-Qualitätsgabe. Die Sorte Altos sollte bei hohen Korn-erträgen für einen hohen Rohproteingehalt ausreichend Stickstoff erhalten. Auf ertragsreichen Standorten kann das Erzielen der geforderten Roh-proteingehalte problematisch sein. Im hohen Ertragsbereich (ab 80 oder 90 dt/ha) können die Pflanzen oft nicht genügend Stickstoff aufnehmen, um

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die gewünschten Eiweißgehalte zu erreichen. Danach sollte die Winter-weizenproduktion im Landwirtschaftsbetrieb ausrichtet sein.

Der Verbleib von Stickstoff im Boden nach der N-Qualitätsdüngung ist in der Fruchtfolge und bei der weiteren Stickstoffdüngung zu berücksichtigen. 5. Literatur

Kerschberger, M., Heß, H., 2003: Nitratschnelltest in Thüringen; 11. Thüringer Düngungstagung; Schriftenreihe Heft 8 / 2003; Seite 54 bis 57; http://www.tll.de/ainfo/archiv/dunt1103.pdf

TLL, 2000: Merkblatt zur Stickstoffdüngung mit der Stickstoff-Bedarfs-Analyse (SBA) im Pflanzenbau; http://www.tll.de/ainfo/pdf/sbap1100.pdf

TLL, 2002: Merkblatt zur Durchführung des Nitratschnelltestes mit Nitrat-teststäbchen zur Ermittlung des N-Bedarfs von Wintergetreide für die 2. und von Winterweizen für die 3. N-Gabe; http://www.tll.de/ainfo/pdf/ no3_0502.pdf

TMLNU, 2007: Bericht zur Entwicklung der Landwirtschaft in Thüringen 2007; (Berichtsjahr: 2006)

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Verbesserung der Treffsicherheit bestandestestender Verfahren bei der Bemessung der N-Qualitätsdüngung des Winterweizens L. Boese1 1Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt, Zentrum für Acker- und Pflanzenbau Bernburg 1. Einleitung

Die 3. N-Gabe zum Weizen im Zeitraum Fahnenblatterscheinen bis Ähren-schieben, auch Qualitätsgabe genannt, soll einen für die optimale Ertrags-bildung eventuell noch bestehenden Bedarf decken, vor allem aber die für die Vermarktung benötigte Kornqualität (Rohproteingehalt, Sedimentations-wert) absichern. Dies betrifft insbesondere den Backweizen, an dessen Qualität in den drei Gruppen E, A und B unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Die 3. Gabe ist in der Regel die letzte. Deshalb muss sie be-sonders sorgfältig bemessen werden. Aus ökonomischen wie ökologischen Gründen ist insgesamt eine optimale, das heißt bedarfsgerechte N-Versorgung der Bestände anzustreben und eine Unter- wie auch Überver-sorgung möglichst zu vermeiden.

Die optimale Höhe der 3. N-Gabe hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Menge des bereits applizierten Stickstoffs, dem Nmin-Gehalt und der N-Nachlieferung aus dem Boden und nicht zuletzt von der Ver-wertung des N-Angebots unter den Ertragsbildungsbedingungen des Jahres und Standortes. Die genannten Einflussfaktoren spiegeln sich letztlich im aktuellen N-Ernährungszustand des Bestandes wider, der mit verschiedenen Methoden gemessen werden kann. Bereits vor mehr als drei Jahrzehnten wurde dazu das Verfahren der Pflanzenanalyse entwickelt, um die Treff-sicherheit der Schosserdüngung im Getreidebau zu verbessern. Als hinder-lich für die praktische Anwendung erwies sich jedoch die aufwändige Laboranalyse. Später entwickelte Schnelltests konnten diesen Nachteil aus-räumen. 2. Testverfahren

Der Nitratschnelltest, in den 80er Jahren in die Praxis eingeführt, kann mit den entsprechenden Hilfsmitteln direkt auf dem Feld durchgeführt werden. Aus 10 bis 20 repräsentativ über den Schlag oder Schlagteil entnommenen Halmen ist am Halmgrund Pflanzensaft auszupressen, mit Nitrat-Indikator-papier (Merckoquant-Nitratteststäbchen) zu testen und die eintretende Violettfärbung anhand der auf der Packung aufgedruckten Farbskala einem

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Farbwert zuzuordnen. Dieser korreliert mit dem Nitratgehalt im Pflanzensaft und dieser wiederum mit dem N-Ernährungszustand des Bestandes. Neuere Untersuchungen der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie gaben Anlass, die ursprünglichen Düngungsempfehlungen für die 2. und 3. N-Gabe in Abhängigkeit vom Farbwert zu erhöhen (o. Verf., 2002; Albert et al., 2003). Hintergrund sind das heute allgemein höhere Ertragsniveau und die Notwendigkeit, auch unter diesen Bedingungen die Kornqualität abzu-sichern.

Das Verfahren YARA-N-Tester wurde von der Firma YARA (früher Hydro Agri) Anfang der 90er Jahre für den Getreidebau entwickelt. Es ist ein optisches Verfahren. Das leicht zu bedienende Gerät misst die Schwächung eines Lichtimpulses bei verschiedenen Wellenlängen nach der Durch-strahlung von Blättern. Für eine Düngungsempfehlung ist repräsentativ über den Schlag verteilt an 30 Pflanzen das jeweils jüngste vollentwickelte Blatt zu messen. Der gemittelte Messwert korreliert mit der Grünfärbung bzw. dem Chlorophyllgehalt der Blätter und diese mit dem N-Ernährungszustand. Die unterschiedliche natürliche Färbung der Sorten wird durch einen Korrekturwert berücksichtigt. Die Sortenkorrekturwerte und die Tabellen für die Düngungs-empfehlung werden jährlich aktuell durch die Firma heraus-gegeben. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass die Färbung der Blätter nicht durch andere Mangelsymptome (z. B. Magnesiummangel) oder Krank-heiten beeinflusst ist. 3. Feldversuche

In Feldversuchen mit Winterweizen am Standort Bernburg (Löss-Schwarz-erde im mitteldeutschen Trockengebiet östlich des Harzes, 469 mm mittlere Jahresniederschlagssumme) wurde über vier Jahre die Treffsicherheit der beiden letztgenannten Verfahren zur 3. N-Gabe getestet Einbezogen wurden die beiden Sorten Aron (E) und Ritmo (B) sowie drei Anwendungs- bzw. Applikationstermine der 3. Gabe. Die 1. N-Gabe im Frühjahr wurde in An-lehnung an die Empfehlungen des Systems Stickstoffbedarfsanalyse einheit-lich, die 2. N-Gabe zu Schossbeginn zur Erzeugung unterschiedlicher N-Niveaus in zwei Stufen (50 bzw. 100 kg/ha N) gegeben. Durch eine weite Staffelung der 3. N-Gabe (0, 80, 130 kg/ha N) jeweils nach der Testung konnten anhand der Ertrags- und Rohproteingehaltskurven die für den optimalen Ertrag und den gewünschten Rohproteingehalt jeweils not-wendigen N-Mengen für die verschiedenen Varianten berechnet und diese mit den Empfehlungen aus der Testung verglichen werden. N-Form war immer KAS.

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4. Ergebnisse, Diskussion und Schlussfolgerungen

Dies kann mit dem geringeren Ertragsniveau von Aron erklärt werden. Für den für die Vermarktung notwendigen Rohproteingehalt (Aron 14 %, Ritmo 12 %) waren dagegen bei Aron 20 kg/ha mehr nötig als bei Ritmo. Für den Rohproteingehalt waren bei Aron 60, bei Ritmo nur 20 kg/ha N mehr nötig als für den optimalen Kornertrag. Die größten Differenzen in der optimalen N-Düngung (bis 120 kg/ha N für Rohprotein bei Ritmo) zeigten sich jedoch im Vergleich der Versuchsjahre. Deutlich wird hier der Zusammenhang zum jeweils erreichten Ertragsnivau. In Jahren mit hohen Erträgen (z. B. 2004) waren, insbesondere für die gewünschten Rohproteingehalte, deutlich höhere N-Mengen nötig als im Niedrigertragsjahr 2007.

Auch die Düngungsempfehlungen unterschieden sich nach Verfahren und Versuchsjahr. Der Nitratschnelltest gab im Mittel eine um 11 (Ritmo) bzw. 13 kg/ha N (Aron) höhere Empfehlung als der N-Tester. Hier wirkt sich offen-sichtlich aus, dass die Empfehlungen des N-Testers – anders als die des Nitratschnelltestes – nur auf den Kornertrag zielen. In der Gebrauchsanleitung zum Tester heißt es dazu: „Zuschläge für die Qualitätsweizenerzeugung sind in der N-Tester-Empfehlung nicht enthalten. Bitte berücksichtigen Sie daher auch die entsprechenden Empfehlungen der Züchter.“ Andererseits (siehe oben) reichen Zuschläge zur Ertragsdüngung von wenig mehr als 10 kg/ha N in der Regel nicht aus, um die Kornqualität abzusichern. Die Differenzen in den Empfehlungen zwischen den Versuchsjahren (Jahresmittel) sind angesichts des stark schwankenden Bedarfs ebenfalls relativ gering. Die Konsequenz daraus sind mehr oder weniger große Differenzen zwischen Empfehlung und jeweils optimaler Gabe, die in Einzelfällen bis 90 kg/ha N betrugen.

Auf den Kornertrag bezogen waren die Düngungsempfehlungen, selbst die des N-Testers, in fast allen Fällen höher als der reale Bedarf. Auf den Rohproteingehalt bezogen sind sie dagegen stärker differenziert. Deutlich wird anhand der Daten in Tabelle 1, dass die Treffsicherheit der Empfehlungen für die 3. Gabe von Jahr zu Jahr schwankt und vor allem vom Ertragsniveau des Jahres, darüber hinaus aber auch von der Sorte abhängig ist. In Jahren mit mittlerem Ertragsniveau (z. B. 80…90 dt/ha bei Ritmo) waren die Empfehlungen im Mittel zufriedenstellend, bei niedrigem Niveau (2007 = 70 dt/ha) jedoch deutlich zu hoch (vor allem beim Nitratschnelltest). Bei hohen Erträgen (2004 >100 dt/ha bei Ritmo, 90 bei Aron) waren die Empfehlungen für die Absicherung der gewünschten Rohproteingehalte in allen Fällen zu niedrig, und zwar je nach Sorte und Testverfahren um 40…70 kg/ha N. Als Schlussfolgerung aus diesen Abweichungen werden Zu- und Abschläge entsprechend der Sorte bzw. der angestrebten Qualität und dem zu er-wartenden Ertragsniveau vorgeschlagen (Tab. 2). Diese zielen auf einen optimalen Ertrag und den gewünschten Rohproteingehalt und können für beide Testver-fahren Anwendung finden.

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VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 439 -

In Tabelle 1 sind unter anderem die optimalen N-Düngermengen für beide Sorten als Mittelwerte für die einzelnen Versuchsjahre aufgeführt. Für den Kornertrag benötigte Aron im Mittel 180 kg/ha N und damit 20 kg/ha weniger als Ritmo. Tab. 2: Empfohlene Zu- bzw. Abschläge (kg/ha N) zur N- Düngungsem-

pfehlung nach Nitratschnelltest oder YARA-N-Tester zur 3. N-Gabe von Winterweizen in Abhängigkeit von der Sorte (Qualitäts-gruppe bzw. gewünschter Rohproteingehalt) und der Ertragser-wartung

Qualitätsgruppe/-ziel Ertragserwartung (dt/ha Korn) 60 65 70 75 80 85 90 95 100 B-Sorten /RP = 12 % -60 -45 -30 -15 0 +15 +30 +45 +60 A-Sorten /RP = 13 % -45 -30 -15 0 +15 +30 +45 +60 E-Sorten /RP = 14 % -30 -15 0 +15 +30 +45 +60

Ein Einfluss des Ertragsniveaus auf die Höhe der optimalen N-Düngung wird auch in den Empfehlungen der Thüringer Landesanstalt und des Sächsischen Landesamtes angenommen. In deren Tabellen werden Spannen von 10…20 kg/ha N für die einzelnen Farbwerte des Nitratschnelltests an-gegeben, wobei die jeweils höheren Mengen für „sehr hohe Erträge“ empfohlen werden. Die Spannen reichen aber nicht aus, um den unterschied-lichen Ertragsverhältnissen und Sortenansprüchen gerecht zu werden, zumal bereits rechnerisch Ertragsunterschiede von 10 dt/ha bei konstantem Roh-proteingehalt Änderungen im Korn-N-Ertrag von etwa 20 kg/ha bewirken. Nach den am Standort Bernburg erzielten Ergebnissen sind stärkere Zu- bzw. Abschläge sinnvoll.

Zwischen den Test- bzw. Applikationsterminen wurden nur geringe Unter-schiede bezüglich der Treffsicherheit der Düngungsempfehlungen gefunden (hier nicht dargestellt). Unterschiedliche Korrekturwerte ließen sich daraus nicht ableiten. Die für alle Varianten berechneten N-Bilanzen (N-Düngung minus Korn-N-Ertrag) lagen bei optimaler Düngung für den Kornertrag je nach Jahr und Sorte bei 20…65, bei Düngung für die gewünschten Roh-proteingehalte bei 30…105 kg/ha N (Tab. 1). Nach der Ernte wurden auch die Nmin-Überhänge im Boden (0-90 cm) gemessen. Diese überschritten bei jeweils dem Bedarf angepasster optimaler Düngung nur in einem Fall (Aron 2005) den kritischen Wert von 50 kg/ha N (Tab. 1). Erst bei überhöhter N-Düngung stiegen sie überproportional an (Abbildung).

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 440 -

0

20

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60

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0 50 100 150 200 250 300 350N-Düngung (kg/ha N)

Nmin-Rest (kg/ha N) im Boden (0-90 cm) nach der Ernte

2005

2004

2006

2007Jahr

Abb. 1: Nmin-Rest im Boden (0-90 cm) nach der Ernte von Winterweizen in Ab-

hängigkeit von der Höhe der N-Düngung in vier Versuchsjahren (Mittel zwei Sorten)

4. Zusammenfassung

Am Standort Bernburg wurden über vier Jahre Feldversuche mit zwei Sorten Winterweizen zur Testung der Treffsicherheit der Düngungsempfehlungen von Nitratschnelltest und YARA-N-Tester zur 3. N-Gabe durchgeführt. Auf den Korn-ertrag bezogen betrug die Differenz zwischen Empfehlung und optimaler Gabe im Mittel aller Jahre, Termine, Sorten und beider Testverfahren absolut 30 kg/ha N, auf die jeweils erforderlichen Rohproteingehalte bezogen 40 kg/ha N. Die Treff-sicherheit wurde hauptsächlich durch das Ertragsniveau des Versuchsjahres und durch die Sorte beeinflusst. Bei hohem Ertrag waren die Empfehlungen meist zu niedrig, insbesondere bei der E-Sorte Aron, bei niedrigen Erträgen deutlich zu hoch. Die vorgeschlagenen Zu- bzw. Abschläge zu den Düngungsempfehlungen in Abhängigkeit von der Sorte (Qualitätsgruppe) und der Ertragserwartung sollten durch Ergebnisse von weiteren Standorten verifiziert bzw. präzisiert werden.

5. Literatur

Albert, E., Ernst, H., Förster, F., Mönicke, R., 2003: Merkblatt zur An-wendung des Nitrat-Schnelltests bei Wintergetreide und zum Einsatz von stabilisierten N-Düngern. Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, Leipzig

Anonym, 2002: Merkblatt zur Durchführung des Nitratschnelltestes mit Nitratteststäbchen zur Ermittlung des N-Bedarfs von Wintergetreide für die 2. und von Winterweizen für die 3. N-Gabe. Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 441 -

Wirkung einer Mikronährstoffblattdüngung zu Getreide – Ergebnisse von Thüringer Feldversuchen W. Zorn1, H. Schröter1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Problemstellung

Die Notwendigkeit der Mikronährstoffblattdüngung und deren sachgerechte Durchführung sind Gegenstand vieler Diskussionen unter Landwirten und Beratern. Die Grundlagen für die heutigen Beratungskonzepte zur Düngung der Mikronährstoffe Bor, Kupfer, Mangan, Molybdän und Zink wurden in den 1970er und 1980er Jahren erarbeitet Insbesondere das gestiegene Er-tragsniveau, der Zuchtfortschritt mit möglicherweise veränderter Mikronähr-stoffaufnahmeeffizienz neuer Sorten und häufigere Trockenphasen während der Vegetationsperiode erfordern eine Überprüfung und gegebenenfalls Präzisierung der Richtwerte für die Mikronährstoffdüngung.

Bei der Ableitung einer Mikronährstoffdüngungsempfehlung für die Land-wirte sind nach den üblichen Beratungskonzepten in erster Linie die Mikro-nährstoffversorgung des Bodens, die Aufnahmebedingungen und der Mikro-nährstoffbedarf der angebauten Kultur zu berücksichtigen.

Die Thüringer Ackerböden weisen entsprechend einer repräsentativen Unter-suchung in den Jahren 2004 und 2005 eine überwiegend hohe bis mittlere Mikronährstoffversorgung auf (Zorn et al., 2008) und lassen einen in der Regel geringen Mikronährstoffdüngebedarf erwarten. Nach den Ergebnissen von Pflanzenanalysen auf diesen Flächen nimmt jedoch der Umfang un-zureichender Zn-Ernährung bei Winterweizen zu, obwohl dessen Zn-Bedarf nach gegenwärtigem Kenntnisstand nur als mittel beurteilt wird.

Im Mittelpunkt der Untersuchungen der Thüringer Landesanstalt für Land-wirtschaft Jena zum Mikronährstoffdüngebedarf steht neben Winterraps ins-besondere Getreide.

Zur Untersuchung dieser Fragestellung werden seit dem Jahr 2000 Feld-versuche zur Wirkung einer Mikronährstoffblattdüngung zu verschiedenen Kulturen durchgeführt. Ausgewählte Ergebnisse zum Schwerpunkt Getreide werden nachfolgend mitgeteilt. 2. Material und Methoden

Zur Überprüfung der Beratungsempfehlungen werden gegenwärtig 2 Ver-suchsserien auf typischen Thüringer Ackerbaustandorten zur Mikronähr-stoffblattdüngung durchgeführt. In Thüringen selten vorkommende Mikro-

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 442 -

nährstoffmangelstandorte wurden nicht in die Untersuchungen mit ein-bezogen. Einen Überblick über die Versuchsstandorte geben die Tabellen 1 und 2. Tab. 1: Standorte und Mikronährstoffversorgung des Bodens statischer

Feldversuche (Fruchtfolge) in Thüringen mit jährlicher Blatt-düngung von B, Cu, Mn, Mo, Zn ab 2000.

Standort Gehaltsklasse

B Cu Mn Mo Zn Bad Salzungen (Braunerde) C/A E E E E Großenstein (Lößparabraunerde) E C/E E E E Burkersdorf (Braunerde-Staugley) E C/E E 1) 1)

1) = keine Mo- und Zn-Düngung Tab. 2: Standorte und Mikronährstoffversorgung des Bodens einjähriger

Feldversuche mit Mikronährstoffblattdüngung (B, Cu, Mn, Zn) zu Winterweizen auf 4 Standorten ab 2005

Standort Gehaltsklasse

B Cu Mn Zn Dornburg (Lößparabraunerde) E E E C Friemar (Lößschwarzerde) C/E E E C/E Haufeld (Muschelkalkrendzina) E C/E E E Heßberg (Alluvialer Ton) E E E E

Tab. 3: Angaben zur Durchführung der Blattdüngung zu Getreide

Mikronährstoff Düngungszeitpunkt BBCH

Aufwandmenge kg/ha

Düngerform bis 2005*)

B 31 0,4 Na-Borat Cu 31 0,5 Cu-Sulfat Mn 31, 34-37 2 * 1 Mn-Sulfat Mo 31 0,3 NH4-Molybdat Zn 31 0,5 Zn-Sulfat

*) = ab 2006 Einsatz handelsüblicher formulierter Blattdünger, Aufwand-mengen nach Herstellerangaben Die Mikronährstoffdüngung erfolgte als einmalige Blattapplikation zu Schossbeginn des Getreides. Eine Ausnahme bildet die zweimalige Mn-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 443 -

Blattdüngung zu Schossbeginn und Schossmitte. Bis 2005 wurden Mikro-nährstoffsalze mit Aufwandmengen in Anlehnung an die Angaben von Breuer, et al. (2003) eingesetzt. Ab 2006 kommen handelsübliche Mikro-nährstoffdünger verschiedener Hersteller zu Einsatz (Tabelle 3).

Versuchsbegleitend erfolgen Bodenanalysen nach der CAT- und kon-ventionellen Methoden sowie Pflanzenanalysen zur Charakterisierung des Ernährungszustandes. 3. Ergebnisse

Die Cu-Blattdüngung hatte bei ausreichendem Cu-Ernährungszustand der Pflanzen in keinem Versuch signifikante Mehrerträge zur Folge. Auf eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse wird deshalb an dieser Stelle ver-zichtet

Die Borblattdüngung zu Schossbeginn bewirkte auch unter den trockenen Standortbedingungen Thüringens keine signifikanten Mehrerträge. Ab-bildung 1 zeigt den Ertragseffekt der Bordüngung in Abhängigkeit von der Borversorgung des Sprosses.

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Abb. 1: Mehrertrag durch B-Blattdüngung zu Getreide in Abhängigkeit

vom B-Gehalt im Spross (BBCH 31 – 32) Die B-Gehalte im Spross ohne B-Düngung betrugen 2,5 bis 7 mg B/kg TM. Gemessen an den Ergebnissen der bisher dreijährigen Versuche erscheint eine Reduzierung der Richtwerte für ausreichende B-Gehalte in Weizen zu Schossbeginn nach Bergmann (1993) von >5 bzw. >6 mg/kg TM als sinn-voll.

Die zweimalige Mn-Düngung (Schossbeginn, Schossmitte) führte nur in einem Versuch zu einem signifikanten Mehrertrag von 4 dt/ha bei Winter-weizen. Da der Manganernährungszustand des Weizens zu Schossbeginn (50 mg Mn/kg TM) nach den Richtwerten von Breuer, et al. (2003) als aus-

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 444 -

reichend beurteilt wurde, kann ein Fungizideffekt als Ursache für die Er-tragssteigerung nicht ausgeschlossen werden. In allen anderen Versuchen ist eine signifikante Erhöhung des Kornertrages ausgeblieben, wobei der Mn-Gehalt im Spross in keinem Versuch unter 20 mg/kg TM lag.

Abb. 2: Mehrertrag durch zweimalige Mn-Blattdüngung zu Getreide in Abhängigkeit vom Mn-Gehalt im Spross (BBCH 31 – 32)

In vier Versuchen bewirkte die Zn-Düngung Mehrerträge von 4 bis 5 dt/ha bei Zn-Gehalten in der Pflanze zu Schossbeginn von 16 bis 25 mg/kg TM (Abbildung 3). In weiteren Versuchen mit Zn-Gehalten >20 mg/kg Sprosstrockenmasse ist keine Düngewirkung eingetreten. Ergebnisse eines parallel durchgeführten mehrjährigen Monitorings zum Ernährungszustand von Winterweizen auf Praxisschlägen (Zorn, et al., 2008) belegen eine zu-nehmende Häufigkeit von unzureichender Zinkernährung der Pflanzen und die Notwendigkeit einer verstärkten Beachtung einer bedarfsgerechten Zn-Düngung zu Getreide.

Abb. 3: Mehrertrag durch Zn-Blattdüngung zu Getreide in Abhängigkeit

vom Zn-Gehalt im Spross (BBCH 31 – 32)

-3-2-1012345

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VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 445 -

Die Mo-Düngung zu Getreide war in den 2 statischen Mikronährstoff-düngungsversuchen nicht ertragswirksam und bestätigt damit den niedrigen Mo-Bedarf des Getreides. 4. Zusammenfassung

Auf typischen Thüringer Ackerbaustandorten mit überwiegend mittlerer bis hoher Mikronährstoffversorgung des Bodens wurden Feldversuche zur Mikronährstoffblattdüngung zu Getreide durchgeführt. Unter Berück-sichtigung der Mikronährstoffgehalte im Spross zu Schossbeginn können die Ergebnisse wie folgt zusammen gefasst werden.

- Die Borblattdüngung zu Schossbeginn hatte auch unter den trockenen Standortbedingungen Thüringens keine signifikanten Mehrerträge zur Folge. Die B-Gehalte im Spross ohne B-Düngung betrugen 2,5 bis 7 mg B/kg TM. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Richtwerte für aus-reichende B-Gehalte in Weizen zu Schossbeginn nach Bergmann (1993) von >5 bzw. >6 mg/kg TM zu überprüfen. Es sind weitere Unter-suchungen zum Auftreten von B-Mangel bei Getreide sowie zum optimalen Zeitpunkt für die B-Blattdüngung erforderlich.

- Die Blattapplikation von Kupfer und Molybdän blieb ohne Mehrertrag. - Mehrerträge durch zweimalige Manganblattdüngung waren die Aus-

nahme, wobei die Mn-Gehalte im Spross zu Schossbeginn nicht unter 20 mg MN/kg TM lagen.

- In vier Versuchen bewirkte die Zn-Düngung Mehrerträge von 4 bis 5 dt/ha bei Zn-Gehalten in der Pflanze zu Schossbeginn von 16 bis 25 mg/kg TM und unterstreicht die Notwendigkeit einer verstärkten Be-achtung einer bedarfsgerechten Zn-Düngung zu Getreide.

5. Literatur

Bergmann, W., 1993: Ernährungsstörungen bei Kulturpflanzen. 3. Auflage, Gustav-Fischer-Verlag Jena.

Breuer, J., König, V., Merkel, D., Olfs, H.-W., Steingrobe, B., Stimpfl, E., Wissemeier, A., Zorn, W., 2003: Die Pflanzenanalyse zur Diagnose des Ernährungszustandes von Kulturpflanzen. Agrimedia Bergen/Dumme.

Zorn, W., Wagner, S.; Schröter, H., 2008: Mikronährstoffversorgung Thüringer Böden und Pflanzen. Kongressband 2007 Göttingen, VDLUFA-Schriftenreihe 63, 719-727

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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Mineralstoffgehalte in der Pflanze in Abhängigkeit von einer Grünlanddüngung mit Phosphor und Kalium B. Greiner1, R. Schuppenies2, F. Hertwig3, H. Hochberg4, G. Riehl5 1Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt, Iden, 2Paulinenauer Arbeitskreis Grünland und Futterwirtschaft e.V., 3Landesamt für Verbraucherschutz Brandenburg, Paulinenaue, 4Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Wandersleben, 5Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Sachsen, Christgrün

1. Einleitung

In 1997 bzw. 1998 in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen angelegten Phosphor- und Kaliumdüngungsversuchen wird der Frage nach-gegangen, in welchen Grenzen die Phosphor- und Kaliumdüngung bei Aus-schöpfung des standorttypischen Ertragspotentials variiert werden kann und welche Phosphor- und Kaliumgehalte in grasbetonten Grünlandbeständen für eine Drei- bis Vierschnittnutzung bei einer entzugsgerechten Phosphor- und Kaliumdüngung anzusetzen sind. Für die futterwirtschaftliche Bewertung spielt das Verhältnis der Mineralstoffe P, K, Ca, Na und Mg in Abhängigkeit von der Phosphor- und Kaliumdüngung eine Rolle. 2. Material und Methoden Tab. 1: Beschreibung der Versuchsstandorte Versuchsort

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zum Versuchsbeginn Paulinenaue 1997 29 MoIIa 514 9,0 5,6 8-14 6,9-9,7 Iden 1997 18 Al 1 sL 518 8,6 6,6 13 8,2 Heßberg 1997 380 Al3 L-T 760 7,1 5,9 5 1,4 Oberweißb. 1997 660 V9a1 uL 842 5,9 6,1 6 4,4 Christgrün 1997 430 V 5 sL 722 7,4 5,3 9-13 3,2-3,5 Hayn 1998 441 V 5 sL 618 6,5 6,4 10 3,2 Forchheim 1997 565 V 8 sL 879 6,5 5,2 8-14 3,3-4,0 Wechmar 1997 360 V 2 L-T 550 7,9 7,0 18 14,9

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 447 -

1997 und in Hayn 1998 wurden auf den in der Tabelle 1 beschriebenen Standorten Phosphor- und Kaliumdüngungsversuche mit je vier Düngungs-varianten und vier Wiederholungen als einfaktorielle Blockanlage angelegt. Neben Prüfgliedern ohne Phosphor- bzw. Kaliumdüngung und der Düngung nach einem Standardentzug von 3 g/kg TM Phosphor und 20 g/kg TM Kalium betrugen die variierten Grunddüngergaben im Phosphorversuch 50 % und 150 % und im Kaliumversuch 70 % und 130 % des Entzuges. Die Düngergaben der Versuchsvarianten sind in der Tabelle 2 zusammengestellt Die Kalium- und Phosphordüngung erfolgte zum 1. Aufwuchs. Die Stick-stoffgaben lagen auf den mineralischen Standorten zwischen 180 und 256 kg N/ha. Auf dem Niedermoorstandort Paulinenaue erfolgte keine Stickstoff-düngung. Die verwendeten Düngerarten waren KAS, 60er Kali und Triple-superphosphat. Untersucht wurden die Ertragsleistungen und die Mineral-stoffgehalte (P, K, N, Ca, Mg, Na) in der Pflanze. Tab. 2: Jährliche Kalium- und Phosphordüngung der Versuchsvarianten in

kg/ha im Versuchszeitraum in den K- und P-Düngungsversuchen

Versuchsort K-Düngungsversuche P-Düngungsversuche 1*E 0,7*E 1,3*E 1*E 0,5*E 1,5*E

N P K K K N K P P P Paulinenaue 0 32 130 91 169 0 210 20 10 30 Iden 190 24 170 116 223 190 163 24 12 36 Heßberg 256 33 247 172 321 256 233 31 16 47 Oberweißb. 192 26 144 101 189 192 157 27 13 40 Christgrün 180 27 179 123 237 180 176 26 14 39 Hayn 200 30 186 131 239 200 215 35 17 50 Forchheim 180 27 183 129 241 180 182 27 14 41 Wechmar 180 28 195 136 252 180 205 31 16 47 3. Ergebnisse und Diskussion

3.1 Kaliumdüngungsversuche

Die in der Tabelle 3 zusammengestellten Erträge zeigen, dass in den Kaliumdüngungsversuchen bei einer Kaliumdüngung nach einem Entzug von 20 g/kg TM das standorttypische Ertragspotential, das in den Versuchs-orten zwischen 69 und 110 dt TM/ha lag, ausgeschöpft wurde. Eine vom Entzug abweichende Kaliumdüngung war bisher nicht ertragswirksam. Düngezuschläge von 30 % führten aber zu Luxuskonsum der Pflanzen mit Kalium.

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 448 -

Auf eine unterlassene Kaliumdüngung reagierten die Standorte Oberweiß-bach, Heßberg, Christgrün und Paulinenaue bereits nach kurzer Versuchs-dauer mit signifikanten Mindererträgen. 2006 betrug der Ertrag in Ober-weißbach 29 % und in Paulinenaue 28 % des Ertrages, der bei einer Kalium-düngung nach Standardentzug erreicht wurde. Auf den Standorten mit hohem Kaliumnachlieferungsvermögen Forchheim und Iden waren erst nach 7 bzw. 8 Jahren ohne Kaliumdüngung signifikante Mindererträge fest-zustellen. Einzige Ausnahme ist Wechmar (V-Standort, Muschelkalk), auf dem bisher keine statistisch gesicherten Ertragsunterschiede zwischen den Versuchsvarianten vorlagen. Tab. 3: Trockenmasseerträge in Abhängigkeit von der Kaliumdüngung im

Mittel der Jahre 1997/98 bis 2006

Versuchort 1,3*E

relativ zu 1*E1*E TM dt/ha =

100 % 0,7*E

relativ zu 1*E ohne Kalium relativ zu 1*E

1.S. FS Ges. 1.S. FS Ges. 1.S. FS Ges. 1.S. FS Ges. Paulinenaue 101 108 106 25,3 44,1 69,4 97 102 100 57 74 68 Iden 106 106 106 34,7 40,8 75,4 101 96 99 93 89 91 Heßberg 100 103 101 44,7 64,8 109,5 101 95 98 77 83 81 Oberweißb. 103 108 106 31,7 41,9 73,6 92 93 92 30 51 42 Christgrün 105 103 104 31,5 49,7 81,2 102 96 98 70 80 76 Hayn 102 107 104 46,2 40,5 86,7 110 101 106 93 84 89 Forchheim 102 103 102 30,7 53,8 84,5 102 99 100 84 97 92 Wechmar 99 99 99 38,3 42,2 80,6 100 99 100 90 91 91 Die standorttypischen Kaliumgehalte, die bei Drei- bis Vierschnittnutzung in grasbetonten Beständen auf eine ausreichende Versorgung der Pflanzen mit Kalium hinweisen, sind in der Tabelle 4 zusammengestellt. Die Mineral-stoffgehalte hängen neben der Düngung, die in den Versuchen zum 1. Auf-wuchs durchgeführt wurde, vom Entwicklungsstadium zum Schnitt ab. In den Versuchen wurde zum Stadium der Siloreife (Beginn Ähren- bzw. Rispenschieben) geerntet Entzugsgerecht gedüngte Pflanzenbestände weisen zum 1. Aufwuchs Kaliumgehalte von 24 bis 31 g/kg TM und in den Folgeaufwüchsen Kaliumgehalte von 16 bis 27 g/kg TM auf. Kaliumgehalte, die zum 1. Aufwuchs oberhalb von 29 bis 36 g/kg TM und in den Folgeauf-wüchsen oberhalb 19 bis 31 g/kg TM liegen, zeigen Überversorgung an, wo-gegen Kaliumgehalte unterhalb 10 bis 13 g/kg TM zum 1. Aufwuchs und unterhalb 10 g/kg TM in den Folgeaufwüchsen starken Kaliummangel an-zeigen. Die Kaliumgehalte der Folgeaufwüchse liegen in den Varianten mit Kaliumdüngung deutlich niedriger als im 1. Aufwuchs.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 449 -

Die in den Tabellen 5 und 6 zusammengestellten Mineralstoffgehalte in der Pflanze zeigen, dass durch die Kaliumdüngung die Kalzium-, Magnesium- und Natriumgehalte in der Pflanze beeinflusst werden. Im Gegensatz zu den Kaliumgehalten liegen die Kalzium-, Magnesium- und Natriumgehalte in den Folgeaufwüchsen höher als im 1. Aufwuchs. Tab. 4: Pflanzenbaulich optimale Kaliumgehalte in der Pflanze, Kalium-

mangel und Luxuskonsum im Mittel der Jahre 1997/98 bis 2006

Ort

K-Gehalt im Aufwuchs in g/kg TM starker Mangel optimal versorgt Luxuskonsum

< gewogenes Mittel >

1.Schnitt Folge-schnitte 1.Schnitt Folge-

schnitte 1.Schnitt Folge-schnitte

Paulinenaue 10 10 25 18 30 23 Iden 20 18 31 27 36 31 Heßberg 12 10 29 22 33 28 Oberweißbach 10 10 24 16 29 18 Christgrün 13 10 26 21 29 25 Hayn 13 10 29 25 35 30 Forchheim 16 12 28 27 33 31 Wechmar 19 15 28 24 31 28

Tab. 5: Mineralstoffgehalte in der Pflanze (1. Schnitt und Folgeschnitte)

im Mittel der Jahre 1997/98 bis 2006 mit Kaliumdüngung

Versuchsort Mineralstoffgehalte in g/kg TM

K P Ca Na Mg 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS

Zielwert Weide 10 2,5...3,0 4,0...4,5 1,5 1,5...2,0 Paulinenaue 25 18 3,8 4,1 6,1 9,8 1,0 2,1 1,5 2,3 Iden 31 27 4,0 3,5 4,3 5,6 1,0 1,4 1,7 2,5 Heßberg 29 22 3,5 3,0 5,9 9,2 0,2 0,4 2,1 3,8 Oberweißbach 24 16 3,8 3,5 6,5 10,2 0,4 0,7 2,9 4,7 Christgrün 26 21 3,7 3,7 5,6 8,2 1,5 2,6 2,1 3,1 Hayn 29 25 3,8 3,6 - - 0,6 1,3 2,4 3,0 Forchheim 28 27 3,8 3,6 6,1 8,2 0,6 0,6 2,5 2,9 Wechmar 28 24 3,8 3,9 8,7 12,4 0,1 0,1 1,6 2,1

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- 450 -

Die Kalium- und Phosphorgehalte auf entzugsgerecht mit Kalium gedüngten Beständen lagen über den in den Tabellen 5 und 6 aufgeführten Weideziel-werten nach Prausse (1995). Mit Kaliumdüngung wurden im Futter in allen Aufwüchsen mit Gehalten oberhalb 4,0 g Ca/kg TM und oberhalb 1,4 g Mg/kg TM ausreichend hohe Kalzium- und Magnesiumgehalte im Futter erreicht. Die Natriumgehalte lagen mit Kaliumdüngung auf allen Versuchs-orten mit Ausnahme von Christgrün zum 1. Schnitt unterhalb 1,5 g/kg TM, damit kann der Natriumbedarf von Kühen allein aus dem Gras nicht gedeckt werden. Zwischen den Standorten streuten die Mineralstoffgehalte besonders die Natriumgehalte aber sehr stark. Mit Ausnahme von Christgrün waren die Natriumgehalte auf allen Verwitterungsstandorten niedrig und auf dem Muschelkalkstandort in Wechmar mit 0,1 g/kg TM am niedrigsten bei gleichzeitig sehr hohen Kalziumgehalten oberhalb 8,5 g/kg TM im 1. Auf-wuchs. Tab. 6: Mineralstoffgehalte in der Pflanze (1. Schnitt und Folgeschnitte)

im Mittel der Jahre 1997/98 bis 2006 ohne Kaliumdüngung

Versuchsort Mineralstoffgehalte in g/kg TM

K P Ca Na Mg 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS

Zielwert Weide 10 2,5...3,0 4,0...4,5 1,5 1,5...2,0 Paulinenaue 10 10 4,3 4,4 8,0 9,9 2,8 2,8 2,5 3,4 Iden 20 18 4,2 4,0 4,6 6,1 1,5 2,1 2,0 2,9 Heßberg 12 10 3,7 2,8 6,6 8,7 0,5 0,5 3,0 4,4 Oberweißbach 10 10 4,7 4,0 9,7 11,5 0,8 1,0 4,5 5,7 Christgrün 13 10 4,0 3,6 6,8 10,2 3,5 3,4 2,6 3,7 Hayn 13 10 4,0 3,8 - - 1,2 2,1 2,6 3,3 Forchheim 16 12 3,9 3,6 6,8 9,3 0,7 0,6 2,6 3,4 Wechmar 19 15 3,7 4,1 9,3 13,9 0,1 0,2 1,9 2,7

Ohne Kaliumdüngung lagen die Kaliumgehalte im Mittel der Versuchsjahre zwischen 10 bis 20 g/kg TM (1. Schnitt) und zwischen 10 bis 18 g/kg TM (Folgeschnitte) und zeigen starken Kaliummangel in der Pflanze an. Ein Absinken der Kaliumgehalte in der Pflanze führte zu einer Erhöhung der Kalzium- und Magnesiumgehalte und standortabhängig auch der Natrium-gehalte in der Pflanze. Hohe Kalziumgehalte oberhalb 6,5 g/kg TM und Magnesiumgehalte oberhalb 2,5 g/kg TM und in Paulinenaue und Christgrün auch Natriumgehalte oberhalb 2,5 g/kg TM zum 1. Aufwuchs lagen in nicht ausreichend mit Kalium versorgten Grünlandbeständen vor.

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- 451 -

Deutlich niedriger waren die Natriumgehalte bei Kaliummangel mit 0,1 bis 1,2 g/kg TM zum 1. Schnitt auf den übrigen Verwitterungsstandorten. 3.2 Phosphordüngungsversuche

Eine unterlassene Phosphordüngung führte nach 8 bis 9 Versuchsjahren in Oberweißbach, Heßberg und Hayn zu signifikanten Mindererträgen. Im Mittel der Jahre lagen sie zwischen 9 % und 16 % (s. Tabelle 7). Tab. 7: Trockenmasseerträge in Abhängigkeit von der Phosphordüngung

im Mittel der Jahre 1997/98 bis 2006

Versuchort 1,5*E

relativ zu 1*E1*E TM dt/ha =

100 % 0,5*E

relativ zu 1*E ohne Phosphor relativ zu 1*E

1.S. FS Ges. 1.S. FS Ges. 1.S. FS Ges. 1.S. FS Ges. Paulinenaue 98 104 101 28,7 39,1 67,8 99 108 104 91 110 102 Iden 100 104 102 34,8 38,7 73,5 99 98 98 101 103 102 Heßberg 106 99 102 42,3 65,3 107,6 96 95 95 83 96 91 Oberweißb. 105 106 105 31,0 40,9 71,9 100 102 101 87 90 89 Christgrün 100 102 101 32,9 45,2 78,0 99 101 100 99 99 99 Hayn 103 109 106 55,2 44,4 99,6 98 104 101 73 98 84 Forchheim 94 97 96 32,1 52,8 84,9 98 99 99 103 103 103 Wechmar 97 97 97 37,2 45,1 82,2 99 97 98 94 92 93 Tab. 8: Pflanzenbaulich optimale Phosphorgehalte in der Pflanze im Mittel

der Jahre 1997/98 bis 2006

Ort

P-Gehalt im Aufwuchs in g/kg TM starker Mangel optimal versorgt Luxuskonsum

< gewogenes Mittel >

1.Schnitt Folge-schnitte 1.Schnitt Folge-

schnitte 1.Schnitt Folge-schnitte

Paulinenaue 2,0 2,0 3,3 3,2 3,8 3,5 Iden 2,8 2,5 4,0 3,9 4,7 4,7 Heßberg 2,2 2,0 3,2 3,1 3,6 3,4 Oberweißb. 3,0 2,8 3,9 3,5 4,3 3,9 Christgrün 2,5 2,5 3,5 3,3 3,8 3,8 Hayn 2,5 2,3 3,7 3,6 3,9 4,2 Forchheim 2,5 2,5 3,6 3,5 3,8 3,9 Wechmar 3,0 3,0 4,0 4,0 4,3 4,3

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- 452 -

Eine vom Entzug abweichende Phosphordüngung war bisher nicht ertrags-wirksam. Die Phosphorgehalte zwischen den Aufwüchsen unterscheiden sich im Gegensatz zu den Kaliumgehalten nur gering. Phosphorgehalte unterhalb 2,0 bis 3,0 g/kg TM weisen auf Phosphormangel hin, wogegen Phosphor-gehalte oberhalb 3,0 g/kg TM eine ausreichende Phosphorversorgung der Pflanze anzeigen (s. Tabelle 8). Pflanzenbestände mit Phosphorgehalten oberhalb 3,5 bis 4,7 g/kg TM waren überversorgt.

Durch die Phosphordüngung wurden die Kalzium-, Natrium- und Magnesium-gehalte kaum beeinflusst (s. Tabellen 7 und 8). Die Mineralstoffgehalte der ge-düngten Varianten in den Kaliumdüngungsversuchen werden aber bestätigt. Tab. 9: Mineralstoffgehalte in der Pflanze (1. Schnitt und Folgeschnitte)

im Mittel der Jahre 1997/98 bis 2006 mit Phosphordüngung

Versuchsort Mineralstoffgehalte in g/kg TM

P K Ca Na Mg 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS

Zielwert Weide 2,5...3,0 10 4,0...4,5 1,5 1,5...2,0 Paulinenaue 3,2 3,4 28 25 5,6 8,2 0,4 0,7 1,2 1,9 Iden 3,9 3,7 34 30 4,4 5,4 0,8 1,0 2,5 2,6 Heßberg 3,3 3,0 30 20 6,4 8,7 0,4 1,6 2,1 3,9 Oberweißbach 3,8 3,6 27 17 6,8 11,5 0,4 0,7 2,9 4,7 Christgrün 3,5 3,4 30 25 4,6 6,2 1,0 1,8 2,0 3,0 Hayn 3,5 3,7 26 22 - - 0,8 1,7 1,8 2,7 Forchheim 3,7 3,5 31 29 5,8 8,3 0,5 0,6 2,4 3,0 Wechmar 3,9 4,1 30 24 8,3 14,7 0,1 0,1 1,6 2,1

Tab. 10: Mineralstoffgehalte in der Pflanze (1. Schnitt und Folgeschnitte)

im Mittel der Jahre 1997/98 bis 2006 ohne Phosphordüngung

Versuchsort Mineralstoffgehalte in g/kg TM

P K Ca Na Mg 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS 1.S. FS

Zielwert Weide 2,5...3,0 10 4,0...4,5 1,5 1,5...2,0 Paulinenaue 2,9 3,1 28 26 5,2 9,2 0,3 0,6 1,1 1,7 Iden 3,6 3,3 35 30 4,3 5,1 0,7 1,0 2,7 2,7 Heßberg 2,3 2,4 30 22 6,4 8,3 0,4 1,5 2,0 3,5 Oberweißbach 3,2 3,3 29 19 6,8 11,4 0,4 0,7 3,0 4,8 Christgrün 3,2 3,1 30 25 4,6 7,0 1,0 1,7 2,1 3,0 Hayn 2,7 2,6 26 22 - - 0,6 1,1 1,9 2,5 Forchheim 3,1 3,0 31 29 5,6 8,7 0,5 0,6 2,3 3,0 Wechmar 3,5 3,9 29 25 8,3 14,7 0,1 0,1 1,6 2,0

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4. Schlussfolgerungen

Mit einer jährlichen Düngung nach einem Standardentzug von 20 g/kg TM und 3 g/kg TM wurde das standorttypische Ertragspotentials ausgeschöpft. Eine vom Entzug abweichende Phosphor- und Kaliumdüngung war bisher nicht ertragswirksam.

Die Kaliumgehalte in entzugsgerecht gedüngten grasbetonten Grünland-beständen schwanken bei Drei- bis Vierschnittnutzung standortabhängig im 1. Aufwuchs zwischen 24 und 31 g/kg TM und in den Folgeaufwüchsen zwischen 16 und 27 g/kg TM. Die Phosphorgehalte liegen in allen Aufwüchsen zwischen 3,1 und 4,1 g/kg TM. Die genannten Gehaltswerte decken den Kalium- und Phosphorbedarf im Futter. Der Gehalt an Kalzium, Natrium und Magnesium in der Pflanze hängt neben dem Versorgungsgrad des Bodens, der Zusammensetzung des Pflanzenbestandes und dem Ernte-zeitpunkt von der Höhe der Kaliumdüngung ab. Bei einer ausbilanzierten Phosphor- und Kaliumdüngung wird durch den 1. Aufwuchs mit Kalzium-gehalten oberhalb 4,0 g/kg TM und Magnesiumgehalten oberhalb 1,5 g/kg TM der Bedarf von Weidetieren gedeckt. Die Natriumgehalte lagen auf 7 Versuchsorten unterhalb 1,5 g/kg TM und waren nicht bedarfsdeckend. Die Natriumgehalte streuen zwischen den Standorten besonders stark. Mit Aus-nahme des Standortes Christgrün waren die Natriumgehalte auf allen V- Standorten sehr niedrig. Ertragswirksamer Kaliummangel lag bei Kaliumgehalten unterhalb 10 bis 20 g/kg TM im 1. Aufwuchs und unterhalb 10 bis 18 g/kg TM in den Folgeaufwüchsen vor. Standortabhängig lassen die Mineralstoffwerte in der Pflanze Rückschlüsse auf die Düngung mit Kalium zu. Kalziumgehalte oberhalb 6,5 g/kg TM und Magnesiumgehalte oberhalb 2,5 g/kg TM im 1. Aufwuchs weisen auf den meisten Standorten auf eine unzureichende Kaliumdüngung hin. Phosphorgehalte unterhalb 2,0 bis 3,0 g/kg TM zeigen Phosphormangel an. 5. Literatur

Prauße, A., 1995: Weidegrasuntersuchungen auf Trockenmasse, Rohprotein und Mineralstoffe (P, Ca, Mg, K, Na) in Thüringen und Sachsen. Kongressband 1995 Garmisch-Partenkirchen, VDLUFA-Schriftenreihe 40, 905-908

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Auswirkungen langjährig suboptimaler P- und K-Düngung im Ackerbau – Schlussfolgerungen für einen erweiterten Anbau von Bioenergiepflanzen W. Zorn1, H. Schröter1, H. Heß1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena 1. Problemstellung

Viele Landwirte in Ackerbaugebieten haben in den letzten 2 Jahrzehnten die mineralische Phosphor- und Kaliumdüngung stark reduziert oder ganz unter-lassen. Das Gleiche trifft auf extensiv bewirtschaftete Grünlandflächen zu. In Thüringen sind im selben Zeitraum die Tierbestände von 1,3 GV/ha auf 0,48 GV/ha und damit der Nährstoffrückfluss aus der Tierhaltung stark ge-sunken. Gleichzeitig hat der Anbau von Marktfrüchten zugenommen. Auf 59,7 % des Ackerlandes wird Getreide und auf 20,7 % werden Ölfrüchte an-gebaut (TMLNU, 2007). Der verstärkte Anbau von Marktfrüchten sowie das gestiegene Ertragsniveau im Ackerbau haben einen insgesamt höheren Nähr-stoffexport aus den Betrieben verursacht. Die Folge dieser Entwicklung sind langjährig negative P- und K-Bilanzen sowie die Zunahme von Standorten mit sehr niedriger und niedriger P- und K-Versorgung (Gehaltsklassen [GK] A und B) des Bodens. Daraus ergibt sich die Frage nach den Auswirkungen eines zunehmenden Anbaus von Bioenergiepflanzen auf das P- und K-Management und not-wendigen Anpassungsreaktionen. 2. Nährstoffbilanz der Thüringer Landwirtschaft und Nährstoff-

versorgung der Thüringer Böden

2.1 Nährstoffbilanz

Seit 1997 wertet die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft die Nähr-stoffvergleiche von 57 repräsentativen Landwirtschaftsbetrieben nach der Feld-Stall-Bilanz aus. Diese Betriebe bewirtschaften insgesamt ca. 58.000 ha LF (= 7,2 % der Thüringer LF) aus. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der N-, P- und K-Salden für den elfjährigen Untersuchungszeitraum. Der mittlere N-Saldo, der an dieser Stelle nicht diskutiert werden soll, ist in allen Jahren positiv. Im Gegensatz dazu sind die P- und K-Bilanzen im Mittel negativ. In den letzten 3 Jahren betrug der P-Saldo ca. -10 kg P/ha und der K-Saldo ca. -15 bis -20 kg K/ha.

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-30-15

015304560

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

kg/ha

NPK

Abb. 1: Mittlere N-, P- und K-Salden von 57 Thüringer Landwirtschafts-

betrieben im Zeitraum 1997 bis 2007 (Feld-Stall-Bilanz) 2.2 Nährstoffversorgung Thüringer Böden Die dargestellten negativen P- und K-Salden haben zu einer erheblichen Zu-nahme des Flächenumfangs an Böden mit niedriger oder sehr niedriger P- und K-Versorgung (GK A und B) nach den aktuellen Richtwerten für die Bodenuntersuchung (Zorn et al., 2007) geführt. Abbildung 2 zeigt die Ent-wicklung der P-Versorgung des Thüringer Ackerlandes seit 1990.

11314

3032

2634

1619 15

0

20

40

60

80

100

1990-1994 2004-2006

%

EDCBA

Abb. 2: P-Versorgung Thüringer Ackerböden im Zeitraum 1990 bis 2006

(Flächenanteile in Gehaltsklassen) In den Jahren 1990 bis 1994 wiesen 1 bzw. 14 % der Thüringer Ackerfläche eine sehr niedrige bzw. niedrige P-Versorgung (GK A und B) auf. Bis zum Zeitraum 2004 bis 2006 ist der unterversorgte Flächenanteil auf 13 bzw.

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30 % angestiegen. 43 % der Thüringer Ackerfläche ist demzufolge mit Phosphor unzureichend versorgt und bedarf dringend einer angemessenen P-Düngung. Der Flächenanteil mit sehr hoher P-Versorgung (GK E) hat sich nur geringfügig verändert. Dagegen hat der Flächenumfang mit mittlerer und hoher P-Versorgung (GK C und D) deutlich abgenommen.

Der Flächenanteil mit niedriger und sehr niedriger K-Versorgung ist im Ver-gleich dazu deutlich geringer angestiegen. Im Zeitraum 1990 bis 1994 wiesen nur 4 % des Ackerlandes eine niedrige und sehr niedrige K-Versorgung auf. Bis 2004 bis 2006 ist dieser Flächenanteil auf 18 % ge-stiegen. 72 % der Ackerfläche ist mittel bis sehr hoch versorgt (Abbildung 3).

Abb. 3: K-Versorgung Thüringer Ackerböden im Zeitraum 1990 bis 2006

(Flächenanteile in Gehaltsklassen) Eine Ursache dafür stellen die hohen K-Reserven vieler Thüringer Acker-baustandorte (z.B. Keuper- und Muschelkalkverwitterungsböden) dar, deren Boden-K-Gehalt auch bei langfristig negativer K-Bilanz nur sehr langsam sinkt. Die Zunahme unterversorgter Standorte betrifft insbesondere solche mit geringer K-Nachlieferung (z. B. Schiefer- und leichte Buntsandsteinver-witterungsböden) sowie K-fixierende alluviale Böden. 3. Auswirkungen der reduzierten P- und K-Düngung

3.1 Ernährungszustand von Winterweizen

Die gezielte Anwendung der Pflanzenanalyse ermöglicht zum Beispiel bei unterlassener oder suboptimaler P-Düngung eine Bewertung der P-Versorgung des Bodens unter den jeweiligen Jahresbedingungen und stellt

0 241617

3049

31

30 21

0102030405060708090

100

1990-1994 2004-2006

%

EDCBA

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eine sehr gute Möglichkeit dar, das praktizierte Düngungsmanagement am Ernährungszustand der Pflanzen zu überprüfen.

Monitoringuntersuchungen in Thüringen zum Ernährungszustand von Winterweizen auf Praxisflächen in den Jahren 2003 und 2005 belegen eine zunehmende P-Mangelernährung (Zorn und Schröter, 2007). Die Fort-setzung der Untersuchungen im Jahr 2006 an einer repräsentativen Stich-probe von 133 Schlägen bestätigt die zunehmende P-Mangelernährung des Weizens (Tabelle 1). 35 % der untersuchten Pflanzenproben wies nach den Richtwerten von Breuer et al. (2003) einen niedrigen bis mangelhaften P-Ernährungszustand auf. Von einer unzureichenden K-Ernährung waren nur 8 % der Pflanzenproben betroffen. Tab. 1: Ernährungszustand von jungen Winterweizenpflanzen (ES 31 – 32)

auf 133 Thüringer Praxisflächen im Jahr 2006 Ernährungs-

zustand Anteil in %

N P K Mg S Cu Mn Zn niedrig 1 35 8 0 6 1 8 16

ausreichend 91 65 86 90 92 99 89 81 hoch 8 0 6 10 0 0 2 3

3.2 Wirkung der P- und K-Düngung auf Standorten mit niedriger

bis sehr niedriger Versorgung des Bodens Parallel durchgeführte P-Düngungsversuche weisen bei Vorliegen einer sehr niedrigen und niedrigen P-Versorgung im Boden hohe Mehrerträge durch P-Düngung aus. Abbildung 4 zeigt Ergebnisse aus dem statischen P-Düngungsversuch auf dem Lössparabraunerdestandort Dornburg. Dargestellt sind die Ertragsminderungen der Variante ohne P-Düngung im Vergleich zur Variante P-Düngung nach Entzug (P-Gehalt in GK C/D). Die Mindererträge infolge unterlassener P-Düngung betrugen in den Jahren 2003 bis 2007, in denen der P-Gehalt in GK B abgesunken war, bei Getreide ca. 5-7 dt/ha sowie bei Winterraps ca. 3 dt/ha. Dieses Ergebnis signalisiert die Not-wendigkeit einer bedarfsgerechten P-Düngung bei sehr niedriger und niedriger P-Versorgung des Bodens.

Aktuelle Düngungsversuche belegen höhere relative Mehrerträge durch K-Düngung zu Futter- bzw. Bioenergiepflanzen im Vergleich zur K-Düngung zu Getreide. Ein Beispiel hierfür zeigt das Ergebnis des statischen K-Versuches auf dem Schieferverwitterungsstandort Burkersdorf (Abbildung 5).

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Abb. 4: Ertragsminderung durch unterlassene P-Düngung (P0 zu P-

Düngung nach Entzug in GK C/D) im statischen P-Versuch Dorn-burg/Saale

-2 -3 -3

-8

-26-30

-20

-10

0

%

Wi-Weizenn = 4

Wi-Rapsn = 1

Wi-Gersten = 1

So-GersteHafern = 5

Silomaisn = 2

Abb. 5: Ertragsminderung ausgewählter Kulturen durch unterlassene K-

Düngung (K0 zu K-Düngung nach Entzug in GK C, statischer K-Versuch Burkersdorf mit GK A/B, 1993 - 2006)

Der Schieferverwitterungsstandort besitzt seit dem Versuchsbeginn im Jahr 1993 einen niedrigen bzw. sehr niedrigen K-Gehalt (GK A/B). Winter-weizen, -gerste und -raps reagieren auf die unterlassene K-Düngung mit einer Ertragsminderung von 2-3 % sowie Sommergerste und Hafer mit 8 %. Im Gegensatz dazu beträgt die Ertragsdifferenz bei Silomais im Mittel von 2 Erntejahren 26 %. Eine Schlussfolgerung daraus ist der höhere K-Düngebedarf beim erweiterten Anbau von Bioenergiepflanzen wie Mais oder

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

P-Gehaltim Boden mg/100gVarianteohne P

Ertrags-minderung

dt/haWinter-roggen

Körner-erbse

Winter-raps

Winter-weizen

So-Gerste

Winter-weizen

Winter-weizen So-

Gerste

C

B

A

D

Silo- Mais

- 12 dt/ha

Gehaltsklasse

Winter- raps

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mehrschnittigen Futterpflanzen im Vergleich zum Anbau von Marktfrüchten wie Getreide und Raps. 3. P- und K-Bilanzen verschiedener Fruchtfolgen

Abbildung 6 zeigt modellhaft die Wirkung des Anbaus von 50 % Silomais zur Biogaserzeugung in einem viehlosen Marktfruchtbetrieb auf die P- und K-Abfuhr in 4 Jahren. Die Ausgangssituation mit 50 % Winterweizen, 25 % Winterraps und 25 % Sommergerste ist durch eine Abfuhr von 103 kg P/ha und 136 kg K/ha in 4 Jahren gekennzeichnet, wobei der Verbleib des Ge-treide- und Rapsstrohs auf der Fläche unterstellt wurde. Die Umstellung des Anbaus auf 50 % Silomais, 25 % Winterweizen und 25 % Winterraps erhöht die Abfuhr mit der Ernte um 34 kg P/ha sowie 355 kg K/ha. Damit steigt der K-Bedarf der Fruchtfolge nach der Umstellung auf den Anbau von Silomais zur Biogaserzeugung deutlich an. Für den Anbau von mehrschnittigen Futterpflanzen oder Ganzpflanzengetreide gilt diese Feststellung in ähnlicher Weise.

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

500

kg/h

a

PK

50% Winterweizen 75 dt/ha25% Wi 40 d /h

50% Silomais 500 dt/ha25% Wi t i 75 dt/h

Abb. 6: P- und K-Abfuhr in 4 Jahren (kumulativ) von 2 ausgewählten Fruchtfolgen

Für den tatsächlichen P- und K-Düngebedarf der verschiedenen Fruchtfolgen sind neben dem Versorgungszustand des Bodens die eventuelle Abgabe von Stroh zur energetischen Nutzung sowie die Rückführung der Gärreste aus der Biogaserzeugung zu berücksichtigen. Eine Kalkulation der kumulativen P- und K-Bilanz für vier Jahre bei unterlassener P- und K-Düngung enthält Abbildung 7. Die Abgabe des Weizenstrohs der Getreide-Raps-Fruchtfolge führt zu einem deutlich stärker negativen P- und insbesondere K-Saldo im Vergleich zum vollständigen Verbleib der Nebenernteprodukte auf dem Feld.

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Demzufolge erhöht die Abgabe von Stroh insbesondere den K-Düngebedarf erheblich.

Die Rückführung der Gärreste aus der Vergärung des Maises in die Silomais-Weizen-Raps-Fruchtfolge kann einen großen Teil der P- und K-Abfuhr kompensieren. Die stark negativen kumulativen P- und K-Salden dieser Fruchtfolge werden auf -77 kg P/ha und -71 kg K/ha reduziert. Im Interesse eines geschlossenen Nährstoffkreislaufes und der Optimierung der P- und K-Düngung kommt der Verwertung der Gärreste in der Biogaspflanzenfrucht-folge große Bedeutung zu. Damit lässt sich der mineralische P- und K-Düngebedarf deutlich senken.

Abb. 7: P- und K-Bilanz für 4 Jahre (kumulativ) bei unterlassener mineralischer P- und K-Düngung

Unter Berücksichtigung der gesunkenen P- und K-Versorgung vieler Böden in Marktfruchtbetrieben führt der verstärkte Anbau von Bioenergiepflanzen zu höheren Anforderungen an das P- und K-Düngungsmanagement der Landwirte. 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die langjährige suboptimale P- und K-Düngung hat unter Thüringer Be-dingungen (Marktfruchtanbau, geringer Tierbesatz) bisher überwiegend zu erheblichen Problemen der P-Ernährung der Kulturen geführt. Negative Auswirkungen bei der K-Versorgung waren überwiegend auf Standorte mit niedrigen K-Reserven beschränkt. Der zunehmende Anbau von Biogas-pflanzen (z. B. Mais, Ganzpflanzengetreide, mehrschnittige Futterpflanzen) in bisherigen Getreide- und Rapsfruchtfolgen erhöht die P- und insbesondere

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die K-Abfuhr vom Feld und damit die Anforderungen an das Düngungs-management der Landwirte.

Die Zielgerichtete Rückführung der Gärreste auf Standorte mit P- und K-Düngebedarf senkt den mineralischen Ergänzungsbedarf für beide Nähr-stoffe. Werden die Gärreste nicht zurückgeführt, steigt der P- und der ins-besondere der K-Düngebedarf stark an. Die Abgabe von Koppelprodukten (z. B. zur energetischen Nutzung) erhöht ebenfalls den mineralischen Er-gänzungsbedarf für P und K. Insbesondere nimmt dann die Bedeutung der K-Düngung zu.

Der erfolgreiche Anbau von Marktfrüchten und Bioenergiepflanzen erfordert die Rückkehr zu einer bedarfsgerechten P- und K-Düngung unter Berück-sichtigung des Nährstoffbedarfes der Kulturen und der Nährstoffversorgung des Bodens. 6. Literatur

Breuer, J., König, V., Merkel, D., Olfs, H.-W., Steingrobe, B., Stimpfl, E., Wissemeier, A., Zorn, W., 2003: Die Pflanzenanalyse zur Diagnose des Ernährungszustandes von Kulturpflanzen. Agrimedia, Bergen/Dumme

TMLNU, 2007: Bericht zur Entwicklung der Landwirtschaft in Thüringen 2007. Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, Erfurt

Zorn, W., Schröter, H., 2007: P-Versorgung Thüringer Böden und ihre Aus-wirkung auf P-Ernährung und Ertrag landwirtschaftlicher Kulturen. Kongressband 2006 Freiburg, VDLUFA-Schriftenreihe 62, 512-519

Zorn, W., Heß, H., Albert, E., Kolbe, H., Kerschberger, M., Franke, G., 2007: Düngung in Thüringen 2007 nach „Guter fachlicher Praxis“. Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena, Schriftenreihe 7/2007, 186 S

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Folgen negativer Kalium- und Magnesiumbilanzen auf die langjährige Ertragsentwicklung verschiedener Kulturen M. Armbruster1, R. Bischoff,1 F. Wiesler1 1LUFA Speyer 1. Einleitung

Die Düngung mit Grundnährstoffen erfuhr in den letzten Jahrzehnten eine sehr wechselhafte Aufmerksamkeit durch die Landwirtschaft. So wurden bis in die achtziger Jahre hinein viele Böden über das notwendige Maß hinaus mit Nähr-stoffen angereichert, was sich ökonomisch häufig nicht mehr auszahlte und das Risiko unerwünschter Nährstoffausträge in die Gewässer erhöhte. In den neunziger Jahren setzte dann in vielen Ackerbauregionen eine Trendumkehr ein. Aufgrund von Empfehlungen durch die Beratung aber auch aus wirtschaftlichen Zwängen wurde in vielen Betrieben die Grunddüngung sehr stark eingeschränkt. Langjährig negative Nährstoffbilanzen führen jedoch zu einem Absinken der Nährstoffgehalte im Boden und mittelfristig zu einer Be-einträchtigung von Ertrag und Qualität der Ernteprodukte.

Um langfristige Effekte unterschiedlicher Düngergaben auf die Nährstoff-gehalte im Boden sowie die Erträge unterschiedlicher landwirtschaftlicher Kulturen zu untersuchen, hat die LUFA Speyer bereits im Jahre 1978 einen Dauerversuch mit unterschiedlicher Kalium- und Magnesiumdüngung sowie unterschiedlicher Kalkung angelegt und bis heute fortgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse dieses Versuches sollen im Folgenden vorgestellt werden. 2. Material und Methoden

Der Versuchsstandort Rinkenbergerhof liegt im Oberrheingraben nördlich von Speyer. Bei dem Boden handelt es sich um eine Braunerde bis Pseudogley-Braunerde aus Terrassensanden des Rheins mit einer Ackerzahl von 25. Der Humusgehalt des Bodens liegt bei 1 bis 1,5 %. Die nutzbare Feldkapazität beträgt etwa 10 %. Im langjährigen Mittel fallen knapp 600 mm Jahresniederschlag, die durchschnittliche Jahrestemperatur beträgt 10,0 °C. Zur Vermeidung von extremen Trockenschäden wird im Bedarfsfall beregnet

In dem Versuch wird die Höhe der Magnesium- (0, 24, 48, 72 kg Mg ha-1) und der Kaliumdüngung (0, 150, 300 kg K ha-1) variiert (siehe Tabelle 1). Die Magnesiumdüngung erfolgt in Form von Kieserit sowie in einer zusätz-lichen Variante mit Magnesiummergel (48 kg Mg ha-1). In dieser Variante

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beträgt die jährlich ausgebrachte Kalkmenge 2,2 dt ha-1 CaO. Kalium wird in Form von Kaliumchlorid ausgebracht. In einer Variante (150 kg K ha-1 + Kalk) erfolgt zusätzlich eine Kalkung mit Branntkalk in Höhe von 4,8 dt ha-1 CaO. Die ausgebrachte Kalkmenge ist damit höher, als von der Beratung für die Erhaltungskalkung empfohlen. Tab. 1: Versuchsvarianten.

Faktor Mg-Düngung 1: ohne 2: 24 kg ha-1 Mg (Kieserit) 3: 48 kg ha-1 Mg (Kieserit) 4: 72 kg ha-1 Mg (Kieserit) 5: 48 kg ha-1 Mg (Mg Mergel) Faktor K-Düngung 1: ohne 2: 150 kg ha-1 K (Kaliumchlorid) 3: 300 kg ha-1 K (Kaliumchlorid) 4: 150 kg ha-1 K (Kaliumchlorid) + Branntkalk (4,8 dt ha-1 CaO)

Während der bislang 30-jährigen Versuchsdauer wurden Winterweizen (8x), Winterrogen (4x), Körnermais (4x), Zuckerrübe (4x), Sommergerste (3x), Wintergerste (3x), Sommerweizen (1x), Winterraps (1x), Sonnenblumen (1x) und Kartoffeln (1x) angebaut. 2. Ergebnisse

2.1 Nährstoffsalden, Nährstoffgehalte im Boden und Boden-pH-Werte in Abhängigkeit von der Düngung

Aus der jährlichen Nährstoffzufuhr durch Düngung und der Nährstoffabfuhr mit den Ernteprodukten wurden Nährstoffsalden berechnet Bei unterlassener Kaliumdüngung betrug der mittlere jährliche Kaliumsaldo zwischen -60 (ohne Magnesiumdüngung) und -77 kg ha-1 (Mg-Mergel). In allen anderen Varianten waren die K-Salden positiv und betrugen durchschnittlich 59 kg ha-1 bei einer jährlichen Düngung von 150 kg K ha-1 und 206 kg ha-1 bei einer jährlichen K-Düngung von 300 kg K ha-1. Ähnlich wie bei Kalium führte auch eine unterlassene Magnesiumdüngung zu negativen Salden (je nach K-Stufe -11 bis -14 kg Mg ha-1). In allen Varianten, in denen Magnesium gedüngt wurde waren die Salden positiv. Sie variierten zwischen 10 kg Mg ha-1 (Mg24), 33 kg Mg ha-1 (Mg48) und 56 kg Mg ha-1 (Mg72). Die unterschiedlichen Nährstoffsalden wirkten sich erwartungsgemäß auf die Nährstoffgehalte im Boden aus. Nach 30-jähriger Unterlassung der Kalium-

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Düngung wurden 2007 aber immerhin noch Kaliumgehalte im Oberboden von 7 bis 9 mg K2O pro 100 g Boden (CAL) gemessen, was einer Einstufung des Bodens in die Gehaltsklasse B („niedrig“) entspricht und auf ein erheb-liches K-Puffervermögen des Bodens hindeutet (Abb. 1). Wesentlich höhere Gehalte im oberen Bereich der Gehaltsklasse C bzw. im unteren Bereich der Gehaltsklasse D wurden in den Varianten mit Kaliumdüngung erreicht. Dabei fällt die insgesamt geringe Differenzierung zwischen den K-Düngungsstufen K150 und K300 auf, was wiederum darauf hindeutet, dass sehr hohe Kaliumgaben vom Boden abgepuffert werden.

0

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(Mg-Mergel)Mg 0 Mg 24 Mg 48 Mg 72 Mg 48

B

C

D

A

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Ausgangswert 1978

Abb. 1: Kaliumgehalte (CAL) im Oberboden (0-30 cm) nach 30-jähriger differenzierter Düngung im Kali-Magnesium-Kalk-Versuch. Probenahme 19.11.2007. Gehaltsklassen A bis E für leichte Böden in Rheinland-Pfalz.

Auch die Magnesiumgehalte im Boden spiegeln die Magnesiumdüngung deutlich wider (Abb. 3). Bei unterlassener Mg-Düngung fielen die Mg-Gehalte im Boden in die Gehaltsklasse A ab. Auffallend ist allerdings, dass die steigenden Mg-Bilanzüberschüsse in den Varianten Mg24 bis Mg72 nur zu einem relativ geringfügigen Anstieg der Mg-Gehalte im Boden und kaum zum Erreichen der Gehaltsklasse C führten. Die beste Mg-Versorgung des Bodens wies die Variante Mg-Mergel auf.

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0

1

2

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(Mg-Mergel)Mg 0 Mg 24 Mg 48 Mg 72 Mg 48

A

B

CAusgangswert 1978

Abb. 2: Magnesiumgehalte (CAL) im Oberboden (0-30 cm) nach 30-jähriger differenzierter Düngung im Kali-Magnesium-Kalk-Versuch. Probe-nahme 19.11.2007. Gehaltsklassen A bis C für leichte Böden in Rhein-land-Pfalz.

Neben den Kalium- und Magnesium-Gehalten wurden im Jahr 2007 die Boden-pH-Werte gemessen. Abbildung 3 zeigt, dass diese in allen Varianten ohne Kalkung mit Werten zwischen 4,1 und 4,5 sehr deutlich im suboptimalen Be-reich lagen. Lediglich in den Varianten mit einer regelmäßigen Ausbringung von Branntkalk (K150+Kalk) bzw. in den Varianten mit Mg-Mergel-Düngung be-wegten sich die pH-Werte etwa in dem für einen Sandboden anzustrebenden Bereich von 5,4 bis 5,8 (Anonymus, 2000; VDLUFA, 2000).

3

4

5

6

pH-W

ert

K 0K 15

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K 150K 30

0

K 150 +

Kalk

(Mg-Mergel)Mg 0 Mg 24 Mg 48 Mg 72 Mg 48

A

B

C

D

Ausgangswert 1978

Abb. 3: PH-Werte (CaCl2) im Oberboden (0-30 cm) nach 30-jähriger

differenzierter Düngung im Kali-Magnesium-Kalk-Versuch. Probenahme 19.11.2007. pH-Wert-Klasse A bis D für Bodenartengruppe „Sand“.

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2.2 Erträge verschiedener Fruchtarten in Abhängigkeit von der Düngung

In allen Varianten mit unterlassener Kalkung fand eine sehr deutliche Er-tragsreduzierung offensichtlich aufgrund der eingetretenen Bodenver-sauerung statt. Dies geht sehr gut aus einem Vergleich der mittleren TM-Erträge aller Kulturen über 30 Versuchsjahre in den Varianten K150 (ohne Kalkung) und K150 + Kalk hervor (Abb. 5). In allen Magnesiumstufen war der Ertrag ohne Kalkung im Vergleich zu den Varianten mit Kalkung um 8 bis 11 % erniedrigt. Lediglich in der Variante mit Mg-Mergel unterschied sich der Ertrag aufgrund des Kalkeffektes des Mergels nicht. Zu sehr drastischen Ertragseinbußen bis hin zum Zusammenbrechen der Bestände kam es, wenn sowohl die Kalium- und Magnesiumdüngung als auch die Kalkung unterblieben.

0

10

20

30

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50

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K 150

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Kalk

K 150

K 150 +

Kalk

(Mg-Mergel)Mg 0 Mg 24 Mg 48 Mg 72 Mg 48

K 150

K 150

K 150

K 150

K 150

Abb. 5: Mittlere Trockenmasse-Erträge aller Kulturen bei jährlicher

Kaliumdüngung von 150 kg K ha-1 (K150) in Abhängigkeit der Magnesium-Düngung sowie der Kalkung.

Aufgrund des starken Einflusses der Kalkung auf das Wachstum der Pflanzen werden im Folgenden die Einflüsse der langjährigen Magnesium-düngung auf die Erträge der Pflanzen nur am Beispiel der K-Variante mit

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Kalkung (K150 + Kalkung) und die Einflüsse der langjährigen Kalium-düngung nur am Beispiel der Variante mit Mg-Mergel-Düngung gezeigt. Abbildung 6 zeigt den Verlauf der relativen Getreideerträge (Sommer und Winterweizen, Sommer- und Wintergerste) bei unterlassener Magnesium-düngung (Mg0 / K150+Kalk) im Vergleich zu einer Magnesiumdüngung von 48 kg ha-1 (Mg48 / K150+Kalk = 100 %). Dabei zeigt sich, dass konsistente Mindererträge durch eine unterlassene Magnesiumdüngung erst nach etwa 15 Jahren auftraten. Die Ertragsredzierungen bewegen sich seither in einem relativ niedrigen Bereich von etwa 1 bis 5 %. Es ist jedoch offensichtlich, dass bei einem weiteren Verzicht auf Magnesiumdüngung die Ertragsbeein-trächtigungen noch deutlicher in Erscheinung treten werden. Ähnliche Kurvenverläufe wurden auch für die anderen Pflanzenarten ermittelt.

80

90

100

110

120

Rel

ativ

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g [%

]

1980 1985 1990 1995 2000 2005Jahr

Gerste / Weizen

Mg48 / K150 + Kalk = 100 %

Abb. 6: Relativer Ertragsverlauf von Gerste und Weizen der Versuchs-variante ohne Kalium-Düngung im Vergleich zur Variante mit 300 kg ha-1 a-1 Kalium-Düngung (entspricht 100 %). Jeweils bei jährlicher Düngung mit 48 kg ha-1 Magnesium als Mergel.

Den Einfluss einer langjährig unterlassenen Kaliumdüngung (K0 / Mg-Mergel) auf den Verlauf der relativen Getreideerträge sowie der relativen Zuckerrübenerträge zeigt Abb. 6 am Beispiel der Variante K300 (Mg-Mergel). Hier zeigen sich schon vergleichsweise früh Ertragsbeeinträchtigungen von bis zu 20 % bei Getreide, wenn auf die K-Düngung verzichtet wurde, bei allerdings großen Unterschieden zwischen den Versuchsjahren. Noch deut-licher als bei Getreide ist der Einfluss der unterlassenen Kaliumdüngung auf die Erträge der Kalium-bedürftigen Zuckerrübe ersichtlich.

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70

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]

1980 1985 1990 1995 2000 2005Jahr

Gerste / WeizenZuckerrübe

Mg48 Mergel / K300 = 100 %

Abb. 7: Relativer Ertragsverlauf von Gerste und Weizen sowie Zuckerrübe der Versuchsvariante ohne Kalium-Düngung im Vergleich zur Variante mit 300 kg ha-1 a-1 Kalium-Düngung (entspricht 100 %). Jeweils bei jährlicher Düngung mit 48 kg ha-1 Magnesium als Mergel.

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K 0 K 150 K 300 K 0 K 150 K 300Kalium-Stufe

K 0 K 150 K 300

Weizen und Gerste WinterroggenZuckerrübe

BZE:99 115 122

Abb. 8: Mittlere Trockenmasseerträge unterschiedlicher Kulturarten-gruppen sowie bereinigter Zuckerertrag in Abhängigkeit von der Kaliumdüngung. Jeweils bei jährlicher Düngung mit 48 kg ha-1 Magnesium als Mergel.

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Betrachtet man nun die absoluten mittleren Erträge, die im gesamten Ver-suchszeitraum erzielt wurden, dann wird eine sehr unterschiedliche Reaktion verschiedener Kulturartengruppen (Zuckerrübe, Weizen und Gerste; Roggen) auf die Kaliumdüngung deutlich (Abb. 7). Den eindeutigsten Effekt hatte die Kaliumdüngung bei Zuckerüben. Bei dieser Kalium-bedürftigen Pflanzenart stiegen die Erträge immer bis zur höchsten Kalium-Stufe an. Die Getreide-erträge waren insgesamt niedrig und bedingt durch die eingeschränkte Boden-güte bei Roggen etwas höher als bei Weizen und Gerste. Eine deutlich positive Reaktion auf die Kaliumdüngung zeigte sich auch nur bei Weizen und Gerste, jedoch kaum bei Roggen. Dies ist ein klarer Ausdruck der höheren Kalium-effizienz von Roggen im Vergleich zu den anderen Getreidearten. 3. Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse dieses langjährigen Düngungsversuches weisen eindeutig auf die Bedeutung einer ausreichenden Kalkversorgung für die Bodenfruchtbar-keit und Ertragsbildung hin. Verzicht auf Kalkung führt zu einer Versauerung des Bodens mit allen negativen Effekten auf Bodenstruktur und Nährstoff-verfügbarkeit und damit zu einem Abfall der Erträge. Hinsichtlich des Ein-flusses der Magnesiumdüngung auf die Erträge kann festgehalten werden, dass selbst bei niedrigen Magnesiumgehalten im Boden Ertragsbe-einträchtigungen bei unterlassener Magnesiumdüngung zwar nicht unmittel-bar, nach einigen Jahren jedoch sehr konsistent auftreten. Langjähriger Ver-zicht auf Kaliumdüngung führt aufgrund des K-Puffervermögens der Böden nur zu einer sehr allmählichen K-Aushagerung des Bodens. Insbesondere bei Kalium-bedürftigen Pflanzenarten wie Zuckerrüben kommt es jedoch relativ schnell zu erheblichen Ertragsabfällen. Dies trifft in abgeschwächter Form auch auf die meisten Getreidearten zu, wobei Roggen aufgrund seiner hohen Nährstoffeffizienz eine Ausnahme bildet Insgesamt belegen die Versuche die Bedeutung einer ausreichenden Grundnährstoffdüngung und Kalkung für die Nachhaltigkeit der Pflanzenproduktion. 4. Literatur

Anonymus, 2000: Sachgerechte Düngung für Acker- und Grünland. Leit-faden Rheinland-Pfalz. Herausgeber: Landesanstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz, Mainz, 34 S

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungs-anstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2000: Standpunkt „Bestimmung des Kalk-bedarfs von Acker- und Grünlandböden“. Darmstadt, 19.09.2000, 16 S., Eigenverlag

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Ureolyse von Harnstoff im Boden ohne und mit Ureaseinhibitoren F. Herbst1, W. Gans1 1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle 1. Problemstellung

Nach der Applikation von Harnstoff erfolgt nur bei Anwesenheit des Enzyms Urease seine Hydrolyse. Dieser Prozess wird daher auch als Ureolyse be-zeichnet Sie läuft sowohl im Boden als auch in der Pflanze ab. Folgende Umsetzung erfolgt:

CO(NH2)2 + 3 H2O + Urease → 2 NH4+ + OH- + HCO3

-

Die Geschwindigkeit der Ureolyse im Boden ist mit dafür entscheidend, ob es zu einer Ammoniakverflüchtigung kommt. Eine Hemmung der Ureolyse kann eine Ammoniakfreisetzung reduzieren bzw. vermeiden. Zu diesem Zweck können Ureaseinhibitoren eingesetzt werden. Bei einem Einsatz von Ureaseinhibitoren ist es aufschlussreich, Kenntnisse über den Verlauf der Ureolyse zu besitzen. Daraus lassen sich auch Schlussfolgerungen ableiten, unter welchen Bedingungen der Einsatz der Inhibitoren effektiv ist. Im Rahmen der Prüfung neuer Ureaseinhibitoren wurde deshalb der Verlauf der Ureolyse/Hydrolyse teilweise mit verfolgt. 2. Material und Methoden

In Modellversuchen wurde nach der Applikation von Harnstoff dessen Rest-menge im Boden bestimmt. Dies erfolgte entweder nach Abschluss von Unter-suchungen zur Ammoniakverflüchtigung oder in speziellen Versuchsansätzen. Es wurden verschiedene Böden geprüft. Bei den Laborversuchen lag die Temperaturen im Bereich zwischen 18 und 27 oC. In einem Gefäßversuch mit Pflanzen wurden im Sommer im Gewächshaus bis 50 oC erreicht. Bei einem Modellversuch im Phytotron betrug die Temperatur konstant 12 oC. Die eingesetzte Bodenmenge lag in den Modellversuchen bei 200 bzw. 400 g Boden pro Gefäß. Der Boden wurde vor der Harnstoffapplikation in der Regel angefeuchtet Die Düngermenge betrug äquivalent 100 kg N/ha. Die geprüften Ureaseinhibitoren waren Phosphorsäurediamide.

Der Abstand der Bodenanalysen betrug 2-6 Tage bei einer Versuchsdauer zwischen 7 und 36 Tagen. Die Harnstoffanalyse geschah nach Extraktion des naturfeuchten Bodens mit 1 mol/l KCl-Lösung. Im Filtrat wurde Harnstoff nach Zugabe eines Farbreagenzes (u. a. mit Diacethylmonoxim und Thio-semicarbazid) spektralphotometrisch bei 527 nm gemessen.

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3. Ergebnisse

Die Tab. 1 beinhaltet eine Übersicht über alle durchgeführten Versuche, wobei darin aber nicht alle Prüfvarianten enthalten sind. Neben der Versuchsdauer, der während dieser Zeit zu verzeichnenden Lufttemperatur und den geprüften Böden ist die Restmenge an Harnstoff im Boden nach Abschluss der Untersuchungen aufgeführt. Mit Ausnahme eines Versuches (Nr. 4) war die Ureolyse/Hydrolyse des Harnstoffs nach Versuchsende bei den aufgezeigten Prüfvarianten ab-geschlossen, d. h. es lag kein Harnstoff bzw. nur Spuren im Boden vor. Bei der Ausnahme handelt es sich um einen Versuch mit lehmigen Sand vom Kühnfeld in Halle/S. Zwölf Tage nach der Harnstoffapplikation waren in diesem Versuch bei 19-20 oC noch 13 % der Düngermenge als Harnstoff vorhanden. Tab. 1: Restmenge an Harnstoff im Boden nach Abschluss von Labor-

untersuchungen Vers.-

Nr. Tage nach

Applikation Temperatur

oC Boden(art) % der

Düngermenge 1 36 12 Halle (lS) 0 2 14 19-22 Halle (lS) 1 3 13 18-20 Bad Lauchstädt (Lö) 1 4 12 19-20 Halle (lS) 13

Cunnersdorf (sL) 1 Weihenstephan (L) 0

5 12 20-23 Weihenstephan (L) 1 6 11 24-27 Halle (lS) 1

Cunnersdorf (sL) 0 Weihenstephan (L) 0

7 11 22-26 Bernburg (Lö) 0 8 10 21-27 Cunnersdorf (sL) 0 9 9 20-50 Cunnersdorf (sL) 0 10 7 18-19 Spröda (lS) 1

Quellendorf (lS) 0 Walbeck (L) 2 Bad Lauchstädt (Lö) 2 Bernburg (Lö) 1 Brücken (T) 0

11 7 18-19 Halle (sL) 1 In den folgenden zwei Tabellen sind Ergebnisse wiedergegeben, die von der Regel abweichen. Die Tab. 2 enthält Ergebnisse der Prüfung verschiedener Böden vom Kühnfeld in Halle/S. Unter gleichen Prüfbedingungen waren sehr

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große Unterschiede zu verzeichnen. Am langsamsten lief die Ureolyse im Boden der Parzelle des Ewigen Roggenbaus ab, die seit der Versuchsanlage im Jahr 1878 ungedüngt geblieben ist. Hier waren nach 7 Tagen bei einer Temperatur von 18-19oC noch 92 % der Düngermenge als Harnstoff-N vorhanden. Tab. 2: Restmenge an Harnstoff im Boden nach Abschluss eines Laborver-

suches mit Böden vom Kühnfeld Halle/S. (Versuchsdauer 7 Tage, Temperatur 18-19oC)

Bodenart Probenahme Variante % der Düngermenge Lehmiger Sand 8/2002 75 Lehmiger Sand 8/2003 73 Sandiger Lehm 11/2004 1 Boden vom Ewigen Roggenbau Lehmiger Sand 11/2004 Ohne Düngung 92 Mineraldüngung 45 Organ. Düngung 1

In Tab. 3 sind die Ergebnisse eines Laborversuches enthalten, der parallel zu einem Feldversuch am Standort Bad Lauchstädt (Löß-Schwarzerde) durch-geführt wurde. Bei feuchtem Ausgangsboden wurde 13 Tage nach der Applikation kein Harnstoff mehr im Boden festgestellt, sowohl ohne als auch mit Zusatz eines Ureaseinhibitors. Während dieser Zeit kam es bei dem feuchten Ausgangsboden zu einer deutlichen Ammoniakverflüchtigung (Herbst et al., 2007). Blieb dagegen der Boden zu Versuchsbeginn wie im Feldversuch trocken, trat keine Ammoniakverflüchtigung auf. Diese setzte erst ein, als der Boden im zweiten Versuchsabschnitt befeuchtet wurde. Neun Tage nach der Bodenbefeuchtung wurden ohne Zusatz eines Urease-inhibitors 4 % und mit Zusatz eines Ureaseinhibitors noch 18 % der ein-gesetzten Düngermenge als Harnstoff analysiert. Der Zusatz des Urease-inhibitors führte zu einer deutlichen Hemmung der Ureolyse und auch der Ammoniakfreisetzung (nicht dargestellt, unveröffentlicht). Tab. 3: Restmenge an Harnstoff im Boden nach Abschluss eines Laborver-

suches mit Boden aus Bad Lauchstädt (Lö) ohne und mit Einsatz eines Ureaseinhibitors (UI)

Var. Zeitraum

1.-13.Tag % der

Düngermenge nach 13 Tagen

Zeitraum 14.-22.Tag

% der Düngermenge nach 22 Tagen

Boden oC ohne UI mit UI Boden oC ohne UI mit UI 1 feucht 18-20 1 1 - - - - 2 trocken 18-20 n.b. n.b. feucht 20-23 4 18

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Die Ergebnisse der Versuche, bei denen mehrfach Harnstoff im Boden ana-lysiert wurde, sind in den Abbildungen dargestellt. In Abb. 1 ist der Verlauf der Ureolyse in einem sandigen Lehmboden vom Standort Cunnersdorf ohne und mit Einsatz eines Ureaseinhibitors (UI) bei unterschiedlichen Temperaturen aufgezeigt. Bei den hohen Prüftemperaturen (19-50 oC) war die Ureolyse bereits nach 6 bzw. 7 Tagen abgeschlossen. Je höher die Temperatur lag, umso schneller lief die Ureolyse ab. Das wird besonders bei Zusatz eines Ureaseinhibitors deutlich. Dieser Zusatz verzögerte in beiden Versuchsansätzen die Harnstoffumsetzung.

Temperatur 20 - 50 oC

0

20

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100

0 3 6 9Tage nach der Applikation

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ohne UI

mit UI

Temperatur 19 - 20 oC

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60

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Tage nach der Applikation

% d

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ohne UI

mit UI

Abb. 1: Restmenge an Harnstoff im Boden Cunnersdorf (sL) ohne und mit Einsatz eines Ureaseinhibitors (UI) bei unterschiedlichen Temperaturen

In Abb. 2 ist der Verlauf der Ureolyse in einem Lehmboden (Herkunft Weihenstephan) und einem lehmigen Sand (Herkunft Kühnfeld Halle/S.) ohne und mit Einsatz eines Ureaseinhibitors (UI) dargestellt. Während die Ureolyse ohne Inhibitorzusatz im Lehmboden bei ca. 20oC bereits nach ca. 4 Tagen abgeschlossen war, war diese im lehmigen Sand nach 12 Tagen noch nicht beendet In beiden Böden wurde die Ureolyse durch den Urease-inhibitor deutlich gehemmt.

Weihenstephan

0

20

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60

80

100

Tage nach der Applikation

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ohne UI

mit UI

Halle

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Tage nach der Applikation

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ohne UImit UI

Abb. 2: Restmenge an Harnstoff im Boden Weihenstephan (L) und Halle (lS) ohne und mit Einsatz eines Ureaseinhibitors (UI) (Temperatur 19-20oC)

0 2 4 7 7 12 12 420

20 4 7 12

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In Abb. 3 ist der Verlauf der Ureolyse beim lehmigen Sand aus Halle/S. ohne und mit Einsatz eines Ureaseinhibitors bei einer konstanten Temperatur von 12oC wiedergegeben. Bei dieser Temperatur zog sich die Ureolyse ohne In-hibitorzusatz bis 30 Tage und mit Inhibitorzusatz bis 36 Tage nach der Applikation hin. Die Verzögerung der Ureolyse führte diesem Versuch zu einer völligen Unterbindung der Ammoniakverflüchtigung (Herbst et al., 2006).

In allen anderen Versuchen war mit der Hemmung der Ureolyse/Hydrolyse des Harnstoffes bei Einsatz eines Ureaseinhibitors eine deutliche Reduzierung der Ammoniakverflüchtigung verbunden. Diese Ergebnisse wurden bereits auf früheren VDLUFA-Kongressen dargestellt (Herbst et al., 2004, Herbst et al., 2005).

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Abb. 3: Restmenge an Harnstoff im Boden Halle (lS) ohne und mit Einsatz eines Ureaseinhibitors (UI) (Temperatur 12oC)

4. Zusammenfassung

In Laborversuchen bei Temperaturen um 20 oC und feuchten Boden-bedingungen wurde der applizierte Harnstoff in den meisten Böden inner-halb ca. 10 Tage umgesetzt. Nach dieser Zeit lag kein Harnstoff mehr im Boden vor. Bei 12oC zog sich die Ureolyse in einem lehmigen Sand bis 30 Tage nach der Applikation hin. Bei Temperaturen unter 10 oC ist ein ähn-licher Verlauf auch in anderen Böden zu erwarten. Verschiedene Böden vom Kühnfeld in Halle/S. hinsichtlich Textur und Humusversorgung wiesen große Unterschiede im Ablauf der Ureolyse auf. Bei Bodentrockenheit war die Ureolyse stark verzögert. Bei Einsatz von Ureaseinhibitoren wurde die

15129 6 3 18 24 30 36

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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Ureolyse gehemmt. Sie erstreckte sich dadurch über einen längeren Zeit-raum. Dadurch wurde die Ammoniakverflüchtigung deutlich reduziert. Der Einsatz eines Ureaseinhibitors erscheint besonders unter solchen Boden- und Witterungsbedingungen effizient zu sein, die eine schnelle Ureolyse des Harnstoffes bewirken. 5 Literatur

Herbst, F., Gans, W., Merbach, W., Schuster, C., Michel, H.-J., 2004: Ein-fluss von Urease-Inhibitoren auf den Stickstoff-Umsatz nach Harnstoff-Düngung. Kongressband 2004 Rostock, VDLUFA-Schriftenreihe 60, 221-225

Herbst, F., Gans, W., Merbach, W., 2005: Einfluss von Sorptionskapazität und pH-Wert des Bodens sowie Einsatz eines Ureaseinhibitors auf die Ammoniakverflüchtigung nach Harnstoffdüngung. Kongressband 2005 Bonn, VDLUFA-Schriftenreihe 61, 48-51

Herbst, F., Gans, W., Merbach, W., 2006: Einfluss eines Urease-Inhibitors bei Harnstoff-Düngung auf den Stickstoff-Umsatz im Boden, die Ammoniak-Verflüchtigung und die Verwertung des Stickstoffs durch Hafer. Pflanzenbauwissenschaften 10, 37-43

Herbst, F., Garz, J., Gans, W., 2007: Ammoniakverflüchtigung bei Gülle- und Harnstoff-Düngung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Kongress-band 2007 Göttingen, VDLUFA-Schriftenreihe 63, 179-185

Die Arbeiten wurden mit Mitteln des BMBF gefördert (FKZ 0330203).

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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Entwicklung der Nmin-Gehalte auf landwirtschaftlich genutzten Böden in Thüringen L. Herold1, S. Wagner1, E. Höpfner1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung und Methodik

Bereits Anfang der 90er Jahre wurden in Thüringen Nmin-Dauertestflächen angelegt, um im Rahmen eines Monitorings C die Entwicklung der Nmin-Gehalte in Thüringen zu verfolgen, C Informationen über die N-Dynamik unter den verschiedenen Standort-

und Witterungsbedingungen zu erlangen, C den Thüringer Landwirtschaftsbetrieben aktuelle Nmin-Ergebnisse bereit-

zustellen.

Die Beprobung der zz. ca. 350 Nmin-Dauertestflächen (DTF) erfolgt im Rahmen des Agrarmonitorings zu den Terminen

C Sommer: nach der Ernte der Hauptfrucht C Herbst: nach Vegetationsende C Frühjahr: vor Vegetationsbeginn

aus den Tiefenbereichen 0 bis 30 cm (Oberboden) und 31 bis 60 cm (Unter-boden). Es handelt sich hierbei um fixe und georeferenzierte Acker- und Grünlandflächen mit konventioneller und ökologischer Bewirtschaftungs-weise. 2. Ergebnisse

Der Nmin-Gehalt nach der Ernte charakterisiert den Reststickstoffgehalt nach der Aberntung der Hauptfrucht. Niedrige Nmin-Werte dokumentieren eine pflanzenbedarfsgerechte N-Düngung bzw. gute N-Verwertung durch die Pflanzen. Die durchschnittlichen Nmin-Gehalte waren in den 90er Jahren rückläufig und bewegen sich gegenwärtig unter Berücksichtigung der jähr-lichen Schwankungen zwischen 60 und 75 kg Nmin/ha. Der Bodengehalt ist stark von der angebauten Fruchtart abhängig.

Kulturen, die nach ihrer Aberntung geringe Nmin-Gehalte hinterließen, sind Wiesenflächen, Feldgrasbestände sowie Zuckerrüben, hohe Nmin-Gehalte verursachte der Anbau von Winterraps, Sommerweizen, Mais, Kartoffeln und Gemüse (Blumenkohl) (Abb. 1).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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36 37 40 42 4551 56 56 59 61 61 61 64 67

7584 88

97105

136

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20

40

60

80

100

120

140

160

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Fruchtart

kg N

min

/ha

Abb. 1: Nmin-Gehalt des Bodens nach der Ernte nach Fruchtarten 1999 bis 2007 Der Nmin-Gehalt im Herbst (Vegetationsende) ist die Reststickstoffmenge im Boden, die in der vegetationslosen Winterperiode potenziell verlagerungs- und auswaschungsgefährdet ist, was für Wasserschutzgebiete von besonderer Bedeutung ist. Es besteht daher ein Minimierungsgebot.

Über 20jährige Untersuchungsergebnisse belegen die kontinuierliche Ab-nahme der Nmin-Gehalte bis Mitte der 90er Jahre und im Folgenden die Ein-stellung eines Gehaltsbereiches um die 70 kg Nmin/ha (Spanne: 50 bis 75 kg/ha mit Ausnahme 2003: 95 kg/ha) (Abb. 2).

Zwischen Ernte und Vegetationsende unterliegt der Nmin-Gehalt vielfältigen Veränderungen (N-Mineralisierung, N-Verlagerung, N-Immobilisierung, N-Pflanzenentzug). Welche Vorgänge überwiegen, hängt in hohem Maße von den Witterungsverhältnissen in dieser Zeit ab. Längerfristig betrachtet war der Nmin-Gehalt zwischen Sommer und Herbst in den 90er Jahren über-wiegend zurückgegangen, während er ab 1999 in der Mehrzahl der Jahre leicht zunahm (Abb. 3).

Die Nmin-Ergebnisse im Frühjahr (Vegetationsbeginn) dienen nach § 3 Abs. 3 Düngeverordnung der Berechnung des aktuellen N-Düngebedarfs der Kulturen (Aktueller Rat). Die Nmin-Gehalte sind zu diesem Zeitpunkt stark von der Boden-nutzung (Bewirtschaftung) abhängig und schwanken zwischen 30 und 40 kg Nmin/ha auf Flächen mit Wintergerste, Winterraps und Winterroggen, die dem Boden seit Herbst z. T. schon beträchtliche Stickstoffmengen entzogen haben und

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75 bis 90 kg Nmin/ha auf unbestellten Flächen, wo Sommergerste, Zuckerrüben oder Kartoffeln angebaut werden sollen.

Abb. 2: Entwicklung des Nmin-Gehaltes im Boden im Herbst in den Jahren 1985 bis 2007

Abb. 3: Differenz der Nmin-Gehalte zwischen Sommer und Herbst in den Jahren 1991 bis 2007

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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Deutliche Gehaltsunterschiede sind auch zwischen den Bodenarten festzustellen. Leichte Böden mit einem geringen Tongehalt wiesen die geringsten Nmin-Gehalte auf. Im Gegensatz dazu stehen die lehmigen und tonigen Schwarzerden, die durchgängig die größten pflanzenverfügbaren N-Mengen enthielten (Abb. 4).

Abb. 4: Nmin-Gehalt im Frühjahr 2008 nach Bodenarten

Abb. 5: Differenz der Nmin-Gehalte zwischen Herbst und Frühjahr in den

Jahren 1985 bis 2008 In der weitgehend vegetationslosen Zeit zwischen Herbst und Frühjahr findet in aller Regel eine Abnahme des Nmin-Gehaltes im Boden statt. Bei wasser-gesättigtem Boden dominiert die N-Verlagerung in tiefere Bodenschichten. Bei milder Winterwitterung (Temperatur > 5 °C) findet aber auch eine N-Aufnahme

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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durch die wachsenden Pflanzen statt (Wintergetreide, Winterraps, Grünland). In den letzten 23 Jahren war die Nmin-Differenz in 22 Jahren durch eine mehr oder weniger starke Abnahme des Nmin-Gehaltes gekennzeichnet Hervorzuheben ist, dass die Nmin-Reduzierung in der Winterperiode im Mittel von 34 kg Nmin/ha (1985/86 bis 1995/96) auf 19 kg Nmin/ha (1996/97 bis 2007/08) abgenommen hat (Abb. 5). 3. Vergleich zwischen konventionellen und ökologisch bewirt-

schafteten Flächen

Zu allen Probenahmeterminen und Untersuchungsjahren ist auf Ökoflächen ein geringerer Nmin-Gehalt ermittelt worden. Der Nmin-Unterschied war zur Ermittlung der Nmin-Restmengen im Boden nach der Ernte mit einer Minderung von 26 kg Nmin/ha besonders ausgeprägt (Abbildung 6). Der Verzicht auf die Anwendung synthetisch hergestellter Mineraldünger in Ökobetrieben ist als Hauptgrund hierfür zu nennen. Im Herbst betrug der Nmin-Differenz im Mittel noch 15 kg Nmin/ha und im Frühjahr nur noch 11 kg Nmin/ha.

Abb. 6: Entwicklung der Nmin-Gehalte bei konventioneller und ökologi- scher Bewirtschaftung 1999 bis 2004 Der deutliche Anstieg des Nmin-Gehaltes auf den Ökoflächen im Zeitraum nach der Ernte bis Vegetationsende ist höchstwahrscheinlich auf die stärkere N-Mineralisierung der organischen Substanz zurückzuführen. Sie hat ihre Ursache in der intensiveren Bodenbearbeitung (Pflugfurche, mechanische Pflege), der stärkeren Anwendung organischer Dünger und dem vermehrten Anbau humus- und stickstoffmehrender Kulturen.

Das Ergebnis ist, dass im Frühjahr zu Vegetationsbeginn der Unterschied der Nmin-Gehalte zwischen konventioneller und ökologischer Bewirtschaftung nur noch

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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etwa 10 kg Nmin/ha betrug. Die Ökoflächen sind offenbar in der Lage, im Zeitraum nach der Ernte bis Vegetationsbeginn den pflanzenverfügbaren N-Pool so aufzu-füllen, dass das N-Angebot zum Vegetationsstart nahezu auf das Niveau kon-ventionell bewirtschafteter Flächen angehoben wird und damit aufgrund der höheren N-Mineralisierungsleistung bessere Startbedingungen für die neue Ernte vorliegen als allgemein anzunehmen wäre.

4. Zusammenfassung

- Die Nmin-Gehalte in Thüringen gingen seit Anfang der 90er Jahre konti-nuierlich zurück und verharren seit Mitte/Ende der 90er Jahre auf diesem Niveau.

- Haupteinflussfaktoren auf den Nmin-Gehalt sind: C Witterung (Niederschlag, Temperatur) C Boden (Bodenart, geologische Herkunft) C Bodennutzung (Fruchtart, Bodenbearbeitung, Düngung) - Da Witterung und Boden vom Landwirt nicht zu beeinflussen sind,

müssen sich die Nmin-Minderungsstrategien auf die Bewirtschaftungs-maßnahmen konzentrieren.

- Das vordringliche Ziel ist, nach der Ernte geringe Nmin-Restmengen im Boden zu hinterlassen bzw. diese bis Vegetationsende auf ein möglichst niedriges Niveau abzusenken. Die Möglichkeiten hierzu sind bekannt und veröffentlicht.

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Einfluss landwirtschaftlicher Nutzung auf die Sickerwasserqualität I. Pfleger1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Für die Erreichung der Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG, 2000) stellen die Reduzierungen von Gewässerbelastungen durch stoffliche Einträge aus der Landwirtschaft eine große Herausforderung dar. Klimaprognosen weisen verstärkt Witterungsextreme auf. Anpassungsmöglichkeiten bestehen in der optimalen Ge-staltung aller Produktionsfaktoren. Nach der Identifizierung von Wasserkörpern gilt es, geeignete Wasserschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft zu beschreiben und be-werten, die eine Nitratreduktion zum Ziel haben (Knoblauch, 2008).

Zur Erfassung der stofflichen Belastungen wurde 1992 in der Thüringer Landes-anstalt für Landwirtschaft (TLL) mit dem Aufbau eines Wasserkontrollmessnetzes und zwölf Wassermessstellen begonnen. Nachfolgend werden langjährige Unter-suchungen von 1993 bis 2006 von einem dränierten Agrarstandort in Ostthüringen vorgestellt. 2. Untersuchungsstandort und Bewirtschaftung

Die Untersuchungen zum Stoffaustrag über das Sickerwasser erfolgten auf einem meliorierten und auswaschungsgefährdeten landwirtschaftlich intensiv genutzten Fahlerde-Pseudogley-Standort im Einzugsgebiet der Trinkwasser-talsperren Weida/Zeulenroda/Lössau. Abb. 1: Dränagemessfeld vom Fahlerde-Pseudogley-Standort

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Die Meliorationsmaßnahmen wurden Anfang der 70er Jahre in Form von Querdränungen durchgeführt. Die Sauger und Sammler des Dränagesystems befinden sich auf den stark verdichteten, weitgehend wasserundurchlässigen Stauschichten in der Tiefe von 80 bis 90 cm.

Abb. 1 zeigt das Dränagemessfeld. Der Ackerstandort wurde schlagüber-greifend auf einer Fläche von 18,7 ha dräniert. In Abhängigkeit von der Hang-neigung und den geologischen Kennwerten erfolgte die Zuordnung des Ein-zugsgebietes auf eine Größe von 42,5 ha. Ein zweiter extra gefasster Dränauslauf umfasste eine meliorierte Fläche von 2,3 ha mit einem Einzugs-gebiet von 2,5 ha. Auf letzterem befindet sich eine Bodendauerbeobachtungs-fläche (BDF) des Messnetzes der TLL zur Erfassung der Veränderungen wesent-licher Bodenfunktionen in unterschiedlichen Agraröko-systemen.

Die Bewirtschaftung des Standortes erfolgt als intensiv genutztes Ackerland. Im Wesentlichen werden Getreide und Raps angebaut (Tab. 1). Das Ertrags-niveau der Agrargenossenschaft ist als relativ hoch einzuschätzen. Tab. 1: Angaben zu Fruchtfolge und Ertrag vom Fahlerde-Pseudogley

Jahr Fruchtart Ertrag (dt/ha)

Jahr Fruchtart Ertrag (dt/ha)

1993 Winterraps 52,3 2000 Wintergerste 82,5 1994 Winterweizen 74,4 2001 Winterraps 49,5 1995 Wintergerste 61,6 2002 Winterweizen 67,9 1996 Winterraps 35,0 2003 Sommergerste 43,9 1997 Winterweizen 72,3 2004 Körnerfuttererbsen 51,8 1998 Silomais 527,0 2005 Winterweizen 80,4 1999 Winterweizen 73,5 2006 Sommergerste 61,4

Mittlere Erträge im Praxisbetrieb: Winterraps (n=3): 47,3 dt/ha Winterweizen (n=5): 73,7 dt/ha Wintergerste (n=2): 72,1 dt/ha

Die Fläche liegt nach der Thüringer Verordnung zur Festsetzung des Wasser-schutzgebietes für die Trinkwassertalsperren Weida/Zeulenroda/Lössau (1998) in der weiteren Schutzzone III B. Unter Beachtung des besonderen Schutzes in Wasserschutzgebieten und der Düngeverordnung (2007) erfolgte die Düngung in den letzten Jahren nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis, d. h. unter Beachtung des standortgerechten Nährstoffentzuges, der fruchtartenspezifischen Leitlinien und der Düngungsempfehlung der TLL (Stickstoffbedarfsanalyse – SBA). Weitere Maßnahmen zur Reduzierung des N-Austrages wurden in einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Wasserunternehmen und der Agrar-genossenschaft zum Schutz des Trinkwassers und zur Ausgleichszahlung für er-höhte Anforderungen im Talsperreneinzugsgebiet Weida - Zeulenroda vereinbart.

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3. Untersuchungsmethode und -parameter

Der sickerwassergebundene Stoffaustrag aus der landwirtschaftlichen Nutz-fläche errechnet sich aus der Sickerwassermenge und –qualität. Das Sicker-wasser wurde unterhalb der durchwurzelbaren Zone über die Sauger und Sammler des Dränagesystems abgeführt und aus den Dränausläufen ent-nommen. Die Erfassung des Dränabflusses erfolgte kontinuierlich durch Auf-zeichnungen über eine Durchflussmengenmesseinrichtung (Abb. 2). Sie be-steht aus einer Auffangwanne für das Dränwasser mit einem Thompsonwehr und dem Trommelschreiber, der über eine Pegelstange mit dem Schwimmer verbunden ist. Ergänzend dazu wurden im wöchentlichen Turnus Kontroll-messungen von der Dränwassermenge pro Zeiteinheit durchgeführt.

Abb. 2: Messeinrichtung für die Erfassung des Dränabflusses Ferner bestand ab 1996 die Möglichkeit über einen batterie-betriebenen, automatisch arbeitenden Einzelprobenehmer kontinuierlich Wasserproben in vorgegebenen Zeitintervallen zu ziehen (Abb. 3). Diese wurden im Mess-gerät pro Woche gesammelt und in Abhängigkeit vom Abflussgeschehen, d.h. von den Aufzeichnungen auf dem Trommelpegelschreiber als Misch- oder Einzelproben in der Abteilung Untersuchungswesen der TLL analysiert.

Abb. 3: Einzelprobenehmer

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Neben der Erfassung des sickerwassergebundenen Stoffaustrages wurden meteorologische Messgrößen in Form von Niederschlag und Deposition ermittelt und analysiert, um das Abflussgeschehen der Regenverteilung zuzuordnen. Für das Erstellen von N-Bilanzen waren weiterhin der biomassegebundene Stoffaus-trag über die Ertragsgröße und den Nährstoffentzug der Pflanze notwendig. 4. Untersuchungsergebnisse

4.1 Dränwasserabflussmessungen Im Mittel der 14-jährigen Untersuchungen betrug die Sickerwasserrate als Dränwasserabfluss auf hydrologische Jahre bezogen 184 mm (Tab. 2). Die Abflussraten lagen vor allem in den trockeneren Jahren unter 100 mm und erreichten im feuchten Jahr 1995 das Maximum mit 323 mm. Im langjährigen Durchschnitt flossen 85 % des Dränwassers im Winterhalbjahr ab. Bemer-kenswert ist, dass in den feuchten Jahren fast ununterbrochen Sickerwasser gebildet und über das Dränagesystem abgeleitet wurde. Dagegen waren die relativ trockenen Untersuchungsjahre von ausgeprägten Abflussperioden ge-kennzeichnet, d.h. im Winterhalbjahr lief relativ viel und in den Sommer-monaten bzw. der Vegetationszeit sehr wenig bzw. gar kein Dränwasser. 4.2 Nitratkonzentrationen im Sickerwasser

Tab. 2: Niederschlag und Dränwasserabfluss

Messzeitraum Niederschlag (mm) Dränabfluss (mm) Dränwasseranteil*) Monat / Jahr Winter-

halbjahr Hydrol.

Jahr Winter- halbjahr

Hydrol. Jahr

Winter-halbjahr

Sommer-halbjahr

11/92 - 10/93 173 514 87 90 97 3 11/93 - 10/94 323 730 192 206 93 7 11/94 - 10/95 280 798 161 323 50 50 11/95 - 10/96 160 654 182 271 67 33 11/96 - 10/97 212 483 184 192 96 4 11/97 - 10/98 206 600 84 119 71 29 11/98 - 10/99 232 590 262 273 96 4 11/99 - 10/00 287 665 191 204 94 6 11/00 - 10/01 181 498 91 97 94 6 11/01 - 10/02 282 652 214 231 93 7 11/02 - 10/03 305 576 185 190 97 3 11/03 - 10/04 136 493 81 100 85 15 11/04 - 10/05 270 612 180 183 98 2 11/05 - 10/06 234 568 85 96 88 12 Mittelwert 234 602 156 184 85 15

*) relativ vom gesamten Dränabfluss in %

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Die Nitratkonzentrationen im Sicker- bzw. Dränwasser lagen im 14-jährigen Mittel bei 91 mg NO3/l (Tab. 3). Gegenüber den kleinsten Werten mit 20 mg NO3/l war der Anteil von hohen Konzentrationen bis zu 300 mg NO3/l relativ groß. Bezugnehmend auf die Trinkwasserverordnung (2001) wurde der Grenzwert von 50 mg NO3/l meist überschritten. Die stärkere Nitratbelastung konnte vor allem zu Beginn der Untersuchungen nachgewiesen werden. Tab. 3: Nitratkonzentrationen im Dränwasser

Messzeitraum Monat / Jahr

Mittelwert (mg NO3/l) (%)

Minimum (mg NO3/l)

Maximum (mg NO3/l)

11/92 – 10/93 11/93 – 10/94 11/94 – 10/95 11/95 – 10/96 11/96 – 10/97 11/97 – 10/98 11/98 – 10/99

170 ) 178 ) 113 ) 90 ) 100 104 ) 89 ) 104 )

27 42 47 55 36 39 42

301 330 157 149 132 130 141

11/99 – 10/00 11/00 – 10/01 11/01 – 10/02 11/02 – 10/03 11/03 – 10/04 11/04 – 10/05 11/05 – 11/06

77 ) 40 ) 60 ) 63 ) 50 66 ) 61 ) 57 )

41 20 20 32 26 37 32

97 53 117 117 179 168 165

Mittelwert 91 35 160 Hervorzuheben ist, dass sich die Nitratkonzentrationen im Dränwasser mit zunehmendem Untersuchungszeitraum wesentlich verringerten. Eine Gegenüberstellung der ersten zu den folgenden sieben Untersuchungsjahren führte zu einer beachtlichen Reduktion der Nitratwerte von 50 %. Diese langjährigen Messreihen zeigen, dass die Nitratkonzentrationen im Drän-wasser bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ab dem Jahr 2000 eine durch-schnittliche Größe von 60 mg NO3/l erreichten. 4.3 N-Austragsgrößen

Die vieljährigen N-Austragsgrößen über das Dränwasser wurden in Abb. 4 zusammengestellt. Die Dränwasserausläufe kennzeichnen die unterschied-lichen Abflussraten in den Sommer- und Winterhalbjahren. Bemerkenswert ist die abnehmende Tendenz der Nitratkonzentrationen im Dränwasser ins-besondere von Beginn der Untersuchungen bis zur Jahrtausendwende.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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Ebenfalls sind die Piks der erhöhten Nitratwerte in der vegetationslosen Zeit sichtbar.

Abb. 4: Dränwasserabfluss, Nitratkonzentration und N-Austrag auf dem Fahlerde-Pseudogley Der über die Säulen dargestellte sickerwassergebundene N-Austrag weist ebenfalls einen abnehmenden Trend aus. Die hohen N-Frachten 1994 und 1995 sind das Resultat der beiden niederschlagsreichen Jahre und den damit verbundenen standortabhängigen größeren Abflussraten und Nitrat-konzentrationen. Mit Ausnahme des Jahres 1999 reduzierten sich die N-Frachten wesentlich und erreichten in den letzten Untersuchungsjahren eine Größenordnung von etwa 30 kg N/ha.

Als eine Ursache für die anfänglich großen Auswaschungsverluste ist das hohe Stickstoffpotential im Boden zu Beginn der Untersuchungen zu sehen. Diese Aus-gangssituation spiegeln die Nmin-Gehalte im Boden in den Jahren 1992 bis 1994 wider (Abb. 5). Eine deutliche Reduzierung der Nmin-Werte auf durchschnittlich 66 kg N/ha in den Jahren1995 bis 2006 konnte durch eine gezieltere pflanzen-bedarfsgerechte Düngung nach der SBA-Methode der TLL ermittelt werden.

Abb. 5: Nmin-Gehalte im Boden in 0 bis 90 cm Tiefe

0

50

100

150

200

250

11/1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

10/2006

Monat/Jahr

Nitr

atge

halt

(mg/

l) bz

w.

Drä

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serm

enge

(mm

)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

N- A

ustr

ag (k

g N

/ha*

a)

N - Austrag (kg/ha * a)Nitratkonzentration (mg/l)Dränwasser (mm)

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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Im vierzehnjährigen Mittel wurde auf dem Untersuchungsstandort eine N-Fracht von durchschnittlich 45 kg N/ha ermittelt (Tab. 4). Die empfehlungs-konformen Düngungsmaßnahmen erfolgten vorwiegend in mineralischer Form nach der SBA der TLL. Im Durchschnitt der Jahre wurden 146 kg N/ha zugeführt. Der pflanzliche N-Entzug lag im langjährigen Mittel bei 158 kg N/ha. Der N-Saldo ergibt sich aus der Differenz N-Zufuhr aus den mineralischen und organischen Düngemitteln und symbiontischer N-Bindung minus N-Abfuhr mit dem Erntegut. Im Mittel der Jahre betrug der N-Saldo des Fahlerde-Pseudogley-Standortes in der Fruchtfolge von Winter-raps bis Sommergerste -12 kg N/ha. Nach Breitschuh und Eckert (2006) wird für den Flächenbilanz-Saldo der Bereich zwischen –50 und +30 kg N/ha zuzüglich einer darauf aufsattelnden, von der Auswaschungsdisposition abhängigen Spanne von 5 bis 20 kg N/ha als tolerabel angenommen. 5. Zusammenfasung

Die Nitratausträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen werden ne- ben der Bewirtschaftung im Wesentlichen vom Abflussregime des Bo- dens und der Witterung beeinflusst.

Zur Frage standortspezifischer vermeidbarer und unvermeidbarer N- Salden als Gefährdungsmaß der Gewässer und deren Relevanz für den Stickstoffaustrag bedarf es weiterer Untersuchungen.

In den vierzehnjährigen Untersuchungen von 1993 bis 2006 auf einem Fahlerde-Pseudogley-Standort konnte durch eine empfehlungskonforme Düngung nach der SBA der TLL eine bedeutende Reduzierung der Nit- ratkonzentrationen im Dränwasser um 50 % und Verringerung der N-Austräge um 45 % erzielt werden.

Im Mittel der Jahre wurde ein negatives N-Bilanz-Saldo von -12kgN/ha errechnet, das in dem nach Breitschuh und Eckert (2006) vorgegebenen Toleranzbereich liegt. Tab. 4: N-Messgrößen von einem Fahlerde-Pseudogley-Standort

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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6. Literatur

Breitschuh, G., Eckert, H., 2006: KSNL – Kriteriensystem zur Analyse und Bewertung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe. KTBL-Workshop Osnabrück

Knoblauch, S., 2008: Bestimmung von standortabhängigen Schwellenwerten für N-Salden mit der Lysimeteranlage Buttelstedt. VDLUFA-Kongress, Jena, Kurzfassung der Referate, S. 139

Knoblauch, S., Herold, L., Pfleger, I., 2004: Einfluss landwirtschaftlicher Nutzung in Thüringen auf die N-Befrachtung der Gewässer und Lösungswege für einen nachhaltigen Schutz des Wassers. Erfurter Geo-grafische Studien, Bd. 11, 55-62

Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie – WRRL), 2000: Amtsblatt EG Nr. L 327/1 vom 22.12.2000

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Bestimmung von standortabhängigen Schwellenwerten für N-Salden mit der Lysimeteranlage Buttelstedt S. Knoblauch1 1 Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung und Zielstellung

Ziel der EU-WRRL ist die Erreichung des guten Zustands der Gewässer bis zum Jahr 2015. Dazu gehört die Einhaltung eines Grenzwertes von 50 mg/l NO3 in Grund- und Oberflächengewässer. In Thüringen verfehlen derzeit etwa 21 der 75 Grundwasserkörper und 9 der 100 Oberflächenwasserkörper diesen Wert. Als wesentliche Ursache wird der diffuse Eintrag aus 41 % der Ackerfläche Thüringens gesehen.

Als Gefährdungsmaß für die N-Befrachtung der Gewässer gilt der N-Saldo als aussagefähigster Indikator. Er bemisst sich als N-Flächensaldo aus der Differenz zwischen N-Zufuhr und –Abfuhr und steht in einem engen Zu-sammenhang zur Höhe der N-Auswaschung. Unter der Bedingung eines optimierten Bewirtschaftungsregimes gilt die N-Auswaschung als unver-meidbar und muss durch Düngung ersetzt werden, wenn es nicht zu einer Abnahme der Bodenfruchtbarkeit kommen soll. Die Höhe des unvermeid-baren N-Austrages stellt deshalb gleichzeitig die Höhe des unvermeidbaren N-Flächensaldos dar, wobei Denitrifikation und Deposition das Verhältnis dieser beiden Größen beeinflussen werden. In Abhängigkeit von den Stand-ortverhältnissen ist eine große Schwankungsbreite zu erwarten. Kenntnisse darüber sind noch weitgehend unzureichend. Zuzüglich eines Toleranz-bereiches von bis zu 30 kg/ha N, der die nicht kontrollierbaren Einflüsse be-rücksichtigt, ergeben sich daraus standortabhängige Schwellenwerte für N-Salden, mit denen der Landwirt überprüfen kann, ob er seine Möglichkeiten einer gewässerverträglichen Bewirtschaftung ausgeschöpft hat oder nicht. Erst wenn dann die Ziele des Gewässerschutzes nicht erreicht werden, kommen zusätzliche Maßnahmen in Betracht, die i.d.R. Mehrkosten ver-ursachen. Bis dahin geht es um kostenneutralen Gewässerschutz mit Maß-nahmen der guten fachlichen Praxis. Die Vorgabe eines Zieles, ohne den Weg dorthin zu reglementieren entspricht damit auch den Vorstellungen nachhaltiger Wirtschaftsweise.

Ziel der Untersuchungen ist es deshalb, mit Hilfe von Modellgefäßen, mit denen der N im gesamten System Pflanze-Boden in situ bilanziert werden kann:

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die Höhe des unvermeidbaren N-Austrages und unvermeidbaren N-Flächen-Saldos für zwei Böden mit deutlich verschiedenem Abfluss-regime zu bestimmen und daraus

bodenhydrologische Parameter der Verlagerungsdisposition für die Übertragung auf andere Böden abzuleiten.

2. Versuchsanlage, Untersuchungsstandorte und Varianten

2.1 Versuchsanlage

Bei den Modellgefäßen handelt es sich um Feldlysimeter mit einer Ober-fläche von 2 m2 und einer Tiefe von 2 bzw. 2,5 m, für die Etablierung eines repräsentativen Pflanzenbestandes und ein ungeschränktes Wurzelwachstum. Die Lysimeter sind monolithisch befüllt, um das für Stoffumsatz und Wasserbewegung entscheidende Bodengefüge nicht zu stören und befinden sich inmitten eines Feldschlages zur Vermeidung von Oaseneffekten. Das Sickerwasser wird z.T. gravitativ über eine inerte Kiesschüttung aus Quarz-schluff und –sand und z.T. unter Einwirkung eines Unterdruckes über keramische Saugkerzen gewonnen. Vier der vierzehn Feldlysimeter sind wägbar für die Erfassung der Wasserhaushaltsgrößen Verdunstung, Nieder-schlag und Sickerwasser. Jede Variante wird mit drei bzw. vier Wieder-holungen geprüft.

Begleitet wird der Lysimeterversuch von zwei Feldversuchen auf den Her-kunftsflächen der Lysimeter für die Bestimmung der Boden-Nmin-Gehalte für die Bemessung der N-Düngung und die Prüfung von zwei zusätzlichen Düngungsvarianten mit einer höheren N-Düngermenge, um zu kontrollieren, dass im Lysimeterversuch der Optimalertrag erreicht wird. 2.2 Untersuchungsstandorte

Bei den Standorten handelt es sich um einen tiefgründigen Braunerde-Tschernosem aus Löß und eine Para-Rendzina aus Verwitterungssubstraten des unteren Keupers. Sie unterscheiden sich wesentlich im Abflussregime, vertreten etwa 66 % der Böden im Thüringer Becken, das in Thüringen 33 % der LN umfasst und befinden sich im Gewässerraum Unstrut, der als diffus mit N belastet einzustufen ist.

Der Braunerde-Tschernosem aus Löss hat einen mehr als 40 cm mächtigen Ap/Ah-Horizont. Als Bodenarten sind stark schluffiger Ton und schluffiger Lehm mit im Tiefenverlauf gleichförmig hohen Schluff - und Tonanteilen vertreten. Der kf-Wert weist bis in den elCc2-Horizont auf eine hohe bis sehr hohe Wasserdurchlässigkeit. Insgesamt deuten Korngrößenzusammen-setzung und Gefüge auf den Abflusstyp eines vorwiegenden Matrixflusses.

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Tab. 2: Ausgewählte Eigenschaften der Untersuchungsstandorte Horizont Corg Nt CaCO3 pH Korngrößenverteilung Skelett kf-Wert uT S U T cm % % % % % % G.-% cm/ d Braunerde-Tschernosem aus Löss Ap 30 1,57 0,17 0 6,3 6,3 62,4 31,5 0 0,4 Ah 42 1,32 0,13 0 6,5 5,9 62,2 32,0 0 53,5 Bv-Ah 58 0,83 0,09 0 6,8 8,4 54,0 37,6 0 387,6 Ah-Bv 63 0,63 0,07 1,6 7,5 9,7 54,9 35,4 0 465 elCc1 93 0,13 0,02 17,3 7,7 15,0 60,9 24,1 0 16,2 elCc2 149 0,34 0,02 13,0 7,8 15,0 57,3 27,7 0 46,1 pal eBvhc

190 0,21 0,03 13,6 7,7 10,5 57,5 31,9 0 1,0

Sd-eBt 210 0,32 0,03 4,5 7,7 7,3 53,4 39,3 0 0,1 Sw-elCc 250 0,18 0,03 19,3 7,8 13,1 51,4 35,5 0 0,2 Para-Rendzina aus unterem Keuper eAp/h 30 1,56 0,16 7,2 7,5 16,4 44,8 38,8 34,0 5,8 II elCv 65 0,3 0,03 16,8 7,6 25,7 49,6 24,7 16,4 12,2 III elCv 72 0,36 0,04 1,1 7,6 31,3 41,4 27,3 11,1 0,7 IV elCv 90 0,03 0,02 13,0 7,7 24,3 55,1 20,6 12,0 3,0 V elCv 100 0,22 0,03 1,1 7,6 37,9 41,7 20,4 15,3 10,2 VIelCv 110 0,19 0,03 5,4 7,6 39,5 38,3 22,1 17,5 6,9 VII Cv 140 0,23 0,03 0 7,5 28,1 47,4 24,5 15,9 0,4 VIII Cv 200 0,25 0,03 0 7,4 39,0 41,9 19,1 30,9 0,3 IX Cv 200 0,2 0,03 0 7,3 47,3 35,0 17,6 17,7 2,0 X Cv 200 0,27 0,03 0 7,4 21,6 53,7 24,7 18,1 1,1

Die Para-Rendzina ist aus CO3-haltigen lockeren und festen Mergelgesteinen hervorgegangen. Der bis in 35 cm Tiefe reichende Ah-Horizont gehört zur Bodenartengruppe Ton. Darunter folgen lehmige, schluffige und tonige Substrate des unteren Keupers mit im Tiefenverlauf stark wechselnden Korn-größenanteilen, Skelett- und Carbonatgehalten. Die Horizontgrenzen sind auf-grund kryoturbater Umlagerungen häufig geneigt, zungen- und taschen-förmig und begründen die Annahme eines hohen Anteils präferentieller Flüsse. 3.4 Klima und Witterung

Die Untersuchungsstandorte liegen im mitteldeutschen Trockengebiet mit einer vieljährigen Niederschlagssumme (1951 bis 80) von 552 mm und ein vieljähriges Temperaturmittel von 8,2 °C.

Die Untersuchungsjahre sind durchgängig zu warm um 1,4; 0,9; 1,4 und 0,9 °C. In den Jahren 2005 und 2006 ist es deutlich zu trocken (88 und 87 % der vielj. Summe). Das Jahr 2007 teilt sich in ein sehr trockenes Winterhalbjahr (75 %) und ein niederschlagsreiches Sommerhalbjahr ab Mai 2007 (150 %). Das hydro-logische Jahr 2008 ist bis September 2008 niederschlagsnormal.

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020406080

100120140160

Nov04

Feb05

Mai05

Aug05

Nov05

Feb06

Mai06

Aug06

Nov06

Feb07

Mai07

Aug07

Nov07

Feb08

Mai08

Aug08

Nie

ders

chla

g (m

m/M

onat

)

NIED NIED normal

Abb. 1: Niederschläge im Untersuchungszeitraum 11/ 2005 bis 9/ 2008 im Vergleich zu den langjährigen Monatssummen

3.3 Düngungsvarianten

Es werden eine mineralische und eine mineralisch-organische Düngungs-variante mit Rindergülle geprüft (Tab. 3). In der vierfeldrigen Fruchtfolge wechseln Silomais, Braugerste, Winterraps und Eliteweizen. Die Höhe der N-Düngung bemisst sich nach den Vorgaben des Stickstoff-Bedarfs-Analyse-Systems (SBA) der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft. In der mineralisch-organischen Variante (4) wird der N-Sollwert (1) um 50 kg/ha*a Gülle-N ersetzt. Der Gülle-N wird in dieser Variante (4) zu 100 % angerechnet In einer weiteren, im Feldversuch geprüften Variante wird der Gülle-N als MDÄ angerechnet (2). Die zusätzliche Variante 3 im Feldversuch prüft eine um 30 % höhere N-Düngermenge. Das Stroh bleibt auf dem Feld. Tab. 3: Düngungsvarianten im Lysimeterversuch Mineralisch (1) Mineralisch-Organisch (4) Silomais N-Sollwert minus Nmin N-Sollwert minus Nmin

minus 100 kg/ha Gülle-N, zur Aussaat

Sommer-Braugerste

N-Sollwert minus Nmin Stroh plus 25 kg/ha Mineral-N

N-Sollwert minus Nmin Stroh plus 50 kg/ha Gülle-N

Winterraps N-Sollwert minus Nmin Stroh N-Sollwert minus Nmin minus 50 kg/ha Kopf-düngung im Frühjahr

Stroh

Eliteweizen N-Sollwert minus Nmin, 2. u. 3. N-Gabe nach Pflanzenanalyse

Stroh N-Sollwert minus Nmin, 2. u. 3. N-Gabe nach Pflanzenanalyse

Stroh

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4. Ergebnisse und Diskussion 5.

4.1 NO3-Konzentration des Sickerwassers und N-Austrag

Die NO3-Konzentration des Sickerwassers der Para-Rendzina beträgt im Mittel der Jahre 80 mg/l mit einer beträchtlichen Streuung zwischen den Lysimetern und innerhalb des Untersuchungszeitraumes (Abb. 2). Im Verlauf der vier Jahre zeigt sich ein abnehmender Trend von durchschnittlich 142 mg/l auf 40 mg/l NO3. Zwischen den beiden Düngungsvarianten sind keine signi-fikanten Unterschiede zu erkennen. Dafür deutet sich ein Zusammenhang zur Substratabfolge an. Para-Rendzinen mit höheren Anteilen Schluff und Lehm (Lys 1, 2, 3) bilden höhere NO3-Konzentrationen als diejenigen mit höheren Tonanteilen (Lys 6, 7), vermutlich infolge von Verdünnungseffekten.

0123456789

10

Lys1 Lys2 Lys3 Lys4 Lys5 Lys6 Lys 7

N-A

ustra

g (k

g/ha

*a)

0

50

100

150

200

250

NO

3-K

onze

ntra

tion

(mg/

l)

N-Austrag NO3-Konzentration

Abb. 2: Nitratkonzentration des Sickerwassers und ihre Streuung und N-Austrag der Lysimeter 1 bis 7 der Para-Rendzina aus unterem Keuper (Lys 1, 2, 6, 7 … Var. Min, Lys 3, 4, 5 … Var. Min-Gülle-Ges-N)

Aufgrund unterschiedlicher Sickerwassermengen gleichen sich diese Unter-schiede in den N-Austrägen wieder aus. Der N-Austrag beläuft sich im Mittel der Jahre auf nur 4 kg/ha*a und ist im Zusammenhang mit der überwiegend trockenen Witterung zu sehen. Auf dem tiefgründigen Braunerde-Tschernosem bleibt die Sickerwasserbildung in allen vier Jahren aus. 4.2 Erträge

Im Jahr 2005 wird mit Anbau von Silomais der Zielertrag erreicht (Tab. 4). In den beiden Folgejahren mit Anbau von Sommergerste und Winterraps ist das aufgrund trockener Witterungsperioden nicht der Fall, obwohl Winter-raps über ein tief reichendes Wurzelsystem für die Erschließung des Unter-

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bodenwassers der tiefgründigen Lösse verfügt. Dazu kommt, dass Brau-gerste auch die Standard-Zielwerte, <11,5 % Rohprotein und >90 % Voll-kornanteil in keiner der vier Varianten erreicht. Unter dem Einfluss nieder-schlagsnormaler Witterung liegt der Ertrag von Winterweizen im Jahr 2008 wieder im Bereich der Erwartungen. Eine um 30 % höhere N-Düngung hat mit Ausnahme eines Jahres (Winterraps, Para-Rendzina) keinen signi-fikanten Einfluss auf den Ertrag. Tab. 4: Erträge im Lysimeter- und Feldversuch Zielertrag Erträge im Lysimeter- und Feldversuch

Min (1) Min-Gülle-Ges-N (4)

Min + 30 % (3)

Min-Gülle-MDÄ-N (2)

dt/ha dt/ha dt/ha % von (1) % von (4) Braunerde-Tschernosem aus Löss Silomais 180 210 191 91 89 Braugerste 80 65 61 100 100 Winterraps 53 41 36 95 103 Eliteweizen 95 90 92 100 97 Para-Rendzina aus unterem Keuper Silomais 150 179 189 - - Braugerste 70 55 59 102 101 Winterraps 44 35 34 109 * 102 Eliteweizen 75 81 91 101 99 Die Abweichungen zwischen den Böden sind unterschiedlich groß und in keinem Fall statistisch zu sichern, trotz des größeren pflanzenverfügbaren Bodenwasserspeichers des Braunerde-Tschernosem aus Löss. 4.3 Sickerwasserbildung

Auf dem Braunerde-Tschernosem beginnen die Untersuchungen am 1.11.2004 mit einem Bodenfeuchtedefizit von -152 mm. In den drei Folge-jahren ist die Situation ähnlich (Abb. 3). In keinem der Winterhalbjahre reicht der Überschuss aus Niederschlag minus Verdunstung aus, um den Bodenwasserspeicher wieder vollständig aufzufüllen. Das erklärt, warum die Sickerwasserbildung in den vier Jahren ausbleibt und Winterraps im Jahr 2007 die Trockenphase im April durch Aufnahme von Unterbodenwasser kaum kompensieren konnte.

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Abb. 3: Bodenfeuchtedefizit zu Beginn des hydrologischen Jahres am 1.11. und Wasserbilanz im darauffolgenden Winter- und Sommer-halbjahr auf dem Braunerde-Tschernosem aus Löss

Auf der Para-Rendzina beträgt die Sickerwasserrate im Mittel der Jahre 27 mm/a mit einer beträchtlichen Schwankungsbreite von 12 bis 57 mm/a zwischen den Lysimetern. Unter der Annahme eines Verweilzeitvolumens von 70 % und einer Feldkapazität von 30 Vol.% würde die Verlagerungs-strecke des Bodenwassers im Zeitraum von 2005 bis 2008 insgesamt nur 23 bis 109 cm ausmachen. Das bedeutet, noch nicht auf allen Lysimetern der Para-Rendzina hat es innerhalb der vier Jahre einen vollständigen Ver-drängungsprozess des Bodenwassers gegeben. Die mittleren Jahressummen betragen 35, 12, 0 und 61 mm. 4.4 Nmin-Gehalt der Böden

Die Aufnahme der Bodenprofile zu Beginn der Untersuchungen ergibt für den Braunerde-Tschernosem in 0 bis 200 cm Tiefe eine Nmin-Anreicherung von 127 bis 281 kg/ha und für die Para-Rendzina eine von 112 bis 302 kg/ha. Die jeweils im Frühjahr in den Folgejahren erfassten Boden-Nmin-Gehalte in 0 bis 90 cm Tiefe belaufen sich auf dem Braunerde-Tschernosem auf 109, 110, 30 und 92 kg/ha und liegen auf dem Para-Rendzina mit 91, 80, 33 und 64 kg/ha etwas niedriger. 4.5 N-Zufuhr-Abfuhr-Saldo

Entsprechend der N-Dünge-Empfehlung (1) ergibt sich im Mittel der Frucht-folge auf dem Braunerde-Tschernosem eine Mineral-N-Menge von 127 kg/ha und auf der Para-Rendzina eine von 131 kg/ha, die in der mineralisch-organischen Variante (4) um 50 kg/ha Gülle-N reduziert wird. Die N-Zufuhr-Abfuhr-Salden sind auf beiden Standorten im Mittel der Fruchtfolge leicht negativ und deuten ebenso wie die Ergebnisse der Boden-

-250-200-150-100-50

050

100150

Winter04/05

So 05 Winter05/06

So 06 Winter06/07

So 07 Winter07/08

So 08

(mm

)

Bodenfeuchtedefizit am 1.11. Wasserbilanz Winter/ Sommer

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Nmin-Analysen (Profil, Jahreswerte) auf ein beachtliches N-Nach-lieferungsvermögen aus dem Boden-N-Pool. Tab. 5: N-Düngung und N-Zufuhr-Abfuhr-Saldo im Lysimeterversuch N-Düngung N-Zufuhr-Abfuhr-Saldo N-Sollwert Min (1) Min-Gülle-

Ges-N (4) Min (1) Min-Gülle-

Ges-N (4) kg/ha kg/ha kg/ha kg/ha kg/ha Braunerde-Tschernosem aus Loess Silomais 200 118 18+100 G -146 -130 Braugerste 94 20 + 251 20 + 50 G1 -76 -39 Winterraps 245 205 155 + 50 +35 +79 Winterweizen 170 140 140 -493 -533 -59 -36 Para-Rendzina aus unterem Keuper Silomais 190 110 10+100 G -94 -100 Braugerste 90 40 + 251 35 + 50 G1 -20 -12 Winterraps 210 180 130 + 50 +62 +69 Winterweizen 170 170 180 02 -112 -13 -14

1 25 kg/ha Mineral-N bzw. 50 kg/ha Gülle-N zur Strohrotte 2 Annahme 2,11 % N-Gehalt im Korn, da Analyseergebnisse noch nicht vorliegen 6. Zusammenfassung

Es wird eine 4-jährige Ergebnisreihe über die N-Auswaschung unter dem Einfluss optimierter Düngung für die Bestimmung des unvermeidbaren N-Austrages vorgestellt. Unter dem Einfluss trockener und warmer Witterung beläuft sich die NO3-Konzentation des Sickerwassers auf der Para-Rendzina auf 80 mg/l und beträgt der N-Austrag 4 kg/ha. Auf dem Braunerde-Tschernosem bleibt die Sickerwasserbildung aus. Die starke Streuung der Messwerte der N-Verlagerung auf der Para-Rendzina lässt die hohe Ver-lagerungsdisposition dieses Standortes erkennen. Im Verlauf der vier Jahre ist noch nicht von einem vollständigen Verdrängungsprozess auszugehen. Die leicht negativen N-Salden deuten aber auf das Potenzial optimierter Be-wirtschaftung für geringe N-Salden, wenngleich negative N-Salden nicht das Ziel nachhaltiger Wirtschaftsweise sind. Für die Ableitung des unvermeid-baren N-Austrages ist der Untersuchungszeitraum noch zu kurz und der Durchlauf von mindestens zwei Fruchtfolgen notwendig.

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Austragsverhalten von Nitrat und Glyphosat bei konventioneller und konservierender Bodenbearbeitung auf einem Lössstandort G. Machulla1, O. Nitzsche1, W. A. Schmidt2 1Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft, Leipzig, 2Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Leipzig 1. Einleitung und Problemstellung

Die Landschaft in den fruchtbaren Ackergebieten der naturräumlichen Ein-heit „Mittelsächsisches Lösshügelland“ ist durch mittel (5-10 %) und stark (10-15 %) geneigte Flächen gekennzeichnet Aufgrund dieser Flächen-neigungen und der hohen Verschlämmungsanfälligkeit der hier verbreiteten Lössböden sind etwa 60 % der gesamten sächsischen Ackerfläche bei Stark-niederschlägen extrem erosionsgefährdet (Schmidt, 1994). Die durch das Niederschlagswasser verursachte Bodenerosion kann an den betroffenen Standorten wie auch den benachbarten Arealen eine empfindliche Ver-ringerung der Leistungsfähigkeit der Böden verursachen. Als wirkungsvolle Vorsorge- und Schutzmaßnahmen zur Minderung von Erosion und der damit verbundenen punktuellen sowie diffusen Schadstoffeinträge in Gewässer wird auf geneigten Lößstandorten ein dauerhafter Einsatz der konservierenden Bodenbearbeitung und des Direktsaatverfahrens empfohlen (Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2004). Die Akzeptanz dieser bodenschutzorientierten innovativen Bearbeitungsverfahren wird jedoch durch einige Unsicherheiten gemindert. Hierzu gehört u. a. die Annahme eines höheren sickerwassergebundenen Agrochemikalieneintrages in den Unterboden aufgrund des reduzierten Oberflächenabflusses von den pfluglos und im Direktsaatverfahren bearbeiteten Flächen.

Es sollen hier die auf unterschiedlich bewirtschafteten Ackerflächen durch-geführten Beregnungssimulationsversuche vorgestellt werden, welche zur Charakterisierung des vertikalen und horizontalen Transportverhaltens von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln dienen. 2. Material und Methoden

Die Untersuchungen zum Wasser- und Agrochemikalientransport fanden auf den landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen am Standort Lüttewitz in der „Lommatzscher Pflege“ statt. Dazu wurde auf einem Praxisschlag innerhalb der bestehenden Bewirtschaftungssysteme mittels einer Beregnungsanlage eine Extremsituation (worst-case-Szenario) bezüglich erosionswirksamer Niederschlagsereignisse simuliert. Die zu beregnenden 1 m2 großen Ver-

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suchsparzellen wurden am Mittelhang des Schlages in 4-facher Wieder-holung auf einer Fläche von ca. 24 x 24 m in den Varianten Pflug, Mulchsaat und Direktsaat angelegt. Die Beregnungsversuche fanden am 16.-17. Oktober 2006, 26.-27. März 2007 und 17.-19. September 2007 statt.

Auf drei Beregnungsparzellen jeder Bearbeitungsvariante wurden das Düngemittel Ammonnitrat-Harnstoff-Lösung (AHL, 25 l/ha) und das nicht selektive Herbizid Durano (Wirkstoff Glyphosat, 2 l/ha) appliziert. Die vierte Beregnungsparzelle wurde mit dem Farbstoff Brillant Blau (BB, 300 g/m2) behandelt, um die Wassersickerung zu kennzeichnen. Der Stoffapplikation und einer Einwirkungszeit von ca. 20 Minuten folgte eine Parzellen-beregnung mit einer Dauer von 20 Minuten und einer Intensität von 1,9 mm/min.

Zwecks Wasserabfluss- und Bodenabtragsmessungen wurde das während der Beregnungssimulationen oberflächlich abfließende, den abgespülten Boden beinhaltende Wasser im Minutentakt in 2 l Plastikflaschen aufgefangen. Die Bodenbeprobung nach der Regensimulation am 17.-19. September 2007 fand erst am 22.-26. Oktober statt. Für die Untersuchungen zur Tiefenver-teilung der applizierten Stoffe wurden einen Tag nach der Beregnung ca. 1,20 m tiefe Schürfe quer zur Fliessrichtung ausgehoben und Bodenmisch-proben aus den Profilwänden entnommen, dann in Kühlboxen transportiert und bis zur endgültigen Analytik bei -20° C gelagert. Folgende Bodenpara-meter wurden mittels standardisierter Verfahren ermittelt: Bodenwasser-gehalt/ Trockensubstanz (in Gew. %) nach Trocknung des feldfrischen Bodenmaterials bei 105 °C bis zur Gewichtskonstanz; NO3-N entsprechend dem VDLUFA-Methodenbuch „Bodenuntersuchung“ (1991/2002); Glyphosat nach der Extraktion mit Ammoniaklösung aus dem Boden-material, anschließender Nachsäulen-Derivatisierung und Umsetzung zu einer fluoreszierenden Verbindung (DFG, 1991); Makroporenanzahl (Poren mit einem Durchmesser > 0,5 mm) mittels Kartierung einer Fläche von 30 x 35 cm2 im 10 x 10 cm2 Raster. 3. Ergebnisse

3.1 Oberflächenabfluss, Nitrat-N- und Glyphosatfrachten

Die ermittelten Bodenwassergehalte zeigten, dass die konservierend bewirt-schafteten Flächen an drei Untersuchungsterminen bis zu 5 % höhere Wassergehalte als der gepflügte Boden aufwiesen (Tab. 1).

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Tab. 1: Rahmenbedingungen der Beregnungsversuche

Parameter Beregnungs-termin Pflug Mulchsaat Direktsaat

Bodenfeuchte vor der Beregnung (Vol. %) n=4

Okt 2006 Mrz 2007 Sept 2007

24,4 28,4 28,9

27,2 30,9 30,6

27,6 33,2 32,7

Bedeckungsgrad* (%) n=4

Okt 2006 Mrz 2007 Sept 2007

0,5 96 18

33 84 20

83 81 98

Makroporen/Tiefe 0-50 cm (Mittelwert pro dm2, n=6) Mrz 2007 152 320 258

*Bedeckung durch: hauptsächlich Stroh – Oktober 2006, September 2007; hauptsächlich Pflanzen – März 2007 Der höhere Bodenbedeckungsgrad mit Strohauflage und die ebenfalls höhere Makroporendichte in den Varianten Mulchsaat und Direktsaat im Vergleich zu der Pflug-Variante bewirken eine Reduzierung der Bodenverschlämmung einer-seits und eine makroporengebundene Ableitung des Niederschlagswassers in den Unterboden andererseits, so dass bei der Gesamtbewertung des ab-geflossenen Wassers eine beträchtliche Verminderung des erosionswirksamen Oberflächenabflusses um 38 bzw. 63 % festgestellt wurde (Tab. 2). Tab. 2: Gesamtoberflächenabfluss in Abhängigkeit von der Bodenbe-

arbeitung

* Verregnete Menge pro Variante an drei Versuchsterminen - 342 000 ml Die Nitrat-Frachten (Tab. 3) und der Glyphosataustrag (Abb. 1) gestalten sich differenziert und entsprechen im Wesentlichen den Mengen des jeweiligen Oberflächenabflusses. In der Gesamtbetrachtung der drei Untersuchungstermine ordnen sich die NO3-N-Frachten wie folgt an: Pflug -329 mg m-2, (Summe der 3 Termine und 3 Wiederholungen) Mulchsaat -228 mg m-2 und Direktsaat -204 mg m-2.

Abfluss (ml) Pflug Mulchsaat Direktsaat

Abflusssumme der 3 Beregnungs-termine* 91972 56637 34290

Relativ zur Pflugvariante 1 0,62 0,37

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Folglich wird durch die letzteren Bewirtschaftungsverfahren die Nitrat-Immission in die benachbarten Ökosysteme um 31 bis 38 % reduziert. Tab. 3: NO3-N-Menge (mg m-2, Mittelwerte, n=3) im Oberflächenabfluss Variante Okt 2006 Mrz 2007 Sep 2007 Pflug 203* 48 78 Mulchsaat 12 58 158 Direktsaat 13 179 12

* Applizierte NO3-N-Menge - 224 mg m-2 In der Summe aller Beregnungstermine weisen die Mulch- und Direktsaat-varianten 47 bis 58 % höhere Herbizidaustragsmengen auf, jedoch sind die absoluten Werte der Glyphosatfrachten generell gering und betragen maximal 2,53 % der applizierten Herbizidmenge.

0

0,4

0,8

1,2

1,6

2

Pflug

Mulchs

aat

Direkts

aat

Glyphosat [mg m-2] Okt 06

Mrz 07

Sep 07

Abb. 1: Glyphosataustrag mit Oberflächenwasser (applizierte

Glyphosatmenge – 72 mg m-2) Die höhere, an den Oberflächenabfluss gebundene Herbizidfracht, die auch bei konservierender Bodenbearbeitung auftreten kann, ist mit dem aufgrund der Mulchauflage reduzierten Kontakt zum Boden und der damit verbundenen leichten Herbizidabspülung von der Mulchoberfläche zu erklären. Zudem erfolgte die Beregnung unmittelbar nach Applikation des Herbizides. Unter praxisüblichen Bedingungen ist mit einer längeren Zeitspanne zwischen Applikation und Niederschlag zu rechnen, so dass in der Zwischenzeit der Ab-bau des Wirkstoffes bereits vorangeschritten ist bzw. bei leichteren Nieder-schlägen eine Einwaschung in die Bodenmatrix erfolgen kann.

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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3.2 Wasserinfiltration, Nitrat-N- und Glyphosattiefenverteilung Die an drei Beregnungsterminen erzielten Ergebnisse zeigen deutlich (Abb. 2), dass das Niederschlagswasser auf der konservierend und der im Direkt-saatverfahren bewirtschafteten Fläche tiefgründiger als in der Pflugvariante infiltrieren und hauptsächlich in der Bodenschicht zwischen 40 und maximal 100 cm bevorratet werden kann. Infolge der hier bis zu 3,3 % höheren Bodenwassergehalte können in der Mulch- und Direktsaatvariante im Ver-gleich zu der gepflügten Fläche bis zu 18 bzw. 30 Liter Wasser pro m2 (für die gemittelte Rohtrockendichte von 1,5 g cm-3 und die Bodentiefe 40-100 cm kalkuliert) mehr den Pflanzen zur Verfügung stehen. Diese zusätz-lichen Wasserreserven können sich insbesondere während niederschlags-armer Perioden zu Anfang der Vegetationszeit als sehr ertragsrelevant aus-wirken.

Die Untersuchungen von Bodenproben, die im 10 cm x 10 cm Raster aus der Profilwandfläche von einem Quadratmeter auf der Parzelle 4 entnommen wurden, haben gezeigt, dass das Sickerwasser am untersuchten Lößstandort bis in den Unterboden gelangen kann wenn die Bodenfeuchte über 28 Gew. % beträgt. Dadurch können Niederschläge insbesondere in den dauerhaft pfluglos und im Direktsaatverfahren bewirtschafteten Böden im Bereich ab der Unterkrume gespeichert werden. Die im Wasser gelösten Stoffe können hierbei tiefer als im gepflügten Boden eingetragen werden.

-100-90-80-70-60-50-40-30-20-10

010 14 18 22 26Tiefe

[cm]

-100-90-80-70-60-50-40-30-20-10

010 14 18 22 26

-100-90-80-70-60-50-40-30-20-10

010 14 18 22 26

[%]

Abb. 2: Wassergehalt der im a) Oktober 2006, b) März 2007 und c)

Oktober 2007 untersuchten beregneten Flächen (Varianten: Pflug , Mulchsaat , Direktsaat ; signifikante

Unterschiede: Mulchsaat vs. Pflug, Direktsaat vs. Pflug, / Mulchsaat vs. Direktsaat, Tukey-HSD-Test, p < 0,05)

a b c

/

/

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Die tiefenbezogenen NO3-N-Gehalte (Abb. 3) zeigten im Wesentlichen das gleiche Verhalten wie das den Boden durchsickernde Niederschlagswasser. Die ermittelten termin- und variantenabhängigen Unterschiede (Abb. 3a, b, c) hängen mit dem jeweiligen aktuellen, der Beregnung vorangehenden Stickstoffstatus der Versuchsflächen zusammen.

-100-90-80-70-60-50-40-30-20-10

00 5 10 15 20 25Tiefe

[cm]

-100-90-80-70-60-50-40-30-20-10

00 5 10 15 20 25

-100-90-80-70-60-50-40-30-20-10

00 5 10 15 20 25

[mg kg-1]

Abb. 3: NO3-N-Gehalt der im a) Oktober 2006, b) März 2007 und c) Oktober 2007 untersuchten beregneten Flächen (Legende s. Abb. 2)

Die höheren Wasser- und Nitratvorräte, die im Unterboden der mit Mulch- und Direktsaatverfahren bewirtschafteten Flächen festgestellt wurden, er-klären auch die hier ebenfalls höhere Durchwurzelungsintensität in Kultur-pflanzenbeständen. Entsprechend den Ergebnissen aus den Jahren 1999-2001 zur Durchwurzelungsintensität in Zuckerrübenbeständen betrug die Gesamt-wurzellänge in der Tiefe von 60-80 cm und Fläche von 16 dm2 für die Pflug-variante 15 cm, Mulchsaat- 26 cm und Direktsaatvariante 25,5 cm (Nitzsche et al., 2002).

Die Untersuchungen von Bodenproben ergaben, dass das applizierte Glyphosat sich nach jeder Regensimulation hauptsächlich in den oberen 40 cm verteilt hat. Die geringste Einwaschungstiefe von 20 cm wurde im trockenen Boden (Beregnung im Oktober 2006) beobachtet Bei hohen Bodenwassergehalten konnte das Herbizid bis in die Tiefe von 50 cm ein-gewaschen werden. Dieser Sachverhalt war nur im gepflügten Boden nach der Beregnung im September mit der Probenahme im Oktober 2007 zu be-obachten. Naturgemäß wirkt sich hierbei das kurz vor der Regensimulation erfolgte Pflügen gegenüber dem präferentiellen Fliessen der Niederschläge als fördernd aus. Im Vergleich zu den Mulch- und Direktsaatvarianten wies der gepflügte Boden an zwei von drei Versuchsterminen eine größere Herbizidmenge im Oberboden auf (Abb. 4). Bei der pfluglosen Boden-

a b c

/

/

//

/

/

/

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bewirtschaftung gelangten 11 bis 17 % und beim Pflugeinsatz 32 % des applizierten Glyphosats in den Oberboden.

05

1015202530

Pflug

Mulchs

aat

Direkts

aat

Glyphosat [mg/m2]

Okt 06Mrz 07Sep 07

Abb. 3: Glyphosateintrag in den Boden in Abhängigkeit von der Bodenbe-

arbeitung und dem Beregnungstermin Die dargestellten Untersuchungen von Glyphosat wurden an den Boden-proben von derjenigen Parzelle pro Variante durchgeführt, die den niedrigsten Oberflächenabfluss und demzufolge die größte Wasserinfiltration aufwies. Diese, ohne Feldwiederholung erzielten Ergebnisse, sind deshalb als Basis für eine Prognoseerstellung bezüglich der Herbizidverlagerung nur im eingeschränkten Maße geeignet 4. Schlussfolgerungen

Die drei Feldberegnungsversuche zum Wasser- und Stofftransport haben ge-zeigt, dass durch den Übergang von konventionellen zu konservierenden Bodenbearbeitungssystemen und Direktsaat eine nachhaltige, zwei- bis drei-fache Reduzierung des Oberflächenabflusses und des Bodenabtrages erreicht werden kann. Der Nmin-Austrag verringert sich hierbei um das Eineinhalb-fache.

Für das im Unterboden der Mulchsaat- und Direktsaatvarianten nach-gewiesene Nitrat besteht die Möglichkeit, sowohl durch die bis dahin reichenden pflanzlichen Wurzelsysteme der Haupt- und der Zwischenfrucht als auch durch die zumindest in den Makroporen metabolisch aktive Bodenmikroflora aufgenommen zu werden.

Der gepflügte Boden wies im Vergleich zu dem in Mulchsaat- und Direkt-saatverfahren bewirtschafteten Boden bis zu 65 % höhere Glyphosatgehalte auf. Demzufolge können die letzteren in der Gesamtbetrachtung des Herbizideintrages in den Boden als schonende Bewirtschaftungsverfahren im Sinne des stofflichen Bodenschutzes angesehen werden. Diese unter

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simulierten Starkniederschlägen erzielten, vielversprechenden Ergebnisse müssen allerdings durch Boden- und Wasseruntersuchungen auf weiteren dauerhaft konservierend bewirtschafteten Flächen von Praxisbetrieben ab-gesichert werden. 5. Literatur

Casida, L. E., 1964: Soil dehydrogenase activity. Soil Science 98, 371-376

Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.) 1991: Rückstandsanalytik von Pflanzenschutzmitteln, Mitteilung VI der Senatskommission für Pflanzenschutz-, Pflanzenbehandlungs- und Vorratsschutzmittel, Methodensammlung der Arbeitsgruppe „Analytik“. VCH, Darmstadt, 197 S.

Nitzsche, O., Krück, S., Zimmermann, M., 2002: Entwicklung von dauerhaft umweltgerechten Landbewirtschaftungsverfahren im sächsischen Ein-zugsgebiet der Elbe. Abschlussbericht. Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, Leipzig, 130 S.

Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft (Hrsg.), 2004: Bodenschutz in der Landwirtschaft. Starke und Sachse, Dresden, 50 S.

Schinner, F., Öhlinger, R., Kandeler E., 1991: Bodenbiologische Arbeits-methoden. Berlin, Heidelberg, Springer, 389 S.

Schmidt, W., 1994: Statusbericht zur Erosion im Freistaat Sachsen 1993. Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft (Hrsg.), Fachbereich Bodenkultur und Pflanzenbau, Leipzig

Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungs-anstalten (VDLUFA) (Hrsg.), 2002: Methode A 6.1.4.1 Bestimmung von mineralischem Stickstoff (Nitrat u. Ammonium) in Bodenprofilen (Nmin-Labormethode). In: Handbuch der Landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (VDLUFA-Methodenbuch), Band I Die Unter-suchung von Böden, 4. Aufl., 3. Teillieferung

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Bewertung Thüringer Ackerböden nach Restriktionen der Klärschlammverordnung V. König1 1 Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung und Zielstellung

Mit der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) vom 15. April 1992 wird die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm bundesweit einheitlich geregelt. Das aus volkswirtschaftlicher Sicht gewollte und ökonomisch sinn-volle Recycling dieses Siedlungsabfalls ist teilweise umstritten. Der bei der Abwasserreinigung entstehende Klärschlamm enthält mit etwa 2,2 % Phosphor (P) und 4,0 % Stickstoff (N) in der Trockenmasse wesentliche Nährstoffmengen (Henke, 2008), ist aber im Prozess der Abwasserreinigung eine Schadstoffsenke. Dabei stellen heute nicht mehr so sehr die Schwer-metalle das Problem dar, sondern Isolierflüssigkeiten, Flammschutzmittel, Reiniger oder Duftstoffe (Bernhard, 2008).

Deshalb ist die AbfKlärV das entscheidende Regelwerk, um die ordnungs-gemäße und schadlose Verwertung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen vor allem durch die Begrenzung von Aufwandmengen und Zeiträumen sicherzu-stellen.

Im Vollzug der AbfKlärV überwachen die zuständigen landwirtschaftlichen Fachbehörden die Einhaltung der Voraussetzungen und die Restriktionen für die Aufbringung des Klärschlamms auf die Nutzflächen. Eine dieser Voraus-setzungen ist die Bodenuntersuchung von den potenziellen Einsatzflächen, um einerseits die Nährstoffgehalte zur Gewährleistung einer sachgerechten Düngung nach den Vorgaben der Düngeverordnung zu ermitteln. Andererseits sind die Gehalte an Cadmium (Cd), Blei (Pb), Quecksilber (Hg), Chrom (Cr), Nickel (Ni), Kupfer (Cu) und Zink (Zn) im Abstand von zehn Jahren zu analysieren, um den Schwermetallstatus der Böden festzu-stellen. Das ist erforderlich, damit die Böden mit erhöhten Schwermetall-gehalten keinen Schwermetalleintrag durch Klärschlammaufbringung er-halten. Diese Daten werden von den Fachbehörden im Landesaufbringungs-plan nach § 8 AbfKlärV (Klärschlammkataster) gespeichert und ausgewertet

Zielstellung dieses Beitrags ist die Darstellung und Diskussion der Eignung landwirtschaftlich genutzter Ackerböden in Thüringen für die Klärschlamm-verwertung

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C anhand der Bodenuntersuchungsergebnisse nach § 3 Abs. 2 u. 4 der Klärschlammverordnung und deren Bewertung

C unter besonderer Berücksichtigung des Schwermetallstatus der Acker-böden.

2. Methodik

In Thüringen wird der Vollzug der AbfKlärV in Verbindung mit einer speziellen Verwaltungsvorschrift (VV, 1995) von den sieben Landwirt-schaftsämtern wahrgenommen. Mit der Führung des Landesaufbringungs-plans ist die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) beauftragt. Das gilt ebenso für die Durchführung der Bodenuntersuchungen nach § 3 Abs. 2 u. 4 AbfKlärV. Somit verfügt die TLL u. a. über den vollständigen Überblick hinsichtlich der Bodenuntersuchungsdaten von Ackerflächen, die aufgrund

C ihrer Eignung mit Klärschlamm gedüngt wurden C der Überschreitung von begrenzenden Parametern für die Klär-

schlammaufbringung gesperrt sind.

Die Sperrung ist erforderlich, wenn die Grenzwerte für die Schwermetalle nach § 4 Abs. 8 AbfKlärV überschritten sind. Weiterhin ist in § 4 Abs. 9 AbfKlärV festgelegt, dass Böden, deren Zielwert über pH 5 im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung liegt, bei Unterschreitung dieses Wertes und vor einer Klärschlammaufbringung der Aufkalkung mit Düngekalken bedürfen.

Die diesbezüglichen Besonderheiten in Thüringen bestehen einerseits darin, dass vor der Klärschlammaufbringung der analytische Nachweis für den Aufkalkungserfolg bei Böden mit pH-Werten < 5,1 erbracht werden muss. Andererseits ist in Thüringen in Untersetzung von § 3 Abs. 1 AbfKlärV (Einhaltung der Bestimmungen des Düngemittelrechts/der Düngever-ordnung) geregelt, dass die Aufbringung von Klärschlamm auf Böden mit Gehaltsklasse E bei Phosphor nicht zulässig ist (VV, 1995). In der TLL werden die entsprechenden Daten seit 1993 im Klärschlamm-kataster erfasst. Damit ist eine Auswertung über die Zeitreihe möglich. Die vorliegende Auswertung betrifft den Zeitraum 2002 - 2007. In Tab.1 ist er-sichtlich, dass in Thüringen jährlich etwa 1 800 Bodenproben von rd. 4 800 ha Ackerfläche entnommen und untersucht werden.

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Tab. 1: Untersuchungsumfang im Zeitraum 2002 – 2007

Bezug 2002 2003 2004 2005 2006 2007 gesamt

Anzahl Proben 1 287 1 872 1 830 1 981 1 594 2 058 10 622

Fläche (ha) 3 522,0 5 159,0 4 846,1 5 358,6 4 224,3 5 469,4 28 579,4

Bei diesen Proben werden grundsätzlich der pH-Wert und der Phosphor(P)-, Kalium(K)- sowie der Magnesium(Mg)-Gehalt analysiert. Von 86,3 % der Fläche wurden die Schwermetallgehalte bestimmt, d. h. von 13,7 % der Fläche lagen die Ergebnisse bereits aus vorhergehenden Untersuchungen vor. Aus dem Untersuchungsumfang ergibt sich, dass jährlich 0,8 % der Ackerfläche Thüringens zum Zwecke der Aufbringung von Klärschlamm untersucht werden. 3. Ergebnisse

3.1 Konsequenzen der Bodenuntersuchung

In Abb. 1 ist ersichtlich, dass im Gesamtergebnis der Bodenuntersuchung 17,7 % der untersuchten Ackerflächen für die Klärschlammaufbringung gesperrt worden sind. Das resultiert daraus, dass 8 % der Flächen grenzwertüberschreitende Ge-halte bei einem oder mehreren Schwermetallen aufgewiesen haben. Bei 1,6 % der Flächen liegen pH-Werte < 5,1 vor. Der größte Anteil an Sperrflächen ergibt sich daraus, dass bei 9,8 % der Flächen P-Gehalte > 10,4 mg/100 g Boden analysiert worden sind. Somit sind insgesamt 82,3 % der Thüringer Ackerflächen für den Klärschlammeinsatz hinsichtlich ihrer Bodenparameter geeignet

Die langjährige Auswertung der Bodenuntersuchungsergebnisse hat gezeigt, dass sich auch bei dieser Grundgesamtheit an Daten die in der Praxis beobachteten Tendenzen bei der Entwicklung der Nährstoffversorgung widerspiegeln. So ist im Vergleich zum Zeitraum 1997 - 2001

C der Anteil mit P hoch versorgter Flächen von 16 % auf 10 % zurückgegangen C der Flächenanteil mit pH-Werten < 5,1 von 0,6 % auf 1,6 % angestiegen.

Das ist die Folge der häufig unterlassenen Grunddüngung in der landwirtschaft-lichen Praxis infolge ökonomischer Zwänge.

Der deutliche Rückgang Flächen mit P-Gehaltsklasse E ist der Hauptgrund dafür, dass auch der Anteil der Sperrflächen im Vergleich zum Zeitraum 1997 - 2001 von 22 % auf 17,7 % abgenommen hat. Der Flächenanteil mit grenzwertüber-schreitenden Schwermetallgehalten liegt in Thüringen über die Jahre im Mittel stabil bei etwa 6 bis 8 %. Allerdings gibt es regional deutliche Unterschiede.

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Abb.1: Ergebnisse der Bodenuntersuchung zur Eignung der Ackerflächen 3.2 Einfluss des Schwermetallstatus auf die Flächeneignung Zunächst ist festzustellen, dass der Schwermetallstatus Thüringer Acker-böden durch hohe Flächenanteile mit niedrigen Schwermetallgehalten ge-kennzeichnet ist (Tab. 2). Tab. 2: Statistische Kennwerte der Schwermetallgehalte von Thüringer

Klärschlammeinsatzflächen (2002 - 2007; n = 9 213 Proben)

Schwer-metall

Perzentile 2) Maxi-

malwertGrenzwert

(AbfKlärV) 25 50

(Median-wert)

75 95

Gehalte (mg/kg Boden) Cu 12,8 19,2 25,4 37,1 303 60 Cd 0,16 0,21 0,26 0,39 17,6 1,01)/1,5 Cr 24,1 31,3 40,3 56,1 718 100 Pb 19,6 23,8 30,3 48,4 946 100 Ni 17,1 25,2 34,3 55,1 550 50 Zn 50,9 59,7 73,7 118 1 310 1501)/200 Hg 0,054 0,067 0,086 0,17 1,590 1,0

1) für leichte Böden mit < 5 % Tongehalt oder pH > 5 ... < 6 2) z. B. 75. Perzentil: Ist der Schwermetallgehalt der Probe-Nr. 6 910 (75 % von

9 213 Proben), nachdem die Gehalte der Größe nach aufsteigend sortiert wurden.

9,8

8,0

1,6

17,7

0

2

4

6

8

10

12A

ntei

l (%

) der

unt

ersu

chte

n Fl

äche

Ursachen für die Sperrung der Ackerflächen

Phosphor-Gehalt zu hoch

Überschreitung eines oder meh-rerer Schwer-metall-Grenzwerte

pH-Wert zu niedrig

Phosphor-Gehalt zu hoch und/oderÜberschreitung eines oder meh-rerer Schwerme-tall-Grenzwerte und/oder pH-Wert zu niedrig

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Selbst die 95. Perzentilwerte liegen mit Ausnahme von Ni noch deutlich unter den Grenzwerten der AbfKlärV. Das niedrige Gehaltsniveau gilt be-sonders für die ökotoxikologisch relevanten Schwermetalle Cd, Pb und Hg.

Abb. 2: Differenzierung der Schwermetallgehalte Thüringer Ackerböden im Vergleich zu den Grenzwerten (GW) der AbfKlärV (n = 7 284 Proben; 2002 - 2006)

In Abb. 2 sind die Flächenanteile differenziert nach ihren Schwermetallgehalten im prozentualen Bezug zu den Grenzwerten der AbfKlärV dargestellt. Daran ist erkennbar, dass z. B. bei Cd ebenso wie bei Hg mehr als 90 % der Flächen im sehr niedrigen Gehaltsbereich von < 25 % zum Grenzwert liegen. Für Cd, Hg und Pb gilt, dass nahezu alle Flächen einen Gehaltsstatus von < 50 % zum jeweiligen Grenzwert haben.

Bei den Schwermetallen Cu, Zn und Cr sind das mehr als 85 % der Flächen. Abweichend davon hat die etwa die Hälfte der Flächen im Vergleich zum Grenzwert erhöhte Gehalte. Ein größerer Flächenanteil weist Ni-Gehalte in der Größenordnung des Grenzwertes und darüber auf. Ursache dafür sind die gesteinsbedingt höheren Gehalte der Muschelkalk- und Keuperböden in Thüringen. In den geogenen Bindungsformen ist Ni wenig pflanzenverfüg-bar und deshalb für die Nahrungskette nicht bedenklich.

Wesentlich sind die Flächen, die grenzwertüberschreitende Schwermetall-gehalte haben (Abb. 3). Diese Flächenanteile haben die Rangfolge Ni >Zn/Cu/Cr >Pb >Cd >Hg. Mit Ausnahme von Ni betragen die Flächenanteile weniger als 1 %.

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

Ni Zn Cr Cu Pb Cd Hg

unte

rsuc

hte

Ack

erflä

chen

> GW76 %...GW51... 75%26... 50%<=25%

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Aufgrund der Umweltrelevanz des Cd stehen die Flächen mit grenzwert-überschreitenden Gehalten im Fokus der TLL als landwirtschaftliche Fach-behörde. Diese Flächen werden in Abstimmung mit den unteren Boden-schutzbehörden durch Detailuntersuchungen hinsichtlich ihrer Eignung für die Nahrungs- und Futterpflanzenerzeugung überprüft. Daraus resultieren gegebenenfalls Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen gemäß § 5 Abs. 5 der Bundes-Bodenschutzverordnung. Abb. 3: Flächenanteile mit Überschreitung der Schwermetallgrenzwerte

(2002 - 2007) 4. Zusammenfassung

Das Thüringer Klärschlammkataster ist eine wichtige Datengrundlage zur Charakterisierung des Nährstoff- und Schwermetallstatus der potenziellen Klärschlammeinsatzflächen. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Thüringer Ackerböden mit wenigen Ausnahmen einen unbedenklichen Schwermetallstatus haben. Durch die gesetzlich vorgeschriebenen Boden-untersuchungen wird der Überblick jährlich erweitert. Flächen mit grenz-wertüberschreitenden Gehalten werden der TLL als Fachbehörde durch die Bestimmung des TLL-Labors als Untersuchungsstelle im Vollzug der AbfKlärV in Thüringen grundsätzlich bekannt. Damit können diese bei fach-licher Notwendigkeit mit einem Schwermetall-Monitoring anhand von Boden- und Pflanzenuntersuchungen hinsichtlich der Unbedenklichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung mehrjährig überwacht werden. Derartige Untersuchungen konzentrieren sich in Thüringen auf landwirtschaftliche Nutzflächen mit erhöhten Cd-Gehalten.

Flächenanteil mit Grenzwertüberschreitung bei Schwermetallen

6,3

0,8 0,90,6 0,4 0,2 0,03

8,0

0

2

4

6

8

10

Nickel

ZinkKupfer

ChromBlei

Cadmium

Quecksilber

Gesamt

Ant

eil (

%) d

er a

uf S

chw

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etal

le u

nter

such

ten

Fläc

he

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5. Literatur

Bernhard, O., 2008: Wege zu einer verantwortungsvollen Klärschlamment-sorgung. Internationales Klärschlammsymposium Fürstenfeldbruck, 30. Juni 2008, Oldenbourg Industrieverlag, ISBN 3835631624

Henke, U., 2008: Landwirtschaftliche Klärschlammverwertung in Thüringen - Auswertung des Klärschlammkatasters für die Jahre 2002 bis 2006. TLL Jena, Schriftenreihe 5/2008, Untersuchungsbericht 2006/2007, S. 41 - 43

VV, 1995: Neufassung der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Klär-schlammverordnung (AbfKlärV) vom 15. April 1992 (BGBl. I S. 912) vom 5. Mai 1993 (ThürStAnz Nr. 20/1993 S. 775 ff.). Thür. Staats-anzeiger Nr. 12/1995, S. 395 - 399

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Untersuchungen zu bodenphysikalischen Parametern von Böden nach langjährigem Pflugverzicht und Direktsaat, dargestellt am Beispiel des Infiltrationsvermögens J. Bischoff1, M. Schrödter1, F. Holz1 1 Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (LLFG) Sachsen-Anhalt, Bernburg 1. Einleitung

Der Klimawandel sorgt dafür, dass in Zukunft voraussichtlich mehr und stärkere Abweichungen vom durchschnittlichen Wettergeschehen auftreten werden. Trockenheit wechselt sich ab mit heftigen Regenfällen, deren zer-störende Wirkung auf die Bodenstruktur zu immer größer werdenden Erosionsproblemen führen könnte. Für den Ackerbau stellt sich die Frage, ob und wie der Boden die Wassermengen verkraften kann, die zum Teil als Starkregen von 30 mm und mehr die Stunde fallen. Wie viel von dem Niederschlagswasser kann schadlos versickern? Zur Beantwortung dieser Frage wurde auf einem Löß- und einem Diluvialstandort mit stark tonigem Schluff (Ut4) beziehungsweise schwach lehmigem Sand (Sl2) das In-filtrationsvermögen unter dem Einfluss verschiedener Bearbeitungsmaß-nahmen und Direktsaat untersucht. Die Arbeit ist Teil eines Mehrländer-projekts der Landesanstalten für Landwirtschaft in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (Anonym, 2005). 2. Material und Methoden

In die systematischen Untersuchungen wurden in einer dreifeldrigen Frucht-folge (1x Blattfrucht/ 2x Halmfrucht) neben der jährlichen Pflugfurche die konservierende Bodenbearbeitung mit nichtwendenden Bearbeitungswerk-zeugen und die Direktsaat einbezogen: (1) jährlich wendende Bodenbearbeitung (25 cm Arbeitstiefe) mit Fünf-

schar-Volldrehpflug mit Streifenkörper und schwerem Doppelpacker mit 90er Ringen;

(2) Bodenlockerung mit einer mischenden Oberbodenbearbeitung und Rückverfestigung (10-15 cm Arbeitstiefe) mit Grubber-Scheibenegge-Kombination;

(3) Direktsaat auf stark tonigem Schluff, seit 1996 ohne jede Be-arbeitung.

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Für die bodenphysikalischen Untersuchungen wurden in 0 - 66 cm Boden-tiefe 250 cm3-Stechzylinderproben in sechsfacher Wiederholung entnommen und im Bodenlabor der Uni Halle untersucht. In Tabelle 1 werden wichtige Bodeneigenschaften der Versuchsstandorte mitgeteilt. Tab. 1: Bodenart (n. KA5), Ton-, Corg-, Nt- und CaCO3-Gehalt [M.-%] sowie

C:N- Verhältnis.

Ut4 Ton (M.-%)

Corg (M.-%)

Nt (M.-%)

CaCO3 (M.-%) C:N

0 – 30 cm 21,10 1,69 0,162 0,88 10 30 – 60 cm 20,73 1,21 0,114 0,46 11 60 – 90 cm 20,00 1,21 0,101 1,37 12 Sl2 0 – 30 cm 4,60 0,77 0,078 0,12 10 30 – 60 cm 5,70 0,23 0,036 0,07 6 60 – 90 cm 6,20 0,14 0,030 0,08 5

3. Ergebnisse und Diskussion

Durch Bodenbearbeitung können Porenvolumen und Lagerungsdichte und damit der Luft- und Wasserhaushalt des Bodens in bestimmten Bereichen beeinflusst werden. Die Wirkung der Bodenbearbeitung und Direktsaat auf das Grobporenvolumen, die Trockenrohdichte, Luftkapazität und gesättigte Wasserleitfähigkeit wird in den Tabellen 2-4 mitgeteilt. Pflügen bewirkt eine Volumenzunahme der Ackerkrume durch Erhöhung des Gesamtporen-volumens, insbesondere des Grobporenanteils. Im gelockerten Krumenbereich beträgt das Grobporenvolumen des Lößbodens 18,2-19,5 Vol.-%. Beim Sandboden ist das Grobporenvolumen mit 30,4-40,9 Vol.-% größer. Der Lockerungseffekt ist durch das Pflügen zunächst so groß, dass eine mechanische Wiederverdichtung der Ackerkrume nötig ist. Durch den Krumenpacker erreicht man eine Verdichtung der Unterkrume ohne Pressung der Oberschicht. In Abhängigkeit von der Bearbeitungstiefe, dem Druck des Pflugschares, der Raddruckbelastung und der Bodenfeuchte kann es zur Ausbildung einer Grenzschicht kommen, die noch dichter gelagert ist als der darunter befindliche Untergrund. Die Krumen-basisverdichtung der Pflug-variante des stark tonigen Schluffes weist in 24-38 cm eine durchschnittliche Trockenrohdichte von 1,5 g/cm3, 11 Vol.-% Grobporenanteil und 5,9-6,4 Vol.-% Luftkapazität auf.

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Tab. 2: Bodenphysikalische Wirkung der Bodenbearbeitung auf stark tonigem Schluff (Ut4)

Pflug/ Packer (≥ 25 cm)

Schichttiefe GPV [Vol.-%]

TRD [g/cm3]

LK [Vol.-%]

kf [cm/Tag]

0-6 cm 19,5 1,4 14,0 109 16-22 cm 18,2 1,4 12,2 127 24-30 cm 11,0 1,5 5,9 40 32-38 cm 10,9 1,5 6,4 47 42-48 cm 11,7 1,5 8,4 50 60-66 cm 16,1 1,4 11,3 89 Grubber/ Scheibenegge (10-15 cm) 0-6 cm 14,8 1,4 10,3 53 16-22 cm 11,2 1,5 6,0 37 24-30 cm 13,9 1,4 8,7 74 32-38 cm 18,7 1,3 12,8 114 42-48 cm 17,0 1,4 12,4 87 60-66 cm 20,0 1,3 14,3 78 GPV = Grobporenvolumen, TRD = Trockenrohdichte, LK = Luft-kapazität, kf = gesättigte Wasserleitfähigkeit.

Tab. 3: Bodenphysikalische Wirkung der Direktsaat auf stark tonigem

Schluff (Ut4) Direktsaat seit 1996

Schichttiefe GPV [Vol.-%]

TRD [g/cm3]

LK [Vol.-%]

kf [cm/Tag]

0-6 cm 13,2 1,5 7,4 25 16-22 cm 15,4 1,5 6,7 42 24-30 cm 13,7 1,5 6,8 44 32-38 cm 14,1 1,5 8,1 54 42-48 cm 14,3 1,5 10,8 39 60-66 cm 20,7 1,3 15,5 127 GPV = Grobporenvolumen, TRD = Trockenrohdichte, LK = Luft-kapazität, kf = gesättigte Wasserleitfähigkeit.

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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Tab. 4: Bodenphysikalische Wirkung der Bodenbearbeitung auf schwach

lehmigem Sand (Sl2) Pflug/ Packer (≥ 25 cm):

Schichttiefe GPV [Vol.-%]

TRD [g/cm3]

LK [Vol.-%]

kf [cm/Tag]

0-6 cm 40,9 1,2 22,8 88 16-22 cm 30,4 1,4 11,3 51 24-30 cm 30,5 1,4 13,5 73 32-38 cm 24,1 1,6 9,5 49 42-48 cm 19,2 1,8 5,0 27 60-66 cm 20,2 1,7 7,5 41 Grubber/ Scheibenegge (10-15 cm) 0-6 cm 26,8 1,4 14,8 75 16-22 cm 17,1 1,7 6,1 32 24-30 cm 14,7 1,8 5,0 7 32-38 cm 15,6 1,8 5,7 14 42-48 cm 12,2 1,7 6,7 15 60-66 cm 6,6 1,8 1,3 7 GPV = Grobporenvolumen, TRD = Trockenrohdichte, LK = Luft-kapazität, kf = gesättigte Wasserleitfähigkeit.

Beim Sandboden liegen Krumenbasis und Unterboden in einer ge-schlossenen Verdichtung von 32-66 cm Mächtigkeit. Durch Spatendiagnose sind die Strukturschäden an einem plattigen Gefüge und horizontalem Aus-weichen der Wurzeln entlang der Störschicht zu erkennen. Die gesättigte Wasserleitfähigkeit als Maß für die Wasserdurchlässigkeit des Bodens im gesättigten Zustand ist im Verdichtungsbereich der Pflugvariante sowohl des Lößbodens als auch des Sandbodens mit 27-50 cm/Tag noch als mittel bis hoch einzuschätzen. Nun werden die Bearbeitungsmaßnahmen in Praxisver-suchen bei möglichst optimaler Bodenfeuchte durchgeführt, um Struktur-schäden zu vermeiden. Dennoch weisen 28 % der Stechzylinderproben beim Lößboden und 33 % beim Sandboden zu hohe Trockenrohdichten be-ziehungsweise Luftkapazitäten von kleiner/gleich 8 Vol.-% auf. Wird ein zu feuchter Boden gepflügt, steigt die Gefahr der Schadverdichtung und Ver-schmierung der Bodenporen um ein Vielfaches. Die konservierende Bearbeitung des Lößbodens verzeichnet mit durch-schnittlich 74 cm/Tag vergleichbar hohe Durchflussleistungen wie die Pflug-variante (77 cm/Tag). Trotz hoher Trockenrohdichten und geringer Luft-kapazitäten werden die bekannten Grenzwerte von 10 cm/Tag in der

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Direktsaatvariante bei einer gesättigten Wasserleitfähigkeit von durchschnitt-lichen 55 cm/Tag nicht annähernd erreicht. Die nicht bearbeiteten Krumen-bereiche weisen infolge einer ausgeprägten Porenkontinuität relativ hohe gesättigte Wasserleitfähigkeiten auf. Als Ursache kommen hierfür Bioporen-systeme (Wurmgänge und Wurzelröhren) in Betracht. Diese stark vertikal-orientierten Porensysteme zeichnen sich durch eine große Verdichtungs-unempfindlichkeit und Langzeitstabilität aus. Auf Grund ihrer Leistungs-fähigkeit können die Bioaggregatgefüge bei mehrjährig konservierender Bodenbearbeitung und auch nach Direktsaat selbst bei Luftkapazitäten von weniger als 8 Vol.-% die volle Wasserinfiltration und den erforderlichen Gasaustausch sicher gewährleisten. Löß- und Sandboden unterscheiden sich wesentlich in ihrer Reaktion auf langjährigen Pflugverzicht. Auf Sandboden führte die nichtwendende Bodenbearbeitung mit nur flacher Lockerung zu einer deutlichen Zunahme der Bodenlagerungsdichte in Unterkrume, Krumenbasis und Unterboden mit wesentlichen Einschränkungen der Durch-lüftung und Wasserinfiltration. Der schwach lehmige Sand weist in 0-66 cm Bodentiefe eine gesättigte Wasserleitfähigkeit von durchschnittlich 55 cm/Tag in der Pflugvariante und 25 cm/Tag nach konservierender Bodenbe-arbeitung auf. Bei nichtwendender Bodenbearbeitung haben sich in 24-30 cm und 60-66 cm Stauschichten mit einer gesättigten Wasserleitfähigkeit von 7 cm/Tag herausgebildet, die eine Infiltration großer Regenmengen ver-hindern. Die Verdichtungsschäden, die insbesondere aus dem Einsatz schwerer Maschinen und Transportfahrzeuge bei Nässe resultieren, erfordern eine mechanische Bodenlockerung. Hauptaugenmerk sollte auf die Be-seitigung von Krumenverdichtungen gelegt werden. Dazu sind beim Sand-boden mechanische Lockerungsmaßnahmen von ~35 cm Bearbeitungstiefe nötig. Das Aufbrechen der Unterbodenverdichtung erfordert eine Tief-lockerung von ~55 cm in Kombination mit organischer Düngung und Kalkung der Ackerkrume. Aufgrund der Wiederverdichtungsgefährdung der gelockerten Unterbodenbereiche muss die Tieflockerung alle vier bis fünf Jahre durchgeführt werden. 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die konservierende Bodenbearbeitung und Direktsaat führen gegenüber Pflugfurche zum Ansteigen der Bodendichte im unbearbeiteten Krumenboden und zur Abnahme der Luftkapazität. Damit sind auf den ver-dichtungsempfindlichen Sandböden Einschränkungen bei der Wasser-infiltration verbunden. Der strukturstabile Lößboden kompensiert diese Ver-luste bei der Luftkapazität über leistungsfähige und relativ verdichtungs-unempfindliche Vertikalbioporensysteme (Wurmgänge und Wurzelröhren). Böden mit derartigen Eigenschaften können aus bodenphysikalischer Sicht ohne wesentliche Einschränkungen der Bodenfunktionen über längere Zeit-

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räume flach bearbeitet werden. Auch die Direktsaat ist mit angepasster Fruchtfolge beziehungsweise Fruchtwechsel durchaus möglich. Die struktur-instabilen Sandböden erfordern dagegen eine größere bodenzustands-abhängige Lockerungsintensität und höhere Anteile krumentiefer Lockerungen in der Fruchtfolgerotation. Von nachhaltigem Erfolg ist die Lockerung nur, wenn es gelingt, den zuvor gelockerten Boden rasch und dicht zu durchwurzeln. Die Regenerierung von Krumenbasis- und Unter-bodenverdichtungen erfordert biologische Erschließung der Verdichtungs-zonen am besten über Leguminosen-Anbau mit tief in den Boden ein-dringenden Pfahlwurzeln. Hierfür eignen sich beispielsweise Ackerbohne, Inkarnatklee, Lupine, Luzerne, Perserklee, Rotklee und Steinklee. Der An-bau erfolgt entsprechend in Reinsaat oder Gemenge, Zwischen- oder Haupt-fruchtstellung. 5. Literatur

Anonym, 2005: Pflichtenheft für Mehrländerprojekt: Maßnahmenent-wicklung und -umsetzung für den vorsorgenden landwirtschaftlichen Bodenschutz (unveröffentlicht)

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Bewirkt die konservierende Bodenbearbeitung eine Sequestrierung von Kohlenstoff im Boden? T. Appel1,V. Berg2, O. Laufer2, M. Bai1 1Fachhochschule Bingen, 2Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz 1. Einleitung

Im Zusammenhang mit den Anstrengungen, den Anstieg die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu reduzieren, wird gelegentlich reklamiert, dass durch die pfluglose Bodenbearbeitung Kohlenstoff im Boden in Form von höheren Humusgehalten festgelegt wird (Joschko et al., 2007). Die konservierende Boden-bearbeitung würde auf diese Weise einen Beitrag zur CO2-Entlastung der Atmosphäre leisten. Befürworter dieser These (C-Sequestrierung durch reduzierte Bodenbearbeitung) führen an, dass die geringere Eingriffstiefe bei der konservierenden Bodenbearbeitung zu einer Humusanreicherung in der Oberkrume führt, weil die Ernterückstände und die organischen Dünger nur noch in diese Schicht eingearbeitet würden. Gleichzeitig würde der Abbau des Humus in der Unterkrume durch die unterlassene Lockerung dieses Horizontes gering bleiben. Gegen diese These spricht allerdings, dass durch die geringere Eingriffs-tiefe bei der pfluglosen Bodenbearbeitung die Bodenflora gefördert und die Bodenfauna (besonders die Regenwürmer) geschont wird. Ihre Biomasse und Individuenzahl nimmt mit geringerer Intensität der Bodenbearbeitung beachtlich zu (Appel et al., 2008). Das führt möglicherweise dazu, dass die Humus-anreicherung durch die Ernterückstände im Oberboden gering bleibt und der Hu-musabbau in der (von mechanischer Bodenbearbeitung) „verlassenen“ Unterkrume zügig voranschreitet Im Endeffekt könnte die pfluglose Bodenbe-arbeitung deshalb insgesamt sogar zu einem Abbau des Humusvorrates im Boden führen.

Ein Feldversuch mit unterschiedlicher Bodenbearbeitung, der seit neun Jahren von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz betreut wird, diente als Grund-lage, um zu untersuchen, wie sich die reduzierte Bodenbearbeitung auf den Hu-musvorrat auswirkte. Die Untersuchungen zu dieser Frage wurden an der Fach-hochschule Bingen im Rahmen studentischer Arbeiten durchgeführt. 2. Material und Methoden

2.1 Versuchsanlage und Standort

In der Gemarkung Welschbillig in der Eifel wurde im Jahr 1998 von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ein Bodenbearbeitungsversuch auf der Fläche eines Praxisbetriebs angelegt. Der Boden des Standortes besteht in manchen Bereichen aus weitgehend entkalktem Löss (Kolluvien) und in

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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anderen aus Fließerden der Muschelkalkverwitterung (leicht pseudovergleyte Braunerden). Im langjährigen Mittel fallen ca. 700 l/m2 Niederschläge. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt ca. 8 °C. Die Fruchtfolge auf dem Standort lautet Winterraps - Winterweizen - Sommergerste - Wintergerste. Im Jahr 2008 war das Feld mit Wintergerste bestellt. Fünf unterschiedliche Varianten der Grundbodenbearbeitung werden geprüft:

Variante 1: Pflug (ca. 25 cm tief) Variante 2: Grubber (ca. 15 cm tiefe Einarbeitung der Ernterückstände) Variante 3: Scheibenegge (ca. 15 cm tiefe Einarbeitung der Ernterückstände) Variante 4: Mulchsaat (Grubberstrich, Ernterückstände an der Oberfläche) Variante 5: Direktsaat (reine Direktsaat ohne jegliche Bodenbearbeitung).

Der Versuch wurde mit Langparzellen (380 m lang und 12 m breit) in einmal gespiegelter Form angelegt (Abbildung 1). Durch die Unterteilung der Langparzellen in je zwei Teilstücke standen für die Beprobung und Aus-wertung vier Blöcke zur Verfügung, wobei in jedem Block alle Varianten mit je einer Parallele vorkommen. Die Versuchsfläche liegt an einem flachen Hang. Das Gelände fällt von Block A und B in Richtung der Blöcke C und D ab, sowie von Block B und C in Richtung A und D. Die tiefste Stelle des Versuchsfeldes ist also am Vorgewende der Mulchsaatvariante von Block D, die höchste am Vorgewende der Mulchsaatvariante von Block B. Parzellenbreite 12m 12m 12m 12m 12m 12m 12m 12m 12m 12m

Varianten 4d 5d 3d 2d 1d 1c 2c 3c 5c 4c

Varianten 4a 5a 3a 2a 1a 1b 2b 3b 5b 4b

geteerter Feldweg

Aussaatverfahren Direktsaat

Scheiben-egge keine keinePflug Pflug Dutzi-

GrubberBodenbearbeitung keine keine Scheiben-egge

Stoppelbearbeitung Grubber-strich keine

Dutzi-Grubber

Block D Block C

keine Grubber-strichDutzi - Grubber Dutzi - Grubber

Block A Block B

Kreiselegge (oder Dutzi) mit Scheibendrill

Kreiselegge (oder Dutzi) mit Scheibendrill Direktsaat

380 m

Abb. 1: Versuchsanordnung

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Nach der Ernte erfolgt in den Varianten 1 bis 4 ein erster flacher Arbeitsgang zur Stoppelbearbeitung mit dem Grubber. Die Arbeitstiefe beträgt 4 bis 5 cm, um günstige Keimbedingungen für Unkrautsamen und Ausfallgetreide zu schaffen sowie um das Austrocknen der Böden (Senkung der unproduktiven Wasserverdunstung) zu unterbinden. Die Grundbodenbearbeitung wird je nach Variante unterschiedlich durchgeführt.

Die Feldbestellung erfolgt in den Varianten 1 bis 3 mit der am Standort vor-handenen hofeigenen Kreiselegge plus Drillmaschine, in Variante 4 und 5 wird Direktsaattechnik über einen Lohnunternehmer eingesetzt. Die Be-standsführung erfolgt über alle Versuchsparzellen betriebsüblich und wird nicht nach Bodenbearbeitungs- und Bestellverfahren differenziert. Mäuse sind in der Direktsaatvariante ein besonders großes Problem, weil hier die Mulchdecke auf der Bodenoberfläche für die Tiere ideale Bedingungen bietet Trotz mehrfacher Bekämpfung im Herbst 2007 und im Frühjahr 2008 waren beträchtliche Fehlstellen in dieser Variante zu erkennen. Auf die gesamte Versuchsfläche war im Herbst 2007 Rindergülle (Schleppschlauch-verfahren) ausgebracht worden. Die bisher erzielten Erträge sind in Tabelle 1 aufgelistet Tab. 1: Relativerträge (Pflug = 100 %)

Sommergerste Pflug Grubber Sch-Egge Mulchsaat Direktsaat1999 Pflug = 66 dt/ha 100 100 94 90 872003 Pflug = 86 dt/ha 100 96 94 80 962007 Pflug = 45 dt/ha 100 95 90 101 114

Ø 100 97 92 90 99

Wintergerste Pflug Grubber Sch-Egge Mulchsaat Direktsaat2000 Pflug =85 dt/ha 100 97 99 91 91

2004 Pflug = 100 dt/ha 100 87 88 65 69Ø 100 92 94 78 80

Winterweizen Pflug Grubber Sch-Egge Mulchsaat Direktsaat2002 Pflug = 106 dt/ha 100 96 97 92 942006 Pflug = 102 dt/ha 100 102 103 103 104

Ø 100 99 100 98 99

Winterraps Pflug Grubber Sch-Egge Mulchsaat Direktsaat2001 Pflug = 42 dt/ha 100 107 100 89 962005 Pflug = 32 dt/ha 100 99 96 107 105

Ø 100 103 98 98 100

Mittelwert über alle Jahre 100 98 96 91 95

2.2 Bodenprobennahme und Analysen

Dreißig Meter vom jeweiligen Vorgewende entfernt wurde auf jeder Parzelle eine Profilgrube gegraben. Um Verdichtungen zu vermeiden, war beim Aus-

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heben der Gruben und bei der anschließenden Beprobung darauf geachtet worden, dass die Bodenoberfläche in der Nähe der Gruben jeweils auf der zum Vorgewende gewandten Seite nicht betreten wurde. Dieser unbetretene Bereich in der unmittelbaren Nähe der Profilgruben (bis ca. 1,5 Meter vom jeweiligen Grubenrand entfernt) wurde mit einem Rillenbohrer in Tiefen-abschnitten von jeweils 10 cm bis in eine Tiefe von 60 cm beprobt. An jeder Grube wurden 4 Bohrkerne aus jeder Tiefenstufe gewonnen, die nach Tiefenstufen getrennt zu Mischproben vereinigt wurden. Die Proben wurden in einem Trockenschrank getrocknet und dann mit einer Schlagkreuzmühle pulverisiert. Die Konzentration an organischem Kohlenstoff (Corg) wurde durch nasschemische Oxidation (Lichterfelder-Methode) ermittelt (Schlichting et al., 1995).

Um den Corg-Vorrat im Boden berechnen zu können, müssen die boden-chemischen Analysenwerte (g C / kg Boden) mit der Lagerungsdichte des Bodens (kg / Liter) in den jeweiligen Horizonten verknüpft werden. Für die Ermittlung der zugehörigen Lagerungsdichten wurden in den Profilgruben in 5, 15, 25, 35, 45 und 55 cm Tiefe (Stechringmitten) jeweils 2 Stechringe (100 cm3, Ø 6 cm) horizontal in die Profilwand eingetrieben. Die Stechring-proben wurden anschließend herauspräpariert, im Labor getrocknet, ge-wogen und die Trockenrohdichte bestimmt. 2.3 Berechnung des Kohlenstoffvorrates

Für die Berechnung der im Boden festgelegten Corg-Menge ist die Corg-Konzentration im Boden mit der Lagerungsdichte zu verrechnen. Wenn je nach Bodenbearbeitungsvariante unterschiedliche Lagerungsdichten im Bo-den auftreten, dann führt das allerdings dazu, dass bei einheitlicher Tiefe die je Flächeneinheit berücksichtigte Bodenmasse unterschiedlich ist. Für einen Vergleich der Kohlenstoffvorräte in Abhängigkeit von der Bodenbearbeitung wäre dieses Vorgehen deshalb nicht sinnvoll, denn durch die unterschied-liche Bodenbearbeitung wird ja nicht die Masse der mineralischen Boden-partikel, sondern deren Lagerungsdichte beeinflusst. Die Corg-Menge im Boden muss deshalb sinnvollerweise auf eine einheitliche Bodenmasse referenziert werden.

Als Referenzmenge wurde 883 kg Bodentrockenmasse je m2 gewählt. Das entspricht der Bodentrockenmasse in 0 bis 60 cm Tiefe im Mittel der vier Parzellen der Pflugvariante. In den Bodenprofilen, bei denen eine höhere Lagerungsdichte gemessen wurde, bedeutet das, dass der unterste Horizont (50 - 60 cm) bei der Kalkulation des Kohlenstoffvorrates nicht mehr voll-ständig mit seiner Mächtigkeit von 10 cm berücksichtigt wurde, sondern nur noch anteilig, gerade so weit, dass in der Summe aller Horizonte gerade die Referenzbodenmasse erreicht wurde. Wenn die Lagerungsdichte bis in 60 cm

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Tiefe geringer war als im Mittel der Pflugvarianten, dann wurde für die Kalkulation des Corg-Vorrates der unterste Horizont 50-60 cm entsprechend nach unten extrapoliert bis die Referenzbodentrockenmasse von 883 kg er-reicht wurde. Das Beispiel in Tabelle 2 veranschaulicht die Vorgehensweise. Tab. 2: Beispiel zur Berechnung des Corg-Vorrates in zwei Bodenprofilen Pflug Mulchsaat

Tiefe (cm)Corg (g/kg)

dB(kg/l)

Schicht-dicke (cm)

Boden-TM

(kg/m2) Corg

(g/m2) Tiefe (cm)Corg (g/kg)

dB(kg/l)

Schich-ten (cm)

Boden-TM

(kg/m2) Corg

(g/m2)0-10 16,11 1,29 10 129 2084 0-10 16,05 1,55 10 155 249610-20 15,83 1,43 10 143 2271 10-20 11,06 1,58 10 158 174320-30 9,63 1,61 10 161 1546 20-30 7,31 1,60 10 160 116730-40 4,98 1,49 10 149 740 30-40 5,78 1,58 10 158 91640-50 4,15 1,44 10 144 598 40-50 5,07 1,54 10 154 78050-60 3,62 1,49 10 149 538 50-60 4,20 1,60 10 160 673∑ 0 - 60 60 874 7777 ∑ 0 - 60 60 945 7775

50-60 3,62 1,49 10,55 157 567 50-60 4,20 1,60 6,07 97 409∑ 0 - 60,55 60,55 883 7806 ∑ 0 - 56,07 56,07 883 7511

ReferenzbodenmasseCorg-Vorrat 0 cm bis Referenztiefe

Die Summe aller Horizonte bis zur maximal berücksichtigten Tiefe ergibt dann die Referenztiefe für die jeweilige Parzelle. In dem Berechnungsbei-spiel betrug die Referenztiefe der Pflugvariante 60,55 cm und die der Mulchsaatvariante 56,07 cm. Bei einer Kalkulation des Corg-Vorrates bis in 60 cm Tiefe (ohne Berücksichtigung der Referenztiefe) würde in diesem Beispiel in beiden Bodenbearbeitungsvarianten ein nahezu identischer Corg-Vorrat ermittelt werden (7777 bzw. 7775 g Corg/m2). Die zugrundeliegende Bodentrockenmasse beträgt im Fall der Pflugvariante aber nur 874 kg (also etwas weniger als die Referenzbodenmasse) und im Fall der Mulchsaat-variante 945 kg (also deutlich mehr als die Referenzbodenmasse von 883 kg). Um hier die gleiche Bezugsgröße, also die gleiche Bodentrocken-masse zu erhalten, wurde der unterste Horizont in diesem Beispiel in der Pflugvariante um 0,55 cm auf 10,55 cm extrapoliert. In der Mulchsaat-variante wurde der unterste Horizont dagegen nur mit der Schichtdicke von 6,07 cm (statt 10 cm) bei der Kalkulation des Corg-Vorrats berücksichtigt. Dadurch wird in beiden Fällen die Referenztrockenmasse von 883 kg je m2 erreicht und ein unterschiedlicher Corg-Vorrat für diese Bodenmasse in den beiden Varianten festgestellt (7806 bzw. 7511 g Corg / m2). 3. Ergebnisse

3.1 Porenvolumen und Referenztiefen

Das Porenvolumen in den pfluglos bewirtschafteten Parzellen war vor allem in der vom Pflug verlassenen Krume (10 bis 20 cm Tiefe) und bei den

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Varianten Scheibenegge, Mulchsaat und Direktsaat im Unterboden (> 30 cm Tiefe) geringer als in der Pflugvariante (Abbildung 3). Die ermittelten Referenztiefen waren folglich in diesen Varianten niedriger als in der Pflug-variante. Die Referenztiefen waren (Mittelwert (cm) ± Standardab-weichung): Pflug 60,1 (± 2,1), Grubber 60,0 (± 1,4), Scheibenegge 59,1 (± 0,5), Mulchsaat 55,9 (± 3,4) und Direktsaat 56,3 (± 2,2).

0

10

20

30

40

50

60

Pflug Grubber Scheibenegge Mulchsaat Direktsaat

Vol.

%

50-60 cm 40-50 cm 30-40 cm 20-30 cm 10-20 cm 0-10 cm

Abb. 3. Porenvolumen im Boden in Abhängigkeit von der Bodenbe-arbeitung und der Bodentiefe

3.2 Corg-Konzentration im Boden

In der Oberkrume (0 - 10 cm) der pfluglos bewirtschafteten Varianten war die Corg-Konzentration um bis zu 3,8 g C je kg Boden höher als in der Pflug-variante (Abbildung 4). In der Unterkrume (10 - 20 cm) war die Situation dagegen umgekehrt, in dieser Schicht war die Corg-Konzentration in der Pflugvariante höher. Mit zunehmender Tiefe nahm die Corg-Konzentration in allen Varianten ab. Während in der Oberkrume je nach Variante zwischen 15 und 20 g Corg je kg Boden gemessen wurden, waren es in 50 - 60 cm Tiefe in allen Varianten nur noch etwa 5 g je kg Boden.

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0

5

10

15

20

25

Pflug Grubber Scheibenegge Mulchsaat Direktsaat

g / k

g Bo

den

50-60 cm 40-50 cm 30-40 cm 20-30 cm 10-20 cm 0-10 cm

Abb. 4: Corg-Konzentration im Boden (g C / kg Bodentrockemasse) 3.3 Corg-Vorrat im Boden

In den pfluglos bewirtschafteten Varianten war der Corg-Vorrat im Boden im Mittel niedriger als in der Pflugvariante (Abbildung 5). Die Unterschiede waren zwar statistisch nicht signifikant, der Trend aber eindeutig: Je geringer die Bearbeitungsintensität desto geringer auch der Corg-Vorrat.

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Pflug Grubber Scheibenegge Mulchsaat Direktsaat

kg C

org

/ m2

Abb. 5: Corg-Vorrat im Boden bis zur Referenztiefe (= Tiefe, die erforder-

lich ist um 883 kg Bodentrockenmasse je m2 zu berücksichtigen; das entspricht im Mittel der Pflugvariante der Schicht 0-60 cm)

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Abb. 6: Corg-Vorrat im Boden, die Platzierung der Varianten und Parallelen

in der Grafik entspricht der spatialen Verteilung im Versuchsfeld Die Position auf der Versuchsfläche war für den Corg-Vorrat offenbar wichtiger als die Art der Bodenbearbeitung (Abbildung 6). Besonders gering war der Corg-Vorrat auf den am Oberhang liegenden Parzellen (Varianten 3 bis 5 im Block B). Diese Parzellen waren durch stark carbonathaltige und besonders dicht lagernde Böden geprägt (Daten nicht gezeigt). Die gleichen Varianten, aber in günstigerer Position auf dem Versuchfeld lokalisiert, näm-lich im Block D, beinhalteten dagegen überdurchschnittlich hohe Corg-Vorräte. An dieser Stelle des Versuchsfeldes bestehen die Böden aus einer mindestens 60 cm mächtigen kolluviale Auflage aus entcarbonatisiertem Löss und sie weisen eine besonders geringe Lagerungsdichte im Unterboden auf. 4. Diskussion

In den pfluglos bewirtschafteten Böden war das Porenvolumen vor allem in der Unterkrume geringer (Sackung des Bodens in diesem vom Pflug „ver-lassenen“ Horizont) Die dadurch hervorgerufene Absenkung der Bodenober-fläche auf den pfluglos bewirtschafteten Parzellen hatte dann zur Folge, dass bei einer Beprobung bis in 60 cm Tiefe Bodenschichten erreicht wurden, die bei der Pflugvariante erst bei etwas tieferer Beprobung zutage gefördert worden wären. Dies erklärt auch, wieso das Porenvolumen in den pfluglos bewirtschafteten Böden nicht nur in der Unterkrume, sondern auch in den tieferen Horizonten geringer war als in der Pflugvariante. Für die Ermittlung des Kohlenstoffvorrates ist es deshalb sehr wichtig, die infolge des Pflugver-zichts auftretende Sackung der Bodenoberfläche zu berücksichtigen und bei der Kalkulation des Corg-Vorrates auf eine einheitliche Bodentrockenmasse

Block A: Corg (Lichterfelder)

0123456789

10

Mulchsaat Direktsaat Scheibenegge Grubber Pflug

kg C

/m2

0-10 cm10-20 cm20-30 cm30-40 cm40-50 cm50-Ref cm

Block D: Corg (Lichterfelder)

0123456789

Mulchsaat Direktsaat Scheibenegge Grubber Pflug

kg C

/m2

0-10 cm10-20 cm20-30 cm40-50 cm40-50 cm50-Ref cm

Block B: Corg (Lichterfelder)

0123456789

Pflug Grubber Scheibenegge Direktsaat Mulchsaatkg

C/m

2

0-10 cm10-20 cm20-30 cm30-40 cm40-50 cm50-Ref cm

Block C: Corg (Lichterfelder)

0123456789

Pflug Grubber Scheibenegge Direktsaat Mulchsaat

kg C

/m2

0-10 cm10-20 cm20-30 cm30-40 cm40-50 cm50-Ref cm

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zu referenzieren. Geschieht dies nicht, wie beispielsweise in der Arbeit von Joschko et al. (2007), so wird der Kohlenstoffvorrat in den pfluglos bewirt-schafteten Varianten im Vergleich zur Pflugvariante deutlich überschätzt (Tab. 2).

Je geringer die Intensität der Bodenbearbeitung desto geringer war auch der im Boden vorhandene Corg-Vorrat (Abb. 5). Dieser Trend war eindeutig. Dass die Unterschiede statistisch nicht abzusichern waren, verwundert indes nicht, in Anbetracht der Heterogenität der Böden in der Versuchsfläche.

Der Befund, dass mit abnehmender Eingriffsintensität bei der Bodenbe-arbeitung geringere Corg-Vorräte im Boden vorhanden waren, erscheint auch in Hinblick auf eine Kohlenstoffbilanzierung plausibel. Die pfluglose Bodenbearbeitung fördert die Bodenorganismen, insbesondere die Regen-würmer. Das gilt besonders für die Mulch- oder Direktsaat (Appel et al., 2008). Die Förderung des Bodenlebens geht einher mit einem verstärkten Abbau der organischen Substanz im Boden, denn in der überwiegenden Mehrzahl leben die Bodenorganismen heterotroph. Sie ernähren sich von dem im Boden vorhanden organischen Kohlenstoff, wobei dieser im Wesent-lichen zu CO2 veratmet wird. Wenn also in den pfluglos bewirtschafteten Böden nicht gleichzeit mehr organische Primärsubstanz, zum Beispiel in Form von Ernterückständen auf dem Standort verbleibt, wird der Corg-Vorrat nach und nach im Vergleich zur Pflugvariante absinken müssen, weil die Bodenorganismen beim Übergang vom Pflügen zur pfluglosen Boden-bearbeitung mehr Kohlenstoff in Form von CO2 in die Atmosphäre freisetzen als dem Boden in organischer Form zugeführt wird. Ein guter Indikator für den Input an organischer Primärsubstanz sind die Erträge auf einem Stand-ort, denn höhere Erträge bedeuten in der Regel auch höhere Mengen an Wurzeln und an Ernterückständen, die auf dem Feld verbleiben. In dem hier untersuchten Versuch waren die Erträge auf den pfluglos bewirtschafteten Parzellen im Mittel etwas geringer als in der Pflugvariante (Tabelle 1). Bei erhöhtem Abbau durch die Bodenorganismen und gleichzeitig geringerem Input an organischer Primärsubstanz ist ein Rückgang des Corg-Vorrats, wie er von uns auf dem Standort Welschbillig in der Eifel festgestellt wurde, also auch zu erwarten. 5. Zusammenfassung

Die konservierende Bodenbearbeitung führte nicht zu einer Erhöhung des Vorrates an organischem Kohlenstoff im Boden, im Gegenteil. Infolge einer Umstellung vom Pflügen auf eine pfluglose Bodenbearbeitung muss sogar eher mit einem Rückgang des Corg-Vorrates im Boden und einer ent-sprechenden Freisetzung von CO2 aus dem Boden gerechnet werden.

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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6. Literatur

Appel, T., 2008: Bodenbearbeitungsversuch Welschbillig, Bodenunter-suchung 2008. www.fh-bingen.de/Bodenbearbeitung-LWK-2008.2843.0.html

Appel, T., Berg, V., Laufer, O., 2008: Gefüge, Regenwümer und Verteilung von Humus und Nährstoffen im Boden nach acht Jahren unterschiedlicher Bodenbearbeitung auf einem rheinhessischen Zuckerrübenstandort. VDLUFA-Schriftenreihe 63, 253-262, Kongressband 2007 Göttingen

Joschko, M., Barkusky, D., Höhn, W., Rogasik, H., Hierold, W. Grossmann, B., 2007: Weniger Humusbedarf bei Mulchsaat? Landwirtschaft ohne Pflug 3/2007, 12 - 18

Schlichting, E., Blume, H.-P., Stahr, K., 1995: Bodenkundliches Praktikum. Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin, Wien

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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Nachhaltige Kompostverwertung in der Landwirtschaft - pflanzenbauliche Vorteilswirkungen und Risiken M. Mokry1, R. Bolduan1, R. Kluge1 1LTZ Augustenberg, Karlsruhe 1. Grundsätze und Entscheidungsfindung

Nachhaltige Kompostanwendung heißt, dass beim Einsatz von Komposten in der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion bestimmte Voraussetzungen und Anwendungsregeln einzuhalten sind, damit die notwendigen An-forderungen des Boden- und Umweltschutzes optimal mit den Vorteils- und Nutzwirkungen verbunden werden, um über lange Zeiträume eine schadlose Verwertung zuverlässig zu gewährleisten.

Die Grundsätze der landwirtschaftlichen Kompostanwendung lassen sich wie folgt zusammenfassen (Abb. 1):

• Ordnungsgemäße Anwendung Eine Kompostanwendung im Pflanzenbau ist grundsätzlich nur möglich, wenn die Vorgaben der Bio-abfall-Verordnung erfüllt sind. Darüber hinaus unterliegen Komposte und ihre Anwendung - wie alle anderen Düngemittel - den Bestimm-ungen der Düngemittel-Verordnung, der Dünge-Verordnung und der Bodenschutz-Verordnung.

• „Gute fachliche Praxis“ Nachhaltige Kompostanwendung heißt aber zusätzlich, dass neben dem unschädlichen Einsatz auch alle Belange der Nützlichkeit, d.h. eine fachgerechte Anwendung als Düngemittel nach den Regeln „guter fachlicher Praxis“ lt. Dünge-Verordnung gewähr-leistet sind. Wenn das nicht der Fall ist, sollte eine Anwendung unter-lassen werden.

• Optimale Einbindung in das pflanzenbauliche Produktionssystem Die Vorteilswirkungen lassen sich nur dann im vollem Umfang realisieren, wenn der Komposteinsatz optimal in die Fruchtfolge und das Produktionssystem (Bodenbearbeitung u.a.) eingepasst wird. Dazu ge-hört auch, Komposte vorrangig auf Standorten mit dem höchsten Nutz-effekt einzusetzen („Nutzenoptimierung“).

Um die nachhaltige Kompostanwendung im konkreten Praxisfall optimal zu gestalten, sollte zweckmäßig folgender Leitfaden zur Entscheidungsfindung herangezogen werden:

Beginnend mit der Entscheidungsfindung „Boden“ (Abb. 2) ist im 1. Schritt zu klären, ob auf der infrage kommenden landwirtschaftlichen Nutzfläche überhaupt Kompost eingesetzt werden darf. Dazu müssen die Schwermetall-

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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gehalte des Bodens die Grenzwerte lt. Bioabfall-Verordnung unterschreiten, besser noch im Bereich der Vorsorgewerte lt. Bodenschutz-Verordnung liegen. Werden die Grenzwerte überschritten, ist eine Kompostverwertung grundsätzlich nicht zulässig. Das gilt gleichfalls, wenn eine Kompost-anwendung für bestimmte Anwendungsbereiche auf Grund von Flächen-restriktionen (z.B. Grünland, gleichzeitige Aufbringung von Klärschlamm innerhalb von drei Jahren) verboten ist.

Abb. 1 Landwirtschaftliche Kompostanwendung - Grundsätze Im 2. Schritt ist gemäß Dünge-Verordnung zu prüfen, ob und wenn ja welchen konkreten Düngebedarf der Boden und die angebauten Kulturen haben und inwieweit er durch Kompostgaben gedeckt werden kann („Nutzensbewertung“). Hierbei geht es um den Düngebedarf an Kernnähr-stoffen (Phosphor, Kalium, Magnesium) und Kalk sowie um den Humusbe-darf des Bodens. Empfohlene Aufwandmengen an Kompost von jährlich 7 bis maximal10 t/ha TM richten sich dabei in der Regel nach dem Dünge-bedarf an Kernnährstoffen gemäß Dünge-Verordnung, der durch die Ertrags-erwartung sowie die düngewirksamen Nährstoffanteile des Bodens bestimmt wird. In letzter Zeit wird aber die Deckung und Optimierung des Humus-bedarfs der Böden zunehmend zum Schwerpunkt der Kompostanwendung, vor allem bei suboptimalen Bodenbedingungen.

Grundsätze der landwirtschaftlichen KompostanwendungVoraussetzungen Entscheidungen Beurteilung

Gesetzliche Grundlageneingehalten?

Bioabfall-VODüngemittel-VODünge-VOBodenschutz-VO

Anwendung möglich

Anwendungnicht erlaubt

OrdnungsgemäßeAnwendung

Anforderungen an Nach-haltigkeit (Nützlichkeit und Unschädlichkeit,fachgerechte Düngung)erfüllt?

Anwendung sinnvoll

Anwendungunterlassen

„Gute fachlichePraxis“

ja

ja

nein

nein

Einbindung in Fruchtfolgeund Produktionsverfahrengewährleistet?

Anwendung optimal

Anwendungproblematisch

Optimale Einbindungin Produktionssystem

ja

nein

Grundsätze der landwirtschaftlichen KompostanwendungVoraussetzungen Entscheidungen Beurteilung

Gesetzliche Grundlageneingehalten?

Bioabfall-VODüngemittel-VODünge-VOBodenschutz-VO

Anwendung möglich

Anwendungnicht erlaubt

OrdnungsgemäßeAnwendung

Anforderungen an Nach-haltigkeit (Nützlichkeit und Unschädlichkeit,fachgerechte Düngung)erfüllt?

Anwendung sinnvoll

Anwendungunterlassen

„Gute fachlichePraxis“

ja

ja

nein

nein

Einbindung in Fruchtfolgeund Produktionsverfahrengewährleistet?

Anwendung optimal

Anwendungproblematisch

Optimale Einbindungin Produktionssystem

ja

nein

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Bedarf an organischer Kompostsubstanz besteht vor allem dann, wenn die Humusbilanz negativ ausfällt, häufig bei Marktfruchtbetrieben mit intensiver Produktion und Strohabfuhr, und die Humusgehalte des Bodens Optimal-werte für einzelne Bodenarten unterschreiten. Abb. 2 Entscheidungsfindung „Boden“ Andererseits sollte jedoch der Komposteinsatz bei sehr hohen Humusgehalten begrenzt werden, mit Ausnahme von Böden mit akuter Erosionsgefahr. Kompost wirkt in erster Linie bei schlechten Bodenzuständen, wie einer sub-optimalen Bodenstruktur (z.B. Bodenverdichtungen), einem unzureichenden Wasserhaushalt (z.B. zu geringe Wasserbindung bzw. nutzbare Feldkapazität), einer zu geringen Bodenaktivität (z.B. unzureichende mikrobielle Biomasse, auch zu geringe Regenwurmtätigkeit u.a.) und nicht zuletzt bei erhöhter Erosionsgefahr, vorteilhaft. Die Projektergebnisse haben klar gezeigt, dass auf Grund des hohen Anteiles an reproduzierbarem Kohlenstoff in Komposten eine nachhaltige Humusanreicherung im Boden stattfindet, auch wenn das Niveau einer ausgeglichenen Humusbilanz überschritten wird.

EntscheidungKriterium

Entscheidungsfindung Boden

Kompostanwen-dung zulässig ?Risikobewertung

Ja, wenn... Minimum Forderungen Bioabfall-VO erfüllt:Schwermetallgehalte < Bodengrenzwerte

Schwermetallgehalte < Vorsorgewerte Boden

Bedarf des Bodens vorhanden ? Nutzensbewertung

Ja, wenn...

Anzustreben

Schlechter Bodenzustand:Bodenstruktur suboptimalWasserhaushalt unzureichendBodenleben zu geringErosionsgefahr

Bedarf an org. Substanz (Humus):Humusbilanz negativHumusgehalte suboptimal:

leichte Böden unter 1,5 – 2,0 %übrige Böden unter 2 – 3 % Aber...

Keine Anwendungbei Humusgehalten > 4 – 5 %

Ausnahme: Erosionschutz

Bedarf an Kalk: Erhaltungskalkung Keine Anwendungbei pH-Werten > 7,0 - 7,3

Bedarf an P, K und Mg:Zufuhr = Pflanzen-/ Düngebedarf nur Gehaltsstufen A (Mangel) bis C (optimal), eingeschränkt D (hoch)

Keine Anwendungbei Gehaltsstufe E (sehr hoch)

Überdüngung!

EntscheidungKriterium

Entscheidungsfindung Boden

Kompostanwen-dung zulässig ?Risikobewertung

Ja, wenn... Minimum Forderungen Bioabfall-VO erfüllt:Schwermetallgehalte < Bodengrenzwerte

Schwermetallgehalte < Vorsorgewerte Boden

Bedarf des Bodens vorhanden ? Nutzensbewertung

Ja, wenn...

Anzustreben

Schlechter Bodenzustand:Bodenstruktur suboptimalWasserhaushalt unzureichendBodenleben zu geringErosionsgefahr

Bedarf an org. Substanz (Humus):Humusbilanz negativHumusgehalte suboptimal:

leichte Böden unter 1,5 – 2,0 %übrige Böden unter 2 – 3 % Aber...

Keine Anwendungbei Humusgehalten > 4 – 5 %

Ausnahme: Erosionschutz

Bedarf an Kalk: Erhaltungskalkung Keine Anwendungbei pH-Werten > 7,0 - 7,3

Bedarf an P, K und Mg:Zufuhr = Pflanzen-/ Düngebedarf nur Gehaltsstufen A (Mangel) bis C (optimal), eingeschränkt D (hoch)

Keine Anwendungbei Gehaltsstufe E (sehr hoch)

Überdüngung!

EntscheidungKriterium

Entscheidungsfindung Boden

Kompostanwen-dung zulässig ?Risikobewertung

Ja, wenn... Minimum Forderungen Bioabfall-VO erfüllt:Schwermetallgehalte < Bodengrenzwerte

Schwermetallgehalte < Vorsorgewerte Boden

Bedarf des Bodens vorhanden ? Nutzensbewertung

Ja, wenn...

Anzustreben

Schlechter Bodenzustand:Bodenstruktur suboptimalWasserhaushalt unzureichendBodenleben zu geringErosionsgefahr

Bedarf an org. Substanz (Humus):Humusbilanz negativHumusgehalte suboptimal:

leichte Böden unter 1,5 – 2,0 %übrige Böden unter 2 – 3 % Aber...

Keine Anwendungbei Humusgehalten > 4 – 5 %

Ausnahme: Erosionschutz

Bedarf an org. Substanz (Humus):Humusbilanz negativHumusgehalte suboptimal:

leichte Böden unter 1,5 – 2,0 %übrige Böden unter 2 – 3 % Aber...

Keine Anwendungbei Humusgehalten > 4 – 5 %

Ausnahme: Erosionschutz

Bedarf an Kalk: Erhaltungskalkung Keine Anwendungbei pH-Werten > 7,0 - 7,3

Bedarf an P, K und Mg:Zufuhr = Pflanzen-/ Düngebedarf nur Gehaltsstufen A (Mangel) bis C (optimal), eingeschränkt D (hoch)

Keine Anwendungbei Gehaltsstufe E (sehr hoch)

Überdüngung!

Bedarf an P, K und Mg:Zufuhr = Pflanzen-/ Düngebedarf nur Gehaltsstufen A (Mangel) bis C (optimal), eingeschränkt D (hoch)

Keine Anwendungbei Gehaltsstufe E (sehr hoch)

Überdüngung!

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Mit regelmäßigen Kompostgaben kann der Düngebedarf an Kernnährstoffen (Phosphor, Kalium, Magnesium), sofern Bedarf besteht, d.h. die Versorgung des Bodens unzureichend (Gehaltsklassen A und B) bzw. ausreichend ist (Gehaltsklasse C), zumindest teilweise, meist sogar vollständig gedeckt werden. In der Regel bilden die Zufuhren an Phosphor und Kalium auf Grund ihrer optimalen Düngewirksamkeit (volle Anrechung in der Dünge-bilanz!) den begrenzenden Faktor der Kompostanwendung. Um eine aus-geglichene Düngebilanz zu gewährleisten, darf Kompost deshalb - wie andere Düngemittel auch - bei Gehaltsklasse D nur eingeschränkt und bei Gehaltsklasse E nicht mehr angewendet werden, um mögliche Über-düngungen des Bodens, verbunden mit der Gefahr der Nährstoff-auswaschung (vor allem Kalium!) sicher zu vermeiden. Letztlich ist auch die Kalkzufuhr mit Kompostgaben, in der Regel in der Größenordnung einer Erhaltungskalkung, zu berücksichtigen. Bei sehr hohen pH-Werten ist jedoch eine Kompostanwendung zu unterlassen, um eine weitere pH-Anhebung in pflanzenbaulich ungünstige pH-Bereiche zu vermeiden.

Abb. 3 Entscheidungsfindung „Kompost“

EntscheidungKriterium

Entscheidungsfindung Kompost

Kompost geeignet ?Nutzensbewertung

Ja, wenn... Minimum Forderungen Düngemittel-VO erfüllt

Kompost organischer NPK-Dünger mitGehalt an org. Substanz 15 – 50 % TMNährstoffgehalte größer 0,5 % N, 0,3 % P2O5 und 0,5 % K2O in der TMdüngewirksamer Kalkgehalt 4 – 8 % CaOin der TMSpurennährstoffe

Empfohlen Gütesicherung nach RAL-GZ 251

Schwermetallgehalte < Grenzwerteseuchenhygienisch einwandfrei (frei von Salmonellen)Unkrautsamen < Grenzwert von 2 je Liter FMFremdstoffe >2 mm < Grenzwert von 0,5 % TMSteine >5 mm < Grenzwert von 5 % TM

Kompost geeignet?Risikobewertung

Minimum Forderungen Bioabfall-VO erfülltJa, wenn...

Schwermetallgehalte deutlich < Grenzwertepraktisch frei von Unkrautsamenpraktisch frei von Fremdstoffen >2 mmSteine >5 mm deutlich < Grenzwert

Optimale, hochwertige Komposte (Gütesicherung)Empfehlung

Kompost BodenhilfsstoffGehalt an org. Substanz 15 – 50 % TMNährstoffgehalte kleiner 0,5 % N, 0,3 % P2O5 und 0,5 % K2O in der TM

EntscheidungKriterium

Entscheidungsfindung Kompost

Kompost geeignet ?Nutzensbewertung

Ja, wenn... Minimum Forderungen Düngemittel-VO erfüllt

Kompost organischer NPK-Dünger mitGehalt an org. Substanz 15 – 50 % TMNährstoffgehalte größer 0,5 % N, 0,3 % P2O5 und 0,5 % K2O in der TMdüngewirksamer Kalkgehalt 4 – 8 % CaOin der TMSpurennährstoffe

Empfohlen Gütesicherung nach RAL-GZ 251

Schwermetallgehalte < Grenzwerteseuchenhygienisch einwandfrei (frei von Salmonellen)Unkrautsamen < Grenzwert von 2 je Liter FMFremdstoffe >2 mm < Grenzwert von 0,5 % TMSteine >5 mm < Grenzwert von 5 % TM

Kompost geeignet?Risikobewertung

Minimum Forderungen Bioabfall-VO erfülltJa, wenn...

Schwermetallgehalte deutlich < Grenzwertepraktisch frei von Unkrautsamenpraktisch frei von Fremdstoffen >2 mmSteine >5 mm deutlich < Grenzwert

Optimale, hochwertige Komposte (Gütesicherung)Empfehlung

Kompost BodenhilfsstoffGehalt an org. Substanz 15 – 50 % TMNährstoffgehalte kleiner 0,5 % N, 0,3 % P2O5 und 0,5 % K2O in der TM

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Im 3. Schritt der Entscheidungsfindung ist die Eignung des einzusetzenden Kompostes zu klären (Abb. 3). Dafür kommen nur Komposte in Frage, die die Vorgaben der Düngemittel-Verordnung an organische NPK-Dünger (Nährstoffgehalte >0,5 % N bzw. K2O und >0,5 % P2O5) oder organische PK-Dünger erfüllen. Bei niedrigeren Nährstoffgehalten sind die Komposte als Bodenhilfstoffe einzustufen. Eine erhöhte Anwendungssicherheit können dabei gütegesicherte Komposte erbringen, insbesondere bei der Gewähr-leistung der Risikokriterien. Hierbei geht es - über die Erfüllung der Vor-gaben der Bioabfall-Verordnung hinaus - darum, dass die Schwer-metallgehalte die Grenzwerte möglichst weit unterschreiten, die Komposte von Fremdstoffen >2 mm möglichst frei sind (Werte um 0,1 % TM und niedriger), nur geringe Anteile an Steinen >5 mm aufweisen sowie keine Unkrautsamen enthalten und die Komposte im Ergebnis einer ordnungs-gemäßen Heißrotte einen einwandfreien seuchen- und phytohygienischen Status aufweisen. Gütegesicherte Komposte werden regelmäßig und unab-hängig überwacht. Die Angaben der vorgeschriebenen Warendeklaration gehen über die Pflichtangaben der düngemittelrechtlichen Kennzeichnung hinaus. Auf diese Weise wird die Anwendung nach guter fachlicher Praxis gesichert und Schäden durch fehlerhafte Anwendungen vermieden. 2. Anwendungsregeln

Ein nachhaltiger Komposteinsatz mit hoher Anwendungssicherheit hängt - neben der Einhaltung aller Prüfkriterien nach Punkt 0 als Voraussetzung - wesentlich davon ab, dass die Komposte nach erprobten Regeln eingesetzt werden. Im Kompostabschlussprojekt wurden dazu alle maßgebenden Rahmenbedingungen überprüft und mit Erfahrungen praktischer Landwirte sowie der aktuellen Fachliteratur abgeglichen.

Im Ergebnis sind folgende Regeln für eine nachhaltige Kompostanwendung im landwirtschaftlichen Pflanzenbau zu beachten (Abb. 4). Maßgebend für die Höhe der Kompostgabe ist nach Dünge-Verordnung die Gewährleistung ausgeglichener Nährstoffsalden im Rahmen von Frucht-folgerotationen. Dabei dürfen die Obergrenzen lt. Bioabfall-Verordnung von 20 bzw. 30 t/ha TM im 3jährigen Turnus nicht überschritten werden. Entsprechend den „Regeln guter fachlicher Praxis“ bewegen sich optimale Gaben, bei denen Positivsalden an Phosphor und Kalium kaum auftreten, um 20 t/ha TM entsprechend etwa 30-40 t/ha FM. Bei ungünstigen Boden-verhältnissen (Strukturprobleme usw.) sind höhere Kompostgaben bis zur Obergrenze von 30 t/ha TM, im Ausnahmefall auch höher, sinnvoll, um eine zügige Bodenverbesserung zu erreichen.

Die Zufuhren der Kernnährstoffe Phosphor und Kalium sind in der Dünge-bilanz auf Grund ihrer nachweislich guten Düngewirkung stets voll anzu-

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rechnen, um Positivsalden zuverlässig zu vermeiden. Der unvermeidliche Positivsaldo an Magnesium (die Zufuhr übersteigt die geringeren Pflanzenentzüge stets) ist, wie die Projektergebnisse zeigten, kein Nachteil, weil er der permanenten Mg-Auswaschung entgegenwirkt und auch für eine allmähliche Anhebung der pflanzenverfügbaren Mg-Bodengehalte sorgt.

Abb. 4 Regeln für die nachhaltige Kompostanwendung im landwirtschaftlichen Pflanzenbau

Um optimale Ernteerträge zu gewährleisten, müssen Kompostgaben stets mit einer N-Ergänzungsdüngung (mineralisch und/oder organisch) kombiniert werden, weil der düngewirksame N-Anteil von Komposten sehr gering aus-fällt. Der in der Düngebilanz jährlich anrechenbare N-Anteil der N-Gesamtzufuhr mit den Kompostgaben beträgt bei kurzfristiger Kompost-anwendung im Mittel nur maximal 3 % (in günstigen Fällen, z. B. hohe lös-liche N-Gehalte des Kompostes, bis zu 10 %). Bei langjährigem regel-mäßigem Komposteinsatz sind höhere anrechenbare N-Anteile von jährlich 5-12 % (in günstigen Fällen bis zu 20 %) zu veranschlagen.

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Deshalb ist ein N-Positivsaldo, der über die zulässige Höhe lt. Dünge-Verordnung hinaus geht, unvermeidlich. Er ist aus Sicht des Boden- und Gewässerschutzes aber tolerierbar, weil 60-80 % der N-Zufuhr mittelfristig im Humus gebunden bleiben und nur allmählich mineralisiert werden. Das belegen nicht nur die gering ansteigenden Nmin-Gehalte, sondern auch die nachgewiesenen zunehmenden Anteile an inertem Stickstoff Ninert des Bodens nach regelmäßiger Kompostanwend- ung. Im Nährstoffvergleich sind die o.g. jährlich anrechenbaren N-Anteile der N-Gesamtzufuhr, die bei regelmäßiger Kompostanwendung allmählich ansteigen, entsprechend zu berücksichtigen. Der verbleibende N-Positivsaldo aus der Kompostanwen-dung ist als unvermeidlicher Überschuss gemäß §5 (3) Anlage 6 (Zeile 15) Dünge-Verordnung zu bewerten Es steht dabei außer Frage, dass dieser N-Überhang durch geeignete pflanzenbauliche Maßnahmen niedrig zu halten ist.

Für die praktische Kompostanwendung haben sich folgende Anwendungs-termine und verfahrenstechnische Hinweise bewährt (Abb. 5). Die Kompostapplikation sollte grundsätzlich zu Beginn der Vegetation erfolgen. Dabei ist die gute Befahrbarkeit der Ackerflächen ausschlaggebend, um Bodenverdichtungen durch ungünstige Bedingungen (z.B. zu nasse Böden) zu vermeiden. Als zweckmäßige Anwendungstermine eignen sich für Ge-treidearten und Hackfrüchte Termine vor der Aussaat bzw. vor dem Pflanzen. Zu Wintergetreide bzw. zu Zwischenfrüchten ist zu gewährleisten, dass in Zeiten geringer Nährstoffaufnahme (Herbst/ Winter) keine erheblichen, zur Auswaschung neigenden Nährstoffüberhänge, vor allem an Stickstoff, ent-stehen. Frischkomposte mit weiteren C/N-Verhältnissen sind deshalb für die Herbstausbringung besonders geeignet, da sie in der Winterperiode zeit-weilig löslichen Stickstoff binden und vor Auswaschung bewahren und damit für die im Frühjahr anlaufende Wachstumsperiode konservieren können.

Länger anhaltende Frostperioden im Zeitraum Januar - Februar haben sich als sehr geeignet erwiesen, um auf dem Wege der Frostausbringung den Kompost rechtzeitig und gut verteilt sowie ohne die Gefahr bedenklicher Bodenverdichtungen auszubringen. Außerdem bewirkt die durch die Kompostauflage dunklere Bodenoberfläche, dass sich der Oberboden bei zunehmender Sonneneinstrahlung im Frühjahr schneller erwärmt und damit das Pflanzenwachstum befördert. Aus diesem Grund wird dem Verordnungs-geber empfohlen, die für Kalkdünger bestehende Ausnahme vom Verbot der Aufbringung auf gefrorene und schneebedeckte Böden gemäß § 3 (5) Satz 2 Dünge-Verordnung auch auf Komposte auszudehnen.

Unter den verfahrenstechnischen Hinweisen zur Kompostanwendung stehen die Ausbringungsintervalle im Vordergrund. In der landwirtschaftlichen

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Praxis wird die kumulierte Ausbringung von bis zu 30 t/ha TM im 3jährigen Turnus aus Kosten- und Verfahrensgründen der Regelfall sein, weil sie niedrige Ausbringungskosten und vor allem die möglichst geringe Befahrung der Ackerflächen gewährleistet Zudem entsprechen die dabei ausgebrachten düngewirksamen Zufuhren an Phosphor und Kalium einer Vorratsdüngung, die bei der Grunddüngung üblich ist.

Kriterien Regeln Beachten Geeignete Anwendungstermine

vor der Saat bzw. vor dem Pflanzen

– Winter-getreide/Zwischenfrüchte: August - September

– Silo-/Körnermais: März - April – Kartoffeln/Zuckerrüben:

Februar - März

Frischkomposte für Herbstausbringung geeignet: Bindung von Rest-Stickstoff in der Winter-periode

Frostausbring-ung Januar - Februar

Wintergetreide: Applikation auf bestockten Bestand problemlos

Vorteile: keine Bodenverdichtung, schnellere Boden-erwärmung

Verfahrentechnische Hinweise Ausbringungs-intervalle

– kumuliert alle 3 Jahre Vorteil: Senkung Ausbringungs-kosten

– jährlich bzw. 2jährig Vorteil: kontinuierlichere Zufuhr der Nähr- und Wertstoffe, aus-geglichenere Nährstoffsalden, nachhaltigere Wirkung

Mögliche Nachteile kumulierter Aus-bringung: Diskontinuierliche Zu-fuhr an Wert- und Nähr-stoffen zur 1. Frucht Nährstoffüberschüsse, Auswaschungsgefahr, geringere Versorgung der Folgefrüchte

Ausbringungs-verfahren – flach einarbeiten (5 - 10 cm)

– bei Erosionsgefahr: auch Mulchaufbringung ohne Ein-arbeitung

Kompost nicht ein-pflügen! Problem: Fäulnis, Wurzel-schädigung

Abb. 5 Regeln für die nachhaltige Kompostanwendung im Pflanzenbau Pflanzenbaulich ist die kumulierte Kompostanwendung aber, wie die Dauer-versuche gezeigt haben, kaum von Vorteil. Die einmalig hohen Kompost-gaben verursachen im Anwendungsjahr erhebliche Nährstoffüberschüsse und damit auch erhöhte Auswaschungsrisiken. Die erste Frucht erhält zudem eine unnötige „Luxusversorgung“ an Nährstoffen, während die Versorgung der Folgefrüchte geringer ausfällt. Eine jährliche Kompostanwendung, die sich

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in den Dauerversuchen als überlegen erwiesen hat, ist allerdings kaum praktikabel. Als Kompromiss ist, sofern aus Kostengründen tragbar, eine Kompostanwendung im 2jährigen Turnus zu empfehlen.

Als Ausbringungsverfahren haben sich in der Praxis übliche Techniken be-währt, wie sie auch für die Applikation von festen Wirtschaftsdüngern ver-wendet werden. Komposte sollten grundsätzlich nur flach eingearbeitet werden (maximal 5-10 cm), um die zügige Umsetzung unter Luftzufuhr zu fördern. Eine tiefe Einarbeitung (Pflugfurche) ist zu vermeiden, da unter an-aeroben Verhältnissen Fäulnisprozesse gefördert werden, die die Wurzeln schädigen können. Zur Verhinderung von Bodenerosionen hat es sich auch bewährt, Kompost nur als Mulchauflage ohne Einarbeitung aufzubringen. 3. Literatur

DBU-Verbundprojekt, 2003: Nachhaltige Kompostanwendung in der Land-wirtschaft, Abschlußbericht

LTZ-Augustenberg, 2008: Nachhaltige Kompostanwendung in der Landwirt-schaft, Abschlussbericht

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Vereinfachte Humusbilanz des Ackerbaus in Baden-Württemberg und in zwei Landkreisen B. Deller1 1LTZ Augustenberg, Karlsruhe 1. Einleitung

Der zunehmende Einsatz nachwachsender Rohstoffe in der Landwirtschaft zur Energiegewinnung wirft auch in Baden-Württemberg die Frage auf, ob landesweit oder zumindest in manchen Landesteilen ein erhöhter Humus-bedarf bzw. ein Humusdefizit gegeben ist und ob bzw. in welchem Ausmaß diesem durch die Zufuhr von Humusersatzstoffen, z.B. Kompost, begegnet werden kann. Um diese Fragen zu beantworten, wurde die Humusbilanz der Ackerböden des Landes sowie der Landkreise Biberach und Ludwigsburg abgeschätzt. Ersterer zeichnet sich durch die landesweit höchste Biogas-produktion aus (Brenner, 2007; Messner, 2007a), in letzterem ist der Anbau von Marktfrüchten besonders ausgeprägt. 2. Material und Methoden

2.1 Datengrundlagen

Anbauflächen und Erträge, Tierhaltung: StaLA (2007a, b), für das Land Baden-Württemberg aus dem Jahr 2006, für die Landkreise aus dem Jahr 2003; Wirtschaftsdüngeranfall: EDV-Programm „Nährstoffvergleich Feld-Stall 2006“, Stammdaten (LEL, 2006); Biogasproduktion 2007 im Land bzw. in den Landkreisen: Brenner, 2007; Humusbilanzierung nach DirektZahlVerpflV (Anonym, 2004), nach LAP Forchheim (2005) für Erd-beeren, Tabak, Gemüse ergänzt bzw. geändert. 2.2 Annahmen für die Berechnung der Humusbilanzen

- Von Gemüse- und ähnlichen Kulturen Erträge geschätzt (Ø 50 t/ha), Hu-muszehrung durch Anbau 400 kg/ha; Acker- und Sonderkulturen mit geringem Flächenanteil nicht berücksichtigt;

- Gemäß Biogaserzeugung von 120 MW erfolgt landesweit Substratanbau auf 60 kha, davon 50 % Silomais, 20 % Grünlandaufwuchs, 30 % ge-treideähnliche Kulturen, dazu kommen 5 % Gülle aus der Viehhaltung (Anfall von Gülle zur direkten Ausbringung wurde entsprechend reduziert); gleiche Verteilung der Substrate in den beiden Landkreisen wie im Land (Mastel, 2007; Messner, 2007b);

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- Silomaisanbau für die Biogaserzeugung ersetzt Körnermais- und Ge-treideanbau zu je 50 % (Messner, 2007b; Ersatz von Raps und Anbau auf Stilllegungsflächen bleiben unberücksichtigt);

- Anfall an Biogas-Gärresten: 0,8 m3/t Substrat (Messner, 2007b); - 30 % der Wirtschaftsdünger als Festmist, 70 % als Gülle anfallend; - Strohabfuhr entsprechend auf 30 % der Ackerfläche (AF); - Restgülle und Festmist kommt aus der Schweine-, Pferde- und Hühner-

haltung ganz, aus der Rinderhaltung zu 60 % auf die AF, der Rest auf das Grünland;

- Zwischenfruchtanbau erfolgt auf 20 % der AF mit einer Humusersatz-leistung von 100 kg/ha C; Zuckerrübenblatt verbleibt auf der Fläche;

- Gärreste bringen eine Humusersatzleistung von 6 kg/m3 C . 2. Ergebnisse

In den nachfolgenden Tabellen sind die Humusbilanzen aufgeführt, jeweils unterteilt in die der Pflanzenproduktion auf dem Acker, der Tierproduktion und der Biogasproduktion. Dabei sind jeweils nur die wesentlichsten Ein-flussgrößen aufgeführt. 2.1 Land Baden-Württemberg

a) Pflanzenproduktion

…7663,5812,5G es. erf. F läche

…-560-46,082,1Silom ais

------829,8A F (z. V ergleich)

-280-3,010,8G em ., Sparg., E rdb.-760-4,96,5K artoffeln-387-6,917,7Z .-R üben

23916,468,5W interraps10016,7166,0Zw .-Früchte25416,765,6K örnerm ais50020,641,1Sonst. Futt.-Pfl.12929,4227,0W eizen

kg/hakt/A nbauflächeH um usbilanz (C )A nbau-

fläche (kha)K ulturen

…7663,5812,5G es. erf. F läche

…-560-46,082,1Silom ais

------829,8A F (z. V ergleich)

-280-3,010,8G em ., Sparg., E rdb.-760-4,96,5K artoffeln-387-6,917,7Z .-R üben

23916,468,5W interraps10016,7166,0Zw .-Früchte25416,765,6K örnerm ais50020,641,1Sonst. Futt.-Pfl.12929,4227,0W eizen

kg/hakt/A nbauflächeH um usbilanz (C )A nbau-

fläche (kha)K ulturen

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 540 -

b) Tierproduktion

c) Biogasproduktion und Gesamtsaldo

-12,6298,7Schafe-2,93 827,1Hühner

140116,2---Gesamt

-2,4982,2Sonst. Geflügel

-14,460,0Pferde-7,4275,4Zuchtsauen-18,51 967,0Mastschw., Ferkel-28,1671,7Sonst. Rinder-30,0375,8Milchkühe

kg/haGesamt (kt)Humuszufuhr (C)Anzahl (in

Tausend)Tierart

-12,6298,7Schafe-2,93 827,1Hühner

140116,2---Gesamt

-2,4982,2Sonst. Geflügel

-14,460,0Pferde-7,4275,4Zuchtsauen-18,51 967,0Mastschw., Ferkel-28,1671,7Sonst. Rinder-30,0375,8Milchkühe

kg/haGesamt (kt)Humuszufuhr (C)Anzahl (in

Tausend)Tierart

je ha AF-15-12,3---Gesamt

202167,4829,8Gesamtsaldo

23414,060,0Rückführung Gärreste

------12,0Nutzung Grünlandaufwuchs

-300-5,418,0Abfuhr sonstiger Pflanzenaufwüchse

-814-12,215,0Ersatz KM - SM-580-8,715,0Ersatz GT - SMkg/ha kt/Betr.-Fläche

Humusbilanz (C)Betroffene Fläche (kha)

Vorgang

je ha AF-15-12,3---Gesamt

202167,4829,8Gesamtsaldo

23414,060,0Rückführung Gärreste

------12,0Nutzung Grünlandaufwuchs

-300-5,418,0Abfuhr sonstiger Pflanzenaufwüchse

-814-12,215,0Ersatz KM - SM-580-8,715,0Ersatz GT - SMkg/ha kt/Betr.-Fläche

Humusbilanz (C)Betroffene Fläche (kha)

Vorgang

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 541 -

2.2 Landkreis Biberach

a) Pflanzenproduktion

b) Tierproduktion

2580,351,36Körnermais

…-10-0,4344,28Ges. erf. Fläche

…-560-4,467,96Silomais

------50,86AF (z. Vergleich)

-433-0,070,15Zuckerrüben-760-0,190,24Kartoffeln

710,365,05Winterraps1220,413,37Hafer3000,832,78Brache, Stilllegung1001,0210,17Zwischenfrüchte

971,3513,94Weizenkg/hakt/Anbaufläche

Humusbilanz (C)Anbau-fläche (kha)

Kulturen

2580,351,36Körnermais

…-10-0,4344,28Ges. erf. Fläche

…-560-4,467,96Silomais

------50,86AF (z. Vergleich)

-433-0,070,15Zuckerrüben-760-0,190,24Kartoffeln

710,365,05Winterraps1220,413,37Hafer3000,832,78Brache, Stilllegung1001,0210,17Zwischenfrüchte

971,3513,94Weizenkg/hakt/Anbaufläche

Humusbilanz (C)Anbau-fläche (kha)

Kulturen

-0,326,9Schafe-0,22298,9Hühner

1658,40---Gesamt

-------Sonst. Geflügel

-0,482,0Pferde-0,6022,2Zuchtsauen-0,4951,7Mastschw., Ferkel-2,9664,6Sonst. Rinder-3,3438,4Milchkühe

kg/haGesamt (kt)Humuszufuhr (C)Anzahl (in

Tausend)Tierart

-0,326,9Schafe-0,22298,9Hühner

1658,40---Gesamt

-------Sonst. Geflügel

-0,482,0Pferde-0,6022,2Zuchtsauen-0,4951,7Mastschw., Ferkel-2,9664,6Sonst. Rinder-3,3438,4Milchkühe

kg/haGesamt (kt)Humuszufuhr (C)Anzahl (in

Tausend)Tierart

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 542 -

c) Biogasproduktion und Gesamtsaldo

2.3 Landkreis Ludwigsburg

a) Pflanzenproduktion

je ha AF-33-1,68---Gesamt

1246,350,9Gesamtsaldo

2341,928,22Rückführung Gärreste

------1,64Nutzung Grünlandaufwuchs

-300-0,742,46Abfuhr sonstiger Pflanzenaufwüchse

-814-1,642,00Ersatz KM - SM-580-1,222,11Ersatz GT - SMkg/hakt/Betr.-Fläche

Humusbilanz (C)Betroffene Fläche (kha)

Vorgang

je ha AF-33-1,68---Gesamt

1246,350,9Gesamtsaldo

2341,928,22Rückführung Gärreste

------1,64Nutzung Grünlandaufwuchs

-300-0,742,46Abfuhr sonstiger Pflanzenaufwüchse

-814-1,642,00Ersatz KM - SM-580-1,222,11Ersatz GT - SMkg/hakt/Betr.-Fläche

Humusbilanz (C)Betroffene Fläche (kha)

Vorgang

1740,362,07K örnermais

-25-0,114,36Som m ergerste

-49-1,2024,44G es. erf. Fläche

…-497-1,402,81Zuckerrüben

------25,61A F (z. V ergleich)

-760-0,280,37K artoffeln-560-1,081,92Silomais

7200,090,12Erdbeeren

490,377,41W eizen3000,421,40Brache, Stilllegung1000,515,12Zw ischenfrüchte

kg/hakt/A nbauflächeH um usbilanz (C)A nbau-

fläche (kha)K ulturen

1740,362,07K örnermais

-25-0,114,36Som m ergerste

-49-1,2024,44G es. erf. Fläche

…-497-1,402,81Zuckerrüben

------25,61A F (z. V ergleich)

-760-0,280,37K artoffeln-560-1,081,92Silomais

7200,090,12Erdbeeren

490,377,41W eizen3000,421,40Brache, Stilllegung1000,515,12Zw ischenfrüchte

kg/hakt/A nbauflächeH um usbilanz (C)A nbau-

fläche (kha)K ulturen

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 543 -

b) Tierproduktion

c) Biogasproduktion und Gesamtsaldo

-0,203,5Schafe-0,12165,3Hühner

922,35---Gesamt

-------Sonst. Geflügel

-0,492,1Pferde-0,103,8Zuchtsauen-0,1819,5Mastschw., Ferkel-0,6511,2Sonst. Rinder-0,605,5Milchkühe

kg/haGesamt (kt)Humuszufuhr (C)Anzahl (in

Tausend)Tierart

-0,203,5Schafe-0,12165,3Hühner

922,35---Gesamt

-------Sonst. Geflügel

-0,492,1Pferde-0,103,8Zuchtsauen-0,1819,5Mastschw., Ferkel-0,6511,2Sonst. Rinder-0,605,5Milchkühe

kg/haGesamt (kt)Humuszufuhr (C)Anzahl (in

Tausend)Tierart

je ha AF-12-0,32---Gesamt

330,8325,6Gesamtsaldo

2340,411,75Rückführung Gärreste

------0,35Nutzung Grünlandaufwuchs

-300-0,160,52Abfuhr sonstiger Pflanzenaufwüchse

-734-0,290,40Ersatz KM - SM-580-0,280,47Ersatz GT - SMkg/hakt/Betr.-Fläche

Humusbilanz (C)Betroffene Fläche (kha)

Vorgang

je ha AF-12-0,32---Gesamt

330,8325,6Gesamtsaldo

2340,411,75Rückführung Gärreste

------0,35Nutzung Grünlandaufwuchs

-300-0,160,52Abfuhr sonstiger Pflanzenaufwüchse

-734-0,290,40Ersatz KM - SM-580-0,280,47Ersatz GT - SMkg/hakt/Betr.-Fläche

Humusbilanz (C)Betroffene Fläche (kha)

Vorgang

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 544 -

3. Diskussion

Die Humusbilanz der Pflanzenproduktion auf den Acker- und Gartenbauflächen scheint im Mittel landesweit positiv zu sein (76 kg/ha C), negative Bilanzen mancher Kulturen (Gartenbau insgesamt, Silomais, Kartoffeln, Zuckerrüben, Sommergerste) werden durch andere mehr als ausgeglichen. Durch die Vieh-haltung wird der positive Trend verstärkt auf dann mehr als 200 kg/ha C. Die Bio-gasproduktion wirkt sich landesweit derzeit noch nicht sonderlich aus. Sie führt nur zu einem Rückgang der Humusbilanz um 15 kg/ha C. Auf Flächen, deren Aufwuchs als Gärsubstrat dient, ist allerdings eine deutliche Verminderung der Humusbilanz festzustellen. So führt z.B. der Anbau von Silomais an Stelle von Körnermais zu einer Minderung um ca. 800 kg/ha C, die bei weitem nicht durch die Rückführung der Gärreste ausgeglichen wird. Für die Verwertung von Ge-treidestroh, z.B. zur Verbrennung, stehen jedoch landesweit noch Reserven zur Verfügung. Unter den hier zugrundegelegten Bedingungen (Humusersatzleistung von Stroh 100 kg/t C) wird die Humusbilanz der Ackerflächen erst negativ, wenn dort das gesamte Getreidestroh ersatzlos abgefahren wird. Dann reduziert sich die Humusersatzleistung landesweit um ca. 42 kt C. Sie kann durch den Einsatz von Kompost, der bei einem Gesamtanfall von 500 000 m3/a (Scheurer, 2007) maximal 20-25 kt C (25-30 kg/ha AF) liefert, nicht ausgeglichen werden. Allerdings ist auch zu bedenken, dass sich die Reserven beträchtlich mindern, wenn dem Stroh eine niedrigere Humusersatzleistung (z.B. 80 kg/t C, VDLUFA (2004)) beigemessen wird. Für den Landkreis Biberach ergibt sich eine negative Humusbilanz auf den Acker-flächen (-10 kg/ha C), die durch die Rückführung der Wirtschaftsdünger deutlich positiv wird (+165 kg/ha C), jedoch niedriger bleibt als im Landesdurchschnitt. Dagegen ist der Einfluss der Biogasproduktion mehr als doppelt so hoch wie im Land (Minderung der Humusbilanz um -33 kg/ha C).

Im Landkreis Ludwigsburg ist die Humusbilanz der Pflanzenproduktion gegen-über dem Land und dem Landkreis Biberach verstärkt negativ (ca. -50 kg/ha C) und auch die Beiträge der Viehhaltung sind mit 92 kg/ha C niedriger. Sie verbleibt jedoch insgesamt positiv (ca. +30 kg/ha C), auch deshalb, weil die Biogas-produktion mit -12 kg/ha nur einen geringen Einfluss hat. Ihre Ausweitung bzw. die Strohabfuhr für die energetische Nutzung könnte in diesem Landkreis allerdings gegenüber dem Land bzw. dem Landkreis Biberach am ehesten zu Problemen in der Humusversorgung der Böden führen.

Regional und (noch verstärkt) in Einzelbetrieben können somit Verhältnisse vor-liegen (hoher Hackfruchanteil in der Fruchtfolge, Umwandlung von Brachen und Stilllegungsflächen in Acker, Ausweitung des Silomaisanbaus), welche eine nicht ausreichenden Humusversorgung der Böden befürchten lassen. In diesen Fällen scheint die Erstellung von Humusbilanzen zur Beurteilung der Situation dringend angeraten. Allerdings ist die dabei ansetzbare Humusleistung des Körnermais-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 545 -

strohs kritisch zu sehen. In Messergebnissen von Böden langjähriger Versuche mit Dauermaisanbau spiegelt sie sich nicht entsprechend wider (Hönig et al., 2007). Im Bedarfsfall ist jedenfalls auch an die Ausbringung von Kompost zu denken, dessen gute Humusersatzleistung in Feldversuchen bestätigt wurde (LTZ, 2008). 4. Literatur

Anonym, 2004: Verordnung über die Grundsätze der Erhaltung landwirt-schaftlicher Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und öko-logischen Zustand (Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung - DirektZahlVerpflV) vom 04.11.2004. BGBl. I, Nr. 58, 2778

Brenner, C., 2007: Verstärkter Anbau von Energiepflanzen im Südwesten. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Pressemitteilung Nr. 393/2007 vom 12.12.2007

Hönig, M., Häs, H., Kansy, G., 2007: Ergebnisse der Fruchtfolgeversuche in Hugsweier und Weisweil. In: Tagungsband der Maistagung am 12.02.2007 in Emmendingen, S. 34

LAP, 2005: Landesanstalt für Pflanzenbau Forchheim (Hrsg.): Humus-bilanzierung - Beurteilung und Bemessung der Humusversorgung von Acker-land. Merkblätter für die umweltgerechte Landbewirtschaftung, Nr. 26

LEL, 2006: Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der länd-lichen Räume (Hrsg.): Nährstoffvergleich_Feld_Stall_2006.exe.

LTZ, 2008: Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (Hrsg.): Nachhaltige Kompostanwendung in der Landwirtschaft. CD-ROM

Mastel, K., 2007: Persönliche Mitteilung vom 15.10.2007

Messner, J., 2007a: Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven der Biogas-erzeugung und Biogasnutzung. In: Tagungsband des Workshops Biogas vom 27.09.2007, S. 47. http://landwirtschaft.bwl.de/servlet/PB/menu/ 1115941_l1/ index1215167725154.html

Messner, J., 2007b: Persönliche Mitteilung vom 03.12.2007

Scheurer, E., 2007: Persönliche Mitteilung vom 17.12.2007

StaLA, 2007a: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Landwirtschaft - Landesdaten. http//www.statistik-bw.de

StaLA, 2007b: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Landwirtschaft - regionale Daten. http//www.statistik-bw.de

VDLUFA (2004): Standpunkt Humusbilanzierung. http://www.vdlufa.de/ joomla/Dokumente/Standpunkte/08-humusbilanzierung.pdf

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 546 -

Mikrobielle Biomasse und ihre Aktivität bei langjähriger Kompostzufuhr in unterschiedlichen Böden Baden-Württembergs H. Flaig1, R. Kluge1 1Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe 1. Einführung und Versuchsbeschreibung

Neben der Schonung endlicher Nährstoffreserven, vor allem an Phosphor, geht es bei der stofflichen Verwertung geeigneter Bioabfälle heute zu-nehmend um die Bodenfruchtbarkeit. Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg hat im Jahre 1995 die Anlage von Kompost-Dauerversuchen veranlasst. Ziel war es, die maßgebenden pflanzenbaulichen und ökologischen Aspekte der Kompostverwertung unter realen Praxisbedingungen wissenschaftlich zu prüfen. Die fünf einheitlich angelegten Kompost-Anwendungsversuche in Baden-Württemberg (Abb. 1) wurden im Jahre 2006 planmäßig beendet Damit liegen für drei Standorte 12jährige und für zwei Standorte 9jährige Untersuchungsergebnisse vor – eine für bundesdeutsche Verhältnisse einmalige Versuchs- und Ergebnis-basis. Auf drei Standorten wurden bodenbiologische Untersuchungen durch-geführt. An diesen drei Standorten wurden verschiedene Mengen güte-gesicherten Bioabfallkomposts aufgebracht: – Kontrolle ohne Kompost (Stufe K0), – 10 t TM/ha*a (K2) und – 20 t TM/ha*a (K3), jeweils mit optimaler mineralischer N-Ergänzungsdüngung und einheitlicher Fruchtfolge Mais–Winterweizen–Wintergerste. Tab. 1: Charakterisierung der Versuchsstandorte nach Bodenart, Jahres-

mitteltemperatur und Versuchsdauer

Standort Bodenart Jahresmitteltemperaturwährend Versuchsdauer

Versuchsdauer bis 2006

Forchheim lS 11,1 °C 12 Jahre Stockach utL 10,0 °C 12 Jahre Heidenheim uL 8,4 °C 9 Jahre

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 547 -

Abb. 1: Die Versuchsstandorte des Kompostversuchs repräsentieren

typische landwirtschaftliche Regionen in Baden-Württemberg Die bodenbiologischen Untersuchungen hatten zum Ziel, einige Parameter, die für die Charakterisierung der Bodenfruchtbarkeit und der biologischen Aktivität der Böden wichtig sind, näher zu untersuchen. Wichtigster Para-meter ist die mikrobielle Biomasse. Für die Abbau- und Syntheseleistungen im Boden sind im Wesentlichen Bakterien und Pilze verantwortlich, darunter fällt auch die Mobilisierung anorganischer Nähr- und Spurenstoffe aus organischer Bindung. Um die Umsatzleistungen näher zu charakterisieren, wurden die Stickstoffmineralisierung im Brutversuch und die Aktivität der alkalischen Phosphatase bestimmt. 2. Probenahme, -vorbereitung und Analytik

Die Bodenproben für die biologischen Untersuchungen wurden im Sommer 2006 nach der Ernte von Wintergerste als geschürfte Mischproben aus einer Tiefe von 10-15 cm entnommen. Pro Variante wurden vier Teilflächen als Wiederholungen angesetzt, pro Standort also 12 Flächen beprobt. Die Proben wurden gekühlt transportiert und gelagert (4-8 °C), auf eine Partikelgröße von ≤ 2 mm gesiebt, portioniert und bei -20 °C eingefroren Mindestens 12 Stunden vor der weiteren Verarbeitung wurden sie im Kühlschrank auf-getaut. Ein Aliquot wurde zur Bestimmung des Trockengewichts verwendet und über Nacht bei 105 °C getrocknet

Die Menge an mikrobieller Biomasse wurde über die Methode der substrat-induzierten Respiration bestimmt (DIN 14240-1). Dazu wurden die Boden-proben auf die Hälfte der maximalen Wasserkapazität befeuchtet und in be-lüfteten Plastikbeuteln mehrere Tage bei 22 °C äquilibriert. Die Bestimmung der Biomasse erfolgte nach Zumischung von Glucose über den Anstieg der Atmungsaktivität und die Analyse des Konzentrationsanstiegs von CO2 nach Heinemeyer et al. (1989).

Schweiz

Fran

kreic

h

Baden-Württemberg

• Stockach

• Forchheim

• Weierbach

• Ellwangen

•Heidenheim

12 Jahre 9 Jahre

Schweiz

Fran

kreic

h

Baden-Württemberg

• Stockach

• Forchheim

• Weierbach

• Ellwangen

•Heidenheim

12 Jahre 9 Jahre

Schweiz

Fran

kreic

h

Baden-Württemberg

• Stockach

• Forchheim

• Weierbach

• Ellwangen

•Heidenheim

Schweiz

Fran

kreic

h

Baden-Württemberg

Schweiz

Fran

kreic

hSchweiz

Fran

kreic

h

Baden-Württemberg

• Stockach

• Forchheim

• Weierbach

• Ellwangen

•Heidenheim

• Stockach

• Forchheim

• Weierbach

• Stockach

• Forchheim• Forchheim

• Weierbach• Weierbach

• Ellwangen

•Heidenheim

• Ellwangen• Ellwangen

•Heidenheim

•Heidenheim

12 Jahre12 Jahre12 Jahre 9 Jahre9 Jahre9 Jahre

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 548 -

Durch die Bestimmung der N-Mineralisation im anaeroben Brutversuch nach Kandeler (in Schinner et al., 1993) sollen Effekte der Kompostgaben auf die N-Dynamik der Böden erfasst werden. Hierbei werden Böden mit Wasser überstaut und bei 40 °C 7 Tage inkubiert. Die Nitrifikation wird unter diesen Bedingungen unterbunden. Der aus organischen Stickstoffver-bindungen mit Hilfe der Mikroorganismen freigesetzte Ammonium-Stickstoff wird mit Kaliumchlorid extrahiert und kolorimetrisch bestimmt.

Die Aktivität der alkalischen Phospho-Monoesterase wurde nach Öhlinger (zit. in Schinner et al., 1993) analysiert. Das aus Phenylphosphat-Lösung enzymatisch abgespaltene Phenol wird mit 2,6-Dibromchinon-Chlorimid angefärbt und photometrisch bestimmt. 3. Mikrobielle Biomasse

An jedem der drei Standorte nimmt die mikrobielle Biomasse mit der Menge an aufgebrachtem Kompost zu. Dabei ist die Steigerung zwischen den Stufen K0 (ohne Kompost, nur Mineraldüngung) und K2 (10 t/ha) am höchsten; eine weitere Steigerung der Kompostgabe auf 20 t/ha führt lediglich zu 10-20 % mehr Biomasse als bei der praxisnahen Gabe.

Mit bestimmend für die Menge an Bakterien und Pilzen ist die Menge an organischer Substanz und der pH-Wert im Boden. Vergleicht man die Bio-massewerte (Abb. 2) mit der Veränderung der pH-Werte und der Humus-gehalte zwischen den Varianten (Tab. 2), so stellt man fest, dass die Humus-gehalte zwischen erster und zweiter Kompoststufe gleich stark ansteigen wie zwischen der Nullvariante und der ersten Kompoststufe. Beim pH-Wert hin-gegen ist – ähnlich wie bei der Biomasseentwicklung – die Anhebung zwischen der Nullvariante und der ersten Stufe deutlich stärker ausgeprägt als zwischen erster und zweiter Kompoststufe. Die Kalkwirkung der Kompostgaben schlägt sich auch in der Förderung der Biomasse nieder.

Die Standorte haben unterschiedliche Ausgangsbedingungen in der Höhe messbarer mikrobieller Biomasse. Hier spielt sicherlich die Bodenart eine wichtige Rolle. Im lehmigen Sand von Forchheim ist weniger Biomasse zu erwarten als in den schluffig-lehmigen Böden von Stockach und Heiden-heim; hier sind auch pH-Werte und Humusgehalte höher (vgl. Tab. 2).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 549 -

Abb. 2: Wirkungen der Kompostgaben auf die Entwicklung der mikro-

biellen Biomasse. Angaben in µg Cmic pro g trockener Boden. Mittelwerte der Varianten ± Standardabweichung. t-Test im Ver-gleich zu K0: ** α <5 %, *** α <1 %

Tab. 2: pH-Werte und Humusgehalte an den Standorten im Jahre 2006.

Angegeben sind die gerundeten Mittelwerte aus den vier Wieder-holungen pro Variante

Standort

Forchheim Stockach Heidenheim pH Humus [%] pH Humus [%] pH Humus [%]

K0 5,8 2,0 6,0 2,1 6,2 2,5 K2 6,1 2,4 6,6 2,7 7,0 3,6 K3 6,4 2,9 6,9 3,4 7,2 4,5

4. Cmic/Corg-Verhältnis

Das Verhältnis von mikrobiellem Kohlenstoff zu organischem Kohlenstoff im Boden insgesamt ist ein Anhaltspunkt dafür, ob Veränderungen in den Biomassegehalten lediglich Veränderungen in der organischen Substanz widerspiegeln oder sich spezifische An- bzw. Abreicherungsprozesse vermuten lassen. Die Ergebnisse in Tabelle 3 zeigen, dass sich die Standorte ganz unter-schiedlich verhalten. In Forchheim folgt die Biomasse recht eng der Akkumulation organischer Substanz durch das jahrelange Aufbringen von Kompost. Am Standort Stockach wird die Entwicklung aktiver Biomasse durch die Kompostaufbringung stärker gefördert als die Humusakkumulation; allerdings ist zwischen den Kompoststufen 1 und 2 kein Unterschied mehr festzustellen. In Heidenheim hingegen kann die Steigerung aktiver Biomasse

0

100

200

300

400

500

600

Forchheim Stockach HeidenheimMik

robi

elle

Bio

mas

se [µ

g C

/g T

M]

ohne Kompost 10 t/ha TM 20 t/ha TM

***

****** ***

***

**

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

- 550 -

nicht mit der Akkumulation von Humus Schritt halten. Ursache kann die dort niedrigere Jahresmitteltemperatur gewesen sein. Tab. 3: Cmic/Corg-Verhältnis. Die Mittelwerte der Gehalte an mikrobieller

Biomasse (Abb. 2) wurden mit den Humusgehalten bzw. dem Ge-halt an organischer Substanz im Jahre 2006 (Tab. 2) in Beziehung gesetzt. Angaben in mg Cmic pro g organischem Kohlenstoff

Standort Forchheim Stockach Heidenheim K0 15,0 21,4 25,1 K2 15,1 27,3 22,5 K3 14,7 25,7 20,0

5. Stickstoff-Mineralisierung

Die Freisetzung von Stickstoff nach Inkubation und damit die Möglichkeit, Stickstoff aus organischer Bindung für das Pflanzenwachstum zu mineralisieren, steigt mit der Höhe der Kompostgabe auf allen drei Stand-orten an. Der Standort Heidenheim zeichnet sich durch eine vergleichsweise hohe Mineralisationskapazität aus.

Abb. 3: Wirkungen der Kompostgaben auf die Kapazität der Stickstoff-mineralisierung. Angaben in µg N pro g trockener Boden pro Tag. Mittelwerte der Varianten ± Standardabweichung. t-Test im Ver-gleich zu K0: *** α <1 %

Wie bei der Biomasse besteht der größte Unterschied zwischen der Variante „kein Kompost“ (K0) und der ersten Kompoststufe (K2) (Abb. 3). Im Gegensatz dazu steigt der Gehalt an Gesamt-Stickstoff in den Böden mit steigender Kompostgabe linear an (Tab. 4).

0

2

4

6

8

10

12

Forchheim Stockach Heidenheim

N-M

iner

alis

atio

n (

g N

/g B

oden

*d)

ohne Kompost 10 t/ha TM 20 t/ha TM

*** ******

***

***

***

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

- 551 -

Die N-Mineralisation steigt zumindest zwischen K0 und K2 stärker, als es die leicht zunehmenden N-Gesamtgehalte erwarten lassen. Dies hat Folgen. Anhand der langjährigen Versuche lässt sich zeigen, dass sich die N-Ausnutzung im Laufe fortgesetzter Kompostanwendung von anfänglich minimalen Werten – deutlich unter 5 % der 1. Fruchtfolgerotation – mittelfristig nach der 2.-4. Rotation auf höhere Werte von jährlich 5-15 % eingepegelt hat (LTZ, 2008). Das N-Minerali-sierungsgleichgewicht im Boden wird nach mehrjähriger Kompostanwendung durch die Aktivierung des Bodenlebens verstärkt in Richtung löslicher und damit düngewirksamer N-Anteile verschoben. Tab. 4: Gehalte an Gesamt-Stickstoff in Prozent im Jahre 2006. Angegeben

sind die gerundeten Mittelwerte aus den vier Wiederholungen pro Variante

Standort Forchheim Stockach Heidenheim K0 0,08 0,12 0,13 K2 0,09 0,15 0,19 K3 0,12 0,19 0,26

6. Alkalische Phosphatase

Die Phosphatase-Aktivität nimmt mit steigender Kompostgabe zu. Von der Variante „kein Kompost“ auf die praxisübliche Gabe (K2) steigt die Aktivität um ca. 80 % (Forchheim und Stockach) bzw. 50 % (Heidenheim) an.

Abb. 4: Wirkungen der Kompostgaben auf die alkalische Phosphomono-esterase. Angaben in µg gebildetes Phenol (aus Phenylphosphat) pro g trockener Boden und Stunde. Mittelwerte der Varianten ± Standardabweichung. t-Test im Vergleich zu K0: ** α <5 %, *** α <1 %

0

50

100

150

200

250

300

350

Forchheim Stockach Heidenheim

Alk

. Pho

spha

tase

(g

Phe

nol/g

Bod

en*h

) ohne Kompost 10 t/ha TM 20 t/ha TM

***

***

***

**

***

**

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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Zwar nimmt auch die mikrobielle Biomasse zu (Abb. 2), die unterschied-lichen Gehalte an Biomasse erklären die Aktivitätsunterschiede aber nicht hinreichend. Trotz höherer oder gleicher Biomasse und höheren pH-Werten (Tab. 2) zeigen die Proben des Standorts Heidenheim in den Varianten K2 und K3 ähnliche oder sogar geringere Phosphatase-Werte als Stockach. Neben Biomassegehalt und pH-Wert bestimmt auch der Gehalt an an-organischem Phosphat die Aktivität der (alkalischen) Phosphatase. Die Zu-sammenstellung der Phosphat-Gehalte zeigt, dass am Standort Heidenheim deutlich höhere Phosphatwerte zu messen sind als in Stockach (Tab. 5). Tab. 5: Gehalte an Phosphat in mg P2O5 pro 100 g lufttrockenem Boden,

Probenahme 2006. Angegeben sind die gerundeten Mittelwerte aus den vier Wiederholungen pro Variante

Standort Forchheim Stockach Heidenheim K0 17 8 13 K2 19 14 21 K3 23 22 33

Die hohen Phosphorzufuhren mit den regelmäßigen Kompostgaben wurden zügig pflanzenaufnehmbar und düngewirksam. Die löslichen Phosphor-gehalte im Boden stiegen an, wurden besser ausgenutzt und können in der Düngebilanz voll angerechnet werden (LTZ, 2008). 7. Diskussion Der Gehalt an mikrobieller Biomasse hängt neben anderen Parametern vom Gehalt an organischer Substanz und in gewissen Grenzen auch vom pH-Wert des Bodens ab (Kemmitt et al., 2006). Diese Beziehungen schlagen sich nicht nur in den Durchschnittswerten der Varianten K0, K2 und K3 nieder. Auch die Wiederholungsflächen innerhalb der Varianten unterscheiden sich hier durchaus. Phosphatasen können sowohl aus Pflanzenwurzeln stammen, als auch mikro-biellen Ursprungs sein. Die alkalische Phosphatase, die ihr Aktivitäts-optimum bei höheren pH-Werten besitzt, ist vor allem auf Bodenmikro-organismen zurückzuführen, da sie von pflanzlichen Geweben nicht ausgeschieden wird. Phosphatasen sind nicht nur intrazellulär katalytisch aktiv, sondern können auch extrazellulär in Ton-Humus-Komplexen weiter-hin zur Phosphatmineralisierung beitragen (Tabatabai und Dick, 2002). Insofern ist eine gemessene Aktivität nicht nur auf lebende, aktive Organis-men zurückzuführen.

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Der pH-Wert ist auch ein entscheidendes Kriterium für die Aktivität der alkalischen Phosphatase (Renella et al., 2006) und bestimmt die Variabilität der Wiederholungen innerhalb der Varianten mit. Darüber hinaus zeigt der Vergleich von Forchheim mit den anderen beiden Standorten den Einfluss des Biomasse-Gehalts (vgl. Abb. 2 und 4; die Phosphatase-aktiven Mikro-organismen sind ein Teil dieser Biomasse) und der Vergleich zwischen Stockach und Heidenheim den Einfluss des Phosphatgehalts (Abb. 4 und Tab. 5). Phosphatasen werden zumindest in vitro durch anorganisches Phosphat gehemmt, und die meisten Düngungsversuche weisen darauf hin, dass bei hohen Gaben von Phosphatdünger die Phosphatase-Aktivität von Böden niedriger ist als bei sparsamer P-Düngung (Speir und Ross, 1978).

Im Vergleich zu einer Messserie mit Probenahme in den Jahren 2001/2002 (GKRS, 2003) konnten die Gehalte an Biomasse in den kompostbeauf-schlagten Versuchsflächen von Forchheim und Stockach zulegen. Außerdem wurden auf allen Standorten die Auswirkungen verschiedener Kompost-mengen deutlicher unterscheidbar. Die Variante K0 (kein Kompost, nur Mineraldüngung) weist übrigens auf allen Standorten im Jahre 2006 eine leichte Versauerung gegenüber 2002 auf und einen kaum veränderten Hu-musgehalt. Unter diesen Bedingungen konnte nur in Forchheim die mikro-bielle Biomasse leicht zulegen.

Drei Arbeiten neueren Datums, die auf einem längerfristigen Komposteinsatz auf Versuchsflächen im Freiland beruhen und von den Rahmenbedingungen her mit unserem Experiment vergleichbar sind, weisen ähnliche Ergebnisse auf:

In einem achtjährigen Versuch konnte die Zufuhr von Biomüllkompost (10 t/ha*a) auf einen Lösslehm-Boden unter einer Fruchtfolge von Mais–Winterweizen–Wintergerste (also wie im vorliegenden Kompostversuch auch) den Gehalt an mikrobieller Biomasse um 25 % steigern (Quintern et al., 2006).

In einem zwölfjährigen Versuch stieg die mikrobielle Biomasse bei einer Gabe von Biomüllkompost (ca. 15 t/ha*a) oder Kompost aus Grünabfällen (ca. 11 t/ha*a) unter einer Fruchtfolge von Mais, Sommerweizen und Wintergerste um fast 40 % (Biomüllkompost) bzw. 8 % (Grünabfälle) in 10-20 cm Tiefe und um jeweils etwa 15 % in 20-30 cm Tiefe an. In 0-10 cm Tiefe war keine Kompostwirkung auf den Biomasse-Gehalt festzustellen (Ros et al., 2006). Die Aktivität der Phosphatase (in diesem Fall eher Enzyme mit Optimum im leicht sauren Bereich) stieg in allen Tiefen-schichten an, mit einem Maximum in etwa 10-20 cm Tiefe. Die Zusammen-setzung der Bakteriengemeinschaft war unter Komposteinfluss erheblich verändert und wies nur ca. 20 % Ähnlichkeit mit der kompostlosen Kontrolle auf (Ros et al., 2006). Die Mikroflora von Komposten prägt sich allerdings nicht dem Boden auf, sondern verändert die Zusammensetzung der mikro-biellen Lebensgemeinschaft indirekt (Innerebner et al., 2006).

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Ein japanischer Versuch mit Kompost aus einer Klärschlamm-Reisschalen- bzw. Klärschlamm-Sägemehl-Mischung (etwa 12 t/ha*a) über 23 Jahre auf einen schluffig-lehmigen Boden aus Vulkanasche unter Mais und Gerste führte zu einem Anstieg der mikrobiellen Biomasse um etwa 100 % in den obersten 20 cm gegenüber der Kontrolle mit Mineraldünger. Auch die Stick-stoffmineralisierung stieg beträchtlich an (Zaman et al., 2004). 8. Zusammenfassung

Insgesamt zeigen die Ergebnisse an allen drei Standorten, dass die Auf-bringung von Kompost die Gehalte an mikrobieller Biomasse, das Potential zur Stickstoffmineralisierung und die Aktivität der Phosphatase als Indikator für die potentielle Intensität der Phosphatumsätze steigert. Dies gilt ins-besondere im Vergleich zur ausschließlichen Mineraldüngung. Sehr hohe Kompostgaben über die in der Praxis erlaubte Menge hinaus steigern zwar die Werte der bodenbiologischen Parameter weiter. Allerdings geschieht dies nicht mehr in dem Ausmaß, wie Humus oder Gesamtstickstoff durch die Kompostaufbringung weiter akkumulieren. Die pH-Anhebung durch Kalk-wirkung und die Akkumulation organischer Substanz im Boden begünstigen das Bodenleben. Insgesamt spielt die Förderung der Bodenbiologie durch die Intensivierung der Umsetzungsprozesse im Boden eine wesentliche Rolle bei der allmählichen Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit durch Kompost. 9. Literatur

GKRS, 2003: Gütegemeinschaft Kompost Region Süd (Hrsg.): Nachhaltige Kompostverwertung in der Landwirtschaft. Abschlussbericht eines Verbund-Forschungsprojekts (Deutsche Bundesstiftung Umwelt). GKRS, Leonberg

Heinemeyer, O., Insam, H., Kaiser E. A., Walenzik, G., 1989: Soil microbial biomass and respiration measurements: An automated technique based on infra-red gas analysis. Plant and Soil 116, 191-195

Innerebner, G., Knapp, B., Vasara, T., Romantschuk, M., Insam, H., 2006: Trace-ability of ammonia-oxidizing bacteria in compost-treated soils. Soil Biol. Bio-chem. 38, 1092-1100

Kemmitt, S.J., Wright, D., Goulding, K.W.T., Jones, D.L., 2006: pH regulation of carbon and nitrogen dynamics in two agricultural soils. Soil Biol. Biochem. 38, 898-911

LTZ (Hrsg.), 2008: Nachhaltige Kompostanwendung in der Landwirtschaft, Ab-schlussbericht 2008. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe

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Quintern, M., Lein, M., Jörgensen, R.G., 2006: Changes in soil biological quality indices after long-term addition of shredded shrubs and biogenic waste compost. J. Plant Nutr. Soil Sci. 169, 488-493

Renella, G., Landi, L., Ascher, J., Ceccherini, M.T., Pietramellara, G., Nannipieri, P., 2006: Phosphomonoesterase production and persistence and composition of bacterial communities during plant material decomposition in soils with differ-ent pH values. Soil Biol. Biochem. 38, 795-802

Ros, M., Pascual, J.A., Garcia, C., Hernandez, M.T., Insam, H., 2006: Hydrolase activities, microbial biomass and bacterial community in a soil after long-term amendment with different composts. Soil Biol. Biochem. 38, 3443-3452

Schinner, F., Öhlinger, R., Kandeler, E., Margesin, R., 1993: Bodenbiologische Arbeitsmethoden. Springer-Verlag, Berlin. ISBN 3-540-56206-0

Speir, T. W. und Ross, D. J., 1978: Soil phosphatase and sulphatase. In: Burns, R. G. (ed.): Soil Enzymes; S. 197-250. Academic Press, London. ISBN 0-12-145850-4

Tabatabai, M.A., Dick, W.A., 2002: Enzymes in soil. In: Burns, R.G. und Dick, R.P. (Hrsg.): Enzymes in the Environment; S. 567-596. Marcel Dekker, New York. ISBN 0-8247-0614-5

Zaman, M., Matsushima, M., Chang, S.X., Inubushi, K., Nguyen, L., Goto, S., Kaneko, F. und Yoneyama, T., 2004: Nitrogen mineralization, N2O production and soil microbiological properties as affected by long-term applications of sewage sludge composts. Biol. Fertil. Soils 40, 101-109

Danksagung Unser Dank gilt dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg, das die langjährige Versuchsdurchführung unterstützt und die aufwändigen abschließenden Untersuchungen ermöglicht hat. Wert-volle finanzielle Unterstützung erhielten wir durch die Gütegemeinschaften Kompost Region Süd und Region Südost, Verband der Humus- und Erden-wirtschaft (VHE) und Verband der Humus- und Erdenwirtschaft Nord, ver-treten durch die Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V., Köln. Unser Dank gilt weiterhin Ingo Gueinzius für die Probenahme sowie Bettina Herrmann und Harald Scharinger für ihre Hilfe bei den bodenbiologischen Analysen.

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Weiterentwicklung des Programms „Komplexe Pflanzenanalyse“ im Rahmen „Landwirtschaft macht Schule“ U. v. Wulffen2, J. Thormeyer1, J Riedel1, M Germer1, S. Krieter1, W. Zorn3, E. Kape4, E.Albert5, M.Roschke6

1Siemens-Gymnasium, Magdeburg, 2Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt, Bernburg, 3Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 4LMS Landwirtschaftsberatung Mecklenburg-Vorpommern, Rostock, 5Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Leipzig 6Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg, Teltow 1. Zielstellung des Projektes EDV-Programm zur Datenerfassung

und graphischen Auswertung der Komplexen Pflanzenana-lysen

Unter dem Begriff „Landwirtschaft macht Schule“ wird derzeit von vielen landwirtschaftlichen Betrieben und Institutionen (Kammern und Landes-anstalten) versucht, den Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft den Schülern und Lehrern näher zu bringen. Für die Landwirtschaft ist dies eine effektive Möglichkeit, ihr häufig durch die Medien verzerrtes Bild richtig zu stellen. Hierzu bieten sich neben den Tagen des „Offenen Bauernhofes“ auch gemeinsame Projekte zwischen Schulen und landwirtschaftlichen Institutionen an.

Die Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt (LLFG) sowie das Siemens-Gymnasium Magdeburg haben seit längerer Zeit zahlreiche Kontakte. Daher bot es sich an, die am Siemens-Gymnasium im Rahmen des Unterrichts durchzuführenden EDV-Projekte für eine gemeinsame Zielstellung zu nutzen. Für die Schüler hat dies den Vorteil, dass Ihre Projektarbeiten nach dem Abschluss weiter genutzt werden und somit neben der Ausbildung gleichzeitig einen praktischen Bezug haben. Für die LLFG bietet diese Zusammenarbeit die Möglichkeit, kleinere EDV-Projekte zu realisieren, die bislang aus finanziellen Gründen häufig nicht verwirklicht werden konnten.

Als erstes gemeinsames Projekt zwischen dem Siemens-Gymnasium und der LLFG wurde die Neuprogrammierung des Programms „Komplexe Pflanzenanalyse“ (KPA) ausgewählt.

Die Pflanzenanalyse ist in der landwirtschaftlichen Praxis ein wertvolles Instrument zur Ermittlung und Bewertung des Ernährungszustandes von

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Kulturpflanzen. Dies gilt aber nur, wenn die bei den Analysen gewonnenen Daten sachgerecht interpretiert und für den Nutzer (Landwirt) verständlich aufbereitet und dargestellt werden. Hierzu konnte bis vor einigen Jahren das von der Thüringer Landesanstalt (TLL) entwickelte Programm „KPA“ genutzt werden. Mit der Umstellung der Betriebssysteme von MS-DOS auf MS-Windows 2000 bzw. MS-Windows XP/VISTA ergab sich die Not-wendigkeit einer Neuprogrammierung für die derzeit aktuellen Betriebs-systeme aus der Windows-Familie.

Zur Umsetzung dieser Aufgabe gründeten die landwirtschaftlichen Fachbe-hörden der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen eine Arbeitsgruppe, da die Projekt-partner 2) bis 6) kurzfristig aus finanziellen und personellen Gründen nicht in der Lage waren, die Neuprogrammierung jeweils in eigener Regie durch-zuführen. 2. Stand der Umsetzung

Die Erarbeitung von Richtwerten zur Interpretation der bei der Pflanzenana-lyse gefundenen Messwerte war bislang kein Arbeitsschwerpunkt der LLFG.. Für die LLFG bot es sich daher an, die bislang in diesem Bereich aktiven Landesanstalten mit in das Projekt einzubinden und somit auch zu einer Vereinheitlichung der Pflanzenanalyserichtwerte beizutragen. In einem ersten Schritt wurde unter fachlicher Leitung der LLFG und der TLL das Programm von den Schülern neu in der Programmiersprache Delphi, Version 2007 programmiert. Die erste Version des Programms „KPA“ wird folgende Nutzugsmöglich-keiten bieten:

• Tabellarische und graphische Auswertung der Analyseergebnisse • Hinterlegung einer Bilddatenbank mit den Entwicklungsstadien der

Kulturen, • Hinterlegung einer Bilddatenbank mit Bildern von Nährstoffmangel-

symptomen der Hauptkulturen, • Relationale Verknüpfung der Analysedaten mit einer Kundenadress-

datei zur späteren (über)regionalen Auswertung, • Export der Daten an die zuständigen Landesanstalten für landes-

weite Auswertungen. •

Das zwischen den o.g. Partnern angelaufene Projekt wird voraussichtlich vom Werner-von-Siemens-Gymnasiums Magdeburg auch bei JUGEND FORSCHT angemeldet. Somit stellt dieses Projekt ein Pilotvorhaben für die Entwicklung eines Netzwerks zwischen Schule und landwirtschaftlicher Offizialberatung dar.

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Abb. 1: Darstellung der Ein- und Ausgabe im Programm KPA 2008, Stand

September 2008 3. Weitere Entwicklungen

Nach Fertigstellung des Programms als eigenständig ausführbarer Programmdatei (*.exe) ist geplant, das Programm als Internetanwendung weiter zu entwickeln. Dies hätte für die beteiligten Landesanstalten den Vor-teil, dass sich Programmwartung – wie z.B. des Einpflegen weiterer Richt-werte und Kulturen – einfacher gestalten wird.

Für die nächsten Jahre haben das Siemens-Gymnasium und die Landesanstalten vereinbart, weitere Projekte umzusetzen. Neben Programmen zur Bewertung von Bodenuntersuchungen sind auch Datenbankanwendungen für spezielle Bereiche im Pflanzenschutz geplant. Die bislang gemachten Erfahrungen zeigen, dass durch deratige Projekte die Landwirtschaft ihr Bild im Siemens-Gymnasium deutlich verbessern konnte und bei einigen Schülern Interesse an der Landwirtschaft ge-weckt hat. Im Hinblick auf die Gewinnung von wissenschaftlichem Nachwuchs erscheint dies auch dringend geboten. 4. Literatur

Breuer, J., König, V., Merkel, D, Olfs, H.-W., Steingrobe, B., Stimpfl, E., Wissemeier, A.-H., Zorn W. 2003: Die Pflanzenanalyse zur Diagnose des Ernährungszustandes von Kulturpflanzen. Anwendung in Landwirtschaft, Gemüse- und Obstbau. AgriMedia, Bergen/Dumme

Bergmann, W., 1993: Ernährungsstörungen bei Kulturpflanzen. 3. erweiterte Auflage, Spektrum-Akademischer Verlag.

Codegear, 2007: Programmentwicklungspaket DELPHI 2007

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Bodenuntersuchung in den mittel- und osteuropäischen Ländern – Ergebnisse des zweiten MOEL-Ringversuches 2007/08 W. Zorn1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Die Gruppe der mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) im VDLUFA arbeitet seit mehr als 10 Jahren auf Gebieten der landwirtschaftlich-chemischen Analytik und Bewertung der Ergebnisse zusammen. Weiterhin erfolgen gegenseitige Informationen über aktuelle Entwicklungen in der Landwirtschaft sowie der Agrarpolitik. Jährlich finden 2 Konsultativtreffen (1* zum VDLUFA-Kongress, 1*Frühjahrstreffen in einem der Teilnehmer-länder) statt.

Auf dem Konsultativtreffen im Frühjahr 2006 wurde beschlossen, einen Ringversuch zur Bodenuntersuchung auf pflanzenverfügbare Nährstoffe durchzuführen. Als Zielstellung wurde ein Vergleich der verwendeten Methoden, der Analysenergebnisse sowie der Algorithmen für die Be-rechnung der Düngeempfehlungen festgelegt. Die Auswertung des 1. MOEL-Ringversuches erfolgte im Frühjahr 2007 auf dem Konsultativtreffen in Visegrad (Ungarn). Die Ergebnisse wurden von Fotyma et al. (2008) publiziert. Gleichzeitig wurde für 2007/2008 die Durchführung eines zweiten Bodenringversuches mit erweitertem Teilnehmerkreis und modi-fiziertem Konzept beschlossen. Die Gesamtauswertung des 2. MOEL-Ringversuches ist noch nicht abgeschlossen. Nachfolgend wird über aus-gewählte Ergebnisse berichtet 2. Material und Methoden

2.1 Teilnehmer des 2. MOEL-Ringversuches

Am 2. MOEL-Ringversuch beteiligten sich 11 Laboratorien aus 12 Ländern (Tabelle 1).

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Tab. 1: Teilnehmer des 2. MOEL-Ringversuches 2007/2008 Land Institut Estland Agricultural Research Centre, Harjumaa Kroatien University of Zagreb, Faculty of Agriculture Lettland Agricultural Research Centre of Latvia, Riga

Litauen Agrochemical Research Centre of Lithuanian, Institute of Agriculture, Kaunas

Österreich Österreichische Agentur für Gesundheit und Er-nährungssicherheit, Wien

Polen Institute of Soil Science and Plant Cultivation, Pulawy

Slowakische Republik Central Institut for Supervising and Testing in Agriculture, Bratislawa

Slowenien Slovenian Institut for Hop Research and Brew-ing, Zalec, University of Ljubljana

Tschechische Republik Central Institut for Supervising and Testing in Agriculture, Brno

Ungarn Agricultural Office of County Pest, Gödöllö; University of Debrecen

Deutschland Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Speyer

Deutschland Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena 2.2 Flächenauswahl und Probenahme

Jedes teilnehmende Institut versandte jeweils 3 Bodenproben, die den Kriterien für die Durchführung von Ringversuchen entsprechen, an alle anderen Teilnehmer. Von den Teilnehmern des Ringversuches waren damit insgesamt 36 Bodenproben zu analysieren. Die Kriterien für die Flächenauswahl und Entnahme der Bodenproben wurden wie folgt festgelegt: - 3 landestypische Standorte auf Ackerland, vorzugsweise aus Düngungs-

versuchen; - Bodenart, pH-Wert und Kalkgehalt der Böden sollten möglichst die

landestypische Variabilität umfassen; - P- und K-Gehalt möglichst in Gehaltsklasse/Versorgungsstufe mittel, in

der eine P- bzw. K-Düngungsempfehlung in Höhe des Entzuges durch die Ernte erteilt wird;

- kein sehr hoch mit Nährstoffen versorgter Boden; - die Probenahmetiefe soll der Bearbeitungstiefe entsprechen, jedoch

mindestens 20 cm und maximal 30 cm betragen.

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Die Grunddaten der Böden sind durch den Versender der Bodenproben zu ermitteln und den anderen Teilnehmern zur Verfügung zu stellen. Tabelle 2 zeigt als Beispiel die Grunddaten für die Böden, die die Thüringer Landes-anstalt für Landwirtschaft versandt hat. Tab. 2: Grunddaten der Böden aus Thüringen Herkunft der Bodenproben Dimension DE_TH_1 DE_TH_2 DE_TH_3

Land - Deutschland / Thüringen Standortangaben

Höhe ü. NN m 400 300 250 mittlerer Jahres-niederschlag mm 580 600 550

mittlere Jahres-temperatur °C 8,0 8,2 8,5

Bodentyp FAO Calcaric Leptosol Cambisol Luvisol

Krumentiefe cm 25 25 30 Probenahmetiefe cm 20 20 20

Kenndaten des Bodens (Analyse durch Probenversender) Ton-Gehalt

% im Feinboden

< 2 mm

45 15 30 Schluff-Gehalt 49 27 65 Sand-Gehalt 6 58 5 CaCO3-Gehalt 5,9 <0,5 <0,5 Humusgehalt 4,8 2,4 2,7 Skelettgehalt > 2 mm

Volumen-% 25 10 0

Analysiert wurden die Parameter pH-Wert (Kalkbedarf) sowie die Gehalte an P, K und Mg nach den Methoden für die Düngebedarfsermittlung des jeweiligen Teilnehmerlandes. Einen Überblick über die Bodenuntersuchungsverfahren in den mittel- und osteuropäischen Ländern gibt Tabelle 3.

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Tab. 3: Extraktionsmethoden für die Bodenuntersuchung in den teil-nehmenden MOE-Ländern

Land Bestimmung von

pH P, K Mg Estland KCl Mehlich 3 Mehlich 3 Kroatien KCl AL Mehlich 3 Lettland KCl DL DL Litauen KCl AL AL Österreich CaCl2 CAL CaCl2 Polen KCl DL CaCl2 Slowakische Republik CaCl2 Mehlich 3 Mehlich 3 Slowenien KCl AL CaCl2 Tschechische Republik CaCl2 Mehlich 3 Mehlich 3 Ungarn KCl AL KCl Deutschland CaCl2 CAL CaCl2

2.3 Ableitung von Düngungsempfehlungen

Nach Vorliegen der Analysenergebnisse waren Empfehlungen zur Kalk-, P-, K- und Mg-Düngung nach den landesüblichen Richtwerten für folgende ausgewählte Kulturen zu erarbeiten: - Winterweizen 70 dt/ha (Düngung von Korn und Stroh) - Winterraps 40 dt/ha (Düngung von Korn und Stroh) - Winterroggen 60 dt/ha (Düngung von Korn und Stroh) - Körnermais 80 dt TM/ha (Düngung von Korn und Stroh) 3. Ausgewählte Ergebnisse

Im Rahmen des 21. Konsultativtreffens der MOE-Länder am 15. bis 17.04.2008 in Brno (Tschechische Republik) erfolgte eine erste Auswertung des Ringversuches. Im Mittelpunkt der Diskussion standen der Vergleich der Nährstoffgehalte der Böden nach den verschiedenen Methoden, die Ein-stufung der Ergebnisse in Gehaltsklassen/Versorgungsstufen sowie die Höhe der Düngungsempfehlungen. Die Gesamtauswertung ist noch nicht abgeschlossen. Sie erfolgt im Rahmen des Konsultativtreffens im Frühjahr 2009 in Speyer. Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse dargestellt, die sich auf zwei Böden aus Thüringen (vergl. Tab. 2) bezieht.

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3.1 Extrahierbare P-Gehalte carbonathaltiger Böden und daraus abgeleitete P-Düngungsempfehlungen

4

Die Untersuchung des Bodens DE_TH_1 mit einem CaCO3-Gehalt von 5,9 % gibt Rückschlüsse auf das P-Extraktionsvermögen der verwendeten Methoden aus carbonathaltigen Böden. Die AL-Methode extrahiert die höchsten P-Mengen, gefolgt von DL, CAL und Mehlich 3 (Abbildung 1). Zwischen den Instituten, die die DL-Methode einsetzen, liegt eine große Abweichung der analysierten P-Gehalte vor, die noch nicht aufgeklärt werden konnte.

94 96111

102

49

138

3116 21

47 4857

020406080

100120140160

mg P/kg

AL DL CALMehlich 3

Abb. 1 : P-Gehalt im Boden DE_TH_1 (Calcaric Leptosol, 5,9 % CaCO3) Aus den P-Gehalten wurden die in Abbildung 2 dargestellten Empfehlungen für die P-Düngung zu Winterweizen abgeleitet

42

17 17 18

44

15

44 42 42

2832 32

0

10

20

30

40

50

kg P/ha

AL DL CALMehlich 3

Abb. 2 : P-Düngungsempfehlung für Winterweizen (Korn + Stroh); Boden DE_TH_1 (Calcaric Leptosol)

Die P-Bestimmung nach der Mehlich-3-Methode in 3 Instituten führte in Verbindung mit den landesüblichen Richtwerten für die Düngebedarfs-

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ermittlung zu höheren P-Düngungsempfehlungen im Vergleich zu den CAL-Analysen der deutschen und österreichischen Institute. Dieses Ergebnis deutet auf die geringere P-Extraktion aus carbonathaltigen Böden durch Mehlich 3 hin. Die Düngungsempfehlungen anhand der AL- und DL-Analysen folgen keinem einheitlichen Trend. Neben den Analysenergeb-nissen beeinflussen auch die landesüblichen Konzepte für die Ableitung des P-Düngebedarfes die Höhe der P-Düngungsempfehlung.

Auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse des 1. MOEL-Ringversuches ergeben sich folgende Konsequenzen für die P-Untersuchung kalkhaltiger Böden:

- Bei der Analytik carbonathaltiger Böden wird das P-Extraktionsvermögen sehr stark vom pH-Wert und Pufferungsvermögen der Extraktionslösung beeinflusst. Für die Bewertung der P-Verfügbarkeit dieser Böden sind saure, schwach gepufferte Lösungen in der Regel nicht geeignet

- Die Berücksichtigung hoher Kalkgehalte der Böden bei der P-Analytik ist für Länder ohne kalkhaltige Böden ohne Bedeutung; für Laboratorien, die Carbonatböden untersuchen, jedoch zwingend erforderlich. Nicht alle MOE-Länder müssen stärker gepufferte Säuregemische wie die CAL-Lösung (Deutschland und Österreich) einsetzen.

- Unter Beachtung des unterschiedlichen Vorkommens carbonathaltiger Böden ist die Anwendung einheitlicher Methoden für die P-Bestimmung in allen mittel- und osteuropäischen Ländern nicht sinnvoll.

3.2 P-, K- und Mg-Gehalte eines ausgewählten Bodens

Für die Diskussion der Ergebnisse des Ringversuches werden nachfolgend die P-, K- und Mg-Gehalte für den carbonatfreien Boden DE_TH_2 (vergl. Tab. 2) dargestellt.

Die angewandten Analysenverfahren führen erwartungsgemäß zu unter-schiedlichen P-Gehalten (Abbildung 3). Die Höhe der P-Extraktion geht in der Reihenfolge AL > Mehlich 3 > DL > CAL zurück. Zwischen den Ergeb-nissen der einzelnen Institute liegen teilweise nur geringe Differenzen vor. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Bestimmung des K-Gehaltes (Ab-bildung 4). Die höchsten K-Gehalte wurden bei Anwendung der AL-Methode festgestellt, gefolgt von Mehlich 3, DL und CAL.

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84 8697 95

61 60

97

82 82

54 52 57

0

20

40

60

80

100

120

mg P/kg

AL DL CALMehlich 3 Abb. 3 : P-Gehalt im Boden DE_TH_2 (Cambisol; <0,5 % CaCO3)

189172

198

161173

133

187 178 183

145 150 140

0

50

100

150

200

250

mg K/kg

AL DL CALMehlich 3 Abb. 4 : K-Gehalt im Boden DE_TH_2 (Cambisol; <0,5 % CaCO3) Zur Untersuchung auf den Mg-Gehalt kommen insgesamt 5 verschiedene Methoden zum Einsatz. Die höchsten Mg-Gehalte wurden mittels AL extrahiert, die im Mittel niedrigsten mit der CaCl2-Methode (Abbildung 5).

320

237 249231 215

184202

137173 160 172

050

100150

200250300350

mg Mg/kg

AL DL CaCl2Mehlich 3 KCl Abb. 5 : Mg-Gehalt im Boden DE_TH_2 (Cambisol; <0,5 % CaCO3)

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4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die Gruppe der mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) im VDLUFA hat 2007/08 einen 2. Ringversuch zur Bestimmung des Kalk-, Phosphor-, Kalium- und Magnesiumdüngebedarfes der Böden durchgeführt. Teilnehmer waren 12 Institutionen aus 11 Ländern, die jeweils 3 repräsentative Boden-proben an alle anderen Laboratorien zur Analyse und Ableitung von Düngungsempfehlungen nach landesüblichen Methoden und Richtwerten versandt haben. Die Ergebnisse des Ringversuches zeigen, dass in den MOE-Ländern verschiedene Methoden für die Bodenuntersuchung verwendet werden. Die Messung des pH-Wertes zur Kalkbedarfsermittlung erfolgt im CaCl2- und KCl-Extrakt. Zur Bestimmung des P- und K-Gehaltes der Böden kommen die AL-, CAL-, DL- und Mehlich 3-Methode sowie zur Analytik auf den Mg-Gehalt das AL-, CaCl2-, DL-, KCl- oder Mehlich 3-Verfahren zum Einsatz.

Das P-, K- und Mg-Extraktionsvermögen der verschiedenen Verfahren unterscheidet sich erwartungsgemäß. Zwischen den Ergebnissen der Teil-nehmer besteht überwiegend eine gute Übereinstimmung, wenn dieselben Methoden verwendet werden. Den Ursachen für teilweise vorliegende Differenzen wird im Rahmen der weiteren Auswertung nachgegangen.

Aus den vorläufigen Ergebnissen ergeben sich folgende Schlussfolgerungen. Die Konzepte und Algorithmen zur Ermittlung der P-, K- und Mg-Düngeempfehlung unterscheiden sich teilweise zwischen den Ländern. Als Ursachen dafür wurden differenzierte Ziele für die Düngung, variierende Nährstoffgehalte in den Ernteprodukten, die Wirkung unterschiedlicher Boden- und Klimabedingungen sowie die Ergebnisse regionaler Feld-versuche identifiziert.

Die Bodenuntersuchungsmethoden müssen den regionalen Standort-bedingungen (Bodeneigenschaften) angepasst und die Konzepte der Dünge-bedarfsermittlung in regionalen Feldversuchen kalibriert werden. 5. Literatur

Fotyma M., Dobers, E.S., Breitschuh, G., Loide, V., Timbare, R., Staugaitis, G., Spiegel, H., Pikula, D., Kotvas, F., Ceh, B., Cermak, P., Loch, J., 2008: Soil testing methods and fertilizer recommendations in Central-Eastern European countries. Fertilizers and Fertilization Nr. 30/2008, Pol-ish Fertilizer Society- CIEC. Pulawy/Poland.

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Vergleich der aus Ringversuchen festgestellten Abweichung für Parameter der Bodengrund-untersuchung W. Übelhör1, H. Hartwig1, K. Bechtold1 1Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe 1. Einleitung

In Baden-Württemberg ist das Landwirtschaftliche Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg zuständig für die Labornotifizierung und die Über-prüfung des Qualitätsstandards im Bereich der Grunduntersuchung von Böden gemäß Düngeverordnung.

Die notifizierten Laboratorien müssen jährlich an einem Ringversuch teil-nehmen und hier in 2 von 3 Fällen erfolgreich sein. Zusätzlich werden von jedem Labor 10 bis 20 Rückstellproben angefordert, die im Labor des LTZ Augustenberg nachuntersucht werden.

Die Bewertung der Abweichungen der einzelnen Parameter wurde am An-fang nur nach Augenmaß durchgeführt. Seit dem Jahr 2004 erfolgt die Be-wertung durch eine SAS-Prozedur die mit vordefinierten Klassen „keine“, „kleine“ oder „große Abweichungen“ feststellt. In der vorliegenden Arbeit soll nun die von Munzert et al. (2007) aus Ringversuchen abgeleitete Mess-unsicherheit (VDLUFA-Messunsicherheit) den bei den Rückstellproben-aktionen gefundenen Differenzen gegenüber gestellt werden. 2. Material und Methoden

Aus den Jahren 2004 bis 2008 liegen etwa 1000 Vergleichsmessungen von Rückstellproben vor. Tab. 1: Regressionsgleichungen der erweiterten Messunsicherheiten nach

VDLUFA

Merkmal VDLUFA

Methoden-buch I

Gleichung

Einheit für

Analyt und Uber

pH-Wert A 5.1.1 Uber=2 * 0,1022 pH Phosphor A 6.2.1.1 Uber=2 * (0,5957 + 0,057 * P2O5) mg/100g Kalium A 6.2.1.1 Uber=2 * (0,47 + 0,0473 * K2O) mg/100g Magnesium A 6.2.4.1 Uber=2 * (0,02 + 0,0625 * Mg) mg/100g

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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In den Abbildungen 1 bis 4 werden für den pH-Wert und die Grundnähr-stoffe P, K und Mg die absoluten Differenzen der Ergebnisse zwischen Privatlabor und LTZ Augustenberg (y-Achse) in Beziehung zu den im LTZ-Labor gemessenen Werten (x-Achse) in Punktediagrammen dargestellt.

Die VDLUFA-Messunsicherheit wird als erweiterte Messunsicherheit (2 MU) als etwas dickere Linie in den Grafiken abgebildet Die verwendeten Regressionsgleichungen sind in der Tabelle 1 nachzulesen.

Zwei weitere dünnere Linien in den Grafiken deuten eine einfache und halbe Messunsicherheit an, wobei diese Größen nur informativen Charakter und keine Bedeutung für die Laborbewertung haben.

Die Zugehörigkeit der Abweichungen der Messdifferenzen zu den einzelnen Bereichen wird durch unterschiedliche Farbgebung der Punkte (Differenzen kleiner halbe Messunsicherheit: blau; Differenzen halbe Messunsicherheit bis Messunsicherheit: grün; Differenzen Messunsicherheit bis erweiterte Messunsicherheit: gelb; Differenzen größer erweiterte Messunsicherheit: rot) kenntlich gemacht.

pHpH

Abb. 1: Messdifferenzen zwischen Privat-Labors und dem Labor des LTZ Augustenberg bei pH-Wert im Boden

Durch die große Stichprobe können im Diagramm nicht alle Punkte ge-zeichnet werden, da sie häufig aufgrund von identischen Werten über-einander liegen. Deshalb zeigt ein Tortendiagramm in jeder Abbildung den echten Anteil der einzelnen Vergleiche je Segment.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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Der dargestellte Bereich der x-Achse entspricht etwa dem Gültigkeitsbereich der verwendeten Regressionen.

P2O5P2O5

Abb. 2: Messdifferenzen zwischen Privat-Labors und dem Labor des LTZ

Augustenberg bei P2O5 im Boden

K2OK2O

Abb. 3: Messdifferenzen zwischen Privat-Labors und dem Labor des LTZ Augustenberg bei K2O im Boden

Pflanzenernährung und Ressourcenschutz Kongressband 2008

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MgMg

Abb. 4: Messdifferenzen zwischen Privat-Labors und dem Labor des LTZ Augustenberg bei Mg im Boden

3. Ergebnisse

Mit einer Häufigkeit von etwa 10 % beim pH-Wert bis etwa 30 % beim Kalium liegen die Differenzen im roten Bereich, also über der erweiterten Messunsicherheit.

Ca. 25 % der Vergleiche liegen unter der halben Messunsicherheit, wobei eine nicht unbedeutende Anzahl an Differenzen sogar den Wert Null hat.

Etwa drei Viertel aller Differenzen sind kleiner als die erweiterte Mess-unsicherheit.

Der Grad der Übereinstimmung nimmt von pH über Mg und P nach K ab, wobei eigentlich zu erwarten war, dass P als am schwierigsten zu be-stimmendes Element am schlechtesten abschneidet 4. Diskussion

Gemäß Definition unterscheiden sich zwei Messwerte dann signifikant (mit 95 % Sicherheit), wenn deren Unterschied größer als die erweiterte Mess-unsicherheit beträgt. Da im vorliegenden Fall immer identische Proben von 2 Labors untersucht werden, dürfte somit der Anteil der Differenzen größer als die erweiterte Messunsicherheit maximal 5 % groß sein. Der Anteil liegt

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenernährung und Ressourcenschutz

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aber mit 10 bis 30 % deutlich über dieser Vorgabe von 5 %. Die Suche nach einer Erklärung führt zu folgenden Ergebnissen:

• In der Praxis gibt es jedes Jahr immer ein bis zwei Labors, die mit häufigeren starken Abweichungen bei einzelnen Nährstoffen negativ auf-fallen. Diese Labors werden als Folge der schlechten Übereinstimmung zu einer gezielte Ursachenforschung angehalten.

• Es kommen immer wieder Probenverwechslungen vor, die im Einzelfall durch den Auswerter erkannt werden, wobei eine Schuldzuweisung hier jedoch schwierig ist. Die in den ersten 2 Punkten genannten „Problem-fälle“ sind im ausgewerteten Datenmaterial enthalten und erhöhen sicherlich den Anteil der „roten“ Fälle.

• Bei der Erstellung der VDLUFA-Messunsicherheit werden Mess-ergebnisse von Ringversuchen verwendet Ringversuchsproben werden in der Regel von den Teilnehmern sehr sorgfältig untersucht, während „normale“ Proben, die bei Rückstellprobenaktionen Verwendung finden, einfach im Normalbetrieb in der Messserie entstehen und nicht speziell behandelt werden. Auch dieser Unterschied der Probenbehandlung könnte ein Grund dafür sein, dass der Anteil der Differenzen oberhalb der erweiterten Messunsicherheit höher als erwartet ist.

Vergleiche mit der bisherigen Laborbewertung durch Klassenbildung er-geben recht ähnliche Ergebnisse. Der Regressionsansatz scheint aber besser geeignet zu sein, da er konzentrationsspezifische Angaben für den üblichen Messbereich eines Analyten erlaubt und die Probleme der Klassenbildung, die an den Klassenrändern zu ungerechten Bewertungen führt, vermeidet 5. Zusammenfassung

Die von Munzert et al. (2007) aus Ringversuchen berechnete erweiterte Messunsicherheit kann als Bewertungsmaßstab bei der Nachuntersuchung von Rückstellproben eingesetzt werden. Am LTZ Augustenberg wird die er-weiterte Messunsicherheit als Bewertungsmaßstab ab 2009 die bisherige Be-urteilung der Differenzen ablösen. 6. Literatur

Munzert, M., Kießling, G., Übelhör, W., Nätscher, L., Neubert, K.-H., 2007: Expanded measurement uncertainty of soil parameters derived from pro-ficiency-testing data, Journal of Plant Nutrition and Soil Science, 170, 722-728

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Chancen und Risiken des Winterbraugerstenanbaus in Thüringen M. Farack1, E. Schreiber1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung Der nationale und internationale Braugerstenmarkt war wegen der schlechten Ernten in Europa und weltweit in den Jahren 2006 und 2007 in Folge durch ein sehr knappes Angebot gekennzeichnet

In der Bundesrepublik war der Sommergerstenanbau seit Jahren rückläufig. Wurde 1991 in Deutschland noch auf einer Mio. ha Sommergerste angebaut, halbierte sich die Anbaufläche bis 2006 nahezu. Im Vergleich zu 2006 reduzierte sich 2007 die Anbaufläche für Sommergerste nochmals um ca. 46 000 ha. So wurde 2007 mit 496 000 ha der bisher niedrigste Stand in der Geschichte der Bundesrepublik erreicht. 2008 erfolgte eine leichte Anbauaus-dehnung auf 520 000 ha erwartet

Zusätzlich sanken 2007 die Durchschnittserträge gegenüber dem Vorjahr in der Bundesrepublik um 8 % auf 42,7 dt/ha. Nach Schätzungen der Braugersten-Gemeinschaft e. V. lag das Braugerstenaufkommen 2007 in Deutschland mit 1,25 Mio. t annähernd auf dem Niveau des Vorjahres. Bei einem Braugersten-bedarf von ca. 2,1 Mio. t in Deutschland ergab sich eine Versorgungslücke von 0,8 bis 1 Mio. t, die durch Importe geschlossen werden musste. Dabei trieben steigende Transportkosten die Preise der Importgerste zusätzlich in die Höhe, so dass in Zukunft heimische Ware noch attraktiver sein dürfte.

Nach jahrelanger intensiver Züchtungsarbeit stehen heute leistungsfähige Winterbraugerstensorten, mit von Mälzern und Brauern zunehmend akzeptierten Malz- und Braueigenschaften, zur Verfügung. Bislang wurde Winterbraugerste vor allen in Frankreich angebaut und diese zum Teil in Deutschland für den Export vermälzt. Die knappe Versorgung des Brau-gerstenmarktes macht die Winterbraugerste nun auch für Verarbeiter und An-bauer in Deutschland interessant. So nutzen deutsche Mälzereien und Brauereien zunehmend auch Winterbraugerste zur Sicherung ihrer Rohstoffver-sorgung. 2. Qualitätseigenschaften und Ertragspotential von

Winterbraugerste

Aus pflanzenbaulicher Sicht bietet Winterbraugerste im Vergleich zu Sommerbraugerste bedeutende Vorteile, wie bessere Ausnutzung der Winter-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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feuchte und Tolerierung von Frühsommertrockenheit, frühere Ernte unter häufig besseren Witterungsbedingungen und damit zeitigere Rohstoffverfüg-barkeit sowie einer deutlichen Ertragsüberlegenheit. Ernte und Erfassung werden entzerrt. Gleichzeitig ist ihr Anbau aber auch mit Nachteilen, wie dem Auswinterungsrisiko, den gegenüber Winterfuttergerste geringeren Er-träge und einem höheren Produktionsrisiko bezüglich der Einhaltung der ge-forderten Qualitätsparameter (vor allem Rohproteingehalt) behaftet Für Winterbraugerste gelten die gleichen Qualitätsparameter wie für Sommerbraugerste. Nach Einschätzungen von RATH, 2007 weist im lang-jährigen Mittel Winterbraugerste einen um 0,7 Prozentpunkte höheren Eiweißgehalt als Sommerbraugerste auf.

Versuche des Bundessortenamtes 2006 in Nossen zeigten bei Winter-braugerste einen um 0,5 Prozentpunkte höheren Rohproteingehalt im Malz als bei Sommerbraugerste.

Auch vergleichende Betrachtungen (Abbildung 1) der Landessortenversuche mit Sommerbraugerste, Winterbraugerste und Winterfuttergerste an fünf Standorten der Bundesländer Sachsen und Thüringen im Jahr 2007 ließen erkennen dass trotz angepasster Stickstoffdüngung bei Winterbraugerste der Rohproteingehalt 0,3 bis 3,2 (Mittel 1,2) Prozentpunkte über dem der Sommerbraugerste lag.

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

Großenstein Kirchengel Nossen Pommritz Roda Mittel der Orte

%

Winterfuttergerste mehrzeilig Winterfuttergerste zweizeiligWinterbraugerste zweizeilig Sommerbraugerste zweizeilig

`Stoßgrenze`

Abb. 1: Rohproteingehalt bei 100 % TS von Winterfutter-, Winterbrau- und Sommerbraugerste, Ergebnisse der LSV in Thüringen und Sachsen 2006/2007 (mit Fungizid und opt. Wachstumsreglereinsatz)

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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In der Sortierung (Abbildung 2) und beim Hektolitergewicht unterschieden sich Winter- und Sommerbraugerste kaum.

88

89

90

91

92

93

94

95

96

97

98

99

Großenstein Kirchengel Nossen Pommritz Roda Mittel der Orte

%

Winterbraugerste zweizeilig Sommerbraugerste zweizeilig

Abb. 2: Vollkornanteil von Winterbrau- und Sommerbraugerste, Ergebnisse der LSV in Thüringen und Sachsen 2006/2007 (mit Fungizid und opt. Wachstumsreglereinsatz)

50

60

70

80

90

100

110

120

Großenstein Kirchengel Nossen Pommritz Roda Mittel der Orte

dt/ha

Winterfuttergerste (mz) Winterfuttergerste (zz)Winterbraugerste Sommerbraugerste

Abb. 3: Kornertrag dt/ha von Winterfutter-, Winterbrau- und Sommerbrau- gerste, Ergebnisse der LSV in Thüringen und Sachsen 2006/2007 (mit Fungizid und opt. Wachstumsreglereinsatz)

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Bezüglich der Ertragsdifferenz zwischen Winterbraugerste und Sommerbraugerste sind die Aussagen der Literatur konträr. So kam RATH, 2007 nach langjährigen Versuchsserien (1993-2006) mit Winter- und Som-merbraugerste, bei dem Braugerstenanbau angepasster Stickstoffdüngung, zu dem Ergebnis, dass Winter- gegenüber Sommerbraugerste nur geringe Er-tragsvorteile besitzt. In neueren Versuchsergebnissen der Jahre 2006 und 2007 aus Bayern, Sachsen und Thüringen brachte Winterbraugerste je nach Standort zwar vier bis fünfzehn Prozent niedrigere Erträge als Winterfutter-gerste, jedoch um 20 bis 40 Prozent mehr als Sommerbraugerste auf den gleichen Standorten (Abbildung 3). 3. Vorfruchtwahl und Stickstoffdüngung

Die Überschreitung eines Rohproteinhaltes von 11,5 Prozentpunkten ist gegen-wärtig das größte Produktionsrisiko bei der Winterbraugersten-produktion. So ist das gesamte Stickstoffmanagement diesem Ziel unterzuordnen. Dazu müssen geeignete Produktionsstandorte gewählt und die Vorfrucht, aber auch die Stick-stoffdüngung selbst optimiert werden. Hierfür gelten die gleichen Regeln wie für Sommerbraugerste. Tauglich sind Standorte mittlerer Bodengüte mit einem nicht zu hohen Anteil leicht mineralisierbarer organischer Substanz. Flächen mit regelmäßiger organischer Düngung (Stalldung, Gülle, Gründüngung) scheiden wegen der unkontrollierbaren Stickstofffreisetzung während der Vegetation aus. Idealerweise sollte die Vorfrucht nicht mehr als 40 bis 60 kg N/ha hinterlassen. So böten sich Wintergetreidearten wie Winterweizen, Winterroggen und Wintertriticale als Vorfrucht an, allerdings müssen gerade diese wegen der Fremdgetreidedurchwuchsproblematik abgelehnt werden. Der Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln zur Vorerntebehandlung bei Fremdgetreidedurchwuchs ist in Winterbraugerste nicht erlaubt.

So blieben letztendlich Wintergerste und Sommergerste, besser, wenn vor-handen, Hafer und Kartoffeln, aber auch Raps als Vorfrucht übrig. Erbsen, Ackerbohnen, Luzerne und Kleegrasumbruch sind wegen der verbliebenen Stickstoffhinterlassenschaften eher ungeeignet

Bei Sommer- und Winterbraugerste sollte bei der Bemessung der Stickstoff-düngermenge der Bodenstickstoffgehalt im Frühjahr (Nmin) berücksichtigt werden. Für die Regeneration nach dem Winter sowie zur Förderung der Be-stockung und Ährenausbildung ist eine zeitige erste Stickstoffgabe notwendig.

Versuche von Meyer und Kratsch (2001) in den Jahren 1996 bis 1999 am Standort Bernburg zeigten, dass bei einem Nmin-Gehalt von 50 bis 70 kg N/ha mit einer einmaligen Stickstoffgabe von 70 kg/ha und einer Fungizid-behandlung, hohe Vollkornerträge mit einem vertretbaren Rohproteingehalt zu erreichen waren (Abbildung 4).

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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54,2

71,379,6

73,1

86,1

8,89,7 10

11,5

11,6

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

ohne 70 kg N/ ohneFungi

70 kg N/ mitFungi

70 kg N+70 kg N/ohne Fungi

70 kg N+ 70 kgN/ mit Fungi

Behandlungsvarianten

Vollk

orne

rtrag

(dt/h

a)

0

2

4

6

8

10

12

14

RP-

Geh

alt (

%)

Vollkornertrag (dt/ha) RP-Gehalt (%)

(Quelle: Meyer, L. und Kratzsch, G.; 2001)

Abb. 4: Wirkung von Stickstoffdüngung und Fungizidapplikation auf Vollkornertrag und Rohproteingehalt von Winterbraugerste Von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft wird vorläufig für die Stickstoff-Bedarfs-Analyse (SBA) ein Sollwert von 110 bis 120 kg N/ha empfohlen, dieser liegt zwischen dem von Sommergerste (90 kg N/ha) und Winterfuttergerste (140 kg N/ha). Eine eventuelle zweite Stickstoffgabe ist spätestens zu Schossbeginn auszubringen. Spätere Stickstoffdüngungen sind grundsätzlich abzulehnen, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem hohen Rohproteingehalt im Korn führen.

Da zur Stickstoffdüngung bei Winterbraugerste im Vergleich zu Sommer-braugerste bisher nur wenige Versuchsergebnisse vorliegen, sollten sich die An-bauer allmählich an das standortspezifische Düngungsniveau herantasten und außerdem seitens der Forschung weitere Untersuchungen erfolgen.

Bei Bodenbearbeitung, Grunddüngung, Aussaat und Pflanzenschutz gelten die gleichen Empfehlungen wie für Winterfuttergerste. Ein Fungizideinsatz zur Er-trags- und Qualitätssicherung (Erhöhung des Vollgersteanteils) ist zu empfehlen. 4. Sortenempfehlungen

Unter den in der „Beschreibenden Sortenliste 2008“ des Bundessortenamtes aufgeführten 78 Wintergerstensorten sind elf zweizeilige und eine mehr-zeilige Sorte potentiell zur Braugerstenerzeugung geeignet, das heißt bezüg-lich Brauqualität beurteilt.

Seit 2006/2007 werden in den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt Landessortenversuche zu Winterbraugerste durchgeführt. Im

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Jahr 2008 wurden die vom Bundessortenamt zugelassenen Sorten „Malwinta“, „Manureva“, „Tiffany“, „Vanessa“ und „Wintmalt“ sowie zwei Sorten mit einer EU-Zulassung geprüft.

Im Mittel aller Standorte schwankten die Erträge der zweijährigen geprüften Sorten zwischen 91 und 98 dt/ha (mit Fungizid- und optimalem Wachstums-reglereinsatz). Auf Grundlage einer zweijährigen Prüfung wird für die Sorten „Wintmalt“ und „Malwinta“ eine zunächst vorläufige Anbauempfehlung für Löss- und Verwitterungsstandorte ausgesprochen. Hingewiesen sei darauf, dass die Winterfestigkeit von „Malwinta“, „Tiffany“ und „Vanessa“ nur „mittel“ ist, während die weiteren geprüften Sorten bezüglich dieses Merkmals noch nicht eingestuft werden konnten. Von den empfohlen Sorten besitzt „Wintmalt“ eine etwas schwächere Standfestigkeit, aber zweijährig einen geringeren Rohproteingehalt bei höheren Erträgen im Vergleich zu „Malwinta“. Detaillierte, aktuelle Versuchsergebnisse zu Winterbraugerste finden Sie unter:

www.tll.de/ainfo/pdf/lv_wgb.pdf

Nach Einschätzungen des Bundessortenamtes haben die beiden neueren Sorten „Malwinta“ und „Wintmalt“ gegenüber älteren Winterbraugersten deutlich verbesserte Malz- und Braueigenschaften (Abbildung 5).

Angora Tiffany Vanessa Malwinta Wintmalt

Jahr der Zulassung 1990 1996 2000 2006 2007

Marktwareanteil 8 8 8 8 9 Vollgersteanteil 7 7 7 7 8 Hektolitergewicht 6 7 6 7 6

Eiweißgehalt 4 3 4 3 3

Malzextraktgehalt 6 6 6 6 7 Mälzungsschwand 4 3 5 4 5 Friabilimeterwert 2 3 3 6 5 Viskosität 4 4 4 3 1

Eiweißlösungsgrad 4 6 4 5 5 VZ 45°C 3 4 4 3 5

Endvergärungsgrad 7 7 7 7 7

Abb. 5: Zuchtfortschritt Winterbraugerste; Gersten- und Malzeigenschaften; Noten der Ausprägungsstufen Quelle: Bundessortenamt; BSL 2008 Noten für Ausprägung: 1 = sehr niedrig; 5 = mittel; 9 = sehr hoch

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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5. Vermarktung im Vertragsanbau

Landwirte mit Erfahrungen im Anbau und der Vermarktung von Sommerbraugerste sollten zukünftig einen Teil ihrer Wintergerstenfläche für den Anbau von Winterbraugerste nutzen. So können aktuelle Märkte bedient, aber auch für die Zukunft gesichert werden, denn die deutsche Malz- und Brauindustrie wird sich ihre Rohstoffe, wenn sie in Deutschland nicht zu haben sind, weltweit zusammenkaufen, so lange die Biertrinker den Preis dafür bezahlen.

Obwohl Winterbraugerste noch nicht die Qualitätseigenschaften wie Sommerbraugerste hat, ist bewiesen, dass ein schmackhaftes Bier damit zu brauen ist.

Dem Prinzip gleiche Qualität – gleicher Wert – gleicher Preis entsprechend wird der Winterbraugerstenpreis unter dem der Sommerbraugerste, aber doch sehr deutlich über dem der Futtergerste liegen müssen. In der gegen-wärtigen Phase der Bildung eines einheimischen Braugerstenmarktes, sollte zur Abnahme- und Preisabsicherung unbedingt der Vertragsanbau gewählt werden. 6. Zusammenfassung

Winterbraugerste wird seit Jahren in Frankreich angebaut und zum Teil in Deutschland, hauptsächlich für den Export, verarbeitet Die knappe Ver-sorgung des einheimischen Braugerstenmarktes macht die Winterbraugerste für Mälzer und Brauer auch in Deutschland zunehmend interessant. Mit Winterbraugerste können aktuelle Märkte in Deutschland bedient und aus-gebaut werden.

Nach jahrelanger Züchtungsarbeit stehen heute neue leistungsfähigere Winterbraugerstensorten zur Verfügung. Beim ihrem Anbau ist die Gefahr des Überschreitens eines Rohproteingehaltes von 11,5 %, aber größer als bei Sommerbraugerste.

In der Phase der Bildung eines einheimischen Winterbraugerstenmarktes sollte zur Abnahme und Preissicherung unbedingt der Vertragsanbau gewählt werden. 7. Literatur

Bundessortenamt: Beschreibende Sortenliste 2008, Getreide, Mais, Öl-früchte, Leguminosen (großkörnig), Hackfrüchte (außer Kartoffeln). Bundessortenamt, Osterfelddamm 80, 30627 Hannover

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Meyer, L., Kratsch, G., 2001: Erzeugung qualitätsgerechter Winterbraugerste im Mitteldeutschen Trockengebiet. Kongressband 2001 Berlin, VDLUFA-Schriftenreihe 57, 505-511

Rath, F., 2007: Alternative – Eine kritische Betrachtung der Winterbraugerste im Hinblick auf ihre Anbaueignung und Ihre Qualitätseigenschaften. Tagungsbericht des 36. Internationalen Braugersten-Seminars, 9. Oktober 2007, Berlin

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Einfluss des Produktionsverfahrens Winterraps auf die Rohstoffqualität von Rapsöl T. Graf1, R. Heydrich1, A. Biertümpfel1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Im Unterschied zur industriellen Pflanzenölerzeugung in den zentralen Großölmühlen erfolgt die Ölsaatenverarbeitung in dezentralen Anlagen mit einem weitaus geringeren technisch-technologischen Aufwand. Dies betrifft sowohl die Verfahrensabschnitte Saatvorbehandlung und Ölgewinnung als auch die Ölraffination und Nachbehandlung der Koppelprodukte. Der Ver-fahrensablauf der Verarbeitung ist aus ökonomischen und ökologischen Gründen auf nur wenige Prozessstufen begrenzt. So beschränkt sich die Ölreinigung auf die Abtrennung der Trubstoffe, auf eine aufwändige Raffination des Rohöls wird normalerweise verzichtet Der Ölmüller muss den Prozess so steuern, dass trotz der vergleichsweise einfachen technischen Ausstattung eine für den jeweiligen Anwendungsbereich optimale Produkt-qualität erreicht wird. Dies setzt voraus, dass die Qualität des eingesetzten Rohstoffs Mindestanforderungen entspricht. Im Falle der dezentralen Ver-arbeitung von Rapssaat der 00-Qualität muss der Rohstoff zumindest die in den Kontraktbedingungen von Ölmühlen oder Warenterminbörsen vor-gegebenen Qualitätsforderungen auf der Basis Ölgehalt 40 % erfüllen: Feuchtigkeit: max. 9 %; Besatz: max. 2 %; Freie Fettsäuren: max. 2 %; Erucasäure: max. 2 %; Glucosinolate: max. 25 µmol/g.

Weitergehende Anforderungen an die Qualität der Rapssaat berücksichtigen die Tatsache, dass bei dezentraler Verarbeitung die primär erzeugten Produkte `rohes Rapsöl´ und `Raps-Presskuchen´ ohne weitere Nach-behandlung direkt den verschiedenen Verwertungsrichtungen zugeführt werden. Rohstoffbedingte Qualitätsmängel können dann in der Regel nicht mehr ausgeglichen werden. Damit kommt der Qualität der eingesetzten Öl-saat eine hervorragende Bedeutung zu. Zusätzliche Qualitätsforderungen beziehen sich hauptsächlich auf die Rapssorte, die Anbau- und Ernte-bedingungen sowie auf die Trocknung und Lagerung des Rapses. 2. Material und Methoden

Zur Erhebung der Qualität von Rapsölkraftstoff aus dezentralen Anlagen wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes der Fachagentur Nach-wachsende Rohstoffe e. V. unter Leitung des Technologie- und Förder-zentrums Straubing mit der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Mecklenburg-Vorpommern, der Universität Hohenheim und der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) ausgewählte Ölmühlen beprobt und die verarbeitete Rapssaat, der gewonnene Presskuchen und der Rapsölkraft-stoff auf relevante Kennwerte analysiert. Zur Prüfung des Einflusses von Standort und Sorte auf die Qualität und den Kornertrag wurden die aktuellen Landessortenversuche zu Winterraps der TLL geprüft. Begleitend dazu stand in den Jahren 2004 bis 2006 die Untersuchung der Wirkung unterschied-licher Erntetermine auf den Ertrag und die Qualität von Raps in Parzellen-versuchen auf ausgewählten Thüringer Standorten im Mittelpunkt der Arbeiten 3. Ergebnisse

Der Ölgehalt des Rapses ist ein Qualitätsmerkmal, welches für die Ölmühle von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung ist. Da bei der Verarbeitung von rohfettreichem Raps bei sonst gleichen Abpressbedingungen eine höhere Öl-ausbeute erzielt werden kann, wird der Betreiber einer Ölmühle Rapssorten mit hohen Ölgehalten bevorzugen. Die Ölgehalte der aktuell verfügbaren Winterrapssorten unterscheiden sich um bis zu 2,9 % (Abb.1).

39

39,5

40

40,5

41

41,5

42

42,5

43

43,5

44

Sorten

Ölg

ehal

t bei

91

% T

S

Abb. 1: Ölgehalte von ausgewählten Rapssorten der Landessortenversuche

in Thüringen 2007 Im Hinblick auf die Qualitätsoptimierung der Verarbeitungsprodukte richten sich die Ansprüche an die Sorte auch auf den Glucosinolat(GSL)-Gehalt. Gefordert sind Verarbeitungschargen mit einem möglichst geringen GSL-Gehalt, da dieser maßgeblich den möglichen Mischungsanteil des Raps-presskuchens in den Futterrationen nach der Ölsaatenverarbeitung bestimmt.

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Moderne 00-Rapssorten zeichnen sich heute durch niedrige GSL-Gehalte von zumeist < 18 µmol/g aus (Abb. 2).

11

12

13

14

15

16

17

18

19

Sorte

Glu

cosi

nola

tgeh

alt b

ei 9

1 %

TS

(%)

Abb. 2: Glucosinolatgehalte von ausgewählten Rapssorten der Landes-

sortenversuche 2007 Jedoch sind im verfügbaren Sortenspektrum immer noch Rapssorten mit deutlich höheren GLS-Gehalten zu finden. Der tatsächliche GSL-Gehalt einer Erntepartie hängt somit von der angebauten Rapssorte und zusätzlich jedoch von bestimmten Anbaubedingungen, wie z. B. dem Durchwuchs von glucosinolatreichem Altraps oder Unkräutern ab. So kann der Durchwuchs von glucosinolatreichem Raps aus zurückliegenden Anbaujahren die GSL-Gehalte im Erntegut um bis zu 30 µmol/g ansteigen lassen (Schumann, 2000). Auch kreuzblütige Unkrautarten, wie Ackersenf, Raukearten, u. a. führen zu Problemen, da deren Samen-GSL-Gehalte oft deutlich über 200 µmol/g liegen und sich diese kaum oder nur sehr aufwändig aus der Erntepartie herausreinigen lassen.

Raps sollte bei der Mähdruschernte voll ausgereift sein. Die Mähdruschreife des Rapses ist erreicht, wenn der obere Teil des Stängels gelb und trocken ist, die Körner dunkelbraun bis tiefschwarz glänzend aussehen und in den Schoten rascheln. Die Kornfeuchte liegt dann deutlich unter 16 %. Unter normalen Witterungsbedingungen wird der Raps bei Kornfeuchten bis 12 % gedroschen. Auf Grund der gestaffelten Reifezeiten von Rapssorten sollte jede Sorte zum Zeitpunkt ihrer optimalen Druschfähigkeit geerntet werden. Untersuchungen belegen, dass die Qualität, der Ertrag und die Lagerfähig-keit des Rapses mit der Standzeit zunehmen. Die Auswertung von Ernte-terminversuchen 2004 bis 2006 zu Winterraps bestätigt, dass der Kornertrag, beginnend bei einer frühen Ernte zu BBCH 83 bis hin zur Vollreife (BBCH 89) signifikant ansteigt (Abb. 3). Das Druschverhalten verbesserte sich mit

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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zunehmender Abreife deutlich, der TS-Gehalt erhöhte und der Besatz ver-ringerte sich. Tendenziell stieg auch das Tausendkorngewicht (TKG) an.

Abb. 3: Einfluss des Erntetermins auf Kornertrag und Trockensubstanz-

gehalt bei Winterraps, Mittel der Versuchsjahre 2004 bis 2006

0

5

10

15

20

25

BBCH 83 BBCH 85 BBCH 87 BBCH 89

Ölertrag

dt/h

a (9

1%TS

)

Abb. 4: Einfluss des Erntetermins auf den Ölertrag bei Winterraps, Mittel

der Versuchsjahre 2004 bis 2006 Der Ölgehalt änderte sich während des Reifeprozesses nicht auffällig, aber durch die steigenden Kornerträge steigerte sich der Ölertrag pro Hektar be-deutend (Abb. 4).

Auch optisch gab es deutliche Unterschiede in der Ausfärbung der Körner. Bei der Ernte zu BBCH 83 war der Anteil grau-brauner Körner am höchsten, mit zunehmender Reife stieg auch die Anzahl schwarz gefärbter Körner (Abb. 5).

0,0

10,0

20,0

30,0

40,0

50,0

60,0

BBCH 83 BBCH 85 BBCH 87 BBCH 89Erntezeitpunkt

dt/ha, (91% TS)

0,0

15,0

30,0

45,0

60,0

75,0

90,0

TS in %

dt/ha TS in %

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BBCH 83

BBCH 85

BBCH 87

BBCH 89

Abb. 5: Ausfärbung der Körner bei Ernte zu unterschiedlichen Reifestadien Beim Mähdrusch selbst ist im Hinblick auf eine hohe Qualität des Erntegutes das Zerschlagen bzw. Beschädigen der Rapskörner weitgehend zu ver-meiden. Hohe Anteile an Bruchkorn verringern die Lagerfähigkeit des Rapses erheblich. Da bei reifem, trockenem Raps die Schoten bereits bei geringen Schüttelbewegungen aufplatzen, sollten die Dresch- und Trenn-aggregate des Mähdreschers so schonend wie möglich eingestellt werden (geringe Trommel- und Rotordrehzahlen, erhöhte Korbspaltweiten) (Rade-macher, 1998). Auch beim Ein- und Auslagern der Rapssaat ist unbedingt auf eine schonende Behandlung zu achten. Bruchkörner entstehen hier hauptsächlich durch die Fördertechnik (Radlader u. a.).

Die Ernte zum optimalen Zeitpunkt wirkt sich somit positiv auf die Wirtschaftlichkeit, aber auch auf die Qualität der Saat aus. So ist belegt, dass die Weiterverarbeitung von unreifen Rapskörnern, bedingt durch den hohen Gehalt an freien Fettsäuren, P, Mg, Ca sowie durch eine hohe Neutralisationszahl, die Biokraftstoffqualität negativ beeinflusst (Abb. 6 und 7).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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0 10 20 30 40 50 60 70 80 % 10002468

10121416182022

mg/kg26

2004 (Sorte: Oase) 2005 (Sorte: Oase)P

hosp

horg

ehal

t

Anteil an reifer Saat

Grenzwert DIN V 51605

Abb. 6: P-Gehalt (DIN EN14107) der Ölproben aus verschiedenen An-

teilen an reifer Saat (Remmele 2007)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 % 1000

5

10

15

20

25

30

35

40

mg/kg

502005 (Sorte: Oase)

Calcium Magnesium

Sum

men

geha

lt C

alci

um/M

agne

sium

Anteil an reifer Saat

2004 (Sorte: Oase)

Calcium Magnesium

Grenzwert DIN V 51605

Abb. 7: Summengehalt aus Ca und Mg (DIN EN 14107) der Ölproben aus

verschiedenen Anteilen an reifer Saat (Remmele 2007) Der Gehalt an freien (unveresterten) Fettsäuren ist ein wichtiges Kenn-zeichen für verminderte Saat- bzw. Ölqualität und ein Maß für das Stadium des eingetretenen Verderbs. Kaltgepresste Rapsöle sollen – unabhängig vom Verwendungszweck – möglichst vollständig aus Neutralfetten (Trigly-

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ceriden) bestehen. Freie Fettsäuren (FFA) sind unerwünscht. Sie beein-trächtigen die Verzehrsfähigkeit von Speiseölen und können im Rapsölkraft-stoff zu Korrosion, Verschleiß und Rückstandsbildung im Motor führen. Bei der industriellen Verarbeitung von Rapssaat werden die freien Fettsäuren durch Raffination der Rohöle entfernt. Dies führt allerdings zu Ausbeutever-lusten an Öl und rechtfertigt deshalb Preisabschläge für Partien mit höheren FFA-Gehalten. Die Kontraktbedingungen des Rapshandels sehen deshalb entsprechende Vergütungsregeln bei FFA-Gehalten > 2 % vor.

Bei der dezentralen Verarbeitung von Rapssaaten stellen erhöhte FFA-Werte ein ernstes Problem dar, da hier der Raffinationsschritt fehlt und im Falle einer Grenzwertüberschreitung im Öl keine Abhilfe mehr möglich ist. Für Rapsöl-kraftstoff wird in der DIN der Grenzwert für die freien Fettsäuren durch die Säure- oder Neutralisationszahl (SZ) definiert. Im Falle von Rapsöl besteht zwischen FFA und SZ näherungsweise folgender Zusammenhang: FFA = 0,5 x SZ. Der obere Grenzwert des RK-Standards für die SZ von 2 mg KOH/g ent-spricht also einem maximal zulässigen FFA-Gehalt von ca. 1 %. In gesundem Raps bzw. in daraus gewonnenem Öl liegt der Gehalt an freien Fettsäuren in der Regel deutlich unter 1 %. Nach Appelqvist (1972) weisen gut ausgereifte Raps-samen durchschnittliche FFA-Gehalte von etwa 0,3 % auf. Neuere Unter-suchungen aus Schleswig-Holstein bestätigten diese Größenordnung für ein Sortiment aktueller 00-Rapssorten und führten zu dem Schluss, dass erhöhte FFA-Gehalte bei Winterraps nur äußerst selten vorkommen (Sauermann, 2001) und der vom Rapshandel vorgegebene obere Grenzwert von 2 % FFA üblicher-weise sicher unterschritten wird. Auch der strengere Grenzwert für Rapsölkraft-stoff von SZmax = 2 mg KOH/g (ca. 1 % FFA) kann beim Einsatz von reifer, gesunder Saat in der Regel eingehalten werden. Anders sieht es aus, wenn der geerntete Raps bereits erhöhte FFA-Gehalte aufweist. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn:

-

- der Raps zu früh geerntet wurde und größere Anteile an unreifen, noch grünen Körnern enthält,

- das Erntegut durch zu scharfen Drusch hohe Anteile an Bruchkorn ent-hält, da zerschlagene bzw. beschädigte Körner potenzielle Angriffspunkte für Mikroorganismen bieten oder

- während der Abreife eine anhaltend feucht-kühle Witterung herrscht und die überreifen Bestände nicht geerntet werden können. Besonders in Be-ständen mit starkem Lager kann es dann zu einer hohen Wasseraufnahme der Körner und im ungünstigsten Fall zur Keimung der Körner in den Schoten kommen. Dieser als „Auswuchs“ bezeichnete Vorgang kann zum enzymatischen Fettabbau und der Bildung von FFA führen.

-

In allen diesen Fällen kann der FFA-Gehalt des Rapses schnell auf Werte bis über 10 % ansteigen. Während Erntezeitpunkt und Mähdreschereinstellung

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durch den Landwirt beeinflusst werden können, sind extreme Witterungs-bedingungen, wie sie z. B. zur Ernte 2002 in weiten Teilen Deutschlands anzu-treffen waren und vielerorts zu Auswuchs im Raps geführt haben, nicht beein-flussbar. Für die Erzeugung von qualitativ hochwertigem Rapsölkraftstoff darf der FFA-Gehalt der eingesetzten Rapssaat höchstens 1 % betragen. In der Praxis sollte der Anfangswert für die freien Fettsäuren aber deutlich darunter (< 0,5 % FFA) liegen, da es während der Lagerung des Rapses zu einem weiteren Anstieg des FFA-Gehaltes kommen kann. Nur dann besteht die Chance, den Grenzwert für die Säurezahl von 2 mg KOH/g sicher einzuhalten. Vorgeschädigter Raps mit erhöhten FFA-Gehalten sollte in dezentralen Anlagen grundsätzlich nicht verarbeitet werden. Diese Partien sind getrennt zu erfassen und sofort zu trocknen. 4. Zusammenfassung

Bei der dezentralen Verarbeitung von Rapssaat findet auf Grund der vergleichs-weise einfachen technischen Ausstattung der Anlagen weder eine Raffination der rohen Öle noch eine Nachbehandlung des Presskuchens statt. Qualitäts-mängel der eingesetzten Rapssaat können sich daher direkt qualitätsmindernd auf die erzeugten Produkte auswirken. Die Mindestanforderungen an Raps-Handelsware sind in den Kontraktbedingungen von Ölmühlen und Waren-terminbörsen definiert. Bei der dezentralen Verarbeitung beziehen sich weiter-gehende Qualitätsanforderungen vor allem auf die Wahl der Rapssorte, die An-bau- und Erntebedingungen sowie auf die Reinigung, Trocknung und Lagerung des Rapses. Für die Erzielung optimaler Ölqualitäten sind möglichst geringe Gehalte an freien Fettsäuren erforderlich. Die maximal zulässigen FFA-Gehalte von 2 % in Rapsspeiseöl bzw. 1 % in Rapsölkraftstoff (entsprechend einer Säurezahl nach DIN von 2 mg KOH/g) sind nur dann sicher einzuhalten, wenn gesunder, gut ausgereifter Raps verarbeitet wird. Auswirkungen auf die un-mittelbare Kraftstoffqualität des Rapsöls hat der Reifegrad der Rapssaat. Sowohl die Säurezahl, die Oxidationsstabilität, als auch die Gehalte an Phosphor, Kalzium und Magnesium werden mit zunehmender Ausreifung der Saat positiv beeinflusst. Für eine erfolgreiche Rapsölkraftstoffproduktion in dezentralen An-lagen ist demnach der richtige Erntezeitpunkt der Saat eine der wesentlichsten Voraussetzungen. Deshalb ist der Raps zum optimalen Reifezeitpunkt bei optimaler Saatfeuchte zu ernten. Durch schonenden Mähdrusch und schonenden Umgang mit der Saat bei der Einlagerung ist die Beschädigung der Rapskörner weitgehend zu vermeiden. Geeignete Maßnahmen der Reinigung und Trocknung gewährleisten, dass der Raps bis zur Verarbeitung gesund erhalten wird. Dazu ist der durch den mikrobiellen Fettabbau verursachte Anstieg des FFA-Gehaltes während der Einlagerung zu minimieren. Hierzu stellen Lager-feuchte, Lagertemperatur und Höhe des Besatzes ein geeignetes Instrumentarium dar. Im Hinblick auf eine optimale Verwertung des Press-

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kuchens in der Tierfütterung sind niedrige Glucosinolatgehalte erwünscht. In Folge des Fettentzuges kommt es in der Ölmühle zu einer Anreicherung der GSL-Gehalte, so dass die Kuchen in der Regel höhere GSL-Gehalte aufweisen als die verarbeitete Saat. Durch eine geeignete Sortenwahl kann der Betreiber der Ölmühle den GSL-Gehalt des Rapskuchens beeinflussen. Diese Möglichkeit sollte unter Beachtung der regionalen Sortenempfehlungen unbedingt genutzt werden. 5. Literatur

Appelqvist, L.-A., 1972: Chemical Constituents of Rapeseed. In: L.-A. AP-PELQVIST and R. OHLSON (Eds.): Rapeseed. Cultivation, Composition, Processing and Utilization. Elsevier Pupl. Co., Amsterdam, 123-173

Appelqvist, L.-A., Lööf, B., 1972: Postharvest Handling and Storage of Rape-seed. In: L.-A. APPELQVIST and R. OHLSON (Eds.): Rapeseed. Cultiva-tion, Composition, Processing and Utilization. Elsevier Pupl. Co., Amster-dam, 60-100

Jacobsen, E.E., 1995: Trocknen und Lagern von Rapssaat. Die Mühle + Misch-futtertechnik 132, 821-822

Feiffer, A., Feiffer, P., 1998: Feuchtemessung – entscheidende Größe im Raps-drusch, Raps, 16, 82-85

Kollmann, I., 1991: Lagerverluste und Qualitätsveränderungen bei Ölraps, Raps 9, 92-95

Rademacher, T., 1998: Rapsdreschen – nicht schlagen sondern klopfen, Raps 16, 164-167

Remmele, E., Stotz, K., 2003: Qualitätssicherung bei der dezentralen Pflanzen-ölerzeugung für den Nicht-Nahrungsbereich – Projektphase 1: Erhebung der Ölqualität und Umfrage in der Praxis. Abschlussbericht Fachagentur Nach-wachsende Rohstoffe e.V., FKZ 22004900. Straubing: Technologie- und Förderzentrum, Eigenverlag

Remmele, E., Stotz, K., Witzelsperger, J., Gassner, T., 2007: Qualitätssicherung bei der dezentralen Pflanzenölerzeugung für den Nicht-Nahrungsbereich: Technologische Untersuchungen und Erarbeitung von Qualitätssicherungs-maßnahmen. Abschlussbericht Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., FKZ 22004900. Straubing: Technologie- und Förderzentrum, Eigenverlag

Sauermann, W., 2001: Freie Fettsäuren bei Winterraps, Raps 19, 160-163

Schumann, W., Schulz, R.-R., 2000: Entwicklung des Glucosinolatgehaltes in Raps-Handelspartien, Raps 18, 202-205

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Optimierung von Verfahrensschritten der dezentralen Ölsaatenverarbeitung T. Graf1, R. Richter, R. Bauer 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Im Rahmen einer Diplomarbeit wurden Einflussfaktoren bei der dezentralen Ölsaatenverarbeitung während des Abpressvorganges von Rapssaat ana-lysiert und bewertet

Bei der Verarbeitung von Rapssaat im Kaltpressverfahren in den dezentralen Ölgewinnungsanlagen kommt es häufig zu starken Schwankungen im Rest-fettgehalt des Rapspresskuchens. Der Abpressgrad dezentraler Ölmühlen liegt üblicherweise bei 85 bis 88 % des in der Rapssaat enthaltenen Öles. In Praxisanlagen schwanken jedoch die Restfettgehalt im Presskuchen erheb-lich und erreichen Werte von >12 oder < 17 %. Um den wirtschaftlichen Be-trieb einer dezentralen Anlage zu garantieren, erfordert dies jedoch einen möglichst stabil hohen Abpressgrad bei gleichzeitiger Einhaltung der Raps-ölkraftstoff-Norm DIN V 51605 für das abgepresste Öl unter Berück-sichtigung einer optimalen Anlagendurchsatzleistung erforderlich. Als Ursachen für Schwankungen im Abpressgrad, aber auch der Ölqualität, werden u.a. Qualitätseigenschaften der zur Verarbeitung anstehenden Raps-saat diskutiert. Bestimmend sind hierbei die Parameter Feuchtigkeit und Be-satz sowie der Ölgehalt der Rapssaat. 2. Material und Methoden

Zur Definition der Einflussfaktoren bei der dezentralen Verarbeitung von Rapssaat zur Gewinnung von Rapsölkraftstoff wurde im Rahmen einer Diplomarbeit unter Betreuung der Thüringer Landesanstalt für Landwirt-schaft (TLL) an einer ausgewählten Praxisanlage (Osterländer Bioöl GmbH & Co. KG) ein umfangreiches Messprogramm durchgeführt.

Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand die Überprüfung des Einflusses der Rapssaatqualität auf die Rapsölqualität und den Abpressgrad bzw. Rest-fettgehalt des anfallenden Rapspresskuchens. Begleitend dazu erfolgte die Bewertung verfahrenstechnischer Parameter, wie der Variation der Rohstoff-zuführung zur Ölpresse, der Schneckendrehzahl sowie der Erfassung des Ölflusses und der Ölqualität in den einzelnen Seiherfeldern der Ölpresse. Die Untersuchungen wurden an einer Seiherstabschneckenpresse Typ AP/14/30 durchgeführt (Tabelle 1).

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Tab. 1: Beschreibung der Ölpresse und der untersuchten Parameter Untersuchungsgegenstand Seiherstabschneckenpresse (AP 14/30,

Maschinenfabrik Reinartz GmbH & Co. KG) Nennleistung 500 kg/h Versuchsreihenanzahl 20 Rapssaat Wassergehalt, Besatz, Ölgehalt Öl P-, Ca-, Mg- und Feststoffgehalt Presskuchen Restölgehalt Variation Schneckendrehzahl 8 U/min bis 14,5 U/min. Variation Saattemperatur 27 °C bis 37 °C

Auf Basis detaillierter Voruntersuchungen (Ist-Analyse) der Praxisanlage erfolgte die Bestimmung der Variabilität der zu untersuchenden Eigen-schaften und die Planung der einzelnen Versuchsreihen.

Die Ölpresse besteht aus acht Seiherfeldern mit unterschiedlichen Spaltenmaßen zwischen den Seiherstäben, die sich zum Ende des Pressvor-gangs verringern (Tabelle 2). Die Seiherfelder I und II bilden den so ge-nannten Vorseiher, wo die Rapssaat für den Pressvorgang vorkomprimiert und Druck in der Presse aufgebaut wird. Generell findet im Vorseiher noch kein Ölfluss statt. Dieser beginnt in den Seiherfeldern III bis VIII und nimmt zum Ende des Pressvorgangs ab. Tab. 2: Spaltenmaße in den Seiherfeldern

Seiherfeld I II III IV V VI VII VIII

Spaltenmaß[mm] 0,50 0,50 0,40 0,30 0,20 0,15 – 0,10 0,10 0,10

Der Ölfluss wurde jeweils in den Seiherfeldern III bis VIII ermittelt (Ab-bildung 1). Zur Bestimmung der Ölqualität kam von jedem Seiherfeld je ein Liter des abgepressten Öls mit Trubstoffen direkt in einen Probenbehälter zur Abfüllung. Labortechnisch wurden die Ölproben zentrifugiert und die vorliegenden Feststoffe (Trub) analog einer praxisüblichen Filtration ab-getrennt.

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Abb. 1: Darstellung der Einteilung der Seiherfelder der Presse mit den dazugehörigen Spaltmaßen zwischen den Seiherstäben

In Abhängigkeit von der Schneckendrehzahl, der Saatdurchsatzmenge je Schneckenumdrehung, der Saatfeuchte und -temperatur wurden folgende quantitative, qualitative und technische Parameter analysiert: - Gesamtölertrag - Ölertrag pro Seiherfeld - Ölqualität (Phosphor-, Calcium-, Magnesiumgehalt, Gesamtver-

schmutzung (Trub) nach DIN EN 14107und DIN EN 14538) - Rapspresskuchenanfall - Restfettgehalt im Rapspresskuchen - Temperaturverlauf am Seiherkorb (Presszylinder) Alle Datenerhebungen beziehen sich auf insgesamt 20 Versuchsreihen. 3. Ergebnisse

Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse zum Optimierungspotenzial einer dezentralen Kaltpressanlage diskutiert.

Die Qualität der Rapssaatqualität variierte innerhalb der Versuchsreihen. So, schwankte der Feuchtigkeitsgehalt der Rapssaat zwischen 5,7 bis 7,1 % bei einem Besatz von 0,20 bis 0,47 %, der Ölgehalt lag bei durchschnittlich 45 % und die Temperatur der Rapssaat im Tagesvorratssilo bewegte sich zwischen 29,6 und 37,2 °C (Tabelle 3).

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Tab. 3: Qualitätseigenschaften der Rapssaat und Saattemperatur

Rapssaat-feuchte URS [%] x n=6

Ölgehalt OelRSTS [%] x n=6

Besatz BSRS [%] x n=6

Rapssaat-temperatur TRS [°C] x n=30

Versuchsreihe 05 nS = 9 min.-1 6,04 45,04 0,20 31,4

Versuchsreihe 08 nS = 11,40 min.-1 5,75 44,80 0,43 29,6

Versuchsreihe 15 nS = 10,04 min.-1 7,12 44,67 0,25 35,00

Versuchsreihe 20 nS = 12,10 min.-1 6,85 44,34 0,26 37,21

Die Schneckendrehzahl wurde hier zwischen 8,6 und 12,1 Umdrehungen pro Minute variiert (Tabelle 4). Mit steigender Schneckendrehzahl sank die Ver-weildauer der Rapssaat innerhalb der Presse, so dass eine Anpassung des Saatdurchsatz pro Schneckenumdrehung und damit der Durchsatzleistung erfolgte. Der Saatdurchsatz umfasste eine Größenordnung von 0,69 und 0,74 kg je Schneckenumdrehung. Tab. 4: Einstellung Schneckendrehzahl und Saatdurchsatz pro Umdrehung

Schnecken-drehzahl nS [min.-1] x n=16

Saatdurchsatz pro Schnecken-umdrehung

SRSnm [kg/ns] x n=5

Durchsatz-leistung

RSm& [kg/h] x n=5

Versuchsreihe 05 8,60 0,69 360

Versuchsreihe 08 11,44 0,73 501

Versuchsreihe 15 10,04 0,74 443

Versuchsreihe 20 12,10 0,73 530

Bei Betrachtung der einzelnen Seiherabschnitte der Ölpresse AP 14/30 lässt sich ein stark abnehmendes Ölflussverhalten vom Seiherfeld III zum Seiher-feld VIII bei gleichzeitigem Temperaturanstieg in dem Seiherkorb selbst feststellen (Abbildung 2 und 3), wobei ein Temperaturbereich von teilweise > 90°C im Seiherfeld VI erreicht wurde.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Abb. 2: Ölflussverhalten in den Versuchsreihen

Abb. 3: Temperaturverlauf am Seiherkorb Tabelle 5 gibt den Ölfluss je Seiherfeld in Abhängigkeit der Schneckendreh-zahl wieder. Mit zunehmender Schneckendrehzahl erhöhte sich die Durch-satzleistung der Rapssaat und damit die produzierte Gesamtölmenge. In den Versuchsreihen mit den reduzierten Schneckendrehzahlen wurde bereits etwa 72 % des Gesamtölertrags in den Seiherfeldern III und IV abgeschieden. Mit zunehmender Schneckendrehzahl stieg sich der Ölfluss in den mittleren Seiherfeldern V und VI. In den hinteren Seiherfeld VII und VIII traten nur noch unbedeutende Ölmengen in Höhe von 4 bis 5 % aus.

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Tab. 5: Ölfluss je Seiherfeld bei Variation der Schneckendrehzahl

SOelm& [kg/h] (Grau in %)

Seiherfelder

III IV V VI V VIII Summe Versuchsreihe 05

51,24 45,66 22,44 8,15 2,84 2,09 132,42 38,70 34,48 16,95 6,15 2,14 1,58 100

Versuchsreihe 08

70,05 61,20 30,45 12,08 3,74 4,38 181,90 38,51 33,65 16,74 6,64 2,06 2,41 100

Versuchsreihe 15

53,70 52,05 31,50 12,34 2,13 3,04 154,76 34,70 33,63 20,35 7,97 1,38 1,96 100

Versuchsreihe 20

62,70 58,50 37,65 14,59 4,19 3,56 181,19 34,61 32,29 20,78 8,05 2,31 1,96 100

Der Restfettgehalt im Presskuchen erhöhte sich mit steigender Schnecken-drehzahl bzw. höherem Saatdurchsatz signifikant, wobei im Gegenzug der Abpressgrad sank (Tabelle 6). Tab. 6: Restfettgehalt im Presskuchen und Abpressgrad [%] Restöl Presskuchen Abpressgrad Versuchsreihe 05 nS = 9 min.-1. 10,06 86,33 Versuchsreihe 08 nS = 11,40 min.-1 12,19 82,71 Versuchsreihe 15 nS = 10,04 min.-1 13,27 81,10 Versuchsreihe 20 nS = 12,10 min.-1 12,07 82,94

Die Abbildung 4 zeigt die Entwicklung des Restfettgehaltes im Rapskuchen in Abhängigkeit von Saatfeuchte und Schneckendrehzahl. Je höher die Schneckendrehzahl und die Feuchte der Rapssaat, desto höher der Restfett-gehalt im Rapskuchen. Um bei einer erhöhten Saatfeuchte einen geringen Restfettgehalt im Rapskuchen zu erhalten, muss die Schneckendrehzahl bzw. Durchsatzleistung verringert werden.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Abb. 4: Entwicklung des Restfettgehaltes im Presskuchen in Abhängigkeit

von der Rapsaatfeuchte und der Schneckendrehzahl Bei Betrachtung der Phosphor-, Calcium- und Magnesiumkonzentrationen im Rohöl je Seiherfeld ist eine Abnahme der Ca-Gehalte bei steigenden P-Gehalten zu beobachten. Die Mg-Gehalte blieben in den einzelnen Prüf-abschnitten weitgehend auf niedrigem Niveau konstant (Abbildung 5).

Abb. 5: Schadstoffgehalte im Rohöl

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Hinsichtlich des Anteils an Feststoffen (Gesamtverschmutzung) im Rohöl ist erkennbar, dass im Seiherfeld VI, wo auch die thermisch und mechanisch höchste Belastung im Seiherkorb zu verzeichnen ist, die Hauptmenge an Feststoffen anfiel (Abbildung 6).

Abb. 6: Feststoffgehalte im Rohöl pro Seiherfeld 4. Zusammenfassung

Der Restfettgehalt im Presskuchen wird maßgeblich von der Rapssaat-feuchte, dem Besatz und der Schneckendrehzahl bestimmt. Dabei stellt die Rapssaatfeuchte einen Haupteinflussfaktor dar. Ein Wassergehalt in der Spanne von 5,8 bis max. 6,2 % bei geringstem Besatz sichert eine stabil hohe Durchsatzleistung (550 kg Saat/h) und einen Restfettgehalt von 12,5 % im Presskuchen.

Da die Rapschargen in den Qualitätsparametern stark schwanken können, sollte der Saatdurchsatz bzw. die Schneckendrehzahl kontinuierlich der Feuchte der Rapssaat angepasst werden, damit niedrige Restfettgehalt im Presskuchen sowie niedrige Konzentrationen von P, Ca, und Mg erzielt werden. Das setzt einen Saatdurchsatz im Bereich von 0,68 bis max. 0,74 kg je Schneckenumdrehung voraus. Der Ölfluss in den Seiherfeldern ist über den Saatdurchsatz pro Schneckenumdrehung steuerbar. Als idealer Ölfluss kann angesehen werden, wenn in den Seiherfeldern III und IV mindestens 70 Prozent des Gesamtölflusses stattfindet, wobei gleichzeitig der Ölfluss im Seiherfeld VII größer als im Seiherfeld VIII sein muss.

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Weiterhin zeigen die Ergebnisse auf, dass in den hinteren Seiherfeldern deut-lich höhere Temperaturen (> 60 °C) am Seiherkorb vorherrschen und in diesem Bereich die höchsten Phosphorkonzentrationen auftraten.

Zudem wird deutlich, dass bei Varianten mit gedrosselter Durchsatzleistung und ungünstiger Saatfeuchte die Konzentrationen von Phosphor im Öl eben-falls deutlich anstiegen.

Für den Anlagenbetreiber macht sich eine tägliche Qualitätskontrolle der zu verarbeitenden Rapssaat und des anfallenden Rapspresskuchens erforderlich. Nur so kann auf eventuelle Schwankungen bezüglich der Rapssaatqualität reagiert und der Pressvorgang optimiert werden.

Hinsichtlich künftiger technischer Entwicklungen sollten nach Möglichkeit automatisierte Lösungen zum Einsatz kommen, die es erlauben, den Press-vorgang mit gezielter Steuerung des Durchsatzes anhand kontinuierlich er-mittelter Werte für den eingesetzten Rohstoff während der Verarbeitung effizienter durchzuführen. 5. Literatur

Bauer, R., 2007: Optimierung der Ölausbeute von kalt gepresster Rapssaat am Beispiel einer Praxisanlage unter wirtschaftlichen und technischen Aspekten. Diplomarbeit

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Qualitätsparameter von Speiselein in Abhängigkeit von Sorte und Standort A. Biertümpfel1, R. Heydrich1, T. Graf1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Lein bzw. Flachs (Linum usitatissimum L.) zählt zu den ältesten Kulturpflanzen Europas. Er wird seit alters her zur Faser- bzw. Ölgewinnung angebaut. Leinöl zeichnet sich durch seine hohen Gehalte an Öl-, Linol- und Linolensäure aus. Es findet Verwendung bei der Herstellung von Ölfarben, Firnissen, etc., bildet die Grundlage für Salben in der Pharmazie und ist kaltgepresst ein sehr gesundes Lebensmittel.

Leinsamen wurde bereits vor ca. 5 000 Jahren für Heil- und Ernährungszwecke „entdeckt“, z. B. für die der Herstellung von Backwaren und als ein bewährtes Hausmittel gegen Gastritis, als Hustenlöser sowie zur Vorbeugung und Be-handlung der Obstipation. Die gesundheitsfördernden Effekte des Leinsamens werden insbesondere den hohen Anteilen an essentiellen Fettsäuren (ins-besondere Omega-3-Fettsäuren), Lignanen, Ballaststoffen, Vitaminen (be-sonders Tocopherole), Schleim- und Mineralstoffen sowie Spurenelementen (z. B. Na, K, Ca, Fe, Cu, Zn usw.) zugeschrieben. Neben den vielen positiven Inhaltsstoffen, gibt es aber auch negative, wie Linamarin (als Blausäureglycosid) sowie Cadmium, die beide in den Samen enthalten sind. Wegen der möglichen schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit gelten hier Werte von 230 bis 330 mg/kg ATM Blausäure als unbedenklich. Der Grenzwert für Cadmium be-trägt 0,5 mg/kg TM.

In Thüringen ist der Öllein mit einer Anbaufläche von ca. 1.000 bis 1.500 ha ha jährlich eine der wichtigsten Sommerölfrüchte. Ziel des Anbaus ist die Ge-winnung hochqualitativen Speiseleins. 2. Material und Methoden

Zur Prüfung des Einflusses von Standort und Sorte auf die Qualität und die Cd-Gehalte wurde in der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) im Jahr 2005 eine umfangreiche Auswertung der Landessortenversuche Öllein durch-geführt. Der Landessortenversuch kam an vier klimatisch und bodenspezifisch unterschiedlichen Standorten mit 9 Sorten in Thüringen zum Anbau. Eine Standortcharakterisierung beinhaltet Tabelle 1.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Die Stationen Dornburg und Friemar liegen in der Thüringer Ackerebene, Großenstein im Ostthüringer Lössgebiet und Kirchengel in Nordthüringen. Im Versuch kamen die mittelfrühen Sorten Livia, Scorpion und Sunrise, die Sorten Lirina, Serenade und Taurus der mittleren Reifegruppe sowie die mittelspäten Juliet, Ingot und Recital zum Anbau. Die Sorten Scorpion und Ingot sind durch eine gelbe Samenfarbe gekennzeichnet Tab. 1: Standortcharakterisierung der Versuchstandorte

Standort Bodenform Bodenart Ackerzahl Höhen-lage (m)

Temperatur (°C)

Nieder-schlag (mm)

Dorn-burg

Löss-Parabraun-erde

Stark toniger Schluff

46 bis 80 260 8,1 578

Friemar Löss-Braun Schwarz-erde

Lehm 96 284 7,8 519

Großen-stein

Löss-Parabraun-erde

Lehm 51 bis 58 300 7,8 608

Kirch-engel

Löss-Rendzina

Lehm 60 bis 65 305 7,8 568

3. Ergebnisse

In Auswertung der Versuchsergebnisse zeigte sich, dass hinsichtlich des Kornertrages nur geringe Sortenunterschiede auftraten. So lagen die Erträge im Mittel der Sorten und Standorte bei ca. 25 dt/ha, 91 % TS (Abb. 1). Deutlich stärker als die Sorte wirkten sich die standorttypischen Be-dingungen aus. So betrug der Durchschnittsertrag am Standort Friemar 23,9 dt/ha, während in Großenstein 29,3 dt/ha erreicht wurden. Das Ertrags-niveau in Dornburg und Kirchengel belief sich auf 24,9 bzw. 25,0 dt/ha.

Hinsichtlich der Ölgehalte (bei 91 % TS) waren nur geringe Differen-zierungen zu verzeichnen. Diese beruhten jedoch eher auf sortenspezifischen Eigenschaften. Die als ölreich charakterisierte Sorte Lirina erreichte im Mittel der Standorte 44,3 %, das Sortenmittel belief sich auf 42,1 %.

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Lirina Juliet Livia Scorpion Taurus Serenade Ingot Sunrise Recital0

5

10

15

20

25

30

35

40

Abb. 1: Kornertrag von Ölleinsorten 2005 (0 vier Standorte) Der aus Ertrag und Ölgehalt berechnete Ölertrag folgte dementsprechend weitgehend den Ertragswerten, so dass die höchsten Ölerträge (0 = 12,5 dt/ha, 91 % TS) in Großenstein erreicht wurden.

Lirina Juliet Livia Scorpion Taurus Serenade Ingot Sunrise Recital0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

Grenzwert

Abb. 2: Cadmiumgehalt von Ölleinsorten 2005 (0 vier Standorte) Eines der wichtigsten Kriterien für die Eignung der Leinsaat für die mensch-liche Ernährung ist deren Cadmiumgehalt. Öllein ist als Cadmium-akkumulator bekannt, es gilt ein Grenzwert von 0,5 mg Cd/kg Leinsaat. Im vorliegenden Versuch unterschieden sich die Sorten hinsichtlich der Cadmiumaufnahme geringfügig. So wiesen Juliet, Scorpion und Livia im Mittel der Standorte etwas höhere Gehalte auf als die restlichen geprüften Sorten (Abb. 2).

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

- 601 -

Gravierend war dagegen der Einfluss des Standortes auf die Cadmium-akkumulation. So überschritt in Kirchengel, Dornburg und Friemar bei Mittel-werten von 0,14 mg/kg, 0,22 mg/kg bzw. 0,32 mg/kg keine der Sorten den Cadmium-Grenzwert von 0,5 mg/kg. Demgegenüber lag das Sortenmittel in Großenstein mit 0,56 mg/kg deutlich über dem Grenzwert. Lediglich die Sorten Taurus und Recital blieben mit 0,47 mg/kg bzw. 0,46 mg/kg knapp darunter, alle anderen Sorten überschritten 0,5 mg Cd/kg Leinsaat. Mit 0,76 mg/kg erreichte die Sorte Scorpion den ungünstigsten Wert.

Eine Analyse des Bodens nach der Ernte wies jedoch, wie auch an den anderen Standorten, keine erhöhten Gehalte im Boden nach.

Die "-Linolensäure ist mit über 50 % im Öl die Hauptfettsäure des Ölleins. Bezüglich dieses Merkmals überwogen die Sortenunterschiede gegenüber der Variation der Standorte, was auf eine gewisse genetische Bedingtheit hinweist.

Das Gesamtmittel über alle Sorten und Versuchsorte betrug 54,8 % Linolensäure im Öl. Hier wies Dornburg mit 52,8 % das niedrigste Niveau auf, alle anderen Versuchsstationen erreichten Werte zwischen 55 und 56 %. Die meiste Linolensäure beinhalteten im Mittel der vier Standorte mit 56,6 bzw. 57,2 % Linolensäure im Öl die Sorten Lirina und Sunrise, die wenigste mit 51,7 % die Sorte Serenade (Abb. 3).

Auch die Quellungszahl ist ein eher sortenspezifisches Merkmal, der Standort hatte in der Versuchsserie nahezu keinen Einfluss. Im Mittel aller Proben der Landessortenversuche 2005 wurde eine Quellungszahl von 4,5 analysiert, was über dem geforderten Mindestwert von 4,0 liegt. Allerdings entsprach die gelb-samige Sorte Ingot mit Quellungszahlen zwischen 3,7 und 3,7 an keinem der Standorte den Anforderungen, auch die Sorten Taurus und Lirina lagen meist unter dem geforderten Wert.

Lirina Juliet Livia Scorpion Taurus Serenade Ingot Sunrise Recital48

50

52

54

56

58

Abb. 3: "-Linolensäuregehalt von Ölleinsorten 2005 (0 vier Standorte)

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

- 602 -

Sehr gute Eigenschaften hinsichtlich der Quellungszahl wiesen dagegen die ebenfalls gelbsamige Sorte Scorpion (0 = 5,5) sowie die Sorten Serenade (0 = 5,4) und Recital (0 = 5,2) mit brauner Samenfarbe auf. Die Werte der rest-lichen geprüften Sorten bewegten sich im Mittel zwischen 4,2 und 4,7 und unterschritten den geforderten Mindestwert nicht (Abb. 4).

Lirina Juliet Livia Scorpion Taurus Serenade Ingot Sunrise Recital3

3,5

4

4,5

5

5,5

6

Mindestwert

Abb. 4: "-Linolensäuregehalt von Ölleinsorten 2005 (0 vier Standorte) 4 Zusammenfassung

Im Ergebnis des Versuches ist festzustellen, dass es möglich ist, in Thüringen Leinsaat zu erzeugen, die den Qualitätsanforderungen an Speise- bzw. Diät-lein entspricht.

Dies setzt jedoch Kenntnisse zur Sorten-, aber vor allem zur Standorteignung unterschiedlicher Anbauregionen voraus.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Vegetationsversuche zur Aufnahme perfluorierter Tenside (PFT) in landwirtschaftliche Kulturpflanzen J. Heyn1, Th. Stahl1 und S. Georgii1 1Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Kassel, Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Wiesbaden 1. Problemstellung

In Nordrhein-Westfalen, aber auch in Nordhessen, wurden im Sommer 2006 Ackerflächen bekannt, aus denen offensichtlich ein Austrag von PFT in Oberflächengewässer stattgefunden hatte. Bei der Risikoabschätzung durch die beteiligten Behörden stellte sich zunehmend die Frage nach der Auf-nahme der PFT durch Kulturpflanzen.

Zu einer ersten Beantwortung dieser Frage beauftragte das Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (HMULV) die Landesbetriebe „Landwirtschaft Hessen“ und „Hessisches Landeslabor“ mit der Durchführung von Vegetationsversuchen und der Untersuchung der Aufwuchsproben. 2. Versuchsanstellung

In der Vegetationsperiode 2007 wurde dazu ein Versuch in Mitscherlich-Gefäßen unterschiedlicher Größe mit So-Weizen, Hafer, Mais, Kartoffel und Deutschem Weidelgras durchgeführt. Es wurde ein PFT-unbelasteter Boden verwendet, der durch Zugabe wässriger PFT-Lösung auf die nachstehend genannten Konzentrationen eingestellt wurde. Nach der Ernte wurden jeweils die Haupt- und Nebenernteprodukte auf ihren PFOA- und PFOS-Gehalt hin untersucht (Bestimmungsgrenze 1 µg/kg). (PFOA = Perfluoroctansäure; PFOS = Perfluoroctansulfonat)

2.1 Varianten:

1. Kontrolle, ohne PFOA-/PFOS-Zugabe 2. jeweils 0,25 mg PFOA/PFOS je kg Boden 3. jeweils 1,00 mg PFOA/PFOS je kg Boden 4. jeweils 10,0 mg PFOA/PFOS je kg Boden 5. jeweils 25,0 mg PFOA/PFOS je kg Boden 6. jeweils 50,0 mg PFOA/PFOS je kg Boden 7. PFT-Dünger, Dosierung mittel

= 0,0034 mg PFOA, 0,0075 mg PFOS je kg Boden 8. PFT-Dünger, Dosierung hoch

= 0,0052 mg PFOA, 0,0113 mg PFOS je kg Boden

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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In den Varianten 7 und 8 kam ein PFT-haltiger Recyclingdünger zum Ein-satz, der auch auf Praxisfeldern in Nordhessen ausgebracht worden war. Die Mengenbemessung dieses Düngers erfolgte auf Basis der Nährstoffgehalte in den Bezeichnungsstufen „mittel“ und „hoch“, die darin ausgebrachten PFOA- und PFOS-Frachten lagen weit unterhalb der durch Zugabe der PFT-Lösungen erstellten niedrigsten Belastungsstufe. 3. Ergebnisse

3.1 Wachstum

Sommerweizen reagierte während der gesamten Entwicklungsphase mit deutlichen Wachstumsbeeinträchtigungen auf die gesteigerte PFT-Konzentration im Boden, was sich später in einem signifikant niedrigeren Ertrag manifestierte. Bis auf Mais zeigten sich bei den übrigen geprüften Pflanzenarten ähnliche Wachstumsunterschiede, wenn auch nicht so aus-geprägt wie bei So-Weizen.

Abb. 1 Einfluss gesteigerter PFT-Konzentration im Boden auf das

Wachstum von So-Weizen 3.2 Ertrag

Die Abbildungen 2 bis 4 zeigen den Einfluss der gesteigerten PFT-Bodenkonzentration auf den Ertrag von So-Weizen, Mais und Deutschem Weidelgras. Die sechs Varianten mit der reinen PFT-Steigerung und sonst

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

- 605 -

konstant gehaltenem übrigen Nährstoffangebot wurden jeweils varianzana-lytisch verrechnet, die Grenzdifferenzen bei P = 5 % sind für diese Varianten in Relation zur Kontrollvariante in die Abbildungen eingezeichnet Die Varianten 7 und 8 mit den unterschiedlichen PFT-Düngergaben wurden auf-grund des insgesamt variierenden Nährstoffangebotes nicht mit in die Ver-rechnung einbezogen.

Bei So-Weizen (Abb. 2) blieb der Korn- und Strohertrag bis zur Stufe 10/10 mg PFOA/PFOS / kg Boden unbeeinflusst. In der nächst höheren Stufe deutete sich ein Absinken des Ertrages an, in der höchsten PFT-Stufe fiel er deutlich und signifikant ab. Die Düngervarianten 7 und 8 blieben in ihrer Ertragshöhe ungefähr gleich wie die niedrigen PFT-Varianten.

Bei Mais fiel die Ertragsreaktion schwächer aus (Abb. 3). Er reagierte erst in der höchsten PFT-Stufe mit signifikantem Minderertrag in der Summe von Kolben und Restpflanze. Die Varianten 7 und 8 fielen im Gesamtertrag deut-lich ab, hier lag das gesamte Nährstoffangebot auf einem niedrigeren Niveau. So ist auch der Mehrertrag der Variante 8 gegenüber 7 zu erklären.

00,25/0,25

1,0/1,010,0/10,0

25,0/25,050,0/50,0

PFT-D mittelPFT-D hoch

mg PFOA/PFOS /kg Boden

0

10

20

30

40

50g TM/Gef. Korn Stroh Korn Stroh

GD 5%

Abb. 2 Einfluss gesteigerter PFT-Konzentration im Boden auf den Ertrag

von So-Weizen Bei Deutschem Weidelgras ließ die Feststellung der Einzel-Schnitt-Erträge eine Aussage über die zeitliche Entwicklung der Wachstumsbeeinträchtigung zu (Abb. 4). In der höchsten PFT-Variante wurde der 1. Schnitt massiv be-einträchtigt. Bereits ab dem 2. Schnitt konnte hier das Graswachstum jedoch wieder verstärkt einsetzen, so dass letztendlich sogar ein knapp über der Signifikanzgrenze liegender Mehrertrag resultierte. Durch eine abweichende Nachdüngungsterminierung lag in den Mischdüngervarianten 7 und 8 der Ertrag im 2. und 4. Schnitt deutlich höher als in den reinen PFT-Varianten.

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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00,25/0,25

1,0/1,010,0/10,0

25,0/25,050,0/50,0

PFT-D mittelPFT-D hoch

mg PFOA/PFOS /kg Boden

0

50

100

150

200

250

300g TM/Gef. Kolben Restpflanze Series 3 Series 4

GD 5%

Abb. 3 Einfluss gesteigerter PFT-Konzentration im Boden auf den Ertrag

von Mais

00,25/0,25

1,0/1,010,0/10,0

25,0/25,050,0/50,0

PFT-D mittelPFT-D hoch

mg PFOA/PFOS /kg Boden

0

10

20

30

40

50g TM/Gef.

1.Schnitt 2.Schnitt 3.Schnitt 4.Schnitt Series

GD 5%

Abb. 4 Einfluss gesteigerter PFT-Konzentration im Boden auf den Ertrag von Deutschem Weidelgras

Die Ertragsergebnisse von Hafer und Kartoffel wurden hier aus Platzgründen nicht dargestellt. Bei Hafer konnte keine signifikante Ertragsbeeinflussung infolge der gesteigerten PFT-Konzentrationen festgestellt werden. Der Ertrag an Kartoffelknollen stieg bis zur PFT-Konzentration von 1/1 mg/kg Boden schwach, aber signifikant an und ging dann kontinuierlich deutlich zurück.

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In den Stufen 25/25 und 50/50 mg PFT/kg Boden wurden signifikante und sehr hoch signifikante Mindererträge geerntet Bei den Mischdünger-varianten lag die hoch gedüngte jeweils ertraglich über der mit mittlerer Düngergabe. 3.3 PFT-Gehalte im Erntegut Tab.1 PFOA/PFOS-Konzentration im Aufwuchs von So-Weizen

Varianten

PFOA Korn

[µg/kg]

PFOS Korn

[µg/kg]

PFOA Stroh

[µg/kg]

PFOS Stroh

[µg/kg] Kontrolle 1 0 170 51 0,25 mg/kg 24 0 800 50 1 mg/kg 9 0 1900 270 10 mg/kg 1300 2 42600 9950 25 mg/kg 1340 6 94200 21600 50 mg/kg 1110 34 341000 76900 PFT-D mittel 11 0 400 66 PFT-D hoch 6 0 110 15 In den Tabellen 1 bis 4 wird die Konzentration von PFOA und PFOS in Korn und Stroh bei So-Weizen, von Kolben und Restpflanze bei Mais, von den einzelnen Grasschnitten und von geschälten Kartoffelknollen und deren ab-getrennter Schale dargestellt. Bei Hafer lagen die Konzentrationswerte ähn-lich wie bei So-Weizen, auf eine Darstellung wird hier verzichtet Tab.2 PFOA/PFOS-Konzentration im Aufwuchs von Mais

Varianten

PFOA Kolben [µg/kg]

PFOS Kolben [µg/kg]

PFOA Restpflanze

[µg/kg]

PFOS Restpflanze

[µg/kg] Kontrolle 17 2 290 66 0,25 mg/kg 54 17 220 56 1 mg/kg 12 1 690 150 10 mg/kg 1200 124 1800 2700 25 mg/kg 960 102 91030 19100 50 mg/kg 1480 124 217000 41400 PFT-D mittel 24 4 1400 180 PFT-D hoch 120 38 420 48

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Tab.3 PFOA/PFOS-Konzentration im Aufwuchs von Deutschem Weidel-gras

PFOA [µg/kg] PFOS [µg/kg]

Varianten 1. Schnitt 2. S. 3. S. 4. S. 1. Schnitt 2. S. 3.S. 4. S. Kontrolle 3 27 7 220 2 29 8 22 0,25 mg/kg 32 550 170 1550 12 67 41 88 1 mg/kg 408 2860 762 7620 120 220 92 470 10 mg/kg 2530 43300 18800 55100 760 6650 2650 42000 25 mg/kg 9230 64300 34900 49300 4030 20700 10260 39000 50 mg/kg 23200 100300 39100 54000 11700 30070 18250 28000 PFT-D mittel 39 82 500 270 9 22 120 40 PFT-D hoch 12 1190 340 63 5 380 18 51 Tab.4 PFOA/PFOS-Konzentration im Aufwuchs von Kartoffel

Varianten

PFOA Knolle ohne

Schale [µg/kg]

PFOS Knolle ohne

Schale [µg/kg]

PFOA Schale

[µg/kg]

PFOS Schale

[µg/kg]

Kontrolle 0 0 0 0 0,25 mg/kg 0 0 2 5 1 mg/kg 0 0 2 13 10 mg/kg 7 7 20 85 25 mg/kg 19 16 41 170 50 mg/kg 52 34 234 590 PFT-D mittel 0 0 6 2 PFT-D hoch 0 0 6 1 Ohne hier auf jeden einzelnen Wert einzugehen ist festzuhalten, dass bei gleicher Boden-Konzentration die PFOA-Werte in der Pflanzensubstanz immer höher lagen als die PFOS-Werte, die Unterschiede waren teilweise erheblich. Eine Aus-nahme stellten die Schalen der Kartoffel dar. Hier überwogen die PFOS-Werte.

Mit steigender PFT-Konzentration im Boden stieg die PFT-Konzentration in der Pflanze. Eine Bilanzierung über absolute PFT-Mengen in Boden- und Pflanzenmatrix konnte nicht vorgenommen werden. Dazu hätten Boden-proben aus allen Gefäßen analysiert werden müssen.

Im Vergleich der PFT-Gehalte von Korn und Stroh bzw. Kolben und Rest-pflanze wird deutlich, dass die Aufnahme von PFT wesentlich intensiver ab-laufen muss als die innerpflanzliche Umlagerung in die Speicherorgane. Davon abweichend sind die Untersuchungsergebnisse von geschälten Kartoffelknollen und der abgetrennten Schale zu werten. In beiden Matrices

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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lagen die Konzentrationen vergleichsweise gering, allerdings wiesen die Schalen etwas höhere Gehalte als die Knollen auf. Es kann nicht beurteilt werden, ob es sich dabei um Aufnahme in das Gewebe oder nur äußerliche Anhaftung in Form einer „Kontaminationskruste“ handelte. Letzteres wäre ein Indiz für eine blockierte Aufnahme.

Die jeweilige Aufnahme/Verteilung/Einlagerung der beiden Substanzen hängt offensichtlich stark von der angebauten landwirtschaftlichen Kulturpflanze ab. In der Rangfolge der Empfindlichkeit unterschiedlicher Kulturpflanzen kamen Weinfurtner, Kördel u. Bücking (2008) zu sehr ähnlichen Ergebnissen.

Ein Übergang von PFOA/PFOS vom Boden in die Pflanze findet bereits bei niedrigen Konzentrationen statt, wie sie beispielsweise in belasteten Böden oder nach Klärschlammaufbringung gefunden werden können. In den Kontrollvarianten wurden teilweise auch geringe PFOA- und PFOS-

Konzentrationen ermittelt. Die Ursachen können nur vermutet werden. Unter Berücksichtigung des Gesamtverfahrens und der hohen Konzentrationen, die mit zunehmender PFOA- und PFOS-Zugabe in den Kulturpflanzen ermittelt wurden, sind diese Werte jedoch vernachlässigbar gering und haben keinerlei Einfluss auf die Aussagekraft der Versuchsanordnung. 3.4 Verteilung von PFT im Boden nach der Ernte

0 - 5 cm

5 - 10 cm

10 - 15 cm

15 - 20 cm

0 10 20 30 40 50 60

PFOAPFOS

Abb. 6 Verteilung von PFOA/PFOS im Boden nach Versuchsende in der

Variante Mais 50/50 mg/kg

Pflanzenbau und Pflanzenqualität Kongressband 2008

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Bei der exemplarischen Untersuchung der PFT-Tiefenverteilung im Boden der Gefäßvariante (Mais, 50/50 mg PFT/kg Boden) konnte bei PFOA eine Abnahme der Gehalte mit zunehmender Bodentiefe festgestellt werden. Demgegenüber wurde PFOS im Boden der Gefäße nahezu konstant verteilt. 4. Zusammenfassung und Ausblick

In einem Vegetationsversuch in Mitscherlich-Gefäßen (Größe I und III) wurde die Wirkung steigender Bodenkonzentration an perfluorierten Tensiden (PFT) auf die Früchte So-Weizen, Hafer, Mais, Kartoffel und Deutsches Weidelgras geprüft. Der PFT-freie Boden (= Kontrolle) wurde mit Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonat (PFOS) in Form reiner PFT-Lösungen beaufschlagt und zwar in Dotierungen von jeweils 0,25 bis jeweils 50 mg/kg Boden. Daneben kam ein PFT-haltiger Recycling-Mischdünger zum Einsatz, mit dem allerdings deutlich geringere PFT-Frachten ausgebracht werden konnten.

Bei hohen PFT-Konzentrationen im Boden wurden Wachstum und Ertrags-bildung der Kulturpflanzen unterschiedlich stark beeinträchtigt: am deut-lichsten reagierte So-Weizen mit Wuchs- und Ertragsdepressionen, ab-nehmend deutlich waren die sichtbaren Symptome bei Kartoffel, Hafer und Weidelgras. Bei den beiden zuletzt genannten wurden dessen ungeachtet keine signifikanten Ertragsunterschiede festgestellt. Mais zeigte zwar keine optischen Auffälligkeiten, fiel allerdings in der höchsten PFT-Variante im Ertrag signifikant zurück.

Die Untersuchungen von Haupt- und Nebenernteprodukten zeigten in Ab-hängigkeit von der Bodenkonzentration deutlich ansteigende Gehalte. Die PFOA-Werte lagen deutlich höher als die PFOS-Werte, in vegetativen Pflanzenorganen um ein Vielfaches höher als in generativen Organen.

Die höchsten Gehalte wurden jeweils in Weizenstroh in der höchsten Boden-konzentrationsstufe gemessen und zwar ca. 340 mgPFOA/kg TS und ca. 80 mg PFOS/kg TS. Bei Kartoffel waren die Schalen höher kontaminiert als die geschälten Knollen, bei Weidelgras kam es in Abhängigkeit von den Zwischenschnittzeiten und Ertragsdifferenzierungen zu etwas unterschied-lichen Gehalten.

Die Aufbringung des PFT-haltigen Mischdüngers wirkte nur über die darin ausgebrachten Nährstoffe auf die Ertragshöhe, eine eindeutige Beeinflussung der PFT-Gehalte des Aufwuchses war nicht zu erkennen.

In einer exemplarischen Bodenuntersuchung nach Versuchsende lies sich bei PFOA eine klare Schichtung nachweisen, von oben nach unten abnehmend, während PFOS in allen Bodentiefen in nahezu gleicher Konzentration vor-lag.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Pflanzenbau und Pflanzenqualität

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Zur besseren Abschätzung des realen Gefährdungsrisikos wird die Frage-stellung durch Versuche mit PFT-belastetem Klärschlamm weiter bearbeitet 5. Literatur

BfR, 2008: Stellungnahme zum Übergang von PFOS und PFOA aus dem Boden in Futtermittel

Hölzer, J., Wilhelm, M., 2007: Querschnittsstudie zur Untersuchung der inneren Belastung von Mutter-Kind-Paaren und Männern in Gebieten er-höhter Trinkwasserbelastung mit perfluorierten Verbindungen („PFT“). Abschlussbericht der Abteilung für Hygiene, Sozial- und Umwelt-medizin, Ruhr-Universität Bochum

Stahl, Th., 2007: Systematische Untersuchungen zum Übergang perfluorierter Tenside (PFT) Boden/Pflanze. Vortrag Fachtagung „Per-sistente Perfluorverbindungen“ München

Uumweltbundesamt, 2007: Perfluorierte Verbindungen: falscher Alarm oder berechtigte Sorge? Internet-download www.umweltbundesamt.de

Weinfurtner, K.-H., Kördel, W., Bücking, M., 2008: Untersuchungen zum Übergang von PFT aus belasteten Böden in Pflanzen. Bodenschutz 3, 88-92

Saatgut Kongressband 2008

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Die Saat- und Pflanzgutproduktion der Schweiz im Überblick T. Hebeisen1, L. Graff1, A. Rüegger2, S. Zanetti1 1 Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Zürich, 2 swisssem, Schweizerischer Saatgutproduzentenverband, Delley In der Schweiz wird auf einer Fläche von fast 9'000 Hektaren Saat- und Pflanzgut produziert. Die Saat- und Pflanzguterneuerung ist hoch und konstant. Den schweizerischen Abnehmern sind die Vorzüge des zerti-fizierten Saat- und Pflanzgutes bekannt. In den letzten Jahren sind die Ver-mehrungsflächen von Biosaatgut und von Wildblumen für die Anlagen von ökologischen Ausgleichsflächen ausgedehnt worden.

Änderungen in der Landwirtschaftspolitik, die u.a. eine Aufhebung der Leistungsaufträge für die Vermehrung von Pflanzkartoffeln, Futterpflanzen sowie Saatmais bewirken, gefährden die Saatmaisproduktion wegen geringeren Beihilfen stark. Höhere Flächenbeiträge bieten neue Produktionsmöglichkeiten für die Erhöhung der geringen Selbstversorgung beim Futterpflanzensaatgut. Insgesamt ist die Wirtschaftlichkeit der Saat- und Pflanzgutproduktion nicht immer gegeben. Freude und Stolz genügen den Produzenten in einer wettbewerbsorientierten Landwirtschaft nicht mehr als Motivation. Rasch veränderte Produzentenpreise, wie zum Beispiel im 2007 beim Brotgetreide aufgetreten, können nicht immer auf die Saatgutpreise übertragen werden. Zertifiziertes Saat- und Pflanzgut wird mit dem Label „Z-Saatgut Suisse“ ausgezeichnet Die Vorzüge von zertifiziertem Saat- und Pflanzgut wird mit Fachpublikationen und Werbung aufgezeigt. Die Flächennutzung in der Schweiz

Die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) beträgt 1,065 mio Hektaren. Davon sind mehr als 70 % Naturwiesen und Weiden. Auch von der ackerbaulich genutzten Fläche werden ebenfalls mehr als 40 % von Kunst- oder Ansaat-wiesen belegt. Mit je 80'000 ha dominieren das Brot- und Futtergetreide die restlichen Ackerflächen. Mit 40'000 ha ist auch der Silomaisanbau markant vertreten. Über 100'000 ha (9,2 % der LN) sind als ökologische Ausgleichs-flächen ausgeschieden und werden durch Flächenbeiträge gefördert. Deren Mindestanteil in der Betriebsfläche sichert die Erfüllung des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN). Dieser berechtigt zu Direktzahlungen.

Über alle Nahrungsmittel weist die Schweiz im mehrjährigen Durchschnitt einen Selbstversorgungsgrad von 53 % auf. Als typisches Grasland ist der Selbstversorgungsgrad bei den tierischen Produkten weit über 90 %,

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während pflanzliche Nahrungsmittel nur zu 43 % aus Eigenproduktion ab-gedeckt werden. Die Eigenversorgung des Saatgutes beträgt bei den Ge-treidearten 95 %, bei den Kartoffeln schwankt sie zwischen 85 bis 95 %, beim Mais um 30 % sowie bei den Futterpflanzen um 8 %. Bei den Futter-pflanzen wird das Basissaatgut ausschließlich im Inland produziert, während das Gebrauchssaatgut mehrheitlich im Ausland kostengünstiger vermehrt wird. Produktion von Saat- und Pflanzgut sowie Wildblumen

Die Vermehrungsflächen von Saat- und Pflanzgut sind von 1998 mit 11'000 ha auf unter 9'000 ha im 2007 (-21 %) zurückgegangen. Der Saatgutsektor erwirtschaftete in den Jahren 2004 bis 2006 für die Landwirtschaft Vor-leistungen im Wert von 300 mio Franken pro Jahr. Am stärksten ab-genommen haben die Vermehrungsflächen beim Saatgetreide (24 %) und bei den Pflanzkartoffeln. Hohe Saatguterträge und gute Ausbeuten bewirkten den Rückgang der Saatgetreideflächen. Dieser wurde durch die Vermehrung von Futterweizen in den letzten Jahren leicht abgestoppt. Kennzeichnend war auch die markante Zunahme des Sortenspektrums, welches aus Gründen der Biodiversität sehr erwünscht, aber gleichzeitig in der Saatgut-aufbereitung und im Verkauf hohe Kosten bewirkt. Die Vermehrung von Futterpflanzen ist in den letzten Jahren auf 300 ha ausgedehnt worden. Erstmals wurden von Englischem Raigras in der Ostschweiz inländisches Gebrauchssaatgut mit lohnenden Samenerträgen und guter Qualität produziert. Im traditionellen Anbau von Mattenklee (Rotklee) resultierten in den letzten Jahren deutlich unterdurchschnittliche Samenerträge. Die Gründe sind nicht so klar ersichtlich. Dank der guten Nachfrage und den leicht höheren Flächenbeiträgen sollte im 2009 dennoch erstmals eine Anbaufläche von 400 ha erreicht werden.

Mit der Ausdehnung der ökologischen Ausgleichsflächen leistet die Land-wirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der ein-heimischen Artenvielfalt. Rasch erkannte man, dass für die gewünschte Artenvielfalt Neuansaaten mit geeigneten Wildblumen notwendig sind (Schaffner et al., 1998). Der Bedarf nach geeigneten Mischungen für arten-reiche Wiesen, Bunt- und Rotations-brachen nahm zu. Als Pionierarbeit wurde mit der Sammlung von Ursprungsaatgut verschiedener Arten und deren Vermehrung begonnen. Auf freiwilliger Basis schloss der Samen-handel mit der Forschungsanstalt eine Vereinbarung ab, um die Wildblumen-produktion zu überwachen, damit eine Floraverfälschung mit ungeeigneten Ökotypen verhindert wird. Die Forschungsanstalt ART begann standort- und florengerechte Mischungen zu entwickeln (Schaffner et al., 1998.)

Saatgut Kongressband 2008

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Züchtungsprogramme und Branchenorganisationen

Die eidgenössischen landwirtschaftlichen Forschungsanstalten, die heute unter der Bezeichnung Agroscope auftreten, betreiben Züchtungsprogramme für Winter- und Sommerweizen, Triticale, Soja (ACW) sowie von ver-schiedenen Arten von Futterpflanzen (ART). Mit der Gründung des Vereins für die Kulturpflanzenentwicklung im 2000 begann Peter Kunz Winter-weizen und Dinkelsorten für den biologischen Landbau zu züchten. Dieser wird bereits von 10 % der schweizerischen Landwirte praktiziert. Die Delley Samen und Pflanzen AG (DSP AG) betreibt ein Maiszüchtungsprogramm. Als Reaktion auf die Aufhebung von staatlich festgesetzten Preisen Mitte der 90-iger Jahre wurden verschiedene Branchenorganisationen wie swiss granum (Getreide, Ölsaaten und Eiweisspflanzen) und swisspatat (Kartoffeln) gegründet mit dem Ziel eine bedarfsgerechte Inlandproduktion zu sichern. Neben einer Interessenvertretung aller Branchenteilnehmer über-nahmen sie Leistungsaufträge des Bundes mit finanziellen Mitteln zum Bei-spiel für die Verwertung von Ölsaaten, Zuckerrüben sowie von Überschuss-kartoffeln. Ihre technischen Kommissionen sind für die Sortenaufnahme in die empfohlenen Sortenlisten verantwortlich.

Die Interessen auf der Seite der Produktion werden durch den schweizerischen Getreideproduzentenverband (SGPV) sowie der Saatgutproduzenten durch swisssem vertreten. Swisssem erhielt für die Produktion von Kartoffelpflanzgut, von Saatgut von Futterpflanzen und Mais eine finanzielle Unterstützung. Mit der neuen Agrarpolitik werden die gekürzten Mittel ab Kampagne 2009 nicht mehr an die Branche, sondern als Flächenbeiträge an die Saat- und Pflanzgutproduzenten selbst ausgerichtet Im Bereich der Saatmaisproduktion werden deutlich weniger Mittel zur Ver-fügung stehen, damit wird die Inlandproduktion stark gefährdet Für die Futterpflanzen stehen mehr Mittel zur Verfügung. Eine Ausdehnung der Flächen scheint aufgrund hoher Nachfrage und geringen Lagerbeständen weltweit möglich.

Die Vorgängerorganisationen der heutigen swisssem wurden 1921 aus dem Zusammenschluss der regionalen Saatzuchtgenossenschaften gegründet Jeder Saat- und Pflanzgutproduzent ist heute Einzelmitglied beim Verband. Die zahlreichen regionalen Saatzuchtgenossenschaften haben sich zu neun Vermehrungsorganisationen zusammengeschlossen. Die fenaco-Gruppe als Branchenleader im Agrarhandel ist an mehreren Vermehrungsorganisationen finanziell beteiligt. Geführt wird swisssem durch einen Geschäftsführer und die Mitglieder der Koordinationsgruppe Saatgut Schweiz (KGS). Für die Meinungsbildung sind mehrere Arbeitsgruppen tätig. Zum Sitz in Delley ge-hört ein Pachtbetrieb, der an DSP verpachtet ist. Diese ist für die Erhaltungs-zucht sowie die Basissaatgutproduktion von in- und ausländischen Sorten

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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verantwortlich. Sie unterstützt die Agroscope Forschungsanstalten in den Leistungsprüfungen beim Getreide und Soja sowie in der Sortenprüfung. Als Vertreter der ausländischen Züchter bietet DSP Dienstleistungen im Sorten-schutz sowie in der Abrechnung von Lizenzen an.

Die Organisation Swiss-seed vertritt die Interessen des schweizerischen Samenhandels gegenüber den Behörden und den Branchenorganisation. Ihre Mitglieder setzen sich für die Sicherung der Kapazitäten in der Zerti-fizierung und in den Saatgutuntersuchungen ein. Aufgaben der Anerkennungsstellen

Die gesetzlichen Grundlagen der Saat- und Pflanzgutzertifizierung sind in der bundesrätlichen Verordnung über die Produktion und das Inverkehr-bringen von pflanzlichem Vermehrungsmaterial sowie in der Verordnung des Volkswirtschaftsdepartements festgelegt. Um die Öffnung der Märkte und die vermehrte Einbindung der Schweiz in den internationalen Saatguthandel zu ermöglichen, wurden unsere Verordnungen mit der Gesetzgebung in der Europäischen Union harmonisiert. Im Agrarabkommen mit der EU ist die gegenseitige Anerkennung seit 2004 in Kraft.

Die beiden Anerkennungsstellen der Forschungsanstalten Agroscope ART und ACW (Pflanzkartoffeln) sind für die administrative Durchführung und die Überwachung der Saat- und Pflanzgutproduktion verantwortlich. Neben der Besichtigung von Vorstufen- und Basispflanzgut sowie der Beurteilung der Nachbaukontrollen steht die Aus- und Weiterbildung der amtlich zu-gelassenen Feldbesichtigungsexperten, Pflanzgutkontrolleure sowie der Probenehmer in den Reinigungsstellen im Vordergrund. Ihre Tätigkeit führen sie im Auftrag des Dienstes für Saat- und Pflanzgut durch. Dieser versteht sich als kooperatives Netzwerk der Experten des Bundesamtes für Landwirt-schaft sowie der Forschungsanstalten Agroscope. In Zusammenarbeit mit der Saatgutbranche setzt er sich zum Ziel, qualitativ möglichst hoch stehendes Saat- und Pflanzgut im Inland zu produzieren. In der administrativen Durch-führung der Zertifizierung besteht eine sehr enge, gut etablierte Aufgaben-teilung zwischen den Vermehrungsorganisationen und den Anerkennungs-stellen. Seit 2002 wird ein gemeinsames Datenbanksystem „Info-EM“ betrieben, mit welchem alle Schritte von der Anmeldung bis zur Feld-besichtigung abgewickelt werden. Auf die Kampagne 2010 wird ein ver-bessertes Datenbanksystem in Betrieb genommen werden. Sämtliches Ver-mehrungsmaterial wird von den Forschungsanstalten untersucht. So untersucht das Saatgutprüflabor von Agroscope ART pro Jahr circa 6.000 Proben, davon fallen rund 50 % auf den Vollzug im Rahmen der Saatgutzertifizierung. Zur Profilierung des inländischen Saatgutes werden bei der Feldbesichtigung teilweise strengere Normen angewendet als in der

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Verordnung vorgesehen („Swisssem-Normen“). Bereits seit 1984 bestehen die VESKOF-Normen, die höhere Anforderungen des schweizerischen Marktes an die technische Reinheit, die Keimfähigkeit und zum Beispiel an den Ampfer- und Seidebesatz des Saatgutes festlegen. Eine Einschleppung von Problemunkräutern mit dem Saatgut muss verhindert werden. Produktion von Biosaatgut und Wildblumensaatgut, Label „Z-Saatgut Suisse“

In der Saatgutproduktion konnte der Anteil des Biosaatgutes in den letzten Jahren kontinuierlich leicht erhöht werden. Im 2007 betrug der Anteil von Biosaatgut am verkauften Saatgut 3,7 %. Biosaatgut wird zusätzlich in Gesundheitstests auf das Auftreten von samenbürtigen Pilzen untersucht. Regelmässig auftretende Probleme sind eine ungenügende Keimfähigkeit bei Roggen und Triticale bedingt durch Schneeschimmelbefall sowie Stink- und Zwergbrandbefall beim Dinkel. Diese Probleme konnten mit der Zulassung von Cerall® in der Kampagne 2007 wesentlich verbessert werden.

Im Bereich der Wildblumenvermehrung funktioniert die Zusammenarbeit bisher gut, da die Vertreter des Samenhandels und die Forschungsanstalten ihre Eigenverantwortung wahrnehmen. Im 2003 wurde die Vereinbarung er-weitert, indem basierend auf den Empfehlungen der Kommission für die Er-haltung der Wildpflanzen (SKEW) verbindliche Normen für die Reinheit und Richtwerte für die Keimfähigkeit der vermehrten Arten festgelegt wurden. In Analogie zu den Futterbaumischungen wurde ein AGFF-Gütezeichen für Wiesenblumen eingeführt. Im 2006 wurden von 40 Saatgutproduzenten auf 25 Hektaren mehr als 90 Arten vermehrt. Für die stichprobenweise durchgeführte Feldbesichtigung sowie die Saatgut-untersuchungen ist das Saatgutprüflabor im Reckenholz verantwortlich. Mit den Feldbesichtigungen wird überprüft, ob die richtigen Arten und der ge-wünschte Ökotyp vermehrt werden. In jedem Fall sollten weder Zucht-, Gartenformen noch regional stark verbreitete Ökotypen vermehrt und grossflächig ausgebracht werden. Die geprüften Saatgutmuster wiesen im Allgemeinen sehr gute Reinheitsgrade auf. Die Bestimmung der Keimfähig-keit erwies sich für viele Arten oft als schwierig, da die Keimruhe in der kurzen Testphase kaum zu brechen ist. Nur für 60 % der Arten stehen ISTA-geprüfte Methoden zur Verfügung. Der Einfluss von verschieden langer Vor-kühlung sowie der Zusatz von Gibberellinsäure oder Kaliumnitrat auf die Keimfähigkeit von ausgewählten Arten wurden untersucht. Für die Ab-schätzung der Lebensfähigkeit wurden Triphenol-Tetrazoliumchloridtests durchgeführt. Bei der Überwachung der Wildblumensaatgutproduktion wird keine lückenlose Kontrolle wie in der Saatgutzertifizierung durchgeführt. Dies würde den administrativen Aufwand vervielfachen. Produktionsumfang als auch das Alter der vermehrten Posten sind nicht bekannt. Zudem ist die

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Qualitätssicherung erschwert, weil sich die Keimfähigkeit dieser Arten mit der vorhandenen methodischen Untersuchungen nur ungenügend abschätzen lässt. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Produzenten aus diesem Nischenmarkt bei entsprechender Risikobereitschaft sowie aufwändiger Handarbeit relevante Erlöse erzielen können.

Für die Absatzförderung von zertifiziertem Saat- und Pflanzgut führte Swisssem das Label „Z-Saatgut Suisse“. Es steht für zertifiziertes Inland-saat- und -pflanzgut mit in der Schweiz zugelassenen Sorten, die die hohen Qualitätsanforderungen der Verarbeitungsbetriebe erfüllen und die zu-nehmend wichtigere Rückverfolgbarkeit bis zur Produktion sicherstellen. Ausbildungsunterlagen zu den Vorzügen von zertifiziertem Saat- und Pflanzgut sowie die Werbung werden durch Abzüge auf dem produzierten Saat- und Pflanzgut finanziert. Im Zusammenhang mit den kurzen Trans-portstrecken sollte dies auch zukünftig eine Inlandproduktion sichern (http://www.saatgut.ch). Literatur

Schaffner D., Schwab A., Zwimpfer T., Kappeler P., 1998: Saatmischungen beeinflussen die Vielfalt in Buntbrachen. Agrarforschung 5, 169-172

Schaffner D., Keller S., Fried P., 1998: Spontanbegrünung von Brachen – im Mittelland sinnvoll? Agrarforschung 5, 257-9

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Optimierung des Prüfaufwandes bei der Keimfähigkeitsbestimmung von Getreidepartien in Großsilos G. Wustmann1, W. Jackisch1 1Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft, Dresden 1. Einleitung

Nach SaatgutV beträgt das Höchstgewicht einer Getreidepartie 30 t, weshalb in Großsilos stets mehrere Partien zusammen gelagert werden. Die Trennung der Partien ist nach Befüllung des Silos praktisch nicht mehr realisierbar, da bei der Beschickung und Entnahme Vermengungen zwischen den Partien eintreten. Deshalb ist die Zuordnung der Ergebnisse aus der Beschaffen-heitsprüfung zur Partie nicht mehr eindeutig.

Für die Ermittlung der Keimfähigkeit (KF) ist eine Untersuchung von 4 x 100 Samen pro Partie vorgeschrieben. Mit statistischen Verfahren wird geprüft, ob die Untersuchung von 2 x 100 Samen pro Partie gegenüber 4 x 100 Samen pro Partie im Gesamtmittelwert der zusammen lagernden Partien praktisch übereinstimmende Ergebnisse liefert. 2. Untersuchungsumfang

Es wurden insgesamt 269 Großsilos Getreide mit 1168 Partien Winter-weizen, Wintergerste, Triticale und Roggen aus sächsischer Herkunft unter-sucht. Je Großsilo schwankt die Anzahl der eingelagerten Partien zwischen 2 und 15. Von den Partien wurden nach ISTA Vorschrift je 4 x 100 Samen auf Keimfähigkeit geprüft. Die Keimfähigkeitsergebnisse wurden je für die ersten, zweiten, dritten und vierten 100 Samen aller Partien je Großsilo als Spaltenmittel (a, b, c, d) dem zugehörigen Gesamtmittel von 4 x 100 Samen aller Partien des Silos gegenübergestellt. Tabelle 1 zeigt ein Beispiel aus der Datenmenge.

Die statistische Auswertung erfolgte mit Spannweitentests und zwei-faktoriellen Varianzanalysen (α= 0,01). Die Ergebnisse für den aus-gewiesenen Datensatz sind in Tabelle 2 zusammengefasst. 3. Ergebnisse und Diskussion

Nach Prüfverfahren mit Spannweiten-Tests (ISTA-Tabelle B2) und zwei-faktoriellen Varianzanalysen erwiesen sich die ermittelten Keimfähigkeits-werte (Partien und Wiederholungen) von Großsilos zumeist als Zufalls-abweichungen vom Gesamtmittel der jeweiligen Lagereinheit (α= 0,01), so

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dass der Inhalt eines Großsilos mit dem KF-Gesamtmittel der eingelagerten Partien attestiert werden kann (Tabellen 1 und 2). Tab. 1: Keimfähigkeiten (%) von Winterweizen in einem Großsilo mit

10 Partien (3.000 dt). Die Wiederholungen a, b, c, d stehen für die Mittelwerte von je 100 Samen; abcd für 4 x 100 Samen. Die ge-mittelte Keimfähigkeit der Partien beträgt 92 %.

W i e d e r h o l u n g

a b c d abcd1 96 93 92 93 93,52 91 94 93 96 93,53 95 88 91 88 90,54 93 91 92 90 91,55 93 89 91 92 91,36 96 90 89 93 92,07 93 92 92 88 91,38 93 91 94 92 92,59 93 92 93 93 92,8

10 94 91 92 92 92,3Mittel 93,7 91,1 91,9 91,7 92,1

Partie

Tab. 2: Zweifaktorielle Varianzanalyse (α= 0,01) für ein Großsilo mit

10 Partien (verrechnete Daten der Tabelle 1)

Summe Abweichungs-

quadrate

Freiheits-grade Varianz F-Wert

berechn. P-Wert F-Wertkritisch

Zeilen 35,6 9 3,96 1,24 0,32 3,15Spalten 37,6 3 12,53 3,92 0,02 4,60Fehler 86,4 27 3,20

Gesamt 159,6 39 In weiteren Tests wurden die Keimfähigkeitsergebnisse (Spaltenmittel) von je 4 x 100 Samen (abcd) mit denen von je 2 x 100 Samen (ab) verglichen. Die in Abbildung 1 gegenüber gestellten Keimfähigkeitsmittelwerte von je 113 Großsilos mit 490 eingelagerten Partien zeigen, dass zwischen dem praktizierten (400 Samen) und einem reduzierten Prüfverfahren (200 Samen) keine relevanten Abweichungen in der Treffsicherheit auftreten. Nur 8 % der

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113 untersuchten Großsilos bei Winterweizen weisen Unterschiede zwischen 1 und 2 % in der Keimfähigkeit auf. Die maximalen Abweichungen liegen bei ± 2 % Keimfähigkeit für alle untersuchten Arten. Die geringsten Differenzen zwischen beiden Verfahren treten bei hohen Qualitäten (KF ≥ 95 %) und bei einer großen Anzahl eingelagerter Partien pro Silo auf.

74

80

86

92

98

1 11 21 31 41 51 61 71 81 91 101 111

Anzahl Silos

Kei

mfä

higk

eit (

%)

abcdab

Abb. 1: Keimfähigkeitsmittelwerte je Silo nach Prüfung mit 400 (abcd)

bzw. 200 Samen (ab) pro Partie von 113 Silos mit 490 ein-gelagerten Partien Winterweizen

Die kritisch zu bewertenden Keimfähigkeiten bewegen sich im Bereich um 92 % - dem Grenzwert für die Saatgutanerkennung. Diese Keimfähigkeits-werte im Grenzbereich werden in Tabelle 3 gegenübergestellt.

Insgesamt sind 15 Großsilos bei Winterweizen für die Erntejahre 2006 und 2007 aufgefallen mit Keimfähigkeiten von 92 % und darunter. Von den sechs Silos mit einem Keimfähigkeitsmittel von 92 % aus 400 Korn/Partie weisen drei Silos nur 91 % im Mittel aus 200 Korn/Partie auf. Bei den Mittelwerten von 400 Korn/Partie unter 92 % gibt es ein Silo mit 92 % aus 200 Korn/Partie. Das sind nur vier Fälle mit Grenzwertüber- bzw. -unter-schreitung, mithin 3,5 % der untersuchten Großsilos. In der Laborpraxis ist es üblich, solche Partien ohnehin noch einmal zu prüfen; in diesem Fall sollte die Keimfähigkeit von 400 Samen untersucht werden.

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Tab. 3: Keimfähigkeitsergebnisse im Grenzbereich: Die Wiederholungen a, b, c, d stehen für die Spaltenmittel der Keimfähigkeit (%) von je 100 Samen; abcd für 4 x 100 Samen; ab bzw. cd für 2 x 100 Samen der Partien/Silo

Silo Nr. Partien/Silo a b c d 400:

abcd 200: ab 200: cd

43 8 93 92 93 92 92,5 92,6 92,412 3 93 93 92 91 92,2 92,7 91,742 10 94 91 92 92 92,1 92,4 91,899 3 94 92 91 91 92,1 93,0 91,257 3 91 91 93 92 91,7 90,8 92,558 3 90 92 92 93 91,6 90,8 92,354 6 91 92 92 90 91,1 91,1 91,197 3 92 93 90 89 90,8 92,3 89,263 3 91 90 88 90 89,9 90,7 89,298 3 90 90 92 88 89,8 90,0 89,7103 3 89 90 90 87 89,3 89,7 88,8104 2 91 91 88 88 89,3 90,8 87,840 2 89 83 83 83 84,1 85,8 82,513 3 86 80 79 84 82,3 83,2 81,526 10 82 81 81 83 81,7 81,3 81,9

4. Schlussfolgerung

Die Ergebnisse der statistischen Auswertung von Keimfähigkeiten ver-schiedener Partien in einem Großsilo zeigen, dass der geforderte Prüfumfang von 400 Samen je Partie auf Grund der nachgewiesenen Homogenität der Partien nicht benötigt wird. Für die eingelagerten Partien eines Vermehrers im Großsilo mit Herkunftsnachweis auf dem Probennahmeschein wird als angemessene Variante für die KF-Prüfung die Untersuchung von 200 Samen je Partie vorgeschlagen.

Die empfohlene Reduzierung des Untersuchungsumfanges sollte zunächst für die Keimfähigkeitsprüfung von Weizen- und Gerstepartien gelten. Um die Prüfung der Vereinbarkeit der KF-Ergebnisse von mehreren Getreide-partien nach dem vorgeschlagenen Verfahren zu ermöglichen, sind Spann-weiten-Tabellen für die maximal zulässigen Abweichungen nach Prüfung mit 200 Samen zu erarbeiten.

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Wer liefert die bessere Saatgutqualität in Bayern – der Selbst- oder der Fremdaufbereiter? B. Voit1, B. Killermann1 1Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising 1. Einleitung

Saatgutvermehrung ist ein Spezialbetriebszweig der besondere Kenntnisse und praktische Fähigkeiten des Betriebsleiters erfordert. In Bayern bereiten viele Vermehrer die geerntete Ware selbst auf und lassen die Proben für die Beschaffenheitsprüfung zur Anerkennung von amtlichen Probenehmern ziehen. Anschließend wird die anerkannte Ware gebeizt und abgesackt. Neue leistungsstarke Aufbereitungsanlagen sind teuer und für den Einzelbetrieb wirtschaftlich nicht rentabel. Dies ist der Grund warum die Fremdauf-bereitung in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Auch die Rohwaren-schiene trägt dazu bei, dass die Fremdaufbereitung an Bedeutung gewinnt. Vielen Betriebsleitern fällt es aber schwer ihr Saatgut zur Aufbereitung ab-zugeben, weil sie Bedenken haben, dass es in den großen Aufbereitungs-anlagen zu Vermischungen kommt und damit die Saatgutqualität ver-schlechtert wird. 2. Material und Methoden

Ausgewertet wurden ca. 1.200 Vermehrungen von Wintergetreide, wobei nur die Vermehrungen von Zertifiziertem Saatgut aus Erstproben berücksichtigt worden sind. Zunächst wird die technische Ausstattung zwischen Selbst- und Fremdaufbereitern verglichen. Die Aufbereitung von Hybridroggen mittels Fotozellenausleser wurde in dieser Auswertung nicht berücksichtigt.

Wie Tabelle 1 zeigt, sind die Fremdaufbereiter technisch wesentlich besser ausgestattet als die Selbstaufbereiter. Insbesondere sehr teure Spezialauf-bereitungsgeräte, wie z. B. verstellbare bzw. mit auswechselbarem Mantel ausgestattete Trieure, Tischausleser und Palettierer sind beim Selbstauf-bereiter kaum vorhanden.

Die Probenahme sowie die Bestimmung der Technischen Reinheit, des Be-satzes mit anderen Arten (Fremdbesatz) und der Keimfähigkeit wurden nach den derzeit gültigen ISTA-Vorschriften (International Rules for Seed Testing, 2008) durchgeführt (ISTA = International Seed Testing Association).

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Tab. 1: Technische Geräteausstattung der Aufbereitungsbetriebe Technische Geräteausstattung Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Trocknung ja ja Entgranner teilweise vorhanden ja Windsichtung ja ja Windsichtung an verschiedenen Stellen teilweise vorhanden ja

Trieur fast überall vorhanden ja Trieur mit variablem"Mantel"bzw. austauschbarem "Mantel" selten ja

Tischausleser nein ja Automatische Probenahme (nach ISTA) teilweise vorhanden ja

Beizapparat ja ja Palettierer selten ja 3. Ergebnisse und Diskussion

Im folgenden werden die Saatgutqualitäten nach Selbst- bzw. Fremdauf-bereitung von Wintergerste, Winterroggen, Wintertriticale und Winterweizen dargestellt und diskutiert (Tabellen 2-5). Tab. 2: Saatgutqualität bei Wintergerste Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,6 99,6 Normunterschreitung (%) 3 0 Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 5 8

Keimfähigkeit (%) 93 93 Normunterschreitung (%) 15 15

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Tab. 3: Saatgutqualität bei Winterroggen Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,9 99,8 Normunterschreitung (%) 0 0 Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 21 15

Keimfähigkeit (%) 90 89 Normunterschreitung (%) 4 8 Tab. 4: Saatgutqualität bei Wintertriticale Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,6 99,3 Normunterschreitung (%) 5 6 Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 9 12

Keimfähigkeit (%) 88 91 Normunterschreitung (%) 10 16 Tab. 5: Saatgutqualität bei Winterweizen Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,8 99,8 Normunterschreitung (%) < 1 0 Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 2 1

Keimfähigkeit (%) 95 95 Normunterschreitung (%) 3 10

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Beim Merkmal Technische Reinheit bestehen zwischen den Selbst- und Fremdaufbereitern bei allen Fruchtarten keine Unterschiede in den Ergeb-nissen. Sämtliche Werte liegen im Bereich zwischen 99,3 und 99,9 % und damit deutlich über dem gesetzlich festgelegten Mindestwert von 98 %. Dem zufolge ist der Anteil Proben der die vorgeschriebene Norm unterschritten hat sehr gering (0-3 %). Lediglich bei der sehr bruchempfindlichen Fruchtart Wintertriticale wurden bei 5 bzw. 6 % der Vermehrungen erhöhter Bruch-kornanteil festgestellt. Es ist erstaunlich, dass die Fremdaufbereiter trotz sehr guter technischer Geräteausstattung kein besseres Aufbereitungsergebnis er-zielen als die Selbstaufbereiter.

Auch bei der Überschreitung des zulässigen Fremdbesatzes in einer Saatgutpartie bestehen nur geringe Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdaufbereitern. Auffällig ist die Fruchtart Winterroggen, bei der die meisten Proben mit 21 bzw. 15 % den zulässigen Höchstwert überschritten haben. Hier schneiden die Selbstaufbereiter schlechter ab. Erklären lässt sich dies damit, dass in den Auswertungen auch die ökologischen Vermehrungen berücksichtigt wurden. Öko-Roggenvermehrungen wurden fast ausschließ-lich von Selbstaufbereitern zur Anerkennung vorgestellt. In vielen Fällen lag der Fremdbesatz bei diesen Vermehrungen über der zulässigen Grenze. Insbesondere Unkrautwicken (Viersamige und Schmalblättrige Wicke) be-reiten vielerorts Probleme, da sie sich sehr schwer heraus reinigen lassen. Insgesamt lässt sich zum Fremdbesatz sagen, dass sich die Fremdaufbereiter trotz wesentlich besserer technischer Geräteausstattung nicht von den Selbstaufbereitern abheben können.

Beim Merkmal Keimfähigkeit bestehen bei den einzelnen Fruchtarten in der durchschnittlichen Keimfähigkeit keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Selbst- und Fremdaufbereitern. Unterschiede zeigen sich jedoch in der Unterschreitung der vorgeschriebenen Mindestkeimfähigkeit. Die Selbstauf-bereiter weisen weniger Unterschreitungen auf. Das Erntejahr 2007 war ein Auswuchsjahr, ein Jahr bei dem die Fremdaufbereiter auf Grund der besseren technischen Geräteausstattung eigentlich klar im Vorteil gewesen sein müssten. Anhand der Ergebnisse wurde dies nicht bestätigt. Vermutlich sind die Selbstaufbereiter beim Erntezeitpunkt nicht so risikofreudig und ernten frühzeitiger und nehmen damit Trocknungskosten in Kauf. Sie sind sich bewusst, dass sie bei Auswuchs auf Grund der vorhandenen Geräteaus-stattung die vorgeschriebene Mindestkeimfähigkeit nicht mehr erreichen.

Nach dem Anerkennungsverfahren wird das Saatgut in Silos zwischen-gelagert und später gebeizt und abgesackt. In den folgenden Tabellen 6 - 9 wird die Saatgutqualität zwischen Selbst- und Fremdaufbereitern am ab-gepackten Saatgut verglichen, d. h. die Saatqualität wie sie letztlich der Landwirt erhält.

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Tab. 6: Saatgutqualität nach Beizung und Abpackung bei Wintergerste Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,5 99,6 Normunterschreitung (%) 1 0 Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 6 4

Keimfähigkeit (%) 95 96 Normunterschreitung (%) 6 0

Beizgrad < 80 % 0 0 Tab. 7: Saatgutqualität nach Beizung und Abpackung bei Winterroggen Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,9 zu wenig Normunterschreitung (%) 0 Werte, deshalb keine Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 0 Aussage

möglich Keimfähigkeit (%) 88 Normunterschreitung (%) 13

Beizgrad < 80 % 6 Die Anforderungen an die Technische Reinheit werden von Selbst- und Fremdaufbereitern bei fast allen Proben und Fruchtarten erfüllt. Die ge-forderte Mindestreinheit bei Zertifiziertem Saatgut beträgt 98 %. Mit durch-schnittlich über 99 % Technischer Reinheit haben fast alle Proben die Mindestanforderung weit übertroffen.

Anders ist die Situation beim Merkmal Fremdbesatz. Bei der Fruchtart Wintergerste und Wintertriticale haben bei den Selbstaufbereitern 6 bzw. 16 % der Proben den zulässigen Fremdbesatz überschritten. Das ist deutlich

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mehr als bei den Fremdaufbereitern. Beim Weizen ist es umgekehrt. Hier liegen auf der Seite der Fremdaufbereiter mehr Überschreitungen vor.

Beim Merkmal Keimfähigkeit verhält es sich unterschiedlich. Bei den Fruchtarten Wintergerste und Wintertriticale liegen seitens der Selbstauf-bereiter mehr Unterschreitungen vor. Beim Winterweizen stellen sich die Ergebnisse umgekehrt dar. Tab. 8 Saatgutqualität nach Beizung und Abpackung bei Wintertriticale Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,4 99,1 Normunterschreitung (%) 0 0 Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 16 0

Keimfähigkeit (%) 89 88 Normunterschreitung (%) 10 0 Beizgrad < 80 % 0 5 Tab. 9: Saatgutqualität nach Beizung und Abpackung bei Winterweizen Merkmal Selbstaufbereiter Fremdaufbereiter Technische Reinheit (%) 99,8 99,7 Normunterschreitung (%) 0 1 Fremdbesatz Normüberschreitung (%) 3 7

Keimfähigkeit (%) 96 95 Normunterschreitung (%) 4 6

Beizgrad < 80 % 1 0 Beim Merkmal Beizgrad wurden überraschend wenig Unterschreitungen sowohl bei den Selbst- wie auch bei den Fremdaufbereitern festgestellt. Da die Untersuchungen beim Beizgrad größeren Schwankungen unterliegen,

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wurden nur die Proben aufgeführt, die einen Beizgrad von unter 80 % auf-wiesen. 4. Zusammenfassung

In der technischen Geräteausstattung sind die Fremdaufbereiter den Selbst-aufbereitern deutlich überlegen.

Beim Vergleich der Aufbereitungsergebnisse im Anerkennungsverfahren be-stehen bei der Technischen Reinheit und beim Fremdbesatz keine Unter-schiede zwischen Selbst- und Fremdaufbereitern. Die vorgeschriebene Mindestkeimfähigkeit wird von den Fremdaufbereitern öfter unterschritten als von den Selbstaufbereitern.

Beim Vergleich der Saatgutqualität in abgepackten Behältnissen (50 kg Sack, Big Bag) wurden bei den Fremdaufbereitern insgesamt weniger Über-schreitungen beim Fremdbesatz und Unterschreitungen bei der Keimfähig-keit festgestellt.

Über alle Merkmale betrachtet lieferten die Fremdaufbereiter die bessere Saatgutqualität. Die großen Aufbereitungsanlagen sind mittlerweile technisch so ausgereift, dass selbst bei den zwangsläufig langen Transport-wegen des Saatgutes keine Verunreinigungen mit zuvor transportierter Ware entstehen. Die Bewegung des Saatgutes mit Transportbändern verursacht weniger Keimschäden als durch herkömmliche Elevatoren und Schnecken. 5. Literatur

International Seed Testing Association, 2008: International Rules for Seed Testing. PO Box 308, CH-8303 Bassersdorf, Switzerland, ISBN-10 3-906549-38-0.

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Osmopriming bei Saatgut der Wiesenrispe (Poa pratensis L.) C. Sandritter1, M. Kruse1 1Universität Hohenheim, Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik, Stuttgart-Hohenheim 1. Einleitung

Die Wiesenrispe wird sowohl in Rasen- als auch in Futtermischungen ge-nutzt. Angebaut wird sie auf stark belasteten Flächen wie Spiel- und Sport-plätzen. Bedeutung als Futtergras erlangt sie durch ihre hohe Futterwertzahl. Die Wiesenrispe ist unter den Gräsern diejenige Art, die am langsamsten keimt und zusätzlich noch eine sehr langsame Anfangsentwicklung zeigt (Bundessortenamt, 2005). Die Auswertung von Keimversuchen kann bei Wiesenlieschgras beispielsweise schon nach 10 Tagen erfolgen, bei Wiesenrispe aber erst nach 28 Tagen (ISTA-Vorschriften, 2006). Diese unter-schiedlichen Keimverhalten führen in Mischungen zu Problemen.

Heute ist in weiten Bereichen der gewerblichen Gemüse-, Zier- und Ge-würzpflanzenproduktion die Vorbehandlung des Saatguts zur Verbesserung des Feldaufgangs unentbehrlich (Black und Bewley, 2000). 1.1 Osmopriming

Osmopriming ist ein Verfahren der physiologischen Vorbehandlung. Dieses Verfahren beruht auf einer Einquellung der Samen in osmotischen Lösungen (z. B. Polyethylenglycol, anorganische Salze) und einer Rücktrocknung, be-vor eine sichtbare Keimung der Samen beginnt. Diese osmotischen Lösungen haben ein Wasserpotential, das niedrig genug ist, um eine Keimung zu verhindern. Durch das Einquellen beginnen erste Stoffwechsel-prozesse der Keimung, die u. a. der Reparatur von Schäden an DNA und Membransystem dienen. Diese Prozesse laufen dann während des Quellens nach der Aussaat beschleunigt ab, wodurch die vorbehandelten Samen einen Vorsprung vor nicht vorbehandelten Samen erhalten. 2. Material und Methoden

Für die Versuche wurden 13 Partien der Wiesenrispe verwendet Darunter waren 5 Sorten mit 1 Partie, 2 Sorten mit 3 Partien und 1 Sorte mit 2 Partien. Keimbeginn, T50, T75 und maximale Keimfähigkeit wurden als Parameter erfasst, um eine Beschleunigung der Keimung feststellen zu können. T50 ist die Zeit, zu der 50 % der maximalen Keimfähigkeit erreicht ist, analog dazu T75. Behandelt wurden 2×100 Samen.

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Mit den Partien 8 und 10 wurden Vorversuche mit Wasserpotentialen (ein-gestellt mit Polyethylenglycol PEG 6000) von -2,1; -1,9; -1,7; -1,5; -1,3; -1,1; -0,9; -0,7 und -0,5 MPa durchgeführt, während denen die Samen so lange in der Lösung blieben, bis die sichtbare Keimung einsetzte. In den nächsten Versuchen wurde diese Zeitspanne, die zwischen 3 und 30 Tagen lag, um 2-3 Tage verkürzt. Eine 28 Tage dauernde Quellung bei -1,5 MPa stellte sich in diesen Vorversuchen als optimal heraus. Auch die Be-handlungen -1,5 MPa bei 21 Tagen Dauer, -1,3 MPa bei 14 Tagen und -0,7 MPa bei 4 Tagen zeigten sich als positiv. Diese Behandlungen wurden dann an den anderen Partien durchgeführt.

Während den Behandlungen wurde den Samen in der Lösung Luft als Press-luft zugeführt. Als Varianten wurde den Behandlungen GA3 zugesetzt, außerdem wurden die Samen in einem anderen Versuch in einem Säckchen in der Lösung fixiert.

Nach der Behandlung wurden die Samen abgewaschen und danach bei Um-luft bei 30°C getrocknet Im Anschluss daran wurden sie für 14 Tage bei 6°C gelagert. Danach wurde ein ISTA-Keimversuch bei 10/30°C angelegt, der täglich ausgezählt wurde, um ausreichend Datenpunkte für eine Keimkurve zu bekommen. 3. Ergebnisse Es gibt Behandlungen, die bewirken eine Beschleunigung (sowohl Keim-beginn als auch T50 und T75 erfolgen früher) und auch die Keimfähigkeit bleibt erhalten (rote Kurve, Abb. 1). Es gibt aber auch den Fall, dass sowohl Keimbeginn als auch T50 und T75 früher lagen, aber die Keimfähigkeit herabgesetzt ist (grüne Kurve, Abb.1). Bei anderen Behandlungen bleibt die Keimfähigkeit erhalten, aber T50 und T75 werden später erreicht.

Wenn die Ergebnisse gemittelt über alle Partien (Abb. 2) betrachtet werden, dann ist eher eine Verlangsamung der Keimung zu sehen. Wenn allerdings die Ergebnisse (Abb. 3 bis Abb. 7) der einzelnen Partien angeschaut werden, dann kann gesehen werden, dass bei einzelnen Behandlungen bei den einzel-nen Partien durchaus Erfolge erzielt worden sind. Aber nicht jede Be-handlung führt bei jeder Partie zu einer Beschleunigung, wodurch die negativen Ergebnisse bei den Mittelwerten aller Partien entstehen.

Wenn jedoch die einzelnen Ergebnisse angeschaut werden, können je nach Partie und Behandlung 4 Tage Vorverlegung des Keimbeginns, 3 Tage bei T50 und 6 Tage bei T75 erreicht werden.

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Abb. 1: Beispielhafte Keimkurven verschieden vorbehandelter Samen

-12

-9

-6

-3

0

3

6

9

Kei

mb

esch

leun

igu

ng in

Tag

en

Kontrolle -0,7 MPa4d

-1,3MPa14d

-1,5 MPa21d

-1,5 MPa28d

-1,3 MPa14d in

Säckchen

Limousine

KBT50T75

54% 81%* 78%* 64% 51% 68%*

KFmax:

* *****

Abb. 3: Keimbeschleunigung der Sorte Limousine bei den verschiedenen

Behandlungen. Sternchen bedeuten signifikanten Unterschied zur Kontrolle

Cocktail 2

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0 5 10 15 20 25 30Ze it in Tagen

Ke im fähigke it in %

Kontrolle

-1,3 MPa 14d

-1,5 MPa 21d

-0,7 MPa 4d

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 633 -

-12

-9

-6

-3

0

3

6

9

Kontrolle -0,7 MPa 4d -1,3 MPa14d

-1,5 MPa21d

-1,5 MPa28d

-1,5 MPa28d in

Säckchen

Lincolnshire 1

KBT50T75

97% 79%* 92% 93% 92% 82%*

KFmax:

**

* * **

* * * *

Abb. 4: Keimbeschleunigung der Sorte Lincolnshire 1 bei den verschie-

denen Behandlungen. Sternchen bedeuten signifikanten Unter-schied zur Kontrolle

-12

-9

-6

-3

0

3

6

9

Kontrolle -0,7 MPa 4d -1,3 MPa14d

-1,5 MPa21d

-1,5 MPa28d

-1,5MPa28d in

Säckchen

Lincolnshire 2

KBT50T75

KFmax:96% 92% 91% 94% 44%* 87%*

** * * ** * * ** * *

Abb. 5: Keimbeschleunigung der Sorte Lincolnshire 2 bei den verschie-

denen Behandlungen. Sternchen bedeuten signifikanten Unter-schied zur Kontrolle

Saatgut Kongressband 2008

- 634 -

-12

-9

-6

-3

0

3

6

9

Keim

besc

hleu

nigu

ng in

Tag

en

Kontrolle -0,7 MPa4d

-1,3MPa14d

-1,5 MPa21d

-1,5 MPa28d

-1,5 MPa28d GA3 inSäckchen

Cocktail 1

KBT50T75

93% 86%* 92% 91% 93% 62%*

KFmax:

** * *

*

* *

*

*

Abb. 6: Keimbeschleunigung der Sorte Cocktail 1 bei den verschiedenen

Behandlungen. Sternchen bedeuten signifikanten Unterschied zur Kontrolle

-12

-9

-6

-3

0

3

6

9

Kei

mbe

schl

euni

gung

in T

agen

Kontrolle -0,7 MPa4d

-1,3MPa14d

-1,5 MPa21d

-1,5 MPa28d

-1,5 MPa21d GA3 inSäckchen

Cocktail 2

KBT50T75

89 90% 85% 76%* 94% 48%*

KFmax:

* **

***

* ** *

Abb. 7: Keimbeschleunigung der Sorte Cocktail 2 bei den verschiedenen

Behandlungen. Sternchen bedeuten signifikanten Unterschied zur Kontrolle

Die Keimfähigkeiten können sowohl bei Behandlungen, die positiv wirken, als auch bei solchen die negativ wirken, gleich bleiben, aber auch schlechter

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 635 -

werden. So ist in Abbildung 3 zu sehen, dass keine der Behandlungen eine Be-schleunigung erreicht, es werden aber bei drei Behandlungen eine höhere Keim-fähigkeit erreicht. In den Abbildungen 4 und 5 ist die gleiche Sorte mit zwei ver-schiedenen Partien zu sehen. Auffallend ist, dass bei der Behandlung -1,5 MPa bei 28 Tagen Dauer bei der ersten Partie die Keimfähigkeit gleich bleibend ist, wohingegen die Keimfähigkeit der zweiten Partie mehr als halbiert wird. Bei der Sorte Cocktail (Abb. 6 und 7) können Beschleunigungen der Keimung um bis zu 6 Tage erreicht werden. Allerdings ist dies auch partieabhängig. So kann bei der ersten Partie bei der Behandlung -1,5 MPa 28 Tage eine Beschleunigung von 3 bis 6 Tage bei Keimbeginn, T50 und T75 erreicht werden. Bei der zweiten Partie sind dies maximal 2 Tage. Bei der Behandlung -1,3 MPa 14 Tage wird bei der ersten Partie eine nicht signifikante Verlangsamung erreicht, und bei der zweiten Partie ist eine Beschleunigung von 3 Tagen bei allen 3 Parametern Keimbeginn, T50 und T75 möglich. Bei der ersten Partie ist die Zugabe von GA3 etwas besser als die gleiche Behandlung ohne GA3, außer dass die Keimfähig-keit sinkt. Und bei der zweiten Partie ist die Zugabe von GA3 schlechter als die gleiche Behandlung ohne GA3, aber auch hier sinkt die Keimfähigkeit. Bei hier nicht dargestellten Partien hatte die GA3 auch einen negativen Effekt für die Keimbeschleunigung. Das Fixieren mit Säckchen hatte genau wie die Zugabe von GA3 sowohl positive wie auch negative Effekte. 4. Zusammenfassung

Wenn die Ergebnisse gemittelt betrachtet werden, kann keine Wirkung der Behandlungen beobachtet werden. Wenn allerdings die Ergebnisse der einzelnen Partien genommen werden, können Beschleunigungen bis zu 6 Tagen bei T50 erreicht werden. Es können allerdings auch negative Ergeb-nisse erzielt werden. Es sind also sorten- und auch partieabhängige Ergeb-nisse.

Die Zugabe von GA3 kann sowohl positiv wie auch negativ wirken; genau wie die Fixierung in Säckchen. Es ist noch keine allgemein gültige Be-handlung dabei. Es konnte aber schon für 12 von 13 Partien jeweils eine positiv wirkende Behandlung gefunden werden. 5. Literatur

Black, M., Bewley, J. D., 2000: Seed technology and its biological basis. Sheffield Academic Press Ltd. 1. Auflage

Bundessortenamt, Beschreibende Sortenliste Futtergräser, Esparsette, Klee, Luzerne, 2005: Deutscher Landwirtschaftsverlag, Hannover

Bundessortenamt, Beschreibende Sortenliste Rasengräser, 2004: Deutscher Landwirtschaftsverlag, Hannover

Saatgut Kongressband 2008

- 636 -

Ist die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit für die Saatgutanerkennung bei ausgewählten Grasarten geeignet? G. Müller1 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena 1. Einleitung

Die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit und die Bestimmung der Keimfähigkeit sind zwei unterschiedliche Methoden zur Beurteilung von Wert-eigenschaften des Saatgutes. Steiner et al. (1996) verweisen ausdrücklich darauf, dass es sich bei der „Keimfähigkeit und der Lebensfähigkeit um zwei Merkmale sui generi handelt, die nur in besonderen Fällen eines gesunden, nicht dormanten und unter tatsächlich optimalen Bedingungen gekeimten Saatgutes keine unter-schiedlichen Werte zeigen“.

Die ISTA Vorschriften definieren es als Gegenstand der Keimfähigkeits-bestimmung, die maximal mögliche Keimfähigkeit einer Saatgutpartie unter standardisierten Bedingungen festzustellen. Ziel der biochemischen Untersuchung auf Lebensfähigkeit ist es, die „Lebensfähigkeit von Saatgutproben im All-gemeinen und insbesondere von solchen, die Keimruhe zeigen, rasch zu be-stimmen“ (Anonymus, 2008).

In den nachstehenden Ausführungen sollen beide Methoden in ihren Ergebnissen verglichen werden. 2. Material und Methoden

Über mehrere Jahre prüften wir im Auftrag der Saatgutwirtschaft bei Wiesen-schwingel, Bastardweidelgras, Einjährigem Weidelgras und Welschem Weidelgras aus der amtlichen Anerkennung sowohl die Keimfähigkeit als auch die Lebens-fähigkeit. Zur Erfüllung ihrer Verträge benötigte die Saatgutwirtschaft kurzfristig Informationen über die relevanten Werteigenschaften des Saatgutes auf ISTA Internationalen Berichten. Amtlich anerkannt und gekennzeichnet wurden die Partien jedoch erst, nachdem die Ergebnisse der Keimfähigkeitsbestimmung vor-lagen.

Für die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit weichten wir die Spelzfrüchte 3 Stunden lang in Wasser ein und durchtrennten im gequollenen Zu-stand den Embryo vollständig und das Endosperm zu ¾. Die so für die Färbung vorbereiteten Spelzfrüchte legten wir für 18 Stunden in 1 %ige TTC-Lösung bei 30 °C (Anonymus, 2008). Für die Beurteilung der Spelzfrüchte sind die Färbung von Embryo und Scutellum entscheidend, wobei maximal 1/3 der Wurzel von der

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 637 -

Spitze beginnend und 1/3 des Scutellums ungefärbt bleiben dürfen, wenn das Ge-webe als lebensfähig gelten soll. Die Keimfähigkeit bestimmten wir nach Brechung der Keimruhe durch Befeuchtung des Keimsubstrates mit 0,2 %iger Kaliumnitratlösung und 5tägiger Vorkühlung bei 6 °C. Danach wurden die Spelzfrüchte auf Filterpapier ausgelegt und im Kühlbrutschrank 14 Tage lang bei 20 und 30 °C Wechseltemperaturführung gekeimt (Anonymus, 2008). Insgesamt standen 4 Partien Wiesenschwingel, 11 Partien Bastardweidelgras, 47 Partien Ein-jähriges Weidelgras und 222 Partien Welsches Weidelgras zur Verfügung. 3. Ergebnisse und Diskussion

In allen Untersuchungsjahren war das Grassaatgut qualitativ hochwertig und er-reichte bis auf zwei Ausnahmen die Anforderungen an die Keimfähigkeit nach Saatgutverordnung, die für Wiesenschwingel 80 % und für Bastardweidelgras, Einjähriges Weidelgras sowie Welsches Weidelgras 75 % beträgt (Rutz, 2006). Tabelle 1 vergleicht die Mittelwerte der Keimfähigkeit mit der Lebensfähigkeit und gibt die Spielräume der Einzelwerte an. Bei allen vier Grasarten lag die Lebensfähigkeit deutlich über der Keimfähigkeit. Die Mittelwerte der Differenzen reichen von 1,0 % bis 2,5 %. Bei Wiesenschwingel ist der Probenumfang für eine Verallgemeinerung allerdings zu gering. Durch einen Vergleich mit den anderen geprüften Grasarten kann die Entwicklung jedoch abgeleitet werden.

Die Spannweite der Einzelwertdifferenzen reichen von -5 % bis +11 %. Negative Werte besagen, dass die Keimfähigkeit über der Lebensfähigkeit gelegen hat. Sind sie positiv, so ist das Gegenteil der Fall. Die Einzelwerte streuen stärker in den negativen Bereich hinein, womit sich andeutet, dass generell mehr lebensfähige als keimfähige Spelzfrüchte zu finden waren. Diese Aussage bestätigt auch die Abbildung 3 mit dem Histogramm der Spannweiten für Welsches Weidelgras. Tab.1: Mittelwerte für die Keimfähigkeit und die Lebensfähigkeit sowie

Differenzen zwischen beiden

Art n Mittel (%) Differenzen (%)

Keim-fähigkeit

Lebens-fähigkeit Mittel Min Max

Wiesen- schwingel 4 93,0 95,5 2,5 -5 -1

Bastard-weidelgras 11 91,9 93,3 1,4 -5 +8

Einjähriges Weidelgras 47 93,6 95,0 1,4 -4 +8

Welsches Weidelgras 222 94,5 95,4 1,0 -3 +11

Saatgut Kongressband 2008

- 638 -

Da sich die Ergebnisse zwischen den vier Fruchtarten gleichen, von Welschem Weidelgras jedoch die meisten Werte vorliegen, soll nachstehend nur noch diese Fruchtart diskutiert werden. Die Schlüsse gelten jedoch für alle vier geprüften Gräser gleichermaßen.

55

60

65

70

75

80

85

90

95

100

1 12 23 34 45 56 67 78 89 100 111 122 133 144 155 166 177 188 199 210 221

Probenanzahl

Kei

mfä

higk

eit /

Leb

ensf

ähig

keit

(%)

Lebensfähigkeit (%) Keimfähigkeit (%)

Abb 1: Einzelwerte der Keimfähigkeit und der Lebensfähigkeit bei Welschem Weidelgras (geordnet nach steigender Keimfähigkeit)

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

59 85 90 91 93 93 94 94 95 95 95 96 96 96 96 97 97 97 97 97 98 98 98

Keimfähigkeit (%)

Diff

eren

zen

zwis

chen

Kei

mfä

higk

eit u

nd

Lebe

nsfä

higk

eit (

%)

Abb.2: Differenzgröße in Abhängigkeit von der Keimfähigkeit bei

Welschem Weidelgras

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 639 -

Sowohl die Keimfähigkeit als auch die Lebensfähigkeit von Welschem Weidelgras zeigt Abbildung 1, wobei die erste Probe mit 59 % keimfähigen Spelzfrüchten nicht mehr den Anforderungen an die Beschaffenheit nach Saatgutverordnung genügt. Die biochemische Untersuchung auf Lebens-fähigkeit zeigte bei dieser Probe 67 % lebensfähige Spelzfrüchte an, ein Er-gebnis, das ebenfalls nicht zur Anerkennung als Zertifiziertes Saatgut aus-gereicht hätte. Die Werte in Abbildung 1 sind nach steigender Keimfähigkeit geordnet Es ist auffällig, dass bei Proben mit beeinträchtigter Keimfähigkeit fast immer höhere Werte für die Lebensfähigkeit ermittelt worden sind. In einem Bereich von 59 % bis zu 95 % lag die Lebensfähigkeit fast bei allen Proben deutlich über der Keimfähigkeit. Dies wird in Abbildung 2 noch an-schaulicher, in welcher nur die Differenzen zwischen Keimfähigkeit und Lebensfähigkeit verglichen werden.

Von den 222 geprüften Proben keimten 70 Stück unter 95 %. Lediglich in 4 von 70 Fällen lag die Keimfähigkeit über der Lebensfähigkeit. In allen anderen Fällen zeigte die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit höhere Werte an. Es ist zu vermuten, dass viele bei der Bestimmung der Keimfähigkeit als anomal geltende Keimlinge bei der biochemischen Unter-suchung auf Lebensfähigkeit nicht erkannt worden sind.

Ab 95 % Keimfähigkeit ordnen sich die Differenzen zwischen der Keim-fähigkeit und der Lebensfähigkeit sowohl unterhalb als auch oberhalb der Abszisse gleichermaßen an.

0

5

10

15

20

25

-3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Differenz (%)

Häu

figke

it (%

)

Abb.3: Spannweite und Häufigkeit der Differenzen zwischen Keimfähig-keit und Lebensfähigkeit bei Welschem Weidelgras

Saatgut Kongressband 2008

- 640 -

Dass in den Untersuchungen generell mehr lebensfähige als keimfähige Spelzfrüchte ausgewiesen worden sind zeigt die Betrachtung des Histo-gramms in Abbildung 3. Keine Abweichungen zwischen beiden Methoden traten bei 20 % der Proben auf; jedoch bei 21 % lag die Lebensfähigkeit um 1 % über der Keimfähigkeit der Spelzfrüchte. Auch ist die Verteilung der Differenzen nach beiden Seiten hin nicht gleichmäßig angelegt sondern zeigt extremere Werte (Abweicher) in den positiven Bereich hinein, d.h. die Lebensfähigkeit lag in einigen wenigen Fällen beträchtlich über der Keim-fähigkeit.

Wir prüften sowohl bei Einjährigem als auch bei Welschem Weidelgras die Differenzen auf Normalverteilung mittels des Kolomgorov-Smirnov-Testes und fanden hoch signifikante Unterschiede zwischen der Normalverteilung und den von uns gefundenen Verteilungen. 4. Schlussfolgerung und Zusammenfassung

Die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit führt schnell zu ver-wertbaren Ergebnissen und wird daher von den Auftraggebern gelegentlich für Pflanzenarten gewünscht, für welche die Bestimmung der Keimfähigkeit besser geeignet ist. Der Arbeitsaufwand im Saatgutlabor ist für beide Methoden etwa gleich hoch anzusetzen, allerdings stellt die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit höhere Anforderungen an die Quali-fikation des Laborpersonals. Der Vergleich beider Methoden zeigt, dass im Mittel etwas mehr lebensfähige als keimfähige Spelzfrüchte bei Wiesen-schwingel, Bastardweidelgras, Einjährigem Weidelgras und Welschem Weidelgras ausgewiesen werden. Die Differenzen zwischen den Einzel-werten der Bestimmung der Keimfähigkeit und der biochemischen Unter-suchung auf Lebensfähigkeit sind nicht normalverteilt sondern unterliegen subjektiven Einflüssen. Das Saatgut wird durch die biochemische Unter-suchung auf Lebensfähigkeit vor allem dann höher bewertet, wenn die Keimfähigkeit beeinträchtigt ist. Die Hauptursache dieser teilweisen Dis-krepanz zwischen beiden Methoden wird wahrscheinlich in der unterschied-lichen Beurteilung der anomalen Keimlinge liegen. Keimlingsanomalien sind nur für die Bestimmung der Keimfähigkeit klar definiert. Bei der bio-chemischen Untersuchung auf Lebensfähigkeit wird nur zwischen lebens-fähigen oder nicht lebensfähigen Embryonen unterschieden.

Auch Steiner (2002) fand bei tropischen Futtergrasarten mit tiefer Dormanz höhere Werte bei der Lebensfähigkeitsbestimmung. Er vermutet als Ursache Keimruhe und empfiehlt, bei der Beschaffenheitsprüfung zur Bestimmung des tatsächlichen Wertes einer Saatgutpartie zusätzlich zu einer Keimfähig-keitsbestimmung stets auch eine Lebensfähigkeitsbestimmung durchzu-führen.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 641 -

Keimruhe dürfte in den vorliegenden Fällen keine Rolle gespielt haben, da die Proben generell mit 0,2 %iger Kaliumnitratlösung behandelt und 5 Tage lang vorgekühlt worden sind. Auch Pflanzenschutzmittel scheiden als Ursache aus, da die Keimlinge völlig normal ohne die typischen Ver-änderungen des Sprosses und der Wurzel wuchsen. Steiner und Fuchs (1987) berichten von Herbiziden oder Pestiziden, die zwar die Keimfähigkeit jedoch nicht die Lebensfähigkeit bei Schafschwingel beeinflusst haben.

Die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit gibt schnell erste Hin-weise auf die Qualität des Saatgutes und kann bei tiefer Keimruhe auch die aussagefähigere Methode sein. Im Rahmen der amtlichen Anerkennung be-steht jedoch die Gefahr, dass bei den vier Grasarten eine nicht sachgerechte Entscheidung über den Wert einer Saatgutpartie getroffen wird. In den vor-liegenden Fällen hätte die biochemische Untersuchung auf Lebensfähigkeit jedoch zu keinen anderen Entscheidungen geführt. 5. Literatur

Anonymus: Internationale Vorschriften für die Prüfung von Saatgut 2008, International Seed Testing Association, Zürich, Schweiz

Steiner A. M., Kruse M., Fuchs H., 1996: Die Aussagekraft der Keimfähig-keitsbestimmung und der Tetrazolium-Lebensfähigkeitsbestimmung im Vergleich. VDLUFA-Schriftenreihe 44, Kongressband 1996 Trier, 127-130

Steiner A. M., Fuchs H., 1987: Keimfähigkeitsbestimmung und Tetrazolim-untersuchung bei mit Herbiziden und Pestiziden behandeltem Saatgut. Seed Science and Technology 15, 707-716

Steiner, A. M., Werth H., 2003: Die Keimfähigkeitsbestimmung und die Lebensfähigkeitsbestimmung im Vergleich bei Saatgut tropischer Futter-grasarten mit tiefer Dormanz. VDLUFA-Schriftenreihe 58, Kongressband 2003 Leipzig, 742

Rutz H. W. 2006: Sorten und Saatgutrecht, 11. Auflage

Saatgut Kongressband 2008

- 642 -

Erarbeitung von Schwellenwerten zur wirksamen Bekämpfung von Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) und Steinbrand (Tilletia caries) sowie deren praktische Umsetzung im Öko-Landbau M. Dressler1, B. Voit1, P. Büttner2, B. Killermann1

1Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Freising, 2Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz, Freising 1. Einleitung und Zielsetzung

Stark von Brandkrankheiten befallenes Erntegut kann weder als Saat- noch als Konsumware verwertet werden. Die Saatgutbehandlung im Öko-Landbau spielt bis jetzt eine untergeordnete Rolle, weil die Anwendung der Mittel nicht einfach und die Wirkung nicht immer sicher ist. Deshalb wird in den meisten Fällen das Saatgut ohne jegliche Behandlung ausgebracht. Bei Betrieben mit einem hohen Anteil von Nachbausaatgut kommt es im Erntegut daher häufiger zu einem Befall mit T. caries (Pölitz et al., 2006). Umso wichtiger sind deshalb zuverlässige Schwellenwerte für die Brandkrankheiten bei Saatgut. Bei T. caries liegt der Wert in Bayern derzeit bei 20 Sporen pro Korn. Ist der Befall höher als 20 Sporen pro Korn geben die Öko-Verbände diese Ware als Saatgut nicht zum Anbau frei.

Für T. controversa existiert noch kein Schwellenwert, da dieses Problem im Ernte-jahr 2006 erstmals in nennenswertem Umfang auftrat. Hinzukommt, dass lange Zeit die Meinung vorherrschte, T. controversa kommt nur in Höhenlagen von über 1.000 m NN vor. Neuere Untersuchungen zeigen, dass ein Befall bereits ab 400 m NN auftreten kann (Huss, 2006).

Im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojektes wird untersucht, inwieweit der Brandsporenbefall am Saatgut als alleiniger Grenzwert für die zu erwartende Ernte ausreicht oder ob das Infektionspotential im Boden eine größere Rolle spielt als bisher angenommen. Erste Hinweise dafür lieferte ein Praxisversuch, bei dem befallsfreies Saatgut auf einer mit Brandsporen belasteten Fläche ausgesät wurde und das Erntegut einen Befall mit T. caries aufwies (Voit et al., 2007, Killermann, 2008). 2. Methoden

Da es sich um ein Forschungsvorhaben auf nationaler Ebene handelt wurden für den Versuch geeignete Flächen und Versuchsansteller über ganz Deutsch-land verteilt ausgewählt. Bodenbedingt spielt der Anbau von Öko-Weizen und Dinkel in den Bundesländern Brandenburg und Mecklenburg Vor-

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 643 -

pommern eine untergeordnete Rolle. Im ersten Versuchsjahr wurden an 5 Standorten in Bayern (BY), Baden-Württemberg (BW), Sachsen (SN), Nord-rhein Westfalen (NRW) sowie in Oberösterreich (OÖ) Versuche durch-geführt. Der Versuchsstandort in Oberösterreich wurde deshalb gewählt, da er als sehr sicher für das Auftreten von Zwergsteinbrand gilt.

Für ein zielorientiertes Ergebnis des Projektes wurden für den Anbau nur Flächen mit Brandsporenbelastung ausgewählt. Die mehrfaktoriellen Feld-versuche (Sorte, Infektionsstufe, Saatzeit) wurden als randomisierte Streifenanlagen in 10-13 m² Parzellen mit 4 Wiederholungen angelegt. Neben der Kontrolle wurde von jeder Sorte homogen infiziertes Saatgut (20 Sporen/Korn, 100 Sporen/Korn) ausgesät.

Da das Auftreten von Zwergsteinbrand sehr stark witterungsabhängig ist, wurde an den drei Standorten zusätzlich jeweils eine Variante mit künstlicher Bodeninfektion angelegt. Die Versuche für Zwergsteinbrand wurden an drei Standorten, unterschiedlicher Höhenlage, mit der anfälligen Weizensorte Capo und der als weniger anfällig geltenden Sorte Saturnus angebaut. Bei Dinkel kamen die anfällige Sorte Franckenkorn und der weniger anfällige Oberkulmer Rotkorn zum Anbau.

Die Steinbrandversuche wurden ebenso als randomisierte Streifenanlage an vier Standorten mit der anfälligen Sorte Capo und der weniger anfälligen Sorte Tommi mit einem frühen und späten Saatzeitpunkt angebaut.

Die Parzellen wurden während der Vegetation mehrmals auf den Befall mit Brandkrankheiten bonitiert. Der Brandsporenbesatz am Erntegut wird nach der Methode des ISTA Handbook on Seed Health Testing, Working Sheet No 53 bestimmt. Nach der Ernte wurde das Infektionspotential im Boden unter-sucht. Die Bestimmung des Infektionspotentials im Boden erfolgt in An-lehnung an ISTA Working Sheet No 53. 3. Ergebnisse und Diskussion

T. controversa infiziert während der Bestockungssphase des Getreides. Als infektionsfördernd gelten niedrige Temperaturen (0 bis 5 °C) sowie diffuse Lichtverhältnisse, wie sie unter Schnee vorzufinden sind.

Trotz fehlender Schneedecke in 2007/2008, reichten die Lichtverhältnisse (Nebel, bewölkter Himmel) während der Bestockung scheinbar aus, um an allen Standorten einen unterschiedlich hohen Befall zu verursachen. Der Sporenbesatz im Boden ist an den Standorten und in den Varianten in-homogen verteilt (Tabelle 1).

Saatgut Kongressband 2008

- 644 -

Tab. 1: Mit Zwergsteinbrand befallene Ähren/m² bei Winterweizen auf den Standorten Bayern (BY), Baden-Württemberg (BW) und Ober-österreich (OÖ) bei der Bodeninfektion und den unterschiedlichen Saatgutinfektionen

Sorte Behandlung

BY BW OÖ

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Capo Kontrolle 174 0,1 58 0 58 0

Saturnus Kontrolle 236 0,4 130 0 130 0,1

Capo Bodeninfektion 0,5 g Sporen/m² 287 1,5 72 0,1 72 4,8

Saturnus Bodeninfektion 0,5 g Sporen/m² 472 6,1 144 1,1 144 5,4

Capo 20 Sporen/Korn 165 0 72 0 58 0

Saturnus 20 Sporen/Korn 133 0,1 144 1,1 159 0,1

Capo 100 Sporen/Korn 207 0,1 159 0 130 0,6

Saturnus 100 Sporen/Korn 198 1,4 74 0,9 74 0,6 * Die Angaben erfolgen als durchschnittliche Anzahl Sporen in 10 g Boden Bei Winterweizen ist der höchste Ährenbefall bei der Variante Boden-infektion festzustellen. Mit zunehmender Sporeninfektion pro Korn nimmt die Zahl der befallenen Ähren zu, wobei Schwankungen zwischen den Standorten auftreten. In der Tendenz zeigt die Sorte Saturnus einen höheren Befall.

Der Dinkel wurde zusammen mit den Vesen ausgesät. Diese wirken als zu-sätzliche Barriere gegen eine mögliche Infektion, so dass die Anzahl be-fallener Ähren deutlich unter denen von Winterweizen lag (Tabelle 2). Ähnlich wie beim Winterweizen verhält sich die Infektion bei Dinkel, jedoch auf einem deutlich niedrigeren Niveau, d. h. bei der Variante Bodeninfektion wurde der höchste Befall festgestellt. Aufgrund des insgesamt geringen Infektionsniveaus sind die Schwankungen zwischen den Standorten, Infektionsstufen und Sorten gering.

Der Steinbrand infiziert das Saatgut während der Keimung. Das Temperatur-optimum für die Infektion liegt zwischen 7-10 °C. Weicht die Temperatur nach oben oder unten ab, sinkt die Infektionsrate deutlich. Während bei der Frühsaat (Anfang Oktober) die Weizensorte Capo auf allen Standorten bis zu 1,6 befallene Ähren/m² aufwies, unabhängig von der Infektionsstufe und

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 645 -

dem Infektionspotential im Boden, war der Befall bei der Spätsaat (Ende Oktober) nur auf dem Standort in Bayern festzustellen (Tabelle 3 und 4). Der Einfluss der Sorte kam deutlich zum Ausdruck. Die weniger anfällige Sorte Tommi zeigte über alle Standorte kaum einen nennenswerten Befall. Tab. 2: Mit Zwergsteinbrand befallene Ähren/m² bei Dinkel auf den

Standorten Bayern (BY), Baden-Württemberg (BW) und Ober-österreich (OÖ) bei der Bodeninfektion und den unterschiedlichen Saatgutinfektionen

Sorte Behandlung

BY BW OÖ

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Franckenkorn Kontrolle 192 0 15 0,2 0 0

Oberkulmer Rotkorn Kontrolle 234 0,1 0 0 72 0,2

Franckenkorn Bodeninfektion 0,5 g Sporen/m² 222 0,1 87 0 130 0

Oberkulmer Rotkorn

Bodeninfektion 0,5 g Sporen/m² 296 1 0 0,1 43 0,4

Franckenkorn 20 Sporen/Korn 174 0,2 43 0 0 0

Oberkulmer Rotkorn 20 Sporen/Korn 103 0,6 0 0,1 15 0,4

Franckenkorn 100 Sporen/Korn 82 0 72 0 0 0

Oberkulmer Rotkorn 100 Sporen/Korn 238 1,1 0 0,1 0 0,3

* Die Angaben erfolgen als durchschnittliche Anzahl Sporen in 10 g Boden Wie bereits erwähnt wurden die Versuche auf Standorten mit einer vor-handen Brandsporenbelastung im Boden durchgeführt. Es zeigt sich ganz deutlich, dass die Aussaat von befallsfreiem Saatgut in den Kontrollparzellen zu einem deutlichen Befall je nach Standort geführt hat. In diesen Fällen fand die Infektion vom Boden aus statt. Das heißt, wenn in der Praxis be-fallsfreies Z-Saatgut auf belastete Flächen ausgebracht wird, ist eine Infektion über den Boden möglich und ein Befall des Erntegutes sehr wahr-scheinlich.

Saatgut Kongressband 2008

- 646 -

Tab. 3: Mit Steinbrand befallene Ähren/m² bei Winterweizen auf den Standorten Bayern (BY), Baden-Württemberg (BW) und Sachsen (SN) bei den unterschiedlichen Saatgutinfektionen und Frühsaat

Sorte Behandlung

BY BW SN

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Capo Kontrolle 44 1,6 101 0,2 1901 0,8

Tommi Kontrolle 0 0 158 0 1152 0

Capo 20 Sporen/Korn 29 1,1 22 0 2146 0,6

Tommi 20 Sporen/Korn 115 0 187 0 720 0

Capo 100 Sporen/Korn 44 1,5 65 0,4 907 0,9

Tommi 100 Sporen/Korn 58 0 130 0 1469 0,1

* Die Angaben erfolgen als durchschnittliche Anzahl Sporen in 10 g Boden Tab. 4: Mit Steinbrand befallene Ähren/m² bei Winterweizen auf den

Standorten Bayern (BY), Baden-Württemberg (BW) und Nord-rhein Westfalen (NRW) bei den unterschiedlichen Saatgutinfektionen und Spätsaat

Sorte Behandlung

BY BW NRW

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Anzahl Sporen im

Boden*

befallene Ähren/m²

Capo Kontrolle 44 0,8 0 0 15 0

Tommi Kontrolle 58 0 202 0 43 0

Capo 20 Sporen/Korn 187 1,6 173 0 29 0

Tommi 20 Sporen/Korn 0 0 44 0 43 0

Capo 100 Sporen/Korn 72 0,4 115 0,4 15 0

Tommi 100 Sporen/Korn 29 0 115 0 0 0

* Die Angaben erfolgen als durchschnittliche Anzahl Sporen in 10 g Boden Danksagung

Mein Dank gilt allen Landwirten, Versuchsanstellern, Kooperations- und Diskussionspartnern sowie allen am Projekt beteiligten Mitarbeiterinnen und

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 647 -

Mitarbeitern der Arbeitsgruppe Saatgutuntersuchung und Saatgutforschung. Besonderer Dank geht an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Er-nährung (BLE) in Bonn für die finanzielle Förderung dieses Projektes. 5. Literatur

Huss, H., 2006: Zwergsteinbrand: ein ernstes Problem. Bio-Austria - Neues aus der Landesorganisation Niederösterreich, 12-13. http://www.raumberg-gumpenstein.at/cms/index.php? op-tion=com_content& task=view&id=166&ltemid=199, (Abruf 01.09.2008)

Killermann, B., Voit, B., Büttner, P., 2008: Brandkrankheiten bei Weizen – Erfahrungen und Ergebnisse aus der Saatgutuntersuchung und Stand der derzeitigen Diskussion. 41-44 Tagungsband der 58. Jahrestagung der Ver-einigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs, 20.-22. November 2007, Raumberg-Gumpenstein

Pölitz, B., Veckenstedt, B., 2006: Der Weizensteinbrand. Ein aktuelles Problem im ökologischen Landbau. Hrsg. Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, Dresden, 6 S

Voit, B., Killermann, B., 2007: Steinbrand (Tilletia caries) bei Weizen - Er-fahrungen und Ergebnisse aus der Saatgutuntersuchung. Kongressband 2006 Freiburg, VDLUFA Schriftenreihe 62, 563-567

Saatgut Kongressband 2008

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Sortenbestimmung bei Kartoffel mit der Isoelektrischen Fokussierung A. Jonitz1, D. Miranda2 1 Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe 2

Universidade Federal de Pelotas, Pelotas, Brazil

1. Einführung

Kartoffeln stehen nach Mais, Reis und Weizen in ihrer Bedeutung als Nahrungspflanze an vierter Stelle. Die Hauptproduktionsländer von Kartoffeln sind China, Russland und Indien, wobei im Jahre 2006 auf knapp 200.000km² Kartoffelanbau stattfand und rund 315 Mio. t. Kartoffeln ge-erntet wurden. Der pro Kopf Verzehr dieses Grundnahrungsmittels liegt in Europa bei 93 kg/Jahr. Während weltweit 7500 Kartoffelsorten bekannt sind, davon knapp 2000 Wildarten, befinden sich derzeit immerhin 210 Sorten im deutschen Sortenkatalog und entsprechend der vielfältigen Nutzung dieser stärkehaltigen Knollen sind die Anforderung an die spezielle Sorteneigen-schaften sehr unterschiedlich. So werden beispielsweise für die Herstellung von Püree mehlige Kartoffeln, für Salat vorwiegend fest kochende Sorten und im industriellen Bereich Sorten die besonders reich an Stärke sind, zur Produktion von Alkohol oder Polymeren bevorzugt.

Die Sortenbestimmung bei Kartoffel erfolgt zumeist an morphologischen Merkmalen oder mittels physiologischer Tests, die jedoch sehr zeitauf-wändige Kultur der Pflanzen erforderlich macht und die Ergebnisse erst nach einer weiteren Vegetationsperiode vorliegen. Biochemische Methoden haben dagegen den großen Vorteil ohne Pflanzenanzucht auszukommen und ein Ergebnis liegt innerhalb weniger Tage vor.

Die Ultrathinlayer Isoelectric Focussing (UTLIEF)-Methode ist im Referat Saatgut und Angewandte Botanik am LTZ Augustenberg seit mehreren Jahr-zehnten zur Bestimmung von Sorten von Saatgut erfolgreich im Einsatz. Sie ermöglicht es im Vergleich zur bislang bei der Bestimmung von Kartoffel-sorten genutzten Methode hauptsächlich praktizierten biochemischen Methode, der PAGE, ein Mehrfaches an Proben in einem Elektrophoreselauf zu untersuchen und ist somit insgesamt rascher in der Durchführung. Daher sollte in der Arbeit von Frau Miranda die Anwendbarkeit der UTLIEF für die Sortenbestimmung von Kartoffel an einem größeren Sortenspektrum über-prüft, die Methode optimiert und in der Routine etabliert werden.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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2. Material und Methoden

Von den insgesamt 104 untersuchten Kartoffelsorten waren, entsprechend der Bundessortenamt-Liste 2007, 25 Sorten in die Gruppe „sehr früh“, 30 Sorten als „früh“, 36 Sorten als „mittelfrüh“ und 13 Sorten als „Andere“ ein-gestuft. Die Kartoffeln entstammten der Referenzsammlung der Außenstelle Donaueschingen des LTZ Augustenberg. Im Zuge der Methodenentwicklung, die an 20 Sorten erfolgte, wurden die fünf Protein-Extraktionsarten und -mittel Reiner Presssaft, Destilliertes Wasser, Phosphatpuffer, Chlorethanol 30 %ig sowie EX3 (18 % Urea 3 M, 12 % Ethylenglykol, 70 % Aqua destillata) auf ihre Eignung getestet In den Elektrophoresegelen wurden 11 verschiedene pH-Bereiche und Salzgehalte überprüft. Zusätzlich wurde die Position der Auftragebänder sowie die der Kathode und Anode variiert und letztendlich sechs verschiedene Probenauf-tragsmengen auf die beste Eignung überprüft. 3. Ergebnisse

Abb. 1: Extraktion: A = Reiner Extrakt, B = destilliertes Wasser, Sorte 1, 2, 3; C = Phosphatpuffer, D= Chlorethanol, E = EX3. Ampholyte: pH 6-7 + 2-11 + 5-8; + Urea + Taurin, Punkte kennzeichnen Sorten-unterschiede

Aus all den Kombinationen aus Extraktionsmedium, Gelzusammensetzung und Laufbedingungen zeigte sich als beste Proteinextraktion der Presssaft, der nach zwölfstündigen Tieffrieren der Knollen bei -27°C gewonnen wurde. Die optimale Gelzusammensetzung wurde bei pH 6-7 + 2-11 + 5-8 ge-funden, wobei sich der Zusatz von Harnstoff und Taurin (Abbildung 1) als besonders geeignet erwies.

A B C ED

1 1 1 1 12 2 2 2 2333 33

A B C ED

1 1 1 1 12 2 2 2 2333 33

A B C EDA B C ED

1 1 1 1 12 2 2 2 2333 33

Saatgut Kongressband 2008

- 650 -

In Abbildung 2 sind die Bandenmuster der 20 Sorten, die zur Methodenent-wicklung herangezogen wurden dargestellt. Die Überprüfung der Eignung der Methode zur Unterscheidung der 104 Sorten erfolgte an insgesamt 285 Gelen. Hierbei wurden über 650 reproduzierbare Proteinbanden gefunden, zwischen 30 und 35 bei den einzelnen Sorten. Nach Literaturangaben werden bei der PAGE dagegen lediglich bis zu 20 Banden je Sorte gefunden.

Abb. 2: Elektropherogramme von 20 Kartoffelsorten, dicke Pfeile zeigen gemeinsame- dünne Pfeile zeigen unterschiedliche Banden der Sorten

Es zeigten sich sowohl Protein-Banden die bei allen Sorten auftreten als auch solche, die nur bei bestimmten oder gar einzelnen Sorten zu finden waren. Dieses ermöglichte zunächst eine Klassifizierung der 104 unter-suchten Sorten in die fünf Gruppen I bis V, zu denen jeweils zwischen 4 und 32 Arten gehören. Innerhalb dieser Gruppen fand sich neben den gruppen-typischen Banden für jede Sorte stets eine ausreichende Anzahl zusätzlicher Banden, die eine eindeutige Differenzierung jeder einzelnen Sorte ermög-lichten.

So zeigt Abbildung 3 die Elektropherogramme der Sorten aus der Gruppe I, geordnet nach ihren Reifegruppen. Der hohe Polymorphismus der Banden ermöglicht auch innerhalb der einzelnen Reifegruppe einen eindeutige Identifizierung der einzelnen Sorten anhand ihrer Proteinbandenmuster.

Die sehr gute Unterscheidung der Sorten Bintje, Gunda, Cilena, die allesamt der Reifegruppe „sehr früh“ angehören und der Gruppe I zugeordnet sind, ist an mehreren Unterschieden im Elektropherogramm in Abbildung 4 in exzellenter Auflösung zu erkennen, was die hohe Leistungsfähigkeit der Iso-elektrischen Fokussierung bei der Sortenbestimmung von Kartoffelknollen

1 2 3 4 5 13 14 15 16 17 18 19 207 8 9 10 11 1261 2 3 4 5 13 14 15 16 17 18 19 207 8 9 10 11 1261 2 3 4 5 13 14 15 16 17 18 19 207 8 9 10 11 1261 2 3 4 5 13 14 15 16 17 18 19 207 8 9 10 11 126

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

- 651 -

aufzeigt. Gemeinsame Banden dieser drei Sorten zeigen die Zugehörigkeit zur Gruppe I an, die gleichzeitig eine klare Abgrenzung zu Sorten der Gruppe II erlauben.

Abb. 3: Elektropherogramme der Sorten aus der Gruppe I, A = sehr früh, B

= früh, C = mittelfrüh, D = Andere; gefüllter Pfeil = gruppen-typische-, leerer Pfeil = sortentypische Bande

Abb. 4: Elektropherogramme von vier Sorten aus der Reifegruppe „früh“

und Gruppe I und II, gefüllter Pfeil = gruppentypische-, leerer Pfeil = sortentypische Bande

4. Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit wurde die Ultrathinlayer Isoelektrischen Fokussierung auf ihre Eignung als Methode zur Sortenbestimmung von Kartoffeln anhand von Kartoffelknollen überprüft und zum Einsatz in der Routine optimiert. Dabei wurden insgesamt 104 Kartoffelsorten untersucht und festgestellt, dass sich aufgrund der hohen Variabilität der Bandenmuster

17 51 12 31 78 72 96 25 50 32 57 11 02 49 68 75 91 54

I

A B C D

17 51 12 31 78 72 96 25 50 32 57 11 02 49 68 75 91 54

I

A B C D

Bintje Gunda Cilena Renate

Early - Group I Early - Group II Bintje Gunda Cilena Renate

Early - Group I Early - Group II

Saatgut Kongressband 2008

- 652 -

zwischen den Sorten eine Klassifizierung in fünf Gruppen vornehmen lässt und zusätzlich eine klare und eindeutige Differenzierung aller einzelnen Sorten möglich ist.

Mittels der UTLIEF ist es möglich sehr große Probenzahlen innerhalb kürzester Zeit zu bearbeiten. So können bei einer Laborausstattung mit 8 Kammern von einer Person 768 Knollen an einem einzigen Arbeitstag unter-sucht werden. Diese schlagkräftige und sichere Methode könnte künftig eine intensivere Anwendung erfahren, die bisher praktizierte PAGE ergänzen und gegebenenfalls auch ersetzen.

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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Kurzzeitige „ultra-dry seed storage“ von Zwiebelsaatgut zur Simulierung der Anwendung in Genbanken Q. Yang1, M. Kruse1 1Universität Hohenheim, Stuttgart-Hohenheim 1. Einleitung

Die „ultra-dry seed storage" bedeutet, dass bei einer Absenkung des Feuchtigkeits-gehalts auf hinreichend niedrige Werte eine erfolgreiche Lagerung auch bei Raum-temperatur möglich und keine Tiefgefrierung erforderlich ist. Die Vorteile sind eine hohe Keimfähigkeit bei energiesparend Lagerung im Vergleich zur Tiefgefrierung sowie die Gesunderhaltung des Saatgutes (Ellis et al., 1996). Die Frage ist, wie trocken muss Saatgut für die „ultra-dry“ Lagerung sein? Wird die Lagerfähigkeit bei zu trockenem („over dry“) Saatgut beeinträchtigt? Der Schlüsselpunkt ist, den optimalen Feuchtigkeitsgehalt des Saatgutes für die „ultra-dry“ Saatgutlagerung herauszufinden. In Hinsicht auf die langfristige Aufbewahrung wertvoller Saatgutproben in Genbanken ist „ultradry seed storage“ ein aktuelles Thema mit hoher praktischer Relevanz. Für die Beschreibung der Abhängigkeit der Lagerungs-fähigkeit vom Samenfeuchtigkeitsgehalt (SFG) haben Ellis und Roberts die Lebens-fähigkeitsgleichung entwickelt (Ellis und Roberts, 1980).

In diesem Projekt sollte nun geprüft werden, ob die Gleichung auch für ultra-dry Saatgut gilt. Bei konstanter Temperatur besteht zwischen der relativen Luftfeuchtigkeit (r.H.) und dem SFG ein Gleichgewicht, welches sich in Form einer s-förmigen Sorptionsisotherme beschreiben lässt. In der Literatur sind Sorptionsisotherme für den ultra dry Bereich unter 20 % r.H. kaum zu finden. In Hinsicht auf die praktische Anwendung in den Genbanken ist es aber notwendig, die r.H. für die Saatgutlagerung zu kennen, um die „ultra-dry“ Lagerungsbedingungen zu erfüllen. Für Sorptionsisotherme bestehen viele Forschläge für statistische Näherungsfunktionen, z. B. das Chung-Pfost Modell (Chung und Pfost, 1967) und das Henderson Modell (Henderson, 1952).

−= iKv 10 )()log( 2tCtCSFGCK QHWE

P+−−

Saatgut Kongressband 2008

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2. Material und Methoden

Je eine Saatgutprobe der zwei Zwiebelsorten Sturo (Sommerzwiebel, 71 % Keimfähigkeit, 9,0 % SFG) und Giugenese (Bundzwiebel, 58 % Keimfähig-keit, 8,4 % SFG) wurde über dem Trocknungsmittel „Trockenperle Orange“ in Exsikkatoren auf verschiedene SFG getrocknet Anschließend wurden je SFG 3 Proben in luftdichten Aluminiumfolientüten verschlossen bei Zimmertemperatur 1 Jahr lang gelagert. Die Keimprüfungen erfolgten mit 4 Wiederholungen je 50 Samen. Die Bestimmung des SFG vor der Trocknung (SFG0) erfolgte nach den ISTA Vorschriften (ISTA, 2008). Die Bestimmung des Samenfeuchtigkeitsgehaltes nach der Trocknung (SFG) wurde anhand der Gewichte der Proben vor der Trocknung (Gew0) und nach der Trocknung (Gew) mit der folgenden Formel berechnet:

Die r.H. wurde mit dem Messgerät Testo 645 der Firma Testo in den noch verschlossenen Aluminiumfolientüten bestimmt, in denen sich das „ultra-dry“ Saatgut befindet 3. Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse der r.H. und SFG Messungen sowie einfache lineare Regressionen sind in Abbildung 1 dargestellt.

Giugenese & Sturo

y = 0,251x + 0,6824 R2 = 0,9634

S²=0,779

y = 0,2688x + 1,9166R2 = 0,9467

S²=2,764

0,00

1,00

2,00

3,00

4,00

5,00

6,00

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00 20,00

r.H. %

SFG

%

Giugenese Sturo Trendlinie (Sturo) Trendlinie (Giugenese)

Abb. 1: Sorptionsisotherme bei 20 °C für die beiden Zwiebelproben im „ultra-dry“ Bereich mit linearen Regressionen

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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Henderson Model

0

1

2

3

4

5

6

0 5 10 15 20

r.H.%

SFG

%

Henderson Equation Stu. Henderson Equation Giu. Giugenese Sturo

Abb. 2: Sorptionsisotherme bei 20 °C für die beiden Zwiebelproben im „ultra-dry“ Bereich mit nichtlinearen Regressionen nach dem Modell von Henderson (1952).

Mit dem Bestimmtheitsmaß R²=0,95 bei Giugenese und R²=0,96 bei Sturo zeigten die zwei linearen Funktionen gute Anpassung. Das lineare Modell kann jedoch nicht auf den Bereich von 20-100 % r.H. extrapoliert werden. Es wurden deshalb zwei nichtlineare Modelle angewendet Basierend auf der Gibb’s-Absorptionsfunktion entwickelte Henderson (1952) die Formel.

mit t = Temperatur in °C, r.H. = relative Luftfeuchtigkeit zwischen 0 und 1, SFG = Samenfeuchtigkeitsgehalt zwischen 0 und 1. Die Konstanten a und b sind zu bestimmen. In Abbildung 2 sind die Funktionen dargestellt, in Tabelle 1 sind die Schätzwerte für die Konstanten und deren Schätz-genauigkeit angegeben. Tab.1: Schätzwerte der Parameter, Standardfehler, Vertrauensintervalle

und Restvarianz für Giugenese und Sturo im Regressionsmodell nach Henderson (1952).

Sorte Schätzwert Std.-Fehler

95 % Vertrauens-intervall

Restvarianz

Giugenese a=0,84 0,19 0,45 1,24 0,00000074 b=1,48 0,07 1,35 1,62

Sturo a=104,2 83,39 -64,7 273,2 0,000020 b=3,21 0,24 2,72 3,7

SFG= -a×20 ( ) ln(1-r.H.) (1/b)

Saatgut Kongressband 2008

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Bei Giugenese zeigte das Henderson-Modell eine sehr gute Anpassung, die Funktion kann zudem auf dem Berech von 20-100 % extrapoliert werden hier nicht gezeigt. Bei Sturo ist der Parameter „a“ nicht signifikant von 0 verschieden, deswegen kann das Henderson-Modell für Sturo nicht als ge-eignet empfohlen werden. Chung und Pfost (1967) haben folgende Funktion für die Anpassung von Sorptionsisothermen entwickelt:

mit t = Temperatur in °C, SFG = Samenfeuchtigkeitsgehalt zwischen 0 und 1, r.H. = relative Luftfeuchtigkeit zwischen 0 und 1 und R = Gaskonstante (R=8,314), Die Konstanten a und b sind wiederum zu bestimmen. In Ab-bildung 3 sind die Funktionen dargestellt, in Tabelle 2 sind die Schätzwerte für die Konstanten und deren Schätzgenauigkeit angegeben.

Chung-Pfost (1967)

0,00

1,00

2,00

3,00

4,00

5,00

6,00

7,00

8,00

9,00

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00 20,00

r.H. %

SFG

%

Giugenese Sturo Chung-pfost Model Giu. Chung-Pfost Model Stu.

Abb. 3: Sorptionsisotherme bei 20 °C für die beiden Zwiebelproben im „ultra-dry“ Bereich mit nichtlinearen Regressionen nach dem Modell von Chung und Pfost (1967).

Im Bereich von 0-20 % r.H. zeigten die Funktionen sowohl für Giugenese als auch für Sturo eine nicht so gute Anpassung vor allem im Bereich von r.H. ober-

ln(r.H.)= -a×exp(-b/SFG)

R×t

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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halb von etwa 10 %. Diese zunehmend schlechtere Anpassung setzte sich im Be-reich von 20 – 100 % r.H. fort, so dass dieses Modell nicht geeignet ist.

Die Ergebnisse der Keimprüfungen von Sturo und Giugenese nach ein-jähriger Lagerung sind in Abbildungen 4 und 5 gezeigt. Die Kurven in beiden Abbildungen zeigen den erwarteten Keimfähigkeitsverlauf nach der Lebensfähigkeitsgleichung von Ellis und Roberts, wobei die folgenden Konstanten verwendet wurden: KE= 6,795, CW=3,47, CH=0,04 und CQ=0,000428 (Ellis und Roberts, 1981). Tab. 2: Schätzwerte der Parameter, Standardfehler, Vertrauensintervalle

und Restvarianz für Giugenese und Sturo im Regressionsmodell nach Chung und Pfost (1967)

Abb. 4: Ergebnis der Keimprüfung nach einjähriger Lagerung bei Zimmer-

temperatur von Zwiebelsaatgut der Sorte Sturo bei verschiedenen Samenfeuchtigkeitsgehalten. Die Kurve ist die Vorhersage nach der Lebensfähigkeitsgleichung.

Sorte Parameter

Std.-Fehler

95 % Vertrauens-intervall

Giugenese a=216,5 16,22 183,6 249,3 0,000267 b=-0,0279 0,003 -0,034 -0,022

Sturo a=244 10,22 223,3 267,4 0,000236 b=-0,0137 0,0012 -0,0162 -0,0113

Sturo

10

20

30

40

50

60

70

80

0 2 4 6 8 10SFG %

KF

%

Lagerung bei Zimmertemperatur

Lagerung bei -20°C

Saatgut Kongressband 2008

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Abb. 5: Ergebnis der Keimprüfung nach einjähriger Lagerung bei Zimmer-

temperatur von Zwiebelsaatgut der Sorte Giugenese bei verschie-denen

Die Keimfähigkeit von ultra-dry Saatgut nach einjähriger Lagerung bei etwa 20 °C ist signifikant höher als bei der Lagerung nicht getrockneten Saat-gutes, und ähnlich hoch wie bei Tiefgefrierlagerung. Somit ist die ultra-dry Lagerung erfolgreich.

Bei Giugenese ist die Keimfähigkeitsabnahme mit zunehmendem SFG in dem geprüften Bereich größer als nach der Lebensfähigkeitsgleichung ge-schätzt. Bei Sturo hingegen stimmt die Lebensfähigkeitsgleichung recht gut mit den Beobachtungen überein. Es deutet sich zudem an, dass bei Sturo Saatgut mit SFG unterhalb von etwa 1,3 % zu trocken ist.

Samenfeuchtigkeitsgehalten. Die Kurve ist die Vorhersage nach der Lebens-fähigkeitsgleichung

Die Sorten Giugenese und Sturo gehören zur selben Art (Allium cepa L.) und haben auch die selben Konstanten für die Lebensfähigkeitsgleichung. Allerdings sind sie für verschiedene Nutzungen vorgesehen. Die Samen haben sehr unterschiedliche Sorptionseigenschaften, d.h. derselbe SFG wird bei den beiden Zwiebelsorten bei sehr unterschiedlicher r.H. erreicht.

Die Unterschiede im Sorptionsverhalten sind im Bereich mit niedrigem SFG relativ klein. Daher ist die Lebensfähigkeitsgleichung mit dem SFG als un-abhängige Variable und den artspezifischen Konstanten für Genbanken in Hinsicht auf die praktische Anwendung und zukünftige „ultra-dry seed storage“ nicht geeignet

Die Trocknungsverfahren in Genbanken müssen weiter präzisiert werden um eine erfolgreiche ultra-dry Lagerung pflanzengenetischer Ressourcen zu er-möglichen.

Giugenese

10

20

30

40

50

60

70

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

SFG%

KF %

Lagerung bei -20°C

Lagerung bei Zimmertemperatur

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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4. Abstract

Seeds of the two varieties Giugenese and Sturo of onion (Allium cepa L.) were adjusted to seed moisture contents (MC) between 1,4 % and 5,4 % and 0,6 % to 4,8 %, respectively, by storing above silica gel in sealed containers. The seeds were then stored for up to one year under room temperature. Final seed moisture content and relative humidity were measured. The following germination tests showed that the “ultra-dry seed” with MC between 5 and 1.3 % did not decrease in germination. A reduction of MC below 1.3 % showed a harmful effect upon storability in Sturo. These results indicate the potential of ultra-dry seed storage to keep high germination. Sorption isotherms were calculated to describe the relationship between MC and relative humidity (r.H.) in equilibrium state at 20 °C. The absorption be-haviors of the two onion varieties are very different as could be shown by various statistical regression models.

5. Literatur

Chung, D.S., Pfost, H.B., 1967: Adsorption and desorption of water vapor by cereal grains and their products Part II. Trans. ASAE (Am. Soc. Agric. Eng.), 14, 612-614, 620

Ellis, R.H., Roberts, E.H., 1981: The quantification of ageing and survival in orthodox seeds. Seed Science and Technology 9, 373-409

Ellis, R.H., Roberts, E.H., 1980: The improved equations for the prediction of seed longevity. Ann. Bot. 45, 13-30

Henderson, S.M., 1952: A basic concept of equilibrium moisture. Agric. Eng. 33, 29-31

ISTA, 2008: International rules for seed testing, The International Seed Test-ing Association, Bassersdorf, Schweiz

Saatgut Kongressband 2008

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Analyse der Vereinbarkeit von Qualitätsparametern lose lagernder Getreidepartien in Großsilos W. Jackisch, B. Krellig1 1Sächsisches Landesamt für Umwelt, Geologie und Landwirtschaft, Nossen 1. Einleitung

Die maximale Partiebegrenzung für Saatgetreide wurde 2006 in der Europäischen Union von 25 t auf 30 t erhöht. Diese Änderung löst nicht den grundlegenden Widerspruch zwischen einer festgelegten zulässigen Höchstmasse einer Partie und dem weit höheren Fassungsvermögen von Silos. In leistungsfähigen Aufbereitungswerken werden zunehmend Groß-silos für die Zwischen- und Endlagerung von Getreidepartien genutzt, deren Fassungsvermögen die höchstzulässige Partiemasse um ein Vielfaches über-steigt. Durch die Lagerung mehrerer Getreidepartien in loser Schüttung in einem Großsilo (> 30 t) ist eine separate Entnahme der attestierten Einzel-partien nicht möglich, die Identität zwischen der attestierten Qualität und der gelieferten Partie ist nicht eindeutig gewährleistet Eine statistische Analyse von 23 Großsilos, in denen 137 Partien Wintergerste mit einer Masse von 33.300 dt aus der Ernte 2006 lagerten zeigte, dass die eingelagerten Partien/Silo bezüglich der Keimfähigkeit als homogen anzusehen sind (Jackisch, Krellig und Wustmann, 2007). Eine Mittelwertbildung der Quali-tätsparameter von den zusammenlagernden Partien und die Dokumentation der Werte auf einem Attest würde den technologischen Gegebenheiten der Lagerung entsprechen. Dieses Prinzip der Attestierung von Saatgutpartien in loser Schüttung in Großbehältern (Containern), welche die festgelegten Höchstgewichte überschreiten, wurde von der ‚International Seed Testing Association‘ (ISTA) bisher nur für Grassaatgut zugelassen – unter Berück-sichtigung von speziellen Spielraumtabellen zur Prüfung der Vereinbarkeit der Saatgutpartien (ISTA, 1993). In dieser Arbeit wird an Hand einer um-fassenden datenbasierten Bestandsaufnahme untersucht, inwieweit dieses Prinzip mit den zulässigen Spielräumen für die Zertifizierung von lose lagernden Getreidepartien in Großsilos anwendbar sein könnte. 2. Material und Methodik

Die Reinheits-, Keimfähigkeits- (KF) und Besatzwerte von 2.274 Partien Getreide aus der Ernte 2006 und 2007, die in 597 Großsilos lagerten, wurden von den Anerkennungsstellen der Bundesländern Sachsen (SN), Nordrhein-Westfalen (NRW), Sachsen-Anhalt (ST), Niedersachsen (NI) und Branden-burg (BB) für eine Sekundärauswertung bereitgestellt und betreffen über-wiegend Winterweizen (WW), Wintergerste (GW) und Wintertriticale

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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(TIW). Insgesamt umfassen die 2.274 Partien eine Gesamtmasse von 590.680 dt Saatgetreide. Im Durchschnitt wurden 3,6 Partien/Großsilos mit einem Schwankungsbereich von 2 – 16 Partien/Großsilo (298 – 4.270 dt) eingelagert. Gegenstand der Analyse ist die Prüfung der statistischen und fachlichen Vereinbarkeit der Reinheits-, Besatz- und Keimfähigkeitswerte der eingelagerten Partien – eine Voraussetzung für die Zertifizierung der Mittelwerte der im Großsilo lagernden Ware. Es wird speziell analysiert, in-wieweit die beobachteten maximalen Abweichungen zwischen den Para-metern der Partien in den Großsilos (R = Xmax - Xmin) die in den ISTA-Vorschriften (Anhang B) festgelegten Spielräume für die Abweichungen von Teilpartien überschreiten. Der Spannweitentest basiert auf einem Signi-fikanzniveau von 1 %. Ist die gefundene Spannweite größer als die tolerierte Spannweite (Rbeobachtet > Rzulässig), so werden die im Großsilo eingelagerten Partien als heterogen bewertet (ISTA, 1993). Für die An-erkennung als zertifiziertes Saatgut der 1. Generation (Z1) gelten in Deutschland nachstehende Anforderungen: Reinheit ≥ 98 %, Besatz mit anderen Getreide ≤ 3Stck./500g, KF ≥ 92 % für Weizen und Gerste bzw. KF ≥ 85 % für Roggen und Triticale. 3. Ergebnisse

3.1 Analyse der Streubereiche der Reinheitswerte

Die Ergebnisse der Analyse der Streubereiche der Qualitätsparameter der in 540 Großsilos eingelagerten Partien des Jahres 2007 wird im Detail be-sprochen, da aus diesem Jahr von allen beteiligten Bundesländern Daten-sätze vorliegen. Von diesen Großsilos weist nur ein Silo ein Gesamtmittel unterhalb der Mindestnorm von 98 % Reinheit auf. Dieses Silo SN-79 mit 900 dt Wintergerste weist für die drei eingelagerten Partien nachstehende Reinheitswerte auf: 98,1 %, 97,4 %, 97,4 %; Mittelwert x = 97,6 %. Ein der-artiger Fall führt selbstverständlich zur Aberkennung der drei eingelagerten Partien. Aus dem Datenpool der Bundesländer weisen nur fünf Großsilos Streuungen der Reinheitswerte der eingelagerten Partien außerhalb der zu-lässigen Spannweite auf.

Stellvertretend für die beteiligten Bundesländer ist der Streubereich der Reinheitswerte von den 842 eingelagerten Getreidepartien in 212 Großsilos aus Sachsen für jedes Silo graphisch dargestellt (Abb. 1). Bei drei Großsilos liegen die beobachteten Spannweiten (Differenz zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Reinheitswert) der eingelagerten Partien außerhalb der zulässigen Spannweiten. Diese markierten Fälle weisen zwar größere Spannweiten als zulässig auf, jedoch liegen bei allen Partien die Reinheits-werte über der Mindestnorm.

Saatgut Kongressband 2008

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Abb. 1: Maximale Abweichungen zwischen den Reinheitswerten der in 212

Großsilos eingelagerten Getreidepartien in Sachsen 2007 (Mittel-werte/Silo absteigend sortiert)

Die Bewertung der Reinheitswerte der in Großsilos eingelagerten Getreide–partien aus dem Jahr 2007 aller beteiligten Bundesländer betreffs Über-schreitung der zulässigen Abweichungen zeigt, dass die beobachteten Spannweiten in allen fünf Fällen (0,9 %) knapp außerhalb des in den ISTA-Vorschriften definierten zulässigen Bereiches liegen. Die Überschreitung der Abweichung beträgt dreimal 0,1 % und zweimal 0,2 %. Da jedoch alle Rein-heitswerte über der Mindestnorm liegen und bei separater Lagerung der Partien in Einzelsilos diese durchaus anzuerkennen sind, ist neben der statistischen Betrachtung die fachliche Wertung nicht auszublenden. Es ist zu entscheiden, wie die statistische Komponente für die Anerkennung von mehreren Partien in loser Schüttung in Großsilos angewandt werden soll – in Verbindung mit dem mittleren Qualitätsniveau der Großsilos und in Bezug zur Mindestnorm. 3.2 Analyse der Streubereiche der Besätze mit anderen Getreide

Von den 540 Großsilos weisen insgesamt 11 Silos (2,0 %) Gesamtmittel-werte des Besatzes mit anderen Getreidearten auf, die über der höchst-zulässigen Norm von 3 Stck./500 g liegen und eine Aberkennung bedingen. Der Besatz der einzelnen Partien/Silo dieser Fälle ist in Tabelle 1 aus-gewiesen. Von diesen elf Großsilos ist bei einem Silo die Spannweite des festgestellten Besatzes zwischen den Partien weit größer als der zulässige Spielraum (Silo: SN-96). Die beobachtete Spannweite von 41 zwischen den Partien mit höchstem und niedrigstem Besatz (42 – 1) ist wahrscheinlich durch Mängel in der Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb verursacht (Ver-unreinigung beim Mähdrusch oder Transport zum Speicher), denn bei der Feldinspektion wäre ein solch starker Besatz zweifelsfrei erkannt und der Vermehrungsbestand bzw. Teilflächen aberkannt worden. Neben dem Groß-

97,0

97,5

98,0

98,5

99,0

99,5

100,0

1 21 41 61 81 101 121 141 161 181 201

Anzahl Silos (212)

Rei

nhei

t %MittelwertR_maxR_min

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silo SN-96 ist ein zweiter Fall der Überschreitung der Spannweite vorhanden (Silo-Nr. SN-99), bei dem jedoch der zulässige Spielraum nur um 1 Stck./500 g überschritten wird. Tab. 1: Großsilos, mit Mittelwerten der eingelagerten Partien größer als 3 Stück/500 g ( Höchstnorm für Z1-Saatgut) und tolerierte Spann-

weiten nach ISTA-Tabelle B3 Silo-Nr. Art Anz. Besatzwerte der Partien Spannweite

Partien (Stck./500 g) Mittel beobachtet toleriert SN-96 TIW 5 35 42 7 1 -23 21,6 41 22 SN-99 TIW 4 2 0 2 9 3,3 9 8

NRW-19 WW 2 4 4 4,0 0 7 NRW-14 WW 2 3 8 5,5 5 9

NRW-100 TIW 2 7 3 5,0 4 8 NRW-102 WW 4 5 7 2 9 5,8 7 11 NRW-139 TIW 2 5 8 6,5 3 10 NRW-140 TIW 2 6 3 4,5 3 5 NRW-157 GW 2 8 8 8,0 0 10

BB-21 WW 4 3 3 7 3 4,0 4 9 NI-17 RW 3 4 6 4 4,7 2 9

Insgesamt liegt beim Besatz mit anderem Getreidearten die Quote der Über-schreitung der zulässigen Abweichung innerhalb der 540 Großsilos niedriger als bei der Reinheit (2 von 540 Großsilos = 0,4 %). Allerdings ist bei den Problemsilos festzustellen, dass 11 von den insgesamt 32 eingelagerten Partien der Norm (≤ 3 Stck./500 g) entsprechen. Ein derartiges Risiko von einer Grundgesamtheit mit einem Besatzmittelwert über der Höchstnorm in Teilmengen Prüfergebnisse unter der Norm zu finden ist dann wahrschein-lich, wenn der Mittelwert der Grundgesamtheit bei 4 – 6 Stck./500 g liegt. Andererseits können auch bei mittleren Besätzen von 2 oder 3 Stck./500 g in Teilmengen der Grundgesamtheit Prüfergebnisse von 4 oder 5 Stck./500 g auftreten. Diese Risiken, in der einschlägigen Literatur als Produzenten- und Konsumentenrisiken definiert, sind objektiv mit der Stichprobenprüfung verbunden - sie sind abhängig vom Stichprobenumfang und dem Qualitäts-niveau der Grundgesamtheit (Storm, 1967). Der Partieumfang hat bei homo-gener Ware keinen Einfluß auf diese Risiken. Die Homogenität bezüglich des Besatzes mit anderem Getreide ist mit 538 von 540 analysierten Groß-silos (99,6 %) überraschend hoch. Vergleichbare Ergebnisse liegen aus der Sekundärauswertung von 57 Großsilos der Ernte 2006 vor. 3.3 Analyse der Streubereiche der Keimfähigkeitswerte

Von den 540 Großsilos weisen 22 Silos (4,1 %) durchschnittliche Keim-fähigkeiten der eingelagerten Partien unterhalb der Mindestnorm auf. Der-

Saatgut Kongressband 2008

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artige Fälle sind in jedem Bundesland vorhanden. In diesen Großsilos lagerten insgesamt 70 Partien, von denen 61 Partien Keimfähigkeiten unter der Mindestnorm aufweisen. Diese Fälle konzentrieren sich auf Silos, mit mittleren Keimfähigkeiten knapp unter der Mindestnorm (mittlere KF/Großsilo von 91 und 90 % bei Weizen und Gerste bzw. mittlere KF/Großsilo von 84 und 83 % bei Triticale und Roggen). Als Beispiel wird das Großsilo SN-94 mit einer eingelagerten Masse von 1.800 dt Triticale an-geführt, bei dem die mittlere KF/Großsilo 84 % ist und die sechs ein-gelagerten Partien KF-Werte von 87 %, 84 %, 81 %, 82 %, 87 % und 85 % aufweisen. Das Auftreten derartiger Fälle bei der Qualitätseinstufung mittels Stichprobenprüfung wurde bereits bei der Streuung des Besatzes diskutiert. Es treten auch Situationen entgegengesetzter Richtung auf, bei denen die mittlere KF/Großsilo der Mindestnorm entspricht, Teilmengen bei der Prüfung jedoch die Mindestnorm nicht erfüllen. Als Beispiel wird das Silo SN-35 mit einer Einlagerungsmasse von 690 dt Wintergerste angeführt, bei dem eine mittlere KF/Großsilo von 93 % vorhanden ist und die drei ein-gelagerten Partien KF-Werte von 90 %, 94 % und 94 % aufweisen. Die Wirkungsrichtung der Risiken sind zweiseitig, so dass bei der Massen-erzeugung von Saatgetreide und der Untersuchung von Teilmengen eines Erzeugers die Wirkungen sich weitgehend ausgleichen. Abb. 2: Maximale Abweichungen zwischen den Keimfähigkeiten der in

180 Großsilos eingelagerten Gerste- und Weizenpartien in Nord-rhein-Westfalen 2007 (Mittelwerte/Silo absteigend sortiert)

Von den 540 Großsilos weisen insgesamt 22 Großsilos (4,1 %) maximale KF-Abweichungen zwischen den eingelagerten Partien/Silo auf, die die zu-lässigen Spannweiten lt. ISTA-Tabelle B2 übersteigen. Die Überschreitung der zulässigen Spannweiten beträgt dreizehnmal 1 %, sechsmal 2 % und dreimal 3 %. Auf die Fruchtarten bezogen betrifft dies neunmal Triticale, achtmal Wintergerste und fünfmal Winterweizen. Zur Illustration der

80

85

90

95

100

1 21 41 61 81 101 121 141 161

Anzahl Silos (180)

Keim

fähi

gkei

t %

MittelwertKF_maxKF_min

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maximalen Spannweiten der in Großsilos eingelagerten Partien sind die Keimfähigkeitswerte von 479 eingelagerten Partien (223 GW-Partien und 256 WW-Partien) in den 180 Großsilos von Nordrhein-Westfalen für jedes Silo graphisch dargestellt (Abb. 2). Die neun markierten Silos weisen maximale Spannweiten zwischen den eingelagerten Partien auf, die über den zulässigen Spannweiten liegen. Davon haben sieben Silos Gesamtmittel-werte der Keimfähigkeit von gleich oder größer 92 % und nur zwei Silos mittlere Keimfähigkeiten unter 92 %.

Von den sieben Großsilos mit durchschnittlichen KF ≥ 92 % und Über-schreitung der zulässigen Spannweiten, weisen nur zwei Silos eingelagerte Partien mit Keimfähigkeiten < 92 % auf. Das sind das Silo NRW-70 mit 540 dt Wintergerste (Keimfähigkeit der drei Partien: 88 %, 93 %, 95 %, = 92 %) und das Silo NRW-145 mit 600 dt Wintergerste (Keimfähigkeit der Partien: 95 %, 89 %, = 92 %). Bis auf die genannten Silos weisen die anderen fünf Problemsilos KF-Werte aller eingelagerten Partien über der Anerkennungs-norm auf. Bei dem Parameter Keimfähigkeit sollte deshalb neben der statistischen Bewertung der Spannweite der Stichprobenergebnisse auch die fachliche Wertung der eingelagerten Teilpartien in Bezug zur Anerkennungs-norm berücksichtigt werden. 4. Diskussion und Schlussfolgerungen Von der ISTA wurden Regeln für die Ausstellung von ‚Internationalen Be-richten‘ über Saatgutpartien von Gräsern zugelassen, wenn das vor-geschriebene Höchstgewicht beim Transport in loser Schüttung überschritten wird. Diese Regeln ziehen bewusst das Problem der Uniformität der Partien für die Ausstellung von Attesten ein, indem zulässige Spannweiten zwischen Prüfergebnissen von Teilmengen einer Großpartie definiert und für verbind-lich erklärt wurden (ISTA, 1993). Wird diese von der ISTA für mehrere lose lagernde Graspartien in Containern zugelassene Verfahrensweise für die Attestierung von mehreren in loser Schüttung lagernden Getreidepartien übernommen, dann gibt es zwei Ursachenkomplexe für Aberkennungen. Einerseits die Nichteinhaltung einer Beschaffenheitsnorm und andererseits die Heterogenität von Parametern zwischen den Teilpartien der Lagereinheit, bewertet an der Überschreitung der zulässigen Spannweite.

Die Sekundärauswertung von 1.918 eingelagerten Getreidepartien in 540 Großsilos aus der Ernte 2007 zeigt, dass durch Nichteinhaltung der Be-schaffenheitsnorm/Großsilo insgesamt 6,3 % Aberkennungen verursacht wurden. Aberkennungsgründe: Keimfähigkeit zu 4,1 %, Besatz zu 2,0 % und technische Reinheit zu 0,2 %. Nach den statistischen Spannweitentests weisen 29 Silos maximale Abweichungen außerhalb der zulässigen Spann-weiten auf, das sind 5,4 %. Davon erfüllen 20 Silos mit allen eingelagerten

Saatgut Kongressband 2008

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Partien die Beschaffenheitsanforderungen vollständig, jedoch werden die zulässigen Spannweiten geringfügig überschritten. Vom fachlichen Stand-punkt aus sind derartige Fälle nicht negativ zu werten, da bei der Attestierung der Einzelpartie diese selbstverständlich anerkannt werden. Folgt man dieser Argumentation, wären nur 9 Großsilos (1,7 %) wegen Überschreitung der Spannweiten abzuerkennen.

Basierend auf den Ergebnissen der umfangreichen Analysen aus den Jahren 2006 und 2007 werden für die Zertifizierung der in Großsilos eingelagerten Getreidepartien folgende Grundsätzen zur Diskussion gestellt. Die er-mittelten Beschaffenheitswerte von mehreren Getreidepartien in loser Schüttung in einem Großsilo (>30 t) können auf einem Attest mit den Mittelwerten der Qualitätsparameter zertifiziert werden, wenn eine der nach-stehenden Bedingungen erfüllt ist:

(1) Alle eingelagerten Partien erfüllen die Beschaffenheitsnorm für Rein-heit, Besatz und Keimfähigkeit ohne Bewertung der maximalen Ab-weichungen.

(2) Die Gesamtmittelwerte für Reinheit, Besatz, Keimfähigkeit der ein-gelagerten Partien entsprechen den Normen und die Beschaffenheits-parameter der Partien liegen innerhalb der zulässigen Spannweiten der ISTA-Tabellen B1 – B3, d.h. die Prüfergebnisse von Teilpartien sind Zu-fallsabweichungen vom Gesamtmittel der Qualitätsparameter.

Die Prüfergebnisse sind als gewogene Mittelwerte auf einem Attest/Großsilo auszuweisen, mit dem Vermerk: ‚Die angegebenen Untersuchungsergebnisse sind das gewogene Mittel der Prüfergebnisse der eingelagerten Partien‘. Nach diesen vorgeschlagenen Grundsätzen wurde der Datenpool jedes Bundeslandes analysiert und ein Vergleich der Aberkennungsquote bezogen auf die Attestierung nach traditionellem System (Attestierung der Einzel-partien) vorgenommen. Die Vergleichsergebnisse sind für Nordrhein-Westfalen in Tabelle 2 ausgewiesen.

Zwischen dem traditionellen System der partieweisen Attestierung und dem vorgeschlagenen System der Attestierung der eingelagerten Masse/Silo nach den Mittelwerten der Qualitätsparameter (Reinheit, Besatz, Keimfähigkeit) ist eine weitgehende Übereinstimmung vorhanden.

In der Gesamtheit der untersuchten Getreidearten liefert das vorgeschlagene System weitgehend identische Aberkennungsquoten zu dem bisherigen Attestierungsverfahren. Diese Übereinstimmung ist nicht nur in der Gesamt-heit vorhanden, sondern bestätigt sich annähernd bei jeder einzelnen Frucht-art. Die Differenzen zwischen beiden Systemen liegen zwischen 0,8 % und 4,0 %. Außer bei Triticale traten keine praktisch relevanten Abweichungen in den Aberkennungsquoten auf. Das bestätigen auch die durchgeführten

VDLUFA Schriftenreihe 64 Saatgut

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Vergleiche an den Datensätzen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nieder-sachsen. Tab. 2: Vergleich der Aberkennungsquote für Z1-Partien nach

traditionellem System (Attestierung der Einzelpartien) und vor-geschlagenem System (Attestierung der eingelagerten Masse/Silo) der Daten aus Nordrhein-Westfalen 2007

Fruchtart traditionelles System vorgeschlagenes System

Anzahl Aberkennung Anzahl Aberkennung Partien Partien relativ* Silos Silos relativ*

WW 246 16 6,1 92 8 7,3 GW 214 13 5,7 81 5 4,0 TIW 81 11 12,9 28 4 7,9 Spelz 6 0 0 2 0 0

gesamt 547 40 6,8 204 17 6,0 *) bezogen auf die Masse in dt Das vorgeschlagene System sichert den Saatgutempfängern gegenüber dem bisherigen Verfahren eine zuverlässigere Information über die Qualität des Saatgutes, da die Mittelwerte der Qualitätsparameter der eingelagerten Saat-ware/Silo auf weit größeren Stichprobenumfängen basieren. Der Mittelwert jedes Parameters/Großsilo liefert mit dem Nachweis der Homogenität der eingelagerten Teilpartien eine vertrauensvolle und verläßliche Information zu der Qualität der Gesamtmasse/Großsilo und deren Teilmengen. 5. Zusammenfassung

In der Saatgutwirtschaft werden zunehmend Großsilos mit einem Fassungs-vermögen genutzt, die die höchstzulässige Partiemasse für Getreide um ein Vielfaches übersteigt. Durch die Lagerung von mehreren Partien in loser Schüttung in einem Großsilo ist eine separate Entnahme der attestierten Einzelpartien nicht möglich. Die Mittelwertbildung der Qualitätsparameter der zusammen lagernden Partien auf einem Attest würde den techno-logischen Gegebenheiten der Lagerung von Saatgetreide entsprechen. Dieses Prinzip der Attestierung von Saatgutpartien in loser Schüttung in Containern, welche die festgelegten Höchstgewichte überschreiten, wurde von der ‚International Seed Testing Association‘ für Grassaatgut zugelassen – unter Berücksichtigung von speziellen Spielraumtabellen. Die Sekundäraus-wertung von 2.274 Partien Getreide aus fünf Bundesländern (Ernte 2006 und 2007) mit 597 Großsilos zeigte, dass die Qualitätsparameter der in einem Silo eingelagerten Partien überwiegend innerhalb dieser Spielräume liegen.

Saatgut Kongressband 2008

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Nach den statistischen Tests wiesen etwa 5 % der Großsilos maximale Ab-weichungen außerhalb der zulässigen Spannweiten auf. Zu zwei Drittel be-trifft dies solche Fälle, die trotz Überschreitung der zulässigen Spielräume zwischen den Partien alle Kriterien der Beschaffenheitsnorm erfüllen. Vom fachlichen Standpunkt aus sind derartige Fälle nicht negativ zu werten, da nach dem derzeitigen System der Attestierung der Einzelpartie diese an-erkannt werden. Das von der ISTA für Gräser zugelassene Prinzip der Attestierung von Partien in loser Schüttung, die die festgelegte Höchstmasse überschreiten, kann inhaltlich voll für die Attestierung von Getreidepartien in Großsilos angewandt werden, wenn eine der nachstehende Bedingungen eingehalten wird: (1) alle eingelagerten Partien erfüllen die Beschaffenheits-normen ohne Bewertung der maximalen Abweichungen oder (2) die Mittel-werte der Beschaffenheitsparameter der eingelagerten Partien entsprechen den Normen und die Qualitätsparameter zwischen den Partien liegen inner-halb der zulässigen Abweichungen. Der Vergleich der Ergebnisse der Attestierung der bereitgestellten Daten aus den Bundesländern zeigt nach dem bisherigen System und dem vorgeschlagenen Verfahren keine praktisch relevanten Abweichungen in den Aberkennungsquoten.

6. Literatur

ISTA, 1993: Internationale Vorschriften für die Prüfung von Saatgut. Seed Science and Technology, 21, Supplement 2

Jackisch, W., Krellig, B., Wustmann, G., 2007: Betrachtungen zur Keim-fähigkeitsprüfung und Zertifizierung von im Silo lagernden Getreide-partien. 117. VDLUFA-Kongress, Kurzfassung der Referate, S. 114

Storm, R. 1967: Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik und statistische Qualitätskontrolle. VEB Fachbuchverlag Leipzig

VDLUFA Schriftenreihe 64 Analytik und Laboraussteller

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Vergleich zweier Methoden zur Bestimmung der Korn-rohdichte mittels Flüssigkeits- und Gaspyknometrie R. Paul1, B. Deller2 1Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena, 2LTZ Augustenberg, Karlsruhe 1. Einführung

Dichte ist der Bezug der Masse auf das Volumen eines Körpers. Die Dichte eines hohlraumfreien Körpers (Kornes) ist die Reindichte. Sind Hohlräume in das Volumen einbezogen, wird die Dichte als Rohdichte bezeichnet Die Dichte ungestörter Böden mit Einbezug der Hohlräume im betrachteten Volumen ist die Trockenrohdichte ρt. Dabei wird die Masse des getrock-neten Bodenkörpers (105 °C) zugrunde gelegt. Für bestimmte Frage-stellungen (z.B. zur Gefügeuntersuchung) ist die Dichte der Aggregate er-forderlich. Sie unterscheidet sich von der Trockenrohdichte durch den Ausschluss der Interaggregatporen.

Unter Kornrohdichte versteht man die Dichte unter Einschluss der Korn-eigenporen. Sie wird benötigt für die Berechnung des Porenanteils in Böden und Substraten sowie davon abhängiger Größen wie der Luftkapazität. Vor allem Substrate können recht grobkörnig sein und aus Stoffen bestehen, die Lufteinschlüsse enthalten, z.B. Lava, Bims und Tongranulate, weshalb sie für die Bestimmung der Kornrohdichte nicht zerkleinert werden dürfen und mithin die Dichtebestimmung in herkömmlichen Pyknometern (z.B. nach DIN ISO 11508, DIN 2002), wegen spezifisch leichter Bestandteile aber auch die submerse Wägung als Bestimmungsverfahren ausscheiden. Deshalb soll in das Methodenbuch, Band I, des VDLUFA eine Methode auf-genommen werden (A 13.2.4.2), bei der größere Flüssigkeitspyknometer verwendet werden und die Entlüftung durch Kochen erfolgt. Mit den nach-folgend beschriebenen Vergleichsuntersuchungen sollte geprüft werden, ob die Ergebnisse ausreichend zuverlässig sind. 2. Methoden und Material

2.1 Methoden

a) A 13.2.4.2: Einwaage der Proben im Originalzustand (ohne Zerkleinerung) in Be-chergläser, Überdecken mit Wasser, Erhitzen und mind. 10 min Sieden auf dem Sandbad, Abkühlen lassen über Nacht. Danach Überführen in Erlen-meyerkolben (250 ml), in deren Schliffrand eine Nut eingeschliffen wurde,

Analytik und Laboraussteller Kongressband 2008

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Auffüllen mit Wasser, Aufsetzen eines Schliffstopfens mit Abtropfspitze zum Verschließen (ohne Verbleib von Luft) und Feststellung der Masse von Kolben und Untersuchungsmaterial. Das Gleiche erfolgt mit einem nur mit Wasser gefüllten Kolben. Aus den Massen der gefüllten Kolben und der Masse des eingesetzten Untersuchungsmaterials wird die Kornrohdichte ρP nach Gleichung 1 berechnet

132

1mmm

m WP +−

×=

ρρ [g cm-3] (1)

mit: m1 = Trockenmasse der Probe, m2 = Masse des mit Wasser gefüllten Kolbens, m3 = Masse des mit Wasser und der Probe gefüllten Kolbens, ρW = Dichte des verwendeten Wassers. b) Gaspyknometrie Bestimmung des Probenvolumens aus der Verdrängung eines Messgases (Helium). Gemessen wird die Druckänderung des Gases beim Expandieren von einem Proben- in einen Expansionsraum. Die Messung erfolgt auto-matisch. Eingesetzt wurde ein käufliches Gaspyknometer der Firma Micromeritics (Accupyc 1330). Die Untersuchung erfolgte zunächst mit Methode a), dann, nach Eindampfen des Wassers und Trocknung, an den selben Proben mit Methode b). 2.2 Material

Untersucht wurden 29 Substratproben (Tabelle 1) und 10 Bodenproben unterschiedlicher Bodenart (Tabelle 2). Tab. 1: Substrate und Substratausgangsstoffe Nr. Bezeichnung ρt1)

[g/dm3]Nr. Bezeichnung ρt1)

[g/dm3] 1 Rindenmulch, fein 181 11 Dachsubstrat, int. 655 2 Ri.-Mulch, mittel 151 12 Dachsubstrat, ext. 964 3 Rindenmulch, fein 170 13 Rasengittererde 970 4 Ri.-Mulch, mittel 109 14 Porlit, 0-4 mm 735 5 Pflanzsubstrat 370 15 Oberbod.-Gemisch 926 6 Pflanzsubstrat 158 16 Blähton 0-10 mm 390 7 Kompost 436 17 Ziegelsplitt 3-16 mm 1138 8 Rasenerde 906 18 Lava 0-3 mm 1129 9 Rindenhumus 277 19 Quarzsand, grob 1465 10 Pflanzerde 763

1) Vol.-Gewicht nach VDLUFA (Methode A 13.2.1)

VDLUFA Schriftenreihe 64 Analytik und Laboraussteller

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Tab. 2: Böden Nr. Bezeichnung Tonanteil

[%] ρt2) [g/dm3]

20 Sand 5 1452 21 schwach lehmiger Sand 10 1372 22 lehmiger Sand 13 1216 23 sandiger Lehm 21 1166 24 schluffiger Lehm 19 1125 25 schwach toniger Lehm 26 1066 26 toniger Lehm 39 1111 27 humoser toniger Lehm n.b. 990 28 anmooriger toniger Lehm 40 809 29 lehmiger Ton 50 1126

2) Schüttdichte lufttrocken in Stechzylindern, V = 100 cm3 3. Ergebnisse

3.1 Vergleich der Verfahren 4

Die Ergebnisse können mit dem Korrelationskoeffizienten von r = 0,99 als gut vergleichbar gelten (Abbildung 1). Abb. 1: Vergleich der mit Flüssigkeits- (FlüPy) und Gaspyknometrie

(GasPy) gemessenen Kornrohdichten aller Proben Dennoch zeigen sich bei einigen Materialien Differenzen. Die Korn-rohdichten der Proben aus Material mit einem hohen Anteil an Korneigen-

1,21,41,61,82,02,22,42,62,83,03,2

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29

lfd. Nr.

Dic

hte

[g/c

m3]

FlüPy

GasPy

Analytik und Laboraussteller Kongressband 2008

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poren (Blähton, Ziegelsplitt, Lava) wurden mit der Gaspyknometrie höher bestimmt als mit der Flüssigkeitpyknometrie (Abb. 2).

Abb. 2: Vergleich der mit Flüssigkeits- (FlüPy) und Gaspyknometrie

(GasPy) gemessenen Kornrohdichten von Materialien mit Korn-eigenporen

Abb. 3: Vergleich der mit Flüssigkeits- (FlüPy) und Gaspyknometrie

(GasPy) gemessenen Kornrohdichten von humusreichen Substraten Von Substraten mit hohem Anteil an organischen Beimengungen bestimmte die Flüssigkeitspyknometrie höhere Kornrohdichten als die Gaspyknometrie (Abb. 3).

Poröse Materialien

1,5

2

2,5

3

Rasengittererde

Ziegelsplitt 3-16 mm

FlüPy

GasPy

Humusreiche gärtn. Erden

1

1,5

2

2,5

Rasen

erde

Oberbo

deng

emisc

h

schlu

ffiger

Lehm

humos

er ton

iger L

ehm

Dachg

arten

subs

trat in

tensiv

Kompo

st

Pflanz

erde

Substr

at

anmoo

riger

tonige

r Leh

m

Rinden

humus

Rinden

mulch m

ittel

Rinden

mulch f

ein

Substr

at

Rinden

mulch m

ittel

Rinden

mulch f

ein

FlüPyGasPy

VDLUFA Schriftenreihe 64 Analytik und Laboraussteller

- 673 -

Abb. 4: Vergleich der mit Flüssigkeits- (FlüPy) und Gaspyknometrie

(GasPy) gemessenen Kornrohdichten von Böden Bei Böden weichen die Ergebnisse mit zunehmendem Ton- und Humusanteil voneinander ab. Die Flüssigkeitspyknometrie bestimmt eine höhere Dichte (Abb. 4). 4.1 Auswirkungen auf das berechnete Porenvolumen

Die Unterschiede zwischen beiden Verfahren der Dichtebestimmung wirken sich auf das berechnete Porenvolumen eines Bodens (Berechnung aus Korn- und Trockenrohdichte) aus. Das Verfahren, das die höhere Kornrohdichte bestimmt, überschätzt das Porenvolumen. Die Differenz bewegt sich zwischen 1,5 bis 3,5 Vol.-%, wobei sie mit dem organischen Anteil (geringere Kornrohdichte) und der Trockenrohdichte des Bodens zunimmt (Abb. 5).

Der Porenanteil von Substraten kann bei der als Standardwert an-genommenen Trockenrohdichte von 0,15 g/cm3 um bis zu 1,5 % überschätzt werden (Abb. 6). Um diesen Betrag kann bei gegebenem Wassergehalt also auch der Anteil luftgefüllter Poren überschätzt werden.

Boden mit ansteigendem Tongehalt

2,52,552,6

2,652,7

2,75

Quarzsand grob

Sandboden

schwach lehmig..

stark

lehmiger Sand

schwach to

niger...

sandiger Lehm

lehmiger Ton

toniger Lehm

FlüPyGasPy

Analytik und Laboraussteller Kongressband 2008

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Abb. 5: Auswirkung unterschiedlicher Kornrohdichten auf die Poren-

volumina von Böden unterschiedlicher Trockenrohdichte Abb. 6: Auswirkung unterschiedlicher Kornrohdichten auf die Poren-

volumina von Substraten 4. Diskussion

Der Korrelationskoeffizient von 0,99 besagt, dass beide Verfahren für die Bestimmung der Kornrohdichte gut vergleichbare Ergebnisse liefern. Die Differenz zum Wert 1 zeigt aber auch, dass Unterschiede bestehen. Diese

1,4

1,9

2,4

2,9

3,4

3,9

2 2,2 2,4 2,6 2,8 3

Überschätzung [%, V/V]

rhoP [g/cm3]

rhot 1,3

rhot 1,5

0,3

0,5

0,7

0,9

1,1

1,3

1,5

1 1,2 1,4 1,6 1,8 2

rhoP [g/cm3]

Übe

rsch

ätzu

ng [%

, V/V

]

rhot 0,15

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- 675 -

Unterschiede beziehen sich auf bestimmte Materialien. Bei den mineralischen Materialien mit einem hohen Anteil innerer Poren wie Bläh-ton, Ziegelsplitt und Tuffen kann die Ursache darin bestehen, dass Helium in Poren mit sehr geringem Durchmesser noch eindringt, die größeren Wasser-moleküle dagegen nicht (Quantachrome, 2003). Folglich bestimmt man bei entsprechender Anzahl solcher Poren mit der Gaspyknometrie ein geringeres Porenvolumen und damit eine höhere Dichte.

Bei den Materialien mit organischen Beimischungen wie auch bei tonreichen Böden kann die Lösung von Salzen im Wasser zum Volumenverlust der Probe führen. In diesem Fall füllt das Medium Wasser den freigewordenen Raum aus, das Volumen des Materials verringert sich um dieses Volumen. In Böden treten außerdem Abweichungen mit zunehmendem Tongehalt auf. Die Flüssigkeitspyknometrie bestimmt hier kleinere Volumina und damit höhere Dichten. Die Ursache kann auch in diesem Fall eine Lösung von Mineralien sein, der Volumenverlust ist aber als gering einzuschätzen. Möglich sind auch Hydratationsvorgänge, indem Wasser sehr fest (mit höherer Dichte als 1) an Tonmineralien gebunden wird. 5. Schlussfolgerung

Für bodenkundliche Anwendungen sind beide Verfahren als gleichwertig zu betrachten, weil die Auswirkung auf das berechnete Porenvolumen die üb-liche, durch die Heterogenität der Böden bedingte Standardabweichung nicht übersteigt. Für die Beurteilung des Lufthaushaltes von Substraten sollten die Unterschiede jedoch berücksichtigt werden, weil sich Über- oder Unter-schätzungen der Kornrohdichte auf die Luftkapazität als Differenz zwischen dem gesamten Porenanteil und dem von Wasser eingenommenen Porenanteil relativ stark bemerkbar machen.

Ein wesentliche Vorteil der Gaspyknometrie besteht darin, dass die Messung automatisch abläuft, während die Flüssigkeitspyknometrie deutlich zeitauf-wändiger ist und sehr sorgfältig durchgeführt werden muss. 6. Literatur

DIN, 2002: DIN ISO 11508: Bodenbeschaffenheit - Bestimmung der Kornrohdichte. Beuth Verlag, Berlin

Quantachrome, 2003: Dichtebestimmung von Feststoffen und neue An-wendungen mit dem Ultrapycnometer 1000T. Partikelwelt 2

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Analytische Leistungsfähigkeit verschiedener Unter-grundkompensationsmethoden in der Atomabsorptions-spektrometrie T. Limburg1, J.W. Einax1, A. Liebmann2 1Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Anorganische und Ana-lytische Chemie, Lehrbereich Umweltanalytik, Jena, 2Analytik Jena AG, Jena 1. Theoretische Grundlagen

In der anorganischen Elementanalytik sind heutzutage Analysenmethoden wie ICP-OES, ICP-MS und AAS etablierte Analysenverfahren. Während die ICP-Methoden Multielementcharakter besitzen, handelt es sich bei der klassischen Line Source AAS (LS AAS) um eine Einzelelementmethode, die jedoch einfacher und kostengünstiger zu betreiben ist. Nachteile der AAS, wie Wechsel der Hohlkathodenlampen bei Bestimmung verschiedener Elemente und die sequenzielle Bestimmung der Metalle, sind dabei nicht von der Hand zu weisen.

Mit der High-Resolution Continuum Source AAS (HR-CS AAS) wurde eine Methode entwickelt, die Vorteile der klassischen LS, wie einfache Hand-habung und niedrige Nachweisgrenzen, mit dem Multielementcharakter der ICP-Methoden verbindet

Abb. 1: Xenonkurzbogenlampe

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Das Herzstück der HR-CS AAS ist eine Xenonkurzbogenlampe, siehe Ab-bildung 1, die ein kontinuierliches Spektrum bis in den fernen UV-Bereich aussendet, wodurch der zeitaufwändige Lampenwechsel entfällt. Diese neu konzipierte Xenonlampe arbeitet in einem „hot spot mode“, um eine größere Strahlungsintensität zu erreichen (Welz, 2005 a).

Der Strahlengang wurde der neuen Strahlungsquelle angepasst. Die in Littrow-Aufstellung befindliche Optik beinhaltet im Gegensatz zur LS AAS ein Prisma und zur Hochauflösung der Strahlung ein Echelle-Gitter (Welz, 2005 b).

Eine CCD-Zeile dient als Detektor in der HR-CS AAS. Die Untergrund-korrektur erfolgt hier nicht zeitversetzt durch D2- oder Zeeman-Effekt, sondern simultan über „Background Correction Pixel“ (BCP) (Welz, 2005 c) 2. Experimenteller Teil

Im experimentellen Teil wurde das AAS-Gerät Perkin Elmer ZL 5100, ein mit der Zeeman-Untergrundkorrektur (ZUK) arbeitendes LS AAS-Gerät, mit dem HR-CS AAS Gerät contrAA700 der Analytik Jena AG verglichen.

Es wird über die quantitative Analyse von Cadmium, Chrom, Mangan und Kupfer in wässrigen Lösungen, Salzlösungen sowie Huminsäurelösungen berichtet Analytische Kenngrößen wie Linearität, Varianzenhomogenität, Wiederfindung sowie Nachweis-, Erfassungs- und Bestimmungsgrenzen wurden ermittelt.

Die HR-CS AAS ist bei wässrigen Lösungen empfindlicher und präziser als die ZUK. Aufgrund der simultanen Untergrundkorrektur über die BCP können mit der HR-CS AAS zudem bis zu 5 %ige Salzlösungen gemessen werden, bei der LS AAS jedoch nur 3 %ige. Sowohl bei den wässrigen als auch bei den Salzlösungen sind die Nachweisgrenzen der HR-CS AAS bis um den Faktor acht besser als die der ZUK.

Neben den Modelllösungen wurden zur Testung der Leistungsfähigkeit Realproben untersucht. Dabei handelte es sich um Proben aus der Werra und Proben aus dem Zellstoffwerk Stendal. Aufgrund der industriellen Ent-wicklung im Gebiet der Werra weist der Fluss hohe Belastungen durch Salze verschiedener Zusammensetzung auf und sollte somit ein ähnliches Ver-halten wie die NaCl-Lösungen aufweisen. Die Proben des Zellstoffwerkes Stendal stellen in Analogie zu den Huminsäurelösungen eine organische Be-lastung dar. Es handelt sich dabei um Proben aus dem Zellstoffherstellungs-prozess. Aufgrund besserer Nachweisgrenzen sowie der simultanen Unter-grundkorrektur weist die HR-CS AAS auch bei den Realproben Vorteile gegenüber der ZUK auf. So konnte Chrom bei den Proben der Werra nur mit der HR-CS AAS nachgewiesen werden.

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3. Literatur

Welz, B., Becker-Ross, H., Florek, S., Heitmann, U., 2005 a: High-Resolution Continuum Source AAS, Wiley-VCH, Weinheim: 31-34

Welz, B., Becker-Ross, H., Florek, S., Heitmann, U., 2005 b: High-Resolution Continuum Source AAS, Wiley-VCH, Weinheim: 37-45

Welz, B., Becker-Ross, H., Florek, S., Heitmann, U., 2005 c: High-Resolution Continuum Source AAS, Wiley-VCH, Weinheim: 50-52

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Automatisierte SPE mit GPC und Probenkonzentration K. Braun1 1ANTEC GmbH, Sindelsdorf Was sind die Voraussetzungen für eine automatisierte SPE? Und wie kann mit PrepLinc automatisiert werden? Ein wichtiges Verfahren für die Probenreinigung wurde Anfang der 70er Jahre mit der GPC Autoprep 1001 von ABC Laboratories in Columbia, Missouri, eingeführt und behauptet sich erfolgreich bis heute, den: Saubere Eluate vereinfachen die anschließenden Verfahrensschritte und die ab-schließende Ergebnis-Interpretation, so dass bis heute das GPC–Clean–Up „das Herz“ der Probenvorbereitung in den meisten Laboratorien, die Rück-standsanalytik betreiben, darstellt.

Zudem lässt sich GPC hervorragend automatisieren, die allermeisten Wirk-stoffe sind mit dieser Einheitsmethode ohne weitere Verfahrensschritte auf-zureinigen. Unterschiedliche Methoden für die GPC erübrigen sich meist, d. h., es wird mit einer gleichbleibenden Methode gearbeitet, die auch dadurch eine hohe Zuverlässigkeit garantiert.

Damit stellt die GPC nach wie vor eine wichtige und einfach handzuhabende Methode dar. Auch das anschließend notwendige Aufkonzentrieren der Wirkstoffe, das vielfach im Rotationsverdampfer erfolgt, ist mit der GPC Autovap AS2000 von ABC Laboratories bereits vor 20 Jahren automatisiert worden.

Eine Weiterentwicklung stellt die AccuVap von J2 Scientific in Columbia, Missouri, dar, mit der parallel zur Reinigung in der GPC zeitgleich die Wirk-stoffkonzentration erfolgt. AccuVap Prinzip. (Seite 2 und 3) Das Herz der AccuVap besteht aus der Verdampfungskammer mit einem Fassungsvermögen von 40 ml.

Nach Abschluss der GPC - Reinigung wird die Probe vorsichtig zur Trockene gebracht, ein Lösungsmittelaustausch durchgeführt und die Probe in GC - Vials oder wahlweise in andere Vials transferiert, wobei die trans-ferierte Probenmenge frei gewählt werden kann.

In den meisten Fällen kann die Probe nun im GC analysiert werden. Wie be-kannt aber nur in den meisten Fällen. Es gibt eben einige Analyten, die mit GPC nicht oder nur unvollständig erfasst werden können oder die in einer störenden Begleitphase eluiert werden. Hier ist ein weiterer Verfahrensschritt

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erforderlich, die Festphasenextraktion oder SPE. Diese wird heute mit meist einfachen technischen Vorrichtungen durchgeführt, die aber einen gewissen manuellen Aufwand für die Konditionierung der Säulen, die Probenaufgabe und die Beobachtung des Laufverhaltens erfordern.

PrepLinc (Seite 1) Wie ist die automatisierte SPE PrepLinc aufgebaut? Zuerst ist es einmal der Probengeber bzw. Probennehmer, der eine Fläche von 80 x 28 cm bestreicht und an den die folgenden Module angeschlossen sind:

AccuPrep MPS für die GPC - Probenreinigung und AccuVap für die Probenkonzentration, bis zu drei Spritzenmodule und dazugehörend drei Säulenmodule.

Die Spritzenmodule versorgen die Säulenmodule mit je bis zu fünf unter-schiedlichen Lösungsmitteln, die die Säulen entweder vorwärts oder rück-wärts mit einem positiven Druck durchfließen, wobei diese Lösungsmittel der Säulenkonditionierung und dem Probenfluss dienen.

Eine Anmerkung: Mit der automatisierten SPE, der PrepLinc –Plattform, verwenden wir keine eigenen SPE - Säulen, sondern es werden handelsüb-liche Säulen in unterschiedlichen Durchmessern und Längen, für die ent-sprechende Adapter verfügbar sind, verwendet Es lassen sich Säulen bis etwa 12 cm Länge und 3 cm Durchmesser verwenden. Der Anwender kann die für seine Anwendung geeignete Säule einsetzen.

Die Säulenmodule können jeweils 9 Säulen aufnehmen, somit ergibt sich eine Probenanzahl pro Sequenz bei Ausrüstung mit drei Modulen von 27 bei Verwendung je einer Säule, oder 13 pro Sequenz bei Verwendung von je zwei Säulen oder eben neun Proben pro Sequenz bei Verwendung von je drei Säulen.

Die Funktion von PrepLinc erschließt sich am einfachsten an einem Beispiel für die Aufarbeitung von Dioxinen:

(Seite 4) “Example multi-module method for cleanup and separation of non-planar and planar compounds for separate analysis”

Die Probe wird in der GPC gereinigt, die Sammelfraktion mit den gesuchten Analyten fließt inline zur AccuVap, wo die Probe aufkonzentriert wird und ein Lösemittelaustausch mit Hexan stattfindet

Über den Autosampler wird die aufkonzentrierte Probe komplett in eine Aktivkohlesäule im Säulenmodul transferiert. Die Analyten werden in der Aktivkohlensäule gehalten.

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Nun erfolgen drei Elutionen mit unterschiedlichen Lösemitteln, um die non-coplanaren PCBs und PBDEs zu eluieren. Das jeweilige Eluat wird wieder direkt in die AccuVap eingeleitet, dort einzeln aufkonzentriert, mit Hexan aufgenommen und in ein Vial überführt. Mit AccuVap können ab ca. 200 µl transferiert werden, so dass eine letzte Konzentration auf z.B.10 µl aus dem Vial mit Stickstoff erfolgt. Wie schon gesagt sind die Säulenmodule so ausgelegt, dass die Säulen von oben nach unten oder wahlweise von unten nach oben durchströmt werden können. So können jetzt, ohne die Säule drehen zu müssen, im Gegenstrom von unten nach oben die co-planaren PCBs und PCDD/Fs ausgewaschen und in die AccuVap verbracht werden, wo sie wieder eingeengt und mit Hexan aufgenommen, in ein zweites Vial transferiert werden, von wo wieder ein letzter Einengungsschritt mittels Ausblasen durch Stickstoff erfolgt. Wie dem Schaubild zu entnehmen ist, kann jedes Modul, außer der GPC, mehrfach in den Prozess eingebunden werden:

Die SPE – Säule wird zuerst mit der konzentrierten Probe aus der AccVap beaufschlagt, dann folgt eine Dreifach-Elution mit verschiedenen Lösungs-mittelsystemen, anschließend wird die selbe Säule im Gegenstrom von einem weiteren Lösungsmittelsystem durchflossen.

Die AccuVap engt zuerst die Sammelfraktion, von der GPC kommend, ein. Später wird die AccuVap weiterhin verwendet, um die Elutionen aus der Dreifach-Elution zu konzentrieren und schließlich ein drittes mal, um die co-planaren PCBs und PDCDD/Fs zu konzentrieren und mit Hexan zu trans-ferieren. Ein weiteres Beispiel für die Anwendung von drei SPE-Säulen zeigt das ab-schließende Beispiel, ebenfalls für Dioxin: (Seite 5 und 6)

1. Die Sammelfraktion von der GPC wird in der AccuVap konzentriert, ein Lösungsmittel-austausch mit Hexan findet statt und es wird durch die Kieselgel-Säule und die Aluminium-Säule in den Abfall eluiert.

2. Mit Hexan wird in den Abfall nachgespült. Lösungsmittelmengen und Fließraten sind über das Spritzenmodul gesteuert.

3. Die gesuchten Wirkstoffe sind auf den Säulen hängengeblieben und werden jetzt mit unterschiedlichen Lösungsmitteln eluiert: Zuerst werden 98:2 Hexan : Dichlormethan über die Aluminium-Säule zu Vial 1 geleitet

4. Die Aluminium-Säule und die Aktivkohlesäule werden mit 50 : 50 Hexan : DCM beaufschlagt. Es wird wieder in Vial 1 eingeleitet

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5. Mit 50 : 50 Ethylacetat : Toluol wird durch die Aktivkohlesäule eluiert und in Vial 1 gesammelt.

6. Zum Abschluss für Vial 1 wird Hexan über die Aktivkohlesäule ein-geleitet

7. Vial 2 nimmt das Eluat aus Toluol, revers durch die Aktivkohlesäule ge-leitet, auf.

8. Nun befinden sich in Vial 1 194 ml und in Vial 2 75 ml, die abschließend im AccuVap Modul konzentriert, in einem Austauchlösemittel auf-genommen und in die GC Vials 1 und 2 transferiert werden, um jetzt die co-planaren bzw. non-coplanaren Wirkstoffe im GC zu untersuchen zu können.

Sequenzeditor (Seite 7) Zum Schluss ein kurzer Blick auf den Sequenzeditor, der natürlich einen wichtigen Teil für die gesamte Anlagensteuerung darstellt.

Hier sind die vorhandenen Module in der Gerätekonfiguration aufgeführt, die wahlweise angesteuert werden. Dazu sind Methoden festgelegt, die die verwendeten Lösungsmittel, Laufzeiten, Temperaturen, Vakuum, Mengen und Laufrichtungen und andere Parameter, jeweils für das entsprechende Modul, berücksichtigen.

Dieser Sequenzeditor ist einfach und schnell auszuführen und kann natürlich immer wieder verwendet werden, so dass diese Arbeit nur einmal zu erledigen ist.

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Kundenbindung und Entlastung des Labors durch LIMS C. Köller1, R. Schymik1 1T & P, Bochum 1. Abstract

Mit einer immer größer werdenden Datenmenge bei gleichzeitig hoher Ver-fügbarkeit erhöhen sich auch die Ansprüche von internen und externen Auf-traggebern und Labordatennutzern an das Informations- und Daten-management.

Die vorgestellten LISA WebServices, implementiert in LISA das lims, optimieren die interne und externe Kommunikation des Labors. Das Labor stellt die Daten dem Auftraggeber transparent zur Verfügung. Diese Trans-parenz schafft Vertrauen. Und damit erhöht sich die Zufriedenheit des Datennutzers. Gleichzeitig wird das Labor durch das integrierte Informationsmanagement entlastet

Die einfache und intuitive Bedienung sowie die permanente Verfügbarkeit ermöglichen dem Auftraggeber seine Daten online einsehen und auswerten zu können – zu jeder Zeit, an jedem Ort. 2. Transparenz für Auftraggeber und Kunden des Labors

Die elektronische Datenverarbeitung ist aus Laboratorien heutzutage nicht mehr weg zu denken. Neben Datensystemen zur Messwerterzeugung und -verarbeitung spielen vor allem Systeme zur Qualitätssicherung und Ver-waltung der Proben und Aufträge eine bedeutende Rolle. Vor allem werden dabei Labor-Informations- und Management-Systeme (LIMS) eingesetzt. Eine neue Generation der LIM-Systeme sind komplexe Anwendungen, die die unterschiedlichen Anforderungen von Betriebs-, Kontroll-, Forschungs-, und Dienstleistungslabors abdecken. Durch ein modernes Standard-LIMS werden nicht nur die Belange vom Bereich des Labors, sondern auch die von angrenzenden Bereichen berücksichtig, wie z. B. der Buchhaltung, der Logistik oder des Controllings.

In den Fokus der Laborverantwortlichen rücken mehr denn je die Kunden des Labors. Kunden können sowohl interne als auch externe Auftraggeber sein, die ihre Aufträge innerhalb einer Behörde oder eines Unternehmens lokal oder global aufgeben. Die einzusetzenden EDV-Systeme (des Labors) sollten also auch den steigenden individuellen Informationsbedarf des

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Kunden zufrieden stellen. Zusätzlich sollten dabei die Informationen und Daten jederzeit und allen Orts abrufbar und frei zusammenstellbar sein.

Der Auftraggeber des Labors wird durch ein solches Informationssystem – wenn er die sich ihm bietenden Möglichkeiten nutzt – vom passiven Prüfberichts-empfänger zum aktiven Datenauswerter und schnell reagierenden Entscheider. 3. Leistung und Ziel des Labors

Die Leistung des Labors kann von einer einfachen Beschreibung des Unter-suchungsgegenstandes bis zur komplexen analytischen Untersuchung und anschließenden Beurteilung der Untersuchungsergebnisse reichen. Abschließend werden die analytischen Ergebnisse des Labors dem Auftrag-geber übersichtlich und verständlich in Berichten übermittelt. Die Arbeit, und damit die Erbringung der Leistung, wird in der Regel von hochquali-fizierten Laborkräften durchgeführt.

Eine hohe Kundenzufriedenheit zu erreichen, ist ein Hauptziel von Labor-verantwortlichen. Die Transparenz der Leistung des Labors und ihre Dar-stellung kann dabei ein wesentliches Merkmal sein. Wie wird eine solche Transparenz erzeugt? 4. Entlastung des Labors durch LIMS

Ein klassisches LIMS unterstützt den Anwender bei der Routinearbeit im Labor und bei der Verwaltung, d. h. zum Beispiel bei der Erstellung und Be-arbeitung von Angeboten und Rechnungen, Aufträgen und Projekten und natürlich in erster Linie Proben. Das Datenmanagement der Auftrags- und Labordaten wird deutlich vereinfacht.

LIM-Systeme mit dem Aspekt der Kundenbetreuung gehen einen Schritt weiter und bieten darüber hinaus auch für den Dialog mit dem Kunden eine Erleichterung. So ermöglichen diese Systeme dem Benutzer bei einer kurz-fristig zu bearbeitenden Anfrage eines Kunden ein schnelles und einfaches Auffinden der Kundendaten und eine Dokumentation des Vorgangs sowie, falls notwendig, weiterer Nachbereitungsschritte und das Festlegen von Ver-antwortlichkeiten für die Schritte. So entsteht ein nachhaltiges Kunden-management, bei dem keine Informationen verloren gehen. Das Ergebnis: Der Kunde fühlt sich gut betreut. 5. Der Laborkunde möchte sich informieren und aktiv handeln

Wodurch kann die Kundenzufriedenheit außerdem erhöht und gleichzeitig eine Transparenz der Leistung des Labors erzeugt werden?

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Ein Kunde, der gewohnt ist, im Internet wissenswerte Informationen selber zu recherchieren, möchte eigenständig bestimmen, wann und wie er auf „seine Daten“ zugreift. „Seine Daten“ sind hier die im Labor erzeugten auftrags- und probenbezogenen Daten, die dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Der wartende Auftraggeber stellt Fragen, wie „Wie ist der aktuelle Bearbeitungs-stand meiner Aufträge?“ oder „Gibt es schon Zwischenergebnisse und wie sehen diese aus?“ und möchte diese einfach beantwortet wissen. Vielleicht möchte der Kunde auf seinen Prüfberichte eine Volltextsuche durchführen oder erwartet nach komplexen Recherchen grafische Auswertungen, die z. B. einen zeitlichen Verlauf der Ergebnisdaten anzeigen.

Eine weitere Erwartung des Kunden könnte darin liegen, die Anlage des Unter-suchungsauftrags selber durchzuführen. Möglicherweise möchte der Kunde wie in einem herkömmlichen Webshop sein Untersuchungsumfang durch einfaches Klicken mit der Maus auswählen und die wichtigen Kenndaten der Probe und des Auftrags direkt online eingeben und die Untersuchung beauftragen.

Im folgenden soll gezeigt werden, dass diese Möglichkeiten bereits realisiert wurden. 6. Ein State-of-the-art LIMS

Abb. 1: LISA das lims bietet vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten

LISA das lims bezieht den Auftraggeber des Labors mit den neuen LISA Web-Services-Modulen als aktive Person in den Kreislauf von Labordatenerzeugung und –management mit ein. Die proLISA Module „WebInfo“ und „WebShop“ bieten die Möglichkeit, interaktiv Daten auszuwerten und Untersuchungsauf-träge direkt anzulegen. Nur die Probe muss noch mit herkömmlichen Mitteln transportiert werden, damit sie zur Untersuchung ins Labor gelangt.

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7. Das proLISA Modul „WebInfo“

Das proLISA Modul „WebInfo“ bietet dem Auftraggeber des Labors die Möglichkeit, sich seine aktuellen Aufträge mit dem Status der Proben und allen bereits vorhanden Ergebnisdaten anzeigen zu lassen. Ebenso kann der Kunde in alle seine abgeschlossenen Aufträgen noch einmal hinein sehen. Dabei werden alle zur Untersuchung gehörenden Dokumente und Dateien, die das Labor an den Auftrag angehängt hat, mit angezeigt. Das können Bilder oder digitale Schrift-stücke sein, die zu den Untersuchungsergebnissen angefügt wurden. Dokumente, die in „lesbarer“ Form gespeichert wurden, also mindestens alle Prüfberichte, können mit einer integrierten Volltextsuche durchsucht werden.

Der Auftraggeber hat beim Data Mining freie Hand. Über vorgefertigte Suchaufträge oder eine freie Recherche werden Daten online aus der Daten-bank gesucht und individuell zusammengefasst und dargestellt.

Abb. 2: Grafische Darstellung von Ergebnisdaten, die über eine individuelle Recherche gefiltert wurden.

Für alle Daten und Dateien gibt es auch eine direkte Downloadmöglichkeit. Alle Informationen und Daten stehen dem Auftraggeber online zur Ver-fügung, d. h. zu jeder Zeit, an jedem Ort. 8. Das proLISA Modul „WebShop“

In dem proLISA Modul „WebShop“ kann der Auftraggeber seine Unter-suchungsaufträge selbst erstellen. Die Proben werden mit allen wichtigen Kopfdaten und dem dazugehörenden Untersuchungsumfang erfasst.

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Der Untersuchungsumfang wird durch das Auswählen von Produkten definiert, die Laborleistungen darstellen und vom Labor allgemein oder kundenspezifisch zusammengestellt werden. Dadurch können auch Nicht-Analytiker einfach Aufträge anlegen.

Abb. 3: Im WebShop können Untersuchungsumfänge einfach durch Aus-wahl von Produkten zusammengestellt werden

Es können Favoriten für wiederkehrende Aufträge abgespeichert und genutzt werden. Routineaufträge sind dann mit wenigen Mausklicks fertig gestellt.

Weitere Dienstleistungen des Labors, wie z. B. die qualifizierte Proben-nahme unter Berücksichtigung von Terminwünschen des Auftraggebers, sind ebenfalls integriert.

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ANKOM Technologie – Innovative Technik für die Nährstoffanalytik und die energetische Bewertung von Futtermitteln B. Stadler1 1Gesellschaft für Analysentechnik, Salzwedel 1. Einleitung

Seit 1986 ist die Firma ANKOM Technology Hersteller von Analyse-systemen für die Bestimmung von Rohfett und Gesamt-Fett, für die Faser-bestimmung (Rohfaser, ADF, NDF, ADL), sowie für in-vitro Studien im Incubator zur Bestimmung der Verdaulichkeit von Futtermitteln (NCGD, IVTD). Dabei ermöglicht die ANKOM Filterbag Technologie die halb- oder vollautomatische Analyse von gleichzeitig bis zu 15 Proben mit den ANKOM – Fettanalysern, die Analyse von gleichzeitig 24 Proben mit den ANKOM – Faseranalysern und die Untersuchung von bis zu 100 Proben mit dem ANKOMDaisy II in-vitro Incubator. 2. FilterBag Technologie

Die Basis der ANKOM FilterBag Technologie sind die F57 FilterBags für Faser- und In vitro – Bestimmungen sowie die XT4 FilterBags für die Fett-extraktion. Ankom Technology fertigt diese FilterBags mit einer speziellen 3D-Matrix und erreicht dadurch beste Wirkungsgrade bei der Löslichkeit der Komponenten, ohne Partikelverlust.

Abb. 1 F57 Filter Bags (Faser- und In vitro – Bestimmungen)

Abb. 2 XT4 Filter Bags (Fettextraktion)

▪ kein Gewebe, Co-Polymer ▪ Porenweite 25µ ▪ chemisch inert ▪ Asche frei

beidseitig mit Teflon laminiertes Polymer Porenweite 2 - 3µ

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Durch die ANKOM FilterBag Technologie, werden die klassischen Be-stimmungsverfahren der Weender-Analyse und der Detergentienanalyse nach van Soest wesentlich vereinfacht und der Zeit- und Kostenaufwand auf bis zu 50 % gegenüber den konventionellen Methoden minimiert. Durch umfangreiche Vergleichsuntersuchungen mit zertifizierten Referenzmaterialien, konnte die Gleichwertigkeit der FilterBag Technologie mit den konventionellen Methoden nachgewiesen werden. 3. Systeme für die Fettanalyse

3.1 Hydrolyse

Das ANKOMHCL - Hydrolysesystem ermöglicht eine schnelle Durchführung der Hydrolyse als Vorbereitung für die Lösungsmittelextraktion von Fett- und Ölproben. Durch den Einsatz der FilterBag Technologie ist der Hydrolyse-prozess stark vereinfacht worden. Nach Einwaage der Proben in die FilterBags werden diese verschlossen und dann in einem Rack komplett in den Teflon-behälter des Hydrolysesystems gestellt. Es wird Salzsäure zugeführt und der Behälter geschlossen. Die Programmwahl erfolgt mittels eingebauter Folien-tastatur. Die Programmschritte werden am integrierten Display angezeigt. Nach Auswahl des entsprechenden Programms erfolgen die Hydrolyse- und der Spül-zyklus vollautomatisch. 3.1.1 Kenndaten

15 – 20 Proben gleichzeitig Teflon Behälter automatische Temperaturkontrolle und Spülung vollautomatisch und sicher kein Glasbruch keine Säuredämpfe (HCl-Filter)

Abb. 3 Hydrolysesystem

3.2 Fettextraktionssysteme

Der ANKOMXT15 ist ein vollautomatisches System für die Durchführung von Fettextraktionen. Die Extraktionen erfolgen im geschlossenen Extraktions-gefäß bei einer Temperatur oberhalb des Siedepunktes von Petrolether. Das Befüllen mit Lösungsmittel, die eigentliche Extraktion, Spülen und Destil-lation des Lösungsmittels erfolgen vollautomatisch.

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Conventional MethodANKOM

3.2.1 Kenndaten

▪ Probeneinwaage 1 ... 3 g ▪ Extraktionszeiten 20 … 60 min ▪ 15 Proben gleichzeitig ▪ Geringer Lösungsmittelverbrauch, 2 … 5 ml pro

Probe ▪ Autom. Lösungsmittelzuführung / -rückführung

während des Extraktionsprozesses ▪ 97 % Lösungsmittelrückgewinnung ▪ Kein ständiges Lösungsmittelhandling durch

integrierten Vorratsbehälter ▪ Offiziell anerkannte Methode AOCS ▪ Integrierter Überdruckschutz ▪ Komplett gekapselte Steuerelektronik Abb. 4 Fettextraktor XT15

Abb. 5 Vergleichsmessungen Gesamtfett mit Hydrolyse 4. Systeme für die Faseranalytik

Der ANKOM2000 Faseranalysator ist ein vollautomatisches System zur Be-stimmung von Rohfaser, ADF und NDF. Die Zuführung der benötigten Reagenzien und die Spülung der FilterBags erfolgen automatisch und programmkontrolliert. Die Auswahl der Methode und der Start des

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automatischen Ablaufs erfolgen über eine Folientastatur. Pro-grammeingaben und der Prozessablauf werden im integrierten Display angezeigt. 4.1 Kenndaten

Durchführung der Bestimmungen - CF, ADF, NDF Automatische Zuführung der entsprechenden

Chemikalien Vollautomatischer Programmablauf Automatische Spülung der Filter Bags mit Heiß-

wasser Bestimmung von bis zu 24 Proben gleichzeitig ▪ Einwaagemenge: 0,5...1,0 g ▪ Offiziell anerkannte Methode AOCS für Rohfaserbestimmung Abb. 6 A2000 Faseranalyser

Abb. 7 Vergleichsmessungen Rohfaser (AOCS, Procedure No. Ba 6a-05)

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Abb. 8 Vergleichsmessungen NDF

Abb. 9 Vergleichsmessungen ADF 5. ANKOMRF Gasproduktionssystem

Voraussetzung für genaue, reproduzierbare und vergleichbare Versuchs-ergebnisse zur Verdaulichkeit von Futtermitteln bzw. zum Gasbildungs-potential, sind konstante, kontrollierbare, und genormte Versuchs-bedingungen. Mit dem ANKOMRF Gas Production System zur Überwachung und Messung der Kinetik mikrobieller Stoffwechselprozesse können diese Bedingungen im Labor gut realisiert werden. Gleichzeitig kann der Ver-suchsaufwand in begrenztem Rahmen gehalten werden. Anwendungsbei-spiele sind die Bestimmung des energetischen Futterwertes (HFT-Test), die

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Bestimmung der energetischen Nutzbarkeit von Biomasse (HBT-Test, VDI 4630) sowie die Bestimmung des Gasbildungspotentials nach DIN 38414.

Das System zur Überwachung und Messung der Gasbildung besteht aus Probengefäßen mit RF-Drucksensormodulen, einem USB WLAN Adapter für den PC und der Software. Die Messung der Gasentwicklung kann parallel in bis zu 50 Gefäßen in beliebigen Zeitintervallen erfolgen. Zusätzlich können die Gefäße bei einem bestimmten vorgegebenen Druck ohne manuellen Eingriff automatisch entlastet werden. Die Druckmessungen werden in einer Excel-Tabelle aufgezeichnet und die Gasbildung kann vom Anwender graphisch dargestellt werden. 5.1 Kenndaten ▪

▪ Einfaches Messen der Kinetik mikrobieller Stoffwechselprozesse ▪ Gefäßkapazität ~ 260 und 500 ml ▪ Individuelle Einstellungen für jedes Gefäß ▪ Kontinuierliche Computersteuerung jedes Moduls ▪ Modular und erweiterbar (bis zu 50 Module) ▪ Hochempfindliche Druckmessung ▪ Ferngesteuerte Druckentlastung ▪ Datenschnittstelle mit Excel zur grafischen Darstellung ▪ Gasprobeentnahme möglich

Abb. 10 ANKOMRF Gas Production System 5.2 Vergleichsmessungen zur Ermittlung des Biogasertrags ANKOMRF Gas Production System - Batch-Test nach VDI 4630

5.2.1 Aufgabenstellung

In einem Versuch, durchgeführt an der Universität Rostock (N. Engler, 2008), sollte ermittelt werden, inwieweit der Biogasertrag, gemessen mit dem ANKOMRF Gas Production System, mit den Ergebnissen eines Batch-Tests nach VDI 4630 in 30 l Fermentern übereinstimmt.

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5.2.2 Versuchsdurchführung

Zeitlich parallel wurde der Biogasertrag des Probenmaterials in einem Batch-Test nach VDI 4630 in 30l Fermentern und im ANKOMRF Gas Production System in 260ml Modulen ermittelt.

Nach 5 Tagen Versuchsdauer wurden die Module in 2 Gruppen unterteilt: Gruppe 1: Weiterführung des Versuchs ohne Substratzuführung Gruppe 2: Zufütterung eines synthetischen Substrats

Die Verwendung des synthetischen Substrat erlaubt den Vergleich des er-mittelten Biogasertrags mit dem theoretischen Maximalertrag nach BUSWELL. Die Messungen wurden in 3-fach Wiederholung über jeweils 13 Tage durch-geführt. 5.2.3 Ergebnisse

Abb. 10 Vergleich der Versuchsergebnisse 5.2.4 Schlussfolgerungen

Die mit den ANKOM Gärgefäßen ermittelten Werte (Abb. 1) stimmen sehr gut mit dem standardisierten Verfahren (Abb. 2) überein. Im Batchversuch können im allgemeinen 80 bis 85 % des theoretischen Biogasertrags erreicht werden (unvollständige Umsetzung sowie Eigenbedarf der Mikroorganis-men). Nach 10 Tagen wurde dieser theoretische Gasertrag in den ANKOM Gärgefäßen zu 85 % erreicht.

Die gewonnenen und oben dargestellten Ergebnisse haben gezeigt, dass eine quantitative Bestimmung des Biogaspotentials mit dem ANKOM Gasproduction System zuverlässige Ergebnisse liefert, die durch standardisierte Verfahren bestätigt werden konnten (N. Engler, 2008).

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6. Kontakt

Nils Engler, Universität Rostock, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Inst. für Umweltingenieurwesen, FB Abfall- und Stoffstromwirtschaft, Justus-v.-Liebig-Weg 6, 18059 Rostock, eMail: [email protected]

Barbara Stadler, Gesellschaft für Analysentechnik, Uelzener Str. 34a, 29410 Salzwedel, Tel.: 03901/306945, eMail: [email protected], http:// www.analysentechnik-hls.de

Autorenindex Kongressband 2008

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Autorenindex Albers, E. .............................. 295 Albert, E. .............................. 555 Alert, H.-J. ............................. 192 Anders, L. ............................. 221 Appel, T. ............................... 519 Armbruster, M. ..................... 462 Arnold, K. ............................... 30 Bachmaier, H. ....................... 100 Bahrs, E. ................................. 22 Bai, M. .................................. 519 Bauer, C. ............................... 118 Bauer, R. ............................... 589 Bauermann, U. ...................... 259 Bechtold, K. .......................... 567 Bennett, R. ............................ 305 Berg, V. ................................. 519 Bielfeldt, H. .......................... 192 Biertümpfel, A. ..... 340, 580, 598 Bischoff, J. ............................ 513 Bischoff, R. ........................... 462 Boese, L. ............................... 435 Boguhn, J. ............................. 149 Bolduan, R. ........................... 529 Brammen, A. ........................ 295 Branscheid, W. ...................... 180 Braun, K. .............................. 679 Breitschuh, G. ......................... 39 Brentrup, F. ............................. 55 Brunn, H. .............................. 354 Büttner, P. ............................. 642 Conrad, M. ............................ 340 Crutzen, P.J. ............................. 75 Deller, B. ...................... 538, 669 Dieckmann, A. ....................... 197 Dressler, M. .......................... 642 Drochner, W. ................. 157, 164 Dunkel, S. ..................... 251, 301 Eckert, H. ........................ 39, 319 Eder, B. ................................. 334 Eder, J. .................................. 334 Effenberger, M. ............. 100, 108

Eichler-Löbermann, B. ......... 410 Einax, J.W. ............................ 676 Ettle, T. ......................... 205, 271 Exner, U. .............................. 295 Farack, M. ............................ 572 Fischer, M. ............................ 354 Flaig, H. ................................ 546 Freitag, M. ............................ 295 Freudenreich, P. .................... 180 Friedt, W. .............................. 326 Früh, G. ................................. 301 Gans, W. ............................... 470 Geitner, H. ............................ 126 Georgii, S. ............................ 603 Germer, M. ........................... 555 Gödeke, K. ........................... 361 Graf, T. ................. 580, 589, 598 Graff, L. ................................ 612 Greiner, B. ............................ 446 Gronauer, A. ..........100, 108, 118 Groß, J. ................................. 214 Gruber, L. ............................. 279 Grünewald, K.-H. .................. 134 Haese, E. ............................... 157 Halle, I. ................................. 259 Hanschmann, G. ................... 245 Hartung, E. ............................ 108 Hartung, H. ........................... 180 Hartwig, H. ........................... 567 Harzheim, J. ......................... 164 Hebeisen, T. .......................... 612 Hengelhaupt, F. .................... 361 Herbst, F. .............................. 470 Herold, L. ............................. 476 Hertwig, F. ............................ 446 Herzog, E. ............................. 251 Heß, H. ......................... 426, 454 Heuwinkel, H. ...................... 108 Heydrich, R. ................. 580, 598 Heyn, J. ................................. 603 Hochberg, . ........................... 446 Holsteg, M. ........................... 295 Holz, F. ................................. 513

VDLUFA Schriftenreihe 64 Autorenindex

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Höpfner, E. ........................... 476 Hufnagel, J. ............................ 90 Hutterer, F. ............................ 271 Isermann, K. ................. 378, 391 Isermann, R. ................. 378, 391 Jackisch, W. .................. 618, 660 Jacobi, H.F. ............................ 108 Janssen, E. ............................ 221 Jonitz, A. ............................... 648 Junge, R. ................................ 108 Kape, E. ................................ 555 Kemnitz,, D. ........................... 63 Kerschberger, M. .................. 426 Keymer, U. ........................... 233 Killermann, B. .............. 623, 642 Kirmse, R. ............................ 251 Klose, R. ............................... 149 Kluge, R. ...................... 529, 546 Kluth, H. ............................... 142 Kneer, G. ............................... 157 Knoblauch, S. ....................... 490 Knobloch, T. ......................... 221 Köller, C. .............................. 683 Kölln-Höllrigl, K. ................. 126 König, V. ............................... 506 Krellig, B. ............................. 660 Krieg, D. ............................... 245 Krieter, S. ............................. 555 Krüger, R. ............................. 149 Kruse, M. ...................... 630, 653 Küsters, J. ............................... 55 Laufer, O. ............................. 519 Lebuhn, M. ................... 108, 118 Lehner, A. ............................. 100 Leiterer, M. ........................... 251 Lemmer, A. ........................... 108 Liebert, F. ..................... 192, 255 Liebmann, A. ........................ 676 Limburg, T. ........................... 538 Machulla, G. ......................... 498 Marks, G. .............................. 415 Meimann, M. ........................ 295 Michel, H. ............................. 420

Miranda, D. .......................... 648 Mokry, M. ............................. 529 Mosier, A.R. ............................ 75 Most, E. ................................ 313 Müller, A. ............................. 313 Müller, G. .............................. 636 Müller, S. .............................. 180 Nehring, A. ................... 326, 361 Neser, S. ............................... 126 Nitzsche, O. .......................... 498 Obermaier, A. ....................... 205 Ochrimenko, W.I. .................. 301 Oechsner, H. ......................... 108 Offenbächer, G. ..................... 221 Olfs, H.-W. ............................ 398 Oswald, J. ............................. 263 Pallauf, J. .............................. 313 Paul, R. ................................. 669 Pelzer, A. .............................. 295 Pfleger, I. .............................. 482 Pick, D. ................................. 251 Preisler, D. ............................ 108 Pries, M. ............................... 197 Reiher, W. ............................. 313 Reinhold, G. .......................... 404 Richter, R. ............................ 589 Richter, W. ............................ 126 Riedel, J. ............................... 555 Riehl, G. ................................ 446 Rodehutscord, M. ......... 142, 149 Röhricht, C. .......................... 346 Roschke, M. ......................... 555 Rosenbauer, I. ....................... 126 Rüegger, A. ........................... 612 Rulquin, H. ........................... 305 Rutzmoser, K. ....................... 233 Sami, A.S. ............................ 214 Sandritter, C. ........................ 630 Schauer, A. ........................... 279 Schiemenz, K. ...................... 410 Schlegel, G. ........................... 239 Schmidt, M. .......................... 354 Schmidt, W.A. ...................... 498

Autorenindex Kongressband 2008

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Schöne, F. ..................... 171, 251 Schreiber, E. ......................... 572 Schröder, A. .......................... 305 Schrödter, M. ........................ 513 Schröter, H. ........... 415, 441, 454 Schuppenies, R. .................... 446 Schuster, M. .................. 126, 214 Schwarz, F.J. .................. 214, 239 Schymik, R. .......................... 683 Smith,, K.A. ............................. 75 Spiekers, H. .......................... 205 Stadler, B. ............................. 688 Stahl, Th. ............................... 603 Steingaß, H. ................... 157, 164 Steinhöfel, O. ........................ 149 Steinke, K. ............................ 205 Steinwender, R. .................... 279 Steliopoulos, P. ..................... 229 Steuer, G. .............................. 134 Steyer, M. ............................. 205 Sticksel, E. ............................ 334 Strauß, C. ................................ 83 Strauß, Ch. ............................. 326 Thomann, R. ......................... 259 Thormeyer, J. ........................ 555 Tillmann, P. ........................... 354 Trauboth, K. .......................... 301 Trautz, D. .............................. 398 Trenkle, A. ............................ 221 Triller-Hofmann, J. ............... 126 Übelhör, W. ........................... 567 Urdl, M. ................................ 279 van de Sand, H. ............ 197, 295 von Wulffen, U. .................... 555 Verhoeven, A. ........................ 197 Vetter, A. ......... 83, 326, 340, 369 Voit, B. .......................... 623, 642 Wagner, B. .............................. 90 Wagner, S. ............................ 476 Wecke, C. ..................... 192, 255 Werner, A. ............................. 369 Werner, C. ............................. 255 Wetscherek, W. ..................... 263

Wicke, M. ............................. 255 Wiesler, F. ............................. 462 Willms, M. .............................. 90 Windisch, W. ........................ 271 Winiwarter, W. ........................ 75 Wolf, E. ................................. 142 Wolter, W. ............................. 295 Wustmann, G. ....................... 618 Yang, Q. ................................ 653 Zander, D. ............................. 346 Zanetti, S. ............................. 612 Zeller, F. ............................... 239 Zerr, W. ................................. 354 Zieger, P. ............................... 295 Zimmermann, N. .................. 126 Zitterl-Eglseer, K. ................. 263 Zorn, W. 404, 415, 426, 441, 454, 555, 559