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Ernährung von Darmkrebspatienten vor und nach chirurgischen Eingriffen Carina Sieker Clinical Nutrition B. Sc., Diätassistentin

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Ernährung von Darmkrebspatienten vor und nach chirurgischen Eingriffen

Carina SiekerClinical Nutrition B. Sc., Diätassistentin

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präoperative Beschwerden

Vorbehandlung mit Radio-/Chemotherapie

• Nebenwirkungen: • Diarrhoen

• Stuhlinkontinenz

• Verbrennungen

• Konsequenz: • Gewichtsreduktion

• verminderte Nahrungsaufnahme

wechselnde Obstipation und Diarrhoen

• verursacht durch Tumorstenose

• Konsequenz:• Patienten stellen ihre Ernährung aus Unsicherheit um, entwickeln Ängste

• Mangelernährung durch einseitige Lebensmittelauswahl

präoperative Beschwerden

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Generelle Leitlinienempfehlungen

• Screening auf Mangelernährung bei allen Patienten

• CAVE: hoher Anteil übergewichtiger Patienten

• bei Risikopatienten: im Vorfeld Dokumentation der Nahrungsaufnahme

Durchführung in der Praxis:

• Screening auf Mangelernährung (NRS 2002) bei Erstkontakt

• Beobachtung und Dokumentation der Nahrungsaufnahme

• regelmäßige Gewichtskontrolle

• Ernährungsberatung bei Risiko einer Mangelernährung

Ernährungsmanagement

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Leitlinienempfehlung der ESPEN:

• präoperatives Fasten ab Mitternacht vor einer Operation ist häufig nicht notwendig

• bis 2h vor der Anästhesie klare Flüssigkeiten anbieten

• feste Speisen können bis 6h vor der Narkose anbieten

Durchführung in der Praxis:

• Absprache mit den Stationsärzten

• Getränke wie Tee, schwarzer Kaffee, Wasser und Apfelsaft(-schorlen) werden angeboten

• Animation der Patienten zur Einnahme von Getränken

• Patientenbenefit: Durst und präoperatives Unwohlsein wird vermindert

präoperative Ernährung

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Leitlinienempfehlung der ESPEN:

• präoperativ zur Nacht und bis 2h vor der Anästhesie kohlenhydrathaltige Getränke anbieten

• Patienten, die nicht enteral ernährt werden können, sollten 200g Glucose i.v. erhalten

Durchführung in der Praxis:

• Patienten erhalten am Abend vor der OP 800ml und 4h vor der Anästhesie 400ml kohlenhydrathaltige Getränke durch die Pflege

• Patienten, die keine enterale Ernährung aufnehmen können, erhalten eine 20% Glucoselösung

präoperative Ernährung

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Leitlinienempfehlung der ESPEN:

• eine künstliche Ernährung ist zur Behandlung einer krankheitsspezifischen Mangelernährung einzusetzen

• frühzeitiger Beginn, wenn längere Nüchternphasen abzusehen sind

Durchführung in der Praxis:

• präoperativ schwer umsetzbar

• häufig werden Patienten erst am Operationstag aufgenommen

• häufig sind lange Nüchternphasen für Voruntersuchungen (Koloskopie etc.) notwendig

• Ressource: Vorbehandlung in anderen Fachabteilungen (z.B. innere Medizin)

• enge interdisziplinäre Zusammenarbeit

präoperative Ernährung

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Leitlinienempfehlung der ESPEN:

• mangelernährte Patienten sollten vor der Operation eine Trinknahrung einnehmen

• immunmodulierende Trinknahrung kann bevorzugt eingesetzt werden

• Zeitraum: 5-7 Tage präoperativ

Durchführung in der Praxis:

• nach Möglichkeit zunächst Ernährungsberatung

• Anbindung an onkologische Praxis zur Rezeptierung von Standard-Trinknahrung nutzen

• Cave: immunmodulierende Trinknahrung ist nicht rezeptierbar

präoperative Ernährung

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Leitlinienempfehlung der ESPEN:

• nach Möglichkeit orale Nahrungsaufnahme nach Operationen innerhalb von Stunden wieder beginnen

• Lebensmittelauswahl an die Toleranz der Patienten und die Art der OP anpassen

Durchführung in der Praxis

• den Patienten werden postoperativ zunächst klare Flüssigkeiten angeboten

• bei guter Toleranz beginnt ein Kostaufbau am selben Tag mit Suppen, Joghurt und Trinknahrung

• Cave: verzögerte Magenentleerung und verminderte Darmmotilität führen zu Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen

postoperative Ernährung

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Leitlinienempfehlung der ESPEN:

• bei Unfähigkeit zur oralen Nahrungsaufnahme für > 5 Tage künstliche Ernährung beginnen

• ergänzende künstliche Ernährung bei oraler Energieaufnahme < 50 % des Bedarfs für mehr als 7 Tage

Durchführung in der Praxis:

• schwierig abzuschätzen, wann eine bedarfsdeckende orale Ernährung möglich ist

• mangelernährte Patienten erhalten parallel zum Kostaufbau immer Trinknahrung

• bei oraler Energieaufnahme < 50 % des Bedarfs wird häufig eine ergänzende parenterale Ernährung begonnen

• Ausnahme Intensivstation: hier wird standardmäßig über eine naso-gastrale Sonde ernährt

postoperative Ernährung

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Leitlinienempfehlung der ESPEN:

• keine ergänzende parenterale Ernährung bei erwarteter Notwendigkeit < 4 Tagen

• bei 4 – 7 Tagen hypokalorische parenterale Ernährung über einen peripheren Zugang

• für die Notwendigkeit einer parenteralen Ernährung > 7 Tagen soll diese über einen ZVK erfolgen

Durchführung in der Praxis:

• schwer abschätzbar, wie lange ein Patient auf eine parenterale Ernährung angewiesen ist

• bei kritischen Patienten Anamnese der oralen Nahrungsaufnahme über ein Tellerprotokoll

• engmaschiger Austausch mit erfahrenen Ärzten und frühzeitiger Beginn der parenteralen Ernährung

postoperative Ernährung

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Resektionsarten:

• Hemikolektomie rechts

• Transversumresektion/ Hemikolektomie links

• Sigma/-Rectumresektion

• (sub-)totale Kolektomie

Kostaufbau:

• flüssige Kost (bis zum ersten Stuhlgang)

• passierte Kost

• leichte Vollkost (zunächst Reduktion unlöslicher Ballaststoffe)

Beschwerden beim Kostaufbau

• zunächst verzögerte Magenentleerung und Darmbewegung

• postoperative Übelkeit und Erbrechen

• Diarrhoen (bes. nach Hemikolektomie rechts und totaler Kolektomie)

Operationsart und Kostaufbau

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Stomaanlage

Stomaarten:

• Ileostoma / Ascendostoma / Transversostoma• häufig präventive Anlage für 3-6 Monate

• Descendostoma• bei Operationen ohne Erhalt des Schließmuskels

Konsequenzen für die Ernährung

Ileostoma/ Ascendostoma:

• zunächst Hypersekretion (1-2L Stomaoutput/d)

• im Verlauf Reduktion der Förderung und Eindicken des Stuhlgangs durch den Dünndarm

• häufig werden unlösliche Ballaststoffe schlecht toleriert und fördern das Stomaoutput• vermehrter Einsatz löslicher Ballaststoffe (z.B. Pektin o. gemahlene Flohsamen)

• Patienten zur ausgewogenen Lebensmittelauswahl animieren

Operationsart und Kostaufbau

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High Output Stoma

• Ileostoma, welches über einen langfristigen Zeitraum > 1L Stuhl fördert

Problem:

• stark erhöhter Flüssigkeits- und Elektrolytverlust

• Verstärkung einer Mangelernährung

• ggf. verminderte Medikamentenresorption

Ernährungstherapie:

• vermehrter Einsatz löslicher Ballaststoffe (z.B. gemahlene Flohsamen, Haferflocken etc.)

• viele kleine Mahlzeiten

• Essen und Trinken zeitlich trennen

• isotonische Getränke empfehlen

• Cave: Trinknahrung kann osmotische Diarrhoen verursachen

• ggf. Einsatz von MCT-Fett

postoperative Komplikationen

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Einsatz von Synbiotika

• Erwähnung in den ESPEN Leitlinien, jedoch keine Empfehlungen definiert

Studie von Stavrou et al., 2015:

• Immununutrition mit Synbiotika + Ballaststoffen und Lactobazillen

• Ergebnisse nach kolorektalen Eingriffen:

• signifikant weniger postoperative Pneumonien (p=0,029), Anastomoseninsuffizienzen (p=0,031)

und chirurgischen Infektionen (p=0,020)

• bei Stuhlunregelmäßigkeiten kann die Einnahme von Präbiotika in Form von löslichen

Ballaststoffen eine Regulation des Stuhlgangs positiv beeinflussen

ergänzende Maßnahmen

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• Gustafsson, U.O., Oppelstrup, H., Thorell, A., Nygren, J., Ljungqvist, O. (2016): Adherence to ERAS protocol is associated with 5-year survival after colorectal cancer surgery: a retrospective cohort study. World J Surg 2016;40:1741e7.

• Stavrou G, Damoraki G, Georgitsi M, Tsaousi G, Giamarellos-Bourboulis EJ(2015): A four-probioticsregimen reduces postoperative complications after colorectal surgery: a randomized double-nlind, Placebo-controlles study. World J Surg; 39:2776 e83.

• van Stijn MF, Korkic-Halilovic I, Bakker MS, van der Ploeg T, van Leeuwen PA, Houdijk AP(2013): Preoperative nutrition status and postoperative outcome in elderly general surgery patients: a systematic review. J Parenter Enteral Nutr;37:37e43.

• Weimann, A. (2012): Enhanced Recovery after Surgery (ERAS). J Gastroenterol Hepatol Erkr; 10 (1) 13-17.

• Weimann, A., Braga, M., Carli, F., Higashiguchi, T., Hübner, M., Klek, S., Lavaino, A., Ljungqvist, O., Lobo, D.N., Martindale, R., Waitzberg D.L., Bischoff, S.C., Singer, P. (2017): ESPEN guideline: Clinical nutritionin surgery. 36, 623-650.

• Weimann, A., Breitenstein, S., Breuer, J.P., Gabor, S.E., Holland-Cunz, S., Kemen, M., Längle, F., Rayes, N., Reith, B., Rittler, P., Schwenk, W., Senkal, M. und das DGEM Steering Committee (2013): S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) in Zusammenarbeit mit der GESKES, der AKE, der DGCHa, der DGAIb und der DGAVc: Klinische Ernährung in der Chirurgie. Aktuelle Ernährungsmedizin. 38: e155–e197.

Quellen