Erster Auftrag NischeNgäNger · Erster Auftrag So entstanden die ersten pri-vaten Wunschmodelle...

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40 Modellbahn Illustrierte 09/10 | 2011 41 Modellbahn Illustrierte 09/10 | 2011 Szene 41 40 Szene Die Gussformen bestehen aus einem speziellen Gummi, das Vecernik aus den USA bezieht: „Es ist nicht nur hitzebestän- dig, sondern auch sehr stabil. Eine Gummiform kann bis zu 1.000 Mal wieder verwendet werden, sofern man als Gieß- material Weißmetall verwen- det.“ Weißmetall ist eine Legie- rung, die ihren Schmelzpunkt bei etwa 300 Grad Celsius er- reicht und sich nach dem Aus- kühlen hervorragend mecha- nisch bearbeiten und auch lackieren lässt. Alle kleineren Fahrzeugteile werden bei „vv- model“ aus diesem Material hergestellt, die größeren wie etwa der Fahrzeugkörper aus Resin. Formen für den Resin- Guss wiederum halten nicht mehr als 30 Durchgänge aus, da – so Vecernik – Resin che- misch aggressiv ist. Erster Auftrag So entstanden die ersten pri- vaten Wunschmodelle des Tschechen, der erste geschäft- liche Auftrag ließ nicht lange auf sich warten: „Ich produ- zierte einen 1934er Aero 50 Sodomka im Maßstab 1:43 komplett aus Weißmetall. Er wurde in Amerika und in den Niederlanden verkauft.“ Die Firma Vecernik-Modely – so ihr offizieller Name – war geboren. Der Markenname „vvmodel“ wurde langsam Fotos: Peter Wagner F rantisek Vecernik ist ein ganz kleines bisschen unglück- lich. Als Marken- namen für seine Miniaturfahrzeuge wählte er „vvmodel“, die Initialen für Vecernik und Vecernikova, seine Frau. Was er dabei nicht bedachte: „Auf Deutsch spricht sich das VauVau. Das klingt so wie das Geräusch, das ein Hund macht. Das finde ich nicht so schön“, sagt Vecernik im leicht holprigen Deutsch. Im Tschechischen hat er das VauVau-Problem nicht, im Englischen, der Sprache, die er bei seinen Kunden bevorzugt, auch nicht. Und vor 20 Jahren, als er seine Firma gründete, konnte er nun wirklich nicht ahnen, dass Deutschland mit satten 70 Prozent einmal der Hauptabnehmer seiner Mini- atur-Fahrzeuge wird. Selbermachen Kleine Autos faszinierten den Ingenieur, der lange als Com- puterspezialist in einer Ma- schinenbaufirma arbeitete, seit jeher: „Mein privates Hobby war das Sammeln von Matchbox-Autos. Unglückli- cherweise wurde mein Inter- esse von Fahrzeugtypen gefan- gen genommen, die Matchbox nicht produzierte. So traf ich die Entscheidung, sie eben selbst herzustellen. Beste Voraussetzungen für dieses Tun war Vecerniks ab- geschlossenes Studium als In- genieur für Werkzeugtech- nologie. Er wusste schnell, auf welche Weise er seine Wunschmodelle herstellen wollte und kaufte sich 1991 in England eine Zentrifuge für den Weißmetall-Schleu- derguss. Er erklärt das Verfah- ren: „Beim Schleuderguss wird flüssiges Metall, Schmelze ge- nannt, in eine um ihre Mittel- achse rotierende Gussform ge- füllt. Die Schmelze wird dabei ebenfalls in Rotation versetzt und mit Druck in der Form verteilt. Der Vorteil gegenüber einem statischen Gießverfah- ren sind eine höhere Festigkeit und weniger Poren.“ Auch andere Väter haben schöne Töchter – diese beliebte Redenswendung gilt für viele Bereiche. Im tschechischen Varnsdorf sitzt die Firma „vvmodel“, die ausge- zeichnet detaillierte Miniatur-Fahrzeuge in verschiedenen Spurweiten herstellt und damit in zunehmendem Maße auch das Herz deutscher Modellbahner erfreut. NischeNgäNger Hier werden die Automodelle entgratet, gesäubert, handbemalt und zusammengesetzt. Die Mitar- beiterin ganz links schneidet mit einem Skalpell Gießkanäle in die Gussformen. Gerade fertig geworden ist der Bastei Wohnanhänger in TT. Jarka Vecernikova beim Reinigen der Fahrzeuggehäuse.

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Die Gussformen bestehen aus einem speziellen Gummi, das Vecernik aus den USA bezieht: „Es ist nicht nur hitzebestän-dig, sondern auch sehr stabil. Eine Gummiform kann bis zu 1.000 Mal wieder verwendet werden, sofern man als Gieß-material Weißmetall verwen-det.“

Weißmetall ist eine Legie-rung, die ihren Schmelzpunkt bei etwa 300 Grad Celsius er-reicht und sich nach dem Aus-kühlen hervorragend mecha-nisch bearbeiten und auch lackieren lässt. Alle kleineren Fahrzeugteile werden bei „vv-model“ aus diesem Material hergestellt, die größeren wie etwa der Fahrzeugkörper aus Resin. Formen für den Resin-Guss wiederum halten nicht mehr als 30 Durchgänge aus, da – so Vecernik – Resin che-misch aggressiv ist.

Erster AuftragSo entstanden die ersten pri-vaten Wunschmodelle des Tschechen, der erste geschäft-liche Auftrag ließ nicht lange auf sich warten: „Ich produ-zierte einen 1934er Aero 50 Sodomka im Maßstab 1:43 komplett aus Weißmetall. Er wurde in Amerika und in den Niederlanden verkauft.“

Die Firma Vecernik-Modely – so ihr offizieller Name – war geboren. Der Markenname „vvmodel“ wurde langsam Fo

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F r a ntisek Vecernik ist ein ganz kleines bisschen unglück-lich. Als Marken-namen für seine

Miniaturfahrzeuge wählte er „vvmodel“, die Initialen für Vecernik und Vecernikova, seine Frau. Was er dabei nicht bedachte: „Auf Deutsch spricht sich das VauVau. Das klingt so wie das Geräusch, das ein Hund macht. Das finde ich nicht so schön“, sagt Vecernik im leicht holprigen Deutsch. Im Tschechischen hat er das VauVau-Problem nicht, im Englischen, der Sprache, die er bei seinen Kunden bevorzugt, auch nicht. Und vor 20 Jahren, als er seine Firma gründete, konnte er nun wirklich nicht ahnen, dass Deutschland mit satten 70 Prozent einmal der Hauptabnehmer seiner Mini-atur-Fahrzeuge wird.

SelbermachenKleine Autos faszinierten den Ingenieur, der lange als Com-puterspezialist in einer Ma-schinenbaufirma arbeitete, seit jeher: „Mein privates Hobby war das Sammeln von Matchbox-Autos. Unglückli-cherweise wurde mein Inter-esse von Fahrzeugtypen gefan-gen genommen, die Matchbox nicht produzierte. So traf ich die Entscheidung, sie eben selbst herzustellen.

Beste Voraussetzungen für dieses Tun war Vecerniks ab-geschlossenes Studium als In-genieur für Werkzeugtech-nologie. Er wusste schnell, auf welche Weise er seine Wunschmodelle herstellen wollte und kaufte sich 1991 in England eine Zentrifuge für den Weißmetall-Schleu-derguss. Er erklärt das Verfah-ren: „Beim Schleuderguss wird flüssiges Metall, Schmelze ge-nannt, in eine um ihre Mittel-achse rotierende Gussform ge-füllt. Die Schmelze wird dabei ebenfalls in Rotation versetzt und mit Druck in der Form verteilt. Der Vorteil gegenüber einem statischen Gießverfah-ren sind eine höhere Festigkeit und weniger Poren.“

Auch andere Väter haben schöne Töchter – diese beliebte Redenswendung gilt für viele Bereiche. Im tschechischen Varnsdorf sitzt die Firma „vvmodel“, die ausge-zeichnet detaillierte Miniatur-Fahrzeuge in verschiedenen Spurweiten herstellt und damit in zunehmendem Maße auch das Herz deutscher Modellbahner erfreut.

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Hier werden die Automodelle entgratet, gesäubert, handbemalt und zusammengesetzt. Die Mitar-beiterin ganz links schneidet mit einem Skalpell Gießkanäle in die Gussformen.

Gerade fertig geworden ist der Bastei Wohnanhänger in TT.

Jarka Vecernikova beim Reinigen der Fahrzeuggehäuse.

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Frantisek Vecernik versucht sein Unternehmen so wirt-schaftlich wie möglich zu führen. Mit aktuell drei Mit-arbeiterinnen konzentrieren er und seine Frau sich auf die Planung, Konstruktion, Lackie-rung, Montage und Fertigung der Modelle sowie auf die Pro-duktion der Metall-Gussteile. Den Prototypenbau sowie den Kunststoff-Guss von größe-

ren Teilen lässt Vecernik ex-tern machen. Vor drei Jahren hatte er noch zwei Mitarbei-terinnen mehr, aber die Wirt-schaftskrise ging auch an ihm nicht spurlos vorbei.

Dass er in Deutschland gegen große Hersteller wie Herpa, Busch oder Wiking antreten muss, ist für Vercernik kein Problem: „Ich sehe diese Fir-

men nicht als Konkurrenz und umgekehrt wohl auch nicht. Wir produzieren Nischenpro-dukte in Kleinserie, die sich für große Firmen gar nicht rentie-ren würden.“ Für sein früheres Hobby hat er dennoch keine Zeit mehr: „Ich habe mit dem Sammeln von Modellautos auf-gehört, weil ich deren Herstel-lung inzwischen viel spannen-der finde.“ Gabriele Ruthsatz

zeugen. Für den Volvo Club in Stockholm produziert er kleine Volvos.

Großes Interesse findet die Marke „vvmodel“ mittlerweile auch in Deutschland. Der aktu-ell größte Auftraggeber ist der Modellbahnshop Sebnitz, der bereits seit einiger Zeit vv-Mo-delle im Programm hat. Brand-neu in Vorbereitung ist in TT der Bastei- Campinganhänger, von dem wir erste Muster be-gutachten konnten.

Michael Tillig, Inhaber des Mo-dellbahnshop Sebnitz, erklärt die Vorteile der tschechischen Modelle: „Wir vergleichen na-türlich mit der Qualität von Plastikspritzguss in Großserie, da ist kein großer Unterschied. Manche Details sind sogar bes-ser zu erkennen, weil sie von Hand koloriert sind. Etwas, das in der Großserie nicht ge-macht werden könnte, weil es den Kostenrahmen sprengen würde.“ Warum geht es bei „vvmodel“? Frantisek Vecer-nik: „Weil wir unsere Autos sowieso handbemalen, Tam-pondruck lohnt sich bei unse-

tauscht wurden, in dem auch Platz für ein gut sortiertes La-dengeschäft ist. Dort verkauft Vecernik seine eigenen Fahr-zeuge und die anderer Her-

steller wie TILLIG, PIKo, Re-vell oder Burago.

Seine eigene Produktpalette konzentriert sich vor allem auf Fahrzeugmodelle in der Spur H0 der Epochen III und IV. Der russische Tschaika oder die tschechische oberklassen-limousine T 603 in nahezu al-len denkbaren Varianten sind dabei. Vecerniks Hauptge-schäft aber sind Auftragsar-beiten. „Ich mache alles, was gewünscht wird: Pkw, Busse, Lkw und Traktoren, nur keine U-Boote oder Flugzeuge.

VielfältigWer ein vv-Modell in Auftrag geben möchte, sollte neben Geld möglichst viele Informa-tionen mitbringen: Vorbild-fotos von allen Seiten, wenn es geht Pläne oder ein Muster in einer größeren Spurweite. Notfalls fertigt Vecernik die Pläne auch selbst, natürlich ist das aufwändiger und wird etwas teurer. So baut Vecer-nik für SAI Miniautos für den französischen Markt, für Her-zog beglückt er die Schweizer mit deren heimischen Fahr-

Den Lada 1200 gibt es in verschiedenen Versionen: als normalen PKW, als Volkspolizeiauto und als Fahrschulwagen. Skoda Müllwagen in TT.

Nach einer kurzen Abkühlzeit können die Weißmetallteile aus der Gummiform entnommen werden.

Bei der Gussform für Zurüstteile sind innen Gießkanäle erkennbar.

ein Begriff. Das Unterneh-men zog aus der Gara gen -werkstatt in größere Räume, bis auch diese vor fünf Jahren gegen ein schönes Haus ge-

Das auf 300 Grad Celsius erhitzte Weißmetall wird eingefüllt.

Die Modelle werden sorgfältig von Hand koloriert.

ren Stückzahlen nicht. Und auf einen Pinselstrich mehr oder weniger kommt es nicht an.“

StückzahlenEntscheidend aber sei das Ver-hältnis zwischen Preis und Ab-nahmemenge. Michael Tillig: „Bei einem Großserienherstel-ler redet man über Stückzah-len ab 10.000 aufwärts. Das ist für Nischenprodukte wie unse-ren Pionierwagen nicht denk-bar. Mit dem TT-Lada, der gut läuft, kommen wir auf aktuell 3.000 Stück.“ Über eine niedri-gere Stückzahl möchte Tillig nicht nachdenken, jedenfalls nicht für eine Formneuheit. Schließlich müssen bei einem in Auftrag gegebenen Modell Vorarbeiten und Urmodell im voraus bezahlt werden.

Kundenbesuch: Begutachtung des neuen Bastei-Wohnanhängers.

VECERNIK-MODELY– scale modelcarsFranticek VecernikKmochova 1353CZ-40747 VarnsdorfTel.: 0042.320.412372eMail: [email protected]

vvmodel

Pionierwagen Nr. 1 der Feuerwehr Dresden in H0.