ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r §...

63
Research Collection Doctoral Thesis Darstellende hyperbolische Geometrie Author(s): Dändliker, Karl Publication Date: 1919 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000091749 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

Transcript of ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r §...

Page 1: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Research Collection

Doctoral Thesis

Darstellende hyperbolische Geometrie

Author(s): Dändliker, Karl

Publication Date: 1919

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000091749

Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For moreinformation please consult the Terms of use.

ETH Library

Page 2: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Darstellende

hyperbolische Geometrie—•——•—

Von der

EidgenössischenTechnischen Hochschule in Zürich

zur Erlangung der

Würde eines Doktors der Mathematik

genehmigte

Promotionsarbeit

vorgelegt von

Karl Dändliker,aus Hombrechtikon (Zürich)

Referent: Herr Prof. Dr. M. QROSSMANN.

Korreferent: Herr Prof. Dr. L. KOLLROS.

214

OERLIKON

Buchdruckerei H. Kraut

1919

Page 3: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Leer - Vide - Empty

Page 4: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

MEINEN LIEBEN ELTERN

AUS DANKBARKEIT GEWIDMET

Page 5: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Leer - Vide - Empty

Page 6: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Inhaltsverzeichnis.Einleitung.

„ .,

.I. Kapitel.

Kreisgeometrie.r

§ 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9

§ 2. Kreistangenten 10

§ 3. Kreise und Kreisbüschel in der Poincaré'schen Veranschaulich¬

ung der hyperbolischen Ebene 11

§ 4. Kreise durch drei Punkte 16

§ 5. Potenzgerade und Potenzpol 19

§ 6. Potenzpunkt und Potenzaxe 22

Der Grenzkreis.'

§ 1. Schnitt einer Geraden mit einem Grenzkreise 26

§ 2. Tangenten von einem Punkte an einen Grenzkreis....

27

§ 3. Schnitt zweier Grenzkreise 28

§ 4. Schnittpunkte von Grenzkreisen mit eigentlichen und Ueber-

kreisen 29

§ 5. Nullkreise 30

III. Kapitel.Die fundamentalen Konstruktionen des hyperbolischenRaumes.

§ 1. Punkt und Gerade 32

§ 2. Die Normalprojektion in der Poincaré'schen Veranschaulichungder hyperbolischen Geometrie 33

§ 3. Die Hauptebene eines Punktes 35

§ 4. Gerade und Ebene 36

§ 5. Schnittprobleme 38

§ 6. Normalenprobleme 39

§ 7. Halbierung von Strecken und Winkeln 43

§ 8. Parallelenprobleme 47

IV. Kapitel.Drehung, Schiebung und Schraubung.§ 1. Drehung 50

§ 2. Schiebung 54

§ 3. Schraubung 57

§ 4. Umklappung 58

§ 5. Dreikant und Dreieck 59

Page 7: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Leer - Vide - Empty

Page 8: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Einleitung.

Der Zweck der vorliegenden Arbeit ist, die fundamen¬

talen Konstruktionen der darstellenden Geometrie im hyper¬bolischen Räume auszuführen und ihren Zusammenhang mit

der hyperbolischen Kreisgeometrie zu zeigen.Bekanntlich liegen die unendlich fernen Punkte des hy¬

perbolischen Raumes auf einer Fläche zweiten Grades, der

sog. Fundamentalkugel. Alle Punkte, die innerhalb dieser

Kugel liegen, sind die sog. eigentlichen Punkte. Diese stehen

einem hyperbolischen Wesen, als das sich der Konstrukteur

zu denken hat, zur direkten Verfügung. Eine eigentlicheGerade, d. h. eine solche, die eigentliche Punkte besitzt, trifft

die Fundamentalkugel in zwei Punkten, den sog. Enden1)der Geraden. Eine eigentliche Ebene wird von der Fun¬

damentalkugel in einem Kreise, dem sog. Fundamentalkreise

der Ebene geschnitten. Die unendlich fernen Punkte erhält man

vermittelst der bekannten Parallelenkonstruktion mit dem drei¬

rechtwinkligen Viereck2). Die Punkte die außerhalb der Fun¬

damentalkugel liegen, die sogenannten uneigentlichen Punkte,

sind von einem hyperbolischen Wesen nicht erreichbar. Hat

man zwei Gerade, die sich in einem uneigentlichen Punkte

treffen, so existiert eine eigentliche Gerade, die auf beiden

Geraden zugleich normal steht. Die Konstruktion einer solchen

Geraden, die man Polare des uneigentlichen Schnittpunktesder beiden Geraden nennen möge, ist von Hubert1) gegebenworden. Es hat auch jeder eigentliche Punkt eine Polare,die uneigentlich ist. Alle Geraden eines Büschels stehen

auf der Polaren des Scheitels normal. Eigentliche, unend-

') D. Hubert: Neue Begründung der Bolyai-Lobatschefskij'schenGeometrie. Math. Annalen Bd. 57 S. 137—150.

2) N. I. Lobatschefskij : Zwei geometrische Abhandlungen, deutsch

von F. Engel. S. 256.

Page 9: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 8 —

lieh ferne und uneigentliche Punkte werden schlechthin als

Punkte bezeichnet. Die Aufgabe, irgend zwei Punkte mit¬

einander zu verbinden, zerfällt vom Standpunkte des hyper¬bolischen Wesens aus betrachtet in einige vollständig ver¬

schiedene Konstruktionen, die in einer Arbeit von Liebmann3)

zusammengestellt wurden und deren Kenntnis in der vor¬

liegenden Arbeit vorausgesetzt wird. Vom Standpunkte der

projektiven Geometrie aus erscheint die Aufgabe als eine

einzige.

Die Konstruktionen werden ausgeführt in einer Bild¬

ebene und zwar mit Hilfe von Lineal, Zirkel und Abstand¬

zirkel, d. h. einem Instrument, welches gestattet Ueberkreise

zu zeichnen, wo man unter einem Ueberkreise den geome¬

trischen Ort aller Punkte versteht, die von einer gegebenenGeraden, der Axe des Ueberkreises, vorgeschriebenen kon¬

stanten Abstand haben. Dieses Instrument besteht im Prinzipeaus einem Winkel, dessen einer Schenkel längs der Axe gleitet,während auf dem andern in einem gewissen Abstand vom

Scheitel der Zeichenstift befestigt ist. Durch Veränderungdes Winkels ist es dann möglich mit beliebig vorgeschrie¬benen Abständen Ueberkreise zu konstruieren. Da für die

Konstruktion von Grenzkreisen kein Instrument gegeben sein

soll, dieselben also in den Konstruktionen nicht als konti¬

nuierliche Kurven betrachtet werden können, so sind im

IL Kapitel die für die Konstruktionen des III. Kapitels wichtigenFälle von Schnitt- und Tangentenproblemen behandelt.

Um die Erklärung der Konstruktionen zu erleichtern,

ist die Bezeichnung so gewählt, dass für Projektionen von

Punkten etc. die lateinischen Buchstaben verwendet werden,während die Originalpunkte im Raum mit denselben Buch¬

staben bezeichnet werden, die aber rechts unten mit einem

o versehen werden, so daß z. B. der Punkt P0 des Raumes

die Projektion P hat.

3) Die elementaren Konstruktionen der nichteuklidischen Geome¬

trie. Jahresberichte der deutschen Mathematikervereinigung. Bd. 20,S. 56—69.

Page 10: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

I. Kapitel.Kreisgeometrie.

§ 1. Die drei verschiedenen Kreisarten.

Wie man eigentliche, uneigentliche und unendlich ferne

Punkte unterscheidet, so hat man auch drei verschiedene

Kreisarten, den eigentlichen Kreis, den Ueberkreis oder die

Abstandslinie und den Qrenzkreis. Der Mittelpunkt des er-

steren ist eigentlich, der des zweiten uneigentlich und der

des letztern unendlich fern. Der Mittelpunkt des Ueberkreises

hat eine eigentliche Polare, die Axe des Ueberkreises, und

zwar hat diese, wie schon bemerkt, die Eigenschaft, daß

alle Punkte des Ueberkreises von derselben gleichen Abstand

haben. Während der eigentliche Kreis und der Grenzkreis

aus einem Stück bestehen, setzt sich der Ueberkreis aus

zwei Stücken, den beiden sog. Aesten, zusammen.

Aufgabe 1 : Man zeichne einen Kreis, der durch einen

gegebenen Punkt geht und dessen Mittelpunkt der Schnitt¬

punkt zweier Geraden ist.

Diese Aufgabe zerfällt in drei von einander ganz ver¬

schiedene Probleme, je nachdem der Schnittpunkt der Ge¬

raden, die mit a und b bezeichnet werden mögen, eigent¬

lich, uneigentlich oder unendlich fern ist. Schneiden sich

a und b, ist also der Schnittpunkt M eigentlich, so erhält

man den verlangten Kreis durch den Punkt P genau wie in

der euklidischen Ebene. Schneiden sich die Geraden a

und b nicht, ist also M uneigentlich, so ist die Polare m

von M eigentlich und schneidet sowohl a als auch b normal.

Stellt man dann die Entfernung des Punktes P von m in

den Abstandszirkel ein und läßt diesen beidseitig längs m

gleiten, so erhält man den verlangten Kreis. Im dritten Fall,

wo a und b parallel sind, kann man, wie in der Einleitung

Page 11: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 10 -

schon bemerkt wurde, den Grenzkreis nur punktweise zeichnen.

Wie das zu geschehen hat zeigt Aufgabe 8 Seite 26. Der

Mittelpunkt M des Grenzkreises fällt mit dem gemeinsamenEnde der Geraden a und b zusammen und man bezeichnet

denselben, da er auch auf dem Grenzkreis liegt, als den

unendlich fernen Punkt des Grenzkreises. Alle Geraden der

Ebene von welchen ein Ende in den unendlich fernen Punkt

des Grenzkreises fällt, nennt man Axen des Grenzkreises.

§ 2. Kreistangenten.

Aufgabe 2: Man zeichne von einem Punkte die Tan¬

genten an einen eigentlichen Kreis.

In Fig. 1 sei k der Kreis, an den vom Punkte P die

Tangenten zu legen sind. Man zieht durch P irgend zwei

Gerade a und b, welche k in den Punkten A1 und A2 resp.

Bj und B2 schneiden. Die Verbindungsgeraden der Schnitt¬

punkte C und D der Geraden AjB2 und A2Bj resp. AjBj und

A2B3 schneidet aus k die Punkte T1 und T2 aus. Diese bei¬

den Punkte sind die Berührungspunkte der Tangenten von

P an den Kreis. Die Tangenten selbst sind die Geraden

PTj und PT2. Ist der Punkt P uneigentlich, so stehen be¬

kanntlich die Geraden AjA2, BXB2 und die Tangenten nor¬

mal auf seiner Polaren p.

Page 12: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— Il —

Aufgabe 3 : Man ziehe von einem Punkte die Tangentenan einen Ueberkreis.

Diese Aufgabe kann genau wie die vorige gelöst wer¬

den. Um aber möglichst wenig mit uneigentlichen Punkten

zu operieren, sei folgende Konstruktion vorgeschlagen. In

Fig. 2 sei k der Ueberkreis und die Gerade a seine Axe.

Der Punkt P, von dem aus die Tangenten an k gezogenwerden sollen, sei uneigentlich, seine Polare sei p. Irgendeine Gerade f, die durch den Punkt P geht, d. h. auf p nor¬

mal steht, schneidet aus k die beiden Punkte A1 und A2 aus.

Man legt nun einen eigentlichen Hilfskreis h durch Ax und

A2, der von einer Normalen auf p in Bj und B2 so geschnittenwird, daß sowohl der Schnittpunkt C von AjBt und A2B2als auch der Schnittpunkt D von AXB2 und A2Bj eigentlichsind. Die Gerade, die den Schnittpunkt P' von CD mit f

mit dem Schnittpunkt A von p und a verbindet, schneidet

aus k die Berührungspunkte T1 und T2 der gesuchten Tan¬

genten aus. Die Tangenten tx und t2 selbst sind die Normalen

von Tj resp. T2 auf p.

§ 3. Kreise und Kreisbüschel in der Poincaré'schen

Veranschaulichung der hyperbolischen Ebene.

Bekanntlich hat Poincaré4) den hyperbolischen Raum

dadurch veranschaulicht, daß er denselben auf den euklidischen

Raum abbildete und zwar folgendermassen. Der hyper¬bolische Raum wird repräsentiert durch einen der beiden

Halbräume, in die der euklidische Raum durch eine beliebigeEbene Q geteilt wird. Die Ebene ü, die man Fundamen¬

talebene nennt, entspricht dann der Fundamentalkugel. Den

Halbraum, der das Bild des hyperbolischen Raumes sein

soll, bezeichnet man mit R. Das Bild einer Ebene ist eine

Halbkugel des Halbraumes R, die Q normal schneidet oder

eine Ebene die auf Q normal steht. Halbkreise die ü nor¬

mal treffen und in R liegen, repräsentieren Gerade. Die

4) J. H. Poincaré : Wissenschaft und Hypothese, deutsch von F. und

L. Lindemann. S. 42—44.

Page 13: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 12 —

Winkel werden im gewöhnlichen Sinne gemessen wie in

der euklidischen Geometrie, während der Abstand zweier

Punkte gegeben wird durch den Logarithmus des Doppel¬verhältnisses, welches die beiden Punkte mit den zwei

Schnittpunkten bilden, in welchen die Ebene Si von dem¬

jenigen Halbkreise getroffen wird, der durch diese beiden

Punkte hindurchgeht und Si normal schneidet.

In diesem Kapitel werden nur Betrachtungen an ebenen

Figuren ausgeführt. Die hyperbolische Ebene möge reprä¬sentiert werden durch h, wo h eine der Halbebenen h und

h' ist, in die eine euklidische Ebene durch die Fundamen¬

talgerade ai geteilt wird, w entspricht dem Fundamental¬

kreis'der hyperbolischen Ebene, d. h. dem Kreise, in welchem

die Fundamentalkugel die Ebene schneidet. Alle Halbkreise,

die normal auf cu stehen, veranschaulichen die Geraden der

hyperbolischen Ebene, wobei Gerade, die normal auferstehen,ebenfalls als Halbkreise aufgefaßt werden.

Man betrachtet nun (Fig. 3) ein Büschel von Halb¬

kreisen a b c . ..,

die sich in einem Punkte P schneiden.

P ist ein Grundpunkt dieses Kreisbüschels, während der

andere Grundpunkt das Spiegelbild von P bezüglich der

Geraden w ist. Dieses Kreisbüschel veranschaulicht ein Ge¬

radenbüschel mit einem eigentlichen Scheitel. Da ein eigent¬licher Kreis diejenige Kurve ist, welche die Geraden eines

Büschels mit eigentlichem Scheitel normal schneidet, so

wird, in der vorliegenden Veranschaulichung der hyperbo¬lischen Geometrie der Kreis mit dem Mittelpunkte P eben¬

falls durch einen Kreis repräsentiert. Dieser gehört demjenigenKreisbüschel an, das dem Büschel abc..., konjugiert ist.

Ist der Scheitel P des Geradenbüschels, das durch die

Halbkreise abc... dargestellt wird, uneigentlich (Fig. 4),d. h. sind die Grundpunkte des Kreisbüschels imaginär, dann

gibt es einen Halbkreis n, der alle Kreise abc... nor¬

mal schneidet und dessen Mittelpunkt auf a> liegt, der also

die Polare des Scheitels des Geradenbüschels repräsentiert.

Die Punkte Nx und N2, in welchen n w schneidet, sind die

Page 14: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 13 —

Nullkreise des Büschels abc... Alle Kreise des Büschels,das zum Büschel abc... konjugiert ist, schneiden sich

in Nj und N2. Da der Ueberkreis eine Kurve ist, die sämt¬

liche Geraden eines Büschels mit uneigentlichem Scheitel

normal schneidet, so wird dieser veranschaulicht durch einen

Kreis, der durch die beiden Punkte Nx und N2 geht. Die

Punkte Nj und N2 schneiden aus dem Kreise die zwei Bogen

Nx A'N2 und Nt BN2 aus, von welchen Nx BN2 in die Halb¬

ebene h fällt, die die hyperbolische Ebene veranschaulichen

soll, während Nt A'N2 in die Halbebene h' fällt. Wird nun

die Halbebene h' um w in die Halbebene h hineingeklappt,dann geht der Bogen Nj A'N2 in N1 AN2 über. Da Nx AN2

Fig. 3. Fig. 4.

die Kreise abc... ebenfalls normal schneidet, so sieht

man, daß Nx AN2 und Nx BN2 die beiden Aeste eines Ueber-

kreises repräsentieren, dessen Axe durch den Halbkreis n

veranschaulicht wird. Durch diese Umklappung fallen immer

je ein Punkt A von h und ein Punkt A' von h' in A zu¬

sammen. Um diese beiden Punkte auseinander zu halten,

gibt man ihnen verschiedene Umlaufsinne. So mögen alle

Punkte die in h liegen mit positivem (Gegenuhrzeigersinn)

und alle Punkte die in h' liegen und durch Umklappung in

h gebracht werden, mit negativem Umlaufsinn versehen sein.

Als Schnittpunkte Sa und S2 (Fig. 4) von zwei Ueberkreisen

Page 15: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 14 —

Nj AN2 B und Lx Ox L2 02 sind, wie aus der Figur vor der Um¬

klappung von h' in h hervorgeht, nur diejenigen Punkte zu

betrachten, die gleichzeitig auf zwei Kreisbogen liegen,deren Punkte gleichen Umlaufsinn haben oder kurz gesagt,deren Aeste gleichen Umlaufsinn besitzen. Betrachtet man

die Figur nachdem h' in h hineingeklappt ist, so gibt es

scheinbar vier Schnittpunkte Sa S2 01 02, von welchen aber

Oj und 02 Punkte sind, in welchen sich Kreisbogen mit un¬

gleichem Umlaufsinn kreuzen. Durch die Einführung des

Umlaufsinnes kann man es auch erreichen, daß, wie später

gezeigt werden wird, durch drei Punkte (versehen mit Um¬

laufsinn) ein einziger Kreis bestimmt ist.

Es bleibt nun noch der Fall, in welchem der gemein¬same Schnittpunkt N der Kreise abc... auf w liegt.Alle Kreise dieses Büschels stellen dann Gerade vor, die

parallel sind und deren gemeinsames Ende durch N veran¬

schaulicht wird. Da der Grenzkreis eine Kurve ist, die die Ge¬

raden eines Parallelenbüschelsunter rechtemWinkel schneidet,

so wird ein solcher in der vorliegenden Veranschaulichungder hyperbolischen Geometrie durch einen Kreis dargestellt,der to in N berührt. Dieser Kreis gehört dem Kreisbüschel

an, das zum Kreisbüschel abc... konjugiert ist.

Die bisherigen Betrachtungen dieses Paragraphen lassen

sich in folgenden beiden Sätzen kurz zusammenfassen:

Satz 1: Die Punkte von eigentlichen Kreisen und.

Qrenzkreisen haben denselben Umlaufsinn, während die

Punkte, die auf verschiedenen Aesten desselben Ueber-

kreises liegen, entgegengesetzten Umlaufsinn haben.

Satz 2 : Zwei Kreise schneiden sich in höchstens zwei

Punkten.

Dadurch, daß man Lehrsätze über Kreisbüschel in der

euklidischen Geometrie auf die vorliegende Veranschau¬

lichung der hyperbolischen Geometrie anwendet, kann man

Eigenschaften der hyperbolischen Kreisbüschel herleiten.

Es seien in Fig. 5 \ und k2 zwei Kreise, die sich in

den Punkten Sx und S2 schneiden mögen. Durch diese bei-

Page 16: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 15 —

den Kreise ist ein Büschel definiert. Bekanntlich gibt es

ein konjugiertes Büschel lx 12 . . . .,dessen Kreise alle

Kreise des Büschels kj k2 . . . .normal schneiden. Die

Kreise dieses konjugierten Büschels schneiden einander im

vorliegenden Falle nicht, d. h. die beiden Grundpunkte des

Büschels la la . . . .sind imaginär. Die beiden Nullkreise

des Büschels \t 12 . . .,d. h. diejenigen Kreise, die sich auf

einen Punkt reduzieren, fallen zusammen mit S! und S2.Sind umgekehrt die Kreise \x 12. . . gegeben, die sich nicht

schneiden und sind S2 und S2 die Nullkreise des Büschels

lj J2 . . .,dann gehen alle Kreise des konjugierten Büschels

durch die Punkte Sj und S2.

Liegt nun w so, daß Sx und S2 auf derselben Seite von

eu liegen, (Fig. 5) d. h. beide Punkte denselben Umlaufsinn

haben, so besteht das Kreisbüschel kx k2 . . . aus eigent¬lichen Kreisen, zwei Grenzkreisen und Ueberkreisen. Die

Punkte der eigentlichen Kreise und der Grenzkreise haben

alle denselben Umlaufsinn, wie Sx und S2. Eigentliche Kreise

und Grenzkreise mit negativem Umlaufsinn sind in diesem

Büschel keine vorhanden. Das konjugierte Kreisbüschel lj 12...besteht aus eigentlichen Kreisen und Grenzkreisen mit nur

positivem Umlaufsinn und aus Ueberkreisen.

Page 17: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 16 —

Ist in Fig. 6 w so gewählt, daß Sj in die Halbebene h

und [S2] in die Halbebene h' fällt, d. h. Sj positiven und S2negativen Umlaufsinn hat, dann besteht das Kreisbüschel,

das durch die Kreise kj und k2 definiert wird, aus lauter

Ueberkreisen. Das zum Büschel k, k2 . . . konjugierteBüschel lj 12 . . . dagegen besteht aus eigentlichen Kreisen

und Grenzkreisen, die sowohl positiven als auch negativenUmlaufsinn haben. Diese Betrachtungen lassen sich in den

folgenden vier Sätzen kurz zusammenfassen.

Satz 3: Ein Kreisbäschel, dessen Qrundpunkte reell

sind und denselben Umlaufsinn haben, besteht aus eigent¬lichen Kreisen und zwei Grenzkreisen, deren Punkte den¬

selben Umlaufsinn haben wie die Qrundpunkte und aus

Ueberkreisen.

Satz 4: Ein Kreisbäschel, dessen Qrundpunkte ent¬

gegengesetzten Umlaufsinn haben, besteht nur aus Ueber¬

kreisen und zwar liegt auf jedem Ast eines solchen ein

Orundpunkt.

Satz 5: Ein, Kreisbüschel, dessen Nullkreise reell sind

und gleichen Umlaufsinn haben, besteht aus eigentlichenKreisen und zwei Qrenzkreisen, deren Punkte denselben

Umlaufsinn haben, wie die Nullkreise, und aus Ueber¬

kreisen.

Satz 6: Ein Kreisbüschel, dessen Nullkreise reell sind

und verschiedenen Umlaufsinn haben, besteht aus eigent¬lichen Kreisen, die sowohl negativen als auch positiven

Umlaufsinn haben, aus zwei Qrenzkreisen, von welchen

der eine positiven und der andere negativen Umlaufsinnhat und aus Ueberkreisen.

§ 4. Kreise durch drei Punkte.

In der hyperbolischen Ebene seien zwei Punkte A und B

gegeben (Fig. 7). Die Mittelpunkte der Kreise durch A und B

liegen auf der Mittelnormalen m von AB. Eine beliebige Ge¬

rade durch A möge m in einem eigentlichen Punkte M schnei-

Page 18: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 17 —

den. Der Kreis k, beschrieben um M als Mittelpunkt mit

dem Radius MA ist dann ein Kreis des Büschels, dessen

Grundpunkte A und B sind. Wird nunMA um A gedreht, so daß

der Winkel BAM zunimmt, so entfernt sich M mehr und

mehr von der Geraden AB. Wird die Gerade parallel m, so gehtder Kreis k über in einen Grenzkreis des Büschels. Dreht man

die Gerade noch mehr, so wird der Schnittpunkt derselben mit

m uneigentlich. Der Kreis k wird dann ein Ueberkreis, dessen

Axe a diejenige Gerade ist, die m und die Gerade durch A

normal schneidet. Betrachtet man einen Punkt P der Ebene,

so geht durch diesen sowohl ein eigentlicher Kreis als auch

ein Ueberkreis des Büschels durch A und B. Es ist nun

zweckmäßig den Umlaufsinn, der im vorigen Paragraphen

eingeführt wurde, auch in der hyperbolischen Ebene ein¬

zuführen. Am besten stellt man sich die hyperbolische Ebene

alsDoppelschicht vor, wo alle Punkte derselben Schicht gleichenund Punkte, die in verschiedenen Schichten liegen, ent¬

gegengesetzten Umlaufsinn haben. In Fig. 7 hat P den¬

selben Umlaufsinn wie die Punkte A und B, wenn er dem

eigentlichen Kreise k angehört und entgegengesetzten Um¬

laufsinn, wenn er dem Ueberkreise mit der Axe a angehört.A und B liegen dann auf einem Aste des Ueberkreises,während P auf dem andern liegt.

Page 19: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 18 —

In Fig. 8 seien die Punkte A und B gegeben, die ent¬

gegengesetzten Umlaufsinn haben. Nach Satz 4 besteht ein

Kreisbüschel dessen Grundpunkte die gegebenen Punkte A

und B sind, nur aus Ueberkreisen. Zieht man durch den

Mittelpunkt M der Strecke AB irgend eine Gerade a, so ist

diese die Axe eines Ueberkreises dieses Büschels. Fällt man

dann von A resp. B die Lote AA' resp. BB' auf a, so sind,da AM = BM, < AMA' = < BMB' und < AA'M =-

< BB'M = 1R ist, die beiden Dreiecke MAA' und MBB'

kongruent, d. h. es ist AA' = BB'. Man sieht also hier¬

aus, daß alle Axen des Büschels mit den Grundpunkten A

und B sich im Mittelpunkte M von AB schneiden.

Versteht man in diesem Kapitel von nun an unter einem

Punkte einen mit Umlaufsinn versehenen Punkt, so gilt fol¬

gender Satz.

Satz 7 : Durch drei Punkte ist ein einziger Kreis be¬

stimmt.

Aufgabe 4 : Man zeichne einen Kreis, der durch drei

Punkte geht.

Haben die drei Punkte gleichen Umlaufsinn, dann ist

der Mittelpunkt des gesuchten Kreises der Schnittpunkt der

Mittelnormalen je zweier der drei Punkte. Wie der Kreis

gefunden wird, zeigt die Aufgabe 1. Falls der gesuchteKreis ein Ueberkreis ist, so liegen die drei gegebenen Punkte

immer auf demselben Aste.

Haben zwei Punkte denselben und der dritte entgegen¬

gesetzten Umlaufsinn, dann ist es, wie aus Satz 4 hervor¬

geht, nur möglich, durch diese drei Punkte einen Ueber¬

kreis zu legen. Sollen z. B. in Fig. 8 A und C denselben

und B entgegengesetzten Umlaufsinn haben, dann ist die

Axe des gesuchten Ueberkreises die Verbindungslinie der

beiden Punkte M und M', wo M und M' die Mittelpunkteder Strecken AB resp. AC sind. A und C liegen auf dem

einen und B auf dem andern Aste des Ueberkreises durch

die drei Punkte.

Page 20: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 19 —

§ 5. Potenzgerade und Potenzpol.

Wird in Fig. 7 die Gerade MA um den Punkt A so weit

gedreht, daß sie auf AB normal zu stehen kommt, dann

rückt die Axe a mit den beiden Aesten des Ueberkreises

in die Gerade AB hinein. Die Gerade AB ist also auch

ein Kreis des Büschels mit den Grundpunkten A und B.

Sie schneidet daher alle Kreise des konjugierten Büschels,dessen Existenz vermittelst der Poincaré'schen Veranschau¬

lichung der hyperbolischen Geometrie in § 3 nachgewiesenwurde, normal. Da jede Gerade, die einen Kreis normal

schneidet, ein Durchmesser desselben ist, so liegen die

Mittelpunkte der Kreise des konjugierten Büschels auf der

Geraden AB, welche man die Potenzgerade des Büschels

mit den Grundpunkten A B nennt. Analog ist m die Potenz¬

gerade des konjugierten Büschels, dessen Nullkreise mit A

und B zusammenfallen.

Haben die Grundpunkte des Büschels verschiedenen

Umlaufsinn, wie in Fig. 8, so sind die Mittelpunkte der

Kreise des Büschels, d. h. die Potenzgerade des konjugierten

Büschels, dessen Nullkreise A und B sind, uneigentlich. Die

Axen aller Ueberkreise des Büschels schneiden sich, wie

im vorigen Paragraphen bewiesen wurde, im MittelpunkteM der Strecke AB. Dieser Punkt M ist der Pol der un¬

eigentlichen Potenzgeraden, der sog. Potenzpol des Kreis¬

büschels, dessen Nullkreise A und B sind. Die Potenzge¬rade des Kreisbüschels, von welchem A und B Grundpunktesind, ist die Gerade AB. Aus diesen Betrachtungen lassen

sich folgende Sätze ableiten, die für die weitere Entwicklungder Konstruktionen wichtig sind.

Satz 8:JederPunkt der Potenzlinie eines Kreisbüschels

hat die Eigenschaft, daß die von ihm an alle Kreise des

Büschels gezogenen Tangenten gleiche Länge haben.

Satz 9: Jede Normale auj die Potenzlinie eines

Kreisbüschels hat die Eigenschaft, daß auf allen Tan¬

genten an Kreise des Büschels, die auf ihr normal stehen.

Page 21: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 20 —

von ihr und dem Berührungspunkte Strecken abgeschnitten

werden, die einander gleich sind.

Satz 10: Die Berührungspunkte aller zur Potenzlinie

eines Kreisbüschels parallelen Tangenten an die Kreise

desselben liegen auf zwei Grenzkreisen.

Aufgabe 5: Man bestimme die Potenzgerade resp.

den Potenzpol zweier Kreise.

Schneiden sich die beiden Kreise, so ist die Verbin¬

dungslinie der beiden Schnittpunkte die gesuchte Potenz¬

linie.

Anders verhält es sich, wenn sich die beiden Kreise

nicht schneiden. Es gibt dann vier verschiedene Dispo¬

sitionsmöglichkeiten und zwar können die zwei Kreise ge¬

geben sein:

1. durch zwei eigentliche Kreise, deren Punkte densel¬

ben Umlaufsinn haben und die sich nicht schneiden,

2. durch einen eigentlichen Kreis und einen Ueberkreis,

die einander nicht schneiden,

3. durch zwei Ueberkreise, die sich nicht schneiden und

endlich

4. durch einen eigentlichen Kreis mit nur positivenund einem eigentlichen Kreis mit nur negativenPunkten.

In Fig. 9 seien kj und k2 die beiden Kreise und zwar

haben beide einen eigentlichen Mittelpunkt. Ihre Punkte

haben gleichen Umlauisinn. Ist die Disposition der Kreise

k1 und k2 anders getroffen, so bleibt die Konstruktion im

Prinzipe dieselbe. Um einen Punkt der Potenzlinie zu er¬

halten schneidet man die beiden Kreise \ und k2 mit einem

Hilfskreise h in den Punkten AjBx resp. A2B2 so, dass der

Schnittpunkt S von AjBj und A2B2 eigentlich ist. Dieser

Punkt S hat nach Satz 8 die Eigenschaft, daß die Tan¬

genten von ihm an kx, h und k2 gleiche Länge haben. Die

gesuchte Potenzlinie ist die Normale p von S auf die Ver¬

bindungslinie MjM2 der Mittelpunkte Mx und M2 der Kreise

kj resp. k2.

Page 22: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 21 —

Vollständig verschieden von der vorigen Lösung ist

vom Standpunkte eines hyperbolischen Wesens aus die

Konstruktion der Potenzlinie (Potenzpol) für die Disposition 4.

Es sei also in Fig. 10 kx ein eigentlicher Kreis, dessen

Punkte nur positiven und k2 ein eigentlicher Kreis, dessen

Punkte nur negativen Umlaufsinn haben. Man legt nun

den Hilfskreis h, der ein Ueberkreis ist so, daß der positive

Ast kj und der negative Ast k2 schneidet und zwar in den

Punkten Aj und Bj resp. A2 und B2. Da, wo die Gerade, die

auf AjBj und A2B2 normal steht, die Verbindungslinie MjM2der Mittelpunkte der Kreise k2 und k2 schneidet, ist der Po¬

tenzpol P der Kreise kx und k2.

Aufgabe 6: Gegeben sei ein Büschel durch zwei Kreise,

die sich nicht schneiden. Man bestimme die beiden Null¬

kreise des Büschels.

In Fig 9 seien kt und k2 die beiden Kreise. Die Po¬

tenzlinie p, die mit Hilfe der vorigen Aufgabe gefunden

wird, schneidet man in M mit der Tangente in einem be¬

liebigen Punkte T des Kreises kx und beschreibt um M ,als

Mittelpunkt mit dem Radius MT einen Kreis. Dieser Kreis

schneidet dann aus MtM2 die beiden gesuchten Nullkreise

Nj und N2 aus, deren Umlaufsinn demjenigen des Punktes

T gleich ist.

Page 23: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 22 —

Die Konstruktion gestaltet sich im Falle 4 folgender-massen: In irgend einem Punkte T von kj (Fig. 10) wird

die Tangente t gezogen und darauf durch Punkt P die

Normale a gefällt, die t im Punkte F trifft. Mit der Ge¬

raden a als Axe und dem Abstand TF wird dann der Ueber-

kreis gezeichnet, der MjM2 in den Nullkreisen Nj und N2schneidet und zwar hat derjenige Punkt N1? der mit T auf

demselben Aste des Ueberkreises liegt, positiven Umlauf¬

sinn, während derjenige von N2 negativ ist.

§ 6. Potenzpunkt und Potenzaxe.

Die drei Potenzlinien dreier Kreise schneiden sich, wie

aus den Sätzen 8 und 9 hervorgeht in einem Punkte, dem

sog. Potenzpunkte. Ist dieser Potenzpunkt uneigentlich, so

stehen die drei Potenzlinien auf seiner Polaren, der sog.

Potenzaxe, normal.

Vom Standpunkte eines hyperbolischen Wesens aus,

gibt es für drei Kreise sechs wesentlich verschiedene Dis¬

positionsmöglichkeiten und zwar können die drei Kreise

gegeben sein:

1.- durch drei eigentliche Kreise, deren Punkte gleichenUmlaufsinn haben,

2. durch drei eigentliche Kreise, von welchen zwei nur

Punkte mit demselben Umlaufsinn und der dritte nur

Punkte mit entgegengesetztem Umlaufsinn haben,3. durch zwei eigentliche Kreise, deren Punkte gleichen

Umlaufsinn haben und einen Ueberkreis,4. durch zwei eigentliche Kreise, von welchen der eine

Punkte mit nur positivem und der andere Punkte mit

nur negativem Umlaufsinn hat und einen Ueberkreis,5. durch einen eigentlichen Kreis und zwei Ueberkreise

und endlich

6. durch drei Ueberkreise.

Bemerkenswert sind ferner zwei Fälle von Dispositionen,die sich hinsichtlich der Lage des Potenzpunktes bezüglichder drei Kreise von einander unterscheiden. Fällt nämlich

Page 24: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 23

der Potenzpunkt in das Innere eines der drei Kreise, so

fällt er zugleich ins Innere der beiden andern Kreise und

zwar versteht man unter dem Innern eines Kreises, diejenigen

Punkte, von welchen aus keine reellen Tangenten an den

Kreis gezogen werden können. Solche Punkte nennt man

auch Punkte mit negativer Potenz. Aeußere Punkte oder

Punkte mit positiver Potenz sind diejenigen, von welchen

aus zwei reelle Tangenten an den Kreis möglich sind. Punkte

auf der Peripherie des Kreises haben die Potenz Null. All¬

gemein gilt der folgende Satz.

Satz 11 : Hat der Potenzpunkt dreier Kreise bezüg¬

lich eines der drei Kreise positive oder negative Potenz

oder die Potenz null, so gilt dasselbe bezüglich aller drei

Kreise.

Aufgabe 7 : Man bestimme den Potenzpunkt resp. die

Potenzaxe dreier Kreise und denjenigen Kreis, der die drei

Kreise normal schneidet.

Wie leicht verständlich, gibt es nur dann einen solchen

Normalkreis, wenn die Potenz des Potenzpunktes positiv

ist. Ist die Potenz des Potenzpunktes negativ, so ist der

verlangte Normalkreis imaginär. An seiner Stelle soll dann

der Kreis gezeichnet werden, aus welchem die drei Kreise

Punkte ausschneiden, die je auf einem Durchmesser liegen.

Die Lösung der Aufgabe 7, die für alle sechs Fälle

im Prinzip dieselbe ist, möge in Fig. 11 an der Disposition

4 ausgeführt werden. kx sei ein Kreis, dessen Punkte nur

positiven Umlaufsinn haben und k2 ein Kreis, dessen Punkte

nur negativen Umlaufsinn haben. k3 sei ein Ueberkreis. Wie

aus der zweiten Disposition der Aufgabe 5 (Fig. 10) er¬

sichtlich ist, ist die Potenzlinie der Kreise ka und k2 un¬

eigentlich. Der Potenzpunkt der drei Kreise ist deshalb

auch uneigentlich. Die Normale n vom Potenzpol P12 der

Kreise kt und k2 auf die Potenzgerade p23 der Kreise k2und k3 ist die gesuchte Potenzaxe. Um den Kreis zu fin¬

den, der die drei gegebenen normal schneidet, sucht man mit

Hilfe der Aufgabe 2 den Berührungspunkt T einer Tangente

Page 25: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 24 --

vom uneigentlichen Potenzpunkt aus an den Kreis kt und legtdurch T den Ueberkreis n, dessen Axe iz ist. Die Punkte des

Astes auf dem T liegt, haben, wie die Punkte des Krei¬

ses kj, positiven Umlaufsinn, während der Umlaufsinn der

Punkte des andern Astes negativ ist.

Um die Aufgabe für den Fall durchzukonstruieren, bei

welchem der Potenzpunkt negative Potenz hat, seien in

Fig. 12 kj, k2 und k3 eigentliche Kreise, deren Punkte posi¬tiven Umlaufsinn haben (Fall 1). Der eigentliche Schnitt-

Page 26: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 25 —

punkt der drei Potenzlinien p12 p2s und psl ist der gesuchte

Potenzpunkt U. Den Kreis, der von kj k2 und ks in Punkten

geschnitten wird, die paarweise auf einem Durchmesser

liegen, findet man folgendermassen. Man errichtet in 77

auf die Gerade Mx/7, wo Mj der Mittelpunkt des Kreises

k2 ist, die Normale, die kx in den Punkten A1 und A2 schneidet.

Der Kreis Cs über AjA2 als Durchmesser ist dann der ge¬

suchte Kreis.

Page 27: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

IL Kapitel.Der Grenzkreis.

§ 1. Schnitt einer Geraden mit einem Grenzkreise.

Wie in der Einleitung gesagt wurde, hat man kein In¬

strument zur Verfügung, welches gestattet Grenzkreise als

kontinuierliche Kurven zu zeichnen. Ein Grenzkreis ist ge¬

wöhnlich dadurch festgelegt, daß man eine Halbgerade gibt,die durch einen Grenzkreispunkt begrenzt ist und deren

Ende der unendlich ferne Punkt des Grenzkreises ist.

Aufgabe 8: Manschneide einen Qrenzkreis mit einerAxe.

Der Grenzkreis sei in Fig. 13 gegeben durch die Halb¬

gerade g, die durch den Grenzkreispunkt G begrenzt ist.

Das Ende U von g, das zugleich Ende der zu schneiden¬

den Axe c ist, ist der unendlich ferne Punkt des Grenz¬

kreises. Auf Grund der Tatsache, daß in einem Dreieck

Page 28: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 27 —

die Winkelhalbierenden zu je dreien sich in einem Punkte

schneiden, konstruiert man den Schnittpunkt C der Axe c

mit dem Grenzkreis folgendermaßen. Man verbindet einen

Punkt F von c mit einem Punkt D von g so, daß der Winkel

a kleiner als ein rechter ist. Nun zieht man durch F eine

Gerade, die g in E schneidet so, daß der Winkel DFE gleichdem Winkel a ist. Den Schnittpunkt M2 der Winkelhalbieren¬

den des Winkels FED mit FD verbindet man mit dem Schnitt¬

punkt Mj der Winkelhalbierenden der beiden Winkel UFE

und UEF. Der Schnittpunkt C des Lotes von G auf M,M2mit c ist dann der gesuchte Grenzkreispunkt der Axe c.

Aufgabe 9: Man schneide einen Qrenzkreis mit einer

beliebigen Geraden.

In Fig. 13 ist der Grenzkreis gegeben durch den Grenz¬

kreispunkt G, der auf der Halbgeraden g liegt, s sei die

zu schneidende Gerade. Vermittelst der Involution, die durch

den Grenzkreis auf s erzeugt wird, erhält man die beiden

Schnittpunkte Sa und S2. Die Tangente in G an den Grenz¬

kreis, d. h. die Normale in G auf g, schneidet s im Punkte A.

Durch A legt man die Axe a. Die Normale von G auf a

schneidet aus s den Punkt A' aus. Der Fußpunkt der Axe

c, die.auf s normal steht und mit Hilfe einer von Bolyai5)

gegebenen Konstruktion gefunden wird, ist M und der Pol

von c ist der uneigentliche Punkt M'. MM'AA' ist dann

die erwähnte Involution, aus der vermittelst eines Hilfs¬

kreises h die beiden Doppelpunkte Sx und S2 konstruiert

werden und zwar sind Sj und S2 reell oder imaginär, d. h.

s schneidet den Grenzkreis oder nicht, je nachdem die In¬

volution MM'AA' hyperbolisch oder elliptisch ist.

§ 2. Tangenten von einem Punkte an einen Grenzkreis.

Aufgabe 10: Man ziehe von einem Punkte aus die

Tangenten an einen Qrenzkreis.

Der Grenzkreis sei in Fig. 14 wieder durch den Punkt

°) Joh. Bolyai : Appendix § 35, deutsch herausgegeben v. P. StäckeJ.

Page 29: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 28 —

Q desselben gegeben, der auf der Halbgeraden g liegt, deren

Ende der unendlich ferne Punkt des Grenzkreises ist. T ist

der Punkt, von welchem aus die Tangenten an den Grenz¬

kreis gezogen werden sollen. Die Gerade GT bezeichnet

man mit a und zieht die zu a normale Axe, die aus der

Tangente an den Grenzkreis in G den Punkt P ausschnei¬

det. Die Gerade PT bezeichnet man mit a', a und a' sind

zwei entsprechende Strahlen der Involution, die vom Grenz¬

kreis im Punkte T erzeugt wird. Ein anderes Paar dieser

Involution sind die Axe m durch T und ihre Normale m'.

Die Doppelelemente der Involution mm'aa' sind dann die

gesuchten Tangenten tt und t2, die in gewohnter Weise mit

einem Hilfskreis h gefunden werden. Die Berührungspunkte

Tj und T2, der beiden Tangenten, sind die Fußpunkte der

Axen, die normal auf tj resp. t2 stehen.

§ 3. Schnitt zweier Grenzkreise.

Aufgabe 11: Man bestimme die Schnittpunkte zweier

Qrenzkreise.

Sind in Fig. 13 die beiden Grenzkreise k und k' ge¬

geben durch die Grenzkreispunkte G und G', die auf den

Halbgeraden g resp. g' liegen, so sucht man diejenige Ge-

Page 30: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 29 —

rade c, die zu g und g' parallel ist, was keine besonderen

Schwierigkeiten bietet3). Mit Hilfe der Aufgabe 8 erhält

man die Schnittpunkte C und C der Qrenzkreise k resp. k'

mit c. Die Punkte Sj und S2, in welchen die Mittelnormale

s der Strecke CC den Grenzkreis k schneidet und die mit

Hilfe der Aufgabe 9 gefunden werden, sind die gesuchten

Schnittpunkte der beiden gegebenen Grenzkreise.

§ 4. Schnittpunkte von Grenzkreisen mit eigentlichenund Ueberkreisen.

Aufgabe 12: Man bestimme die Potenzlinie resp. den

Potenzpol zweier Kreise, von welchen der eine ein Orenz-

kreis ist.

Der Grenzkreis k: sei in Fig. 15 wieder gegeben durch

einen Punkt G desselben, der auf der Halbgeraden g liegt,

deren Ende der unendlich ferne Punkt des Grçnzkreises ist.

Der Kreis k2 möge als eigentlicher Kreis gegeben sein,

dessen Mittelpunkt M ist und dessen Punkte denselben Um¬

laufsinn haben, wie die Punkte des Grenzkreises. Wäre k2ein Ueberkreis oder ein eigentlicher Kreis, dessen Punkte

Page 31: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 30 —

entgegengesetzten Umlaufsinn haben, wie die Punkte des

Grenzkreises, so wäre die Konstruktionsweise im Prinzipedieselbe. Durch Q und irgend einen andern Grenzkreis¬

punkt B legt man einen Hilfskreis h, der k2 in H, und H2schneiden soll. Die Gerade, die durch den Schnittpunkt D

von CB und H^ geht und normal auf der Axe m durch

M steht, ist die gesuchte Potenzgerade p der beiden Kreise.

Die Gerade p schneidet k2 in denselben Punkten Sj und S2wie der Grenzkreis kr Schneidet p k2 nicht, so haben die

beiden Kreise k: und k2 keinen Schnittpunkt gemein.

§ 5. Nullkreise.

Aufgabe 13: Man suche die Nullkreise eines Büschels,

das durch zwei Kreise gegeben ist, von welchen der eine

oder beide Grenzkreise sind.

In Fig. 16 sei der Grenzkreis k} wieder gegeben durch

den Grenzkreispunkt G, der auf der Halbgeraden g liegt,deren Ende der unendlich ferne Punkt des Grenzkreises ist.

Der Kreis k2 kann, ohne daß die Allgemeinheit der Kon¬

struktion darunter leidet, als eigentlicher Kreis angenommen

werden, dessen Punkte gleichen Umlaufsinn haben, wie die

Punkte von kr Die Potenzgerade p konstruiert man mit

Page 32: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 31 —

Hilfe von Aufgabe 12. Zieht man in irgend einem Punkt

T von k2 die Tangente, die p im M' schneidet und be¬

schreibt, gemäß Aufgabe 1, um diesen Schnittpunkt M' als

Mittelpunkt den Kreis, der durch T geht, so schneidet dieser

aus der Axe m, die durch den Mittelpunkt M des Kreises

k2 geht, die gesuchten Nullkreise Nt und N2 aus. Die Be¬

stimmung der Umlaufsinne dieser beiden Punkte bietet keine

besonderen Schwierigkeiten mehr. In Fig. 16 speziell haben

Nj und N2 denselben Umlaufsinn, wie der Punkt T.

Page 33: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

III. Kapitel.

Die fundamentalen Konstruktionen des

hyperbolischen Raumes.

§ 1. Punkt und Gerade.

Um Konstruktionen im hyperbolischen Räume auszu¬

führen, legt man die Punkte des Raumes in Bezug auf

eine Projektions- oder Bildebene fest vermittelst der zyklo-

graphischen Projektion. Diese besteht darin, daß man je¬dem Punkte P0 des Raumes jenen Kreis Kp der Bildebene

zuordnet, der um den Fußpunkt P, des von P0 auf die Bild¬

ebene gefällten Lotes, als Mittelpunkt mit der Länge des

Lotes P0P als Radius, beschrieben wird. Da aber zu jedemsolchen Kreis, solange sein Radius nicht Null ist, zwei

Punkte gehören, die in Bezug auf die Bildebene symetrisch

liegen, so muß- man zur eindeutigen Festlegung der Punkte

Umlaufsinne einführen. Der Punkt P wird nun durch den¬

jenigen Umlaufsinn des Kreises Kp festgelegt, der von P

aus gesehen dem Uhrzeiger entgegengesetzt erscheint, der

also positiv ist.

Bewegt sich ein Punkt auf P0P vom Punkte P0 aus

von der Bildebene weg, so wird der Radius des zugehörigenKreises immer größer. Der Umlaufsinn bleibt derselbe. Rückt

dann der Punkt in das Ende U0 der Geraden PP0 hinein,

so fällt sein Kreis Ku dem mit Fundamentalkreis w der Bild¬

ebene zusammen. Der Umlaufsinn von Ku ist derselbe,wie der von Kp. Bewegt sich ein Punkt von P0 aus in der

Richtung gegen die Bildebene hin, dann wird der Radius

des zugehörigen Kreises immer kleiner, während der Um¬

laufsinn derselbe ist, wie beim Kreise Kp, bis zum Moment,wo der Punkt mit P zusammenfällt. Die Kreise, die zu den

Page 34: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 33 —

Punkten der Bildebene gehören, haben den Radius null. Be¬

wegt sich der Punkt in gleicher Richtung weiter, so wächst

der Kreis wieder, aber sein Umlaufsinn hat sich umgekehrtund ist demjenigen von KP entgegengesetzt. Fällt endlich

der Punkt in das zweite Ende U'0 der Geraden P0P, dann

fällt der zugehörige Kreis Ku' wieder mit dem Fundamen¬

talkreis w der Bildebene zusammen, aber der Umlaufsinn

von Ku- ist entgegengesetzt demjenigen von Ku. Da für

ein hyperbolisches Wesen die unendlich fernen Punkte, und

damit tu nicht erreichbar sind, so soll ein unendlich ferner

Punkt Uo durch seine Projektion U festgelegt werden, die

mit einem Pfeil versehen ist, der denselben Umlaufsinn

markiert, welchen eigentlich der zu U0 gehörige Funda¬

mentalkreis w haben sollte.

Kennt man von einer Geraden zwei Punkte, speziellihre beiden unendlich fernen Punkte, so ist sie dadurch be¬

stimmt. Es möge also eine Gerade g0 gegeben sein durch

die Projektionen U und U' ihrer Enden. Die eigentlichenPunkte von g0 projizieren sich auf die Strecke UU', wäh¬

rend die uneigentlichen Punkte sich auf die Punkte außer¬

halb der Strecke UU' abbilden. Sind die Umlaufsinne von

U und U' entgegengesetzt, so existiert der Durchstoßpunktder Geraden g0 und zwar liegt derselbe in der Mitte der

Strecke UU', was aus einer einfachen Kongruenzbetrachtung

folgt. Sind dagegen die Umlaufsinne von U und U' gleich,so schneidet die Gerade g0 die Bildebene nicht eigentlich.Fällt einer der beiden Punkte auf den Fundamentalkreis w,

so ist die Gerade zur Bildebene parallel und fallen endlich

beide Punkte auf w, so liegt g0 ganz in ihr.

§ 2. Die Normalprojektion in der Poincaré'schen

Veranschaulichung der hyperbolischen Geometrie.

Um einige fundamentale Sätze abzuleiten, bedient man

sich in diesem Paragraphen der Poincaré'schen Veranschau¬

lichung des hyperbolischen Raumes6). Man nehme in der-

6) Vergl. Kap. I § 3.

Page 35: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 34 —

selben eine Ebene an, die auf der Fundamentalebene ii normal

steht und diese in der Geraden w schneidet. Die eine Halb¬

ebene B dieser Ebene veranschaulicht die Bildebene. Die

beiden Halbebenen, in die ü durch die Gerade w geteilt

wird, mögen mit h und h' bezeichnet werden. Projektions¬strahlen werden repräsentiert durch Halbkreise, die auf B

und ä normal stehen, deren Mittelpunkte also in uj liegen.Hat man also irgend einen Punkt von iJ auf die Ebene B

zu projizieren, so hat man einfach die den Punkt enthaltende

Halbebene h oder h' um einen rechten Winkel in die Halb¬

ebene B hineinzuklappen. Der Umlaufsinn, der hier analogwie im vorigen Paragraphen eingeführt wird, ist dann so

zu wählen, daß er vom Originalpunkte in ii aus gesehen,

positiv erscheint. Durch die Projektion werden die Punkte

der Halbebene h' um cu im entgegengesetzten Sinne um¬

geklappt, wie die Punkte der Halbebene h und die Pro¬

jektionen der letzteren haben entgegengesetzten Umlaufsinn

wie die Projektionen der ersteren. Eine Halbkugel, die eine

Ebene repräsentiert, schneidet Ü in einem Kreise k0. Dieser

erscheint, nachdem die Halbebenen h und h' in B hinein¬

geklappt sind, wieder als Kreis oder als zwei Kreisbogen,die sich auf w schneiden und deren Punkte entgegenge¬setzten Umlaufsinn haben, je nachdem k0 die Gerade cu nicht

schneidet oder sie in zwei Punkten trifft. Daraus folgt ohne

weiteres der folgende Fundamentalsatz.

1. Fundamentalsatz: Die Bildpunkte des Fundamental¬

kreises einer Ebene liegen auf einem Kreise, der ein Ueber-

kreis, Grenzkreis oder ein eigentlicher Kreis ist, je nach¬

dem die Ebene die Bildebene schneidet, zu ihr parallelist oder sie nicht schneidet.

Wie leicht ersichtlich, haben alle Punkte eines Kreises,der das Bild des Fundamentalkreises einer Ebene ist, den

man kurz mit Bildkreis der Ebene bezeichnet, gleichen Um¬

laufsinn, wenn der Kreis ein eigentlicher oder ein Grenz¬

kreis ist. Beim Ueberkreis haben die Punkte der beiden

Aeste entgegengesetzten Umlaufsinn. Die Axe desselben

Page 36: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

35 —

ist die Schnittgerade der Bildebene mit derjenigen Ebene,

deren Bildkreis der Ueberkreis ist.

Betrachtet man in der Poincaré'schen Veranschauliehungzwei Halbkugeln, die zwei Ebenen repräsentieren sollen,die sich unter dem Winkel y schneiden, so schneiden sich

die Kreise, welche die beiden Halbkugeln mit ß bestimmen,ebenfalls unter dem Winkel cp. Nachdem die Halbebenen h

und h' in B hineingeklappt worden sind, schneiden sich diese

Kreise wieder unter dem Winkel (p. Es gilt also folgen¬der fundamentaler Satz.

2. Fundamentalsatz: Die Bildkreise zweier Ebenen

schneiden sich unter demselben Winkel wie die Ebenen.

§ 3. Die Hauptebene eines Punktes.

An Stelle des im ersten Paragraphen dieses Kapitels

eingeführten, mit einem Umlaufsinn versehenen Kreises,

kann man zur Festlegung eines Punktes PQ sich eines andern

Mittels bedienen. Man gibt die Projektion P und den Bild¬

kreis Cp derjenigen Ebene, die den Punkt P0 enthält und zum

Projektionsstrahl P0P normal steht und die man Hauptebene

des Punktes P nennt. Der Mittelpunkt des Kreises CP fällt

mit P zusammen, denn die Bildkreise aller projizierenden

Page 37: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 36 —

Ebenen durch P0P, die degenerierte Ueberkreise sind, bilden

ein Geradenbüschel mit dem Scheitel P und haben Cp normal

zu schneiden. Ist in Fig. 17 Kp der mit einem Umlaufsinn

versehene Kreis, der den Punkt P0 im Raum vermittelst der

zyklographischen Abbildung bestimmt, dann wird der Bild¬

kreis Cp der Hauptebene folgendermaßen gefunden. Legtman durch PB, wo B ein Punkt von Kp ist, die Normal¬

ebene zur Bildebene und klappt dieselbe in die Bildebene

um, so kommt der Punkt P0 in den Schnittpunkt A von KP

mit der Normalen in P auf PB zu liegen. Wird nun in A

auf PA die Normale errichtet und zu derselben parallel und

zu PB normal die Gerade gezogen, die PB in C schneidet,so ist der Kreis Cp, der um P als Mittelpunkt mit dem Radius

PC beschrieben ist, der Bildkreis der Hauptebene des Punktes

P0. Die Punkte des Kreises CP haben denselben Umlauf¬

sinn wie der Kreis KP. Bezeichnet man die Strecke PA mit

r und PC mit c, so besteht zwischen den beiden Strecken

die Beziehungn (c) + n (r) = x k.

Unter II (c) versteht man bekanntlich7) den Parallel¬

winkel der Strecke c und x ist ein willkürlicher Faktor, der

bei der Winkelmessung auftritt und dadurch bestimmt ist,daß einer ganzen Umdrehung eines Winkels das Maß 4 * it

zukommt.

Von den beiden Abbildungsmethoden von Punkten die

jetzt zur Verfügung stehen, benutzt man am besten die letztere.

Ein Punkt P0 wird also von nun an gegeben sein durch

den Bildkreis CP seiner Hauptebene und ein gesuchter Punkt

ist als gefunden zu betrachten, wenn der Bildkreis seiner

Hauptebene ermittelt ist.

§ 4. Gerade und Ebene.

Aufgabe 14: Man lege durch zwei Punkte eine Gerade.

Die Punkte A0 und B0 seien gegeben (Fig. 18.) durch

7) N. J. Lobatschefskij : Zwei geometrische Abhandlungen, deutsch

von F. Engel, S. 174.

Page 38: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 37 —

die Bildkreise CA und Cb ihrer Hauptebene, deren Mittel¬

punkte A resp. B sind. In A resp. B errichtet man auf AB

die Normalen, die die Kreise CA resp. Cb in den Punkten

Ax und A2 resp. B1 und B2 schneiden. Die Punkte U und

IT, in welchen der Kreis h durch Ax A2 und Bv der mit

Hilfe von Aufgabe 4 gefunden wird und der auch durch den

Punkt B2 geht, die Gerade AB schneidet, sind die Projek¬tionen der Enden der gesuchten Geraden. In Fig. 18, wo

speziell die Punkte von Ca positiven und die Punkte von

CB negativen Umlaufsinn haben, hat der Punkt U, der auf

demselben Aste des Ueberkreises h liegt wie die Punkte Axund A2, positiven Umlaufsinn, während derselbe von U'

negativ ist. Der Schnittpunkt S der Axe a des Ueberkreises

h mit AB ist der Durchstoßpunkt der Geraden A0B0 mit der

Bildebene.

Aufgabe 15: Man lege eine Ebene durch drei unend¬

lich ferne Punkte.

Die drei unendlich fernen Punkte A0 B0 und C0 seien

gegeben durch ihre Projektionen A B und C. Diese Aufgabeist völlig identisch mit der Aufgabe 4, denn der Bildkreis

der gesuchten Ebene geht durch die Punkte A B und C.

Um zu entscheiden ob zwei Geraden, die durch die

Projektionen U und U' resp. V und V ihrer Enden gegeben

Page 39: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 38 —

sind, sich schneiden oder nicht, hat man zu untersuchen ob

es eine Ebene gibt oder nicht, die beide Gerade enthält.

Legt man durch U U' und V den Kreis, so muß also, wenn

die beiden Geraden sich schneiden auch V auf diesem Kreise

liegen.

Satz 12: Zwei Gerade schneiden sich dann, wenn die

Projektionen ihrer Enden auf einem Kreise liegen.

Aufgabe 16: Man lege eine Ebene durch drei beliebigePunkte.

Sind die drei Punkte A0 B0 und C0 gegeben durch die

Bildkreise Ca Cb und Cc ihrer Hauptebenen, so sucht man

am besten mit Hilfe der Aufgabe 14 die Projektionen U U'

und V V der Enden der Geraden A0B0 resp. B0C°. Der

Kreis der durch die vier Punkte UU'V und V geht ist dann

der Bildkreis der gesuchten Ebene.

Liegen die Punkte A0 B0 und C„ auf verschiedenen Seiten

der Bildebene, dann ist der Bildkreis der gesuchten Ebene

immer ein Ueberkreis, dessen Axe die Schnittlinie dieser

Ebene mit der Bildebene ist.

Aufgabe 17: Man lege durch einen Punkt und eine

Gerade eine Ebene.

Diese Aufgabe ist ein spezieller Fall der vorigen. Sind

die Projektionen der Enden der gegebenen Geraden U und

U', während der Punkt durch den Bildkreis Cp seiner Haupt¬ebene gegeben ist, so hat man nur noch das zweite Ende

U" der Geraden U0P0 mit Hilfe der Aufgabe 14 zu suchen

und durch U U' und U" den Kreis zu legen. Dieser Kreis

ist dann der Bildkreis der gesuchten Ebene.

§ 5. Schnittprobleme.

Aufgabe 18: Man bestimme die Schnittgerade zweier

Ebenen.

Sind die beiden Ebenen gegeben durch ihre Bildkreise

und schneiden sich die beiden Kreise, so sind die beiden

Schnittpunkte die Projektionen der Enden der Schnittgeraden.

Page 40: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

- 39 —

Sctîneiden sich die beiden Bildkreise nicht, dann ist die

Schnittgerade der beiden Ebenen uneigentlich. Die Projek¬tion derselben ist die Potenzgerade beider Kreise.

Aufgabe 19: Man bestimme den Schnittpunkt einer

Geraden mit einer Ebene.

In Fig. 12 sei die Gerade gegeben durch die Projek¬tionen U und U' ihrer Enden und die Ebene durch ihren

Bildkreis kr Man legt durch U und U' irgend einen Kreis k2jder kj in den Punkten S und S' schneidet. Liegt dann der

Schnittpunkt U von SS' und UU' zwischen U und U', so ist

der Schnittpunkt der Geraden und der Ebene eigentlich und

liegt er außerhalb der Strecke UU', so ist der gesuchte Schnitt¬

punkt uneigentlich. Legt man über der Strecke AjA2 als

Durchmesser den Kreis Cs, so ist Cs der Bildkreis der Haupt¬

ebene des gesuchten Schnittpunktes. Ax und A2 sind die

Schnittpunkte der Normalen in 77 auf die Gerade, die den

Mittelpunkt M3 des Kreises \ mit U verbindet.

Aufgabe 20: Man bestimme den Schnittpunkt dreier

Ebenen.

Diese Aufgabe ist identisch mit der Aufgabe 7 und

zwar mit demjenigen Falle, bei welchem der Potenzpunkt

bezüglich der Bildkreise kj k2 und k3 (Fig. 12) der drei

gegebenen Ebenen, negativ ist. Der Kreis Cs, der von drei

Kreisen in Punkten geschnitten wird, die zu je zweien auf

Durchmessern liegen, ist der Bildkreis der Hauptebene des

Schnittpunktes der drei gegebenen Ebenen.

§ 6. Normalenprobleme.

Aufgabe 21 : Man bestimme diejenige Gerade, die aufzwei sich nicht schneidenden Ebenen, normal steht.

Diese Aufgabe ist im Grunde genommen dieselbe wie

die Aufgabe 6, denn alle Ebenen, die durch die gesuchteGerade gehen, schneiden die beiden Ebenen rechtwinklig.

Sind in Fig. 9 kj und k2 die Bildkreise der beiden sich nicht

schneidenden Ebenen, so sind Nt und N2 die Projektionender Enden der gesuchten Geraden.

Page 41: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

- 40 —

Schneiden sich die Bildkreise kj und k2, dann ist die

gesuchte Normale der beiden Ebenen uneigentlich. Ihre

Polare ist dann die Schnittgerade der beiden Ebenen, d. h.

die Pole der Ebenen eines Büschels, welches die eine der

Geraden zum Scheitel hat, liegen auf der andern Geraden.

Faßt man von den gegebenen Ebenen eine oder beide als

Polarebenen von uneigentlichen Punkten auf, so löst Auf¬

gabe 21 auch die Aufgaben, durch einen uneigentlichen Punktauf eine Ebene die Normale zu ziehen resp. durch zwei

uneigentliche Punkte eine Gerade zu legen.Aufgabe 22: Man bestimme diejenige Ebene, die auf

drei Ebenen, die sich in einem uneigentlichen Punkte schnei¬

den, normal steht.

Die drei Ebenen seien in Fig. 11 gegeben durch ihre

Bildkreise kj ka und k3. Derjenige Kreis n, der die drei

Kreise normal schneidet, und der mit Hilfe von Aufgabe 7

konstruiert wird, ist dann der Bildkreis der gesuchten Nor¬

malebene. Ihr Pol, der uneigentlich ist, ist der Schnittpunktder drei Ebenen.

Faßt man eine oder alle drei Ebenen als Polarebenen

von uneigentlichen Punkten auf, so löst die Aufgabe 22 die

Aufgaben, durch einen uneigentlichen Punkt auf eine eigent¬liche oder uneigentliche Gerade die Normalebene zu fällen

resp. durch drei uneigentliche Punkte eine Ebene zu legen.

Aufgabe 23: Man bestimme diejenige Ebene, die durch

eine Gerade geht und auf einer Ebene normal steht.

Ist die Gerade gegeben durch die Projektionen U und

U' ihrer Enden und die Ebene durch ihren Bildkreis k, so

kann man U und U' als Nullkreise auffassen. Man hat dann

einen Kreis zu suchen, der k und die Nullkreise U und U'

normal schneidet. Dieser Kreis der mit Hilfe von Aufgabe 7

gefunden wird, ist dann der Bildkreis der gesuchten Ebene.

Aufgabe 24 : Gegeben sind eine Gerade und eine Ebene,die sich nicht schneiden. Man bestimme diejenige Ebene,die sowohl auf der Geraden als auch auf der Ebene

normal steht.

Page 42: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 41 —

In Fig. 11 seien U und U' die Projektionen der Enden

der gegebenen Geraden, während die Ebene durch den Bild¬

kreis kj gegeben ist. Legt man durch U und U' irgendzwei Kreise k2 und k3, so ist der Kreis n, der kj k2 und ksnormal schneidet und der mit Hilfe von Aufgabe 7 gefundenwird, der Bildkreis der gesuchten Ebene.

Aufgabe 25: Zu zwei Geraden, die in einer Ebene

liegen und die sich nicht schneiden, soll diejenige Ebene

gelegt werden, die auf den beiden Geraden normal steht.

Die beiden Geraden seien gegeben durch die Bilder U

und U', V und V ihrer Enden. Der Kreis k auf dem U U'

V und V liegen, ist der Bildkreis der Ebene, die durch

die beiden Geraden geht. Verbindet man den Schnittpunkt

Tj der Tangenten in U und U' an k mit dem Schnittpunkt

T2 der Tangenten in V und V, so schneidet diese Gerade

k in den Punkten W und W\ Der Kreis, der durch W und

W geht und auf k normal steht, ist der Bildkreis der ge¬

suchten Ebene.

Aufgabe 26 : Man lege durch einen Punkt die Gerade,

die auf einer Ebene normal steht.

k sei der Bildkreis der gegebenen Ebene und Cp

der Bildkreis der Hauptebene des Punktes P0. In Fig. 19

ist die Disposition so getroffen, daß die Ebene ganz auf

einer Seite der Bildebene liegt, auf der auch der gegebene

Page 43: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 42 —

Punkt Po sich befinden soll. Wäre die Disposition anders

getroffen, so bliebe im Prinzip die Konstruktion dieselbe.

Auf die Gerade MP, welche die Mittelpunkte M und P der

Kreise k und Cp verbindet, errichtet man in P die Normale,die Cp in den Punkten At und A2 schneidet. Durch irgendeinen Punkt B des Kreises k und den Punkt A1 wird ein

Hilfskreis gelegt, der k noch in einem zweiten Punkte C

schneidet. Durch den Schnittpunkt S von BC mit der Tan¬

gente in Aj an den Hilfskreis fällt man die Normale auf MAX, die

MP im Mittelpunkte N des Kreises n schneidet, der durch A, und

A2 geht und MP in den Punkten U und U' trifft, welche die

Projektionen der Enden der gesuchten Geraden sind. Die

Bestimmung der Umlaufsinne von U und U' bietet keine

Schwierigkeiten mehr. In Fig. 19, wo der Punkt N eigent¬lich ist haben U und U' gleichen Umlaufsinn wie die Punkte

Aj und A2.

Aufgabe 27 : Man lege durch einen Punkt die Normal¬

ebene zu einer Geraden.

Man legt zuerst eine Ebene durch den gegebenen Punkt

*Po und die Gerade g0 und fällt vom Punkte P0 die Normale

auf g0. Die Ebene, die durch diese Normale geht und die

Ebene durch P0 und g0 rechtwinklig schneidet, ist die ge¬

suchte Ebene. In Fig. 20 sei die Gerade g0 gegeben durch

Page 44: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 43 —

die Projektion U und U' ihrer Enden und der Punkt P0 durch

den Bildkreis Cp seiner Hauptebene. Der Kreis k, welcher

der Bildkreis der Ebene ist, die durch g0 und P0 geht, wird

mit Hilfe von Aufgabe 17 gefunden. Die Gerade, die den

Schnittpunkt S der Tangenten in U und U' an k mit P ver¬

bindet, schneidet k in W und W. Der Kreis n, der um den

Schnittpunkt N, der Tangenten in W und W an k, als Mittel¬

punkt, mit dem Radius NW beschrieben wird, ist der Bild¬

kreis der gesuchten Ebene.

§ 7. Halbierung von Strecken und Winkeln.

Aufgabe 28: Gegeben sind zwei Ebenen. Man bestimme

ihre Winkelhalbierenden Ebenen.

Schneiden sich die beiden Ebenen in einer eigentlichenGeraden, dann gibt es zwei Winkelhalbierende Ebenen und

schneiden sie sich in einer uneigentlichen Geraden, so exi¬

stiert nur eine eigentliche Winkelhalbierende, während die

andere uneigentlich ist. Unter einer Winkelhalbierenden

zweier Ebenen ist dabei eine solche verstanden, an der

gespiegelt die eine in die andere Ebene übergeht. In Fig. 21

seien die beiden Ebenen gegeben durch ihre Bildkreise

Page 45: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 44 —

kj und k2, die sich in Sx und S2 schneiden mögen. Ein

Hilfskreis h, der normal auf kj und k2 steht, schneidet aus

diesen beiden Kreisen die Punkte At und Bx resp. A2undB2 aus.

Die Schnittpunkte Wj und W2 von AXA2 und B2B2 resp. AjB2und A2Bj, die auf der Verbindungsgeraden MjM2 der Mittel¬

punkte von kj und k2 liegen, sind die Mittelpunkte der durch

S, und S2 gehenden Bildkreise wx und w2 der gesuchtenWinkelhalbierenden Ebenen.

Schneiden sich die beiden gegebenen Ebenen nicht

eigentlich, so ist also eine Winkelhalbierende Ebene un¬

eigentlich. Ihr Pol ist derjenige Punkt, dessen Projektionin den Schnittpunkt von MjM2 mit der Potenzlinie von kxund k2 fällt und dessen Hauptebene einen Bildkreis hat,

der kj und k2 normal schneidet.

Aufgabe 29: Man konstruiere die mittelnormale Ebene

einer Strecke.

Die Endpunkte A0 und B0 seien in Fig. 22 gegebendurch die Bildkreise Ca und Cb ihrer Hauptebenen. Man

errichtet in den Mittelpunkten A und B der Kreise CA und

Cb auf AB die Normalen, die CA und Cb in den Punkten

Aj und A2 resp. Bj und B2 schneiden, und zwar sollen die

Punkte Aj und Bj auf derselben Seite von AB liegen. Der

Page 46: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

- 45 —

Schnittpunkt H von AjB2 und A^, der auf AB liegt, ist

die Projektion des Mittelpunktes der Strecke A0 B0, während

der Schnittpunkt M von AjB: und AaBa, der ebenfalls auf

AB liegt, der Mittelpunkt des Kreises n ist, welcher der Bild¬

kreis der gesuchten mittelnormalen Ebene ist. Dieser Kreis

n geht durch die Schnittpunkte Sj und S2 der Normalen in

H auf AB mit dem Kreise, der durch die Punkte AjAgBjund B2 geht.

Aufgabe 30: Gegeben ist eine Strecke A0B0 auf einer

Geraden g0 und eine weitere Gerade f0. Man trage die

Strecke A0B0 von einem Punkte auff0 aus auf dieser Ge¬

raden ab.

In Fig. 23 seien g0 und f0 durch die Projektionen U

und U' resp. V und V .ihrer Enden gegeben. AB sei die

Projektion der Strecke A0B0. C auf VV sei die Projektiondes Punktes C0, der auf der Geraden f0 liegt und von dem

aus auf f0 gegen das Ende V0 hin die Strecke A0B0 abge¬

tragen werden soll. Man legt zuerst durch A0 und C0 eine

Gerade. Zu diesem Zwecke konstruiert man den Bildkreis

Cc des Punktes C0, indem man über W als Durchmesser

den Kreis zeichnet und diesen mit der Normalen in C auf

VV in den Punkten Dj und D2 zum Schnitt bringt. Der

Kreis über DjD2 als Durchmesser ist dann der gesuchte Kreis

Cc- Nun legt man durch die Gerade g0 und den Punkt C0

die Ebene, deren Bildkreis kx ist, vermittelst der Aufgabe 17.

Die Punkte W und W, in welchen ki von AC geschnitten

wird, sind die Projektionen der Enden der Geraden A0C0.

Der Bildkreis k2, der Ebene durch die Geraden A0C0 und

f0, geht durch die Punkte VV'W und W. Zieht man durch

den Schnittpunkt L, d. h. normal zum gemeinsamen Lot 1,

der Geraden WU und W'U' die Gerade durch B, so schnei¬

det diese aus WW den Punkt Bl aus. Nun wird auf dem

Kreise k2 irgend ein Punkt N gewählt und dieser mit A

und B, durch Gerade verbunden, die k2 in den Punkten

A und B schneiden. Verbindet man dann B mit C durch

eine Gerade, die k2 in O trifft, dann schneidet OA die Ge-

Page 47: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 46 -

rade WW in A2. Zieht man durch den Schnittpunkt R, d. h.

normal zum gemeinsamen Lote r, von VW und W'V die

Gerade durch A2, so schneidet diese VV im Punkte D. CD

ist dann die Projektion der übertragenen Strecke C0D0, die

gleiche Länge hat wie die Strecke A0B0.

In dieser Aufgabe kommt zweimal die Aufgabe vor, eine

Strecke auf einer Geraden abzutragen, die durch einen End¬

punkt der Strecke geht, und die Aufgabe, eine Strecke auf

einer Geraden längs derselben zu verschieben. Diese beiden

Aufgaben sind die Aufgaben 1 und 6 der als Beilage zum

Programm der thurgauischen Kantonsschule erschienenen

Schrift von M. Grossmann: „Die fundamentalen Konstruk¬

tionen der nichteuklidischen Geometrie." In dieser Arbeit

sind alle hauptsächlichen Konstruktionen der Ebene so be¬

handelt, daß sie für Konstruktionen in Ebenen, die nicht mit

der Bildebene zusammenfallen, direkt verwendet werden

können.

Die Aufgabe, eine Strecke zu vervielfältigen, läßt sich

einfach auf die vorige zurückführen.

Page 48: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 47 —

§ 8. Parallelenprobleme.

Von den vielen Parallelenproblemen, die sich in der

hyperbolischen Geometrie aufstellen lassen, seien hier nur

zwei behandelt.

Aufgabe 31: Man lege durch eine Gerade, die eine

gegebene Ebene nicht schneidet, die beiden Parallelebenen

zu dieser Ebene.

In Fig. 24 seien U und U' die Projektionen der Enden der

Geraden und k sei der Bildkreis der gegebenen Ebene. Wie aus

Symetriegründen sofort folgt, liegen die beiden unendlich

fernen Punkte T0 und T'0, in welchen die zwei gesuchtenParallelebenen die Ebene k0 treffen, in der Ebene, die auf der

gegebenen Geraden und der gegebenen Ebene normal steht.

Der Bildkreis n dieser Normalebene, der mit Hilfe der Aufgabe24 gefunden wird, schneidet k in den Punkten T und T,

welches die Projektionen der Punkte T0 und T'0 sind. Die

Mittelpunkte P und P' der Kreise n und n\ die durch die

PunkteT resp.T' gehen und die die Bildkreise der zwei gesuchtenParallelebenen sind, erhält man, indem man die Verbindungs¬linien des Mittelpunktes M des Kreises k mit den Punkten

T resp. T mit der Mittelnormalen von ULF schneidet.

Page 49: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 48 —

Aufgabe 32: Man konstruiere diejenigen Ebenen, die

zu drei gegebenen Ebenen parallel sind.

Die drei Ebenen bestimmen sechs Winkelhalbierende

Ebenen (die aber nicht alle eigentlich zu sein brauchen),die sich zu je dreien in vier Geraden schneiden. Die Ebenen,

die zu den drei gegebenen parallel sind, stehen zu je zweien

normal auf einer solchen Geraden. Es gibt also eine geradeAnzahl Lösungen der Aufgabe und zwar höchstens deren acht.

In Fig. 25 seien kxk2 und k3 die Bildkreise der drei ge¬

gebenen Ebenen. Mit Hilfe von Aufgabe 28 erhält man

die Bildkreise wa w'x und w2 w'2 der Winkelhalbierenden

Ebenen der Kreispaare k2 ks resp. k3 kr w1 schneidet nun

die Kreise w2 und w'2 in den Punkten Wj undW\ resp. in

W2 und W'2 und w\ trifft w2 und w'2 in den PunktenW3 u. W8

Page 50: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 49 —

resp. in W4 und W'4. Die vier Punktepaare VJtWvW2W2, W3W'3und W4W4 sind die Projektionen der Enden der vier Ge¬

raden, in welchen sich die Winkelhalbierenden Ebenen schnei¬

den. Es kann vorkommen, das hängt von der Dispositionder Figur ab, daß eines oder mehrere dieser vier Punkte¬

paare imaginär sind. Bemerkt man, daß die Normalebene

einer Geraden Wl0 und W'l0 durch ihre konjugierte Gerade

bezüglich der Fundamentalkugel geht, so sieht man mit

Hilfe der in der vorigen Aufgabe gemachten Ueberlegungen,daß die beiden unendlich fernen Punkte Tl0 und T'l0, in

welchen die gesuchte Normalebene eine der gegebenen

Ebenen, z. B. die Ebene kl0, deren Bildkreis k2 ist, trifft in der

Ebene liegen, die durch die Gerade Wl0W'l0 geht und auf

der Ebene kl0 normal steht. Man hat also in Fig. 25 durch

Wj und W'j den Kreis nx zu legen, der den Kreis kj in den

Punkten Tj und T\ normal schneidet. Verbindet man den Mittel¬

punkt Mj des Kreises kx mit Tj und Tv so schneiden diese

Geraden WjW'j in den Punkten Pj resp. P'r Die Kreise

jTj und tc\ beschrieben um Pj und P'j als Mittelpunkte und

PjTj resp. P'jT'j als Radien und die auch die Kreise k2und k3 berühren, sind die Bildkreise zweier der gesuchtenEbenen. Führt man die Konstruktion auch für die Punkte¬

paare W2W2, W3W3 und W4W4 durch, so erhält man sämt¬

liche Lösungen der Aufgabe 32.

Die Aufgabe verlangt eigentlich nichts anderes als die

Lösung des in der euklidischen Geometrie bekannten Problems

von Apollonius, alle Kreise zu zeichnen, die drei gegebeneKreise berühren. Durch die eben beschriebene Konstruktion

wird nun dieses Problem auch in der hyperbolischen Ebene

gelöst.

Page 51: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

IV. Kapitel.Drehung, Schiebung und Schraubung.

§ 1. Drehung.Bei einer Drehung bleiben alle Punkte einer Geraden,

der Drehaxe fest. Die Ebenen, welche durch die Axe ge¬

hen, werden um einen vorgeschriebenen Drehwinkel gedreht.Die Normalebenen der Axe werden durch die Drehung nicht

verschoben. In der Projektion drückt sich eine Drehung da¬

durch aus, daß die Kreise des Büschels, dessen Grundpunktedie Projektionen der Enden der Drehaxe sind, in andere

Kreise des Büschels übergehen, die die entsprechenden ur¬

sprünglichen Kreise unter Winkeln schneiden, die gleichdem vorgeschriebenen Drehwinkel sind. Die Kreise des Bü¬

schels, deren Nullkreise die Projektionen der beiden Enden

der Drehaxe sind, werden durch die Drehung nicht geändert.

Aufgabe 33 : Man drehe einen Punkt um eine Axe um

einen vorgeschriebenen Winkel w.

In Fig. 26 sei die Drehaxe g0 durch die ProjektionenU und U' ihrer Enden gegeben, während man vom gegebenenPunkt P0 den Bildkreis Cp seiner Hauptebene kennt. Man

legt zuerst durch g0 und P0 eine Ebene k0 und fällt in der¬

selben von P0 die Normale n0 auf die Axe g0, die g0 im

Punkte D0 schneidet. Nach der Drehung geht die gedrehteNormale n*0 durch den gedrehten Punkt P*0 und trifft g0

wieder im Punkte D0 und es ist P0D0 = P*0D0. Gestützt

auf diese Betrachtungen gestaltet sich die Konstruktion fol¬

gendermaßen. Um den Bildkreis k der Ebene durch P0 und

go zu konstruieren, wird hier eine andere Methode gegebenals in Aufgabe 17. Man schneidet einen beliebigen Kreis h,der durch U und U' geht mit CP in den Punkten A und A'. Legt

Page 52: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 51 —

man durch P eine Gerade, die UU' in demselben Punkte

B schneidet wie die Gerade AA', so geht der Kreis k außer

durch U und U' durch die Schnittpunkte C und C der Geraden

BP mit dem Kreise Cp. Der Kreis k*, der k unter dem Winkel a>

schneidet, ist der Bildkreis der Ebene k*0 die durch Drehung um

eu aus k0 hervorgeht. Durch den Schnittpunkt Pk der beiden

Tangenten in U und U' an k und den Punkt P zieht man

die Gerade n, die das Bild der Normalen n0 vom Punkte P0 auf

go ist und die UU' im Punkte D und den Kreis k in N und

N' schneidet. Dann zieht man durch den Schnittpunkt P*k

der Tangenten in U und U' an k* und den Punkt D die

Gerade n*, die das Bild der Normalen n*0 von P*0 auf die

Axe ist. n* schneidet k* in den Punkten N* und N'*, wo

die Bezeichnung so angeordnet ist, daß N* das Bild des¬

jenigen Punktes ist, der durch die Drehung aus dem Punkte

N0 hervorgeht. Zieht man durch den Schnittpunkt L von

NN* und N'N'* und den Punkt P die Gerade, so schneidet

diese aus n* den Punkt P* aus, der die Projektion des ge¬

drehten Punktes ist.

Page 53: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 52 —

Aufgabe 34: Man drehe eine Gerade um eine Axe um

einen vorgeschriebenen Winkel w.

Die Drehaxe sei in Fig 27 wiederum gegeben durch

U und U' und die zu drehende Gerade durch V und V.

Die Kreise kj und k2 durch U, U' und V resp. U, U' und

V gehen durch die Drehung über in die Kreise k*x und k*2die leicht zu finden sind. Man könnte nun die ProjektionenV* und V* der gedrehten Geraden auf gleiche Weise fin¬

den, wie man in der letzten Aufgabe N* und N'* aus N

und N' erhielt. Hier mögen die beiden Punkte auf andere

Weise konstruiert werden. Die Punkte V und V bewegensich während der Drehung auf Kreisen. Die MittelpunkteM und M' dieser Kreise n und n' sind die Schnittpunkte der

Tangenten in V an kt resp. V an k2 mit der Geraden UU',während die Radien die Länge MV resp M'V haben. Da

wo k*j den Kreis n und k*2 den Kreis n' schneidet, sind

die Punkte V* resp. V'*, die die Projektionen der unend¬

lich fernen Punkte der gedrehten Geraden sind.

Page 54: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 53 —

Aufgabe 35 : Man drehe eine Ebene um eine Axe um

einen vorgeschriebenen Winkel w.

In Fig. 28 sei die Drehaxe durch U und U' und die

Ebene durch ihren Bildkreis k mit dem Mittelpunkte M, ge¬

geben. Der Kreis n, der normal auf k steht und die Punkte

U und U' enthält, geht durch die Drehung über in den Kreis

n*, der den Kreis n unter dem Drehwinkel w schneidet. Die

Schnittpunkte des Kreises n mit dem Kreise k seien Tt und T2.Die Kreise Pj und p2, die um die Schnittpunkte Px und P2 von

MTj resp. MT2 mit UU' als Mittelpunkte und den Strecken

P1T1 resp. P2T2 als Radien beschrieben sind, sind die

Bildkreise von Ebenen, die normal zur Drehaxe stehen und

zur zu drehenden Ebene parallel sind. Da die gedrehte Ebene

zu diesen beiden Normalebenen wieder parallel sein muß,so muß ihr Bildkreis k* die Kreise pr und p2 berühren.

Die Berührungspunkte T*x und T*2 sind die Schnittpunkteder Kreise px resp. p2 mit dem Kreise n*, der durch die

Drehung aus dem Kreise n hervorgeht. Der Mittelpunkt M*

von k* ist dann der Schnittpunkt der beiden Geraden PjT^und P2T*2.

Page 55: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 54 —

§ 2. Schiebung.Ist die Drehaxe uneigentlich, so ist ihre Polare eine

eigentliche Gerade. Der Raum wird längs dieser Geraden

geschoben. Die beiden Enden dieser sog. Schiebungsgeradenbleiben fest, während ihre eigentlichen Punkte um eine und

dieselbe Strecke, der Schiebungsstrecke, verschoben werden.

Alle Ebenen, die durch die Schiebungsaxe gehen, sind der

Schiebung gegenüber invariant, d. h. die Lage aller Kreise

des Büschels, dessen Grundpunkte die Projektionen der Enden

der Schiebungsaxe sind, wird durch die Schiebung nicht ver¬

ändert, während die Kreise des konjugierten Büschels in

andere Kreise desselben übergehen.

Aufgabe 36: Man schiebe einen Punkt längs einer Axe

um eine gegebene Schiebungsstrecke.In Fig. 29 ist die Schiebungsaxe g0 gegeben durch U

und U'. Die Punkte A und B auf UU' sind die Projektionender Endpunkte A0 und B0 der Schiebungsstrecke. Der zu

schiebende Punkt P0 sei wieder durch den Bildkreis Cp seiner

Hauptebene gegeben. Man legt zuerst durch die Schiebungs¬

axe go und den Punkt P0 eine Ebene mit Hilfe von Auf¬

gabe 17. k sei ihr Bildkreis. Durch den Schnittpunkt Pk der

Tangenten in U und U' an k, und durch P legt man die

Page 56: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 55 —

Gerade n, die k in den Punkten N und N' trifft. Nun schneidet

man N'A in V mit k und zieht die Gerade VB, die den

Kreis k noch in R schneidet. Durch den Schnittpunkt S der

Geraden NR und UU' und durch Pk zieht man die Gerade

n*, die k in N* und N'* schneidet, wo N* auf derselben

Seite von UU' liegt wie N. Der Schnittpunkt der Geraden

n* mit derjenigen Geraden, die durch P und den Schnitt¬

punkt T der beiden Geraden NN* und N'N'* geht ist der

Punkt P*, der die Projektion des geschobenen Punktes P*0 ist.

Hat man speziell einen unendlich fernen Punkt zu

schieben, z. B. N'0 (Fig. 29), so gestaltet sich die Konstruk¬

tion einfacher, indem nämlich die Gerade n*, die aus n

durch die Schiebung hervorgeht, aus k die Projektion N'*

des geschobenen unendlich fernen Punktes ausschneidet.

Aufgabe 37: Man schiebe eine Gerade längs einer Axe

um eine vorgeschriebene Schiebungsstrecke.Die Schiebungsaxe sei in Fig. 30 wieder gegeben durch

die Projektionen U und U' ihrer Enden und die Schiebungs¬strecke möge wieder durch ihre Projektion AB gegeben sein.

V und V seien die Projektionen der Enden der zu schiebenden

Geraden. Man legt nun durch UU' und V resp. UU' V

die Kreise \ resp. k2. Mit 1\ und T2 seien die Schnitt¬

punkte der Tangenten in U und U' an kt resp. k2 bezeichnet.

Page 57: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 56 —

Die Geraden VT1 und VT2, die die Bilder der Normalen

von Vo resp. V'0 auf die Schiebungsaxe sind, schneiden UU'

in Ajresp. A2. Durch die Schiebung gehen Ax und A2 in

die Punkte Bx und B2 über, die auf folgende Weise ermittelt

werden. Wählt man irgend einen Punkt C auf k2, so schneiden

CA und CB den Kreis in den Punkten A resp. B. AAxundAA2schneiden k2 in den Punkten Cj resp. C2. Endlich treffen

die Geraden BCX und BC2 UU' in den gesuchten Punkten

Bj resp. B2. Die Punkte V* und V'*, in welchen die Ge¬

raden BxTx und B2T2 die Kreise kx resp. k2 schneiden und

die auf gleicher Seite von UU' liegen wie V resp. V, sind

die Projektionen der Enden der geschobenen Geraden.

Aufgabe 38 : Man schiebe eine Ebene längs einer Axe

um eine vorgeschriebene Strecke.

In Fig. 31 sei die Axe wieder durch U und U' gegeben und

die Schiebungsstrecke durch die Projektionen A und B ihrer

Endpunkte, k sei der Bildkreis der zu schiebenden Ebene.

Der Kreis n, der durch U und U' geht und k in den Punkten

T\ und Ta normal schneidet und der mit Hilfe der Aufgabe23 gefunden wird, verändert sich infolge der Schiebung nicht

Die Punkte T*x und T*2, die durch die Schiebung aus Tt und T3

Page 58: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 57

hervorgehen, findet man vermittelst der für den speziellen Fall

derAufgabe 36 gegebenen Konstruktion. Die Tangenten in T*jund T*2 schneiden sich im Mittelpunkte M* des Kreises k*,welcher durch die Punkte T*j und T*2 geht und der Bildkreis

der geschobenen Ebene ist.

§ 3. Schraubung.Hat man in Fig. 28 die Bildkreise k und k* zweier

Ebenen, so findet man die Projektionen U und U' der Enden

irgend einer der unendlich vielen Drehaxen, um die gedrehtdie eine in die andere Ebene übergeht, indem man irgendzwei Kreise p1 und p2 zeichnet, die k in den Punkten Ttresp. Ta und k* in den Punkten T\ resp. T*2 berühren. Die

Punkte U und U' sind dann die Schnittpunkte des Kreises

n*, der in den Punkten T\ und T*2 normal auf dem Kreise

k* steht, mit dem Kreise n, der in Tx und T2 k normal trifft.

Der Winkel w, unter dem sich die Kreise n und n* schnei¬

den, ist der Drehwinkel, der zur gefundenen Axe gehört.Sind in den Ebenen k0 und k*0 zwei Axenkreuze ge¬

geben, deren Schenkel normal aufeinander stehen und die

in vorgeschriebener Weise miteinander zur Deckung gebrachtwerden sollen, so hat man mit dem Raum eine Schraubungauszuführen. Eine Methode, die Schraubungsaxe zu konstru¬

ieren, ist von Mettler gegeben worden8). Man hat dabei eine

der Ebenen mit der andern Ebene durch Drehung um eine

erste Axe, die mit Hilfe der am Anfang dieses Paragraphen

gegebenen Konstruktion gefunden wird, zur Deckung zu

bringen und nachher die einederzusammengeklappten Ebenen

um eine zu dieser normalen zweiten Drehaxe (die auch

uneigentlich sein kann) zu drehen. Diese letztere Drehaxe

wird mit Hilfe der Aufgabe 26 und der Aufgabe 5 der be¬

reits erwähnten Großmann'schen Arbeit9) gefunden. Hat man

drei Paare solcher Drehaxen, so ist die Konstruktion der

Schraubungsaxe möglich8).

8) E. Mettler : Anwendung der stereographischen Projektion auf Kon¬

struktionen im nichteuklidischen Räume. Diss. Zürich 1916.

9) vergl. Kap. III § 7.

Page 59: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 58 —

§ 4. Umklappung.Hat man eine beliebige Ebene, so ist es möglich diese

durch eine Drehung resp. Schiebung in die Bildebene zu

klappen. Ist ihr Bildkreis ein Ueberkreis mit der Schnittlinie

a als Axe, so ist die Umklappung eine Drehung um die Axe

a. Die Originalgeraden und die umgeklappten Geraden schnei¬

den sich in Punkten auf der Axe a. Ferner liegt die Pro¬

jektion eines Punktes mit dem umgeklappten Punkte auf

einer Normalen zu a.# Hat man also die Umklappung eines

Punktes einer Ebene, so kann man durch Ziehen von Geraden

die Umklappung weiterer Punkte derselben konstruieren.

Schneidet die umzuklappende Ebene die Bildebene nicht, dann

ist die Umklappung eine Schiebung längs derjenigen Geraden,

die auf der Ebene und der Bildebene normal steht.

Aufgabe 39 : Man klappe eine Ebene und einen in ihr

liegenden Punkt in die Bildebene um.

Ist in Fig. 32 k der Bildkreis der umzuklappenden Ebene,

so ist ihr Mittelpunkt M die Projektion der Schiebungsaxe,

die eine projizierende Gerade ist. P sei die Projektion des

in der Ebene liegenden Punktes. Da die Umklappung einer

Page 60: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 59 —

Ebene in eine zweite nichts anderes ist, als eine Spiegelungan einer der beiden Winkelhalbierenden Ebenen, so hat man,

nachdem eine solche Ebene gefunden ist, durch den Punkt,der umzuklappen ist, nur die Normale auf diese Winkelhal¬

bierende Ebene zu fällen und diese Norrriale mit der zweiten

Ebene zu schneiden.

In Fig. 32 ist diese Winkelhalbierende Ebene die mittel¬

normale Ebene m0 der Strecke, die auf der gegebenen Ebeneund der Bildebene normal steht. Diese Ebene resp. ihr Bild¬

kreis m wird folgendermaßen gefunden. Der Punkt U auf

der Peripherie von k ist die Projektion eines Punktes, der

durch die Umklappung in den unendlich fernen Punkt U*

der Halbgeraden MU übergeht. Der Grenzkreis g, auf welchem

der Punkt U liegt und dessen unendlich ferner Punkt U*

ist, hat den Kreis m normal zu schneiden und zwar in den

Berührungspunkten T1 und T2 der Tangenten von M an den

Grenzkreis g, die mit Hilfe von Aufgabe 10 gefunden werden.

Den umgeklappten Punkt P* findet man dadurch, daß man

durch die Schnittpunkte Ax und A2 der Normalen in P auf

MP mit k, den Kreis p zeichnet, der m normal schneidet.

Dieser Kreis p ist ein eigentlicher Kreis, Grenzkreis oder

Ueberkreis, je nachdem P außerhalb, auf der Peripherieoder innerhalb des Kreises k liegt. Der Schnittpunkt der

Axe a des Ueberkreises p mit MP ist dann der gesuchtePunkt P*.

Soll nun ein weiterer Punkt Q0 der gegebenen Ebene

umgeklappt werden, so karin man das durch bloßes Ziehen

von Geraden erreichen. Man verbindet M mit dem Schnitt¬

punkt Pk der Tangenten in V und V an k durch die Ge¬

rade 1, wo V und V die Schnittpunkte der Geraden PQmit k sind und fällt durch P* auf 1 die Normale, die MQin Q* schneidet.

§ 5. Dreikant und Dreieck.

Gibt man drei Winkel, die zusammen höchstens drei

gestreckte Winkel ausmachen, so ist es leicht ein Dreikant

Page 61: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 60 —

zu konstruieren, dessen drei Winkel gleich den gegebenensind. Dieses Dreikant hat eigentliche, unendlich ferne oder

uneigentliche Spitze, je nachdem die Winkelsumme größer,

gleich oder kleiner als ein gestreckter Winkel ist. Ist die

Spitze des Dreikants uneigentlich, so existiert eine Ebene

auf der die Ebenen des Dreikants normal stehen und aus

der sie ein Dreieck mit den vorgeschriebenen Winkeln aus¬

schneiden. Klappt man diese Normalebene in die Bildebene

um, so erhält man das Dreieck, dessen Winkel die gegebenen

sind, in wahrer Größe.

Aufgabe 40 : Man konstruiere ein Dreieck aus drei ge¬

gebenen Winkeln.

In Fig. 33 seien die Winkel a =AEB, ß=BECund j- = CED

gegeben, die zusammen kleiner als ein gestreckter Winkel

sind. Man trägt nun auf der Normalen in E auf ED irgendeine Strecke r von E bis D' ab. Ebenso trägt man auf der

Normalen in E auf EA von E bis A' dieselbe Strecke r ab.

Um den Schnittpunkt M, der Ueberkreise durch A' und D',deren Axen die Geraden EB resp. EC sind, als Mittelpunktund der Strecke r als Radius beschreibt man den Kreis k.

Page 62: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

— 61 —

k, EB und EC sind die Bildkreise der Ebenen, die ein Drei¬

kant mit den vorgeschriebenen Winkeln a ß und y bilden.

Die beiden letzteren sind projizierende Ebenen. Der Kreis

n, dessen Mittelpunkt E ist und der k normal schneidet, ist

der Bildkreis der Ebene, die die drei Ebenen des Dreikants

normal schneidet und die von denselben also in einem Drei¬

ecke E0G0H0 geschnitten wird, dessen Winkel aß und y sind.

Die Verbindungslinie der Schnittpunkte V und V der Kreise

k und n schneidet dann aus EB und EC die Punkte G

resp. H aus. Eine Ecke des umgeklappten Dreiecks ist E,

während die andern beiden in den Schnittpunkten G* und

H* der Parallelen zu den Halbgeraden EV und EV, mit EG

resp. EH liegen.

Page 63: ETH Z · 2021. 2. 14. · Inhaltsverzeichnis. Einleitung. „ .,. I. Kapitel. Kreisgeometrie. r § 1. Die drei verschiedenen Kreisarten 9 § 2. Kreistangenten 10 § 3. Kreise und

Lebenslauf.

Ich, Karl Dändliker von Hombrechtikon, wurde am

28. Juli 1894 in Baar geboren. In Aadorf, Winterthur und

Oerlikon besuchte ich die Primarschule. Im Frühjahr 1907

trat ich in das kantonale Gymnasium in Zürich ein und

ging 1909 in die Industrieschule Zürich über, wo ich im

Sommer 1913 die Maturitätsprüfung bestand. Vom Herbst

1913 bis 1918 studierte ich an der Abteilung für Fachlehrer

für Mathematik und Physik der Eidgenössischen Technischen

Hochschule in Zürich. Im Wintersemester 1914/15 war ich

wegen Grenzdienstes beurlaubt. Im März 1918 bestand ich

die Diplomprüfungen. Im Wintersemester 1918/19 durfte

ich Herrn Prof. Dr. Großmann in darstellender Geometrie

assistieren.

Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem verehrten

Lehrer Herrn Professor Dr. M. Großmann, meinen herzlichen

Dank auszusprechen für seine Ratschläge, die mir bei der

Abfassung der Arbeit sehr zu statten kamen.