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Ethik und Marketing Eine wissenschaftliche Ausarbeitung von Alexander Huhn

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Ethik und Marketing

Eine wissenschaftliche Ausarbeitungvon Alexander Huhn

„Jede Fachkunde und jeder methodische Ansatz, gleich wie alles Handeln und aller Entschluss

zielen offensichtlich auf etwas Gutes. Deshalb hat man zu Recht das Gute genannt,

wonach alles strebt.“

(Aristoteles)

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Wir haben ein Problem. Zugegeben, diese Aussage dürfte an dieser Stelle niemanden überraschen, doch trifft sie den Kern der Seminararbeit erschre-ckend genau. Der mündige Leser sollte sich an dieser Stelle selbstverständ-lich direkt die Fragen stellen - „Wer ist Wir?“ und „Welches Problem“? Ja - wir haben ein Problem. Das „wir“ ist dabei erstaunlich komplex: wir - die Gesellschaft, wir - die Unternehmen in Deutschland, wir - die hochgelobten und trainierten Marketing-Experten oder wir - die Kunden (fortzusetzen). Unsere Gesellschaft ist geprägt von Zeitdruck und Wettbewerb, feiert in ei-ner nicht enden wollenden Party die „Tollheit“ der Globalisierung und hetzt gleichzeitig von Anglizismus zu Anglizismus und vom nächsten Brainstorm-Meeting zur nächsten stylischen Coffee2go-Bar. Das Interesse an Weltreligio-nen, sozialer Verantwortung und nachhaltigem ökologischen Denken scheint dabei gänzlich auf der Strecke geblieben zu sein. Um so erstaunlicher, dass unter genau den eben genannten „wirs“ mehr und mehr Forderungen nach Werten, Moral oder schlichtweg ethischem und legitimem Handeln laut wer-den. Vor allem die „economic players“ (Anglizismus ole) sehen sich verstärkt gegenüber der Kritik an ihrem moralischen Entscheidungen konfrontiert.Die vorliegende Seminarbeit wird sich daher der Ethik im Marketing (und der Wirtschaftswissenschaften) zuwenden, da dem Marketing eine große Bedeutung und in der Konsequenz eine große Verantwortung bei allen un-ternehmerischen Entscheidung zukommt. Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Wettbewerber, Medien und sonstige Stakeholder - sie alle sind vom Marke-ting betroffen und sollen von Entscheidungen der Unternehmer nicht negativ beeinflusst werden. Entscheidungen sollen gut und richtig sein, moralisch und ethisch korrekt. Diese Adjektive gehen über eine juristische Legalität weit hinausa.

Vorwort des Autors

a Vgl. McCarty, Richard (1988): Business, Ethics und Law, in: Journal of Business Ethics, 7. Jg., 11/1988, S. 881

Vorwort

„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

Vorwort..........................................................................................

Inhalt..............................................................................................

1. Einleitung...................................................................................

1.1 Einführung....................................................................

1.2 Aufbau der Arbeit..........................................................

2. Was ist Ethik ?..........................................................................

2.1 Begriffsdefinition und Geschichte.................................

2.2 Ethik heute...................................................................

2.3 Abgrenzung zum Begriff Moral.....................................

3. Marketing...................................................................................

3.1 Marketing heute............................................................

3.2 Begriffsdefinition...........................................................

3.3 systemischer Ansatz/Aufgaben....................................

3.4 Probleme des Marketing..............................................

4. Ethik als Chance für das Marketing..........................................

4.1 Im Blickpunkt: Ethik im Unternehmen..........................

4.2 aus der Perspektive der Wissenschaften.....................

4.2.1 ... der Philosophie...........................................

4.2.2 ... der Sozialwissenschaften...........................

4.2.3 ... der Wirtschaftsethik....................................

4.3 Ethik im Marketing.......................................................

4.3.1 Werbung........................................................

4.4 Aber warum moralisch sein?........................................

5. Zusammenfassung und Ausblick..............................................

Quellenverzeichnis........................................................................

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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1.1 Ethik im Marketing - Gedankenspiele

Unternehmen, die heutzutage nicht moralisch handeln, geraten in das Kreuzfeuer der Kritik. Die daraus entstehenden Imageschäden und Um-satzeinbußen sind gewaltig. Im Zuge der weltweiten Globalisierung wird es für heimische Unternehmen umso wichtiger sich einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Aber die Frage ist worin dieser Vorteil besteht: in betriebswirt-schaftlichen Erfolgsgrößen, wie beispielsweise Kostenminimierung? Kosten-führerschaft ist auf einem globalen Weltmarkt schwer durchzusetzen. In den Ostblockländern, wie auch in Teilen Asiens z. B. China, können Produkte aufgrund der niedrigen Lohnkosten zu einem Bruchteil der deutschen Pro-duktionskosten hergestellt werden. Aber unter welchen Umständen? Man denke nicht zuletzt an die riesigen Fabrikhallen in denen Tag für Tag, Stun-de um Stunde, unter menschenunwürdigen Bedingungen bis zur totalen Er-schöpfung gearbeitet wird und das für einen Hungerlohn!Sich heutzutage auf einem weltweiten Markt zu behaupten ist allein durch ökonomische Zielsetzungen nicht mehr möglich. Einen Wettbewerbsvorteil hat das Unternehmen, das sich von den anderen Unternehmen abhebt, die Bedürfnisse seiner Umwelt erkennt und umsetzt. Wichtige Themen wie Öko-logie, Ökonomie und Soziales gewinnen wieder an Bedeutung. Das Mitei-nander rückt wieder in den Vordergrund. Aber wie kann ein Unternehmen die ökonomischen und gesellschaftlichen Ziele miteinander vereinbaren? Anhand dieser Arbeit werden einige Ansätze erarbeitet, wie im speziellen das Marketing als Bindeglied zwischen dem Unternehmen und seiner Um-welt zu einem ethisch korrekten Auftreten beitragen kann.

1. Einleitung

Einleitung

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1.2 Aufbau

Diese Abhandlung ist in fünf Abschnitte gegliedert. Zu Beginn der Arbeit erfolgt eine kurze Einführung in die Ethik-Lehre. Veran-schaulicht wird dies anhand von Definitionen und einem kurzen historischen Rückblick. Außerdem werden die Begriffe Ethik und Moral voneinander ab-gegrenzt.Im Anschluss wird das Thema Marketing mit seiner Bedeutung und Verant-wortung für eine Unternehmung erläutert und die daraus resultierenden Pro-bleme aufgezeigt.Das erarbeitete Wissen aus Ethik und Marketing wird im vierten Abschnitt zusammengeführt und „soziale“ Praktiken aus dem Marketingalltag vorge-stellt. Hierbei wird speziell auf Ethik in der Werbung eingegangen. Ergänzt wird dieser Teil durch aktuelle Praxisbeispiele und die Frage warum man überhaupt moralisch handeln sollte.Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und ein Ausblick der dargestellten Situation gegeben.

Einleitung

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2.1BegriffsdefinitionundGeschichte

Der Begriff „Ethik“ wird aus dem altgriechischen Wort „éthos“ abgeleitet und bedeutet so viel wie „gewohnter Sitz, Gewohnheit, Sitte, Brauch, Charakter, Sinnesart“.1

Die Ethik-Lehre geht, als ein Teilgebiet der Philosophie, auf die alten grie-chischen Philosophen zurück. Der erste griechische Philosoph, der sich der Ethik widmete, war Sokrates (469-399 v. Chr.), gefolgt von seinem Schüler Platon (428-348 v. Chr.)2. Ethik als eigenständige Disziplin wurde jedoch erst-mals durch Aristoteles (384-322 v. Chr.) begründet, und schriftlich in seinem Werk „Nikomachischen Ethik“ vertieft, vermutlich nach seinem Sohn Niko-machos benannt3. Sie wurde zu einer eigenständigen philosophischen Dis-ziplin, die sich mit dem menschlichen Handeln in Form von Sitten, Bräuchen und Gewohnheiten in allen Lebensbereichen befasste. Aristoteles unterteilte die Ethik als praktische Philosophie in die Bereiche Ethik, Ökonomie und Po-litik. Sein Augenmerk galt hauptsächlich den Fragen „Was ist das (oberste) Gute für den Menschen?“, und „Nach welchem Ziel strebt der ensch?“. Nach seiner These ist das Ziel allen Handelns das Empfinden von Glück. Glück sei wiederum nur zu erfahren wenn der Mensch Tugenden, sprich Charakterzü-ge, die im Laufe der Zeit durch Erziehung und Erfahrung ausgebildet werden, entwickelt. Somit entstand eine wichtige Teildisziplin der Ethik, die Tugende-thik. Auch in der Neuzeit prägten einige Philosophen die Ethik maßgeblich. Einer von ihnen war David Hume (1711-1776). Er stellte erstmals die These auf, dass moralische Empfindungen nicht durch Rationalität, sondern durch Emotionen entstehen. Alle Handlungen, die bei dem Menschen Zustimmung erfahren, sind gut. Schlecht sind Handlungen auf die mit Empörung reagiert wird. Gefühle sind gemäß Hume die Grundlage moralischer Urteile. Als ei-ner der bedeutendsten Philosophen unserer Zeit gilt Immanuel Kant (1724-1804). Er begründete Ethik als eine praktische Wissenschaft. Zu seinen be-

2. Was ist Ethik?

1 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ethi&printable=yes (27.10.2007)2 http://www.bfg-bayern.de/ethik//download/Ethik_Quiz.pdf (27.10.2007)3 http://www.fsbio-hannover.de/oftheweek/118.htm (02.11.2007)

Ethik

Ethik geht auf alte grichi-

sche Pilosophen zurück.

Als eigenständige Disziplin

erstmals durch Aristoteles

begründet.

Grundziel allen Handelns das

Empfinden von Glück.

Philosophen der Neuzeit

prägten Verständnis von

Ethik. These von David

Hume: moralische Empfin-

dungen beruhen auf Emoti-

onen.

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kanntesten literarischen Werken gehören die „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, die „Kritik der praktischen Vernunft“ und die „Metaphysik der Sitten“. Seine Theorie ist, dass der Mensch nur aus freier Entscheidung den moralischen Pflichten folgt. Die zentrale These ist der Schutz der Freiheit des Menschen. Diese Freiheit findet sich auch in dem Kernbegriff der Kant-schen Ethik, dem Kategorischen Imperativ wieder. Hier heißt es: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“4

2.2 Ethik heute

Der Gegenstand der Ethik hat sich im Wandel der Zeit grundlegend verändert. Während man sich in der Antike hauptsächlich mit allgemeinen philosophi-schen und theologischen Fragen aus Geschichte und Literatur beschäftigte, entstand Mitte des 20. Jahrhunderts die angewandte Ethik. Durch veränder-te Bedingungen in Umwelt und Gesellschaft erhoffte man sich mit ihrer Hilfe Lösungen für moderne gesellschaftliche Probleme.5

2.3 Abgrenzung zum Begriff Moral

In der Umgangssprache werden die Begriffe Ethik und Moral oftmals als Synonyme verwendet. Seit der neuzeitlichen Philosophie erfolgt jedoch eine Abgrenzung und der Unterschied ist, wie wir nachfolgend erläutern werden, von zentraler Bedeutung6.

„Moral predigen ist leicht,Moral begründen schwer.“

Artur Schopenhauer

Ethik der Gegenwart be-

schäftigt sich mit der An-

wendung ethischer Regeln

und Werte zur Problemlö-

sung.

4 vgl. Otfried Höffe, Goldene Regel, in: Otfried Höffe (Hrsg.) Lexikon der Ethik (2002) S. 1342 vgl. Markus Huppenbauer, Jörg de Bernardi: Kompetenz Ethik, Versus Verlag AG, Zürich 2003 S. 336 http://de.wikipedia.org/wiki/Moral (01.11.2007)

Ethik

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Schon in der Kindheit wird uns von den Erwachsenen beigebracht zwischen gebotenen und verbotenen Regeln zu unterscheiden. Als Folge für unser Handeln werden wir entweder gelobt oder bestraft. Dadurch entwickeln wir im Laufe des Heranwachsens die Fähigkeit eigene Handlungen und die un-serer Umwelt zu bewerten.7 Bei der Moral (lateinisch: mos) geht es um die Verhaltensnormen einer Ge-sellschaft, die den geltenden Sitten entsprechen, und somit allgemein an-erkannt sind. Moral beruht demnach auf Tradition und Gewohnheit, sie hat sich also im Laufe der Zeit ausgebildet8. Sie betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern prägt das gemeinsame Miteinander in allen Lebensbereichen, wie z. B. Kultur, Politik und Wirtschaft. Im Volksmund wird Moral fälschlicher-weise oftmals auf das gesellschaftlich akzeptierte Verhalten im sexuellen Bereich reduziert.9

Der Sinn und Zweck moralischer Regeln besteht darin, das an sich komple-xe Leben zu erleichtern, indem bestimmte Handlungen empfohlen werden. Eine allgemein bekannte moralische Regel ist die so genannte „goldene Re-gel.“ Darin heißt es: „Was du nicht willst, dass man dir tu`, das füg auch keinem anderen zu“ oder positiver formuliert: „Behandle deine Mitmenschen so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ Sie wird als „goldene Regel“ bezeichnet, weil sie in vielen Religionen, allerdings in den unterschiedlichs-ten Variationen, der Grundvorstellung von Moral entspricht und dadurch das zwischenmenschliche Verhalten grundlegend regelt.10 Aber welche Legitimation beansprucht die Moral eigentlich für sich? Moral-vorstellungen bauen auf dem Prinzip der Freiheit auf, d. h. wenn moralisch gehandelt wird erfolgt das aus Freiwilligkeit.11 Moralische Regeln ziehen bei Nichtbefolgung keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Moral und Ge-setze können bzw. sollten sogar voneinander abweichen, da legales Han-deln immer ein Minimum an moralischem und somit ethischem Handeln dar-stellt.12 Möglich ist jedoch, dass die Gesellschaft für unmoralisches Handeln Sanktionen verhängt.

7 vgl. Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 3. überarbeitete Auflage, Francke, 1994, S. 17 ff.8 http://www.lebendige-philosophie.de/moralisches_handeln.html (02.11.2007)9 http://www.philolex.de/ethik.htm (29.10.2007)10 vgl. Otfried Höffe, Goldene Regel, in: Otfried Höffe (Hrsg.) Lexikon der Ethik (2002) S. 101 ff.11 http://www.capurro.de/ethikskript/kap3.htm (18.11.2007)12 http://www.foundation.vovartis.com/german/unternehmensethik_management.htm

Ethik

Moral als Verhaltensnormen

einer Gesellschaft der gel-

tenden Sitten entsprechend.

Moral prägt das Miteinander

in allen Lebensbereichen.

Moral als Handlungsempfeh-

lung.

Moralvorstellungen beruhen

auf dem Prinzip der Freiheit

und der Freiwilligkeit. Theo-

retisch keine Konsequenzen

bei Nichtbefolgung.

Gesellschaftliche (unge-

schriebene) Sanktionen aber

möglich bei moralischen

Verstößen.

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Im schlimmsten Fall wird man aus der Gruppe ausgegrenzt.

Die Vorstellungen von Moral sind weltweit sehr unterschiedlich und auch unterschiedlich stark ausgeprägt. Was für die eine Kultur moralisch ist, ist für eine andere wiederum unmoralisch. Beispiele für extreme Moralvorstellun-gen in verschiedenen Kulturen sind folgende:

· Eine Tradition bei den Eskimos soll gewesen sein, alte und schwache Menschen auf deren Wunsch zu töten, um ihnen einen grausamen Tod zu ersparen. Damit sollte aufgrund der extremen Lebensumstände (u. a. Knappheit der Lebensmittel) den Jüngeren eine größere Überlebenschance gesichert werden. · Um ihren Angehörigen nicht zur Last zu fallen sind ältere Menschen der japanischen Bergvölker zum Sterben in die Berge gegangen.13

Moralische Einstellungen anderer Länder mögen in anderen Lebensräumen Empörung und Unverständnis auslösen. Gerade um andere Lebensanschau-ungen zu verstehen setzen sich Menschen mit ihnen auseinander. Es wer-den Moralvorstellungen anderer Kulturen beschrieben und hinterfragt. Ethik kann somit als die Wissenschaft oder Reflexion von der Moral bezeichnet werden. Ethisch handelt also derjenige, der sich mit der Wissenschaft vom moralischen oder sittlichen Handeln des Menschen befasst.13 Um das zu verdeutlichen ein kurzes Beispiel: „Versprechen sind zu halten, und nicht zu brechen“. Dieser Grundsatz ist ein Inbegriff für eine Moralvor-stellung. Wenn wir uns also darüber entrüsten, dass ein Freund ein Verspre-chen nicht eingehalten hat, urteilen wir moralisch. Sollten wir uns jetzt noch fragen warum er sich nicht daran gehalten hat, oder warum es eigentlich Sinn macht sich an Versprechen zu halten, betreiben wir Ethik.15

Als Kernfrage der Ethik, die man übrigens auch als Moralphilosophie be-zeichnet, formulierte Immanuel Kant die grundlegende Frage der Kantschen Ethik: „Was soll ich tun?“ Als Ergebnis erhält man die ethischen Normen,

Moralische Einstellungen

kontext- und kulturabhän-

gig.

Ethik als Reflexion der

Moral.

Kernfrage der Ethik nach

Kant: „Was soll ich tun?“

13 vgl. Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 3. überarbeitete Auflage, Francke, 1994, S. 3314 vgl. Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 3. überarbeitete Auflage, Francke, 1994, S. 2715 http://www.gentechnik-und-ethik.de/ttn/druck/180000_druck.html (27.10.2007)

Ethik

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die vorgeben, dass bestimmte Handlungen geboten, verboten oder erlaubt sind.16 Ihre Aufgabe besteht darin zu klären, welche Handlungen „gut“ und welche „böse“ sind. Durch unser geschultes Urteilsvermögen, das bereits seit der Kindheit konsequent ausgebildet wird, sind wir in der Lage Ethik situationsspezifisch in der Praxis anzuwenden.

Aber welche Probleme ergeben sich durch Handlungen bei denen man die Wahl zwischen zwei „Übeln“ hat? Da stellt sich die Frage welches die „bes-sere“ Wahl ist! Dieses moralische Dilemma der Ethik lässt sich anhand des so genannten „Trolley-Problems“ schildern. Ein Trolley (Transportwagen) fährt auf einem Gleis auf eine Weiche zu. Die Schienen teilen sich von dort aus in zwei Richtungen: auf der einen sitzt eine Gruppe mit fünf Personen, auf der anderen sitzt eine Person. Alle bemerken die herannahende Ge-fahr nicht. Ein Beobachter hat nun zu entscheiden auf welcher Schiene der Trolley weiterfährt. Das Entscheidungsproblem lautet den Tod von fünf bzw. einer Person zu verantworten. Viele der Probanden entscheiden sich wohl eher dazu eine Person zu töten als fünf Menschenleben auszulöschen. Aber wie verhält sich der Beobachter beispielsweise wenn er die Person, die allei-ne auf der Schiene steht, kennt? Höchstwahrscheinlich ist, dass sich die Ent-scheidungen des Handelnden bei Variation des Problems ändern werden.17 Da es im Leben nicht ausbleiben wird, dass man zwischen zwei Handlungen zu entscheiden hat, stellt sich die Frage welches die sozusagen „gute“ Wahl ist. Wichtig ist, dass sie von dem Entscheidenden selbstverantwortlich und im Zweifel stets nach bestem Gewissen unter Darlegung plausibler Gründe getroffen werden sollte.

Abschließend lassen sich folgende drei Arten der Ethik unterscheiden: die deskriptive Ethik, die normative Ethik und die Metaethik. Mit Hilfe der des-kriptiven bzw. empirischen Ethik versucht man mittels empirischen Hilfsmit-teln die gelebte Moral in der Gesellschaft zu beschreiben, zu erklären und

16 http://www.bfg-bayern.de/ethik//download/Ethik_Quiz.pdf (27.10.2007)17 http://de.wikipedia.org/wiki/Trolley-Problem (18.11.2007)

Ethik

Aufgabe der Ethik: welche

Handlungen sind „gut“ und

welche sind „böse“.

Dilemma der Ethik am Bei-

spiel des „Trolley-Problems“.

Drei Art der Ethik: deskriptiv,

normativ und Methaethik

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möglicherweise in einer empirischen Theorie zu manifestieren. Der Zweck der normativen Ethik ist die Entwicklung ethischer Urteile und Maßstäbe, sowie die Prüfung der bestehenden ethischen Normen. Die Basis der de-skriptiven und normativen Ethik bildet die analytische oder Metaethik, die sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts gebildet hat. Sie trifft keine inhaltlichen Aussagen über moralische Urteile, sondern analysiert die angewandte Spra-che und versucht so Aufschlüsse über Gründe des Handelns zu erfahren. Prädikate wie „gut“, „schlecht“ oder „richtig“ werden auf ihre Bedeutung hin geprüft.18

Das Ziel der Ethik als praktische Wissenschaft lässt sich wie folgt zusammen-fassen. Sie soll Hilfestellung für sittliche Entscheidungen leisten und somit allgemeingültige Normen und Werte für das menschliche Handeln schaffen.

Aristoteles formulierte in der Nikomachischen Ethik: „Wir philosophieren nämlich nicht um zu erfahren, was ethische Werthaftigkeit sei, sondern um wertvolle Menschen zu werden. Sonst wäre dieses Philosophieren ja sinn-los“. Ein ganz entscheidender Aspekt ist somit, dass Ethik auf Verhaltensver-besserungen abzielen soll. 19

18 vgl. Otfried Höffe, Goldene Regel, in: Otfried Höffe (Hrsg.) Lexikon der Ethik (2002) S. 59., 192 ff., 170ff.19 http://www.bfg-bayern.de/ethik//download/Ethik_Quiz.pdf (27.10.2007)

Ethik

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3.1 Marketing heute

Bevor wir uns im nächsten Kapitel mit Ethik im Marketing beschäftigen und die „Weisheit“ aller Marketing-Aktivitäten erarbeiten, müssen wir uns erstmal darüber einig werden, was wir unter Marketing verstehen. Die Definitionen und interpretatorischen Ansätze sind so komplex und bunt, dass man fast meinen könnte – die Kunst eines jeden Wirtschaftswissenschaftlers besteht darin eine neue Marketing-Definition zu finden. Im Folgenden werden wir daher unser Verständnis von Marketing kurz zusammenfassen und damit ein Fundament und eine Diskussionsbasis schaffen, auf der wir unsere Ideen zur Ethik im Marketing aufbauen können.

3.2 Begriffsdefinition

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine neue Form der Profilierung von Unternehmen am Markt durchgesetzt: im Fokus aller Aktivitäten steht nicht mehr nur allein das Produkt. Unternehmen beschäftigen sich seitdem mit tol-len Schlagwörtern wie „Image“, „Corporate Identity“ oder „Social Responsi-bilty“. Für den Erfolg am Markt haben die Umfeldfaktoren wie z.B. Ökologie, Politik, Technologie oder Gesellschaft an Bedeutung gewonnen. Der Kunde wandelte sich vom einfachen Absatzziel zum absoluten „Point of Interest“. Marktforschungsinstitute, schlaue Marketing-Coaches und kreative B2B Agenturen schossen in den 90er Jahren (bis ins 21. Jahrhundert anhaltend) aus dem Boden. (Und verschwanden wieder.) Nur Unternehmen, die sich an diese Entwicklungen angepasst hatten und nicht mehr allein auf die außer-ordentliche Qualität ihres Produktes setzten, konnten am Markt nachhaltig erfolgreich sein.

Entsprechend dieser Entwicklungen wandelten sich auch die vielen Marke-ting-Definitionen, die heute so vielseitig wie nahezu beliebig für die eigene

Umfeldfaktoren im Kontext

einer Unternehmung ge-

winnen an Bedeutung fürs

Marketing.

Marketing

3. Marketing

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Sache adaptierbar sind. Die klassische Marketing-Defi nition nach Meffert beschreibt Marketing als „Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Un-ternehmensziele im gesamtwirtschaftlichen Güterversorgungsprozes ver-wirklicht werden.“20

3.3 systemischer Ansatz/Aufgaben

Marketing lässt sich auf verschiedenste Weise im Unternehmen platzieren. Klassischerweise gibt es bei einem Großteil der Unternehmen eine gleich-berechtigte Abteilung „Marketing“ (oft zusammen mit dem Vertrieb) – deren Problem eben genau die Gleichberechtigung ist, aufgrund derer sie den an-deren Abteilungen nur schlecht Anweisungen erteilen kann bzw. diese aktiv mitgestaltet.

Abbildung 1: Marketing als gleichberechtigte Abteilung 1

Auch wird die Organisationseinheit Marketing gerne nach Regionen oder Produktgruppen aufgeteilt. Als nachhaltig effektiver und wesentlich erfolg-reicher konnte sich aber die Idee der ganzheitlichen Marketing-System-Idee durchsetzen. Marketing ist damit kein „Auswuchs“ der Abteilung Vertrieb und

Marketing ist die Befriedi-

gung von Kundenbedürfnis-

sen

Marketing im System als

ganzheitliche Sicht.

22 Vgl: Meffert, Heribert, Marketing, Wiesbaden 1997, S. 311 Quelle: Herman Freter: Marketing, München (2004), S. 15

Marketing

Unternehmensleitung

(1) Marketing als marktorientierte Unternehmensführung

Einkauf ProduktionVertrieb/

MarketingF&E

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an den Verkauf gebunden, sondern eine übergeordnete Instanz, der Unter-nehmensleitung zugeordnet, die allen Abteilungen beratend zur Seite steht und das Unternehmen damit im Ganzen gestaltet. Die System-Idee sieht das Unternehmen als Organismus, der nur im gesunden Zustand, also un-ter perfektem Einklang aller Organe und einem gesunden Auftreten nach Außen, die beste Leistung bringen kann. Für unser Verständnis ergibt sich daher ein Marketing, dass sich mit dem Denken und Führen eines Unter-nehmens vom Markt her und zum Markt hin beschäftigt und ein damit ganz-heitliches Management umfasst. Im Marketing beschäftigen wir uns also mit allen menschlichen Aktivitäten, die darauf abzielen, Austauschprozesse zu erleichtern und durchzuführen.21 Diese Austauschprozesse zwischen Men-schen können an dieser Stelle durchaus trivial als Kommunikation bezeich-net werden und genau in der Kommunikation liegt – wie man so schön sagt – sehr oft „der Hund begraben“.

3.4 Probleme des Marketing„eine (gewagte) Bestandsaufnahme“

Bei aller Freude über die zuvor beschriebene System-Idee im Marketing se-hen sich Unternehmer und Marketingverantwortliche doch sehr oft konfron-tiert mit einer Vielzahl an Problemen, die mit der bloßen Idee eines ganzheit-lichen Marketing-Verständnisses nicht gelöst werden können. Viel zu schnell wird Marketing dann doch wieder mit Werbung und Verkauf gleichgesetzt und die Kosten für Marketing und Werbung stehen ja scheinbar keinem di-rekten Umsatzzuwachs gegenüber. „Der Markt macht uns kaputt“ jammern die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmer und winken müde ab bei innovativen Ideen zu einer ethischen Unternehmensführung. Es ist halt einfacher Maßnahmen situativ und spontan einzusetzen und sie damit flexi-bel ins Jahresbudget einzubringen. Moralische Tugenden werden mit Kon-kurrenzdruck und Preisdumping ausgehebelt und Entscheidungen kurzfristig

Marketing als übergeordne-

ter „Gestalter“ des Ganzen.

Marketing beschreibt Aus-

tauschprozesse zwischen

Menschen und lässt sich

daher als Kommunikation

beschreiben.

System-Idee mit scheinba-

ren Problemen verbunden.

Marketing

22 Vgl mit Ideen und Visionen aus: Bergmann/Daub, Systemisches Innovations- und Kompetenzmanagement, Gabler, 2006

Seite 16/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

getroffen. Die Werbeagentur von „nebenan“ darf dann wieder mit kreativen Flyern, Give-Aways und Anzeigen die sinkenden Absatzzahlen bekämpfen und am Ende der Kette von Entscheidungen werden dann halt dessilluisio-niert (und fast resignierent) wieder der Preis gesenkt und selbstverständlich ein paar Mitarbeiter entlassen.

Bleibt die Frage nach einer zukunftssicheren Lösung der angesprochenen Probleme. Wie dem Druck der Globalisierung standhalten? Wie profitieren aus Win/Win-Situationen? Wie ethische Handlungen einem Jahresbudget anpassen? Das folgende Kapitel wird einen Antwortversuch starten und aufzeigen, wie ein ethisches Moralverständnis den Prozess entschleunigen kann und ein Unternehmen nachhaltig und damit langfristig zum Erfolg füh-ren könnte.

Werbeagenturen oft kon-

zeptlos als kurzfriste Pro-

blemlöser.

Marketing

Seite 17/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

4.1 Im Blickpunkt: Ethik im Unterneh-men

Die Wichtigkeit neben den ökonomischen Zielen einer Unternehmung auch soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen erkannten die Amerikaner bereits Anfang der 60er Jahre. Mit den „Consumer Bill of Rights“, die Präsident John F. Kennedy 1962 einführte, wurden erstmals die Rechte der Konsumenten gestärkt. Sie gelten als Meilenstein des „consumerism-movement“. Die Bot-schaft der Bewegung war, dass Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollen, sich an den Bedürfnissen der Konsumenten ausrichten müssen.21 Im Laufe der Internationalisierung erkannte man, dass es für ein Unterneh-men immer wichtiger wird sich auf einem internationalen Markt von Anderen zu unterscheiden. Die Verantwortung, die ein Unternehmen zu tragen hat, ist neben der Unternehmerischen auch eine Soziale und Ökologische. Im Zuge der zunehmenden „Anglisierung“ im deutschen Sprachgebrauch wird heute von Corporate Social Responsibility gesprochen. Mit Corporate So-cial Responsibility (CSR) wird der freiwillige Beitrag von Unternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung, die über die gesetzlichen Normen hinaus-geht, bezeichnet. Diese Entwicklung geht nur aus einer „Win/Win-Situation“ für Unternehmen und Gesellschaft hervor.22 Die Europäische Kommission veranschaulichte Corporate Social Responsibility folgendermaßen: „People“ stehe für die soziale, „Planet“ für die ökologische und „Profit“ für die ökono-mische Verantwortung.23 Immer mehr Unternehmen formulieren Verhaltenskodizes bzw. „Codes of Conduct“, in denen die Grundwerte und Verhaltensweisen der Unternehmen gegenüber der Umwelt näher geregelt werden, Nachhaltigkeitsberichte wer-den verfasst und einige Firmen gründen eigene CSR Abteilungen.24 Der Dow Jones Sustainability Index (Nachhaltigkeitsindex) listet bereits 18 Firmen u. a. die deutschen Unternehmen BMW (Automobilsektor) und Allianz (Versi-

„Consumer Bill of Rights“ als

erste Ansätze zur Stärkung

von Konsumenten-Rechten.

Soziale und ökologische Ver-

antwortung wird erkannt.

Corporate Social Responsi-

bility als Chance für Unter-

nehmen.

Win/Win-Situationen entste-

hen lassen.

Dow Jones Sustainability In-

dex als Index für nachhaltig

organisierte Unternehmen.

4. Ethik als Chance für das Marketing

Ethik im Marketing

21 http://business.latech.edu/~bbabin/C16.doc (29.11.2007)22 http://www.mittelstandswiki.de/Corporate_Social_Responsibility (29.11.2007) 23 http://www.fofos.at/downloads/4237f2d7cc97a.pdf (02.12.2007)24 http://ec.europa.eu/employment_social/news/2001/jul/171_de.html (04.12.2007)25 http://www.sustainability-indexes.com/07_htmle/indexes/djsiworld_supersectorleaders_07.html (01.11.2007)

Seite 18/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

cherungsbranche), die sozial und umweltfreundlich agieren.25

4.2 aus der Perspektive der Wissen-schaften

Auch die verschiedenen Wissenschaften haben sich der Ethik über die Jahrzehnte angenommen und in einer Vielzahl von Modellen, Studien und Diskussionen untersucht. Im folgenden Abschnitt wollen wir verschiedene Perspektiven kurz ansprechen und durch einen schnellen Überblick eine kompakte wissenschaftliche Basis für die Beurteilung von ethischem Mar-keting schaffen.

Ethische Entscheidungen in einem Unternehmen sollen nicht das „Gespinst“ eines willkürlichen und egoistischen Instrumentariums sein, sondern die Kon-sequenz aus einem Prozess der individuellen, vor allem aber gesellschaft-lichen (und damit sozialen) und wissenschaftlichen Kriterien folgen. Dazu gehören unter Anderem natürlich Gesetze und kulturelle Normen, sowie Un-ternehmensgrundsätze und die Unternehmenskultur aus der Betriebswirt-schaftslehre. Deshalb umrahmen (bzw. begrenzen) wir die wissenschaftliche Basis mit der Perspektive der Philosophie, der Sozialwissenschaft (insbe-sondere der Psychologie) und der Wirtschaftsethik. 26

4.2.1 aus der Perspektive der Philosophie

Die Philosophie unterscheidet sich in eine theoretische und praktische Phi-losophie, deren Hauptfokus auf der menschlichen Praxis liegt zu der die Po-litik, die Rechtsphilosophie und die Ethik gehören. Von den in Kapitel 2 be-

Wissenschaftliche Überlun-

gen zu Ethik und Marketing

als fundierte Basis weiterer

Überlegungen.

22 Vgl mit Ideen und Ausführungen aus Jozipovic, Die Ethik des Marketing, FGM, 2001, S. 5-37 - A.d.A.: sehr ausführliche Darlegung der wissenschaftlichen Betrachtung - weitere Quellenangaben zu dem Thema werden aufgrund ihrer Menge in dieser Seminararbeit nicht aufgeführt und sind der angebenen Quelle zu entnehmen

Ethik im Marketing

Seite 19/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

schriebenen Unterscheidungen der Ethik ist besonders die normative Ethik interessant für das Marketing, da sie sich mit der menschlichen Praxis und dem gesamten menschlichen Leben beschäftigt und dadurch hervorragende Werkzeuge zur Beurteilung ethischer Entscheidung im Marketing liefert. Mit der Wertetheorie (zurückgehend auf Aristoteles) und der dortigen Integration der so genannten teleologischen und deontologischen Theorien (deren Aus-führung diese Seminararbeit bei weitem sprengen würde) werden Tugenden wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und Selbstkontrolle erlernt. (Besonderes Au-genmerk liegt dabei auf dem letzten Punkt.) Durch die Orientierung an der Wertetheorie lassen sich Entscheidungen philosophisch prüfen und gleich-zeitig mit utilitaristischen Theorien (die starke Ähnlichkeiten mit der guten alten „Kosten-Nutzen-Rechnung“ aufweisen) verknüpfen.

4.2.2 aus der Perspektive der Sozialwissenschaften (und der Psychologie)

Sozialwissenschaften, an dieser Stelle konkret die Psychologie, untersuchen empirisch menschliches Verhalten und starten Erklärungs- und Manipulations-versuche. Die nun eigenständige Wissenschaft hatte ihren Ursprung eben-falls in der Philosophie und ist daher in vielen Fragen ein Seelenverwandter. Mithilfe der Psychologie können wir Problemlösungen für unterschiedliche Situationen aus dem sozialen Miteinander aufzeigen bzw. herausarbeiten. In der Literatur werden die Theorien zur Ethik in der Psychologie aufgeteilt in die Individualethik, die Theorie zur Entwicklung ethischer Urteilsfähigkeit, die Diskursethik und in das Modell ethischen Marketinghandelns von Hunt und Vitell, deren gemeinsamer Nenner die Suche nach Antworten auf moralische Fragen ist. Alle Theorien haben eine Bedeutung fürs Marketing:

Besonders interessant fürs

Marketing ist die normative

Ethik.

Auf der Suche nach Antwor-

ten auf moralische Fragen.

Ethik im Marketing

Seite 20/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

· 1. die Individualethik, die versucht an das Gewissen der Manager zu appellieren, die im Konflikt zwischen Sicherheit, Ethik und Kostensenkung stehen· 2. die Theorie zur Entwicklung ethischer Urteilsfähigkeit (nach Kohlberg), die der diskriptiven Ethik aus der Philosophie zuzuschreiben ist und fürs Marketing besonders wichtig für eine ethische Urteilsfähigkeit auf verschiedenen Hierarchieebenen ist oder · 3. die Diskursethik, die sich mit den Konsequenzen von Handlungen auseinandersetzt und Normen auf allgemeine Akzeptanz prüft.

4.2.3. aus der Perspektive der Wirtschaftsethik

Die Wirtschaftsethik versucht eine Anpassung von ethischen Normen und wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten, die immer wieder in Konflikt zu geraten scheinen. Wenn wir uns an Kapitel 3 erinnern und Marketing als systemi-sche Unternehmensführung verstehen, dürfen wir uns an dieser Stelle erlau-ben, die Ethik im Marketing mit der Unternehmensethik als weitestgehend deckungsgleich zu beschreiben. Ähnlich wie die Unterteilung der Volkswirt-schaftslehre in Makro- und Mikroräume, so unterteilt auch die Wirtschaft-sethik ihre Handlungsebenen in Makroräume, also z.B. gesamtwirtschaft-liche Rahmenbedingungen, internationale Wirtschaftsbeziehungen oder wirtschaftspolitische Einflüsse und Mikroräume, also das moralische Verhal-ten eines jeden wirtschaftlichen Individuums. Daraus ergeben sich natürlich Verknüpfungen, da die Mikroebene Vorgaben aus der Makroebene zumeist als gegeben hinnehmen muss (Wirtschaftsgesetze etc.). Weiterführende Modelle diverser Wirtschaftswissenschaftler haben verschiedene Phänome-ne untersucht und Erklärungsversuche für die sinnvolle Verschmelzung von Wirtschaftsethik und Wirtschaftstheorie gestartet, deren Inhalte aber nicht

Individualethik, Theorie

zur Entwicklung ethischer

Urteilsfähigkeit und Diskur-

sethik und ihre Bedeutung

fürs Marketing.

Makro- und Mikroräume als

Kontexte ethischer Handlun-

gen.

Ethik im Marketing

Seite 21/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

Teil dieser Seminararbeit sind.

Der Zusammenhang zwischen Ethik und Marketing in der Wirtschaftsethik lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen:

Abbildung 2 Markt/Ethik/Recht.

4.3 Ethik im Marketing

Ein neuer nachhaltiger Lebensstil, der soziales und ökologisches Leben vereint, verbreitet sich in Deutschland. Trendforscher bezeichnen ihn als “Lifestyle of Health and Sustainability”, kurz LOHAS (Bedeutung im Chi-nesischen: glückliches Leben). Vorgemacht haben es die „Promis“, wie Madonna, die Öko-Windeln kauft, oder Jamie Oliver, der britische Schul-kinder mit Biokost bekocht. Die Message ist: gesund und umweltbewusst leben ist in. Werte und Familie werden wichtiger. Mehr als ein Drittel der

LOHAS als neuer Lebensstil.

Promimente als Vorbild ethi-

scher Handlungen.

Ethik im Marketing

Markt

Ethik

RechtUnternehmens-politische

Entscheidung

Unternehmens-ethik

Wirtschafts- undUnternehmens-

verfassung

Preise

Abbildung 2: Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ottfried Höffer

Seite 22/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

Bevölkerung der USA und Nordeuropa, sowie ca. 30 Millionen Menschen in Deutschland leben diese Einstellung derzeit. Während Qualität wichtig wird, verlieren Preise an Bedeutung. Als LOHAS-Produkt wird beispielsweise der iPod von der Firma Apple bezeichnet. Er wird in einer Ladestation aufgela-den und kommt so ohne umweltschädliche Batterien oder Akkus aus. Um auch den sozialen Aspekt zu berücksichtigen spendete Apple einen Teil des Kaufpreises einer iPod Sonderedition an eine Organisation, die AIDS in Af-rika bekämpft. Der Lebensstilforscher Dr. Eike Wenzel vom Zukunftsinstitut schätzt, dass dieser Lebensstil keine kurzfristige Entwicklung ist, sondern mindestens 30 Jahre anhalten wird.27

Demzufolge wird von Seiten der Gesellschaft der Ruf nach moralischem Handeln der Unternehmen immer lauter. Damit wird Moral für Unternehmen mehr und mehr zum Unterscheidungskriterium und zum Wettbewerbsvor-teil. Ein Unternehmen, das über gesetzliche Bestimmungen hinaus handelt, nimmt seine Verantwortung gegenüber seiner Umwelt ernst. Eine Basis des Vertrauens, Glaubwürdigkeit des Unternehmens und Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Produkten sind wichtige Faktoren, die für den Konsumenten beim Kauf entscheidend sind. Sie erhöhen die gesellschaftli-che Anerkennung und tragen zu einem positiven Image des Unternehmens bei, denn ein gutes Image ist in Zeiten der Globalisierung ein zentraler Erfolgsfaktor um sich auf einem globalen Markt von der Konkurrenz zu unterscheiden. Die Reparatur von Imageschäden kann ein zeit- und kos-tenintensives Unterfangen werden, wie das Beispiel des Konzerns Shell beweist, der vor zwölf Jahren die Ölplattform Brent Spar im Atlantik versen-ken wollte, letztendlich aber wegen des gesellschaftlichen Drucks darauf verzichtete. Die Konsequenz war ein erheblicher Imageverlust, denn die Gesellschaft merkt sich Negativ-Schlagzeilen.28

Wichtig ist also wie eine Unternehmung von der Umwelt wahrgenommen

Moralisches Handeln wird

zum Wettbewerbsvorteil.

Gutes Image als Erfolgsfak-

tor.

Ethik im Marketing

27 http://www.marketing-trendinformationen.de/studien/55/interview_wenzel_morgenmacher 062007.pdf (01.12.2007)28 http://www.greenpeace.de/themen/oel/brent_spar/artikel/brent_spar_das_meer_ist keine_muellkippe/ (02.12.2007)

Seite 23/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

wird und hier ist die Marketingabteilung gefragt. Sie ist das Bindeglied zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt, in erster Linie seinen Stakeholdern und übernimmt somit eine wichtige Vermittlungsfunktion.29 Die Imagepflege wird maßgeblich durch ihre Maßnahmen beeinflusst. Um die Beziehung zwischen den beiden Parteien von vornherein nachhaltig zu stärken ist es wichtig die Bedürfnisse der Kunden schneller als die Kon-kurrenz zu erkennen und umzusetzen. Hier entstehen Konflikte zwischen ökonomischen und gesellschaftlichen Zielen. Während das Hauptinteresse einer Unternehmung wohl darin besteht seinen Nutzen zu maximieren, wol-len die potentiellen Kunden Produkte, die zu „erschwinglichen“ Preisen und unter Einhaltung sozialer Gesichtspunkte hergestellt wurden.

Anhand von in der Praxis angewandten Methoden werden Möglichkeiten gezeigt, die ein Unternehmen hat um sich sozial und umweltbewusst zu engagieren. Wie lässt sich ethisches Marketing erfolgreich in die Praxis um-setzen? Wie kann der Unternehmensalltag mit reinem Gewissen und nach ethischen Prinzipien gestaltet werden?

Die nachfolgend vorgestellten Instrumente sind Elemente des Corporate Citizenship. Mit Corporate Citizenship werden mittel- bis langfristige Strate-gien der Unternehmen bezeichnet, die auf gesellschaftlicher Verantwortung über die normale Geschäfttätigkeit hinaus basieren. Es handelt sich dabei um ein Baukastensystem aus dem sich die Unternehmen passende Strate-gien auswählen und umsetzen können.30

Eine Alternative die viel zitierte Sozialkompetenz zu beweisen besteht darin, sich der Marketingstrategie des Social Sponsoring zu bedienen. Als Social Sponsoring wird die Zuwendung von Finanzmitteln, Sach- oder Dienstleistungen einer Firma an ein Individuum oder soziale Institution innerhalb einer begrenzten Zeitspanne bezeichnet. Zwischen Sponsor und dem Gesponsorten wird ein Vertrag geschlossen, der sämtliche Verein-

Marketingabteilung wird zum

Vermittler zwischen dem

Unternehmen und seinen

Stakeholdern.

Soziale Marketing-Verfahren

nach dem Corporate Citizen-

ship.

Social Sponsoring als indi-

rekte Maßnahme zur ethi-

schen Profilierung.

Ethik im Marketing

29 http://www.univie.ac.at/marketing/Forschung/forsch07.htm (25.10.2007)30 http://de.wikipedia.org/wiki/Corporate_Citizenship (11.11.2007)

Seite 24/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

barungen enthält. Im Gegensatz zu einer „herkömmlichen“ Spende, die freiwillig ist und ohne Gegenleistung erfolgt, ist das Ziel des Sponsors die Allgemeinheit durch die Übernahme sozialer und gesellschaftlicher Verant-wortung auf sich aufmerksam zu machen. Diese Aufmerksamkeit wird nicht durch direkten Kontakt erreicht, sondern durch Presseinformationen.31 Die Telekom führte beispielsweise die „Nummer gegen Kummer“, ein kostenlo-ses und anonymes Beratungsangebot für junge Menschen in Not, ein. Mehr als 400 Mitarbeiter arbeiten in ihrer Freizeit freiwillig für dieses Projekt.32 Ein weiteres Beispiel ist der Mobilfunkanbieter Vodafone, der sich bereits zum zweiten Mal als Hauptsponsor beim RTL-Spendenmarathon vom 22.11. bis 23.11.2007, einsetzte. Insgesamt 1.500 Mitarbeiter arbeiteten bundes-weit im Callcenter und nahmen Spendenanrufe entgegen.33 Der Konzern RWE Dea unterstützt seit Anfang dieses Jahres hilfsbedürftige Kinder und ihre Schulen in Kairo. Die Schulen werden saniert und u. a. mit Tafeln und Schulbänken ausgestattet. Gemäß Konzernaussagen belaufen sich die Zuwendung bis jetzt auf 65.000,00 €. Aber auch in der Zukunft werde der Konzern sich sozial in Ägypten engagieren.34

Ein weiteres Marketing-Instrument ist das „Cause Related Marketing“ (CRM) bzw. zweckgebundenes Marketing. Kaufimpulse werden dadurch geweckt, dass an das soziale Gewissen der Konsumenten appelliert wird. Der Kauf von Produkten ist mit einer Spende für eine gute Sache verbun-den und die Unternehmen spenden einen Teil ihrer Erlöse für einen wohltä-tigen Zweck. Davon profitieren zum einen die Konsumenten, die das Gefühl haben etwas Gutes getan zu haben, die Nonprofit-Organisationen erhalten zusätzliche Ressourcen und die Unternehmen betreiben Imagepflege, ge-treu dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber.“ 35 Ein regionales Beispiel ist die Krombacher Brauerei, die als Begründer dieses ethischen Marketingprogramms gilt. Mit dem WWF gründete Krom-bacher im Frühjahr 2002 eine Stiftung zum Schutz des Regenwaldes. Der

Ethische Handlungen eines

Unternehmens werden

durch die Presse propagan-

diert.

Cause Relateted Marketing

appeliert an das soziale Ge-

wissen von Konsumenten.

Ethik im Marketing

31 http://www.nakos.de/site/data/SHSP_DPWV_Sponsoring2005.pdf (04.12.2007)32 http://www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/de/9402;jsessionid=18ABC61853352018443A3C167DF46223 (04.12.2007)33 http://www.csrgermany.de (04.11.2007)34 http://www.rwe.com/app/Pressecenter/DownloadGen.aspx?pmid=4001597 (05.12.2007)35 http://www.mittelstandswiki.de/Cause_Related_Marketing (11.11.2007)

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Getränkeverkauf wurde hierzu im Rahmen mehrerer Werbekampagnen mit einer Spende verbunden. Mittlerweile sind Spendengelder in Höhe von 3,4 Millionen Euro in die Stiftung geflossen.36 Auch der Mineralwasserpro-duzent Volvic hat mit der „1 Liter für 10 Liter-Kampagne“ seines Produkts „Volvic naturelle“ sein soziales Engagement gezeigt. Mit der UNICEF förderte Volvic den Brunnenbau in Äthiopien. Für jeden verkauften Liter in Deutschland wurde ein Teil des Erlöses für die Bereitstellung von 10 Litern sauberes Trinkwasser gespendet.37

Das sind nur zwei von insgesamt neun Instrumenten des Corporate Ci-tizenship, mit denen sich ein Unternehmen sozial engagieren kann. Auf den ersten Blick mag das auch ethisch korrekt sein; aber sollte man sich nicht fragen ob es ethisch sein kann aus Wohltätigkeit Profit zu schlagen? Skeptiker behaupten, dass die Unternehmen sich eine Alibifunktion suchen, Augenwischerei betreiben um von anderen Problemen abzulenken. Sol-che Kampagnen sollten auf jeden Fall mit der nötigen Skepsis betrachtet werden. Die Gesellschaft sollte im Auge behalten, ob es sich um einmalige, kurzfristige Aktionen handelt, oder die Unternehmen sich auf langfristige Sicht sozial engagieren.

4.3.1 Werbung

Am Beispiel der „klassischen“ Werbung, wie z.B. Fernsehspots, Außenwer-bung oder Anzeigen in Zeitschriften oder Zeitungen, lässt sich erkennen wie ethisch ein Unternehmen handelt. Dabei verstehen wir Werbung als „kommunikativen Beeinflussungsprozess mit Hilfe von (Massen-)Kommu-nikationsmitteln in verschiedenen Medien, der das Ziel hat, beim Adres-saten marktrelevante Einstellungen und Verhaltensweisen im Sinne der Unternehmensziele zu verändern.“38 Grundlegende Ziele der Werbung sind

Gefahr: ethisches Handeln

als Deckmantel „profitgieri-

ger“ Unternehmer.

Aufgabe der Werbung:

Beeinflussungsprozess und

Informationsfunktion - ethi-

sche Verantwortung dabei

sehr groß.

Ethik im Marketing

36 http://www.krombacher.de/presseservice/presse_artikel.php?id=141 (04.11.2007)37 http://www.volvic-fuer-unicef.de/site.php (11.11.2007)

Seite 26/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

demnach die Beeinflussung der Gesellschaft im Sinne der Unternehmens-ziele, sprich der Steigerung des Ertrages und der nachhaltigen Steigerung des Bekanntheitsgrades, sowie der Information der Marktteilnehmer über die Marktangebote.39

Der Werbung sind jedoch auch Grenzen durch Gesetze, wie z. B. das „Ge-setz gegen den unlauteren Wettbewerb“, gesetzt. Die Verbraucher werden in ihrer Entscheidungsfreiheit geschützt und es wird Werbefreheit innerhalb bestimmter Grenzen, sowie unverfälschter Wettbewerb für die Marktteilneh-mer garantiert. Da Gesetze immer nur das Mindestmaß an moralischem und ethischem Verhalten darstellen, sind geforderte Moralvorstellungen der Gesellschaft weitere Begrenzungen.40 Diese Moralvorstellungen werden durch die Regeln des deutschen Werberates festgelegt. Seine Aufgabe ist es, Verstöße gegen ethische Grenzen festzustellen, die Einstellung der Kampagne durchzusetzen und öffentliche Verwarnungen auszusprechen.41 Werte, wie Verantwortlichkeit und Glaubwürdigkeit der Unternehmen, wer-den damit zum Unterscheidungsmerkmal. Die Berücksichtigung ethischer Grenzen kann auf einem globalen Weltmarkt eine Existenzberechtigung be-deuten und Unternehmen sehen sich aufgrund unmoralischer Werbekam-pagnen immer öfter der öffentlichen Kritik ausgesetzt. Nachfolgend werden beispielhaft einige Werbekampagnen vorgestellt, die ethische Grundsatzdiskussionen ausgelöst haben. Hierbei handelt es sich um Grenzfälle des Erlaubten.42

Ein gern benutztes Element im Guerilla-Marketing ist die Schockwerbung. Auch die Firma Benetton versuchte Ende der 90iger Jahre den Bekannt-heitsgrad der eigenen Mark durch massive Schockwerbung zu pushen. Die bekannten Anzeigen mit öl-verschmutzten Tieren, Soldaten-Friedhöfen oder augenscheinlich HIV-infizierten Menschen sollten nach dem Wunsch von Benetton auf Miss-Zustände aufmerksam machen und lediglich als Ne-beneffekt die Marke profilieren. Die Konsequenz: massive Image-Verluste,

Grenzen der Werbung durch

Gesetze und Moralvorstel-

lungen einer Gesellschaft.

Ethik im Marketing

38 vgl. Heribert Meffert, Marketing, Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung 9. Auflage, Gabler, Wiesbaden (2000), S. 712 39 http://www.wirtschaftsbrief.info/business-karriere/die-aufgaben-der-werbung.html (26.02.2008)40 http://www.wiso.uni-koeln.de/sbp/Download/Hauptstudium/uebung/new_trends/SS_2007/ Marketing%20im%20Grenzbereich%20%C3%9Cbung%202007_04_26.pdf (09.12.2007)41 http://www.gwa.de/fileadmin/pdfs/Presse-Hintergrund/Werben_mit_Ethik.pdf (09.12.2007)42 http://www.wiso.uni-koeln.de/sbp/Download/Hauptstudium/uebung/new_trends/SS_2007/ Marketing%20im%20Grenzbereich%20%C3%9Cbung%202007_04_26.pdf (09.12.2007)

Seite 27/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

mehre gerichtliche Auseinandersetzung, die Benetton zwar aufgrund von Pressefreiheit gewinnen konnte - sich aber vom Image-Schaden bis heute nicht erholt hat. Ähnlich grenzwertig reizte auch die Autover-mietung SIXT jahrelang mit dem Humor-Element ethische Grenzen aus. Witze über Randgruppen (dicke Frauen, hässliche Promimente) konnten zwar anfangs noch unterhalten, wirkten aber schnell diffamie-rend und wurden letztendlich aus den Massen-Medien verbannt.

Wie man auch unter Einhaltung ethischer Grundsätze erfolgreich werben kann zeigt die Werbung der Kosmetikmarke Dove. Mit den Kampagnen „Keine Models - aber straffe Kurven“ (2004) oder der aktuellen „pro-age“-Kampagne wird gegen das aktuelle Schönheitsi-deal angekämpft. Die Botschaft ist, dass alle Frauen sind schön, weil Schönheit von innen kommt.43 Einige positive Ergebnisse der Kampa-gne „Keine Models - aber straffe Kurven“ waren 30% Umsatzzuwachs für das Produkt Dove Body Care, eine nachhaltige Steigerung der Produkt- und Markenbekanntheit und die Entfachung einer nationalen Diskussion über Schönheitsideale.44 Ein weiteres Beispiel für „gute“ Werbung ist die Kampagne „Das offizielle Getränk für eine bessere Welt“ von der Firma BIONADE. Das Produkt BIONADE ist das welt-weit einzige biologisch hergestellte alkoholfreie Erfrischungsgetränk.45 An die aktuelle Werbung wird, zusätzlich zum ökologischen Gesichts-punkt, ein moralischer Appell geknüpft. Es wird auf die Initiative „stille-taten“ (www.stille-taten.de) hingewiesen, die zu Taten aufruft, die an keine Gegenleistungen geknüpft sind, weil sie anonym erfolgen. Ein Aufruf an Menschen, die anderen etwas Gutes tun wollen. Jeder kann mitmachen und hinterlässt eine anonyme Grußkarte am „Tatort“.46

Ethik im Marketing

43 http://www.kp-gmv.de/Downloads/01.03.07_blix.pdf (09.12.2007)44 http://www.stroeer.de/Dove.dove.0.html (09.12.2007)45 http://www.bionade.com/bionade.php/10_de?usid=47c420e9e1d5147c420e9e251d (10.12.2007)46 http://www.stille-taten.de (10.12.2007)

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4.5 „Warum moralisch sein?“

Bei allen Theorien, die man zu einem ethischen Marketing erarbeitet und bei allen praktischen Vorschlägen, die man für ein ethisches Mar-keting vorstellt, bleibt vermutlich doch oftmals die (vielleicht latente) Frage: „Warum moralisch sein?“ Warum sollte man im Einklang mit dem System arbeiten? Warum nicht konsequent den eigenen Nutzen mit aller Gewalt durchziehen? „Nach mir die Sinnflut!“ „Jeder ist sich selbst der nächste!“ Eine mögliche Antwort soll der folgende Abschnitt bringen.47

Die Frage nach der Notwendigkeit von Moral klingt ungewöhnlich und durchaus provokant. Schon große Namen der antiken Literatur wie Platon, Glaukon oder Adeimantos beschäftigen sich, nein stritten sich sogar, mit der Frage nach dem Sinn moralischen Handelns. In der so-zialen (und mehr oder weniger) echten Realität bleibt es natürlich nie-mandem freigestellt diese Frage wirklich zu stellen. Jede Gesellschaft übt auf ihre Art einen Druck auf ihre Mitglieder aus moralisch zu sein. Selbstverständlich sind die gesellschaftlichen Definitionen von Moral unterschiedlich, allen gemein ist allerdings die Tatasche, dass Verstö-ße gegen die Moral sanktioniert und in besonderen (und in Gesetzbü-chern geregelten) Fällen sind die Sanktionen sogar instrumentalisiert.

Allein das Stellen der Frage nach der Moral mag gesellschaftlich als ungehörig oder gar empörend empfunden werden. Das ändert aber nun leider nichts daran, dass sich diese Frage jeder handelnden Per-son wenigstens gelegentlich aufdrängt. Fast jedes Individuum erwischt sich irgendwann mal bei dem Gedanken daran, warum man sich für Andere ohne sichtbaren ökonomischen Nutzen überhaupt einsetzen sollte. Gerade Unternehmer sehen sich von Gesellschaftern, Gläubi-

Frage nach der Notwendigkeit

von Moral durch gesellschaftli-

chen Druck unterbunden.

47 Vgl. Ideen und Texte aus Kurt Bayertz - „Warum moralisch sein?“ (2002, Schöningh)

Ethik im Marketing

Seite 29/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

gern und Controllern unter Druck gesetzt und verstehen die Idee der echten Marktwirtschaft als „kaltblütiges Fressen oder Gefressen werden“. Vor dem Hintergrund ebendieser Spannungen zwischen dem Selbstinteresse und den Forderungen nach Moral macht es augenscheinlich manchmal keinen Sinn etwas zu tun, was den eigenen Interessen widerspricht.

Antwortversuche der „Moral-Literatur“ auf die sogenannte „W-Frage“ bringen das gemeinsame Interesse und den sogenannten hypothetischen Rollen-tausch als Gründe für moralisches Handeln an. Selbstverständlich bleibt für den Egoisten und seine gleichgültige Einstellung eine Option unmoralisch zu handeln, denn hier gilt die (durchaus triviale) Einsicht, dass Argumente zur Beantwortung der „W-Frage“ dann doch leider keinen Zwang ausüben kön-nen. In einigen Situationen mach es sogar durchaus rational sein, unmora-lisch zu entscheiden. Daraus ergibt sich für die Gesellschaft die Pflicht, eben nicht auf das Moralverständnis des Einzelnen zu bauen und entsprechende Sanktionen für unmoralisches Verhalten vorzubehalten. Viel wichtiger ist es aber, dass die Gesellschaft die Möglichkeiten für ein rational kluges unmo-ralisches Verhalten gering hält und im Gegensatz die moralischen Handlun-gen belohnt. Im Bezug auf die Moralfrage durch Unternehmen meint dies in die Praxis umgesetzt, dass unmoralisches und nur vermeintlich betriebs-wirtschaftliches Verhalten konsequent sanktioniert werden muss. Langfristig wird nur ein moralisch handelnder Wirtschaftsteilnehmer überleben, wenn der Markt und die Gesellschaft moralisches Handeln als übergeordnete Di-rektive auch zulassen und anerkennen!

Marktwirschaft geprägt von

Egoismus.

Verantwortung für den Sinn

moralischen Handelns liegt

bei der Gesellschaft.

Ethik im Marketing

Seite 30/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

Moralisches Handeln hat für die Gesellschaft an Bedeutung gewonnen. Durch Probleme unserer Zeit, wie Umweltschäden und als Folge daraus Na-turkatastrophen und Krankheiten, besinnt man sich wieder auf gemeinsame Werte. Probleme schweißen zusammen, das Gemeinschaftsgefühl wächst. Man könnte auch sagen: wer Probleme hat wird ethisch.In der Vergangenheit zählten für Unternehmen hauptsächlich betriebswirt-schaftliche Größen. Der US-amerikanische Wirtschaftsprofessor und No-belpreisträger Milton Friedman sagte damals: „The business of business is business“ bzw. das Hauptgeschäft des Unternehmens besteht darin Gewinn zu erzielen.48 Heute lässt sich mit dieser Einstellung nachhaltig kein Unter-nehmen am Markt halten. Ein Unternehmen, das nicht soziale und ökologi-sche Aspekte in die Fimenpolitik mit einbezieht, kann auf lange Sicht nicht auf einem globalen Markt bestehen. Letztendlich ist die Einbeziehung von Ethik in den Unternehmens- und Mar-ketingalltag aber in der Praxis nicht so einfach. Die Unternehmen bedienen sich zumeist kurzfristigen (Marketing-)Strategien. Hier und da zeigt man sich wohltätig und spendet an Organisationen. Von konsequentem moralischem Handeln kann aber noch nicht gesprochen werden. Manchmal erscheint es uns vielleicht auch so als ob Unternehmen von anderen Problemen ablen-ken wollen. Da liegt der Vorwurf nahe, dass Unternehmen Ethik zwar predi-gen, aber nicht danach leben. Moralisches Handeln sollte einen langfristigen Charakter erreichen, und das ganze Unternehmen sollte danach ausgerich-tet werden, um eine identische Firmenpolitik zu gewährleisten. In der Zukunft wird zunehmend eine Auslese der Unternehmen auf qualitativer Ebene er-folgen. Es wird zwischen „guten“ und „bösen“ Unternehmen unterschieden werden. Wer ethisch handelt wird Anerkennung und somit Erfolg ernten. Um es mit einem Zitat von Erich Kästner abschließend zu formulieren: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

5. Zusammenfassung und Ausblick

48 http://www.e-fellows.net/show/detail.php/10277 (01.11.2007)

Seite 31/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

Vgl. Kurt Bayertz,Warum moralisch sein? Schöningh, 2002Vgl. Bergmann/Daub, Systemisches Innovations- und Kompetenzmanage-ment, Gabler, 2006Vgl. Freter, Herman, Marketing, München, 2004Vgl. Otfried Höffe, Goldene Regel, in: Otfried Höffe (Hrsg.) Lexikon der Ethik (2002) Vgl. Markus Huppenbauer, Jörg de Bernardi: Kompetenz Ethik, Versus Verlag AG, Zürich 2003 Vgl. Heribert Meffert, Marketing, Grundlagen marktorientierter Unterneh-mensführung 9. Auflage, Gabler, Wiesbaden (2000)Vgl mit Ideen und Ausführungen aus Jozipovic, Die Ethik des Marketing, FGM, 2001, Vgl. Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 3. überarbeitete Auflage, Francke, 1994

http://www.bfg-bayern.de/ethik//download/Ethik_Quiz.pdf (27.10.2007)http://www.bionade.com/bionade.php/10_de?usid=47c420e9e1d5147c420e9e251d (10.12.2007)http://business.latech.edu/~bbabin/C16.doc (29.11.2007)http://www.capurro.de/ethikskript/kap3.htm (18.11.2007)http://www.csrgermany.de (04.11.2007)http://ec.europa.eu/employment_social/news/2001/jul/171_de.html (04.12.2007)http://www.e-fellows.net/show/detail.php/10277 (01.11.2007)http://www.foundation.vovartis.com/german/unternehmensethik_manage-ment.htm http://www.fofos.at/downloads/4237f2d7cc97a.pdf (02.12.2007)http://www.fsbio-hannover.de/oftheweek/118.htm (02.11.2007)http://www.gentechnik-und-ethik.de/ttn/druck/180000_druck.html (27.10.2007)http://www.greenpeace.de/themen/oel/brent_spar/artikel/brent_spar_das_

Quellenverzeichnis

Seite 32/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

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43 http://www.kp-gmv.de/Downloads/01.03.07_blix.pdf (09.12.2007)44 http://www.stroeer.de/Dove.dove.0.html (09.12.2007)45 http://www.bionade.com/bionade.php/10_de?usid=47c420e9e1d5147c420e9e251d (10.12.2007)46 http://www.stille-taten.de (10.12.2007)

Seite 33/33„Ethik und Marketing“ - A. Huhn

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Marketing als gleichberechtigte Abteilung, S. 14Abbildung 2: Markt/Ethik/Recht., S. 21

Quellenverzeichnis